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Mit BIOENERGIE
gegen Klimawandel
und Rohstoffverknappung?
Chancen und Grenzen bei der Nutzung
nachwachsender Rohstoffe
Das Thema
signalisiert mit zwei Stichworten wichtige Probleme unserer Tage: der
fortschreitende Klimawandel und die begrenzte Verfügbarkeit wichtiger
Energieträger. Das Unterthema dagegen weist auf einen möglichen Ausweg hin:
Besteht in einer intensiven Nutzung nachwachsender Rohstoffe (Pflanzen, ihre
Produkte und Abfälle) eine realistische Möglichkeit, gegenzusteuern?
Wir
beginnen mit einem Blick auf die Wirklichkeit unserer Welt im Jahre 2009. Ein
paar Daten und Fakten sollen den Zustand charakterisieren und die Problemlage
deutlich machen.
In den
letzten Jahren ist deutlich geworden, dass weltweite Entwicklungen und
Verflechtungen eine wichtige Rolle spielen.
In der
folgenden Grafik ist die Entwicklung von drei wichtigen Größen im letzten
Jahrhundert wiedergegeben, die zueinander in Beziehung stehen. So haben sich
die Weltbevölkerung (in Milliarden Menschen), die wachsende Wirtschaftskraft
der Gesellschaften (Energieeinsatz als Motor der Entwicklung; in Milliarden
Tonnen Steinkohleeinheiten pro Jahr) und die damit verbundenen
Umweltauswirkungen (das Gas Kohlendioxid, das bei der Verbrennung von Kohle, Öl
und Gas freigesetzt wird und eine der wichtigsten Ursachen für die weltweite
Erwärmung ist; hier in Milliarden Tonnen Ausstoß pro Jahr) entwickelt.
Milliarden Primärenergie- Weltbevölkerung Kohlendioxid-
(CO2:Tonnen/Jahr;
Energie:Tonnen SKE;
Bevölk.: Menschen)
Verbrauch
Ausstoß
Dreimal
Wachstum – mit Folgen!
Die Zahl der Menschen ist in reichlich hundert Jahren von 1,5 auf mehr als 6
Milliarden Menschen gestiegen, hat sich also vervierfacht. Der Energieverbrauch
der Menschheit ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts viel schneller gewachsen als
die Zahl der Menschen. Noch schneller hat der Ausstoß des klimaschädlichen
Gases CO2 zugenommen, der auf das 12-fache angestiegen ist.
Hier
zunächst noch ein paar genauere Angaben zur Entwicklung der drei Größen:
a) Entwicklung der Weltbevölkerung
Entwicklung der Weltbevölkerung
(Deutsche Stiftung
Weltbevölkerung)
Jahr à Kontinent ↓ |
1960 Bevölkerung
|
2007 |
2050 |
Nordamerika |
|
339 |
445 |
Lateinamerika / Karibik |
|
572 |
769 |
Europa |
|
731 |
664 |
Afrika |
|
965 |
1.998 |
Asien |
|
4.030 |
5.266 |
Ozeanien |
|
34 |
49 |
WELT |
3.000 |
6.700 |
9.200 |
Seit 1960
hat sich die Zahl der Menschen auf unserem Planeten mehr als verdoppelt, und
sie wird – wenn es uns gelingt, alle zu ernähren und mit dem Lebensnotwendigen
zu versorgen – bis Mitte des begonnen Jahrhunderts auf über 9 Milliarden
anwachsen. Damit dürfte dann der Gipfelpunkt der Entwicklung erreicht sein. Der
zahlenmäßig größte Zuwachs findet derzeit in Asien und Afrika statt.
b) Entwicklung des globalen
Energieverbrauchs
Aus der
Grafik wird folgendes deutlich:
Der
Energiebedarf der Menschheit wird in unseren Tagen noch immer zu mehr als drei
Vierteln aus den herkömmlichen „fossilen“ (in der Erdgeschichte abgelagerten)
verbrennbaren Energieträgern Kohle, Öl und Gas gedeckt. Wir leben also weder im
Atomzeitalter (die Kernspaltung trägt nur mit 6% zur Energieversorgung bei)
noch sind wir im Zeitalter der Erneuerbaren Energien angekommen. Diese
erreichen zwar einen Anteil von 13%, aber dabei ist nicht an hochmoderne
Solartechnik oder an Windkraftanlagen zu denken. Hierbei handelt es sich –
neben einem Anteil von 6% Wasserkraft - um die Hauptenergieträger der Menschen
in armen Ländern: mehr als 2 Milliarden Menschen haben ausschließlich Holz oder
getrockneten Dung als Brennstoffe zur Verfügung.
Für
Deutschland stellt sich die Verteilung auf verschiedene Energieträger
grundsätzlich ähnlich dar:
Auch
Deutschland ist noch mehrheitlich auf die herkömmlichen fossilen Energieträger
angewiesen. Zusätzlich sei angemerkt, dass der deutsche Energieverbrauch zu 75%
mit Energieträgern gedeckt wird, die nicht im Inland zur Verfügung stehen und
importiert werden müssen (daraus resultiert letztlich eine erhebliche
wirtschaftliche und politische Abhängigkeit). Der Anteil erneuerbarer Energien
ist in wenigen Jahren von 2% auf 6% angestiegen – Resultat einer erfolgreichen
Förder-Politik.
Energiereserven weltweit
(Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe,
ÖkoTest 3/07 S.131; Angaben in Millionen Tonnen Öleinheiten)
Energie |
Förderung
2005 |
Reserven* |
Reichweite
in Jahren (Reserven geteilt durch derzeitigen
Jahresverbrauch) |
Ressourcen** |
Erdöl |
3.896 |
161.000 |
41 |
82.000 |
Ölsand |
135 |
66.000 |
489 |
250.000 |
Erdgas |
2151 |
136.000 |
63 |
157.000 |
Steinkohle |
2930 |
438.000 |
149 |
2.499.000 |
Braunkohle |
220 |
49.000 |
223 |
243.000 |
Uran |
404 |
19.000 |
47 |
126.000 |
*Reserven: Vorräte sicher vorhanden; nach
heutigen Kriterien wirtschaftlich gewinnbar
**Ressourcen:
Vorräte nach
geologischen Erfahrungen vermutet; wirtschaftliche Gewinnung ???
An der
vorstehenden Aufstellung zeigt sich, dass die herkömmlichen Hauptenergieträger
nur begrenzt (zeitlich und von der Menge her) zur Verfügung stehen. Die
Reserven bei Öl oder Gas würden beim heutigen Verbrauch nur noch wenige
Jahrzehnte reichen. Auch Uran, der Rohstoff für die Kernspaltung, so wie sie
heute technisch betrieben wird, hat nur eine rechnerische Reichweite von
Jahrzehnten, nicht etwa Jahrtausenden! Energierohstoffe, die knapper werden, werden
in Zukunft auch immer teurer sein.
c) Das „Abfallgas“ Kohlendioxid ist
eine wesentliche Ursache
für den Klimawandel
Das Leben
von uns Menschen, unsere wirtschaftliche Tätigkeit, haben Auswirkungen auch auf
die globale Umwelt. Ein Beispiel ist die Freisetzung von Kohlendioxid in die
Atmosphäre. Das Gas hat dort eine Verweildauer von vielen Jahren, seine
Konzentration nimmt ständig zu und führt zu einem Temperaturanstieg, zu
Klima-Veränderungen. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der
Durchschnittstemperatur auf der Erde. Der Erwärmungstrend hat in der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich an Dynamik zugenommen. Die 10 wärmsten
Jahre des beobachteten Zeitraums sind in dichter Folge in den letzten Jahren
aufgetreten.
Dass die
Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre eine wesentliche Ursache für den
Temperaturanstieg darstellt, wird aus der darunter abgebildeten Entwicklung
deutlich, die zeitlich den gleichen Zeitraum darstellt.
globale Durchschnittstemperatur im Zeitraum von 1861
bis 2005
.Kohlendioxid-Konzentration in der
Atmosphäre:
Den
Hintergrund für unser Thema bilden also drei „große“ Probleme. Drei Größen
wachsen – und das stellt uns vor erhebliche Herausforderungen:
Eine weiter zunehmende Zahl von Menschen muss mit den lebensnotwendigen Dingen
versorgt werden, um menschenwürdig leben zu können. Es geht darum, auch in
Zukunft genügend Energie bereitzustellen, um Wirtschaftsprozesse in Gang zu
halten und Produktion zu sichern. Und wir müssen gleichzeitig dafür sorgen,
dass die Auswirkungen unserer Lebens- und Wirtschaftsweise auf die Umwelt
beherrschbar bleiben.
Unsere Heimat Erde
Globale Fragestellungen - das heißt aber im Wortsinne: es geht um
die Erde, die unsere Heimat ist, um die Welt, auf der und von der wir leben.
Für Christen geht es um Gottes gute Schöpfung.
Die Erde - unser blauer Planet, der Leben trägt. Seit Astronauten
uns Fotos mitgebracht haben, wissen wir, dass unser Planet nicht nur
faszinierend aussieht, sondern dass er mit etwas Abstand betrachtet auch klein
und verletzlich wirkt. Unsere Existenz in der unermesslichen Weite des
Weltalls ist ein kostbares Geschenk, aber auch gefährdetes Dasein.
Ich erlebe die Erde als wohnliche Heimat.
Es ist eine gute Erfahrung, die ich jeden Tag neu mache: dass ich leben darf
inmitten ungezählter anderer Arten von Leben, das es alles das gibt, was ich
zum Leben brauche: Luft, die ich atmen kann, Wasser, das meinen Durst stillt,
das tägliche Brot, das auf fruchtbaren Feldern wächst, Energie zum Leben (die
von der Sonne kommt). Das Geschenk meines Daseins erfüllt mich mit Dankbarkeit
– und es bedeutet zugleich Verantwortung.
Nach biblischem Verständnis sollen wir Menschen als Haushalter die Güter dieser
Erde fürsorglich verwalten. Die Welt ist dem Menschen anvertraut. Er darf sie
entdecken und er darf sie umgestalten und nutzen, aber die Erde soll ein Garten
bleiben und nicht unter der Hand des Menschen zur Wüste werden.
Der Auftrag Gottes an den Menschen
„Und Gott segnete die Menschen und sprach zu ihnen:
Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde
und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über
die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf
Erden kriecht.“
(1. Buch Mose 1,28)
Der Mensch im Garten Gottes
„Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn
in den Garten Eden, damit er ihn bebauen und bewahren sollte.“
(1. Buch Mose 2,15)
Wie kann es uns
gelingen, die Welt zu gestalten und sie zugleich als lebenswerte Heimat zu
erhalten und zu bewahren?
Ein im
Zusammenhang mit unserem Thema viel diskutierter Vorschlag lautet, doch auf
Kohle, Erdöl und Erdgas zu verzichten und stattdessen erneuerbare Energien zu
nutzen, z.B. nachwachsende Rohstoffe. Das ist nahe liegend, denn erneuerbare
(regenerative) Energieträger zeichnen sich dadurch aus, dass sie ständig neu
zur Verfügung stehen, grundsätzlich unerschöpflich sind, anders als bei Kohle
oder Öl, die als Vorräte in den Tiefen nur einmal vorhanden sind und sich
(jedenfalls in den für uns interessanten Zeiträumen) nicht neu bilden.
Heute schon
bekannt, aber in ihren Potenzialen noch längst nicht ausgeschöpft, handelt es
sich vor allem um folgende Energieträger:
Eine
weitere Möglichkeit, die in den letzten Jahren heiß diskutiert wird, ist die
Nutzung der Energie, die in chemischer Form in der Biomasse von Lebewesen
gespeichert ist: Bio-Masse = Bio-Energie.
Meist handelt es sich um in den Zellen von Pflanzen gespeicherte Sonnenenergie.
Pflanzen nehmen in ihrem Stoffwechsel das Gas Kohlendioxid aus der Luft auf und
wandeln es mithilfe von ultravioletter Strahlung (Photosynthese) unter
Beteiligung von Wasser und Nährsalzen in organische Kohlenstoffverbindungen um
(z.B. Zuckermoleküle, Stärke). In diesen Stoffen ist die aufgenommene Energie
quasi chemisch gespeichert. Andere Lebewesen, die Pflanzenteile fressen, können
diese Energie in ihrem Stoffwechsel verfügbar machen. Und wenn die
Pflanzenreste in natürlichen Prozessen verrotten oder verbrannt werden, wird
das gesamte Kohlendioxid, das einmal aufgenommen und „eingebaut“ wurde, wieder
freigesetzt. Die gleiche Gasmenge, die anfangs der Atmosphäre entzogen wurde,
wird wieder zurückgegeben, das Kohlendioxid durchläuft in der Natur einen
Kreislauf. Wenn pflanzliche Produkte „zwischendurch“ noch vom Menschen für
Energiezwecke genutzt werden (Kohlenstoffverbindungen lassen sich verbrennen,
zu Alkohol vergären usw.), wird kein zusätzliches CO2 freigesetzt, d.h.
Biomassenutzung ist im Prinzip „klimaneutral“.
Die Parolen
unserer Zeit heißen, mutmachend oder provozierend:
Mit Weizen heizen
Kornkraft statt Kernkraft
Schilfgras statt Atom
Wächst in
Zukunft ein wesentlicher Teil unserer Energieträger auf dem Acker, BIOlogisch
hergestellt, naturnah, können wir uns in Zukunft mit eigenen Energieträgern
selbst versorgen?
Was spricht
dafür, mit Weizen zu heizen?
•
Ein Liter Heizöl kostet derzeit etwa 65 Cent.
•
Der gleiche Energiegehalt steckt (bei der Verbrennung)
in 2,5 Kilogramm Getreide.
•
Das Getreide kostet aber nur 35 Cent …
•
Es ist also rechnerisch, was den Brennstoff
anbelangt, durchaus lohnend, mit Weizen zu heizen!
Viele
Menschen reagieren spontan und grundsätzlich abwehrend auf solche Vorschläge.
Angesichts des Hungers in der Welt erscheint die Vorstellung unverantwortlich.
Man sollte
sich an dieser Stelle immerhin deutlich machen, dass noch vor hundert Jahren
ein Viertel der Ackerfläche in Deutschland zum Anbau von Futter für Zugtiere
(Energie, „Treibstoff“ für Pferde) genutzt wurde. Auch heute wird ein
wesentlicher Anteil der Feldfrüchte Raps und Kartoffeln nicht für die
menschliche Ernährung angebaut, sondern daraus werden technische Produkte
hergestellt (Alkohol für chemische Industrie oder als Benzin-Zusatz, Stärke).
Wenn wir
aber demnach längst grundsätzlich JA sagen zum Anbau von nachwachsenden
Rohstoffen auf landwirtschaftlichen Flächen für die technische und energetische
Nutzung, dann darf und muss wesentlich nach wirtschaftlichen Kriterien
ausgewählt werden – und das kann bedeuten, dass Weizen, Mais oder Raps auch als
Energieträger angebaut werden! Gesichert sein muss dabei natürlich immer, dass
keine Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung auftritt und dass der Anbau
umweltverträglich stattfindet.
Wir wollen den Fragen etwas genauer nachgehen:
Kann man, darf man
•
mit Palmöl Auto fahren ?
•
Mais zur Biogas-Gewinnung anbauen ?
Wie steht
es um die technischen Möglichkeiten und Potenziale?
Wie sieht
es mit der Umweltverträglichkeit aus?
Ergibt sich
ein Konflikt durch die Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln?
A) Technisch-ökonomische
Möglichkeiten bei der Nutzung der Biomasse
Die
folgende Tabelle zeigt zunächst einige grundsätzliche Möglichkeiten der Nutzung
von Biomasse auf.
(Biomasse = in Pflanzenzellen gebildete kohlenstoffhaltige chemische
Verbindungen wie Holz, Stroh, Blätter, Früchte, Knollen …)
Wie Biomasse genutzt werden kann:
•
Abfälle (Stroh, Durchforstungs-Holz)
oder
gezielter Anbau von Energie-Pflanzen
•
Nutzung nur von Teilen der Pflanze (z.B. Früchte)
oder
Nutzung der gesamten Pflanze
•
(direktes) Verbrennen von Pflanzen(teilen)
oder
Nutzung nur von bestimmten (veredelten) Produkten (z.B. gepresste Öle: à „Biodiesel“)
oder
Vergären, chemische Umwandlung der Biomasse (à Biogas oder à „Biosprit“ (Alkohol)
Die
nutzbaren Potenziale werden sehr unterschiedlich eingeschätzt. Dabei besteht
ein großer Unterschied zwischen dem, was theoretisch (rein rechnerisch) machbar
wäre, und dem, was bezahlbar und was verantwortbar ist.
Hier eine
euphorische Meldung, die viele Probleme lösen könnte und EU-Europa auch noch
unabhängig machen würde von Importen aus Russland:
Biogas-Potenzial Europa
(Institut für Energetik Leipzig:)
Für Europa könnte Biogas rechnerisch den gesamten gegenwärtigen Erdgasverbrauch
in Europa ersetzen;
dabei ist die Nahrungsmittelversorgung weiter sichergestellt; von 202 Millionen
Hektar europaweit bleiben nach Abzug der „Brotflächen“ 58 Millionen Hektar
übrig;
darauf könnten 470 Millionen Kubikmeter Biogas erzeugt werden (das entspricht
70% der russischen Erdgasförderung);
(MOBIL, Magazin der Deutschen Bahn, 5/2007, S.64ff.)
Ich lese
das mit Skepsis.
Vertreter
von Greenpeace z.B., denen man hier gerade positive Erwartungen zutrauen würde,
gingen kürzlich in ihren Schätzungen von sehr viel niedrigeren Erwartungen aus:
die Biomassenutzung könne weltweit maximal verdoppelt werden. (taz 19.11.07)
Das
Bundesumweltministerium setzt seine Erwartungen für Deutschland wie folgt an:
Langfristige Nutzungs-Potenziale von Biomasse in
Deutschland
(Angaben in TWh/a;
BMU: „Erneuerbare Energien“ Juni 2010)
Gesamter Energieverbrauch Deutschland 2005 .. 2710
TWh
Verwendung von Biomasse 2005 …………………. 144 TWh
langfristig erschließbares Potenzial ……………… 310 TWh
Wenn man
genauer nachrechnet, könnten wir selbst bei größten (unrealistischen)
Anstrengungen nur einen Teil der derzeit benötigten Treibstoffe auf deutschen
Äckern erzeugen.
Ersatz von Mineralölprodukten in Deutschland durch Biokraftstoffe ?
Verbrauch
2001 Summe
aller Kraft- und Treibstoffe: (Milliarden
Liter) |
Modellrechnung
1: gesamte
Ackerfläche in Deutschland: Anbau von
Raps |
Modellrechnung
2: Anbau von
Mais |
107 Milliarden Liter |
17 Milliarden Liter |
60 Milliarden Liter |
Man könnte
rein rechnerisch – je nach Rohstoff – bei Nutzung der gesamten Ackerfläche in
Deutschland 1 Zehntel (Rapsöl) oder reichlich die Hälfte (Biogas) des heutigen
Verbrauchs an Treibstoffen (das ist nur ein Teil der insgesamt in der
Volkswirtschaft benötigten Energie!) erzeugen. Realistisch könnte
wahrscheinlich die deutsche Landwirtschaft die Energie, die sie selbst
benötigt, auf einem Teil der Ackerfläche selbst erzeugen, ohne dass erhebliche
Nutzungskonkurrenz auftreten würde. Das wäre etwa der Anteil, der früher für
die „Energieversorgung“ der Zugtiere freigehalten werden musste. So einfach
wird es also nicht sein, dass alle Autofahrer mit Biosprit vom Acker fahren -
hierfür müssen andere Lösungen gefunden werden.
Mit der
folgenden Tabelle soll verdeutlicht werden, dass es einen großen Unterschied
macht, welche Pflanzen man wo anbaut. Der Ertrag, der jährlich auf einem Hektar
Land erzielt werden kann, variiert erheblich.
Anbau von
Energie-Pflanzen
Jahresertrag je Hektar Ackerland (Angaben in Liter Heizöl-Äquivalent)
Verwendung |
Liter Heizöl |
Holzpellets
(zur Verbrennung im Kessel) |
4750 |
Biodiesel
aus Raps |
1400 |
Bioethanol
aus Getreide |
1700 |
Bioethanol
aus Zuckerrüben |
4100 |
Biogas
aus Mais |
5000 |
Bioethanol
aus Zuckerrohr (Brasilien) |
6000 |
Palmöl
(Indonesien) |
6000 |
Der Anbau von
Raps und Getreide (unter deutschen Klimabedingungen) lohnt demnach wenig. Beide
Pflanzen stellen nur ein Drittel der Energiemenge zur Verfügung, die man von
der gleichen Fläche erntet, wenn dort kontinuierlich Holz eingeschlagen und
einfach, wenn auch technisch anspruchsvoll, verbrannt wird. Als wesentlich
effektiver zeigt sich in unseren Breiten der Anbau von Mais mit anschließender
Vergärung zu Biogas, das in Gasnetze eingespeist, für Heizzwecke genutzt,
verstromt oder in Automotoren verwendet werden kann. In der Flächenauslastung
unschlagbar sind Pflanzen, die unter tropischen Bedingungen grundsätzlich das
ganze Jahr über wachsen. Allerdings fehlen die Anbauflächen für Zuckerrohr in
Brasilien für die Erzeugung von Nahrungsmitteln für die einheimische Bevölkerung,
und in Indonesien werden neue Flächen für Plantagen mit Ölpalmen angelegt,
indem man dramatische und irreparable Schäden an der Umwelt in Kauf nimmt.
B) Die
Nutzung von Biomasse – mögliche Auswirkungen auf die Umwelt
Wenn Pflanzen als Energieträger angebaut werden, richtet sich das
Augenmerk verständlicherweise zunächst auf maximale Erträge. Dabei können sich
aber Risiken und Nebenwirkungen ergeben, die den eigentlich gewünschten Effekt
(BIO, Umwelt- und Klimaschutz) wieder in Frage stellen.
Einige Problemanzeigen seien hier aufgelistet:
Werbung www.chemie-macht-zukunft.de
;
Warum Gras bald Gold wert ist …
Dank Gentechnik lassen sich künftig alle Bestandteile einer Pflanze zu Biosprit
verarbeiten.
(Der Spiegel 30/07 S. 65)
In Studien wurde gezeigt, dass für viele Energiepflanzen der Aufwand an
Energie für Herstellung der Chemikalien für Düngung und Pflanzenschutz wie für
die Transport- und Bearbeitungstechnik in der Landwirtschaft den erhofften
Energiegewinn praktisch wieder „auffrisst“, und dass die Umweltbelastungen
unter Umständen höher sind, als wenn man normale mineralische Treibstoffe
(Benzin oder Diesel) eingesetzt hätte.
Immer am besten in solchen Bilanzen schneiden Abfall- und Reststoffe
als Bioenergieträger ab (Altspeiseöl, Holz, Klärschlamm, Bioabfall, Gülle).
Damit Bioenergie wirklich als nachhaltig gelten kann, muss sie also eine Reihe von Bedingungen erfüllen:
•
ihre Nutzung muss innerhalb der Grenzen der
Regenerierbarkeit erfolgen (keine Abholzung von Wäldern)
•
sie darf die Biodiversität (Artenvielfalt) nicht
beeinträchtigen
•
die Verschmutzung (Boden, Wasser, Luft) muss
akzeptabel sein.
C) Der Anbau von Energiepflanzen in
Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion:
„Voller Tank“ oder „voller Teller“?
Erst in letzter
Zeit ist deutlich geworden, dass ein großangelegter Anbau von Energiepflanzen
durchaus in Konkurrenz zur Nahrungsmittelversorgung treten kann.
Ackerfläche
ist ein knappes Gut, das nicht vermehrt werden kann (1 Millimeter Ackerkrume
benötigt einige hundert Jahre für seine Bildung, und derzeit schon geht
weltweit jährlich mehr Ackerland verloren, als neu kultiviert werden kann).
So
konkurrieren mehrere Interessenten um die gleiche Fläche.
Mit dem Ertrag von 1 Hektar Ackerland (darauf wachsen
in Deutschland 7200 kg Weizen)
können
•
18 Menschen ein Jahr lang ausreichend mit dem „täglichen Brot“ versorgt
werden (Kilokalorien)
oder
•
2 PKW in Deutschland ein Jahr lang fahren (Bioalkohol, 10.000 km)
Es gibt auf
der Erde derzeit etwa 800 Millionen Menschen, die Autofahrer sind, also Zugang
zu einem PKW haben, und es gibt etwa gleich viele Menschen, die nicht genug zu
essen haben. Die reichen Autofahrer haben aber viel mehr Kaufkraft … Man kann
offenkundig die Lösung des Konfliktes, der sich hier zeigt, nicht allein dem
MARKT überlassen.
An dieser
Stelle ist noch eine Ergänzung notwendig.
Aus Pflanzen kann man wahlweise FOOD (Nahrungsmittel für menschliche
Ernährung), FUEL (Energierohstoffe) oder FEED
(Futtermittel) machen.
Es gibt schon länger die hier als letztes aufgeführte Nutzungsart, die mit der
Nahrungsmittelerzeugung in Konkurrenz steht. Das ist die Erzeugung von
Futtermitteln für Nutztiere des Menschen.
Als
Viehfutter werden weltweit eingesetzt:
40
Prozent der Getreideproduktion
30
Prozent der Fischfangerträge
60 - 70
Prozent der Ölsaaten
35 - 40
Prozent der Milch-Produkte
Die
Ernährungsgewohnheiten in vielen Ländern ändern sich derzeit dramatisch: Immer
mehr Menschen in Indien oder in China begehren tierische Nahrungsmittel wie
Milch, Fleisch, Eier.
Der
dreifache Druck auf den Markt pflanzlicher Erzeugnisse der Landwirtschaft hat
weltweit schon zu spürbaren Preisveränderungen geführt:
Preisentwicklung bei
Nahrungspflanzen
(Dollar je Scheffel
= 36 Liter)
Pflanze |
Preis an der Börse |
Preis an der Börse |
Weizen |
5 |
10 |
Mais |
3,6 |
5,0 |
Soja |
7,5 |
13 |
In einigen
Ländern kam es zu Unruhen, weil Grundnahrungsmittel für die ärmeren Schichten
unbezahlbar wurden. Mexiko z.B. importiert einen Großteil seines
Grundnahrungsmittels Mais aus den USA. Dort aber bauen immer mehr Farmer Mais
für Biogasanlagen an. Die Maistortillas in Mexiko kosteten plötzlich das
Dreifache!
Ergänzend
zu der in der Tabelle dargestellten dramatischen Preisentwicklung muss gesagt
werden, dass der Bioenergie-Boom nicht der einzige Grund war, zusätzlich hatten
Spekulationen an den Börsen die Preise nach oben getrieben. Inzwischen waren
sie wieder deutlich gefallen, fast auf das Ausgangsniveau, seit 2010 steigen
die Preise erneut.
Mit BIO-Energie gegen
Klimawandel und Rohstoff-Verknappung ! ?
Um die Chancen und Grenzen bei der Nutzung nachwachsender Rohstoffe wird
weiter gestritten werden.
Lesetipps:
·
Ernährungssicherung vor Energieerzeugung - Kriterien für die nachhaltige
Nutzung von Biomasse
Eine Stellungnahme der Kammer der EKD für nachhaltige Entwicklung, EKD-Texte
95, 2008 http://www.ekd.de/download/ekd_texte_95.pdf
·
Wissenschaftlicher
Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen – WBGU – Factsheet
2/2009, Factsheet Bioenergie –
kompletter Text unter http://www.wbgu.de/veroeffentlichungen/factsheets/factsheet-12009/
·
Welt im Wandel – Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Wissenschaftlicher
Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, WBGU, Berlin, 388
Seiten
kostenlos bestellen unter: http://www.wbgu.de/wbgu_jg2008.html
Was ist Bioenergie?
Pflanzen nehmen mit Hilfe der Photosynthese Sonnenenergie auf und speichern sie
in Form von Biomasse. Dafür brauchen die Pflanzen Kohlendioxid aus der
Umgebungsluft sowie Wasser und Nährstoffe aus dem Boden. Biomasse ist also
gleichzeitig ein Energiespeicher und ein Kohlenstoffspeicher. Bioenergie kann
direkt durch Verbrennung von Biomasse, z. B. von Holz oder Stroh erzeugt werden.
Biomasse, z. B. aus Ernte- oder Küchenabfällen, kann auch in Biogas
umgewandelt und dann für die Erzeugung von Strom und Wärme eingesetzt werden.
Mit technischen Verfahren kann man aus Biomasse flüssigen Kraftstoff für den
Verkehr herstellen. Bei der energetischen Nutzung der Biomasse wird der
gespeicherte Kohlenstoff als Kohlendioxid wieder freigesetzt.
Wieviel Bioenergie kann weltweit produziert werden?
Bis zu 10% des globalen Energiebedarfs könnten langfristig durch Bioenergie
gedeckt werden. Das weltweite Potenzial der Bioenergie ist begrenzt, weil die
Landflächen auch für Ernährung und Naturschutz gebraucht werden. Im Energiesystem
spielen Energiepflanzen eine wichtige Rolle beim Übergang in eine von Wind- und
Solarenergie geprägte Zukunft.
Priorität sollte daher auf die Nutzung von Rest- und Abfallstoffen gelegt
werden, die weitaus problemloser sind als Energiepflanzen.
Die beste Klimaschutzwirkung erzielt Bioenergie bei der Verdrängung von Kohle
im Stromsektor und nicht als Kraftstoff im Verkehr.
Es sollten nur solche Nutzungen von Bioenergie gefördert werden, die auf
nachhaltige Weise zum Klimaschutz beitragen. Aus der Förderung flüssiger
Biokraftstoffe sollte daher ausgestiegen werden. Besonders förderungswürdig
ist die Nutzung der Bioenergie für Strom- und Wärmeerzeugung.
Über ein Drittel der Weltbevölkerung verbrennt Holz, Dung oder Ernteabfälle zum
Kochen oder Heizen im offenen Feuer. An den Folgen der Rauchentwicklung sterben
jedes Jahr 1,5 Mio. Menschen – mehr als an Malaria. Es gibt einfache und
preisgünstige Technologien der modernen Bioenergienutzung, mit denen der Zugang
zu Energie in der Stadt und auf dem Land verbessert werden kann. Durch den Einsatz
von effizienteren Kochherden kann der Holzverbrauch drastisch verringert
werden. Die Versorgungssicherheit steigt, die Gesundheitsrisiken sinken.
(Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung
Globale Umweltveränderungen – WBGU – Factsheet 2/2009, Factsheet Bioenergie –
kompletter Text unter http://www.wbgu.de/veroeffentlichungen/factsheets/factsheet-12009/