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„GOTT würfelt nicht !“

Wenn Naturwissenschaftler von Gott reden –
was meinen sie damit ?

Sammlung von Äußerungen von Aristoteles, Galilei, Newton, Darwin, Planck, Einstein, Hawking und anderen Naturwissenschaftlern

 

(Joachim Krause)

© Joachim Krause 2006

 

„Mir aber gewähre Gott, nach meiner Einsicht zu sprechen
und zu denken, wie die empfangenen Gaben es wert sind ...
Gott verlieh mir untrügliche Kenntnis der Dinge,
sodass ich den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente verstehe,
Anfang und Ende und Mitte der Zeiten,
die Abfolge der Sonnenwenden und den Wandel der Jahreszeiten,

den Kreislauf der Jahre und die Stellung der Sterne,

die Natur der Tiere und die Wild­heit der Raubtiere,

die Gewalt der Geister und die Gedanken der Menschen,

die Ver­schiedenheit der Pflanzen und die Kräfte der Wurzeln ...
Denn von der Größe und Schönheit der Geschöpfe lässt sich auf ihren Schöpfer schließen“

(Die Bibel, Buch der Weisheit 7,15.17-20; 13,5)

 

 

1. Wenn Naturwissenschaftler von GOTT reden – was meinen sie damit?

·   die Naturwissenschaften reden (heute) nicht von Gott, er kommt in den Lehrbüchern nicht vor

·   aber die Menschen, die Naturwissenschaft betreiben, machen sich Gedanken über die Welt und über ihr Dasein, und da reden sie (auch manchmal) von Gott

·   da reden verschiedene Menschen, und so meinen sie sehr Unterschiedliches:
je nach der Zeit, in der sie leben (auch Zeitgeist)
je nach der Kultur (auch religiöse Traditionen) , in der sie geprägt wurden
abhängig auch von ihren persönlichen Lebenserfahrungen ...

 

2. Das Verhältnis von Glaube und Naturwissenschaft in vergangenen Zeiten

·   Menschen in früheren Zeiten, im Altertum, aber auch im Mittelalter,
hatten ein einheitliches Verständnis der Welt

·   was wir heute Naturwissenschaft nennen, lag lange in der Hand der Philosophen und der Theologen (Naturphiloso­phie, Naturtheologie)
Die älteste angewandte Naturwissenschaft, die Medizin, lag in den Händen der Priester.
Ebenso beschäftigten sich die Priester mit dem Lauf der Gestirne, vermaßen den Himmel, berechneten exakt die Feste im Kalenderrhythmus des Jahres, und sie gaben sehr praktische Ratschläge, wann Zeit war für Saat und Ernte, wann die Flut des Nil zu erwarten war ...
Noch im Mittelalter wurde die wissenschaftliche Forschungsarbeit hauptsächlich in den Mönchszellen der Klöster betrieben. Kirchen waren die ersten Träger einer öffentlichen Schulbildung (in der es auch um weltliche Dinge wie Naturwis­senschaften ging).

·   Menschen staunten über die Welt (und oft fürchteten sie sich auch)

·   aber sie lernten sie immer besser zu verstehen und zu erklären

·   sie entdeckten ORDNUNG in der Natur (Regelmäßigkeiten, wiederkehrende Abläufe); Naturgesetze

·   es wurde möglich, sich besser zu orientieren (zeitlich und räumlich: Stand der Sterne, Zeitpunkte für Saat und Ernte) und die Welt immer besser in Besitz zu nehmen (Nutzung von Erzen, Züchtung von Pflanzen, Einsatz von Tech­nik)

·   schon früh ahnten nachdenkliche Philosophen: wir nehmen die Wirklichkeit nicht 1:1 wahr;
Höhlengleichnis Platons: die von uns wahrnehmbare Welt wird nur als Schatten der eigentlichen Wirklichkeit, der Welt der Ideen, aufgefasst

·   Aber allgemein war – in allen alten Kulturen und Religionen - die Überzeugung:
Getragen wird die ganze Welt von einem Urgrund, Götter oder ein GOTT,
von denen alles herkommt, die der Garant der Ordnung sind,
und die der Welt und dem Dasein des Menschen einen Sinn geben

3. ein Blick in die jüdisch-christliche Überlieferung zum Erleben der Natur als göttlicher Schöpfung und Offenbarung:
Genesis Kapitel 1 (Drama der Weltschöpfung), Psalmen 104 (poetische Beschreibung), Sprichwörter 8,22 (salo­mo­nische Weisheit)

·   Das 1. Kapitel der Bibel:
a) “Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“
(die Natur ist natürlich, es gibt dort keine Gottheiten, heilige Tiere oder einen Sonnengott, der Mensch kann sich der Natur angstfrei nähern)
b) Gott schafft eine geordnete Welt: Licht und Finsternis, oben und unten, Gestirne geben das Zeitmaß an; dann werden zuerst Lebensräume bereitet, dienen als Wohnung für Gestirne, Pflanzen, Tiere und Menschen (ähnlich in der Reihenfolge, wie uns das heute die Naturwissenschaft erklärt)
c) und die Geschöpfe sind unterscheidbar: “... jedes nach seiner Art“ ... (Anfänge der Naturbeobachtung)
d) „Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und ma­chet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht (Gen 1,28 Luther)
(
à beherrschen, wie ein Künstler sein Handwerk beherrscht
(Neugier, (strenge, auch wissenschaftliche) Übung, Selbstbeherrschung, Kunst))

·   Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, der du zeigst deine Hoheit am Himmel! ... Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast, was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst ... Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk ... (Psalm 8)

·   Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter. (Psalm 104)

·   Paulus im Römerbrief:
“... was man von Gott erkennen kann, ist ihnen (allen Menschen, Juden und Heiden JK) offenbar ... seit Erschaf­fung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen ...“ (Römerbrief 1,19ff)

·   das Buch der Natur neben dem Buch der Offenbarung (Bibel) als eine direkte, unmittelbare Begegnung mit, ein Zu­gang zu Gott

·   Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündet seiner Hände Werk ... er hat der Sonne ein Zelt am Himmel gemacht ... sie geht auf an einem Ende des Himmels und läuft um bis wieder an sein Ende ... Das Gesetz des Herrn ist vollkommen ... (Psalm 19)

·   Gott: Wo warst du, als ich die Erde gründete? Sage mir´s, wenn du so klug bist! Weißt du, wer ihr das Maß ge­setzt hat oder wer über sie die Richtschnur gezogen hat? ... ihren Pfeiler gesetzt ... den Eckstein gelegt ... dem Morgen die Zeit geboten ... die Quellen des Meeres und den Grund der Tiefe ... wie breit die Erde ist ... wo kom­men Schnee, Hagel und Regen her ... Sternbilder im Tierkreis ... Blitz ...
Hiob: Ich erkenne, dass du alles vermagst, und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer.(Hiob 38)

·   ... Sonne, Mond, Sterne ... er gebot, da wurden sie geschaffen ... er gab eine Ordnung, die dürfen sie nicht über­schrei­ten
(Psalm 148)

·   Viel Wissen, viel Ärger, wer das Können mehrt, der mehrt die Sorge.
(Prediger 1,18)

 

4. Äußerungen von Naturwissenschaftlern zur Religion und zu Gott

 

4.1. Allgemeines zum Verhältnis bzw. Konflikt zwischen Glaube und Naturwissenschaft

·   Max Planck:
„Die älteste angewandte Naturwissenschaft, die Medizin, lag in den Händen der Priester, und die wissenschaft­liche Forschungsarbeit wurde noch im Mittelalter hauptsächlich in den Mönchzellen betrieben.“
(Dürr 39)

·   Mensch entdeckt (Ordnung in der Natur JK) naturwissenschaftliche Gesetze; allgemein und umfassend; haben be­sonders einfache Form, die ihn in Erstaunen versetzt, in denen er das Walten einer „göttlichen“ Vernunft zu er­ken­nen glaubt
(Dürr 11)

·   18./19. Jh. breite Entwicklung der NW;
das durch wiss. (objektive) Methoden, durch (exakte) Messungen und logisch-mathematische Schlussfolgerungen ermittelte Wissen versuchte, die Glaubensinhalte der Religionen seinen eigenen Wahrheitskriterien zu unterwer­fen; Erwartung: den Glauben langfristig zu überwinden, den Glauben letztlich durch exaktes Wissen zu ersetzen
(Dürr 7f)

·   NW sagt uns, was ist, aber gibt keine Auskunft darüber, was sein soll, wie wir handeln sollen
(Dürr 8)

·   Verlangen in der verwirrenden Vielfalt einer zunehmend komplexeren und komplizierteren technischen Welt ... das wesentliche „Eine“,... die „zentrale Ordnung“ (W. Heisenberg) zu erkennen
(Dürr 9)

·   Höhlengleichnis Platons: die von uns wahrnehmbare Welt wird nur als Schatten der eigentlichen Wirklichkeit, der Welt der Ideen, aufgefasst
(Dürr 13)

·   Unser Denken und deshalb auch die naturw. Beschreibung erfasst nur eine Struktur, ein „WIE“, aber nicht den In­halt, das Wesen, das „WAS“ der eigentlichen Wirklichkeit.
(Dürr 14)

·   Die Welt ist nicht mehr ein großes mechanisches Uhrwerk, das, unbeeinflussbar und in allen Details festgelegt, nach strengen Naturgesetzen abläuft, eine Vorstellung, wie sie sich den Physikern des 19. Jh. als natürliche Folge der klassischen Kausalität aufdrängte und sie dazu verleitete, jegliche Transzendenz als subjektive Täuschung zu be­trachten. Die Welt entspricht ... mehr einem Fluss, ... der nicht direkt erfassbar ist, nur bestimmte Wellen, Wir­bel, Strudel in ihm, die eine gewisse ... Stabilität erlangen, sind für unser fragmentarisches Denken begreiflich und wer­den für uns zur „Realität“.
(Dürr 17)

·   Max Planck: „... dass die physikalische Wissenschaft die Annahme einer realen, von uns unabhängigen Welt for­dert, die wir allerdings niemals direkt erkennen, sondern immer nur durch die Brille unserer Sinnesempfindungen und der durch sie vermittelten Messungen wahrnehmen können.“
(Dürr 32)

·   Einstein:
“... Naturwissenschaft .. ist das jahrhundertealte Bemühen, durch systematisches Denken die wahrnehmbaren Er­scheinungen dieser Welt durchgehend miteinander in Verbindung zu setzen ... ist der Versuch einer nachträgli­chen Rekonstruktion alles Seienden im Prozess der begrifflichen Erfassung...
Naturwissenschaft kann nur feststellen, was ist, nicht aber, was sein soll, und außerhalb ihres Gebietes bleiben Werturteile jeder Art unentbehrlich. Religion andererseits befasst sich nur mit der Bewertung menschlichen Den­kens und Tuns: Sie ist nicht berechtigt, von realen Tatsachen oder Beziehungen zwischen ihnen zu sprechen.“
“Die Wissenschaft kann ... nur von denen aufgebaut werden, die durch und durch von dem Streben nach Wahrheit und Erkenntnis erfüllt sind. Die Quelle dieser Gesinnung entspringt aber wiederum auf religiösem Gebiet. Hierher gehört auch der Glaube an die Möglichkeit, dass die Welt der Erscheinungen nach Gesetzen der Vernunft gelenkt wird und dass diese Welt mit dem Verstand zu erfassen ist.“ ...
Naturgesetze beanspruchen absolute Allgemeingültigkeit, ohne sie zu beweisen. ...
(Dürr 71ff)

·   Heisenberg:
Für Planck sind Religion und Naturwissenschaft deswegen vereinbar, weil sie, wie er voraussetzt, sich auf ganz ver­schiedene Bereiche der Wirklichkeit beziehen. Die Naturwissenschaft handelt von der objektiven materiellen Welt. Sie stellt uns vor die Aufgabe, richtige Aussagen über diese objektive Wirklichkeit zu machen und ihre Zu­sammen­hänge zu verstehen. Die Religion aber handelt von der Welt der Werte. Hier wird von dem gesprochen, was sein soll, was wir tun sollen, nicht von dem, was ist. ...
Planck hat sich eindeutig für die christliche Tradition entschieden ...
Ich bezweifle, ob menschliche Gemeinschaften auf die Dauer mit dieser scharfen Spaltung von Wissen und Glau­ben leben können .
Missverständnis seit dem 18 Jahrhundert: Konflikt entsteht, wenn man die Bilder und Gleichnisse der Religion als naturwissenschaftliche Behauptungen interpretiert, was natürlich unsinnig ist.
(Dürr 295)

·   Heisenberg: „Der Gegenstand der Forschung ist nicht die Natur an sich, sondern die der menschlichen Fragestel­lung ausgesetzte Natur, und insofern begegnet der Mensch auch hier wieder sich selbst.“
(Die Bibel, erschlossen und kommentiert von H. Halbfas, Patmos 2001, S.29)

·   Niels Bohr:
mit der Zerlegung der Wirklichkeit in eine subjektive und eine objektive Seite wird man nicht viel anfangen können;
Religionen aller Zeiten sprechen in Bildern und Gleichnissen und Paradoxien – es gibt wohl keine andere Mög­lich­keit, die Wirklichkeit, um die es hier geht, zu ergreifen ...
(auch) in der heutigen Naturwissenschaft enthält jeder physikalische Sachverhalt objektive und subjektive Züge ...
in der Mathematik wurde i als Quadratwurzel aus –1 eingeführt (gibt es in der Wirklichkeit nicht, trotzdem beruhen wichtige Zweige der Mathematik, z.B. die ganze analytische Funktionentheorie, auf der Einführung dieser imaginä­ren Einheit ...);
könnte die Aussage „es gibt“ in der Religion auch ein Aufsteigen in eine höhere Abstraktionsklasse bedeuten? (um uns ein Verstehen leichter zu machen); ...
Geschichte: ein Mann hat über der Eingangstür seines Hauses ein Hufeisen angebracht, das nach altem Volks­glau­ben Glück bringen soll. Ein Bekannter fragt ihn: „Aber bist du denn so abergläubisch? Glaubst du wirklich, dass das Hufeisen dir Glück bringt?“. Er antwortet: „Natürlich nicht; aber man sagt doch, dass es auch dann hilft, wenn man nicht daran glaubt.“
(Dürr 301ff)

·   Einstein:
“Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.“
Wer diesen Satz von E. zur Kenntnis nimmt, wird vielleicht aufhören, aus der Tatsache, dass er den lieben Gott in dessen Formeln nicht findet, den Schluss zu ziehen, dass es den Alten überhaupt nicht gibt. Gott muss man sich auf anderen Wegen nähern.
(Fischer 352)

·   Gott hat es weder verboten, seine Werke zu bewundern, noch sie zu erkunden. Wissenschaftler ersetzen dabei doch nur das Wunder der Erscheinungen durch das Wunder der Erklärungen.
(Fischer 58)

·   Die Physik glaubte einmal „Nein!“ sagen zu können zum christlichen Glauben ... sie nimmt dieses Nein heute wie­der zu­rück. Freilich bedeutet dieses doppelte NEIN kein Ja. ... Naturwissenschaften ... können keinen neuen, po­sitiven Weg zum christlichen Glauben öffnen
(Aichelin/Liedke 20)

·   „Jede physikalische Theorie ist insofern vorläufig, als sie nur eine Hypothese darstellt: Man kann sie nie beweisen. ... Dagegen ist eine Theorie widerlegt, wenn man nur eine einzige Beobachtung findet, die nicht mit den aus ihr ab­geleiteten Voraussagen übereinstimmt. ... dann muss man die Theorie aufgeben oder modifizieren.“
(Hawking Ist alles vorherbestimmt 25)

·   Die Heisenbergsche Unschärferelation bereitete dem Laplaceschen Traum von einem absolut deterministischen Mo­dell des Universums ein jähes Ende: Man kann künftige Ereignisse nicht exakt voraussagen, wenn man noch nicht einmal in der Lage ist, den gegenwärtigen Zustand des Universums genau zu vermessen!
(Hawking: Die illustrierte kurze Geschichte der Zeit, 1997, S.72)

·   Es besteht allerdings eine große Ungewissheit, die wie eine dunkle Wolke über dem Standardmodell schwebt. Sämtli­chen Überlegungen ... liegt das Kosmologische Prinzip zugrunde, die Annahme, dass das Universum ho­mo­gen und isotrop ist. Unter „homogen“ verstehen wir, dass das Universum für jeden Beobachter, der von der all­ge­meinen Expansion des Universums mitgetragen wird, gleich aussieht, wo auch immer sich dieser Beobachter befin­den mag; unter „isotrop“ verstehen wir, dass das Universum für einen solchen Beobachter nach allen Rich­tungen hin gleich aussieht.
(Weinberg 129)

·   Datierungsmethoden der Geologie: beruhen auf der Annahme, dass die Naturgesetze, die heute wirksam sind, auch schon vor Zeiten wirksam waren. Das Prinzip wird als Aktualismus oder Aktualitätsprinzip bezeichnet... für uns ist dieses Prinzip heute selbstverständlich ... Es ist aber nicht beweisbar.
Der Aktualismus ist ein Axiom, d.h. ein Satz, der zwar als unmittelbar einsichtig gilt, aber nicht beweisbar ist.
(Schrödel Biologie Lehrbuch 1995, S.438)

·   In der Regel stützt sich die NW auf ihre grundlegenden Annahmen, und sie muss nur nachweisen, dass alles an­dere lo­gisch aus diesen folgt. Nur selten wird von ihr verlangt, diese grundlegenden Annahmen zu verteidigen. Der Reli­gion gestattet man gewöhnlich nicht einmal, sich nur auf ihr grundlegendstes Prinzip – dass es einen Gott gibt – zu stützen ....
(Kitty Ferguson: Gott und die Gesetze des Universums, Econ Düsseldorf 2002, S.392)

·   Johann Gottlieb Fichte: Was für eine Philosophie man wähle, hängt davon ab, was man für ein Mensch ist.
(bdw 12/2003 S.43)

·   religiöse Überzeugungen von US-Wissenschaftlern:
Existiert ein persönlicher Gott?
1916 JA 41,8% Nein 41,5%
1996 Ja 39,3% Nein 45,3%;
(bild der wissenschaft 12/1999 S. 42ff)

·   wenn Physiker von Gott reden, meinen sie meistens nicht den geschichtlich handelnden Gott der jüdisch-christli­chen Offenbarung, sondern ein pantheistisches Weltprinzip. Max Planck zum Beispiel identifiziert schlechterdings „die Weltordnung der Naturwissenschaft und den Gott der Religion“
(Dürr HP u.a.: Gott, der Mensch und die Wissenschaft, Augsburg 1997, S.15, 32,130,182)

 

4.2. Aussagen und Ansichten einzelner Naturphilosophen und Naturwissenschaftler

 

Aristoteles (384-322 v.Chr.)

·   (60) die älteren griechischen Philosophen am Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. nahmen in der Welt ein einziges Ur­prinzip an, aus dem alle Dinge entstanden sind: Thales von Milet das Wasser, Anaximenes die Luft, Heraklit das Feuer, Anaximander das Grenzelose, Göttliche; Dem (einen) Weltstoff setzt dann unter den jüngeren Naturphiloso­phen im 5. Jahrhundert v.Chr. Anaxagoras den selbstständigen, weltordnenden „Geist“ entgegen. Seither ist das Göttliche in der griechischen Philosophie präsent ... von Aristoteles konzipiert als unbewegter Beweger des Kosmos und letztes Ziel alles Strebens in der Wirklichkeit.
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

·   Feuer, Wasser, Luft und Erde setzen alle Objekte zusammen; werden bewegt von einem Unbewegten Beweger, von ei­ner „prima materia“
(Fischer14ff)

·   Aristotelismus kam im 13.JH. nach Europa (über Arabien);
in christliches Weltbild integriert: war verstehbar, entsprach dem Augenschein, widersprach nicht der Bibel;
Welt ist unendlich; im sublunaren Bereich andere Physik als oberhalb (supralunear);
Kometen, Supernovae durfte es im supralunaren Bereich eigentlich nicht geben;
(Tagung Glaube Naturwissenschaft Halle 15.10.05)

 

Augustinus (354-430)

·   Kirchenvater Aurelius Augustinus;
die Welt ist eben die Wirklichkeit, die Gott sich einbildete, bevor er die Welt schuf;
Die Gesetze sind Gedanken Gottes, sie zu erkennen bedeutet nicht weniger, als an den Gedanken Gottes selbst teilzuhaben.
Alle Naturerkenntnis dient mithin dem letzten Zweck einer tiefen Gotteserkenntnis.
(Drewermann Anfang 342)

 

Albertus Magnus (1193-1280)

·   Dominikanermönch und Bischof;
“Wir haben in der Naturwissenschaft nicht zu erforschen, wie Gott nach seinem freien Willen durch unmittelbares Eingreifen die Geschöpfe zu Wundern gebraucht, durch die er seine Allmacht zeigt; wir haben vielmehr zu unter­su­chen, was im Bereich der Natur durch die den Naturdingen innewohnende Ursächlichkeit auf natürliche Weise ge­schehen kann. ... dass ich mich um Wunder durch Gottes Eingreifen nicht kümmere, wenn ich Naturkunde betreibe.“
(Fischer 56ff)

·   Einem Theologen sollte vorweg die philosophische und wissenschaftliche Bildung der Zeit verfügbar sein. ...
(Krafft, F., Meyer-Abich, A.: Große Naturwissenschaftler, Frankfurt/Main 1970)

 

Nikolaus Kopernikus (1473-1543)

·   Aristoteles: unbewegte Erde im Mittelpunkt des Universums, Sonne, Mond und Planeten bewegen sich auf idealen Kreisbahnen um sie herum;
Ptolemäus gestaltete diese Vorstellung im 2.Jh. zu einem vollständigen kosmologischen Modell
(Hawking Ist alles vorherbestimmt 10)

·   Kopernikus ordnete nicht die Himmelskörper, sondern die SPHÄREN am Firmament neu an;
das System ist nicht viel genauer als das des Ptolemäus;
Sonne steht nicht (wie er meint) im Mittelpunkt des Universums,
und nirgendwo am Himmel finden sich Kreisbahnen, von denen er weiter ausgeht;
Nachweis erst möglich, wenn gezeigt werden kann, dass Fixsterne von der Erde aus unter verschiedenen Winkeln erscheinen; erst 1837 kann der deutsche Astronom BESSEL die Parallaxe erstmals nachweisen
(Fischer 70ff)

·   Kopernikus: „... wer sollte nicht durch die innige Beschäftigung mit dem, was er in vollendetster Ordnung und in göttli­cher Weisheit geleitet sieht (Astronomie JK), ... wer sollte nicht den Werkmeister aller Dinge bewundern ...“
(Muschalek 16)

 

Galileo Galilei (1564-1642)

·   (18) Galilei möchte grundsätzlich sowohl das in der Sprache der Mathematik geschriebene „Buch der Natur“ als auch das „Buch der Bibel“ ernstnehmen. ... Wenn die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse feststehen und den Aussagen der Bibel widersprechen, ist eine Neuinterpretation der Bibel fällig!
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

·   „Das Buch der Natur kann man nur verstehen, wenn man vorher die Sprache und die Buchstaben gelernt hat, in de­nen es geschrieben ist. Es ist in mathematischer Sprache geschrieben, und die Buchstaben sind Dreiecke, Kreise und andere geometrische Figuren, und ohne diese Hilfsmittel ist es menschenunmöglich, auch nur ein Wort davon zu begreifen.“
(wer damit nicht umgehen kann – sicher die meisten Menschen – kann danach nicht verstehen, wie die Natur funk­ti­oniert!!; der Satz Galileis trifft aber nicht für die ganze Natur zu, bestenfalls für ihren physikalischen Teil; die belebte Natur kann man sehr wohl ohne Mathematik verstehen)
G. baut das Fernrohr nach (Erfindung eines Holländers); erreicht Vergrößerungsfaktor 1000 und machte berühmte Entdeckungen: sah Jupitermonde (nicht alles kreist um die Erde JK!!!), erkannte raue Oberfläche des Mondes, stellte Sonnenflecken fest und bemerkte irreguläre Struktur des Saturn;
G. hält – wie Kepler – das kopernikanische System für das Bessere; Spaß an der Auseinandersetzung – gegen Aristoteles, gegen den gesunden Menschenverstand und gegen die dogmatische Kirche;
zu Beginn des 17. Jh. hatten sich längst alle Fachleute davon überzeugt, dass die Anordnung des Ptolemäus nicht richtig beschrieb, was am Himmel los war;
1616 verkündete das Heilige Offizium, dass die zwei Behauptungen, die Sonne sei der Mittelpunkt der Welt und die Erde sei beweglich, zwar nicht als Ketzereien anzusehen seien, aber als „irrtümlich im Glauben“ (die koperni­kani­sche Lehre wurde zwar verurteilt, aber man durfte weiter über sie diskutieren)
Galilei musste 1633 einräumen, dass er zu seiner Zeit nicht in der Lage war, die heliozentrische Anordnung der Himmelskörper und die zentrale Stellung der Sonne zu beweisen (wobei die Betonung auf „beweisen“ liegt, was über eine einfache Plausibilität hinausgeht);
Papst Urban VIII. wies Galilei darauf hin, dass es Beweise doch wohl nur in der Mathematik gäbe; bei der Bewe­gung der Erde bzw. der Sonne bestenfalls von Hinweisen oder Evidenz zu reden; an dieser Stelle hatte der Stell­vertreter einfach recht, und so musste es zur Verurteilung des streitbaren Gelehrten kommen;
G. war bis zur Selbstaufgabe bereit, die Gewissheit, die aus dem Glauben kommt, völlig aufzugeben, in der Hoff­nung, an ihre Stelle die Sicherheit setzen zu können, die aus der Überzeugungskraft der eigenen Beweise und der Wahrheit der logischen Schlüsse stammt;
(Fischer 101ff)

·   „Ich erweise Gott meinen unendlichen Dank, weil er mich allein als ersten Beobachter bewunderungswürdiger Dinge ausersehen hat, die den bisherigen Jahrhunderten verborgen geblieben waren.“
(Galileo Galilei in einem Brief vom 30.1.1610)
(Wort und Wissen, info 2/01 S.5)

·   Kopernikus ordnete nicht die Himmelskörper, sondern die SPHÄREN am Firmament neu an;
das System ist nicht viel genauer als das des Ptolemäus;
Sonne steht nicht (wie er meint) im Mittelpunkt des Universums, und nirgendwo am Himmel finden sich Kreisbah­nen, von denen er weiter ausgeht;
Nachweis für die Richtigkeit erst möglich, wenn gezeigt werden kann, dass Fixsterne von der Erde aus unter ver­schiedenen Win­keln erscheinen;
erst 1837 kann der deutsche Astronom BESSEL die Parallaxe erstmals nachweisen
(Fischer 70ff)

 

Johannes Kepler (1571-1630)

·   Kepler Protestant, Zeit des 30-jährigen Krieges;
Tycho Brahes Assistent; der hatte die Marsbahn präzise vermessen; K. wertet die Daten nach dem Tod Brahes aus:
die Bahn des Mars am Himmel ist kein Kreis, wie man das seit Anbeginn der Welt gedacht hatte, sondern der Pla­net läuft auf einer Ellipse um die Sonne;
Kepler räumte den Daten Vorrang vor den Wünschen ein (ein perfekter Kreis wäre ihm wohl lieber gewesen, und was sollte er mit einem „leeren“ Brennpunkt anfangen? JK)
Kepler steht ziemlich genau an der Stelle, an der das eher mystische und noch immer alchemistisch beeinflusste Denken der Vergangenheit dem verstärkt rationalen Diskurs weicht, der ohne jeden religiösen Bezug auskommen will und den Versuch unternimmt, die Welt zu erklären, ohne Anleihen bei Wunderbarem zu machen.
(Alchemie, Aberglaube, Astrologie ...JK);
in einem Buch von 1604 Naturwissenschaft neben religiösen Betrachtungen und mathematisch zu nennenden Un­tersuchungen zum Symbol der göttlichen Trinität;
K. ist immer auf der Suche nach Qualitäten, nach Harmonien des Himmels und nach Schönheit;
Wissenschaft ist für ihn nur eine andere Form von Gottesdienst (K: WOLLTE URSPRÜNGLICH Theologie studie­ren); „Jetzt aber sehet, wie Gott durch mein Bemühen auch durch die Astronomie gefeiert wurde.“; er meint, das „körperliche Abbild Gottes“ in der Welt gefunden zu haben (Symbolik an einer Kugel);
bringt göttliche DREI (Trinität) mit der geometrischen DREI (Dreidimensionalität) in Zusammenhang;
wahre Gesetze der Planetenbewegung als wahrer Ausdruck der Schönheit der Schöpfung;
Hauptwerk: „Harmonie der Welt“
berechnet „große Konjunktion“ von Jupiter und Saturn als mögliche Erklärung für den Stern von Bethlehem – da­nach hätte Geburt Jesu 6 Jahre früher (heute 8) stattgefunden;
3. Keplersches Gesetz (Quadrat der Umlaufzeit proportional zur 3. Potenz der großen Halbachse) wird später von Newton aus dem Kraftgesetz abgeleitet (damit gezeigt, dass es nur eine Physik gibt, die für Himmel und Erde zugleich gültig ist);
bei K. sind die Planeten noch Lebewesen, die mit einer Seele ausgestattet sind (vgl. Bibel Gen.1)
(Fischer 120ff)

·   Gott hat sich den Menschen auf zweifache Weise offenbart: In der Heiligen Schrift durch die Zunge, in der Natur durch den Finger. Da Gott nicht sich selbst widersprechen kann, so kann auch die Heilige Schrift mit der Offenba­rung der Natur nicht im Widerspruch stehen. ...
Wir Astronomen sind Priester des großen Gottes für das Buch der Natur; daher geziemt es uns, nicht das Lob unse­res Geistes, sondern allein die Ehre des Schöpfers zu rühmen. ...
Gott ist für mich der große Künstler der Welt, ich schaue bewundernd die Werke seiner Hände: in der Mitte die Sonne, die Ausspenderin des Lichts und des Lebens, die nach heiligem Gesetz die Erde zügelt und ihren Lauf lenkt. Ich sehe die Mühen des Mondes und dort die Sterne zerstreut auf unermessener Flur. So kann ich nur staunend vor dem Weltgeheimnis stehen, kann beten und sagen: Vater der Welt, was bewegte dich, ein armes, schwaches Er­dengeschöpf so hoch zu erheben, dass es im Glanze dasteht, ein weithin herrschender König, fast ein Gott; denn er denkt deine Gedanken dir nach. ...
Wenn ich das Weltall betrachte, ist mir, als wenn ich dich mit meinen Händen griffe.
(Krafft, F., Meyer-Abich, A.: Große Naturwissenschaftler, Frankfurt/Main 1970)

·   „Meine Absicht ist es aufzuzeigen, dass die Himmelsmechanik nichts mit dem göttlichen Walten gemein hat, inso­fern als nahezu alle der mannigfachen Bewegungsabläufe mittels einer einzigen, ganz simplen magnetischen Kraft erfolgen.“ ...
“Die Astronomie ist ein Teil der Physik.“
Kepler wurde wegen Ketzerei exkommuniziert ...
(Frazier, K. u.a.: Der Planet Erde – Das Sonnensystem; Time-Life-Bücher Amsterdam, 1992, S.26)

 

Isaac Newton (1642-1727)

·   Philosophie des Deismus bei Newton:
Gott muss nach Fertigstellung seiner Schöpfung nicht mehr eingreifen, er zeigt sich in ihr als vollkommen
(Drewermann Anfang 723ff)

·   „Die wunderbaren Einrichtungen der Sonne, der Wandelsterne, der Kometen können nur nach dem Plan eines allwis­senden und allmächtigen Wesens und nur nach dessen Weisung zustande kommen.  ... so ist das ganze All offenbar nach einem einheitlichen Plan ausgerichtet, das Reich eines und desselben Herrschers. Daraus folgt, dass Gott der wahrhaft lebende, allweise und allmächtige Gott ist, das unendlich vollkommene Wesen, welches hoch über dem Weltall steht.“
(Muschalek 16)

·   Newton war der Meinung, dass er (mit seiner Forschung) auch dem Gottesglauben eine neue feste Grundlage gege­ben habe;
für ihn ist dieser Schöpfer personhaft vorzustellen
(Aichelin/Liedke 131ff)

·   Newton, der große Physiker, hat sich auch als rastloser Alchemist betätigt;
(Fischer 155ff)

·   Newton zeigt, dass der Mond am Himmel derselben Kraft unterliegt und seine Bewegung nach den selben Geset­zen richtet wie ein Apfel, der zu Boden fällt, oder ein Stein, der durch die Luft geschleudert wird;
(Fischer 155ff)

·   3. Keplersches Gesetz (Quadrat der Umlaufzeit proportional zur 3. Potenz der großen Halbachse) wird später von Newton aus dem Kraftgesetz abgeleitet (damit hat er gezeigt, dass es nur eine Physik gibt, die für Himmel und Erde zugleich gültig ist);
(Fischer 120ff)

 

Pierre Simon de Laplace (1749-1827)

·   „Eine Intelligenz, welche für einen gegebenen Augenblick alle in der Natur wirkenden Kräfte sowie die gegensei­tige Lage der sie zusammensetzenden Elemente kennte, und überdies umfassen genug wäre, um diese gegebe­nen Größen der Analysis zu unterwerfen, würde in derselben Formel die Bewegungen der großen Weltkörper wie des leichtesten Atoms umschließen; nicht würde ungewiss sein und Zukunft wie Vergangenheit würden ihr offen vor Au­gen liegen.“
(Pierre Simon de Laplace 1814)
(
à die Naturwissenschaft versuchte, nach und nach in die Rolle dieses Dämons zu schlüpfen)

·   zu Napoleon auf die Frage, warum denn Gott in seinen Gleichungen nicht vorkomme: „Sire, ich hatte jene Hypo­these nicht nötig.“
(er hatte recht, indem er darauf hinwies, dass sich Naturwissenschaft mit der für den menschlichen Verstand fassbaren Natur beschäftigt, zeigte aber auch Selbstbewusstein)
(Drewermann Der sechste Tag 237; Hans Küng, Der Anfang aller Dinge, Piper 2005 S.96)

 

Michael Faraday (1791-1867)

·   Grundlagen der Elektrizität;
“ ... dass es Gott gefallen hat, seine materielle Schöpfung mit Hilfe von Gesetzen zustande zu bringen ... der Schöpfer beherrscht seine materiellen Hervorbringungen durch definitive Gesetze, die durch die Kräfte zustande kommen, die auf die Materie einwirken.“
F. liest im Buch der Natur, um Zeichen zu finden für Gottes Handeln
(Fischer 192)

 

Charles Darwin (1809-1882)

·   So wie der Mensch in der Zivilisation vorschreitet und kleine Stämme zu größeren Gemeinschaften sich vereinen, wird die schlichteste Vernunft jedem Einzelwesen sagen, dass es seine geselligen Instinkte und Sympathien auf alle Mitglieder des Volkes ausdehnen müsse, mögen sie ihm auch persönlich unbekannt sein. Ist dieser Punkt einmal er­reicht, so ist es nur noch eine künstliche Schranke, die verhindert, dass er seine Sympathie auf alle Menschen aller Völker und Rassen erstrecke. Wenn auch tatsächlich solche Leute von ihm durch bedeutende Unterschiede im Aus­sehen oder in der Gewohnheit gesondert sind, so brauchte es leider, wie uns die Erfahrung lehrt, gar lange Zeit, bis wir sie als Mitmenschen betrachteten. Sympathie über die Grenzen der Menschheit hinaus, d.h. Humanität gegen­über den niedrigeren Tieren, dürfte eine der spätesten moralischen Erwerbungen sein. ... diese Tugend, eine der edelsten, mit denen der Mensch begabt ist ... wird zarter, umfassender, bis sie sich auf alle fühlenden Wesen er­streckt.; ......
Bei Wilden werden die an Körper oder Geist Schwachen bald entfernt sein, und die Überlebenden weisen gewöhn­lich einen kräftigen Gesundheitszustand auf. Wir zivilisierten Menschen dagegen tun das Möglichste, um diesen Entfernungsprozess zu hemmen; wir bauen Asyle für Blödsinnige, Krüppel und Kranke; wir erlassen Ar­mengesetze und unsere Ärzte wenden ihre ganze Geschicklichkeit an, um das Leben jedes Menschen so lang wie nur möglich zu erhalten. Es lässt sich mit Grund annehmen, dass die Impfung Tausenden das Leben erhalten habe, die infolge ihrer schwachen Konstitution früher den Pocken erlegen wären. Dermaßen können die schwa­chen Mitglieder der zi­vilisierten Gesellschaft ihre Art fortpflanzen. Niemand, der die Züchtung von Haustieren beobachtet hat, wird zwei­feln, dass das erwähnte Vorgehen für die menschliche Rasse höchst schädlich sein muss. ... Der Beistand, den wir uns genötigt fühlen, den Hilflosen zu leisten, ist hauptsächlich ein incendentales Ergebnis des Instinkts der Sympa­thie, der ursprünglich als ein Teil der geselligen Instinkte erworben worden war, in der Folge jedoch,.. zarter und verbreiteter wurde. Auch können wir unsre Sympathie nicht hemmen, selbst dann nicht, wenn starke Vernunftgründe dawider sind, ohne den edelsten Teil unserer Naturheit zu verletzen ... wollten wir die Schwachen und Hilflosen ver­nachlässigen, so würden wir nur einen ungewissen Vorteil mit einem überwäl­tigenden gegenwärtigen Übel erwer­ben.;
(Darwin: Abstammung des Menschen 183, 200)

·   Wenn es möglich (und sinnvoll) sein soll, an einen Gott zu glauben (von „beweisen“ ist ein für allemal nicht länger die Rede mehr!), so nicht aufgrund der Welt, wie sie uns erscheint, sondern trotz der Welt, gegen die Welt, buch­stäblich und absolut jenseits der Welt, in der wir leben und aus der wir kommen.
(Drewermann Und es geschah so 768)

·   ... so habe ich doch wenigstens, ich hoffe es, ein gutes Werk verrichtet, indem ich dazu beigetragen habe, das Dogma der besonderen Schöpfungsakte zu stürzen;
... veredelnder Glaube an die Existenz eines allmächtigen Gottes ...;
die höhere Frage, ob ein Schöpfer und Weltenlenker existiere; diese ist von vielen der größten Geister, die je auf Erden waren, zustimmend beantwortet worden;
Der geringste Organismus ist etwas viel Höheres als der unorganische Staub unter unseren Füßen; und niemand, der vorurteilsfreien Geistes ist, kann irgend ein lebendes Wesen studieren, ohne durch dessen wundervolle Struktur und Eigenschaften von staunender Begeisterung erfüllt zu werden.;
Wir müssen ... anerkennen, dass der Mensch mit all seinen edlen Eigenschaften, mit seiner Sympathie, die er für das Niedrigste fühlt, mit seinem Wohlwollen, das sich nicht nur auf andere Menschen erstreckt, sondern auch auf das geringste lebende Geschöpf, mit seinem göttlichen Intellekt, der die Bewegungen und die Beschaffenheit des Sonnensystems ergründet hat – dass der Mensch mit all diesen erhabenen Kräften doch noch in seinem Körper­bau den unauslöschlichen Stempel seines niedrigen Ursprungs trägt. (= letzter Satz JK)
(Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die Zuchtwahl in geschlechtlicher Beziehung, Reclam Leipzig o.J., Bd.
I - S.3; 92; 139; 140; 248; Bd. II – S.420; 429)

·   zu einer Zeit geboren, als die Tätigkeit eines Naturforschers und das dazugehörende Fach der Naturkunde noch fest in den Händen der Theologen lag. Dementsprechend sprach man von einer Naturtheologie ... alle Professo­ren für Botanik und Zoologie waren Theologen ...
das eigentlich Spannende an der Geschichte Darwins ist seine Verwandlung der Naturtheologie in eine Natur­kunde bzw. Naturwissenschaft ... er nahm die Naturtheologen einfach bei ihrem Wort und glaubte an die Präzi­sion, die sie sich selbst vorgaben oder anstrebten ... wandte sich vom Christentum ab und wurde zum Agnostiker ...
als der junge noch im Glauben verankerte D. seine Weltreise antrat, war in der Schiffsbibel das Datum der Welt­schöpfung eingetragen: 23. Oktober 4004 v.Chr. 9 Uhr vormittags
die Naturtheologen schwärmten von dem Argument des „design“, das William Paley 1802 vorgestellt hatte: ... zu ei­ner Uhr gehört ein Uhrmacher, und die Welt verweist auf einen großen Uhrmacher ...
Lieblings-Tochter Annie stirbt mit 10 Jahren 1851
à endgültige Lossagung vom christlichen Glauben (kein Trost)
als D. begann, seine Ideen zur Veränderbarkeit der Arten zu Papier zu bringen: „Mir ist, als gestehe ich einen Mord“ (Stabilität der Ordnungen gerät ins Wanken, Verursachung ist nicht mehr der Wille Gottes)
Der britische Bischof Wilberforce fragte den Biologen Thomas Huxley, „ob er von Seiten seines Großvaters oder seiner Großmutter vom Affen abstamme“.
Huxley erwiderte: „Wenn mir die Frage gestellt würde, ob ich lieber einen erbärmlichen Affen zum Großvater hätte oder einen begabten Mann mit großem Einfluss, der aber diese Gaben und diesen Einfluss in der bloßen Absicht gebraucht, eine ernsthafte wissenschaftliche Diskussion ins Lächerliche zu ziehen, dann zögere ich nicht zu erklä­ren, dass ich den Affen bevorzugte.“
D. hat das Wort Evolution erst 1871 gebraucht ...
herrschende Weltsicht war der von Newton entworfene Kosmos, der wie ein Uhrwerk ablief und in dem es dank sei­ner deterministischen Gesetze Sicherheit und Vorhersagbarkeit gab ... genau dieses Weltbild wurde durch Darwins Idee erschüttert (vielleicht Erklärung für Abläufe in der Vergangenheit, aber keine Vorhersage für die Zu­kunft mög­lich); ... alle Lebewesen waren nicht mit Absicht in der Welt, kein Ergebnis eines göttlichen Schöpfungs­planes, son­dern als Ergebnis eines wahrscheinlich zufälligen und gewiss nicht-zielgerichteten Vorgangs namens Evolution
(Fischer 206ff)

·   „Es ist wahrlich etwas Erhabenes um die Auffassung, dass das Leben mit seinen verschiedenen Fähigkeiten vom Schöpfer ursprünglich nur wenigen oder gar nur einer einzigen Form eingehaucht wurde,
und dass, während dieser Planet nach dem ehernen Gravitationsgesetz seine Kreise zieht,
aus einem so schlichten Anfang unzählige der schönsten und wunderbarsten Formen entwickelt wurden und immer weiter entwickelt werden.“
(letzter Satz in Darwins Hauptswerk: C.D.: Über die Entstehung der Arten, Reclam, Leipzig1980, S.538)

(engl. Original):
„There is grandeur in this view of life, with its several powers, having been originally breathed by the Creator into a few forms or into one; and that, whilst this planet has gone cycling on according to the fixed law of gravity, from so simple a beginning endless forms most beautiful and most wonderful have been, and are being, evolved.“

In der ersten Auflage des Buches – die auch heute noch Grundlage mancher Übersetzungen ist – fehlt das Reden „vom Schöpfer“ („by the Creator“). Diese Worte hat Darwin erst von der zweiten Auflage an in den Text eingefügt, offenbar, weil es ihm wichtig war, und sie sind bis zur letzten zu seinen Lebzeiten erschienenen Auflage des Buches erhalten geblieben.
Der „Schöpfer“ taucht auch nicht zufällig und singulär in diesem Buch auf – nur eine Seite vorher schreibt Darwin z.B. von den „vom Schöpfer der Materie eingeprägten Gesetzen“ (S.537).

·   (Darwins Wertschätzung von Religion)
+ (Bd.I, S.139) (die höhere Frage) „ob ein Schöpfer oder Weltenlenker existiere; diese ist von vielen der größten Geister, die je auf Erden waren, zustimmend beantwortet worden.“
+ (I 168 Fußnote) „Böses mit Gutem zu vergelten, den Feind zu lieben, ist ein so hoher sittlicher Standpunkt, dass zu bezweifeln ist, ob die geselligen Instinkte an und für sich uns je dahin hätten bringen können. Vereint mit der Sympathie, mussten diese Instinkte mit Hilfe der Vernunft, der Belehrung und der Liebe oder Furcht vor Gott hoch kultiviert und erweitert werden, ehe eine so goldene Regel je erdacht oder befolgt werden konnte.“
+ (I 216) „Die höchste Form der Religion – der große Gedanke von einem Gott, der die Sünde hasst und die Rechtschaffenheit liebt – war in den Urzeiten unbekannt.“
+ (II 418) „Bei den zivilisierten Rassen hat die Überzeugung vom Dasein eines allwissenden Gottes einen mächtigen Einfluss auf den Fortschritt der Sittlichkeit gehabt ...
Der Glaube an Gott wurde oft nicht nur als der größte, sondern auch als der vollkommenste aller Unterschiede zwischen Mensch und niedrigerem Tiere vorgebracht. ...“

(C.D.: Die Abstammung des Menschen)

·   Charles Darwin wurde am 26.4.1882 in London in der Westminster Abbey beigesetzt (einer großen Kirche in Lon­don) --- (K. Ferguson: Gott und die Gesetze des Universums, Econ Düsseldorf 2002, S.13f)

·   „Ein anderer Grund für den Glauben an die Existenz Gottes, der mit der Vernunft, nicht mit Gefühlen zusammenhängt, scheint mir mehr ins Gewicht zu fallen. Dieser Grund ergibt sich aus der extremen Schwierigkeit oder eigentlich Unmöglichkeit, sich vorzustellen, dieses gewaltige, wunderbare Universum einschließlich des Menschen mitsamt seiner Fähigkeit, weit zurück in die Vergangenheit und weit voraus in die Zukunft zu blicken, sei nur das Ergebnis blinden Zufalls oder blinder Notwendigkeit. Wenn ich darüber nachdenke, sehe ich mich gezwungen, auf eine Erste Ursache zu zählen, die einen denkenden Geist hat, gewissermaßen dem menschlichen Verstand analog; und ich sollte mich wohl einen Theisten nennen.
Wenn ich mich recht erinnere, beherrschte diese Schlussfolgerung mein Denken in der Zeit, als ich Über die Entstehung der Arten schrieb;
seither schien sie mir ganz allmählich immer weniger überzeugend;
ich schwankte jedoch sehr …
Das Mysterium vom Anfang aller Dinge können wir nicht aufklären; und ich jedenfalls muss mich damit zufrieden geben, Agnostiker zu bleiben.“
(Charles Darwin: Mein Leben, Insel TB S.102f.)

·   Darwin schreibt 1879 in einem Brief an John Fordyce:
Es scheint mir absurd zu sein zu bezweifeln, dass jemand sowohl ein leidenschaftlicher Theist wie auch ein Evolutionist sein kann. - Sie haben recht, wenn Sie an Kingsley denken, Asa Gray, der bedeutende Botaniker, ist ein anderes Beispiel dafür. – Was meine eigenen Ansichten betrifft, so ist das eine Frage, die keinerlei Konsequenzen für andere hat, sondern allein mich betrifft. – Aber wenn Sie mich fragen, muss ich feststellen, dass mein Urteil häufig schwankt. Umsomehr deswegen, weil es davon abhängt, wie man den Begriff definiert, ob man jemanden einen Theisten nennen sollte: das ist ein zu gewaltiger Gegenstand, als dass man ihn in einer kurzen Bemerkung abhandeln könnte. In den äußersten Zuständen meines Schwankens bin ich niemals ein Atheist in dem Sinne gewesen, dass ich die Existenz eines Gottes geleugnet hätte. Ich glaube, im Allgemeinen (und desto mehr und mehr, je älter ich werde), aber nicht immer, dass Agnostiker die genaueste Bezeichnung für meinen Seelenzustand sein würde.
(Quelle:
http://www.darwinproject.ac.uk/entry-12041)

Darwin hat mehrfach klargestellt, dass er Agnostiker sei, nicht Atheist. Was ist der Unterschied?
Der Agnostizismus ist eine Weltanschauung, die insbesondere die prinzipielle Begrenztheit menschlichen Wissens betont. Die Möglichkeit der Existenz transzendenter Wesen oder Prinzipien wird vom Agnostizismus nicht bestritten. Agnostizismus ist sowohl mit Theismus als auch mit Atheismus vereinbar, da der Glaube an Gott möglich ist, selbst wenn man die Möglichkeit der rationalen Erkenntnis Gottes verneint.
Die Frage „Gibt es einen Gott?“ wird vom Agnostizismus dementsprechend nicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet, sondern mit „Es ist nicht geklärt“, „Es ist nicht beantwortbar“.
Unabhängig davon ist die Frage „Glauben Sie an einen Gott?“.

Diese ist auch von einem Agnostiker mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortbar.
(Und erst ein NEIN auf diese Frage würde den Atheisten kennzeichnen)
(Wikipedia 23.2.2009)

·   Brief Charles Darwin 1870 an J.D.Hooker:
„Meine Theologie ist ein einziges Durcheinander;
ich kann das Universum nicht als ein Resultat blinder Zufälligkeit sehen,
ich kann aber auch kein Zeichen für das Walten einer gütigen Absicht oder überhaupt einer wie auch immer gearteten Absicht … entdecken.“

(C.D.: Mein Leben, insel tb 2008, S.185)

·   Brief von Charles Darwin an Asa Gray, 22.5.1860
Was nun die theologische Ansicht der Frage betrifft. Das ist immer peinlich für mich. Ich bin ganz bestürzt. Ich habe durchaus nicht die Absicht gehabt, atheistisch zu schreiben. Ich gesteh aber zu, dass ich nicht so deutlich, wie es andere sehen und wie ich selbst tun zu können wünschte, Beweise von Absicht und von Wohltätigkeit auf allen Seiten um uns herum erkennen kann. Ich kann mich nicht dazu überreden, dass ein wohlwollender und allmächtiger Gott mit vorbedachter Absicht die Ichneumiden oder Schlupfwespen erschaffen haben würde mit der ausdrücklichen Bestimmung, sich innerhalb des Körpers lebender Raupen zu ernähren, oder auch, dass eine Katze mit den Mäusen erst spielen solle. Da ich hieran nicht glauben kann, sehe ich auch keine Notwendigkeit zu dem Glauben ein, dass das Auge ausdrücklich beabsichtigt wurde. Auf der anderen Seite kann ich mich doch in keinerlei Weise damit befriedigt fühlen, dieses wunderbare Universum, und besonders die menschliche Natur, zu betrachten und zu folgern, dass alles nur das Resultat der rohen Kraft ist. Ich bin geneigt, alles als das Resultat vorausbestimmter Gesetze anzusehen, wobei die Einzelheiten, mögen sie gut oder schlimm sein, der Wirkung dessen überlassen wird, was man Zufall nennen kann. Nicht, als wenn dieser Begriff mich durchaus befriedigte. Ich fühle aufs Allertiefste, dass der ganze Gegenstand zu tief ist für den menschlichen Intellekt. Ein Hund könnte ebenso gut über den Geist Newtons spekulieren. Lasst einen jeden Menschen hoffen und glauben, was er kann. Ganz entschieden stimme ich darin mit Ihnen überein, dass meine Ansichten durchaus nicht notwendig atheistisch sind. Der Blitz tötet einen Menschen, mag er ein guter oder ein schlechter sein, in Folge der ganz außerordentlich komplizierten Tätigkeit der Naturgesetze.
(Leben und Briefe von Charles Darwin, Herausgegeben von Francis Darwin, übersetzt von Julius Victor Carus, Stuttgart, E. Schweizerbart´sche Verlagshandlung, 2. Auflage, 1899, II.Band, S.303f.)

·   Dass es auf der Welt viel Leiden gibt, wird niemand bestreiten. Manche Autoren haben versucht, den Sinn des menschlichen Leidens damit zu erklären, dass sie sich vorstellen, es diene der Verbesserung der Moral. Aber die Zahl der Menschen auf der Welt ist, verglichen mit anderen fühlenden Wesen, verschwindend gering, und diese anderen leiden sehr, ohne dass eine Besserung der Moral zustande kommt. Ein so mächtiges und wissendes Wesen wie ein Gott, der das Universum erschaffen könnte, ist für unser begrenztes Vorstellungsvermögen allmächtig und allwissend, und unser Verstand empört sich gegen die Vorstellung, die Güte dieses Wesens sei nicht grenzenlos; denn welchen Vorteil soll das endlose Leiden von Millionen niederer Lebewesen haben? Dieses sehr alte Argument, die Existenz von Leiden sei ein Beweis gegen die Existenz einer intelligenten ersten Ursache, kommt mir sehr überzeugend vor …
(Charles Darwin: Mein Leben, Insel Taschenbuch 2008, S.99)

·   Brief von Charles Darwin an einen deutschen Studenten 1879 (geschrieben von einem Familienmitglied):
„Er (C.D.) ist der Ansicht, dass die Entwicklungstheorie mit dem Glauben an einen Gott völlig vereinbar ist; dass Sie aber daran denken müssen, dass verschiedene Personen verschiedene Definitionen von dem haben, was sie unter Gott verstehen.“
(Leben und Briefe von Charles Darwin, Herausgegeben von Francis Darwin, übersetzt von Julius Victor Carus, Stuttgart, E. Schweizerbart´sche Verlagshandlung, 2. Auflage, 1899, I.Band, S.281ff.)

 

Ernst Haeckel (1834-1919)

·   Ernst Haeckel bekannte sich zu einem Monismus, der statt des Dualismus von Geist und Materie die grundsätzli­che Einheit beider propagierte, und zwar eine strikt materialistische. Keine Materie existiere ohne Geist, kein Geist ohne Materie, „sondern nur Eins, das Beides zugleich sei“. Einen übernatürlichen personifizierten Schöpfer lehnte er ab. „Für Haeckel ist Gott identisch mit dem allgemeinen Naturgesetz und der Natur selbst“, schreibt seine Bio­grafin Erika Krauße H. war „der Ansicht, dass aus seiner monistischen Naturphilosophie eine monistische Naturre­ligion hervorgehen könnte, die mit den modernen Erkenntnissen der Naturwissenschaften übereinstimme.“;
1866 trafen H. und Darwin in London zusammen, D. war hocherfreut über die Verbreitung, die H. seiner Theorie in Deutschland verschafft hatte, wunderte sich allerdings über die Rigorosität, mit der H. sie vertrat.; 1879 Debatte über H. im Preußischen Abgeordnetenhaus, Ergebnis: Verbot nicht nur seiner, sondern auch Darwins Schriften an den Schulen Preußens
(GEO 12/1996 S.140ff)

·   (1) monistische Erkenntnistheorie ... als die beiden einzigen sicheren Wege hatte ich „Erfahrung und Denken – oder Empirie und Spekulation“ bezeichnet und dabei betont, dass diese beiden gleichberechtigten Erkenntnismethoden sich gegenseitig ergänzen, dass sie allein durch die Vernunft uns zur Wahrheit führen. Dagegen hatte ich zwei andere, vielbetretene Wege, die angeblich direkt zur tieferen Erkenntnis leiten, nämlich „Gemüt und Offenbarung“, als irreführend zurückgewiesen; beide widerstreiten der „reinen Vernunft“, indem sie den Glauben an Wunder verlangen.;
(36ff) Naturalismus; Monismus
In dem streng monistischen Sinne von Spinoza fallen für uns die Begriffe von Gott und Natur zusammen (Deus sive Natura). Ob es jenseits der Natur ein Gebiet des „Übernatürlichen“ oder eine „Geisterreich“ gibt, wissen wir nicht.
(Ernst Haeckel: Die Lebenswunder, Alfred Kröner Verlag Stuttgart 1906)

 

Max Planck (1858-1947)

·   „... dass es für einen naturwissenschaftlich einigermaßen Gebildeten schlechterdings unmöglich ist, die vielen Be­richte von ... den Naturgesetzen widersprechenden Gegebenheiten, von Naturwundern,, die gemeinhin als we­sent­liche Stützen und Bekräftigungen religiöser Lehren gelten und die man früher ohne kritische Bedenken ein­fach als Tatsachen hinnahm, heute noch als auf Wirklichkeit beruhend anzuerkennen. Wer es also mit seinem Glauben wirk­lich ernst meint und es nicht ertragen kann, wenn dieser mit seinem Wissen in Widerspruch gerät, der steht vor der Gewissensfrage, ob er sich überhaupt noch ehrlich zu einer Religionsgemeinschaft zählen darf, welche in ihrem Be­kenntnis den Glauben an Naturwunder einschließt.“
(Dürr 22f)

·   „Denn Gott regiert gleichermaßen in allen Ländern der Erde, ihm ist die ganze Welt mit ihren Schätzen wie auch mit ihren Schrecknissen untertan, und es gibt im Reich der Natur wie im Reich des Geistes kein Gebiet, das er nicht all­gegenwärtig durchdringt.“
(Dürr 25)

·   „Wie erbärmlich klein, wie ohnmächtig müssen wir Menschen uns vorkommen, wenn wir bedenken, dass die Erde, auf der wir leben, in dem schier unermesslichen Weltall nur ein minimales Stäubchen, geradezu ein Nichts be­deutet, und wie seltsam muss es uns andererseits erscheinen, dass wir, winzige Geschöpfe auf einem beliebigen winzigen Planeten, imstande sind, mit unseren Gedanken zwar nicht das Wesen, aber doch das Vorhandensein und die Größe der elementaren Bausteine der ganzen großen Welt genau zu erkennen.
Aber das Wunderbare geht noch weiter. Es ist ein unbezweifelbares Ergebnis der physikalischen Forschung, dass diese elementaren Bausteine des Weltgebäudes nicht in einzelnen Gruppen ohne einen Zusammenhang neben­ein­anderliegen, sondern dass sie sämtlich nach einem einzigen Plan aneinandergefügt sind, oder, mit anderen Worten, dass in allen Vorgängen der Natur eine universale, uns bis zu einem gewissen Grad erkennbare Gesetz­lichkeit herrscht.“
(Dürr 32f)

·   „Was wir aber nun als das allergrößte Wunder ansehen müssen, ist die Tatsache, dass die sachgemäßeste Formulie­rung dieses Gesetzes bei jedem Unbefangenen den Eindruck erweckt, als ob die Natur von einem ver­nünf­tigen, zweckbewussten Willen regiert würde.“
(Dürr 34)

·   Gesetzmäßigkeit im gesamten Bereich der Natur, ... die zweckmäßigem Handeln entspricht, ... stellt eine vernünf­tige Weltordnung dar
(Dürr 36)

·    „... Religion und Naturwissenschaft begegnen sich in der Frage nach der Existenz und nach dem Wesen einer höchs­ten über die Welt regierenden Macht ...
Nichts hindert uns also, und unser nach einer einheitlichen Weltanschauung verlangender Erkenntnistrieb fordert es, die beiden überall wirksamen und doch geheimnisvollen Mächte, die Weltordnung der Naturwissenschaft und den Gott der Religionen, miteinander zu identifizieren. Danach ist die Gottheit, die der religiöse Mensch mit seinen an­schaulichen Symbolen sich nahezubringen sucht, wesensgleich mit der naturgesetzlichen Macht, von der dem for­schenden Menschen die Sinnesempfindungen bis zu einem gewissen Grade Kunde geben. ...
grundsätzlicher Unterschied zu beachten. Für den religiösen Menschen ist Gott unmittelbar und primär gegeben. ... Im Gegensatz dazu ist für den Naturforscher das einzig primär Gegebene der Inhalt seiner Sinneswahrneh­mungen und der daraus abgeleiteten Messungen. Von da aus sucht er sich auf dem Wege der induktiven For­schung Gott und seiner Weltordnung als dem höchsten, ewig unerreichbaren Ziele nach Möglichkeit anzunähern. Wenn also beide, Religion und Naturwissenschaft, zu ihrer Betätigung des Glaubens an Gott bedürfen, so steht Gott für die eine am Anfang, für die andere am Ende allen Denkens. Der einen bedeutet er das Fundament, der anderen die Krone des Aufbaues jeglicher weltanschaulicher Betrachtung. ...
Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, die Religion aber braucht er zum Handeln.“
(Dürr 37f)

·   Heisenberg:
Für Planck sind Religion und Naturwissenschaft deswegen vereinbar, weil sie, wie er voraussetzt, sich auf ganz ver­schiedene Bereiche der Wirklichkeit beziehen. Die Naturwissenschaft handelt von der objektiven materiellen Welt. Sie stellt uns vor die Aufgabe, richtige Aussagen über diese objektive Wirklichkeit zu machen und ihre Zu­sammen­hänge zu verstehen. Die Religion aber handelt von der Welt der Werte. Hier wird von dem gesprochen, was sein soll, was wir tun sollen, nicht von dem, was ist. ...
Planck hat sich eindeutig für die christliche Tradition entschieden ...
Ich bezweifle, ob menschliche Gemeinschaften auf die Dauer mit dieser scharfen Spaltung von Wissen und Glau­ben leben können .
Missverständnis seit dem 18 Jahrhundert: Konflikt entsteht, wenn man die Bilder und Gleichnisse der Religion als naturwissenschaftliche Behauptungen interpretiert, was natürlich unsinnig ist.
(Dürr 295)

·   „Es ist der stetig fortgesetzte, nie erlahmende Kampf gegen Skeptizismus und gegen Dogmatismus, gegen Un­glaube und gegen Aberglaube, den Naturwissenschaft und Religion gemeinsam führen, und das richtungweisende Losungswort in diesem Kampf lautet von jeher und in alle Zukunft: Hin zu Gott!“
(Dürr 39)

·   Brief nach dem Tod seines Sohnes 1945 (Hinrichtung durch die Nazis): „... dass ich es als eine Gnade des Himmels betrachte, dass mir von Kind­heit an der feste, durch nichts beirrbare Glaube an den Allmächtigen und Allgütigen tief im Innern wurzelt.“ (Planck verlor 4 Kinder zu Lebzeiten)
(Muschalek 63)

·   (217) „Auch für die Physik gilt der Satz, dass man nicht selig wird ohne Glauben, zumindest den Glauben an eine ge­wisse Realität außer uns.“ (1913)
(Ernst Peter Fischer: Leonardo, Heisenberg & Co., Piper TB München 2004)


 

Albert Einstein (1879-1955)

·   (12) Einstein beruft sich auf „Häretiker“ wie Demokrit, Franz von Assisi und besonders Spinoza, vertritt eine dogmen­freie „kosmische Frömmigkeit“
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

·   Vortrag Gerd Weiberg:
E. glaubt an kosmische Religiosität, die er in der vollkommenen Harmonie des Kosmos zu erkennen glaubt;
Gott ist diesem Universum immanent;
wunderbare Ordnung der Natur;
Gott als unermesslicher Geist (nicht menschenähnlicher, persönlicher Gott);
E. spricht ständig von GOTT, ohne an ihn zu glauben;
nennt sich einen „tief religiösen Ungläubigen“;
alles im Universum ist vorherbestimmt; Credo für Determinismus, gegen Zufall;
Spinoza: In der Natur gibt es nichts Zufälliges;
E. Ist Jude immer nur unter kulturell-politischen Gesichtspunkten, Schicksalsgemeinschaft; gibt an „konfessions­los“;
Widerspruch: Determinismus – und trotzdem ethisch verantwortliche Lebensführung (Willensfreiheit)?;
(Tagung: Naturwissenschaft, Weltbild, Glaube; Halle 15.10.05)

·   all diesen Typen (von Religionen JK) gemeinsam ist der anthropomorphe Charakter der Gottesidee (Vater, Mutter, Führer, Belohnung und Bestrafung, Furcht und Moral JK);
Über diese Stufe religiösen Erlebens pflegen sich nur besonders reiche Individuen und besonders edle Gemein­schaften wesentlich zu erheben. Bei allen aber gibt es noch eine dritte Stufe religiösen Erlebens, wenn auch nur selten in reiner Ausprägung; ich will sie als kosmische Religiosität bezeichnen. ...
Ansätze zur kosmischen Religiosität finden sich bereits auf früher Entwicklungsstufe, z.B. in manchen Psalmen Da­vids sowie bei einigen Propheten. Viel stärker ist die Komponente kosmischer Religiosität im Buddhismus ...
Die religiösen Genies aller Zeiten waren durch diese kosmische Religiosität ausgezeichnet, die keine Dogmen und keinen Gott kennt, der nach dem Bild des Menschen gedacht wäre. Es kann daher auch keine Kirche geben, de­ren hauptsächlicher Lehrinhalt sich auf die kosmische Religiosität gründet. ... gerade unter den Häretikern aller Zeiten ... Demokrit, Franziskus von Assisi, Spinoza ...
Wer von der kausalen Gesetzmäßigkeit allen Geschehens durchdrungen ist, für den ist die Idee eines Wesens, wel­ches in den Gang des Weltgeschehens eingreift, ganz unmöglich ... ein Gott, der belohnt und bestraft, ist für ihn schon darum undenkbar, weil der Mensch nach äußerer und innerer Notwendigkeit handelt, vom Standpunkt Gottes aus also nicht verantwortlich wäre ...
Welch ein tiefer Glaube an die Vernunft des Weltenbaues und welche Sehnsucht nach dem Begreifen wenn auch nur eines geringen Abglanzes der in dieser Welt geoffenbarten Vernunft musste in Kepler und Newton lebendig sein ...
Ein Zeitgenosse hat nicht mit Unrecht gesagt, dass die ernsthaften Forscher in unserer im allgemeinen materialis­tisch eingestellten Zeit die einzig tief religiösen Menschen seien.
(Dürr 67ff)

·   “... wenn die Zahl der mitwirkenden Faktoren bei einem Komplex von Naturerscheinungen zu groß ist, lässt uns die wissenschaftliche Methode meist im Stich. Man braucht nur an das Wetter zu denken, für das eine Voraus­sage selbst auf wenige Tage schon unmöglich wird. Und dennoch besteht kein Zweifel, dass wir dabei einem Kausal­zu­sammenhang gegenüberstehen, dessen einzelne Komponenten uns im wesentlichen bekannt sind. Er­eignisse auf diesem Gebiet entziehen sich unserer exakten Vorhersage nur wegen der Mannigfaltigkeit der mitwir­kenden Fakto­ren, nicht wegen einer mangelnden Ordnung in der Natur.“
(Dürr: Physik und Transzendenz, Scherz 1988 S.77)

·   Die Naturwissenschaft kann freilich niemals die Lehre von einem in die Naturereignisse eingreifenden persönli­chen Gott widerlegen, denn diese Lehre kann stets in jenen Gebieten Zuflucht suchen, in denen wissenschaftliche Er­kenntnis bis jetzt noch nicht Fuß zu fassen vermochte. ...
Aber ich bin überzeugt, dass ein solches Verhalten der Vertreter der Religion nicht nur unwürdig, sondern auch ver­hängnisvoll wäre. Denn eine Lehre, die sich nicht in klaren Licht, sondern nur im Dunkel zu behaupten vermag, wird zwangsläufig jede Wirkung auf Menschen verlieren ...
In ihrem Kampf um das Gute müssten die Lehrer der Religion die innere Größe haben und die Lehre von einem per­sönlichen Gott fahren lassen, das heißt, auf jene Quelle von Furcht und Hoffnung verzichten. ...
Wer aber je die erfolgreichen Fortschritte auf diesem Gebiet (der naturwissenschaftlichen Forschung JK) eindring­lich erfahren hat, wird tiefe Ehrfurcht vor der Vernunft empfinden, die sich in der Wirklichkeit offenbart. Durch die Er­kenntnis befreit sich der Mensch weitgehend aus den Fesseln seiner Hoffnungen und Wünsche und gewinnt da­bei jene demütige Geisteshaltung gegenüber der Erhabenheit der Vernunft, die sich in der Wirklichkeit verkör­pert und ihm in ihren letzten Tiefen unzugänglich ist. Diese Einstellung scheint mir aber im höchsten Sinne des Wortes reli­giös zu sein.
(Dürr 76ff)

·   Wolfgang Pauli:
Einsteins Auffassung liegt mir näher ... der liebe Gott, auf den er sich so gern beruft, hat irgendwie mit den unab­än­derlichen Naturgesetzen zu tun. Einstein hat ein Gefühl für die zentrale Ordnung der Dinge. Er spürt diese Ord­nung in der Einfachheit der Naturgesetze. Man kann annehmen, dass er diese Einfachheit bei der Entdeckung der Relati­vitätstheorie stark und unmittelbar erlebt hat. ...
Einstein ist wohl kaum an eine religiöse Tradition gebunden, und ich würde glauben, dass die Vorstellung eines per­sönlichen Gottes ihm ganz fremd ist. Aber es gibt für ihn keine Trennung zwischen Wissenschaft und Religion. Die zentrale Ordnung gehört für ihn zum subjektiven ebenso wie zum objektiven Bereich,...
(Dürr 297)

·   Niels Bohr: mir geht es wie Dirac, dass mir die Vorstellung eines persönlichen Gottes fremd ist
(Dürr 301)

·   das herrlich naive Gottesbild, das jeder sofort verstand:
Einstein fragte,
„ob der Herrgott nicht (über meine Einfälle) lacht und mich an der Nase herumführt“, oder
“welche Schräubchen der Alte wohl dreht, um alles das zu bewerkstelligen“,
welche Wahl „der ewige Rätselgeber“ bei der Erschaffung der Welt hatte ...
“Raffiniert ist der Herrgott, aber boshaft ist er nicht“
“Gott würfelt nicht“
E. weicht der Frage nach Gott ununterbrochen durch Witzchen und Albernheiten aus ...
“bange Frage ... ob Gott wirklich würfelt“ in Brief an Niels Bohr 1949 – Bohrs Antwort: „dass niemand – und nicht einmal der liebe Gott selber – wissen kann, was ein Wort wie würfeln in diesem Zusammenhang heißen soll“
E. suchte den Weg zurück in eine deterministische Physik der klassischen Art ...
(Fischer 349)

·   „Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge erloschen. Das Erlebnis des Geheimnisvollen wenn auch mit Furcht gemischt - hat auch die Religionen gezeugt. Das Wissen um die Existenz des für uns Undurchdringli­chen, der Manifestationen tiefster Vernunft und leuchtendster Schönheit, die unserer Vernunft nur in den primi­tivsten For­men zugänglich sind, dies Wissen und Fühlen macht wahre Religiosität aus; in diesem Sinn und nur in diesem ge­höre ich zu den tief religiösen Menschen. Einen Gott, der die Objekte seines Schaffens belohnt und be­straft, der überhaupt einen Willen hat nach Art desjenigen, den wir an uns erleben, kann ich mir nicht einbilden. Auch ein Individuum, das seinen körperlichen Tod überdauert, mag und kann ich mir nicht denken; mögen schwache Seelen aus Angst oder lächerlichem Egoismus solche Gedanken nähren. Mir genügt das Mysterium der Ewigkeit des Lebens und das Bewusstsein und die Ahnung von dem wunderbaren Bau des Seienden sowie das ergebene Streben nach dem Begreifen eines noch so winzigen Teiles der in der Natur sich manifestierenden Vernunft.“;
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.10f.)

·   Wer von der kausalen Gesetzmäßigkeit allen Geschehens durchdrungen ist, für den ist die Idee eines Wesens, welches in den Gang des Weltgeschehens eingreift, ganz unmöglich – vorausgesetzt allerdings, dass er es mit der Hypothese der Kausalität wirklich ernst nimmt. Die Furcht-Religion hat bei ihm keinen Platz, aber ebensowenig die soziale bzw. moralische Religion. Ein Gott, der belohnt und bestraft, ist für ihn schon darum undenkbar, weil der Mensch nach äußerer und innerer gesetzlicher Notwendigkeit handelt, vom Standpunkt Gottes aus also nicht verantwortlich wäre, sowenig wie ein lebloser Gegenstand für die von ihm ausgeführten Bewegungen. Man hat deshalb schon der Wissenschaft vorgeworfen, daß sie die Moral untergrabe, jedoch gewiss mit Unrecht. Das ethische Verhalten des Menschen ist wirksam auf Mitgefühl, Erziehung und soziale Bindung zu gründen und bedarf keiner religiösen Grundlage. Es stünde traurig um die Menschen, wenn sie durch Furcht vor Strafe und Hoffnung auf Belohnung nach dem Tode gebändigt werden müssten. Es ist also verständlich, daß die Kirchen die Wissenschaft von jeher bekämpft und ihre Anhänger verfolgt haben. Andererseits aber behaupte ich, daß die kosmische Religiosität die stärkste und edelste Triebfeder wissenschaftlicher Forschung ist. Nur wer die ungeheuren Anstrengungen und vor allem die Hingabe ermessen kann, ohne welche bahnbrechende wissenschaftliche Gedankenschöpfungen nicht zustandekommen können, vermag die Stärke des Gefühls zu ermessen, aus dem allein solche dem unmittelbarpraktischen Leben abgewandte Arbeit erwachsen kann. Welch ein tiefer Glaube an die Vernunft des Weltenbaues und welche Sehnsucht nach dem Begreifen wenn auch nur eines geringen Abglanzes der in dieser Welt geoffenbarten Vernunft musste in Kepler und Newton lebendig sein, daß sie den Mechanismus der Himmelsmechanik in der einsamen Arbeit vieler Jahre entwirren konnten! Wer die wissenschaftliche Forschung in der Hauptsache nur aus ihren praktischen Auswirkungen kennt, kommt leicht zu einer ganz unzutreffenden Auffassung vom Geisteszustand der Männer, welche – umgeben von skeptischen Zeitgenossen – Gleichgesinnten die Wege gewiesen haben, die über die Länder der Erde und über die Jahrhunderte verstreut waren. Nur wer sein Leben ähnlichen Zielen hingegeben hat, besitzt eine lebendige Vorstellung davon, was diese Menschen beseelt und ihnen die Kraft gegeben hat, trotz unzähliger Mißerfolge dem Ziel treu zu bleiben. Es ist die kosmische Religiosität, die solche Kräfte spendet. Ein Zeitgenosse hat nicht mit Unrecht gesagt, daß die ernsthaften Forscher in unserer im allgemeinen materialistisch eingestellten Zeit die einzigen tief religiösen Menschen seien. …
Sie werden schwerlich einen tiefer schürfenden wissenschaftlichen Geist finden, dem nicht eine eigentümliche Religiosität eigen ist. Diese Religiosität unterscheidet sich aber von derjenigen des naiven Menschen. Letzterem ist Gott ein Wesen, von dessen Sorgfalt man hofft, dessen Strafe man fürchtet – einsublimiertes Gefühl von der Art der Beziehung des Kindes zum Vater – , ein Wesen, zu dem man gewissermaßen in einer persönlichen Beziehung steht, so respektvoll diese auch sein mag. Der Forscher aber ist von der Kausalität allen Geschehens durchdrungen. Die Zukunft ist ihm nicht minder notwendig und bestimmt wie die Vergangenheit. Das Moralische ist ihm keine göttliche, sondern eine rein menschliche Angelegenheit. Seine Religiosität liegt im verzückten Staunen über die Harmonie der Naturgesetzlichkeit, in der sich eine so überlegene Vernunft offenbart, daß alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz ist. Dies Gefühl ist das Leitmotiv seines Lebens und Strebens, insoweit dieses sich über die Knechtschaft selbstischen Wünschens erhebenkann. Unzweifelhaft ist dies Gefühl nahe verwandt demjenigen, das die religiös schöpferischen Naturen aller Zeiten erfüllt hat.
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.17f.)

·   Über wissenschaftliche Wahrheit
1. Es ist schon nicht leicht, mit dem Wort »Wissenschaftliche Wahrheit«einen klaren Sinn zu verbinden. So ist der Sinn des Wortes »Wahrheit« verschieden, je nachdem es sich um eine Erlebnistatsache, einen mathematischen Satz oder eine naturwissenschaftliche Theorie handelt. Unter »religiöser Wahrheit«kann ich mir etwas Klares überhaupt nicht denken.
2. Wissenschaftliche Forschung kann durch Förderung des kausalen Denkens und Überschauens den Aberglauben vermindern. Es ist gewiss, daß eine mit religiösem Gefühl verwandte Überzeugung von der Vernunft bzw. Begreiflichkeit der Welt aller feineren wissenschaftlichen Arbeit zugrunde liegt.
3. Jene mit tiefem Gefühl verbundene Überzeugung von einer überlegenen Vernunft, die sich in der erfahrbaren Welt offenbart, bildet meinen Gottesbegriff; man kann ihn also in der üblichen Ausdrucksweise als »pantheistisch« (Spinoza) bezeichnen.
4. Konfessionelle Traditionen kann ich nur historisch und psychologisch betrachten; ich habe zu ihnen keine andere Beziehung.
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.171)

·   Das Wesen der jüdischen Lebensauffassung scheint mir zu sein: Bejahung des Lebens aller Geschöpfe. Leben des Individuums hat nur Sinn im Dienst der Verschönerung und Veredelung des Lebens alles Lebendigen. Leben ist heilig, d.h. der höchste Wert, von dem alle Wertungen abhängen. Die Heiligung des überindividuellen Lebens bringt die Verehrung alles Geistigen mit sich – ein besonders charakteristischer Zug der jüdischen Tradition. Judentum ist kein Glaube. Der jüdische Gott ist nur eine Verneinung des Aberglaubens, ein Phantasieersatz für dessen Beseitigung. Es ist auch ein Versuch, das Moralgesetz auf Furcht zu gründen, ein bedauernswerter unrühmlicher Versuch. Doch scheint mir, daß die starke moralische Tradition im jüdischen Volke sich weitgehend von dieser Furcht losgelöst hat. Auch ist deutlich, daß »Gott dienen« mit »demLebendigen dienen« gleichgesetzt wurde. Dafür haben die Besten des jüdischen Volkes, im besonderen die Propheten und Jesus, unermüdlich gekämpft. So ist das Judentum keine transzendente Religion; es hat nur mit dem von uns erlebten, gewissermaßen greifbaren Leben zu tun und mit nichts anderem. Es scheint mir daher fraglich, ob es eine »Religion« im geläufigen Sinn des Wortes genannt werden kann, zumal eben vom Juden kein »Glaube« verlangt wird, sondern Heiligung des Lebens im überpersönlichen Sinn. Es steckt aber noch etwas anderes in der jüdischen Tradition, was sich in manchen Psalmen so herrlich offenbart, nämlich eine Art trunkener Freude und Verwunderung über die Schönheit und Erhabenheit dieser Welt, von welcher der Mensch eben noch eine schwache Ahnung erlangen kann. Es ist das Gefühl, aus welchem auch die wahre Forschung ihre geistige Kraft schöpft, das sich aber auch im Gesang der Vögel zu äußern scheint. Hier erscheint die Verknüpfung mit der Gottesidee nur wie kindliche Einfalt.
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.89f.)

·   Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.119f.)

·   Albert Einstein. Er bekam im April 1921 ein Telegramm des New Yorker Rabbis Herbert Goldstein: „Glauben sie an Gott? Stop. Bezahlte Antwort: 50 Worte“. Der sparsame Einstein telegrafierte nur 29 Wörter zurück: „ Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart, nicht an einen Gott, der sich mit dem Schicksal und den Handlungen der Menschen abgibt“.
Spinoza: „Deus sive natura“ – die Natur mit ihren nach strikten Gesetzen waltenden Kräften ist Gott.
(Spiegel 52/1998 S.166ff)

·   Der Gott des Spinoza, der nur ein anderes Wort für die Natur(ordnung) ist, bleibt in der Sichtweise der Physik als der Grundwissenschaft aller naturwissenschaftlichen Erkenntnis offenbar unüberschreitbar.
(Drewermann Und es geschah so 769)

·   jüdischer Philosoph Baruch Spinoza (1632-1677): Wenn Gott sich in der Vernünftigkeit seiner Naturgesetze zeigt, sollte er dann nicht mit diesen Naturgesetzen identisch sein?;
als die wahren Hüter dieser Religiosität ohne Theologie und dogmatisch geformten Gottesbegriff schienen Ein­stein deshalb vor allem „Kunst und Wissenschaft“ in Frage zu kommen;
“Alles wird bestimmt, der Anfang wie das Ende, durch Kräfte, über die wir keine Macht haben ... Menschen, Pflan­zen oder kosmischer Staub, wir tanzen alle nach einer bestimmten Melodie, die aus der Ferne von einem unsicht­baren Pfeifer angestimmt wird“.;
Drewermann:
sein Zeitgenosse und Freund ALBERT SCHWEITZER: Es ist nötig, das kostbarste menschliche Gefühl: die Liebe, absolut zu setzen und ins Universelle auszudehnen, um Gott zu finden. Gott, mit anderen Worten, ist nicht als kau­saler Weltengrund zu denken, er lässt sich nur als Grundlage der Menschlichkeit im Gefühl vergewissern. Von die­sem Ansatz her ergibt sich eine geradezu konträre Einstellung der Natur gegenüber.; eine ethische Überzeu­gung, zu der nur Menschen imstande sind, gegen die Natur zu stellen
Das Individuum stellt die wirkliche Herausforderung für Philosophie, Religion und Wissenschaft dar
(Drewermann Anfang 723ff)

·   Brief an Max Born 1926:
“Die Quantentheorie ist sehr achtungsgebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, dass das noch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns doch nicht näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt.“
(Drewermann Anfang 748)

·   Einstein konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Gott ein Universum geschaffen habe, in dem man manche Dinge prinzipiell nicht wissen kann.
Einsteins oft zitierter Satz „Gott würfelt nicht“ lautet in Wirklichkeit: „Es ist anscheinend schwierig, Gott in die Karten zu sehen. Aber dass er würfelt und sich „telepathischer“ Methoden bedient ... kann ich keinen Augenblick lang glauben.“
(Bill Bryson: Eine kurze Geschichte von fast allem, Goldmann München 2004, S.191)

·   Einstein wörtlich: „Der Alte würfelt nicht.“;
(Dürr HP u.a.: Gott, der Mensch und die Wissenschaft, Augsburg 1997, S.139)

·   Das Schönste und Tiefste, was der Mensch erleben kann, ist das Gefühl des Geheimnisvollen. Es liegt der Religion sowie allem tieferen Streben in Kunst und Wissenschaft zugrunde. Wer dies nicht erlebt hat, erscheint mir, wenn nicht wie ein Toter, so doch wie ein Blinder. Zu empfinden, dass hinter dem Erlebbaren ein für unseren Geist Unerreichbares verborgen sei, dessen Schönheit und Erhabenheit uns nur mittelbar und in schwachem Widerschein erreicht, das ist Religiosität. In diesem Sinne bin ich religiös. Es ist mir genug, diese Geheimnisse staunend zu ah­nen und zu versuchen, von der erhabenen Struktur des Seienden in Demut ein mattes Abbild geistig zu erfassen.
(Albert Einsteins gesprochenes Glaubensbekenntnis, wahrscheinlich 1932 auf Schallplatte gesprochen, Abdruck: Zeitschrift „Die Naturwissenschaften“ 53 (1966) Heft 8, S. 198)

·   “Obwohl die Religion das Ziel bestimmt, hat sie doch weitgehend von der Wissenschaft gelernt, mit welchen Mitteln sich diese von ihr gesetzten Ziele erreichen lassen. Die Wissenschaft kann hingegen nur von denen aufgebaut wer­den, die durch und durch von dem Streben nach Wahrheit und Erkenntnis erfüllt sind. Die Quelle dieser Gesinnung entspringt aber wiederum auf religiösem Gebiet. Hierher gehört auch der Glaube an die Möglichkeit, dass die Welt der Erscheinungen nach Gesetzen der Vernunft gelenkt wird und dass diese Welt mit dem Verstand zu erfassen ist ... Naturwissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion ohne Naturwissenschaft ist blind.“
(Einstein, A.: Naturwissenschaft und Religion. In Dürr, H.-P. (Hrsg.): Physik und Transzendenz, Bern 1988, S.75)

·   „Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicherlich nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen“
(Einstein an David Bohm, 10.2.1954; in: Ludwig Schultz, Hermann-Friedrich Wagner (Hrsg.): Die Welt hinter den Dingen, WILEY-VCH Weinheim, 2006)

·   „Es ist natürlich eine Lüge, was Sie über meine religiöse Überzeugung lesen, eine Lüge, die systematisch wiederholt wird. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und habe dies nie verhehlt, sondern habe es klar zum Ausdruck gebracht. Wenn es etwas in mir gibt, das religiös genannt werden kann, dann ist es die grenzenlose Bewunderung für die Struktur der Welt, so weit sie jedenfalls die Wissenschaft erkennen kann.“
(Antwort vom 24. März 1954 auf einen Brief von J. Dispentiere, New Jersey, vom 22. März 1954, Einstein Archives 59-495 und 59-494; in: Albert Einstein, The Human Side: New Glimpses from His Archives von Albert Einstein, Helen Dukas und Banesh Hoffmann, Princeton University Press, 1981, S.43)

·   "Es scheint hart, dem Herrgott in die Karten zu gucken. Aber dass er würfelt und sich telepatischer Mittel bedient (wie es ihm von der gegenwärtigen Quantentheorie zugemutet wird), kann ich keinen Augenblick glauben."
(Über die Quantenmechanik in einem Brief an Cornelius Lanczos, 21. März 1942, Einstein-Archiv 15-294, zitiert nach Einstein, Briefe, Seite 65, zitiert nach Alice Calaprice (Hrsg.): Einstein sagt, Piper-Verlag, München, Zürich 1996, ISBN 3-492-03935-9, Seite 146)

 

Werner Heisenberg (1901-1974)

·   „Die Quantenphysik ist so ein wunderbares Beispiel dafür, dass man einen Sachverhalt in völliger Klarheit verstan­den haben kann, und doch gleichzeitig weiß, dass man nur in Bildern und Gleichnissen von ihm reden kann.“
(Dürr 13)
(
à ähnlich Glaubens-Gewissheit)

·   Wenn wir lernen, dass die Erhaltungssätze. etwa für die Energie oder die Ladung, einen ganz universellen Charak­ter tragen, dass sie über alle Gebiete der Physik hinweg gelten und durch Symmetrieeigenschaften in den Grundge­setzen zustande kommen, so liegt es nahe zu sagen, dass diese Symmetrien entscheidende Elemente des Planes sind, nach dem die Natur geschaffen worden ist. Dabei bin ich mir völlig klar darüber, dass die Worte „Plan“ und „geschaffen“ wieder aus der menschlichen Sphäre genommen sind und daher bestenfalls als Meta­phern gelten kön­nen ... dass unsere Sprache uns keine außermenschlichen Begriffe zur Verfügung stellen kann ...
Die Frage nach den Werten – das ist doch die Frage nach dem, was wir tun, was wir anstreben, wie wir uns ver­hal­ten sollen. ... es ist die Frage nach dem Kompass, nach dem wir uns richten sollen, wenn wir unseren Weg durchs Leben suchen. Dieser Kompass hat in den verschiedenen Religionen und Weltanschauungen sehr ver­schiedene Namen erhalten: das Glück, der Wille Gottes, der Sinn, um nur einige zu nennen. Die Verschiedenheit der Namen weist auf sehr tiefgehende Unterschiede in der Struktur des Bewusstseins der Menschengruppen hin, die ihren Kompass so genannt haben. Ich will diese Unterschiede sicher nicht verkleinern. Aber ich habe den Ein­druck, dass es sich in allen Formulierungen um die Beziehungen der Menschen zur zentralen Ordnung der Welt handelt. ...
dass die zentrale Ordnung sich immer wieder durchsetzt :  ... die Tatsache, dass nach jedem Winter doch wieder Blumen auf den Wiesen blühen ... dass also Chaotisches sich immer wieder in Geordnetes verwandelt ...
Glaubst du an einen persönlichen Gott? – Darf ich die Frage auch anders formulieren? Dann würde sie lauten: Kannst du oder kann man der zentralen Ordnung der Dinge oder des Geschehens, an der man ja nicht zweifeln kann, so unmittelbar gegenübertreten, mit ihr so unmittelbar in Verbindung treten, wie dies bei der Seele eines ande­ren Menschen möglich ist? Ich verwende hier ausdrücklich das so schwer deutbare Wort „Seele“, um nicht missver­standen zu werden. Wenn du so fragst, würde ich mit Ja antworten. ...
Die Kraft der Seele zum Verwandeln der Welt kann nicht vom menschlichen Willen gelenkt werden. Auch durch die schärfste Anspannung der Willenskräfte kann niemand erreichen, dass etwa zwischen ihm und einem anderen Menschen die Beziehung entsteht, die wir Liebe nennen. ...
die Wirklichkeit verwandelt sich mit unserem Glauben ... wenn „es gibt“ nur auf den objektivierbaren Teil der Wirk­lichkeit angewendet wird, so läuft die Welt auch „wirklich“ nur noch nach Ursache und Wirkung, ohne höheren „Sinn“ ab. So scheint es schließlich einfach vom Glauben der Menschen abzuhängen, ob ein gütiger Vater die Geschicke der Welt leitet oder ob das Gesetz von Ursache und Wirkung  mitleidlos über alle menschlichen Schicksale hinweg­schreitet ...
Glaube ist kein Selbstbetrug, sondern nur die bewusste Hinnahme der nie zu lösenden Spannung in der Wirklich­keit, die sicher unabhängig von uns Menschen objektiv „ist“ und abläuft und doch auch wieder nur der Inhalt unse­rer Seele ist und sich von unserer Seele her verwandelt ...
Doch schon das Bekenntnis zu dem Glauben, dass die objektivierbare Schicht der Wirklichkeit die „eigentliche“ Wirklichkeit sei, verwandelt oder bestimmt die Wirklichkeit in ähnlicher Weise wie irgendein anderer Glaube, und damit sind wir der subjektiven Bedingtheit der Wirklichkeit wieder ebenso ausgeliefert wie früher. ...
... wir dürfen uns doch voll Vertrauen der höheren Macht in die Hände geben, die für unser Leben und im Lauf der Jahrhunderte unseren Glauben und damit unsere Welt und unser Schicksal bestimmt ... Vertrauen ist vielleicht das Letzte ...
die Frage nach der Existenz Gottes ist ... die Frage nach dem, was wir tun sollen ... anderen helfen und tüchtig sein ... in der Welt, die zugleich die „Welt Gottes“ ist, ... das Bewusstsein der Heimat
(Dürr 316ff, 325ff 334ff)

·   „Wenn von einem Naturbild der exakten Naturwissenschaft in unserer Zeit gesprochen werden kann, so handelt es sich ... eigentlich nicht mehr um ein Bild der Natur, sondern um ein Bild unserer Beziehungen zur Natur.“
“Das naturwissenschaftliche Weltbild hört damit auf, ein eigentlich naturwissenschaftliches zu sein“ (bzw. ein WELT­bild zu sein, weil immer der Mensch mit darin steckt JK)
(Aichelin/Liedke 227)

·   Heisenberg: „Wenn jemand aus der unbezweifelbaren Tatsache, dass die Welt existiert, auf eine Ursache dieser Exis­tenz schließen will, dann widerspricht diese Annahme unserer wissenschaftlichen Erkenntnis in keinem einzigen Punkt. Kein Wissenschaftler verfügt auch nur über ein einziges Argument oder irgendein Faktum, mit denen er einer solchen Annahme widersprechen könnte.“;
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Naturwissenschaft und Religion, München 2005, S.97)

 

Pascual Jordan (1902- )

·   vor Darwin und Haeckel hatten oft nachdenkliche Menschen gesagt: sollten uns einmal religiöse Zweifel kommen, soll­ten wir in die Versuchung kommen, in unserem Glauben irre zu werden, dann brauchen wir nur hineinzusehen in die Erscheinungswelt der organischen Formen. In der Fülle ihrer zweckmäßigen Gestaltungen und Anpassun­gen, die uns umso wunderbarer erscheinen, je mehr wir uns in ihre Feinheiten versenken, zeigen die biologischen Krea­turen, dass hier ein Kreator am Werke war, dass ein weiser Schöpfer ihnen diese wunderbar durchdachten Anpas­sungen mitgegeben hat auf ihren Lebensweg.
(Dürr 214)

 

Erwin Schrödinger

·   die Aufbauelemente des Lebendigen seien „kein plumpes Menschenwerk“, sondern „das feinste Meisterstück, das jemals nach den Leitprinzipien von Gottes Quantenmechanik vollendet wurde.“
(Muschalek 66)

 

Steven Weinberg (1933- )

·   (Nobelpreisträger Physik)

·   Könnte es etwas Interessanteres geben als das Problem der Genesis?;
Gleichgewicht zwischen Schöpfungs- (1) und Vernichtungsprozessen;
Gravitationsfeld zu schwach ist, um ein in räumlicher Hinsicht endliches Universum zu schaffen (!);
Letzter Satz:
“Je begreiflicher uns das Universum wird, umso sinnloser erscheint es auch ... Das Bestreben, das Universum zu verstehen, hebt das menschliche Leben ein wenig über eine Farce hinaus und verleiht ihm einen Hauch von tragi­scher Würde.“
(Weinberg 9, 15, 57, 162)

·   „Es gibt keinen Beweis für Gott.“ „ich musste zuschauen, wie meine Mut­ter unter Schmerzen an Krebs starb, die Per­sönlichkeit meines Vaters durch die Alzheimer-Krankheit zerfiel und zahlreiche entferntere Verwandte im Holo­caust ermordet wurden. Die Anzeichen eines gütigen Schöpfers sind ziem­lich versteckt ... dass es keine Anzeichen von Güte gibt, die die Handschrift eines Schöpfers zeigen ... der Beitrag der Religion in der Geschichte war, es gu­ten Menschen zu erlauben, Böses zu tun.“
(bdw 12/1999 S. 42ff)

·   (85) Weinberg „bekennender Atheist“
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

 

Stephen Hawking (1942-

·   Einstein fasste seine Einstellung zur Quantenmechanik in dem Satz zusammen: „Der liebe Gott würfelt nicht.“ Doch alles spricht dafür, dass Gott ein unverbesserlicher Spieler ist und bei jeder sich bietenden Gelegenheit würfelt.;
Vielleicht wird sich aus dem Quantenprinzip auch ergeben, dass die Geschichten nicht zwangsläufig einen Anfang in der Zeit, einen Schöpfungpunkt im Urknall haben müssen.;
Entscheidend ist die Annahme, dass es ein System von Gesetzen gibt, die die Evolution des Universums von An­fang an vollständig bestimmen. Diese Gesetze mögen von Gott vorgegeben sein, aber offenbar lässt er (oder sie) ihnen jetzt freien Lauf und mischt sich nicht in die Geschicke des Universums ein. Die Anfangskonfiguration des Universums könnte von Gott frei gewählt worden sein oder sich selbst aus den Naturgesetzen herleiten.“
(Hawking Ist alles vorherbestimmt 25, 34, 56, 82)

·   ... Gott hätte die Welt in jeder von ihm gewünschten Weise beginnen lassen können ... Aber anscheinend hat er sich für eine sehr regelmäßige Entwicklung des Universums, für eine Entwicklung in Übereinstimmung mit bestimmten Gesetzen entschieden ...;
... Ereignisse vor dem Urknall ... sollten nicht zu Bestandteilen eines wissenschaftlichen Modells des Universums werden ...Vielen Menschen gefällt die Vorstellung nicht, dass die Zeit einen Anfang hat, wahrscheinlich weil sie allzu sehr nach göttlichem Eingriff schmeckt. ...
Die Heisenbergsche Unschärferelation bereitete dem Laplaceschen Traum von einem absolut deterministischen Modell des Universums ein jähes Ende: Man kann künftige Ereignisse nicht exakt voraussagen, wenn man noch nicht einmal in der Lage ist, den gegenwärtigen Zustand des Universums genau zu vermessen!; ...
Die (Natur-)Gesetze mögen ursprünglich von Gott gefügt worden sein, doch anscheinend hat er ihnen seither die Entwicklung des Universums überlassen und sich aller Eingriffe enthalten. ...;
(Hawkings theoretischer, spekulativer Vorschlag von einer endlichen Raumzeit:) ... Doch wenn das Universum völlig in sich selbst abgeschlossen ist, wenn es wirklich keine Grenze und keinen Rand hat, dann hätte es auch weder ei­nen Anfang noch ein Ende: Es würde einfach sein. Wo wäre dann noch Raum für einen Schöpfer? ...;
(bei anderen Weltentstehungsmodellen) ... wäre es immer noch Gottes Aufgabe gewesen, das Uhrwerk aufzuziehen und zu entscheiden, wie alles beginnen solle ...;
(Suche nach einer vollständigen, vereinheitlichten Theorie der Physik): ... wenn wir eine vollständige Theorie entde­cken ... werden wir uns alle mit der Frage auseinandersetzen können, warum es uns und das Universum gibt. Wenn wir die Antwort auf die Frage fänden, wäre das der endgültige Triumph der menschlichen Vernunft – denn dann würden wir Gottes Plan kennen.
(Hawking: Die illustrierte kurze Geschichte der Zeit 17, 62, 72, 157, 181, 233)

·   Stephen Hawking: „Auch wenn nur eine einheitliche Theorie möglich wäre, so wäre sie doch nur ein System von Re­geln und Gleichungen. Wer bläst den Gleichungen Odem ein und erschafft ihnen ein Universum, das sie be­schrei­ben können?“;
(bdw 12/1999 S. 42ff)

·   Das Modell eines expandierenden Universums schließt einen Schöpfer nicht aus, grenzt aber den Zeitpunkt ein, da er sein Werk verrichtet haben könnte!
(Hawking Ist alles vorherbestimmt 24)

George Coyne (1933-)

·   (Jesuitenpater und Astronom, leitet seit 1978 die Sternwarte im Vatikan)

·   ein für zufällige Ereignisse offenes Universum;
Gott lädt die Menschen zur Teilnahme an seinem Schöpfungswerk ein
(Drewermann Anfang 890)

·   Artikel von George Coyne, Leiter des Observatoriums im Vatikan:
Brauchen wir Gott, um das Universum zu erklären? Meine persönliche Antwort lautet: Ganz und gar nicht. Ich brau­che Gott nicht. Vielen Dank, aber ich komme beim Versuch, das Universum zu begreifen, ganz gut zurecht, indem ich meine Fähigkeit benutze, das Universum in meinen Kopf zu stecken. Ach übrigens, ich glaube durch­aus, dass mir diese Fähigkeit von Gott gegeben wurde.
Wir brauchen Gott nicht, um das Universum zu erklären, so wie wir es heute sehen... Und wenn Gott uns doch et­was über sich selber sagen will, dann tut er das durch seine Schöpfung;
Wenn wir die Ergebnisse der modernen Wissenschaft ernst nehmen, fällt es schwer zu glauben, dass Gott all­mäch­tig und allwissend ist im Sinne der scholastischen Philosophen. Die Wissenschaft erzählt uns von einem Gott, der sehr anders sein muss als der Gott, den mittelalterliche Philosophen und Theologen sahen. Könnte Gott z.B. nach einer Mrd. Jahren ... vorhergesagt haben, dass menschliches Leben entstehen würde? ... selbst wenn Gott im Besitz der „Universaltheorie“ wäre, alle Gesetze der Physik, alle Elementarkräfte kennen würde ... dass es neben determi­nistischen Vorgängen auch Zufallsprozesse gibt, .... dann sieht es so aus, als könnte Gott selbst das Endergebnis nicht mit Sicherheit kennen. Gott kann nicht wissen, was nicht gewusst werden kann. Das ist keine Einschränkung Gottes. Ganz im Gegenteil. Es offenbart uns einen Gott, der ein Universum erschaffen hat, dem eine gewissen Dy­namik innewohnt und das somit am Schöpfungsakt Gottes teilnimmt ... müssen Gläubige Abstand nehmen von der Vorstellung eines diktatorischen Gottes, eines Newtonschen Gottes, der das Universum als Uhrwerk erschaffen hat, das regelmäßig weitertickt. Vielleicht sollte man Gott eher als ein Elternteil sehen. Die Heilige Schrift ist erfüllt von diesem Gedanken. Sie stellt sogar – vermenschlichend – einen Gott dar, der zornig wird, der maßregelt, einen Gott, der das Universum hegt und pflegt. Theologen haben den Begriff von Gottes fort­währender Schöpfung geprägt. ... Gott arbeitet mit dem Universum. Das Universum hat eine gewisse eigene Vita­lität, genauso wie ein Kind. Man er­zieht ein Kind, aber man versucht die eigenständige Persönlichkeit des Kindes zu erhalten und zu bereichern ... El­tern müssen einem Kind erlauben, erwachsen zu werden, so weit zu kommen, dass es seine eigenen Entschei­dun­gen trifft, seinen eigenen Weg ins Leben geht. Das ist die Art und Weise, wie Gott mit dem Universum umgeht. das sind sehr schwache Bilder, aber wie sollten wir sonst über Gott reden? ... Für diejenigen, die glauben, sagt uns die moderne Naturwissenschaft etwas über Gott. Sie ist eine Herausforde­rung, eine bereichernde Herausforderung, für den traditionellen Gottesglauben.
(Spiegel 52/2000 S.118ff)

·   Die Schöpfungsgeschichte ist kein wissenschaftliches Lehrbuch. Sie sagt uns nicht, wie der Himmel funktioniert, sondern wie man dort hin kommt.
(George Coyne, Astronom der päpstlichen Sternwarte, Bild der Wissenschaft 4/1995, S,68f.)

 

Jacques Monod (1910-1976)

·   (Nobelpreis Medizin; Existenzialismus, im Vorspann des Buches ein Text von Albert Camus: Der Mythos von Sy­siphos)
die großen Schöpfungen der Evolution;
Das Wunder wurde zwar „erklärt“, doch bleibt es für uns immer noch ein Wunder.;
Das Universum trug weder das Leben, noch trug die Biosphäre den Menschen in sich. Unsere „Losnummer“ kam beim Glücksspiel heraus.;
Wenn er diese Botschaft in ihrer vollen Bedeutung aufnimmt, dann muss der Mensch endlich aus seinem tau­send­jährigen Traum erwachen und seine totale Verlassenheit, seine radikale Fremdheit erkennen. Er weiß nun, dass er seinen Platz wie ein Zigeuner am Rande des Universums hat, das für seine Musik taub ist und gleichgültig gegen seine Hoffungen, Leiden oder Verbrechen.;
Letzter Satz:
Der Alte Bund ist zerbrochen; der Mensch weiß endlich, dass er in der teilnahmslosen Unermesslichkeit des Uni­ver­sums allein ist, aus dem er zufällig heraustrat. Nicht nur sein Los, auch seine Pflicht steht nirgendwo geschrie­ben. Es ist an ihm, zwischen dem Reich und der Finsternis zu wählen.
(Monod 17, 116, 124, 129, 151, 157)

 

Manfred Eigen

·   (Evolutionstheoretiker, Nobelpreis Che­mie 1975)

·   Gegen-These zu Jaques Monod („Zufall und Notwendigkeit“): „Naturgesetze steuern den Zufall“ (so der Untertitel sei­nes Buches)

·   ... dass Ethik und Erkenntnis nicht beziehungslos nebeneinander stehen dürfen; doch verstehen wir darunter eher ei­nen Auftrag an die großen Religionen und nicht gleich deren Verdammung. „So wenig die Naturwissenschaften ei­nen Gottes­be­weis hergeben, so wenig postulieren sie etwa, dass der Mensch eines Gottesglaubens nicht be­darf.“;
Der Göttinger Physiker Pohl pflegte in seinen Vorlesungen nach Klarlegung eines Sachverhalts zu sagen: „Und dar­über kann man sich gar nicht genug wundern.“ ...;
Der Mensch ist bestrebt, „Wunder“ sogleich einzuordnen. Er versieht sie mit einem Adjektiv und weist ihnen damit einen Platz in seiner Weltanschauung zu:
   unbegreiflich    Gott       Religion
   gesetzmäßig –  Materie –  Dialektik
   zufällig            Nichts   -   Existentialismus.
Diese Kombinationen sind keineswegs fixiert, die Begriffe können ohne weiteres auch in anderer Weise in Bezie­hung gebracht werden: (z.B.) Gott und Naturgesetz: „Ich glaube an den Gott Spinozas, der sich in der Harmonie al­les Seins erweist, nicht an einen Gott, der sich mit den Schicksalen und Handlungen von Menschen befasst.“ (Ein­stein);
Das Leben ist weder Schöpfung noch Offenbarung, es ist keines von beiden, weil es beides zugleich ist.
(Manfred Eigen/Ruthild Winkler: Das Spiel, Piper 1983, S. 13, 190ff)

 

weitere Splitter:

 

·   (90) Denn auch in der Naturwissenschaft hat die Stimmung bei manchen umgeschlagen: statt des früheren Fortschritts­enthusiasmus, der die Religion durch Wissenschaft meinte ersetzen zu können, heute ein oft eher trost­loses Bekenntnis zu Gott- und Sinnlosigkeit von Welt und Mensch
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

·   Konrad Lorenz: „Wenn ich den Menschen für das endgültige Ebenbild Gottes halten müsste, würde ich an Gott irre werden. Wenn ich mir aber vor Augen halte, dass unsere Ahnen in einer erdgeschichtlich betrachtet erst jüngst ver­gangenen Zeit ganz ordinäre Affen aus nächster Verwandtschaft der Schimpansen waren, vermag ich einen Hoff­nungsschimmer zu sehen. Es ist kein allzu großer Optimismus nötig, um anzunehmen, dass aus uns Menschen noch etwas Besseres und Höheres entstehen kann. Weit davon entfernt, im Menschen das unwiderruflich unüber­treffliche Ebenbild Gottes zu sehen, behaupte ich bescheidener und. wie ich glaube, in größerer Ehrfurcht vor der Schöpfung und ihren unerschöpflichen Möglichkeiten: Das langgesuchte Zwischenglied zwischen dem Tier und dem wahrhaft humanen Menschen sind wir.“
(Ulrich Lüke: Das Säugetier von Gottes Gnaden, Evolution-Bewusstsein-Freiheit, Herder Freiburg  2006, S.122)

·   Offene Naturwissenschaft – gelesen in Schullehrbüchern:
(a) Wissenschaftstheorie
„Das naturwissenschaftliche Weltbild kann nur ein Teilbild der Welt sein, und es kann nur ein vorläufiges Bild sein ...Was ist der Sinn und das Ziel dieser Welt, des menschlichen Da­seins? Was steckt hinter dem, was die Naturwis­senschaft als „Zufall“ beschreibt? ... Solche Fragen las­sen sich mit den Mit­teln der Natur­wissenschaft nicht lösen, Antworten darauf sind dem persönlichen Glauben überlassen.“
(Linder Biologie; Bayerhuber/Kull: Lehrbuch für die Oberstufe, Stuttgart 1994)
(b) Kosmologie – Urknall
„Was oder wer hat die Ausgangsbedingungen gesetzt? ... physi­kali­sche Letztbegrün­dungen sind nicht möglich ...
Man kann das Auftauchen der Energie als „Schöp­fungsakt“ aus dem „Nichts“ im Sinne der christlichen Religion deuten ...
Das Urknall-Modell schließt einen „Schöpfer“ nicht aus ...
Hat unser Leben in diesem Universum einen Sinn? Eine Ant­wort kann nicht aus den physi­kalischen Erkenntnissen abgelei­tet werden.“
(W. Kuhn: Physik, Klasse 12/13 Band 2, Westermann, 1992)

·   (71ff) Gottfried Wilhelm Leibniz: „Wenn Gott rechnet und den Gedanken ausführt, entsteht die Welt.“;
Utopie einer durchgängig rational kontrollierten Welt;
L. war der Meinung, dass wir in der „besten aller möglichen Welten“ leben; Da Gott nur vollkommen agieren kann, muss die Welt wenigstens die Möglichkeit zur Vervollkommnung besitzen. Die Idee der besten Welt stellt also die Aufforderung dar sie so zu machen. Die perfectio kann erreicht werden, weil Gott die perfectibilitas – die Fähigkeit dazu – vorgegeben hat;
Grundprinzip, dass nichts ohne zureichenden Grund geschieht, womit sowohl Ursachen (causae) als auch Begrün­dungen (rationes) gemeint sind, in diesen großen Rahmen muss Gott mit eingeschlossen werden;
in der Natur gibt es keine Lücken; „Die Natur macht keine Sprünge“;
im Zweiersystem gibt es zwei Ziffern: 0 und 1. Von rechts (oder hinten) gelesen gibt die erste Ziffer die Einser, die zweite Ziffer die Zweier, die dritte Ziffer die Vierer usw. an. 1000 würde im Zweiersystem 8 lauten, und 111 hieße 7;
Schöpfungsgeschichte nach Leibniz: „Zu Beginn des ersten Tages war die 1, das heißt Gott. Zu Beginn des zweiten Tages die 2, denn Himmel und Erde wurden während des ersten Tages geschaffen. Schließlich zu Beginn des sie­benten Tages war schon alles da; deshalb ist der letzte Tag der vollkommenste und der Sabbat, denn an ihm ist al­les geschaffen und erfüllt, und deshalb schreibt sich die 7 [im dualen System] 111, also ohne Null ... dass seine Charaktere [111] einen Bezug zur Dreifaltigkeit haben.;
(282) Biologe Jean Piaget: liest 1912 Buch von Henri Bergson „Schöpferische Entwicklung“, dieser schlägt darin eine besondere Lebenskraft vor (elan vital), Deutung Bergsons:
“Ich erinnere mich an einen Abend, an dem ich eine tiefe Offenbarung erfuhr: die Identifikation  Gottes mit dem Le­ben selbst war ein Gedanke, der mich fast zur Ekstase aufwühlte, weil er es mir erlaubte, von nun an in der Biologie die Erklärung aller Dinge und des Geistes selbst zu sehen.“
(Ernst Peter Fischer: Leonardo, Heisenberg & Co., Piper TB München 2004)

 

Verhältnisbestimmung von Gott und Natur

Theismus

Glaube an einen persönlichen,

von außen auf die Welt (Natur) einwirkenden Schöpfergott

Panentheismus

Die Welt ist in Gott eingeschlossen

Deismus

Gott hat die Welt zwar geschaffen,

übt aber keinen Einfluss (mehr) auf sie aus

Pantheismus

Gott ist mit der Welt identisch

 

„Mir aber gewähre Gott, nach meiner Einsicht zu sprechen
und zu denken, wie die empfangenen Gaben es wert sind ...
Gott verlieh mir untrügliche Kenntnis der Dinge,
sodass ich den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente verstehe,
Anfang und Ende und Mitte der Zeiten,
die Abfolge der Sonnenwenden und den Wandel der Jahreszeiten,

den Kreislauf der Jahre und die Stellung der Sterne,

die Natur der Tiere und die Wild­heit der Raubtiere,

die Gewalt der Geister und die Gedanken der Menschen,

die Ver­schiedenheit der Pflanzen und die Kräfte der Wurzeln ...
Denn von der Größe und Schönheit der Geschöpfe lässt sich auf ihren Schöpfer schließen“

(Die Bibel, Buch der Weisheit 7,15.17-20; 13,5)

 

 

1. Wenn Naturwissenschaftler von GOTT reden – was meinen sie damit?

·   die Naturwissenschaften reden (heute) nicht von Gott, er kommt in den Lehrbüchern nicht vor

·   aber die Menschen, die Naturwissenschaft betreiben, machen sich Gedanken über die Welt und über ihr Dasein, und da reden sie (auch manchmal) von Gott

·   da reden verschiedene Menschen, und so meinen sie sehr Unterschiedliches:
je nach der Zeit, in der sie leben (auch Zeitgeist)
je nach der Kultur (auch religiöse Traditionen) , in der sie geprägt wurden
abhängig auch von ihren persönlichen Lebenserfahrungen ...

 

2. Das Verhältnis von Glaube und Naturwissenschaft in vergangenen Zeiten

·   Menschen in früheren Zeiten, im Altertum, aber auch im Mittelalter,
hatten ein einheitliches Verständnis der Welt

·   was wir heute Naturwissenschaft nennen, lag lange in der Hand der Philosophen und der Theologen (Naturphiloso­phie, Naturtheologie)
Die älteste angewandte Naturwissenschaft, die Medizin, lag in den Händen der Priester.
Ebenso beschäftigten sich die Priester mit dem Lauf der Gestirne, vermaßen den Himmel, berechneten exakt die Feste im Kalenderrhythmus des Jahres, und sie gaben sehr praktische Ratschläge, wann Zeit war für Saat und Ernte, wann die Flut des Nil zu erwarten war ...
Noch im Mittelalter wurde die wissenschaftliche Forschungsarbeit hauptsächlich in den Mönchszellen der Klöster betrieben. Kirchen waren die ersten Träger einer öffentlichen Schulbildung (in der es auch um weltliche Dinge wie Naturwis­senschaften ging).

·   Menschen staunten über die Welt (und oft fürchteten sie sich auch)

·   aber sie lernten sie immer besser zu verstehen und zu erklären

·   sie entdeckten ORDNUNG in der Natur (Regelmäßigkeiten, wiederkehrende Abläufe); Naturgesetze

·   es wurde möglich, sich besser zu orientieren (zeitlich und räumlich: Stand der Sterne, Zeitpunkte für Saat und Ernte) und die Welt immer besser in Besitz zu nehmen (Nutzung von Erzen, Züchtung von Pflanzen, Einsatz von Tech­nik)

·   schon früh ahnten nachdenkliche Philosophen: wir nehmen die Wirklichkeit nicht 1:1 wahr;
Höhlengleichnis Platons: die von uns wahrnehmbare Welt wird nur als Schatten der eigentlichen Wirklichkeit, der Welt der Ideen, aufgefasst

·   Aber allgemein war – in allen alten Kulturen und Religionen - die Überzeugung:
Getragen wird die ganze Welt von einem Urgrund, Götter oder ein GOTT,
von denen alles herkommt, die der Garant der Ordnung sind,
und die der Welt und dem Dasein des Menschen einen Sinn geben

3. ein Blick in die jüdisch-christliche Überlieferung zum Erleben der Natur als göttlicher Schöpfung und Offenbarung:
Genesis Kapitel 1 (Drama der Weltschöpfung), Psalmen 104 (poetische Beschreibung), Sprichwörter 8,22 (salo­mo­nische Weisheit)

·   Das 1. Kapitel der Bibel:
a) “Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“
(die Natur ist natürlich, es gibt dort keine Gottheiten, heilige Tiere oder einen Sonnengott, der Mensch kann sich der Natur angstfrei nähern)
b) Gott schafft eine geordnete Welt: Licht und Finsternis, oben und unten, Gestirne geben das Zeitmaß an; dann werden zuerst Lebensräume bereitet, dienen als Wohnung für Gestirne, Pflanzen, Tiere und Menschen (ähnlich in der Reihenfolge, wie uns das heute die Naturwissenschaft erklärt)
c) und die Geschöpfe sind unterscheidbar: “... jedes nach seiner Art“ ... (Anfänge der Naturbeobachtung)
d) „Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und ma­chet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht (Gen 1,28 Luther)
(
à beherrschen, wie ein Künstler sein Handwerk beherrscht
(Neugier, (strenge, auch wissenschaftliche) Übung, Selbstbeherrschung, Kunst))

·   Herr, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, der du zeigst deine Hoheit am Himmel! ... Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast, was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst ... Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk ... (Psalm 8)

·   Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter. (Psalm 104)

·   Paulus im Römerbrief:
“... was man von Gott erkennen kann, ist ihnen (allen Menschen, Juden und Heiden JK) offenbar ... seit Erschaf­fung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen ...“ (Römerbrief 1,19ff)

·   das Buch der Natur neben dem Buch der Offenbarung (Bibel) als eine direkte, unmittelbare Begegnung mit, ein Zu­gang zu Gott

·   Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündet seiner Hände Werk ... er hat der Sonne ein Zelt am Himmel gemacht ... sie geht auf an einem Ende des Himmels und läuft um bis wieder an sein Ende ... Das Gesetz des Herrn ist vollkommen ... (Psalm 19)

·   Gott: Wo warst du, als ich die Erde gründete? Sage mir´s, wenn du so klug bist! Weißt du, wer ihr das Maß ge­setzt hat oder wer über sie die Richtschnur gezogen hat? ... ihren Pfeiler gesetzt ... den Eckstein gelegt ... dem Morgen die Zeit geboten ... die Quellen des Meeres und den Grund der Tiefe ... wie breit die Erde ist ... wo kom­men Schnee, Hagel und Regen her ... Sternbilder im Tierkreis ... Blitz ...
Hiob: Ich erkenne, dass du alles vermagst, und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer.(Hiob 38)

·   ... Sonne, Mond, Sterne ... er gebot, da wurden sie geschaffen ... er gab eine Ordnung, die dürfen sie nicht über­schrei­ten
(Psalm 148)

·   Viel Wissen, viel Ärger, wer das Können mehrt, der mehrt die Sorge.
(Prediger 1,18)

 

4. Äußerungen von Naturwissenschaftlern zur Religion und zu Gott

 

4.1. Allgemeines zum Verhältnis bzw. Konflikt zwischen Glaube und Naturwissenschaft

·   Max Planck:
„Die älteste angewandte Naturwissenschaft, die Medizin, lag in den Händen der Priester, und die wissenschaft­liche Forschungsarbeit wurde noch im Mittelalter hauptsächlich in den Mönchzellen betrieben.“
(Dürr 39)

·   Mensch entdeckt (Ordnung in der Natur JK) naturwissenschaftliche Gesetze; allgemein und umfassend; haben be­sonders einfache Form, die ihn in Erstaunen versetzt, in denen er das Walten einer „göttlichen“ Vernunft zu er­ken­nen glaubt
(Dürr 11)

·   18./19. Jh. breite Entwicklung der NW;
das durch wiss. (objektive) Methoden, durch (exakte) Messungen und logisch-mathematische Schlussfolgerungen ermittelte Wissen versuchte, die Glaubensinhalte der Religionen seinen eigenen Wahrheitskriterien zu unterwer­fen; Erwartung: den Glauben langfristig zu überwinden, den Glauben letztlich durch exaktes Wissen zu ersetzen
(Dürr 7f)

·   NW sagt uns, was ist, aber gibt keine Auskunft darüber, was sein soll, wie wir handeln sollen
(Dürr 8)

·   Verlangen in der verwirrenden Vielfalt einer zunehmend komplexeren und komplizierteren technischen Welt ... das wesentliche „Eine“,... die „zentrale Ordnung“ (W. Heisenberg) zu erkennen
(Dürr 9)

·   Höhlengleichnis Platons: die von uns wahrnehmbare Welt wird nur als Schatten der eigentlichen Wirklichkeit, der Welt der Ideen, aufgefasst
(Dürr 13)

·   Unser Denken und deshalb auch die naturw. Beschreibung erfasst nur eine Struktur, ein „WIE“, aber nicht den In­halt, das Wesen, das „WAS“ der eigentlichen Wirklichkeit.
(Dürr 14)

·   Die Welt ist nicht mehr ein großes mechanisches Uhrwerk, das, unbeeinflussbar und in allen Details festgelegt, nach strengen Naturgesetzen abläuft, eine Vorstellung, wie sie sich den Physikern des 19. Jh. als natürliche Folge der klassischen Kausalität aufdrängte und sie dazu verleitete, jegliche Transzendenz als subjektive Täuschung zu be­trachten. Die Welt entspricht ... mehr einem Fluss, ... der nicht direkt erfassbar ist, nur bestimmte Wellen, Wir­bel, Strudel in ihm, die eine gewisse ... Stabilität erlangen, sind für unser fragmentarisches Denken begreiflich und wer­den für uns zur „Realität“.
(Dürr 17)

·   Max Planck: „... dass die physikalische Wissenschaft die Annahme einer realen, von uns unabhängigen Welt for­dert, die wir allerdings niemals direkt erkennen, sondern immer nur durch die Brille unserer Sinnesempfindungen und der durch sie vermittelten Messungen wahrnehmen können.“
(Dürr 32)

·   Einstein:
“... Naturwissenschaft .. ist das jahrhundertealte Bemühen, durch systematisches Denken die wahrnehmbaren Er­scheinungen dieser Welt durchgehend miteinander in Verbindung zu setzen ... ist der Versuch einer nachträgli­chen Rekonstruktion alles Seienden im Prozess der begrifflichen Erfassung...
Naturwissenschaft kann nur feststellen, was ist, nicht aber, was sein soll, und außerhalb ihres Gebietes bleiben Werturteile jeder Art unentbehrlich. Religion andererseits befasst sich nur mit der Bewertung menschlichen Den­kens und Tuns: Sie ist nicht berechtigt, von realen Tatsachen oder Beziehungen zwischen ihnen zu sprechen.“
“Die Wissenschaft kann ... nur von denen aufgebaut werden, die durch und durch von dem Streben nach Wahrheit und Erkenntnis erfüllt sind. Die Quelle dieser Gesinnung entspringt aber wiederum auf religiösem Gebiet. Hierher gehört auch der Glaube an die Möglichkeit, dass die Welt der Erscheinungen nach Gesetzen der Vernunft gelenkt wird und dass diese Welt mit dem Verstand zu erfassen ist.“ ...
Naturgesetze beanspruchen absolute Allgemeingültigkeit, ohne sie zu beweisen. ...
(Dürr 71ff)

·   Heisenberg:
Für Planck sind Religion und Naturwissenschaft deswegen vereinbar, weil sie, wie er voraussetzt, sich auf ganz ver­schiedene Bereiche der Wirklichkeit beziehen. Die Naturwissenschaft handelt von der objektiven materiellen Welt. Sie stellt uns vor die Aufgabe, richtige Aussagen über diese objektive Wirklichkeit zu machen und ihre Zu­sammen­hänge zu verstehen. Die Religion aber handelt von der Welt der Werte. Hier wird von dem gesprochen, was sein soll, was wir tun sollen, nicht von dem, was ist. ...
Planck hat sich eindeutig für die christliche Tradition entschieden ...
Ich bezweifle, ob menschliche Gemeinschaften auf die Dauer mit dieser scharfen Spaltung von Wissen und Glau­ben leben können .
Missverständnis seit dem 18 Jahrhundert: Konflikt entsteht, wenn man die Bilder und Gleichnisse der Religion als naturwissenschaftliche Behauptungen interpretiert, was natürlich unsinnig ist.
(Dürr 295)

·   Heisenberg: „Der Gegenstand der Forschung ist nicht die Natur an sich, sondern die der menschlichen Fragestel­lung ausgesetzte Natur, und insofern begegnet der Mensch auch hier wieder sich selbst.“
(Die Bibel, erschlossen und kommentiert von H. Halbfas, Patmos 2001, S.29)

·   Niels Bohr:
mit der Zerlegung der Wirklichkeit in eine subjektive und eine objektive Seite wird man nicht viel anfangen können;
Religionen aller Zeiten sprechen in Bildern und Gleichnissen und Paradoxien – es gibt wohl keine andere Mög­lich­keit, die Wirklichkeit, um die es hier geht, zu ergreifen ...
(auch) in der heutigen Naturwissenschaft enthält jeder physikalische Sachverhalt objektive und subjektive Züge ...
in der Mathematik wurde i als Quadratwurzel aus –1 eingeführt (gibt es in der Wirklichkeit nicht, trotzdem beruhen wichtige Zweige der Mathematik, z.B. die ganze analytische Funktionentheorie, auf der Einführung dieser imaginä­ren Einheit ...);
könnte die Aussage „es gibt“ in der Religion auch ein Aufsteigen in eine höhere Abstraktionsklasse bedeuten? (um uns ein Verstehen leichter zu machen); ...
Geschichte: ein Mann hat über der Eingangstür seines Hauses ein Hufeisen angebracht, das nach altem Volks­glau­ben Glück bringen soll. Ein Bekannter fragt ihn: „Aber bist du denn so abergläubisch? Glaubst du wirklich, dass das Hufeisen dir Glück bringt?“. Er antwortet: „Natürlich nicht; aber man sagt doch, dass es auch dann hilft, wenn man nicht daran glaubt.“
(Dürr 301ff)

·   Einstein:
“Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.“
Wer diesen Satz von E. zur Kenntnis nimmt, wird vielleicht aufhören, aus der Tatsache, dass er den lieben Gott in dessen Formeln nicht findet, den Schluss zu ziehen, dass es den Alten überhaupt nicht gibt. Gott muss man sich auf anderen Wegen nähern.
(Fischer 352)

·   Gott hat es weder verboten, seine Werke zu bewundern, noch sie zu erkunden. Wissenschaftler ersetzen dabei doch nur das Wunder der Erscheinungen durch das Wunder der Erklärungen.
(Fischer 58)

·   Die Physik glaubte einmal „Nein!“ sagen zu können zum christlichen Glauben ... sie nimmt dieses Nein heute wie­der zu­rück. Freilich bedeutet dieses doppelte NEIN kein Ja. ... Naturwissenschaften ... können keinen neuen, po­sitiven Weg zum christlichen Glauben öffnen
(Aichelin/Liedke 20)

·   „Jede physikalische Theorie ist insofern vorläufig, als sie nur eine Hypothese darstellt: Man kann sie nie beweisen. ... Dagegen ist eine Theorie widerlegt, wenn man nur eine einzige Beobachtung findet, die nicht mit den aus ihr ab­geleiteten Voraussagen übereinstimmt. ... dann muss man die Theorie aufgeben oder modifizieren.“
(Hawking Ist alles vorherbestimmt 25)

·   Die Heisenbergsche Unschärferelation bereitete dem Laplaceschen Traum von einem absolut deterministischen Mo­dell des Universums ein jähes Ende: Man kann künftige Ereignisse nicht exakt voraussagen, wenn man noch nicht einmal in der Lage ist, den gegenwärtigen Zustand des Universums genau zu vermessen!
(Hawking: Die illustrierte kurze Geschichte der Zeit, 1997, S.72)

·   Es besteht allerdings eine große Ungewissheit, die wie eine dunkle Wolke über dem Standardmodell schwebt. Sämtli­chen Überlegungen ... liegt das Kosmologische Prinzip zugrunde, die Annahme, dass das Universum ho­mo­gen und isotrop ist. Unter „homogen“ verstehen wir, dass das Universum für jeden Beobachter, der von der all­ge­meinen Expansion des Universums mitgetragen wird, gleich aussieht, wo auch immer sich dieser Beobachter befin­den mag; unter „isotrop“ verstehen wir, dass das Universum für einen solchen Beobachter nach allen Rich­tungen hin gleich aussieht.
(Weinberg 129)

·   Datierungsmethoden der Geologie: beruhen auf der Annahme, dass die Naturgesetze, die heute wirksam sind, auch schon vor Zeiten wirksam waren. Das Prinzip wird als Aktualismus oder Aktualitätsprinzip bezeichnet... für uns ist dieses Prinzip heute selbstverständlich ... Es ist aber nicht beweisbar.
Der Aktualismus ist ein Axiom, d.h. ein Satz, der zwar als unmittelbar einsichtig gilt, aber nicht beweisbar ist.
(Schrödel Biologie Lehrbuch 1995, S.438)

·   In der Regel stützt sich die NW auf ihre grundlegenden Annahmen, und sie muss nur nachweisen, dass alles an­dere lo­gisch aus diesen folgt. Nur selten wird von ihr verlangt, diese grundlegenden Annahmen zu verteidigen. Der Reli­gion gestattet man gewöhnlich nicht einmal, sich nur auf ihr grundlegendstes Prinzip – dass es einen Gott gibt – zu stützen ....
(Kitty Ferguson: Gott und die Gesetze des Universums, Econ Düsseldorf 2002, S.392)

·   Johann Gottlieb Fichte: Was für eine Philosophie man wähle, hängt davon ab, was man für ein Mensch ist.
(bdw 12/2003 S.43)

·   religiöse Überzeugungen von US-Wissenschaftlern:
Existiert ein persönlicher Gott?
1916 JA 41,8% Nein 41,5%
1996 Ja 39,3% Nein 45,3%;
(bild der wissenschaft 12/1999 S. 42ff)

·   wenn Physiker von Gott reden, meinen sie meistens nicht den geschichtlich handelnden Gott der jüdisch-christli­chen Offenbarung, sondern ein pantheistisches Weltprinzip. Max Planck zum Beispiel identifiziert schlechterdings „die Weltordnung der Naturwissenschaft und den Gott der Religion“
(Dürr HP u.a.: Gott, der Mensch und die Wissenschaft, Augsburg 1997, S.15, 32,130,182)

 

4.2. Aussagen und Ansichten einzelner Naturphilosophen und Naturwissenschaftler

 

Aristoteles (384-322 v.Chr.)

·   (60) die älteren griechischen Philosophen am Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. nahmen in der Welt ein einziges Ur­prinzip an, aus dem alle Dinge entstanden sind: Thales von Milet das Wasser, Anaximenes die Luft, Heraklit das Feuer, Anaximander das Grenzelose, Göttliche; Dem (einen) Weltstoff setzt dann unter den jüngeren Naturphiloso­phen im 5. Jahrhundert v.Chr. Anaxagoras den selbstständigen, weltordnenden „Geist“ entgegen. Seither ist das Göttliche in der griechischen Philosophie präsent ... von Aristoteles konzipiert als unbewegter Beweger des Kosmos und letztes Ziel alles Strebens in der Wirklichkeit.
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

·   Feuer, Wasser, Luft und Erde setzen alle Objekte zusammen; werden bewegt von einem Unbewegten Beweger, von ei­ner „prima materia“
(Fischer14ff)

·   Aristotelismus kam im 13.JH. nach Europa (über Arabien);
in christliches Weltbild integriert: war verstehbar, entsprach dem Augenschein, widersprach nicht der Bibel;
Welt ist unendlich; im sublunaren Bereich andere Physik als oberhalb (supralunear);
Kometen, Supernovae durfte es im supralunaren Bereich eigentlich nicht geben;
(Tagung Glaube Naturwissenschaft Halle 15.10.05)

 

Augustinus (354-430)

·   Kirchenvater Aurelius Augustinus;
die Welt ist eben die Wirklichkeit, die Gott sich einbildete, bevor er die Welt schuf;
Die Gesetze sind Gedanken Gottes, sie zu erkennen bedeutet nicht weniger, als an den Gedanken Gottes selbst teilzuhaben.
Alle Naturerkenntnis dient mithin dem letzten Zweck einer tiefen Gotteserkenntnis.
(Drewermann Anfang 342)

 

Albertus Magnus (1193-1280)

·   Dominikanermönch und Bischof;
“Wir haben in der Naturwissenschaft nicht zu erforschen, wie Gott nach seinem freien Willen durch unmittelbares Eingreifen die Geschöpfe zu Wundern gebraucht, durch die er seine Allmacht zeigt; wir haben vielmehr zu unter­su­chen, was im Bereich der Natur durch die den Naturdingen innewohnende Ursächlichkeit auf natürliche Weise ge­schehen kann. ... dass ich mich um Wunder durch Gottes Eingreifen nicht kümmere, wenn ich Naturkunde betreibe.“
(Fischer 56ff)

·   Einem Theologen sollte vorweg die philosophische und wissenschaftliche Bildung der Zeit verfügbar sein. ...
(Krafft, F., Meyer-Abich, A.: Große Naturwissenschaftler, Frankfurt/Main 1970)

 

Nikolaus Kopernikus (1473-1543)

·   Aristoteles: unbewegte Erde im Mittelpunkt des Universums, Sonne, Mond und Planeten bewegen sich auf idealen Kreisbahnen um sie herum;
Ptolemäus gestaltete diese Vorstellung im 2.Jh. zu einem vollständigen kosmologischen Modell
(Hawking Ist alles vorherbestimmt 10)

·   Kopernikus ordnete nicht die Himmelskörper, sondern die SPHÄREN am Firmament neu an;
das System ist nicht viel genauer als das des Ptolemäus;
Sonne steht nicht (wie er meint) im Mittelpunkt des Universums,
und nirgendwo am Himmel finden sich Kreisbahnen, von denen er weiter ausgeht;
Nachweis erst möglich, wenn gezeigt werden kann, dass Fixsterne von der Erde aus unter verschiedenen Winkeln erscheinen; erst 1837 kann der deutsche Astronom BESSEL die Parallaxe erstmals nachweisen
(Fischer 70ff)

·   Kopernikus: „... wer sollte nicht durch die innige Beschäftigung mit dem, was er in vollendetster Ordnung und in göttli­cher Weisheit geleitet sieht (Astronomie JK), ... wer sollte nicht den Werkmeister aller Dinge bewundern ...“
(Muschalek 16)

 

Galileo Galilei (1564-1642)

·   (18) Galilei möchte grundsätzlich sowohl das in der Sprache der Mathematik geschriebene „Buch der Natur“ als auch das „Buch der Bibel“ ernstnehmen. ... Wenn die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse feststehen und den Aussagen der Bibel widersprechen, ist eine Neuinterpretation der Bibel fällig!
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

·   „Das Buch der Natur kann man nur verstehen, wenn man vorher die Sprache und die Buchstaben gelernt hat, in de­nen es geschrieben ist. Es ist in mathematischer Sprache geschrieben, und die Buchstaben sind Dreiecke, Kreise und andere geometrische Figuren, und ohne diese Hilfsmittel ist es menschenunmöglich, auch nur ein Wort davon zu begreifen.“
(wer damit nicht umgehen kann – sicher die meisten Menschen – kann danach nicht verstehen, wie die Natur funk­ti­oniert!!; der Satz Galileis trifft aber nicht für die ganze Natur zu, bestenfalls für ihren physikalischen Teil; die belebte Natur kann man sehr wohl ohne Mathematik verstehen)
G. baut das Fernrohr nach (Erfindung eines Holländers); erreicht Vergrößerungsfaktor 1000 und machte berühmte Entdeckungen: sah Jupitermonde (nicht alles kreist um die Erde JK!!!), erkannte raue Oberfläche des Mondes, stellte Sonnenflecken fest und bemerkte irreguläre Struktur des Saturn;
G. hält – wie Kepler – das kopernikanische System für das Bessere; Spaß an der Auseinandersetzung – gegen Aristoteles, gegen den gesunden Menschenverstand und gegen die dogmatische Kirche;
zu Beginn des 17. Jh. hatten sich längst alle Fachleute davon überzeugt, dass die Anordnung des Ptolemäus nicht richtig beschrieb, was am Himmel los war;
1616 verkündete das Heilige Offizium, dass die zwei Behauptungen, die Sonne sei der Mittelpunkt der Welt und die Erde sei beweglich, zwar nicht als Ketzereien anzusehen seien, aber als „irrtümlich im Glauben“ (die koperni­kani­sche Lehre wurde zwar verurteilt, aber man durfte weiter über sie diskutieren)
Galilei musste 1633 einräumen, dass er zu seiner Zeit nicht in der Lage war, die heliozentrische Anordnung der Himmelskörper und die zentrale Stellung der Sonne zu beweisen (wobei die Betonung auf „beweisen“ liegt, was über eine einfache Plausibilität hinausgeht);
Papst Urban VIII. wies Galilei darauf hin, dass es Beweise doch wohl nur in der Mathematik gäbe; bei der Bewe­gung der Erde bzw. der Sonne bestenfalls von Hinweisen oder Evidenz zu reden; an dieser Stelle hatte der Stell­vertreter einfach recht, und so musste es zur Verurteilung des streitbaren Gelehrten kommen;
G. war bis zur Selbstaufgabe bereit, die Gewissheit, die aus dem Glauben kommt, völlig aufzugeben, in der Hoff­nung, an ihre Stelle die Sicherheit setzen zu können, die aus der Überzeugungskraft der eigenen Beweise und der Wahrheit der logischen Schlüsse stammt;
(Fischer 101ff)

·   „Ich erweise Gott meinen unendlichen Dank, weil er mich allein als ersten Beobachter bewunderungswürdiger Dinge ausersehen hat, die den bisherigen Jahrhunderten verborgen geblieben waren.“
(Galileo Galilei in einem Brief vom 30.1.1610)
(Wort und Wissen, info 2/01 S.5)

·   Kopernikus ordnete nicht die Himmelskörper, sondern die SPHÄREN am Firmament neu an;
das System ist nicht viel genauer als das des Ptolemäus;
Sonne steht nicht (wie er meint) im Mittelpunkt des Universums, und nirgendwo am Himmel finden sich Kreisbah­nen, von denen er weiter ausgeht;
Nachweis für die Richtigkeit erst möglich, wenn gezeigt werden kann, dass Fixsterne von der Erde aus unter ver­schiedenen Win­keln erscheinen;
erst 1837 kann der deutsche Astronom BESSEL die Parallaxe erstmals nachweisen
(Fischer 70ff)

 

Johannes Kepler (1571-1630)

·   Kepler Protestant, Zeit des 30-jährigen Krieges;
Tycho Brahes Assistent; der hatte die Marsbahn präzise vermessen; K. wertet die Daten nach dem Tod Brahes aus:
die Bahn des Mars am Himmel ist kein Kreis, wie man das seit Anbeginn der Welt gedacht hatte, sondern der Pla­net läuft auf einer Ellipse um die Sonne;
Kepler räumte den Daten Vorrang vor den Wünschen ein (ein perfekter Kreis wäre ihm wohl lieber gewesen, und was sollte er mit einem „leeren“ Brennpunkt anfangen? JK)
Kepler steht ziemlich genau an der Stelle, an der das eher mystische und noch immer alchemistisch beeinflusste Denken der Vergangenheit dem verstärkt rationalen Diskurs weicht, der ohne jeden religiösen Bezug auskommen will und den Versuch unternimmt, die Welt zu erklären, ohne Anleihen bei Wunderbarem zu machen.
(Alchemie, Aberglaube, Astrologie ...JK);
in einem Buch von 1604 Naturwissenschaft neben religiösen Betrachtungen und mathematisch zu nennenden Un­tersuchungen zum Symbol der göttlichen Trinität;
K. ist immer auf der Suche nach Qualitäten, nach Harmonien des Himmels und nach Schönheit;
Wissenschaft ist für ihn nur eine andere Form von Gottesdienst (K: WOLLTE URSPRÜNGLICH Theologie studie­ren); „Jetzt aber sehet, wie Gott durch mein Bemühen auch durch die Astronomie gefeiert wurde.“; er meint, das „körperliche Abbild Gottes“ in der Welt gefunden zu haben (Symbolik an einer Kugel);
bringt göttliche DREI (Trinität) mit der geometrischen DREI (Dreidimensionalität) in Zusammenhang;
wahre Gesetze der Planetenbewegung als wahrer Ausdruck der Schönheit der Schöpfung;
Hauptwerk: „Harmonie der Welt“
berechnet „große Konjunktion“ von Jupiter und Saturn als mögliche Erklärung für den Stern von Bethlehem – da­nach hätte Geburt Jesu 6 Jahre früher (heute 8) stattgefunden;
3. Keplersches Gesetz (Quadrat der Umlaufzeit proportional zur 3. Potenz der großen Halbachse) wird später von Newton aus dem Kraftgesetz abgeleitet (damit gezeigt, dass es nur eine Physik gibt, die für Himmel und Erde zugleich gültig ist);
bei K. sind die Planeten noch Lebewesen, die mit einer Seele ausgestattet sind (vgl. Bibel Gen.1)
(Fischer 120ff)

·   Gott hat sich den Menschen auf zweifache Weise offenbart: In der Heiligen Schrift durch die Zunge, in der Natur durch den Finger. Da Gott nicht sich selbst widersprechen kann, so kann auch die Heilige Schrift mit der Offenba­rung der Natur nicht im Widerspruch stehen. ...
Wir Astronomen sind Priester des großen Gottes für das Buch der Natur; daher geziemt es uns, nicht das Lob unse­res Geistes, sondern allein die Ehre des Schöpfers zu rühmen. ...
Gott ist für mich der große Künstler der Welt, ich schaue bewundernd die Werke seiner Hände: in der Mitte die Sonne, die Ausspenderin des Lichts und des Lebens, die nach heiligem Gesetz die Erde zügelt und ihren Lauf lenkt. Ich sehe die Mühen des Mondes und dort die Sterne zerstreut auf unermessener Flur. So kann ich nur staunend vor dem Weltgeheimnis stehen, kann beten und sagen: Vater der Welt, was bewegte dich, ein armes, schwaches Er­dengeschöpf so hoch zu erheben, dass es im Glanze dasteht, ein weithin herrschender König, fast ein Gott; denn er denkt deine Gedanken dir nach. ...
Wenn ich das Weltall betrachte, ist mir, als wenn ich dich mit meinen Händen griffe.
(Krafft, F., Meyer-Abich, A.: Große Naturwissenschaftler, Frankfurt/Main 1970)

·   „Meine Absicht ist es aufzuzeigen, dass die Himmelsmechanik nichts mit dem göttlichen Walten gemein hat, inso­fern als nahezu alle der mannigfachen Bewegungsabläufe mittels einer einzigen, ganz simplen magnetischen Kraft erfolgen.“ ...
“Die Astronomie ist ein Teil der Physik.“
Kepler wurde wegen Ketzerei exkommuniziert ...
(Frazier, K. u.a.: Der Planet Erde – Das Sonnensystem; Time-Life-Bücher Amsterdam, 1992, S.26)

 

Isaac Newton (1642-1727)

·   Philosophie des Deismus bei Newton:
Gott muss nach Fertigstellung seiner Schöpfung nicht mehr eingreifen, er zeigt sich in ihr als vollkommen
(Drewermann Anfang 723ff)

·   „Die wunderbaren Einrichtungen der Sonne, der Wandelsterne, der Kometen können nur nach dem Plan eines allwis­senden und allmächtigen Wesens und nur nach dessen Weisung zustande kommen.  ... so ist das ganze All offenbar nach einem einheitlichen Plan ausgerichtet, das Reich eines und desselben Herrschers. Daraus folgt, dass Gott der wahrhaft lebende, allweise und allmächtige Gott ist, das unendlich vollkommene Wesen, welches hoch über dem Weltall steht.“
(Muschalek 16)

·   Newton war der Meinung, dass er (mit seiner Forschung) auch dem Gottesglauben eine neue feste Grundlage gege­ben habe;
für ihn ist dieser Schöpfer personhaft vorzustellen
(Aichelin/Liedke 131ff)

·   Newton, der große Physiker, hat sich auch als rastloser Alchemist betätigt;
(Fischer 155ff)

·   Newton zeigt, dass der Mond am Himmel derselben Kraft unterliegt und seine Bewegung nach den selben Geset­zen richtet wie ein Apfel, der zu Boden fällt, oder ein Stein, der durch die Luft geschleudert wird;
(Fischer 155ff)

·   3. Keplersches Gesetz (Quadrat der Umlaufzeit proportional zur 3. Potenz der großen Halbachse) wird später von Newton aus dem Kraftgesetz abgeleitet (damit hat er gezeigt, dass es nur eine Physik gibt, die für Himmel und Erde zugleich gültig ist);
(Fischer 120ff)

 

Pierre Simon de Laplace (1749-1827)

·   „Eine Intelligenz, welche für einen gegebenen Augenblick alle in der Natur wirkenden Kräfte sowie die gegensei­tige Lage der sie zusammensetzenden Elemente kennte, und überdies umfassen genug wäre, um diese gegebe­nen Größen der Analysis zu unterwerfen, würde in derselben Formel die Bewegungen der großen Weltkörper wie des leichtesten Atoms umschließen; nicht würde ungewiss sein und Zukunft wie Vergangenheit würden ihr offen vor Au­gen liegen.“
(Pierre Simon de Laplace 1814)
(
à die Naturwissenschaft versuchte, nach und nach in die Rolle dieses Dämons zu schlüpfen)

·   zu Napoleon auf die Frage, warum denn Gott in seinen Gleichungen nicht vorkomme: „Sire, ich hatte jene Hypo­these nicht nötig.“
(er hatte recht, indem er darauf hinwies, dass sich Naturwissenschaft mit der für den menschlichen Verstand fassbaren Natur beschäftigt, zeigte aber auch Selbstbewusstein)
(Drewermann Der sechste Tag 237; Hans Küng, Der Anfang aller Dinge, Piper 2005 S.96)

 

Michael Faraday (1791-1867)

·   Grundlagen der Elektrizität;
“ ... dass es Gott gefallen hat, seine materielle Schöpfung mit Hilfe von Gesetzen zustande zu bringen ... der Schöpfer beherrscht seine materiellen Hervorbringungen durch definitive Gesetze, die durch die Kräfte zustande kommen, die auf die Materie einwirken.“
F. liest im Buch der Natur, um Zeichen zu finden für Gottes Handeln
(Fischer 192)

 

Charles Darwin (1809-1882)

·   So wie der Mensch in der Zivilisation vorschreitet und kleine Stämme zu größeren Gemeinschaften sich vereinen, wird die schlichteste Vernunft jedem Einzelwesen sagen, dass es seine geselligen Instinkte und Sympathien auf alle Mitglieder des Volkes ausdehnen müsse, mögen sie ihm auch persönlich unbekannt sein. Ist dieser Punkt einmal er­reicht, so ist es nur noch eine künstliche Schranke, die verhindert, dass er seine Sympathie auf alle Menschen aller Völker und Rassen erstrecke. Wenn auch tatsächlich solche Leute von ihm durch bedeutende Unterschiede im Aus­sehen oder in der Gewohnheit gesondert sind, so brauchte es leider, wie uns die Erfahrung lehrt, gar lange Zeit, bis wir sie als Mitmenschen betrachteten. Sympathie über die Grenzen der Menschheit hinaus, d.h. Humanität gegen­über den niedrigeren Tieren, dürfte eine der spätesten moralischen Erwerbungen sein. ... diese Tugend, eine der edelsten, mit denen der Mensch begabt ist ... wird zarter, umfassender, bis sie sich auf alle fühlenden Wesen er­streckt.; ......
Bei Wilden werden die an Körper oder Geist Schwachen bald entfernt sein, und die Überlebenden weisen gewöhn­lich einen kräftigen Gesundheitszustand auf. Wir zivilisierten Menschen dagegen tun das Möglichste, um diesen Entfernungsprozess zu hemmen; wir bauen Asyle für Blödsinnige, Krüppel und Kranke; wir erlassen Ar­mengesetze und unsere Ärzte wenden ihre ganze Geschicklichkeit an, um das Leben jedes Menschen so lang wie nur möglich zu erhalten. Es lässt sich mit Grund annehmen, dass die Impfung Tausenden das Leben erhalten habe, die infolge ihrer schwachen Konstitution früher den Pocken erlegen wären. Dermaßen können die schwa­chen Mitglieder der zi­vilisierten Gesellschaft ihre Art fortpflanzen. Niemand, der die Züchtung von Haustieren beobachtet hat, wird zwei­feln, dass das erwähnte Vorgehen für die menschliche Rasse höchst schädlich sein muss. ... Der Beistand, den wir uns genötigt fühlen, den Hilflosen zu leisten, ist hauptsächlich ein incendentales Ergebnis des Instinkts der Sympa­thie, der ursprünglich als ein Teil der geselligen Instinkte erworben worden war, in der Folge jedoch,.. zarter und verbreiteter wurde. Auch können wir unsre Sympathie nicht hemmen, selbst dann nicht, wenn starke Vernunftgründe dawider sind, ohne den edelsten Teil unserer Naturheit zu verletzen ... wollten wir die Schwachen und Hilflosen ver­nachlässigen, so würden wir nur einen ungewissen Vorteil mit einem überwäl­tigenden gegenwärtigen Übel erwer­ben.;
(Darwin: Abstammung des Menschen 183, 200)

·   Wenn es möglich (und sinnvoll) sein soll, an einen Gott zu glauben (von „beweisen“ ist ein für allemal nicht länger die Rede mehr!), so nicht aufgrund der Welt, wie sie uns erscheint, sondern trotz der Welt, gegen die Welt, buch­stäblich und absolut jenseits der Welt, in der wir leben und aus der wir kommen.
(Drewermann Und es geschah so 768)

·   ... so habe ich doch wenigstens, ich hoffe es, ein gutes Werk verrichtet, indem ich dazu beigetragen habe, das Dogma der besonderen Schöpfungsakte zu stürzen;
... veredelnder Glaube an die Existenz eines allmächtigen Gottes ...;
die höhere Frage, ob ein Schöpfer und Weltenlenker existiere; diese ist von vielen der größten Geister, die je auf Erden waren, zustimmend beantwortet worden;
Der geringste Organismus ist etwas viel Höheres als der unorganische Staub unter unseren Füßen; und niemand, der vorurteilsfreien Geistes ist, kann irgend ein lebendes Wesen studieren, ohne durch dessen wundervolle Struktur und Eigenschaften von staunender Begeisterung erfüllt zu werden.;
Wir müssen ... anerkennen, dass der Mensch mit all seinen edlen Eigenschaften, mit seiner Sympathie, die er für das Niedrigste fühlt, mit seinem Wohlwollen, das sich nicht nur auf andere Menschen erstreckt, sondern auch auf das geringste lebende Geschöpf, mit seinem göttlichen Intellekt, der die Bewegungen und die Beschaffenheit des Sonnensystems ergründet hat – dass der Mensch mit all diesen erhabenen Kräften doch noch in seinem Körper­bau den unauslöschlichen Stempel seines niedrigen Ursprungs trägt. (= letzter Satz JK)
(Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die Zuchtwahl in geschlechtlicher Beziehung, Reclam Leipzig o.J., Bd.
I - S.3; 92; 139; 140; 248; Bd. II – S.420; 429)

·   zu einer Zeit geboren, als die Tätigkeit eines Naturforschers und das dazugehörende Fach der Naturkunde noch fest in den Händen der Theologen lag. Dementsprechend sprach man von einer Naturtheologie ... alle Professo­ren für Botanik und Zoologie waren Theologen ...
das eigentlich Spannende an der Geschichte Darwins ist seine Verwandlung der Naturtheologie in eine Natur­kunde bzw. Naturwissenschaft ... er nahm die Naturtheologen einfach bei ihrem Wort und glaubte an die Präzi­sion, die sie sich selbst vorgaben oder anstrebten ... wandte sich vom Christentum ab und wurde zum Agnostiker ...
als der junge noch im Glauben verankerte D. seine Weltreise antrat, war in der Schiffsbibel das Datum der Welt­schöpfung eingetragen: 23. Oktober 4004 v.Chr. 9 Uhr vormittags
die Naturtheologen schwärmten von dem Argument des „design“, das William Paley 1802 vorgestellt hatte: ... zu ei­ner Uhr gehört ein Uhrmacher, und die Welt verweist auf einen großen Uhrmacher ...
Lieblings-Tochter Annie stirbt mit 10 Jahren 1851
à endgültige Lossagung vom christlichen Glauben (kein Trost)
als D. begann, seine Ideen zur Veränderbarkeit der Arten zu Papier zu bringen: „Mir ist, als gestehe ich einen Mord“ (Stabilität der Ordnungen gerät ins Wanken, Verursachung ist nicht mehr der Wille Gottes)
Der britische Bischof Wilberforce fragte den Biologen Thomas Huxley, „ob er von Seiten seines Großvaters oder seiner Großmutter vom Affen abstamme“.
Huxley erwiderte: „Wenn mir die Frage gestellt würde, ob ich lieber einen erbärmlichen Affen zum Großvater hätte oder einen begabten Mann mit großem Einfluss, der aber diese Gaben und diesen Einfluss in der bloßen Absicht gebraucht, eine ernsthafte wissenschaftliche Diskussion ins Lächerliche zu ziehen, dann zögere ich nicht zu erklä­ren, dass ich den Affen bevorzugte.“
D. hat das Wort Evolution erst 1871 gebraucht ...
herrschende Weltsicht war der von Newton entworfene Kosmos, der wie ein Uhrwerk ablief und in dem es dank sei­ner deterministischen Gesetze Sicherheit und Vorhersagbarkeit gab ... genau dieses Weltbild wurde durch Darwins Idee erschüttert (vielleicht Erklärung für Abläufe in der Vergangenheit, aber keine Vorhersage für die Zu­kunft mög­lich); ... alle Lebewesen waren nicht mit Absicht in der Welt, kein Ergebnis eines göttlichen Schöpfungs­planes, son­dern als Ergebnis eines wahrscheinlich zufälligen und gewiss nicht-zielgerichteten Vorgangs namens Evolution
(Fischer 206ff)

·   „Es ist wahrlich etwas Erhabenes um die Auffassung, dass das Leben mit seinen verschiedenen Fähigkeiten vom Schöpfer ursprünglich nur wenigen oder gar nur einer einzigen Form eingehaucht wurde,
und dass, während dieser Planet nach dem ehernen Gravitationsgesetz seine Kreise zieht,
aus einem so schlichten Anfang unzählige der schönsten und wunderbarsten Formen entwickelt wurden und immer weiter entwickelt werden.“
(letzter Satz in Darwins Hauptswerk: C.D.: Über die Entstehung der Arten, Reclam, Leipzig1980, S.538)

(engl. Original):
„There is grandeur in this view of life, with its several powers, having been originally breathed by the Creator into a few forms or into one; and that, whilst this planet has gone cycling on according to the fixed law of gravity, from so simple a beginning endless forms most beautiful and most wonderful have been, and are being, evolved.“

In der ersten Auflage des Buches – die auch heute noch Grundlage mancher Übersetzungen ist – fehlt das Reden „vom Schöpfer“ („by the Creator“). Diese Worte hat Darwin erst von der zweiten Auflage an in den Text eingefügt, offenbar, weil es ihm wichtig war, und sie sind bis zur letzten zu seinen Lebzeiten erschienenen Auflage des Buches erhalten geblieben.
Der „Schöpfer“ taucht auch nicht zufällig und singulär in diesem Buch auf – nur eine Seite vorher schreibt Darwin z.B. von den „vom Schöpfer der Materie eingeprägten Gesetzen“ (S.537).

·   (Darwins Wertschätzung von Religion)
+ (Bd.I, S.139) (die höhere Frage) „ob ein Schöpfer oder Weltenlenker existiere; diese ist von vielen der größten Geister, die je auf Erden waren, zustimmend beantwortet worden.“
+ (I 168 Fußnote) „Böses mit Gutem zu vergelten, den Feind zu lieben, ist ein so hoher sittlicher Standpunkt, dass zu bezweifeln ist, ob die geselligen Instinkte an und für sich uns je dahin hätten bringen können. Vereint mit der Sympathie, mussten diese Instinkte mit Hilfe der Vernunft, der Belehrung und der Liebe oder Furcht vor Gott hoch kultiviert und erweitert werden, ehe eine so goldene Regel je erdacht oder befolgt werden konnte.“
+ (I 216) „Die höchste Form der Religion – der große Gedanke von einem Gott, der die Sünde hasst und die Rechtschaffenheit liebt – war in den Urzeiten unbekannt.“
+ (II 418) „Bei den zivilisierten Rassen hat die Überzeugung vom Dasein eines allwissenden Gottes einen mächtigen Einfluss auf den Fortschritt der Sittlichkeit gehabt ...
Der Glaube an Gott wurde oft nicht nur als der größte, sondern auch als der vollkommenste aller Unterschiede zwischen Mensch und niedrigerem Tiere vorgebracht. ...“

(C.D.: Die Abstammung des Menschen)

·   Charles Darwin wurde am 26.4.1882 in London in der Westminster Abbey beigesetzt (einer großen Kirche in Lon­don) --- (K. Ferguson: Gott und die Gesetze des Universums, Econ Düsseldorf 2002, S.13f)

·   „Ein anderer Grund für den Glauben an die Existenz Gottes, der mit der Vernunft, nicht mit Gefühlen zusammenhängt, scheint mir mehr ins Gewicht zu fallen. Dieser Grund ergibt sich aus der extremen Schwierigkeit oder eigentlich Unmöglichkeit, sich vorzustellen, dieses gewaltige, wunderbare Universum einschließlich des Menschen mitsamt seiner Fähigkeit, weit zurück in die Vergangenheit und weit voraus in die Zukunft zu blicken, sei nur das Ergebnis blinden Zufalls oder blinder Notwendigkeit. Wenn ich darüber nachdenke, sehe ich mich gezwungen, auf eine Erste Ursache zu zählen, die einen denkenden Geist hat, gewissermaßen dem menschlichen Verstand analog; und ich sollte mich wohl einen Theisten nennen.
Wenn ich mich recht erinnere, beherrschte diese Schlussfolgerung mein Denken in der Zeit, als ich Über die Entstehung der Arten schrieb;
seither schien sie mir ganz allmählich immer weniger überzeugend;
ich schwankte jedoch sehr …
Das Mysterium vom Anfang aller Dinge können wir nicht aufklären; und ich jedenfalls muss mich damit zufrieden geben, Agnostiker zu bleiben.“
(Charles Darwin: Mein Leben, Insel TB S.102f.)

·   Darwin schreibt 1879 in einem Brief an John Fordyce:
Es scheint mir absurd zu sein zu bezweifeln, dass jemand sowohl ein leidenschaftlicher Theist wie auch ein Evolutionist sein kann. - Sie haben recht, wenn Sie an Kingsley denken, Asa Gray, der bedeutende Botaniker, ist ein anderes Beispiel dafür. – Was meine eigenen Ansichten betrifft, so ist das eine Frage, die keinerlei Konsequenzen für andere hat, sondern allein mich betrifft. – Aber wenn Sie mich fragen, muss ich feststellen, dass mein Urteil häufig schwankt. Umsomehr deswegen, weil es davon abhängt, wie man den Begriff definiert, ob man jemanden einen Theisten nennen sollte: das ist ein zu gewaltiger Gegenstand, als dass man ihn in einer kurzen Bemerkung abhandeln könnte. In den äußersten Zuständen meines Schwankens bin ich niemals ein Atheist in dem Sinne gewesen, dass ich die Existenz eines Gottes geleugnet hätte. Ich glaube, im Allgemeinen (und desto mehr und mehr, je älter ich werde), aber nicht immer, dass Agnostiker die genaueste Bezeichnung für meinen Seelenzustand sein würde.
(Quelle:
http://www.darwinproject.ac.uk/entry-12041)

Darwin hat mehrfach klargestellt, dass er Agnostiker sei, nicht Atheist. Was ist der Unterschied?
Der Agnostizismus ist eine Weltanschauung, die insbesondere die prinzipielle Begrenztheit menschlichen Wissens betont. Die Möglichkeit der Existenz transzendenter Wesen oder Prinzipien wird vom Agnostizismus nicht bestritten. Agnostizismus ist sowohl mit Theismus als auch mit Atheismus vereinbar, da der Glaube an Gott möglich ist, selbst wenn man die Möglichkeit der rationalen Erkenntnis Gottes verneint.
Die Frage „Gibt es einen Gott?“ wird vom Agnostizismus dementsprechend nicht mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet, sondern mit „Es ist nicht geklärt“, „Es ist nicht beantwortbar“.
Unabhängig davon ist die Frage „Glauben Sie an einen Gott?“.

Diese ist auch von einem Agnostiker mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortbar.
(Und erst ein NEIN auf diese Frage würde den Atheisten kennzeichnen)
(Wikipedia 23.2.2009)

·   Brief Charles Darwin 1870 an J.D.Hooker:
„Meine Theologie ist ein einziges Durcheinander;
ich kann das Universum nicht als ein Resultat blinder Zufälligkeit sehen,
ich kann aber auch kein Zeichen für das Walten einer gütigen Absicht oder überhaupt einer wie auch immer gearteten Absicht … entdecken.“

(C.D.: Mein Leben, insel tb 2008, S.185)

·   Brief von Charles Darwin an Asa Gray, 22.5.1860
Was nun die theologische Ansicht der Frage betrifft. Das ist immer peinlich für mich. Ich bin ganz bestürzt. Ich habe durchaus nicht die Absicht gehabt, atheistisch zu schreiben. Ich gesteh aber zu, dass ich nicht so deutlich, wie es andere sehen und wie ich selbst tun zu können wünschte, Beweise von Absicht und von Wohltätigkeit auf allen Seiten um uns herum erkennen kann. Ich kann mich nicht dazu überreden, dass ein wohlwollender und allmächtiger Gott mit vorbedachter Absicht die Ichneumiden oder Schlupfwespen erschaffen haben würde mit der ausdrücklichen Bestimmung, sich innerhalb des Körpers lebender Raupen zu ernähren, oder auch, dass eine Katze mit den Mäusen erst spielen solle. Da ich hieran nicht glauben kann, sehe ich auch keine Notwendigkeit zu dem Glauben ein, dass das Auge ausdrücklich beabsichtigt wurde. Auf der anderen Seite kann ich mich doch in keinerlei Weise damit befriedigt fühlen, dieses wunderbare Universum, und besonders die menschliche Natur, zu betrachten und zu folgern, dass alles nur das Resultat der rohen Kraft ist. Ich bin geneigt, alles als das Resultat vorausbestimmter Gesetze anzusehen, wobei die Einzelheiten, mögen sie gut oder schlimm sein, der Wirkung dessen überlassen wird, was man Zufall nennen kann. Nicht, als wenn dieser Begriff mich durchaus befriedigte. Ich fühle aufs Allertiefste, dass der ganze Gegenstand zu tief ist für den menschlichen Intellekt. Ein Hund könnte ebenso gut über den Geist Newtons spekulieren. Lasst einen jeden Menschen hoffen und glauben, was er kann. Ganz entschieden stimme ich darin mit Ihnen überein, dass meine Ansichten durchaus nicht notwendig atheistisch sind. Der Blitz tötet einen Menschen, mag er ein guter oder ein schlechter sein, in Folge der ganz außerordentlich komplizierten Tätigkeit der Naturgesetze.
(Leben und Briefe von Charles Darwin, Herausgegeben von Francis Darwin, übersetzt von Julius Victor Carus, Stuttgart, E. Schweizerbart´sche Verlagshandlung, 2. Auflage, 1899, II.Band, S.303f.)

·   Dass es auf der Welt viel Leiden gibt, wird niemand bestreiten. Manche Autoren haben versucht, den Sinn des menschlichen Leidens damit zu erklären, dass sie sich vorstellen, es diene der Verbesserung der Moral. Aber die Zahl der Menschen auf der Welt ist, verglichen mit anderen fühlenden Wesen, verschwindend gering, und diese anderen leiden sehr, ohne dass eine Besserung der Moral zustande kommt. Ein so mächtiges und wissendes Wesen wie ein Gott, der das Universum erschaffen könnte, ist für unser begrenztes Vorstellungsvermögen allmächtig und allwissend, und unser Verstand empört sich gegen die Vorstellung, die Güte dieses Wesens sei nicht grenzenlos; denn welchen Vorteil soll das endlose Leiden von Millionen niederer Lebewesen haben? Dieses sehr alte Argument, die Existenz von Leiden sei ein Beweis gegen die Existenz einer intelligenten ersten Ursache, kommt mir sehr überzeugend vor …
(Charles Darwin: Mein Leben, Insel Taschenbuch 2008, S.99)

·   Brief von Charles Darwin an einen deutschen Studenten 1879 (geschrieben von einem Familienmitglied):
„Er (C.D.) ist der Ansicht, dass die Entwicklungstheorie mit dem Glauben an einen Gott völlig vereinbar ist; dass Sie aber daran denken müssen, dass verschiedene Personen verschiedene Definitionen von dem haben, was sie unter Gott verstehen.“
(Leben und Briefe von Charles Darwin, Herausgegeben von Francis Darwin, übersetzt von Julius Victor Carus, Stuttgart, E. Schweizerbart´sche Verlagshandlung, 2. Auflage, 1899, I.Band, S.281ff.)

 

Ernst Haeckel (1834-1919)

·   Ernst Haeckel bekannte sich zu einem Monismus, der statt des Dualismus von Geist und Materie die grundsätzli­che Einheit beider propagierte, und zwar eine strikt materialistische. Keine Materie existiere ohne Geist, kein Geist ohne Materie, „sondern nur Eins, das Beides zugleich sei“. Einen übernatürlichen personifizierten Schöpfer lehnte er ab. „Für Haeckel ist Gott identisch mit dem allgemeinen Naturgesetz und der Natur selbst“, schreibt seine Bio­grafin Erika Krauße H. war „der Ansicht, dass aus seiner monistischen Naturphilosophie eine monistische Naturre­ligion hervorgehen könnte, die mit den modernen Erkenntnissen der Naturwissenschaften übereinstimme.“;
1866 trafen H. und Darwin in London zusammen, D. war hocherfreut über die Verbreitung, die H. seiner Theorie in Deutschland verschafft hatte, wunderte sich allerdings über die Rigorosität, mit der H. sie vertrat.; 1879 Debatte über H. im Preußischen Abgeordnetenhaus, Ergebnis: Verbot nicht nur seiner, sondern auch Darwins Schriften an den Schulen Preußens
(GEO 12/1996 S.140ff)

·   (1) monistische Erkenntnistheorie ... als die beiden einzigen sicheren Wege hatte ich „Erfahrung und Denken – oder Empirie und Spekulation“ bezeichnet und dabei betont, dass diese beiden gleichberechtigten Erkenntnismethoden sich gegenseitig ergänzen, dass sie allein durch die Vernunft uns zur Wahrheit führen. Dagegen hatte ich zwei andere, vielbetretene Wege, die angeblich direkt zur tieferen Erkenntnis leiten, nämlich „Gemüt und Offenbarung“, als irreführend zurückgewiesen; beide widerstreiten der „reinen Vernunft“, indem sie den Glauben an Wunder verlangen.;
(36ff) Naturalismus; Monismus
In dem streng monistischen Sinne von Spinoza fallen für uns die Begriffe von Gott und Natur zusammen (Deus sive Natura). Ob es jenseits der Natur ein Gebiet des „Übernatürlichen“ oder eine „Geisterreich“ gibt, wissen wir nicht.
(Ernst Haeckel: Die Lebenswunder, Alfred Kröner Verlag Stuttgart 1906)

 

Max Planck (1858-1947)

·   „... dass es für einen naturwissenschaftlich einigermaßen Gebildeten schlechterdings unmöglich ist, die vielen Be­richte von ... den Naturgesetzen widersprechenden Gegebenheiten, von Naturwundern,, die gemeinhin als we­sent­liche Stützen und Bekräftigungen religiöser Lehren gelten und die man früher ohne kritische Bedenken ein­fach als Tatsachen hinnahm, heute noch als auf Wirklichkeit beruhend anzuerkennen. Wer es also mit seinem Glauben wirk­lich ernst meint und es nicht ertragen kann, wenn dieser mit seinem Wissen in Widerspruch gerät, der steht vor der Gewissensfrage, ob er sich überhaupt noch ehrlich zu einer Religionsgemeinschaft zählen darf, welche in ihrem Be­kenntnis den Glauben an Naturwunder einschließt.“
(Dürr 22f)

·   „Denn Gott regiert gleichermaßen in allen Ländern der Erde, ihm ist die ganze Welt mit ihren Schätzen wie auch mit ihren Schrecknissen untertan, und es gibt im Reich der Natur wie im Reich des Geistes kein Gebiet, das er nicht all­gegenwärtig durchdringt.“
(Dürr 25)

·   „Wie erbärmlich klein, wie ohnmächtig müssen wir Menschen uns vorkommen, wenn wir bedenken, dass die Erde, auf der wir leben, in dem schier unermesslichen Weltall nur ein minimales Stäubchen, geradezu ein Nichts be­deutet, und wie seltsam muss es uns andererseits erscheinen, dass wir, winzige Geschöpfe auf einem beliebigen winzigen Planeten, imstande sind, mit unseren Gedanken zwar nicht das Wesen, aber doch das Vorhandensein und die Größe der elementaren Bausteine der ganzen großen Welt genau zu erkennen.
Aber das Wunderbare geht noch weiter. Es ist ein unbezweifelbares Ergebnis der physikalischen Forschung, dass diese elementaren Bausteine des Weltgebäudes nicht in einzelnen Gruppen ohne einen Zusammenhang neben­ein­anderliegen, sondern dass sie sämtlich nach einem einzigen Plan aneinandergefügt sind, oder, mit anderen Worten, dass in allen Vorgängen der Natur eine universale, uns bis zu einem gewissen Grad erkennbare Gesetz­lichkeit herrscht.“
(Dürr 32f)

·   „Was wir aber nun als das allergrößte Wunder ansehen müssen, ist die Tatsache, dass die sachgemäßeste Formulie­rung dieses Gesetzes bei jedem Unbefangenen den Eindruck erweckt, als ob die Natur von einem ver­nünf­tigen, zweckbewussten Willen regiert würde.“
(Dürr 34)

·   Gesetzmäßigkeit im gesamten Bereich der Natur, ... die zweckmäßigem Handeln entspricht, ... stellt eine vernünf­tige Weltordnung dar
(Dürr 36)

·    „... Religion und Naturwissenschaft begegnen sich in der Frage nach der Existenz und nach dem Wesen einer höchs­ten über die Welt regierenden Macht ...
Nichts hindert uns also, und unser nach einer einheitlichen Weltanschauung verlangender Erkenntnistrieb fordert es, die beiden überall wirksamen und doch geheimnisvollen Mächte, die Weltordnung der Naturwissenschaft und den Gott der Religionen, miteinander zu identifizieren. Danach ist die Gottheit, die der religiöse Mensch mit seinen an­schaulichen Symbolen sich nahezubringen sucht, wesensgleich mit der naturgesetzlichen Macht, von der dem for­schenden Menschen die Sinnesempfindungen bis zu einem gewissen Grade Kunde geben. ...
grundsätzlicher Unterschied zu beachten. Für den religiösen Menschen ist Gott unmittelbar und primär gegeben. ... Im Gegensatz dazu ist für den Naturforscher das einzig primär Gegebene der Inhalt seiner Sinneswahrneh­mungen und der daraus abgeleiteten Messungen. Von da aus sucht er sich auf dem Wege der induktiven For­schung Gott und seiner Weltordnung als dem höchsten, ewig unerreichbaren Ziele nach Möglichkeit anzunähern. Wenn also beide, Religion und Naturwissenschaft, zu ihrer Betätigung des Glaubens an Gott bedürfen, so steht Gott für die eine am Anfang, für die andere am Ende allen Denkens. Der einen bedeutet er das Fundament, der anderen die Krone des Aufbaues jeglicher weltanschaulicher Betrachtung. ...
Die Naturwissenschaft braucht der Mensch zum Erkennen, die Religion aber braucht er zum Handeln.“
(Dürr 37f)

·   Heisenberg:
Für Planck sind Religion und Naturwissenschaft deswegen vereinbar, weil sie, wie er voraussetzt, sich auf ganz ver­schiedene Bereiche der Wirklichkeit beziehen. Die Naturwissenschaft handelt von der objektiven materiellen Welt. Sie stellt uns vor die Aufgabe, richtige Aussagen über diese objektive Wirklichkeit zu machen und ihre Zu­sammen­hänge zu verstehen. Die Religion aber handelt von der Welt der Werte. Hier wird von dem gesprochen, was sein soll, was wir tun sollen, nicht von dem, was ist. ...
Planck hat sich eindeutig für die christliche Tradition entschieden ...
Ich bezweifle, ob menschliche Gemeinschaften auf die Dauer mit dieser scharfen Spaltung von Wissen und Glau­ben leben können .
Missverständnis seit dem 18 Jahrhundert: Konflikt entsteht, wenn man die Bilder und Gleichnisse der Religion als naturwissenschaftliche Behauptungen interpretiert, was natürlich unsinnig ist.
(Dürr 295)

·   „Es ist der stetig fortgesetzte, nie erlahmende Kampf gegen Skeptizismus und gegen Dogmatismus, gegen Un­glaube und gegen Aberglaube, den Naturwissenschaft und Religion gemeinsam führen, und das richtungweisende Losungswort in diesem Kampf lautet von jeher und in alle Zukunft: Hin zu Gott!“
(Dürr 39)

·   Brief nach dem Tod seines Sohnes 1945 (Hinrichtung durch die Nazis): „... dass ich es als eine Gnade des Himmels betrachte, dass mir von Kind­heit an der feste, durch nichts beirrbare Glaube an den Allmächtigen und Allgütigen tief im Innern wurzelt.“ (Planck verlor 4 Kinder zu Lebzeiten)
(Muschalek 63)

·   (217) „Auch für die Physik gilt der Satz, dass man nicht selig wird ohne Glauben, zumindest den Glauben an eine ge­wisse Realität außer uns.“ (1913)
(Ernst Peter Fischer: Leonardo, Heisenberg & Co., Piper TB München 2004)


 

Albert Einstein (1879-1955)

·   (12) Einstein beruft sich auf „Häretiker“ wie Demokrit, Franz von Assisi und besonders Spinoza, vertritt eine dogmen­freie „kosmische Frömmigkeit“
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

·   Vortrag Gerd Weiberg:
E. glaubt an kosmische Religiosität, die er in der vollkommenen Harmonie des Kosmos zu erkennen glaubt;
Gott ist diesem Universum immanent;
wunderbare Ordnung der Natur;
Gott als unermesslicher Geist (nicht menschenähnlicher, persönlicher Gott);
E. spricht ständig von GOTT, ohne an ihn zu glauben;
nennt sich einen „tief religiösen Ungläubigen“;
alles im Universum ist vorherbestimmt; Credo für Determinismus, gegen Zufall;
Spinoza: In der Natur gibt es nichts Zufälliges;
E. Ist Jude immer nur unter kulturell-politischen Gesichtspunkten, Schicksalsgemeinschaft; gibt an „konfessions­los“;
Widerspruch: Determinismus – und trotzdem ethisch verantwortliche Lebensführung (Willensfreiheit)?;
(Tagung: Naturwissenschaft, Weltbild, Glaube; Halle 15.10.05)

·   all diesen Typen (von Religionen JK) gemeinsam ist der anthropomorphe Charakter der Gottesidee (Vater, Mutter, Führer, Belohnung und Bestrafung, Furcht und Moral JK);
Über diese Stufe religiösen Erlebens pflegen sich nur besonders reiche Individuen und besonders edle Gemein­schaften wesentlich zu erheben. Bei allen aber gibt es noch eine dritte Stufe religiösen Erlebens, wenn auch nur selten in reiner Ausprägung; ich will sie als kosmische Religiosität bezeichnen. ...
Ansätze zur kosmischen Religiosität finden sich bereits auf früher Entwicklungsstufe, z.B. in manchen Psalmen Da­vids sowie bei einigen Propheten. Viel stärker ist die Komponente kosmischer Religiosität im Buddhismus ...
Die religiösen Genies aller Zeiten waren durch diese kosmische Religiosität ausgezeichnet, die keine Dogmen und keinen Gott kennt, der nach dem Bild des Menschen gedacht wäre. Es kann daher auch keine Kirche geben, de­ren hauptsächlicher Lehrinhalt sich auf die kosmische Religiosität gründet. ... gerade unter den Häretikern aller Zeiten ... Demokrit, Franziskus von Assisi, Spinoza ...
Wer von der kausalen Gesetzmäßigkeit allen Geschehens durchdrungen ist, für den ist die Idee eines Wesens, wel­ches in den Gang des Weltgeschehens eingreift, ganz unmöglich ... ein Gott, der belohnt und bestraft, ist für ihn schon darum undenkbar, weil der Mensch nach äußerer und innerer Notwendigkeit handelt, vom Standpunkt Gottes aus also nicht verantwortlich wäre ...
Welch ein tiefer Glaube an die Vernunft des Weltenbaues und welche Sehnsucht nach dem Begreifen wenn auch nur eines geringen Abglanzes der in dieser Welt geoffenbarten Vernunft musste in Kepler und Newton lebendig sein ...
Ein Zeitgenosse hat nicht mit Unrecht gesagt, dass die ernsthaften Forscher in unserer im allgemeinen materialis­tisch eingestellten Zeit die einzig tief religiösen Menschen seien.
(Dürr 67ff)

·   “... wenn die Zahl der mitwirkenden Faktoren bei einem Komplex von Naturerscheinungen zu groß ist, lässt uns die wissenschaftliche Methode meist im Stich. Man braucht nur an das Wetter zu denken, für das eine Voraus­sage selbst auf wenige Tage schon unmöglich wird. Und dennoch besteht kein Zweifel, dass wir dabei einem Kausal­zu­sammenhang gegenüberstehen, dessen einzelne Komponenten uns im wesentlichen bekannt sind. Er­eignisse auf diesem Gebiet entziehen sich unserer exakten Vorhersage nur wegen der Mannigfaltigkeit der mitwir­kenden Fakto­ren, nicht wegen einer mangelnden Ordnung in der Natur.“
(Dürr: Physik und Transzendenz, Scherz 1988 S.77)

·   Die Naturwissenschaft kann freilich niemals die Lehre von einem in die Naturereignisse eingreifenden persönli­chen Gott widerlegen, denn diese Lehre kann stets in jenen Gebieten Zuflucht suchen, in denen wissenschaftliche Er­kenntnis bis jetzt noch nicht Fuß zu fassen vermochte. ...
Aber ich bin überzeugt, dass ein solches Verhalten der Vertreter der Religion nicht nur unwürdig, sondern auch ver­hängnisvoll wäre. Denn eine Lehre, die sich nicht in klaren Licht, sondern nur im Dunkel zu behaupten vermag, wird zwangsläufig jede Wirkung auf Menschen verlieren ...
In ihrem Kampf um das Gute müssten die Lehrer der Religion die innere Größe haben und die Lehre von einem per­sönlichen Gott fahren lassen, das heißt, auf jene Quelle von Furcht und Hoffnung verzichten. ...
Wer aber je die erfolgreichen Fortschritte auf diesem Gebiet (der naturwissenschaftlichen Forschung JK) eindring­lich erfahren hat, wird tiefe Ehrfurcht vor der Vernunft empfinden, die sich in der Wirklichkeit offenbart. Durch die Er­kenntnis befreit sich der Mensch weitgehend aus den Fesseln seiner Hoffnungen und Wünsche und gewinnt da­bei jene demütige Geisteshaltung gegenüber der Erhabenheit der Vernunft, die sich in der Wirklichkeit verkör­pert und ihm in ihren letzten Tiefen unzugänglich ist. Diese Einstellung scheint mir aber im höchsten Sinne des Wortes reli­giös zu sein.
(Dürr 76ff)

·   Wolfgang Pauli:
Einsteins Auffassung liegt mir näher ... der liebe Gott, auf den er sich so gern beruft, hat irgendwie mit den unab­än­derlichen Naturgesetzen zu tun. Einstein hat ein Gefühl für die zentrale Ordnung der Dinge. Er spürt diese Ord­nung in der Einfachheit der Naturgesetze. Man kann annehmen, dass er diese Einfachheit bei der Entdeckung der Relati­vitätstheorie stark und unmittelbar erlebt hat. ...
Einstein ist wohl kaum an eine religiöse Tradition gebunden, und ich würde glauben, dass die Vorstellung eines per­sönlichen Gottes ihm ganz fremd ist. Aber es gibt für ihn keine Trennung zwischen Wissenschaft und Religion. Die zentrale Ordnung gehört für ihn zum subjektiven ebenso wie zum objektiven Bereich,...
(Dürr 297)

·   Niels Bohr: mir geht es wie Dirac, dass mir die Vorstellung eines persönlichen Gottes fremd ist
(Dürr 301)

·   das herrlich naive Gottesbild, das jeder sofort verstand:
Einstein fragte,
„ob der Herrgott nicht (über meine Einfälle) lacht und mich an der Nase herumführt“, oder
“welche Schräubchen der Alte wohl dreht, um alles das zu bewerkstelligen“,
welche Wahl „der ewige Rätselgeber“ bei der Erschaffung der Welt hatte ...
“Raffiniert ist der Herrgott, aber boshaft ist er nicht“
“Gott würfelt nicht“
E. weicht der Frage nach Gott ununterbrochen durch Witzchen und Albernheiten aus ...
“bange Frage ... ob Gott wirklich würfelt“ in Brief an Niels Bohr 1949 – Bohrs Antwort: „dass niemand – und nicht einmal der liebe Gott selber – wissen kann, was ein Wort wie würfeln in diesem Zusammenhang heißen soll“
E. suchte den Weg zurück in eine deterministische Physik der klassischen Art ...
(Fischer 349)

·   „Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von wahrer Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge erloschen. Das Erlebnis des Geheimnisvollen wenn auch mit Furcht gemischt - hat auch die Religionen gezeugt. Das Wissen um die Existenz des für uns Undurchdringli­chen, der Manifestationen tiefster Vernunft und leuchtendster Schönheit, die unserer Vernunft nur in den primi­tivsten For­men zugänglich sind, dies Wissen und Fühlen macht wahre Religiosität aus; in diesem Sinn und nur in diesem ge­höre ich zu den tief religiösen Menschen. Einen Gott, der die Objekte seines Schaffens belohnt und be­straft, der überhaupt einen Willen hat nach Art desjenigen, den wir an uns erleben, kann ich mir nicht einbilden. Auch ein Individuum, das seinen körperlichen Tod überdauert, mag und kann ich mir nicht denken; mögen schwache Seelen aus Angst oder lächerlichem Egoismus solche Gedanken nähren. Mir genügt das Mysterium der Ewigkeit des Lebens und das Bewusstsein und die Ahnung von dem wunderbaren Bau des Seienden sowie das ergebene Streben nach dem Begreifen eines noch so winzigen Teiles der in der Natur sich manifestierenden Vernunft.“;
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.10f.)

·   Wer von der kausalen Gesetzmäßigkeit allen Geschehens durchdrungen ist, für den ist die Idee eines Wesens, welches in den Gang des Weltgeschehens eingreift, ganz unmöglich – vorausgesetzt allerdings, dass er es mit der Hypothese der Kausalität wirklich ernst nimmt. Die Furcht-Religion hat bei ihm keinen Platz, aber ebensowenig die soziale bzw. moralische Religion. Ein Gott, der belohnt und bestraft, ist für ihn schon darum undenkbar, weil der Mensch nach äußerer und innerer gesetzlicher Notwendigkeit handelt, vom Standpunkt Gottes aus also nicht verantwortlich wäre, sowenig wie ein lebloser Gegenstand für die von ihm ausgeführten Bewegungen. Man hat deshalb schon der Wissenschaft vorgeworfen, daß sie die Moral untergrabe, jedoch gewiss mit Unrecht. Das ethische Verhalten des Menschen ist wirksam auf Mitgefühl, Erziehung und soziale Bindung zu gründen und bedarf keiner religiösen Grundlage. Es stünde traurig um die Menschen, wenn sie durch Furcht vor Strafe und Hoffnung auf Belohnung nach dem Tode gebändigt werden müssten. Es ist also verständlich, daß die Kirchen die Wissenschaft von jeher bekämpft und ihre Anhänger verfolgt haben. Andererseits aber behaupte ich, daß die kosmische Religiosität die stärkste und edelste Triebfeder wissenschaftlicher Forschung ist. Nur wer die ungeheuren Anstrengungen und vor allem die Hingabe ermessen kann, ohne welche bahnbrechende wissenschaftliche Gedankenschöpfungen nicht zustandekommen können, vermag die Stärke des Gefühls zu ermessen, aus dem allein solche dem unmittelbarpraktischen Leben abgewandte Arbeit erwachsen kann. Welch ein tiefer Glaube an die Vernunft des Weltenbaues und welche Sehnsucht nach dem Begreifen wenn auch nur eines geringen Abglanzes der in dieser Welt geoffenbarten Vernunft musste in Kepler und Newton lebendig sein, daß sie den Mechanismus der Himmelsmechanik in der einsamen Arbeit vieler Jahre entwirren konnten! Wer die wissenschaftliche Forschung in der Hauptsache nur aus ihren praktischen Auswirkungen kennt, kommt leicht zu einer ganz unzutreffenden Auffassung vom Geisteszustand der Männer, welche – umgeben von skeptischen Zeitgenossen – Gleichgesinnten die Wege gewiesen haben, die über die Länder der Erde und über die Jahrhunderte verstreut waren. Nur wer sein Leben ähnlichen Zielen hingegeben hat, besitzt eine lebendige Vorstellung davon, was diese Menschen beseelt und ihnen die Kraft gegeben hat, trotz unzähliger Mißerfolge dem Ziel treu zu bleiben. Es ist die kosmische Religiosität, die solche Kräfte spendet. Ein Zeitgenosse hat nicht mit Unrecht gesagt, daß die ernsthaften Forscher in unserer im allgemeinen materialistisch eingestellten Zeit die einzigen tief religiösen Menschen seien. …
Sie werden schwerlich einen tiefer schürfenden wissenschaftlichen Geist finden, dem nicht eine eigentümliche Religiosität eigen ist. Diese Religiosität unterscheidet sich aber von derjenigen des naiven Menschen. Letzterem ist Gott ein Wesen, von dessen Sorgfalt man hofft, dessen Strafe man fürchtet – einsublimiertes Gefühl von der Art der Beziehung des Kindes zum Vater – , ein Wesen, zu dem man gewissermaßen in einer persönlichen Beziehung steht, so respektvoll diese auch sein mag. Der Forscher aber ist von der Kausalität allen Geschehens durchdrungen. Die Zukunft ist ihm nicht minder notwendig und bestimmt wie die Vergangenheit. Das Moralische ist ihm keine göttliche, sondern eine rein menschliche Angelegenheit. Seine Religiosität liegt im verzückten Staunen über die Harmonie der Naturgesetzlichkeit, in der sich eine so überlegene Vernunft offenbart, daß alles Sinnvolle menschlichen Denkens und Anordnens dagegen ein gänzlich nichtiger Abglanz ist. Dies Gefühl ist das Leitmotiv seines Lebens und Strebens, insoweit dieses sich über die Knechtschaft selbstischen Wünschens erhebenkann. Unzweifelhaft ist dies Gefühl nahe verwandt demjenigen, das die religiös schöpferischen Naturen aller Zeiten erfüllt hat.
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.17f.)

·   Über wissenschaftliche Wahrheit
1. Es ist schon nicht leicht, mit dem Wort »Wissenschaftliche Wahrheit«einen klaren Sinn zu verbinden. So ist der Sinn des Wortes »Wahrheit« verschieden, je nachdem es sich um eine Erlebnistatsache, einen mathematischen Satz oder eine naturwissenschaftliche Theorie handelt. Unter »religiöser Wahrheit«kann ich mir etwas Klares überhaupt nicht denken.
2. Wissenschaftliche Forschung kann durch Förderung des kausalen Denkens und Überschauens den Aberglauben vermindern. Es ist gewiss, daß eine mit religiösem Gefühl verwandte Überzeugung von der Vernunft bzw. Begreiflichkeit der Welt aller feineren wissenschaftlichen Arbeit zugrunde liegt.
3. Jene mit tiefem Gefühl verbundene Überzeugung von einer überlegenen Vernunft, die sich in der erfahrbaren Welt offenbart, bildet meinen Gottesbegriff; man kann ihn also in der üblichen Ausdrucksweise als »pantheistisch« (Spinoza) bezeichnen.
4. Konfessionelle Traditionen kann ich nur historisch und psychologisch betrachten; ich habe zu ihnen keine andere Beziehung.
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.171)

·   Das Wesen der jüdischen Lebensauffassung scheint mir zu sein: Bejahung des Lebens aller Geschöpfe. Leben des Individuums hat nur Sinn im Dienst der Verschönerung und Veredelung des Lebens alles Lebendigen. Leben ist heilig, d.h. der höchste Wert, von dem alle Wertungen abhängen. Die Heiligung des überindividuellen Lebens bringt die Verehrung alles Geistigen mit sich – ein besonders charakteristischer Zug der jüdischen Tradition. Judentum ist kein Glaube. Der jüdische Gott ist nur eine Verneinung des Aberglaubens, ein Phantasieersatz für dessen Beseitigung. Es ist auch ein Versuch, das Moralgesetz auf Furcht zu gründen, ein bedauernswerter unrühmlicher Versuch. Doch scheint mir, daß die starke moralische Tradition im jüdischen Volke sich weitgehend von dieser Furcht losgelöst hat. Auch ist deutlich, daß »Gott dienen« mit »demLebendigen dienen« gleichgesetzt wurde. Dafür haben die Besten des jüdischen Volkes, im besonderen die Propheten und Jesus, unermüdlich gekämpft. So ist das Judentum keine transzendente Religion; es hat nur mit dem von uns erlebten, gewissermaßen greifbaren Leben zu tun und mit nichts anderem. Es scheint mir daher fraglich, ob es eine »Religion« im geläufigen Sinn des Wortes genannt werden kann, zumal eben vom Juden kein »Glaube« verlangt wird, sondern Heiligung des Lebens im überpersönlichen Sinn. Es steckt aber noch etwas anderes in der jüdischen Tradition, was sich in manchen Psalmen so herrlich offenbart, nämlich eine Art trunkener Freude und Verwunderung über die Schönheit und Erhabenheit dieser Welt, von welcher der Mensch eben noch eine schwache Ahnung erlangen kann. Es ist das Gefühl, aus welchem auch die wahre Forschung ihre geistige Kraft schöpft, das sich aber auch im Gesang der Vögel zu äußern scheint. Hier erscheint die Verknüpfung mit der Gottesidee nur wie kindliche Einfalt.
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.89f.)

·   Insofern sich die Sätze der Mathematik auf die Wirklichkeit beziehen, sind sie nicht sicher, und insofern sie sicher sind, beziehen sie sich nicht auf die Wirklichkeit.
(Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962, S.119f.)

·   Albert Einstein. Er bekam im April 1921 ein Telegramm des New Yorker Rabbis Herbert Goldstein: „Glauben sie an Gott? Stop. Bezahlte Antwort: 50 Worte“. Der sparsame Einstein telegrafierte nur 29 Wörter zurück: „ Ich glaube an Spinozas Gott, der sich in der gesetzlichen Harmonie des Seienden offenbart, nicht an einen Gott, der sich mit dem Schicksal und den Handlungen der Menschen abgibt“.
Spinoza: „Deus sive natura“ – die Natur mit ihren nach strikten Gesetzen waltenden Kräften ist Gott.
(Spiegel 52/1998 S.166ff)

·   Der Gott des Spinoza, der nur ein anderes Wort für die Natur(ordnung) ist, bleibt in der Sichtweise der Physik als der Grundwissenschaft aller naturwissenschaftlichen Erkenntnis offenbar unüberschreitbar.
(Drewermann Und es geschah so 769)

·   jüdischer Philosoph Baruch Spinoza (1632-1677): Wenn Gott sich in der Vernünftigkeit seiner Naturgesetze zeigt, sollte er dann nicht mit diesen Naturgesetzen identisch sein?;
als die wahren Hüter dieser Religiosität ohne Theologie und dogmatisch geformten Gottesbegriff schienen Ein­stein deshalb vor allem „Kunst und Wissenschaft“ in Frage zu kommen;
“Alles wird bestimmt, der Anfang wie das Ende, durch Kräfte, über die wir keine Macht haben ... Menschen, Pflan­zen oder kosmischer Staub, wir tanzen alle nach einer bestimmten Melodie, die aus der Ferne von einem unsicht­baren Pfeifer angestimmt wird“.;
Drewermann:
sein Zeitgenosse und Freund ALBERT SCHWEITZER: Es ist nötig, das kostbarste menschliche Gefühl: die Liebe, absolut zu setzen und ins Universelle auszudehnen, um Gott zu finden. Gott, mit anderen Worten, ist nicht als kau­saler Weltengrund zu denken, er lässt sich nur als Grundlage der Menschlichkeit im Gefühl vergewissern. Von die­sem Ansatz her ergibt sich eine geradezu konträre Einstellung der Natur gegenüber.; eine ethische Überzeu­gung, zu der nur Menschen imstande sind, gegen die Natur zu stellen
Das Individuum stellt die wirkliche Herausforderung für Philosophie, Religion und Wissenschaft dar
(Drewermann Anfang 723ff)

·   Brief an Max Born 1926:
“Die Quantentheorie ist sehr achtungsgebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, dass das noch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns doch nicht näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt.“
(Drewermann Anfang 748)

·   Einstein konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Gott ein Universum geschaffen habe, in dem man manche Dinge prinzipiell nicht wissen kann.
Einsteins oft zitierter Satz „Gott würfelt nicht“ lautet in Wirklichkeit: „Es ist anscheinend schwierig, Gott in die Karten zu sehen. Aber dass er würfelt und sich „telepathischer“ Methoden bedient ... kann ich keinen Augenblick lang glauben.“
(Bill Bryson: Eine kurze Geschichte von fast allem, Goldmann München 2004, S.191)

·   Einstein wörtlich: „Der Alte würfelt nicht.“;
(Dürr HP u.a.: Gott, der Mensch und die Wissenschaft, Augsburg 1997, S.139)

·   Das Schönste und Tiefste, was der Mensch erleben kann, ist das Gefühl des Geheimnisvollen. Es liegt der Religion sowie allem tieferen Streben in Kunst und Wissenschaft zugrunde. Wer dies nicht erlebt hat, erscheint mir, wenn nicht wie ein Toter, so doch wie ein Blinder. Zu empfinden, dass hinter dem Erlebbaren ein für unseren Geist Unerreichbares verborgen sei, dessen Schönheit und Erhabenheit uns nur mittelbar und in schwachem Widerschein erreicht, das ist Religiosität. In diesem Sinne bin ich religiös. Es ist mir genug, diese Geheimnisse staunend zu ah­nen und zu versuchen, von der erhabenen Struktur des Seienden in Demut ein mattes Abbild geistig zu erfassen.
(Albert Einsteins gesprochenes Glaubensbekenntnis, wahrscheinlich 1932 auf Schallplatte gesprochen, Abdruck: Zeitschrift „Die Naturwissenschaften“ 53 (1966) Heft 8, S. 198)

·   “Obwohl die Religion das Ziel bestimmt, hat sie doch weitgehend von der Wissenschaft gelernt, mit welchen Mitteln sich diese von ihr gesetzten Ziele erreichen lassen. Die Wissenschaft kann hingegen nur von denen aufgebaut wer­den, die durch und durch von dem Streben nach Wahrheit und Erkenntnis erfüllt sind. Die Quelle dieser Gesinnung entspringt aber wiederum auf religiösem Gebiet. Hierher gehört auch der Glaube an die Möglichkeit, dass die Welt der Erscheinungen nach Gesetzen der Vernunft gelenkt wird und dass diese Welt mit dem Verstand zu erfassen ist ... Naturwissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion ohne Naturwissenschaft ist blind.“
(Einstein, A.: Naturwissenschaft und Religion. In Dürr, H.-P. (Hrsg.): Physik und Transzendenz, Bern 1988, S.75)

·   „Falls Gott die Welt geschaffen hat, war seine Hauptsorge sicherlich nicht, sie so zu machen, dass wir sie verstehen“
(Einstein an David Bohm, 10.2.1954; in: Ludwig Schultz, Hermann-Friedrich Wagner (Hrsg.): Die Welt hinter den Dingen, WILEY-VCH Weinheim, 2006)

·   „Es ist natürlich eine Lüge, was Sie über meine religiöse Überzeugung lesen, eine Lüge, die systematisch wiederholt wird. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und habe dies nie verhehlt, sondern habe es klar zum Ausdruck gebracht. Wenn es etwas in mir gibt, das religiös genannt werden kann, dann ist es die grenzenlose Bewunderung für die Struktur der Welt, so weit sie jedenfalls die Wissenschaft erkennen kann.“
(Antwort vom 24. März 1954 auf einen Brief von J. Dispentiere, New Jersey, vom 22. März 1954, Einstein Archives 59-495 und 59-494; in: Albert Einstein, The Human Side: New Glimpses from His Archives von Albert Einstein, Helen Dukas und Banesh Hoffmann, Princeton University Press, 1981, S.43)

·   "Es scheint hart, dem Herrgott in die Karten zu gucken. Aber dass er würfelt und sich telepatischer Mittel bedient (wie es ihm von der gegenwärtigen Quantentheorie zugemutet wird), kann ich keinen Augenblick glauben."
(Über die Quantenmechanik in einem Brief an Cornelius Lanczos, 21. März 1942, Einstein-Archiv 15-294, zitiert nach Einstein, Briefe, Seite 65, zitiert nach Alice Calaprice (Hrsg.): Einstein sagt, Piper-Verlag, München, Zürich 1996, ISBN 3-492-03935-9, Seite 146)

 

Werner Heisenberg (1901-1974)

·   „Die Quantenphysik ist so ein wunderbares Beispiel dafür, dass man einen Sachverhalt in völliger Klarheit verstan­den haben kann, und doch gleichzeitig weiß, dass man nur in Bildern und Gleichnissen von ihm reden kann.“
(Dürr 13)
(
à ähnlich Glaubens-Gewissheit)

·   Wenn wir lernen, dass die Erhaltungssätze. etwa für die Energie oder die Ladung, einen ganz universellen Charak­ter tragen, dass sie über alle Gebiete der Physik hinweg gelten und durch Symmetrieeigenschaften in den Grundge­setzen zustande kommen, so liegt es nahe zu sagen, dass diese Symmetrien entscheidende Elemente des Planes sind, nach dem die Natur geschaffen worden ist. Dabei bin ich mir völlig klar darüber, dass die Worte „Plan“ und „geschaffen“ wieder aus der menschlichen Sphäre genommen sind und daher bestenfalls als Meta­phern gelten kön­nen ... dass unsere Sprache uns keine außermenschlichen Begriffe zur Verfügung stellen kann ...
Die Frage nach den Werten – das ist doch die Frage nach dem, was wir tun, was wir anstreben, wie wir uns ver­hal­ten sollen. ... es ist die Frage nach dem Kompass, nach dem wir uns richten sollen, wenn wir unseren Weg durchs Leben suchen. Dieser Kompass hat in den verschiedenen Religionen und Weltanschauungen sehr ver­schiedene Namen erhalten: das Glück, der Wille Gottes, der Sinn, um nur einige zu nennen. Die Verschiedenheit der Namen weist auf sehr tiefgehende Unterschiede in der Struktur des Bewusstseins der Menschengruppen hin, die ihren Kompass so genannt haben. Ich will diese Unterschiede sicher nicht verkleinern. Aber ich habe den Ein­druck, dass es sich in allen Formulierungen um die Beziehungen der Menschen zur zentralen Ordnung der Welt handelt. ...
dass die zentrale Ordnung sich immer wieder durchsetzt :  ... die Tatsache, dass nach jedem Winter doch wieder Blumen auf den Wiesen blühen ... dass also Chaotisches sich immer wieder in Geordnetes verwandelt ...
Glaubst du an einen persönlichen Gott? – Darf ich die Frage auch anders formulieren? Dann würde sie lauten: Kannst du oder kann man der zentralen Ordnung der Dinge oder des Geschehens, an der man ja nicht zweifeln kann, so unmittelbar gegenübertreten, mit ihr so unmittelbar in Verbindung treten, wie dies bei der Seele eines ande­ren Menschen möglich ist? Ich verwende hier ausdrücklich das so schwer deutbare Wort „Seele“, um nicht missver­standen zu werden. Wenn du so fragst, würde ich mit Ja antworten. ...
Die Kraft der Seele zum Verwandeln der Welt kann nicht vom menschlichen Willen gelenkt werden. Auch durch die schärfste Anspannung der Willenskräfte kann niemand erreichen, dass etwa zwischen ihm und einem anderen Menschen die Beziehung entsteht, die wir Liebe nennen. ...
die Wirklichkeit verwandelt sich mit unserem Glauben ... wenn „es gibt“ nur auf den objektivierbaren Teil der Wirk­lichkeit angewendet wird, so läuft die Welt auch „wirklich“ nur noch nach Ursache und Wirkung, ohne höheren „Sinn“ ab. So scheint es schließlich einfach vom Glauben der Menschen abzuhängen, ob ein gütiger Vater die Geschicke der Welt leitet oder ob das Gesetz von Ursache und Wirkung  mitleidlos über alle menschlichen Schicksale hinweg­schreitet ...
Glaube ist kein Selbstbetrug, sondern nur die bewusste Hinnahme der nie zu lösenden Spannung in der Wirklich­keit, die sicher unabhängig von uns Menschen objektiv „ist“ und abläuft und doch auch wieder nur der Inhalt unse­rer Seele ist und sich von unserer Seele her verwandelt ...
Doch schon das Bekenntnis zu dem Glauben, dass die objektivierbare Schicht der Wirklichkeit die „eigentliche“ Wirklichkeit sei, verwandelt oder bestimmt die Wirklichkeit in ähnlicher Weise wie irgendein anderer Glaube, und damit sind wir der subjektiven Bedingtheit der Wirklichkeit wieder ebenso ausgeliefert wie früher. ...
... wir dürfen uns doch voll Vertrauen der höheren Macht in die Hände geben, die für unser Leben und im Lauf der Jahrhunderte unseren Glauben und damit unsere Welt und unser Schicksal bestimmt ... Vertrauen ist vielleicht das Letzte ...
die Frage nach der Existenz Gottes ist ... die Frage nach dem, was wir tun sollen ... anderen helfen und tüchtig sein ... in der Welt, die zugleich die „Welt Gottes“ ist, ... das Bewusstsein der Heimat
(Dürr 316ff, 325ff 334ff)

·   „Wenn von einem Naturbild der exakten Naturwissenschaft in unserer Zeit gesprochen werden kann, so handelt es sich ... eigentlich nicht mehr um ein Bild der Natur, sondern um ein Bild unserer Beziehungen zur Natur.“
“Das naturwissenschaftliche Weltbild hört damit auf, ein eigentlich naturwissenschaftliches zu sein“ (bzw. ein WELT­bild zu sein, weil immer der Mensch mit darin steckt JK)
(Aichelin/Liedke 227)

·   Heisenberg: „Wenn jemand aus der unbezweifelbaren Tatsache, dass die Welt existiert, auf eine Ursache dieser Exis­tenz schließen will, dann widerspricht diese Annahme unserer wissenschaftlichen Erkenntnis in keinem einzigen Punkt. Kein Wissenschaftler verfügt auch nur über ein einziges Argument oder irgendein Faktum, mit denen er einer solchen Annahme widersprechen könnte.“;
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Naturwissenschaft und Religion, München 2005, S.97)

 

Pascual Jordan (1902- )

·   vor Darwin und Haeckel hatten oft nachdenkliche Menschen gesagt: sollten uns einmal religiöse Zweifel kommen, soll­ten wir in die Versuchung kommen, in unserem Glauben irre zu werden, dann brauchen wir nur hineinzusehen in die Erscheinungswelt der organischen Formen. In der Fülle ihrer zweckmäßigen Gestaltungen und Anpassun­gen, die uns umso wunderbarer erscheinen, je mehr wir uns in ihre Feinheiten versenken, zeigen die biologischen Krea­turen, dass hier ein Kreator am Werke war, dass ein weiser Schöpfer ihnen diese wunderbar durchdachten Anpas­sungen mitgegeben hat auf ihren Lebensweg.
(Dürr 214)

 

Erwin Schrödinger

·   die Aufbauelemente des Lebendigen seien „kein plumpes Menschenwerk“, sondern „das feinste Meisterstück, das jemals nach den Leitprinzipien von Gottes Quantenmechanik vollendet wurde.“
(Muschalek 66)

 

Steven Weinberg (1933- )

·   (Nobelpreisträger Physik)

·   Könnte es etwas Interessanteres geben als das Problem der Genesis?;
Gleichgewicht zwischen Schöpfungs- (1) und Vernichtungsprozessen;
Gravitationsfeld zu schwach ist, um ein in räumlicher Hinsicht endliches Universum zu schaffen (!);
Letzter Satz:
“Je begreiflicher uns das Universum wird, umso sinnloser erscheint es auch ... Das Bestreben, das Universum zu verstehen, hebt das menschliche Leben ein wenig über eine Farce hinaus und verleiht ihm einen Hauch von tragi­scher Würde.“
(Weinberg 9, 15, 57, 162)

·   „Es gibt keinen Beweis für Gott.“ „ich musste zuschauen, wie meine Mut­ter unter Schmerzen an Krebs starb, die Per­sönlichkeit meines Vaters durch die Alzheimer-Krankheit zerfiel und zahlreiche entferntere Verwandte im Holo­caust ermordet wurden. Die Anzeichen eines gütigen Schöpfers sind ziem­lich versteckt ... dass es keine Anzeichen von Güte gibt, die die Handschrift eines Schöpfers zeigen ... der Beitrag der Religion in der Geschichte war, es gu­ten Menschen zu erlauben, Böses zu tun.“
(bdw 12/1999 S. 42ff)

·   (85) Weinberg „bekennender Atheist“
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

 

Stephen Hawking (1942-

·   Einstein fasste seine Einstellung zur Quantenmechanik in dem Satz zusammen: „Der liebe Gott würfelt nicht.“ Doch alles spricht dafür, dass Gott ein unverbesserlicher Spieler ist und bei jeder sich bietenden Gelegenheit würfelt.;
Vielleicht wird sich aus dem Quantenprinzip auch ergeben, dass die Geschichten nicht zwangsläufig einen Anfang in der Zeit, einen Schöpfungpunkt im Urknall haben müssen.;
Entscheidend ist die Annahme, dass es ein System von Gesetzen gibt, die die Evolution des Universums von An­fang an vollständig bestimmen. Diese Gesetze mögen von Gott vorgegeben sein, aber offenbar lässt er (oder sie) ihnen jetzt freien Lauf und mischt sich nicht in die Geschicke des Universums ein. Die Anfangskonfiguration des Universums könnte von Gott frei gewählt worden sein oder sich selbst aus den Naturgesetzen herleiten.“
(Hawking Ist alles vorherbestimmt 25, 34, 56, 82)

·   ... Gott hätte die Welt in jeder von ihm gewünschten Weise beginnen lassen können ... Aber anscheinend hat er sich für eine sehr regelmäßige Entwicklung des Universums, für eine Entwicklung in Übereinstimmung mit bestimmten Gesetzen entschieden ...;
... Ereignisse vor dem Urknall ... sollten nicht zu Bestandteilen eines wissenschaftlichen Modells des Universums werden ...Vielen Menschen gefällt die Vorstellung nicht, dass die Zeit einen Anfang hat, wahrscheinlich weil sie allzu sehr nach göttlichem Eingriff schmeckt. ...
Die Heisenbergsche Unschärferelation bereitete dem Laplaceschen Traum von einem absolut deterministischen Modell des Universums ein jähes Ende: Man kann künftige Ereignisse nicht exakt voraussagen, wenn man noch nicht einmal in der Lage ist, den gegenwärtigen Zustand des Universums genau zu vermessen!; ...
Die (Natur-)Gesetze mögen ursprünglich von Gott gefügt worden sein, doch anscheinend hat er ihnen seither die Entwicklung des Universums überlassen und sich aller Eingriffe enthalten. ...;
(Hawkings theoretischer, spekulativer Vorschlag von einer endlichen Raumzeit:) ... Doch wenn das Universum völlig in sich selbst abgeschlossen ist, wenn es wirklich keine Grenze und keinen Rand hat, dann hätte es auch weder ei­nen Anfang noch ein Ende: Es würde einfach sein. Wo wäre dann noch Raum für einen Schöpfer? ...;
(bei anderen Weltentstehungsmodellen) ... wäre es immer noch Gottes Aufgabe gewesen, das Uhrwerk aufzuziehen und zu entscheiden, wie alles beginnen solle ...;
(Suche nach einer vollständigen, vereinheitlichten Theorie der Physik): ... wenn wir eine vollständige Theorie entde­cken ... werden wir uns alle mit der Frage auseinandersetzen können, warum es uns und das Universum gibt. Wenn wir die Antwort auf die Frage fänden, wäre das der endgültige Triumph der menschlichen Vernunft – denn dann würden wir Gottes Plan kennen.
(Hawking: Die illustrierte kurze Geschichte der Zeit 17, 62, 72, 157, 181, 233)

·   Stephen Hawking: „Auch wenn nur eine einheitliche Theorie möglich wäre, so wäre sie doch nur ein System von Re­geln und Gleichungen. Wer bläst den Gleichungen Odem ein und erschafft ihnen ein Universum, das sie be­schrei­ben können?“;
(bdw 12/1999 S. 42ff)

·   Das Modell eines expandierenden Universums schließt einen Schöpfer nicht aus, grenzt aber den Zeitpunkt ein, da er sein Werk verrichtet haben könnte!
(Hawking Ist alles vorherbestimmt 24)

George Coyne (1933-)

·   (Jesuitenpater und Astronom, leitet seit 1978 die Sternwarte im Vatikan)

·   ein für zufällige Ereignisse offenes Universum;
Gott lädt die Menschen zur Teilnahme an seinem Schöpfungswerk ein
(Drewermann Anfang 890)

·   Artikel von George Coyne, Leiter des Observatoriums im Vatikan:
Brauchen wir Gott, um das Universum zu erklären? Meine persönliche Antwort lautet: Ganz und gar nicht. Ich brau­che Gott nicht. Vielen Dank, aber ich komme beim Versuch, das Universum zu begreifen, ganz gut zurecht, indem ich meine Fähigkeit benutze, das Universum in meinen Kopf zu stecken. Ach übrigens, ich glaube durch­aus, dass mir diese Fähigkeit von Gott gegeben wurde.
Wir brauchen Gott nicht, um das Universum zu erklären, so wie wir es heute sehen... Und wenn Gott uns doch et­was über sich selber sagen will, dann tut er das durch seine Schöpfung;
Wenn wir die Ergebnisse der modernen Wissenschaft ernst nehmen, fällt es schwer zu glauben, dass Gott all­mäch­tig und allwissend ist im Sinne der scholastischen Philosophen. Die Wissenschaft erzählt uns von einem Gott, der sehr anders sein muss als der Gott, den mittelalterliche Philosophen und Theologen sahen. Könnte Gott z.B. nach einer Mrd. Jahren ... vorhergesagt haben, dass menschliches Leben entstehen würde? ... selbst wenn Gott im Besitz der „Universaltheorie“ wäre, alle Gesetze der Physik, alle Elementarkräfte kennen würde ... dass es neben determi­nistischen Vorgängen auch Zufallsprozesse gibt, .... dann sieht es so aus, als könnte Gott selbst das Endergebnis nicht mit Sicherheit kennen. Gott kann nicht wissen, was nicht gewusst werden kann. Das ist keine Einschränkung Gottes. Ganz im Gegenteil. Es offenbart uns einen Gott, der ein Universum erschaffen hat, dem eine gewissen Dy­namik innewohnt und das somit am Schöpfungsakt Gottes teilnimmt ... müssen Gläubige Abstand nehmen von der Vorstellung eines diktatorischen Gottes, eines Newtonschen Gottes, der das Universum als Uhrwerk erschaffen hat, das regelmäßig weitertickt. Vielleicht sollte man Gott eher als ein Elternteil sehen. Die Heilige Schrift ist erfüllt von diesem Gedanken. Sie stellt sogar – vermenschlichend – einen Gott dar, der zornig wird, der maßregelt, einen Gott, der das Universum hegt und pflegt. Theologen haben den Begriff von Gottes fort­währender Schöpfung geprägt. ... Gott arbeitet mit dem Universum. Das Universum hat eine gewisse eigene Vita­lität, genauso wie ein Kind. Man er­zieht ein Kind, aber man versucht die eigenständige Persönlichkeit des Kindes zu erhalten und zu bereichern ... El­tern müssen einem Kind erlauben, erwachsen zu werden, so weit zu kommen, dass es seine eigenen Entschei­dun­gen trifft, seinen eigenen Weg ins Leben geht. Das ist die Art und Weise, wie Gott mit dem Universum umgeht. das sind sehr schwache Bilder, aber wie sollten wir sonst über Gott reden? ... Für diejenigen, die glauben, sagt uns die moderne Naturwissenschaft etwas über Gott. Sie ist eine Herausforde­rung, eine bereichernde Herausforderung, für den traditionellen Gottesglauben.
(Spiegel 52/2000 S.118ff)

·   Die Schöpfungsgeschichte ist kein wissenschaftliches Lehrbuch. Sie sagt uns nicht, wie der Himmel funktioniert, sondern wie man dort hin kommt.
(George Coyne, Astronom der päpstlichen Sternwarte, Bild der Wissenschaft 4/1995, S,68f.)

 

Jacques Monod (1910-1976)

·   (Nobelpreis Medizin; Existenzialismus, im Vorspann des Buches ein Text von Albert Camus: Der Mythos von Sy­siphos)
die großen Schöpfungen der Evolution;
Das Wunder wurde zwar „erklärt“, doch bleibt es für uns immer noch ein Wunder.;
Das Universum trug weder das Leben, noch trug die Biosphäre den Menschen in sich. Unsere „Losnummer“ kam beim Glücksspiel heraus.;
Wenn er diese Botschaft in ihrer vollen Bedeutung aufnimmt, dann muss der Mensch endlich aus seinem tau­send­jährigen Traum erwachen und seine totale Verlassenheit, seine radikale Fremdheit erkennen. Er weiß nun, dass er seinen Platz wie ein Zigeuner am Rande des Universums hat, das für seine Musik taub ist und gleichgültig gegen seine Hoffungen, Leiden oder Verbrechen.;
Letzter Satz:
Der Alte Bund ist zerbrochen; der Mensch weiß endlich, dass er in der teilnahmslosen Unermesslichkeit des Uni­ver­sums allein ist, aus dem er zufällig heraustrat. Nicht nur sein Los, auch seine Pflicht steht nirgendwo geschrie­ben. Es ist an ihm, zwischen dem Reich und der Finsternis zu wählen.
(Monod 17, 116, 124, 129, 151, 157)

 

Manfred Eigen

·   (Evolutionstheoretiker, Nobelpreis Che­mie 1975)

·   Gegen-These zu Jaques Monod („Zufall und Notwendigkeit“): „Naturgesetze steuern den Zufall“ (so der Untertitel sei­nes Buches)

·   ... dass Ethik und Erkenntnis nicht beziehungslos nebeneinander stehen dürfen; doch verstehen wir darunter eher ei­nen Auftrag an die großen Religionen und nicht gleich deren Verdammung. „So wenig die Naturwissenschaften ei­nen Gottes­be­weis hergeben, so wenig postulieren sie etwa, dass der Mensch eines Gottesglaubens nicht be­darf.“;
Der Göttinger Physiker Pohl pflegte in seinen Vorlesungen nach Klarlegung eines Sachverhalts zu sagen: „Und dar­über kann man sich gar nicht genug wundern.“ ...;
Der Mensch ist bestrebt, „Wunder“ sogleich einzuordnen. Er versieht sie mit einem Adjektiv und weist ihnen damit einen Platz in seiner Weltanschauung zu:
   unbegreiflich    Gott       Religion
   gesetzmäßig –  Materie –  Dialektik
   zufällig            Nichts   -   Existentialismus.
Diese Kombinationen sind keineswegs fixiert, die Begriffe können ohne weiteres auch in anderer Weise in Bezie­hung gebracht werden: (z.B.) Gott und Naturgesetz: „Ich glaube an den Gott Spinozas, der sich in der Harmonie al­les Seins erweist, nicht an einen Gott, der sich mit den Schicksalen und Handlungen von Menschen befasst.“ (Ein­stein);
Das Leben ist weder Schöpfung noch Offenbarung, es ist keines von beiden, weil es beides zugleich ist.
(Manfred Eigen/Ruthild Winkler: Das Spiel, Piper 1983, S. 13, 190ff)

 

weitere Splitter:

 

·   (90) Denn auch in der Naturwissenschaft hat die Stimmung bei manchen umgeschlagen: statt des früheren Fortschritts­enthusiasmus, der die Religion durch Wissenschaft meinte ersetzen zu können, heute ein oft eher trost­loses Bekenntnis zu Gott- und Sinnlosigkeit von Welt und Mensch
(Hans Küng: Der Anfang aller Dinge, Piper München, 2005)

·   Konrad Lorenz: „Wenn ich den Menschen für das endgültige Ebenbild Gottes halten müsste, würde ich an Gott irre werden. Wenn ich mir aber vor Augen halte, dass unsere Ahnen in einer erdgeschichtlich betrachtet erst jüngst ver­gangenen Zeit ganz ordinäre Affen aus nächster Verwandtschaft der Schimpansen waren, vermag ich einen Hoff­nungsschimmer zu sehen. Es ist kein allzu großer Optimismus nötig, um anzunehmen, dass aus uns Menschen noch etwas Besseres und Höheres entstehen kann. Weit davon entfernt, im Menschen das unwiderruflich unüber­treffliche Ebenbild Gottes zu sehen, behaupte ich bescheidener und. wie ich glaube, in größerer Ehrfurcht vor der Schöpfung und ihren unerschöpflichen Möglichkeiten: Das langgesuchte Zwischenglied zwischen dem Tier und dem wahrhaft humanen Menschen sind wir.“
(Ulrich Lüke: Das Säugetier von Gottes Gnaden, Evolution-Bewusstsein-Freiheit, Herder Freiburg  2006, S.122)

·   Offene Naturwissenschaft – gelesen in Schullehrbüchern:
(a) Wissenschaftstheorie
„Das naturwissenschaftliche Weltbild kann nur ein Teilbild der Welt sein, und es kann nur ein vorläufiges Bild sein ...Was ist der Sinn und das Ziel dieser Welt, des menschlichen Da­seins? Was steckt hinter dem, was die Naturwis­senschaft als „Zufall“ beschreibt? ... Solche Fragen las­sen sich mit den Mit­teln der Natur­wissenschaft nicht lösen, Antworten darauf sind dem persönlichen Glauben überlassen.“
(Linder Biologie; Bayerhuber/Kull: Lehrbuch für die Oberstufe, Stuttgart 1994)
(b) Kosmologie – Urknall
„Was oder wer hat die Ausgangsbedingungen gesetzt? ... physi­kali­sche Letztbegrün­dungen sind nicht möglich ...
Man kann das Auftauchen der Energie als „Schöp­fungsakt“ aus dem „Nichts“ im Sinne der christlichen Religion deuten ...
Das Urknall-Modell schließt einen „Schöpfer“ nicht aus ...
Hat unser Leben in diesem Universum einen Sinn? Eine Ant­wort kann nicht aus den physi­kalischen Erkenntnissen abgelei­tet werden.“
(W. Kuhn: Physik, Klasse 12/13 Band 2, Westermann, 1992)

·   (71ff) Gottfried Wilhelm Leibniz: „Wenn Gott rechnet und den Gedanken ausführt, entsteht die Welt.“;
Utopie einer durchgängig rational kontrollierten Welt;
L. war der Meinung, dass wir in der „besten aller möglichen Welten“ leben; Da Gott nur vollkommen agieren kann, muss die Welt wenigstens die Möglichkeit zur Vervollkommnung besitzen. Die Idee der besten Welt stellt also die Aufforderung dar sie so zu machen. Die perfectio kann erreicht werden, weil Gott die perfectibilitas – die Fähigkeit dazu – vorgegeben hat;
Grundprinzip, dass nichts ohne zureichenden Grund geschieht, womit sowohl Ursachen (causae) als auch Begrün­dungen (rationes) gemeint sind, in diesen großen Rahmen muss Gott mit eingeschlossen werden;
in der Natur gibt es keine Lücken; „Die Natur macht keine Sprünge“;
im Zweiersystem gibt es zwei Ziffern: 0 und 1. Von rechts (oder hinten) gelesen gibt die erste Ziffer die Einser, die zweite Ziffer die Zweier, die dritte Ziffer die Vierer usw. an. 1000 würde im Zweiersystem 8 lauten, und 111 hieße 7;
Schöpfungsgeschichte nach Leibniz: „Zu Beginn des ersten Tages war die 1, das heißt Gott. Zu Beginn des zweiten Tages die 2, denn Himmel und Erde wurden während des ersten Tages geschaffen. Schließlich zu Beginn des sie­benten Tages war schon alles da; deshalb ist der letzte Tag der vollkommenste und der Sabbat, denn an ihm ist al­les geschaffen und erfüllt, und deshalb schreibt sich die 7 [im dualen System] 111, also ohne Null ... dass seine Charaktere [111] einen Bezug zur Dreifaltigkeit haben.;
(282) Biologe Jean Piaget: liest 1912 Buch von Henri Bergson „Schöpferische Entwicklung“, dieser schlägt darin eine besondere Lebenskraft vor (elan vital), Deutung Bergsons:
“Ich erinnere mich an einen Abend, an dem ich eine tiefe Offenbarung erfuhr: die Identifikation  Gottes mit dem Le­ben selbst war ein Gedanke, der mich fast zur Ekstase aufwühlte, weil er es mir erlaubte, von nun an in der Biologie die Erklärung aller Dinge und des Geistes selbst zu sehen.“
(Ernst Peter Fischer: Leonardo, Heisenberg & Co., Piper TB München 2004)

 

Verhältnisbestimmung von Gott und Natur

Theismus

Glaube an einen persönlichen,

von außen auf die Welt (Natur) einwirkenden Schöpfergott

Panentheismus

Die Welt ist in Gott eingeschlossen

Deismus

Gott hat die Welt zwar geschaffen,

übt aber keinen Einfluss (mehr) auf sie aus

Pantheismus

Gott ist mit der Welt identisch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„ ... dann passiert ein Wunder.“

 

„Ich denke, Sie sollten hier bei

 Schritt 2 etwas präziser sein.“

 

 

 

 

Literatur: (soweit nicht direkt im Text ausführlich angegeben):
Hans-Peter Dürr (Hrsg.): Physik und Transzendenz, Scherz, Bern 1988

·   Ernst Peter Fischer: Aristoteles, Einstein  Co., Piper, München 2005

·   Hubert Muschalek: Gottbekenntnisse moderner Naturforscher, Mo­rus, Berlin 1954

·   Helmut Aichelin, Gerhard Liedke (Hrsg.): Naturwissenschaft und Theologie, Neukirchener Verlag, 1974

·   Albert Einstein: Mein Weltbild, Ullstein 1962)

·   Steven Weinberg: Die ersten drei Minuten, dtv 1982

·   Jacques Monod: Zufall und Notwendigkeit, dtv 1982

·   Stephen Hawking: Ist alles vorherbestimmt? rororo 1993

·   Eugen Drewermann: Im Anfang ..., Walter, Düsseldorf, 2002

·   Eugen Drewermann: Der sechste Tag, Walter Düsseldorf 1998

·   Eugen Drewermann: ... und es geschah so, Walter, Düsseldorf 1999

·   Stephen Hawking: Die illustrierte kurze Geschichte der Zeit, Ro­wohlt 1997

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„theo-ria“             heißt auf griechisch: Gottes-Anschauung