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„Grüne
Gentechnik“ auf dem Acker ?
Nahrungsmittel aus dem Gen-Labor ?
Der Einsatz gentechnischer Methoden
in der Landwirtschaft und bei der Nahrungsmittelherstellung
Inhalt:
1. Unser tägliches Brot
………………………………………………………….. 3
2. Die Gentechnik hält im Alltag Einzug
………………………………………. 4
3. Herstellung von Hilfs- und
Zusatzstoffen in der Lebensmittelindustrie …. 6
5. Gentechnik in der Anwendung bei
Tieren ………………………………… 8
6. Gentechnik in der Anwendung an
Pflanzen ………………………………. 9
7. Gentechnisch veränderte
Nahrungsmittel – Chancen oder Gefahren? . 10
8. Nahrung aus dem Genlabor? – Trends
und Perspektiven ……………... 13
9. Weitere Informationsquellen
……………………………………………….. 14
10. Anhang (Zitate,
Anwendungsbeispiele, Gesetze, Prüfkriterien) …….… 14
Bei
Ernährungsfragen geht es um „unser tägliches Brot“. Essen ist etwas
alltägliches, und doch geht es auch um etwas existenziell Not-wendiges, oft
spielt heute auch Genuss eine Rolle.
Hände, die Brot brechen – sie sind Symbol für
die Sehnsucht des Menschen, das Notwendige zum Leben zu haben. Vielleicht
haben wir uns ein Gefühl von Dankbarkeit erhalten, auch wenn wir genug zu essen
haben. Wir wissen, dass menschliche Arbeit nötig ist, aber wir wissen auch,
dass wir abhängig geblieben sind, z.B. davon, dass uns gedeihliches Wetter geschenkt
wird.
Und nun ertönt als letzter Schrei die Parole:
Essen aus dem Genlabor!
Für
manche Zeitgenossen ist das ein Jubelruf: Endlich können wir unsere
Nahrungsmittel maßgeschneidert verändern und in beliebiger Menge produzieren -
Krankheiten und Schädlingen zum Trotz!
Manche erleben den Ruf aber auch als
Bedrohung: Welche Neben- und Folgewirkungen für Mensch und Natur mag es haben,
wenn wir so tief und einschneidend in Lebensprozesse eingreifen?
Gentechnische Methoden in der Erzeugung
unserer Nahrungsmittel – das Thema erfreut sich seit Jahren großer Aufmerksamkeit.
Angesichts der Mitteilungen in den Medien kommt Aufregung auf, manchmal auch
gereizte Stimmung und Streit.
Bedeutet die Nutzung der Gentechnik
unverzichtbaren Fortschritt – oder werden wir zu Versuchskaninchen einer
Technik, die wir gar nicht brauchen?
Zeitungsmeldungen:
Gentomaten
erstmals auf dem US-Markt
Gen-Food – Hexenküche oder Schlaraffenland ?
„Heute
im Sonderangebot: Soja 1a manipuliert“
Tod im Maisfeld
Bier – gebraut mit gentechnischen Superhefen
Gen-Nahrung
heimlich im Supermarkt
Lösung des
Welthungerproblems durch die Gentechnik
Turbo-Kühe mit gentechnischem Wachstumshormon
Keine
Gentechnik auf Kirchenland
2. Die Gentechnik hält im Alltag
Einzug
Längst haben wir alle
praktische Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln
gemacht. Der „Butterfinger“ von Nestlé war (Ende der
1990er Jahre) das erste Produkt auf dem deutschen Markt, das nicht nur
gentechnisch veränderte Bestandteile enthielt, sondern bei dem diese Tatsache
auch (gleich in drei Sprachen) auf der Verpackung mitgeteilt wurde. Oder denken
wir an die Unruhe, die nach 1996 in sächsischen Dörfern aufkam, als Gentechnik
nicht mehr etwas Fremdes, Neues, ganz weit weg war – nun blühte gleich hinter
dem eigenen Gartenzaun auf Versuchsfeldern Raps mit gentechnisch veränderten
Eigenschaften.
Seit den 1990er Jahren hat sich ein Markt für
Agro-Biotechnologie entwickelt, der seine Produkte in ständig steigendem Umfang
in der Landwirtschaft und in der Nahrungsmittelbranche platzieren konnte.
Farmer – vor allem in den USA, Argentinien, Kanada und China - säen in immer
größerem Umfang neue Sorten von Soja, Mais, Baumwolle und Raps auf ihren
Feldern aus. Die weltweit mit gentechnisch veränderten Pflanzen bestellte
Ackerfläche nahm von 2 Millionen Hektar im Jahr 1996 auf 175 Millionen Hektar
im Jahr 2013 zu.
Der rasche
weltweite Anstieg des Anbaus transgener Pflanzen lässt vermuten, dass die
Landwirte von der Anwendung der Technologie wirtschaftlich profitieren
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Grüne Gentechnik, Wiley-Verlag
Weinheim, 2010, S.72)
Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen weltweit
(in
Millionen Hektar; zum Vergleich: 175 Mill. ha entsprechen etwa 13% der weltweiten
Ackerfläche;
die gesamte Fläche von Deutschland beträgt 35 Millionen Hektar;
Quelle: http://www.transgen.de/anbau/flaechen_international/531.doku.html
)
Die
Regale der Supermärkte – auch in Deutschland – enthalten seit einigen Jahren
Produkte, in denen gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten sind. Der
erwartete Siegeszug der neuen Nahrungsmittel ist in Europa jedoch bisher
ausgeblieben. Das lag vor allem an der Zurückhaltung sowohl der Verbraucher
als auch der Politik in vielen europäischen Ländern, schnell und vorbehaltlos
auf dem Zug in die Zukunft mitzufahren. Ab April 2004 gelten (auch unter Druck
aus den USA zustande gekommen) neue rechtliche Regelungen in der EU, die den
Einsatz und Verkauf gentechnisch veränderter Lebewesen und Nahrungsmittel auf
der einen Seite deutlich erleichtern, auf der anderen Seite aber auch (anders
als in den USA) relativ streng regeln.
In
Deutschland fand 2007 (wie dann auch 2008) der Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen auf einer Fläche von knapp 4000 Hektar statt (= 0,004 Millionen ha),
wobei die Fläche sich gegenüber 2006 vervierfacht hat. 99 Prozent aller
gentechnisch veränderten Pflanzen werden dabei in vier ostdeutschen
Bundesländern freigesetzt. Hauptsächlich wird Mais der Sorte MON 810 (Monsanto)
angebaut, der eine Insektenresistenz gegen einen Schädling, den Maiszünsler,
besitzt (Bt, siehe Kap.6). Im Jahr 2009 wurde der
Anbau der Maissorte MON 810 in Deutschland durch die Bundeslandwirtschaftsministerin
verboten.
Für 10 Standorte in Deutschland war 2007 die Freisetzung von gentechnisch
veränderten Kartoffeln vorgesehen, die nur eine Stärkeart produzieren sollen
(für technische Nutzung) und die resistent gemacht wurden gegen die
Hauptkrankheit der Kartoffel, die Kraut- und Knollenfäule.
Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen in Deutschland 2007
Bundesland |
Anbaufläche
|
Anbaufläche
in Prozent |
Brandenburg |
2.150 |
58 |
Mecklenburg- |
746 |
19 |
Sachsen |
591 |
16 |
Sachsen-Anhalt |
202 |
5 |
Zwischensumme |
3.689 |
99 |
Deutschland gesamt |
3.730 |
100 |
|
||
|
Hektar |
Prozent |
Ackerfläche in Deutschland |
13.000.000 |
100,00 |
davon gentechnisch |
3.730 |
0,03 |
Für die Anwendung der Gentechnik im
Nahrungssektor gibt es folgende grundsätzliche Möglichkeiten:
„NOVEL FOOD“, neuartige Nahrungsmittel
Anwendung gentechnischer Methoden in der Erzeugung und Aufbereitung von
Nahrungsmitteln
Anwendungs- |
Direkte Erbgutveränderungen |
gentechnisch veränderte Mikroorganismen |
gentechnisch veränderte Mikroorganismen (liefern im Bioreaktor Hilfs- und Zusatzstoffe
für die Nahrungsveredlung, z.B. Enzyme, Aromastoffe, Vitamine) |
gentechnische Methoden werden zur Untersuchung
und Überwachung von Lebensmitteln eingesetzt |
Beispiele |
Pflanzen und Tiere mit „neuen“, zusätzlichen
Eigenschaften |
Fermentationsprozesse |
Stoffe, die in der Aufbereitung von Nahrungsmitteln
genutzt werden (z.B. Herstellung von Sirup, Fruchtsaft, Schinken, Wein) |
z.B. Prüfung auf Keime und Krankheitserreger,
Kontrolle gentechnisch veränderter Bestandteile und „Verunreinigungen“ |
sind
gentechnisch veränderte Bestandteile in den Nahrungsmitteln enthalten ? |
JA |
JA |
NEIN |
NEIN |
Nicht immer muss der Verbraucher direkt in
Kontakt mit gentechnisch verändertem Erbmaterial kommen. Wenn Pflanzen und
Nutztieren neue Eigenschaften übertragen wurden, dann sind (zumindest bei rohem
Verzehr) die gentechnisch veränderten Zellen auch in den Nahrungsmitteln
enthalten. Auch wenn z.B. gentechnisch veränderte Milchsäurebakterien Milch zu
Joghurt vergären, sind im Endprodukt lebende Mikroorganismen mit verändertem
Erbgut enthalten. Anders ist das, wenn man das Erbgut von Bakterien oder Hefen
gentechnisch verändert, damit sie besonders effektiv bestimmte Substanzen
herstellen, die in der Aufbereitung von Nahrungsmitteln benötigt werden. Diese
Organismen leben in einem Bioreaktor und werden nach einiger Zeit abgetötet,
um aus ihren Zellen die gewünschten Stoffe zu gewinnen – in den gereinigten
Substanzen ist keine gentechnisch veränderte Erbsubstanz mehr enthalten oder
nachweisbar. Der Einsatz gentechnischer Methoden in der Lebensmittelüberwachung
macht es heute möglich, z.B. Krankheitserreger viel früher als bisher zu
identifizieren, ist aber auch notwendig geworden, um gentechnische Veränderungen
in Nahrungsmittelbestandteilen überhaupt nachweisen zu können.
Wir wollen uns im weiteren
einigen konkreten Anwendungen zuwenden.
Dabei ist anzumerken, dass neben der
Herstellung von Zusatzstoffen in der Lebensmittelindustrie (Kap.3) die Gentechnik
bisher kommerziell in größerem Umfang nur bei der Veränderung des Erbgutes von
Pflanzen genutzt wird (Kap.6).
3. Herstellung von Hilfs- und Zusatzstoffen
in der Lebensmittelindustrie
Es mag überraschend sein, aber bei der
Herstellung von Enzymen, Aromastoffen, Vitaminen usw. ist der Einsatz von
Gentechnik seit Jahren selbstverständlich. Schon im Jahre 2000 wurde für
Deutschland geschätzt, dass 80% aller eingesetzten Enzyme gentechnisch
hergestellt waren.
Als Zusatzstoffe
werden Stoffe bezeichnet, die Lebensmitteln zugesetzt werden, um deren
Nutzbarkeit, Haltbarkeit, Ansehnlichkeit oder Stabilität zu verbessern. Das
trifft beispielsweise auf Farbstoffe, Konservierungsstoffe, Antioxidationsmittel,
Emulgatoren oder Stabilisatoren zu.
Zusatzstoffe
werden konventionell aus Pflanzen, Mikroorganismen oder Tieren extrahiert und
dann gereinigt, oder sie werden chemisch synthetisiert.
Effizienter
und kostengünstiger lässt sich die Produktion von Zusatzstoffen oft durch den
Einsatz gentechnisch veränderter Bakterien, Pilze oder Hefen gestalten.
Beispiel:
Herstellung von Labferment für die Herstellung von Hartkäse
Früher
erfolgte das „Dicklegen“ der Milch, der erste Schritt der Gerinnungsprozesse in
der Käseherstellung, indem man das natürliche Labferment nutzte, das nur in
Kälber-Mägen vorkommt (es dient den Kälbern bei der Verdauung der mütterlichen
Milch). Das natürliche Labferment wurde aus den Mägen neugeborener geschlachteter
Kälber gewonnen. Die so zur Verfügung stehende Menge war schon vor 30 Jahren
nicht mehr ausreichend (man müsste heute weltweit jährlich etwa 70 Millionen
Kälber schlachten). Anfangs wurden als Ersatz Enzyme verwendet, die der Substanz
aus dem Kälbermagen ähneln und die durch mikrobielle Prozesse gewonnen wurden.
Im Jahr 1980 gelang es, im Labor das GEN zu isolieren, das im Kälbermagen
aktiv ist und das Labferment produziert. Wenig später gelang die gentechnische
Produktion der Substanz mit Hilfe von Mikroorganismen: ein Darmbakterium, ein
Hefepilz und ein Schimmelpilz werden inzwischen industriell eingesetzt.
Das nebenstehende Bild soll das Vorgehen
skizzieren. Zunächst wird (rechte Seite oben) aus einem Kälbermagen
eine Zelle entnommen. In ihrem Zellkern befindet sich das komplette Erbgut
dieses Tieres – in „chemischer Schrift“ sind auf einem langen Molekülfaden alle
„Bauanleitungen“ aneinandergefügt, die festlegen,
wie der Körper dieses Lebewesens aufgebaut ist und wie sein Stoffwechsel
funktioniert. Im Reagenzglas wird die Wand des Zellkerns zerstört, und das
Erbmolekül (DNS) wird freigesetzt. Inzwischen wissen Biologen, an welcher
Stelle in der Erbsubstanz sich der gesuchte Bauplan befindet, der die Information
zur Herstellung von Labferment enthält. Um den Bauplan zu isolieren, werden
chemische „Scheren“ eingesetzt, Enzyme, die in der Lage sind, die Erbsubstanz
an ganz bestimmten Stellen aufzutrennen. Einer der dabei entstehenden
„Schnipsel“ enthält die gesuchte Information. Nun wird ein Organismus
benötigt, der mit Hilfe dieser Bauanleitung den gewünschten Stoff herstellt. Im
dargestellten Fall wird eine Bakterie genutzt (ab hier siehe Abbildung linke
Spalte). Sie enthält einen Teil ihres Erbgutes in Form kleiner, übersichtlicher
Molekülringe. Ein solcher Ring („Plasmid“) wird aus der Bakterienzelle entfernt
und im Reagenzglas „aufgeschnitten“. Dazu nutzt man das gleiche Enzym, mit dem
schon das Labferment-Gen ausgeschnitten wurde. Dass man die gleiche „Schere“
einsetzt, hat den Effekt, dass Schnittstellen entstehen, die genau gleich
aussehen. Sie passen wie in einem perfekten Puzzle ideal zueinander. Das nutzt
man nun, indem in die offene Stelle des Bakterien-Plasmids passgenau der Erbgutschnipsel
mit dem Bauplan für Labferment eingesetzt wird. Die Enden werden biochemisch
verklebt, und der durch zusätzliches Erbgut ergänzte Plasmidring
wird in eine Bakterienzelle der gleichen Art
eingesetzt. Diese gibt bei jeder Zellteilung das neue Erbgut an ihre Nachkommen
weiter. Die Bakterien werden in einen Bioreaktor eingebracht. Und ihrem Stoffwechsel
stellen sie nun sehr effektiv einen Stoff her, den sie selbst nicht benötigen:
Labferment. Die Bakterienzellen werden abgetötet,
und nach einem Reinigungsprozess steht Labferment zur Verfügung - chemisch
rein, wie es sonst nur in Kälbermägen vorkommt, und in jeder gewünschten
Menge. Die Gentechnik spielt bei dieser Anwendung nur im (geschlossenen)
Herstellungsprozess eine Rolle, Reste der Mikroorganismen oder ihrer Erbanlagen
sind im Endprodukt Käse nicht zu finden.
In den USA ist gentechnisch hergestelltes
Chymosin seit 1990 zugelassen. Inzwischen werden mehr als 70 % des
amerikanischen Käses damit produziert. In der EU ist die Verwendung in allen
Mitgliedsstaaten außer Frankreich und Österreich erlaubt und wurde z.B. in
Großbritannien, Portugal, Irland und Dänemark verwendet. Seit 1997 ist das
gentechnisch hergestellte Labferment („rekombinantes Chymosin“) auch in Deutschland
grundsätzlich zugelassen. Ob es seitdem auch eingesetzt wurde, ist nicht klar,
aber Importkäse ist sicher in manchen Fällen mit Hilfe solchen Chymosins
gereift. Der Einsatz von gentechnisch hergestelltem Chymosin müsste nach der
neuen Richtlinie der EU zur Kennzeichnung von gentechnisch veränderten
Lebensmitteln auf der Käseverpackung nicht deklariert werden (siehe Anhang).
Am
Beispiel der gentechnischen Herstellung von artfremden Eiweißen durch Bakterien
(hier Labferment, das „natürlicherweise“ nur im Organismus von Rindern
produziert wird) werden die atemberaubenden Möglichkeiten der neuen Techniken
deutlich. In der Natur ist der Austausch von Erbgut über Artgrenzen hinweg
kaum möglich. Diese Barrieren existieren jetzt praktisch nicht mehr. Biologisch
betrachtet können Lebewesen nicht weiter voneinander entfernt sein als
Bakterien und Säugetiere. Und doch – das Labferment-Beispiel zeigt es – ist es
möglich, eine einzelne Erbinformation, die nur in gesunden tierischen Zellen
vorkommt, erfolgreich auf Bakterienzellen zu übertragen, und sie vollführt
dort die gleiche Funktion. Man kann demnach versuchen, jede Erbeigenschaft, die
in irgendeinem Lebewesen auf dieser Welt vorkommt und uns nützlich erscheint,
in das Erbgut von völlig anderen Organismen einzubauen, also z.B. von
Bakterien auf Maispflanzen oder von Fischen auf Tomaten zu übertragen.
Die
Anwendung der Gentechnik zur Herstellung von Medikamenten (z.B. von
Humaninsulin für die medikamentöse Behandlung der Zuckerkrankheit) ist inzwischen
in unserer Gesellschaft weithin akzeptiert. Diese Akzeptanz scheint auch für
die Herstellung von Substanzen zu gelten, die für die Nahrungsmittelherstellung
benötigt werden und deren Herstellung mit Hilfe gentechnisch veränderter
Mikroorganismen in Bioreaktoren der chemischen Industrie stattfindet. Dass in
diesen Anwendungsfällen kaum kritisch über den Einsatz der Gentechnik
diskutiert wird, könnte unter anderem zwei Gründe haben: Der Prozess findet
hier in geschlossenen Systemen statt. Die Mikroorganismen mit den veränderten
Eigenschaften sind außerhalb des Bioreaktors nicht lebensfähig und können sich
daher in der natürlichen Umwelt nicht ausbreiten. Die veränderten Gene spielen
nur im Produktionsprozess eine Rolle und sind in den Endprodukten
(Lebensmittel für den menschlichen Verzehr) nicht mehr enthalten.
Solche Anwendungen sind bisher relativ
selten. Einige Beispiele seien genannt:
·
In Großbritannien ist ein Bier auf dem
Markt, bei dem gentechnisch veränderte Hefen eine vollständigere Umsetzung der
Kohlenhydrate zu Alkohol bewirken und gleichzeitig die Trübstoffe beseitigen.
·
Die Holsten-Brauerei besaß
ein Patent auf eine anderweitig veränderte „Turbohefe“, die einen besonders
effektiv ablaufenden Gärprozess für die Herstellung alkoholfreien Bieres
bewirkt; das Produkt kam aber nicht auf den Markt.
·
In Dänemark und den USA werden gentechnisch
veränderte Schimmelpilze in der Käseproduktion eingesetzt.
·
Es gibt auch Gentech-Starterkulturen
für Joghurt.
Da bei solchen Anwendungen gentechnisch
veränderte Mikroorganismen und ihr Erbgut auch in den Produkten enthalten
sind, der Verbraucher also direkt mit ihnen konfrontiert wird, sind hier
zusätzliche Prüfungen zu fordern (Sicherheit – können sich solche Organismen
unkontrolliert ausbreiten? Verträglichkeit – gibt es Risiken für den
Verbraucher bei der Aufnahme und Verdauung solcher Nahrungsmittel?).
5. Gentechnik in der Anwendung bei
Tieren
Herstellung
von Rinderwachstumshormon durch Mikroorganismen
In den USA werden seit 1994 Rinder mit
Wachstumshormonen gespritzt. Dabei wird in der Regel so genanntes rBST (recombinant bovine somatropin = gentechnisch hergestelltes
Rinder-Wachstumshormon) eingesetzt. Der Stoff wird den Tieren (10% aller
Rinder; jede dritte Milchkuh) aller zwei Wochen gespritzt und steigert
Futterverwertung und Milchleistung um bis zu 20%, wobei allerdings zusätzlich
ein spezielles Kraftfutter notwendig ist. In Deutschland und der EU ist das
Spritzen solcher Hormone verboten. Zum einen ist die Wirkung der Hormone, von
denen Rückstände auch in Fleisch und Milch gefunden werden, auf den Menschen
umstritten (Krebsverdacht), und zum zweiten wird auf die nicht artgerechte
Tierhaltung hingewiesen (häufig tritt bei den behandelten Rindern Mastidis, eine Euterentzündung,
auf).
Das
Wachstumshormon wird nach einem sehr ähnlichen Verfahren hergestellt, wie es in
Kapitel 3. für das Labferment dargestellt wurde. Nur wird hier aus dem Erbgut
von Rinderzellen das Gen isoliert, das für die Produktion von Wachstumshormon
„zuständig“ ist, auf dem geschilderten Weg in Bakterienzellen übertragen, und
die Bakterien produzieren im Bioreaktor rBST. Die
Substanz, die nach Abtöten der Bakterien gewonnen und gereinigt wird, ist ein
naturidentisches Produkt, stimmt also in seinen chemischen Eigenschaften zu
100% mit dem Wachstumshormon überein, das auch von Natur aus in Rinderzellen
produziert wird.
Direkte
Veränderung des Erbgutes von Tieren
In den 1990er Jahren wurde mehrmals
berichtet, dass es erfolgreich gelungen war, Schweine durch gentechnische
Eingriffe so zu verändern, dass ihre eigenen Zellen vermehrt Wachstumshormon
produzierten. Ein Verfahren arbeitet so: Aus der Erbsubstanz von Schweinen
(man hat aber erfolgreich auch mit dem Erbgut anderer Lebewesen, auch dem des
Menschen (!) gearbeitet) wird das Gen für die Herstellung von Wachstumshormon
gewonnen. Man stellt durch gentechnische Verfahren davon Tausende von Kopien
her. Nun wird zunächst im Labor eine künstliche Befruchtung eingeleitet: Ei-
und Samenzellen von Schweinen werden zusammengegeben. Eine Samenzelle dringt
in die Eizelle ein. Die Zellkerne der Ei- und der Samenzelle liegen zunächst
einige Stunden nebeneinander, ohne dass ihr Erbgut miteinander verschmilzt
(„Vorkernstadium“). Genau in dieser Phase wird versucht, das zusätzliche
Erbgut (hier: weitere Exemplare des „Bauplans“ für die Herstellung von Wachstumshormon)
in einen der „Vorkerne“ zu „schmuggeln“. Es steht
also nur ein relativ schmales „Zeitfenster“ zur Verfügung. Einige Hundert
Kopien des einzuführenden Gens werden mit Hilfe einer feinen hohlen Glasnadel
in den männlichen Vorkern eingespritzt
(„Mikroinjektion“). Die Hoffnung ist, dass dieses zusätzlich eingebrachte
Erbgut bei der anschließenden Verschmelzung der beiden Zellkerne mit in den
Gesamtbestand eingebaut, bei Zellteilungen vervielfältigt und weitergegeben
wird, folglich in jeder Zelle des sich entwickelnden Embryos enthalten ist und
dort wirksam wird.
Obwohl diese Methode schon länger bei
Schafen, Rindern und Schweinen eingesetzt wird, ist die Erfolgsrate noch immer
gering: sie liegt zwischen 0,1 und 5%. Außerdem lässt sich nicht steuern, wie
viele der eingebrachten „Baupläne“ integriert werden, und an welcher Stelle
der Einbau in das vorhandene Erbgut erfolgt. Eine „Überdosis“ (bewirkt durch
den Einbau mehrerer Exemplare eines Gens) kann den Stoffwechsel der Zelle aus
dem Gleichgewicht bringen. Am Ort des Einbaus kann ein Einfluss auf benachbarte
Gene erfolgen, es können aber auch bisher funktionsfähige Gene durch das
Einfügen zusätzlicher Erbsubstanz „zerschnitten“ und unwirksam gemacht werden.
In vielen Fällen bleiben die übertragenen Gene auch nicht auf Dauer aktiv.
In jüngerer Zeit wird über andere Methoden
der Genübertragung berichtet, die erfolgreicher sein könnten, z.B. durch
Nutzung bestimmter Viren als „Gen-Taxis“, die auf dem Weg der Infektion
zusätzliche Gene in tierische Zellkerne übertragen.
Selbst wo die Genübertragung grundsätzlich
gelingt, sind immer wieder Probleme beobachtet worden. Die Tiere zeigen oft
ein krankhaftes Erscheinungsbild. So wiesen Schweine zwar die gewünschte
Gewichtszunahme auf, aber das Skelett wuchs nicht proportional mit und die Füße
konnten den Körper kaum tragen. Bei Rindern kam es zu Euterentzündungen
und Huferkrankungen.
Erfolgreich war die Übertragung von Genen für
die Produktion von zusätzlichem Wachstumshormon auch bei Lachsen: Im Alter von
14 Monaten waren die genmanipulierten Lachse im Extremfall 37mal schwerer als
ihre normal gezüchteten Artgenossen. In den USA ist eine Genehmigung für die
kommerzielle Züchtung und Nutzung solcher Fische bisher daran gescheitert, dass
nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie aus den Halte-Käfigen in die
Weltmeere entweichen und ihr Erbgut (unkontrolliert und nicht rückholbar) an
natürliche Artgenossen weitergeben könnten.
Es sind auch Tiere mit medizinischen
Zielstellungen genetisch „umprogrammiert“ worden. Dabei wird ihr Erbgut bereits
im Stadium des Embryos so verändert, dass es zusätzlich den „Bauplan“ für einen
Stoff enthält, der eigentlich nur in menschlichen Zellen vorkommt. Durch
weitere gentechnische Eingriffe wird bewirkt, dass dieses Gen nur in bestimmten
Zellen „angeschaltet“ wird und das gewünschte Eiweiß nur dort produziert wird.
Bevorzugt orientiert man sich auf Zellen in den Milchdrüsen, sodass die
gewünschten Produkte zusammen mit der Milch „abgemolken“ werden können. Ein
wichtiges Ziel ist die Herstellung von Eiweißstoffen, die als Medikament
eingesetzt werden können. So produziert z.B. das Schaf „Tracy“ in seiner Milch
das Medikament Alpha-1-Antitrypsin (35 Gramm in jedem Liter), das zur
Behandlung einer Reihe von erblich bedingten Lungenkrankheiten beim Menschen
genutzt werden könnte. Hier eröffnen sich sowohl neue Therapiemöglichkeiten
als auch große Märkte („Tracy“ ist immerhin für 30 Millionen DM verkauft
worden).
Nach der gleichen Methode versucht man auch,
über die Milch genveränderter Tiere andere
Substanzen zu gewinnen, z.B. das Material, aus dem Spinnenfäden bestehen, und
das als „Biostahl“ eingesetzt werden soll.
In der Medizin wird auch daran gearbeitet,
vielleicht eines Tages Tiere als Organspender für den Menschen zu nutzen („Xeno-Transplanation“; xenos =
fremd). Schweine bieten sich dabei (wegen ihrer Größe, ihres schnellen
Wachstums und spezieller Stoffwechselmerkmale) besonders an. Tierische Organe
würden aber unter normalen Bedingungen sehr schnell vom menschlichen Organismus
abgestoßen werden. Um die Immunabwehr des Menschen zu „überlisten“, werden per
Gentechnik die Schweinezellen so verändert, dass der menschliche Körper sie
nicht mehr als „fremd“ erkennt. Erste Versuche der Organübertragung von
genveränderten Schweinen auf Menschen scheitern derzeit noch an der ungeklärten
Frage, ob nicht in den übertragenen Organen Krankheitserreger „schlummern“
könnten, die zwar für Tiere ungefährlich sind, sich aber beim Menschen in
unerwarteter und gefährlicher Weise „entfalten“ könnten.
Zur Abrundung sei noch erwähnt, dass das KLONEN
von Tieren keine „echte“ Gentechnik darstellt. Bei dieser Technik werden
einem bereits vorhandenen Tier Körperzellen entnommen. Der Zellkern der
Körperzelle wird in eine Eizelle eingebracht, deren eigenes Erbgut entfernt
wurde. In der Umgebung der Eizelle durchläuft die Körperzelle gewissermaßen
einen „Jungbrunnnen“ mit dem Ergebnis, dass durch
Zellteilung ein Embryo entsteht und sich zu einem Lebewesen entwickelt, das ein
„verspäteter Zwilling“, eine genetische Kopie des Spendertieres ist. Mit dieser
Technik wäre es möglich, seltene „Glücksfälle“ von Tieren, die erfolgreich
genetisch verändert wurden (wie z.B. das medikamenten-liefernde
Schaf „Tracy“), dutzend- und hundertweise zu „kopieren“. In Japan wird derzeit
auch über eine Zulassung des Klonens im Ernährungsbereich diskutiert: Es gibt
Rinder mit einem ganz besonderen Fleisch (rot-weiß-marmoriert), das bei
Feinschmeckern sehr begehrt ist und für das Phantasie-Preise bezahlt werden.
Solche Rinder sollen in Zukunft durch Klon-Techniken preisgünstiger angeboten
werden können.
Als Fazit soll festgehalten werden, dass
bisher die Nutzung von „transgenen“ Tieren bisher nicht in wesentlichem Umfang
kommerziell genutzt wird und kaum Einzug in den Alltag gehalten hat.
6. Gentechnik in der Anwendung an
Pflanzen
Bei Pflanzen und daraus hergestellten
Nahrungsmitteln hat der Einsatz gentechnischer Methoden bisher die weiteste
Verbreitung gefunden. Gentechnisch veränderte Pflanzen (vor allem Soja, Mais,
Baumwolle, Raps) wurden weltweit (vor allem in 6 Ländern: USA, Kanada,
Argentinien, Brasilien, China und Südafrika) im Jahre 2004 auf einer Fläche von
81 Millionen Hektar angebaut. Zum Vergleich: Die gesamte landwirtschaftliche
Nutzfläche der Bundesrepublik Deutschland umfasst 17 Millionen Hektar; nach den
Kriterien des ökologischen Landbaus werden weltweit etwa 22 Millionen Hektar
bewirtschaftet.
einige Ziele
beim Einsatz gentechnischer Methoden in der Pflanzenzüchtung
+
Ertragsteigerung
+ Qualitätsverbesserung
(z.B. Zusammensetzung der Nährstoffe,
Stärkegehalt, Haltbarkeit -
Hintergrund: Verbraucherwünsche oder
Fragen der industriellen Verwertbarkeit)
+
verminderte Anfälligkeit gegen Krankheiten und Schädlinge
+
verbesserte Anpassung an Umweltfaktoren
(Kälte, Hitze, Wassermangel, salzige
Böden)
+
verbesserte Anbaueigenschaften
(Widerstandsfähigkeit gegen Herbizide,
Stickstoffbindung aus der Luft,
Bildung von Giftstoffen gegen Fraßschädlinge)
Ende
der 1990er Jahre kam in einigen Tankstellen- und Supermarkt-Ketten in
Deutschland der „Butterfinger“ in die Regale. Dieser Erdnussbutterriegel war –
wie gleich in drei Sprachen auf der Verpackung mitgeteilt wurde – „aus genetisch
verändertem Mais hergestellt“. Er war damit nicht nur „ordentlich“
gekennzeichnet, sondern wurde vom Nahrungsmittelkonzern
Nestlé auch offensiv auf den deutschen Markt gebracht (auch als Test für das
Verbraucher-Verhalten).
Die Art und Weise, wie hier der verwendete
Mais gentechnisch verändert worden war, stellt bis heute die wichtigste
Anwendung der Gentechnik an Nutzpflanzen dar. Im Jahre 2002 trugen 83% aller
gentechnisch veränderten Pflanzen, die weltweit angebaut wurden, eine
Veränderung mit der gleichen Zielstellung in ihrem Erbgut.
Herbizidresistenz
Diese Pflanzen sind „resistent“ gegen
„Totalherbizide“. „Herbizide“ sind nüchtern übersetzt „Pflanzentöter“, und bei
„Totalherbiziden“ unterstreicht die Angabe „total“, dass diese Mittel
zuverlässig alle Pflanzen töten (sollen), die grüne Blätter haben (diese Mittel
wirken nur durch Aufnahme über Blätter). Seit über 20 Jahren setzen Landwirte
solche Mittel ein, um ihre Felder unkrautfrei zu bekommen. Lange Zeit gab es
für sie nur die Möglichkeit, die konkurrierenden Wildkräuter auf dem Acker
durch mechanische Bekämpfung oder Fruchtwechsel in Schach zu halten (das sind
heute noch die Methoden im „biologischen Anbau“). Der Nachteil beim Einsatz
solcher Spritzmittel liegt auf der Hand: der Landwirt kann Totalherbizide nicht
mehr einsetzen, wenn auf seinem Acker die Nutzpflanzen aufgegangen sind – der
„chemische Kampfstoff“ würde auch sie vernichten. Nun aber bietet die
chemische Industrie seit einigen Jahren Saatgut für Pflanzen an, die mit Hilfe
von Gentechnik widerstandsfähig (= resistent) gemacht wurden gegen die
verwendeten Pflanzengifte. Der Farmer kann gegen die Unkräuter also auch dann
noch spritzen, wenn die Nutzpflanzen schon dazwischen wachsen – sie überleben
nun die Giftdusche. Die Eigenschaft, das Gen, das die Pflanzen mit diesem
Schutzmechanismus ausstattet, wurde in Bodenbakterien
entdeckt, dort isoliert und in Pflanzenzellen übertragen.
Insektenresistenz
Eine zweite, inzwischen ebenfalls kommerziell
genutzte Eigenschaft, die mit Hilfe gentechnischer Methoden auf Pflanzen
übertragen wurde, ist die Fähigkeit, Fraßinsekten
durch ein „eingebautes“ Gift abzuwehren. Der Giftstoff stammt von dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis (Bt). Das Gift ist
schon seit mehr als 30 Jahren als natürlich gewonnenes Spritzmittel gegen
Schadinsekten im Einsatz. Jetzt aber wird das Gen, das im Bakterium die
Herstellung der giftigen Substanz bewirkt, gezielt in Pflanzenzellen
übertragen. Wenn ein Schadinsekt an der gentechnisch veränderten Pflanze zu
fressen beginnt, wird der Giftstoff von der Pflanze selbst produziert und
tötet das Insekt. Es gibt inzwischen mehr als 100 verschiedene Bt-Toxine, die jeweils spezifisch gegen eine Insektenart
wirken.
Einige Methoden der gentechnischen
Übertragung von neuen Eigenschaften in Pflanzenzellen werden im Anhang dargestellt.
7. Gentechnisch veränderte Nahrungsmittel - Chancen oder
Gefahren?
Am Beispiel gentechnisch veränderter Pflanzen
soll – auch wegen der praktischen Bedeutung durch ihren breiten Einsatz –
einigen grundsätzlichen Fragen näher nachgegangen werden.
Was bedeuten solche gentechnischen Eingriffe
in das Erbgut von Pflanzen? Tun sich hier neue Chancen auf, um die
Ernährungssituation der Menschheit zu verbessern, vollwertigere Nahrungsmittel
mit neuen Inhaltsstoffen herzustellen oder für die Landwirte bessere
Produktionsbedingungen zu realisieren? Oder überwiegen die Risiken und Gefahren,
etwa durch unkontrollierte Ausbreitung der neuen Eigenschaften in der Natur
oder durch gesundheitliche Auswirkungen auf den Verbraucher?
Allgemeingültige Antworten sind nicht einfach
zu finden. Man sollte genauer fragen: Wem nützt die Anwendung der Gentechnik im
konkreten Fall?
Bei
herbizidresistenten Nutzpflanzen hat einen
finanziellen Nutzen zweifellos der Chemiekonzern, der das unkrautvernichtende
Herbizid und das dazu passend maßgeschneiderte Saatgut für resistente Pflanzen
quasi im Doppelpack anbietet. Das eine funktioniert nur zusammen mit dem
anderen (und beides wird nur zusammen verkauft und ist zudem patentiert).
Die Landwirte könnten hier in neue Abhängigkeiten
geraten (sie dürften z.B. nicht mehr selbst mit gekauftem Saatgut züchten oder
nach der Ernte einen Teil der Früchte als Saatgut fürs nächste Jahr
zurücklegen). Ob der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen sich für die
Landwirte auszahlt, ist umstritten. Es gibt Berichte, wonach Farmer trotz des
erhöhten Aufwands für teure Spritzmittel und Saatgut Nettogewinne erzielen
konnten (stabile hohe Erträge, verminderter Einsatz von
Pflanzenschutzmitteln). In der Praxis aber scheinen die Fälle zu überwiegen, in
denen die versprochenen Vorteile für die Farmer nicht eintraten (keine höheren
Erträge und kein verringerter Aufwand, weil Unkräuter sich als
widerstandsfähig erwiesen oder andere Schädlinge auftraten, gegen die
zusätzlich gespritzt werden musste).
Aus der Sicht des Normalverbrauchers ist
diese konkrete Anwendung der Gentechnik schlicht nicht not-wendig. In Mitteleuropa
und Nordamerika besteht keine Notsituation in Bezug auf die ausreichende
Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. Bereits mit herkömmlichen
Anbaumethoden werden Überschüsse erzeugt (die Bewirtschaftung von „Milchseen“,
„Butterbergen“ und überfüllten Kühlhäusern für Fleisch verursacht in EU-Europa
einen erheblichen Aufwand). Der Verbraucher erkennt keinen unmittelbaren Nutzen
für sich in dieser Anwendung der Gentechnik: seine Nahrungsmittel werden dadurch
nicht billiger (auf absehbare Zeit verspricht das niemand), sie werden auch
nicht vollwertiger (enthalten also keine zusätzlichen Bestandteile wie etwa
Vitamine oder cholesterinsenkende Mittel). Im Gegensatz sehen Verbraucher aber
die Gefahr, dass in Zukunft ohne Bedenken in noch größeren Mengen Pflanzenschutzmittel
auf den Feldern eingesetzt werden könnten, mit weiteren schädlichen
Auswirkungen auf die Artenvielfalt der natürlichen Ökosysteme, und mit der
Gefahr von Rückständen in Nahrungsmitteln und im Trinkwasser.
Kein erkennbarer Nutzen also für den
Verbraucher – aber was bleibt, sind „Restrisiken“, die alle gemeinsam tragen,
und deren Bedeutung und mögliches Ausmaß noch nicht geklärt sind:
Was bedeutet es, wenn sich die neuen
Eigenschaften unerwünscht ausbreiten? So können z.B. über Pollenflug oder
Bestäubung Nachbarfelder betroffen sein, auf denen nun Produkte mit
gentechnischen Veränderungen geerntet werden, obwohl das gar nicht gewollt war
(Kennzeichnung, Haftungsregelungen?). Es könnte aber auch eine Übertragung der
neuen Eigenschaften auf biologisch verwandte Wildpflanzen erfolgen – die Eigenschaft,
besonders wenn sie in der freien Natur einen Überlebensvorteil bedeutet, wäre
dann kaum noch „rückholbar“.
Und was Verbraucher vor allem interessiert:
Was bedeutet das für meine eigene Gesundheit, wenn in Nahrungsmitteln neue
Bestandteile enthalten sind?
Drohen gesundheitliche Gefahren beim
Verzehr gentechnisch veränderter Nahrungsmittel?
Diese Frage ist derzeit nicht eindeutig zu
beantworten. Auf der einen Seite ist deutlich festzustellen, dass bisher große
Katastrophen, die gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln zuzuordnen wären,
weltweit nicht aufgetreten sind (etwa Todesfälle, Vergiftungen oder
Missbildungen bei Kindern). Das muss und kann aber kein Grund für Sorglosigkeit
sein. Zum einen ist der Zeitraum, in dem der „Großversuch Gentechnik“ läuft,
noch viel zu kurz, um schon endgültig Entwarnung geben zu können – erst später
auftretende oder chronische Folgewirkungen lassen sich derzeit nicht abschätzen.
Und zum Zweiten gibt es begründeten Anlass, weiterhin auf der Klärung von
Fragen zu bestehen, die noch nicht zufriedenstellend beantwortet sind. Einige
dieser Risiken listete das US-amerikanische Bundesgesundheitsamt in den 1990er
Jahren auf:
Mögliche
Gefährdungen durch den Verzehr gentechnisch veränderter Nutzpflanzen
+
Veränderungen in der Verträglichkeit und Verdaulichkeit
+ mögliche
Bildung neuer, unbekannter Inhaltsstoffe
+
Beeinflussung der Wirkung von Antibiotika in Medikamenten
+ Bildung
von Eiweißstoffen, die Allergien auslösen können
(nach:
Gentechnik – was ist das? Umweltministerium Wiesbaden 1995, S.19)
Man beachte: es wird von möglichen Gefährdungen
gesprochen, es geht um die Klärung von mehr oder weniger deutlichen
Fragezeichen!
Klar ist: alle „fremden“, „künstlich“
eingebrachten Gene kommen aus der Natur (z.B. wurden die Resistenzgene
gegen die Wirkung von Herbiziden in Bodenbakterien gefunden). Es sind also
keine vom Menschen neu konstruierten Gene. Aber sie wirken in einer neuen
Umgebung. Wenn in eine Pflanzenzelle ein artfremdes Gen eingebaut wurde, stellt
diese Zelle im Normalfall einen neuen Eiweißstoff her, der bisher in dieser Pflanze
nicht vorkam – unser Körper muss versuchen, damit klarzukommen, und das kann zu
Veränderungen in der Verträglichkeit und Verdaulichkeit von Nahrungsmitteln
führen.
Im Normalfall (in der Natur) ist es leider
nicht so einfach, dass ein Gen allein zuständig ist für die Herstellung nur
eines ganz bestimmten Eiweißes. Es kann sein, dass das übertragene Gen nicht
nur die „Botschaft“ enthält, wegen der es ausgewählt wurde, sondern dass mit
ihm auch der Bauplan für eine (oder mehrere) weitere Eigenschaft in die Pflanzenzelle
übertragen wurde. Dann wird dort ein weiteres Eiweiß produziert, mit dem
niemand gerechnet hatte, dessen (Neben-)Wirkungen auf den Organismus also gar
nicht im Blick waren!
Was hat die Wirkung von Antibiotika
mit Gen-Pflanzen zu tun? In der Züchtung von gentechnisch veränderten Pflanzen
sind in der Vergangenheit oft (zusätzlich zu der eigentlich gewünschten neuen
Eigenschaft) auch Gene „eingebaut“ worden, die die Pflanzenzellen
widerstandsfähig machen gegen die Wirkung von Antibiotika. Diese Eigenschaft
wird später auf dem Acker nicht benötigt, hilft aber im Labor: Man möchte im
Labor auf einfache Weise feststellen, bei welchen Zellen die neuen
Eigenschaften wirklich in das Erbgut eingebaut wurden. Dazu bringt man die
gentechnisch bearbeiteten Pflanzenzellen in Kontakt mit einem Antibiotikum –
dabei überleben nur die „gelungenen“ Exemplare, die erfolgreich sowohl das Gen
für Herbizidresistenz als auch das für Antibiotika-Resistenz
„eingebaut“ haben. Die vermittelte Antibiotika-Resistenz ist zwar nur für das
Selektieren im Labor erforderlich und nützlich, sie lässt sich aber später
schwer wieder aus dem Erbgut entfernen. Und so ist diese Eigenschaft in vielen
der heute kommerziell angebauten Pflanzen enthalten. Man hat folgende Befürchtung:
Wenn Pflanzenteile auf den Feldern verrotten, gelangt das Gen für die
Antibiotika-Resistenz in den Boden und könnte dort von Bakterien aufgenommen
werden (Bakterien „probieren“ ständig fremdes Erbgut aus). Und wenn es sich bei
solchen Bakterien um Krankheitserreger mit Bedeutung für den Menschen handelt,
dann könnten bald immer mehr Bakterien dem Angriff von Antibiotika widerstehen,
und lebensbedrohliche Erkrankungen wären nicht mehr beherrschbar.
Durch die Bildung neuer Eiweißstoffe (an
unerwarteter Stelle) könnten sich neue Gefahren für Menschen ergeben, die
empfindlich sind für Allergien. Hierzu sei eine praktische Erfahrung
geschildert. Die Bohnen der Sojapflanze sind ein wertvoller Lieferant für viele
lebenswichtige Eiweißstoffe. Aber auch Soja ist kein Alleskönner.
US-amerikanische Forscher wollten die Sojabohne weiter aufwerten und der
Pflanze eine zusätzliche Eigenschaft „einbauen“: sie sollte auch noch die
Aminosäure Methionin bereitstellen, die der Mensch nicht selbst in seinem
Stoffwechsel produziert, sondern sich mit seiner Nahrung zuführen muss. Das Gen
zur Herstellung von Methionin fanden sie in Zellkernen der Paranuss. Die
Erbanlage aus der Nuss wurde erfolgreich isoliert und in das Erbgut der
Sojapflanze übertragen. Die Sojabohnen enthielten nun auch den gewünschten
zusätzlichen Stoff. Erfolg? Zum Glück führte man, ehe das neue Produkt
angebaut und in den Handel gebracht wurde, Versuche mit Allergikern durch. Und
bei diesen traten unerwartete Wirkungen auf. Menschen mit Nussallergien hätten
unter Umständen mit lebensbedrohlichen Allergieschocks auf den Verzehr von
Sojaerzeugnissen reagiert. Mit der gewünschten Eigenschaft (Methioninproduktion)
zusammen war auf dem gleichen Gen auch das allergieauslösende
Potenzial von der Nuss auf die Sojapflanze übertragen worden. Der Versuch wurde
daraufhin beendet, und das Produkt kam nicht in den Handel. Aber die Reaktionen
auf diese Erfahrung sind unterschiedlich: Die einen Beobachter verweisen
anhand dieses Beispiels darauf, dass es doch funktionierende
Kontrollmechanismen gebe, die vor Gefahren zuverlässig schützten. Andere
fordern angesichts dieser Entdeckung eine viel strengere Prüfung nicht nur
aller gentechnisch hergestellten, sondern auch der konventionell erzeugten
Nahrungsmittel.
Entwarnung?
„Zusammenfassung:
Dieser Bericht untersucht auf der Grundlage vorhandener wissenschaftlicher
Literatur die potenzielle Gefährdung der Verbraucher beim Verzehr von
Produkten gentechnisch veränderter Pflanzen (GVO) im Hinblick auf Giftigkeit, Krebserregung
und Auslösung von Allergien sowie die Auswirkungen des Verzehrs der Fremd-DNA,
darunter auch der DNA von Antibiotika-Resistenzgenen. Der Bericht kommt zu dem
Schluss, dass beim Verzehr von Lebensmitteln aus in der EU zugelassenen GVO ein
erhöhtes Gesundheitsrisiko gegenüber dem Verzehr von Produkten aus
konventionellem Anbau nicht besteht, dass im Gegenteil in einzelnen Fällen
Lebensmittel aus GVO den konventionellen Lebensmitteln in Bezug auf die
Gesundheit sogar überlegen sind.“
(Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, Kommission Grüne Gentechnik, Memorandum 25.8.2004:
„Gibt es
Risiken für den Verbraucher beim Verzehr von Nahrungsmitteln aus gentechnisch
veränderten Pflanzen?“)
Kennzeichnung von gentechnisch
veränderten Lebensmitteln
Mit der Einführung gentechnischer
Veränderungen in Nahrungsmitteln war von Anfang an die Forderung kritischer
Verbraucher verbunden, durch eine ordentliche Kennzeichnung dem Verbraucher
klare Wahlmöglichkeiten zu bieten – und durch eine begleitende Kontrolle auch
eine Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften zu gewährleisten.
Bereits 1997 trat die Novel-Food-Verordnung
der EU in Kraft, in der eine Kennzeichnungspflicht für Produkte mit gentechnisch
veränderten Bestandteilen festgelegt wurde (nur begrenzt auf
Nahrungsmittelbestandteile, wenn auch im Endprodukt die Erbgutveränderung noch
nachweisbar war). Diese Verordnung wurde in Deutschland nur halbherzig
umgesetzt. Verschiedene Untersuchungen brachten das Ergebnis, dass in vielen
Produkten Spuren von gentechnisch veränderten Bestandteilen gefunden wurden –
aber in der Regel keine Kennzeichnung erfolgte. Ende des Jahres 2003 sind zwei
neue EU-Verordnungen verabschiedet worden, die nicht nur für Lebensmittel,
sondern auch für Futtermittel und für viele Zutaten gelten. Es wurden
Schwellenwerte festgelegt, wonach bei einem Gehalt von weniger als 0,9% eine
Verunreinigung durch gentechnisch veränderte Bestandteile nicht gekennzeichnet
werden muss. Gekennzeichnet werden muss nicht mehr nur, wenn die veränderte
Substanz im Endprodukt nachweisbar ist, sondern auch, wenn sie im
Herstellungsprozess irgendwo eine Rolle gespielt hat, also vom
Zuckerrüben-Saatkorn bis zum Zucker in der Tüte. Genaueres zu den
EU-Verordnungen siehe im Anhang.
Auch wenn mit den neuen Verordnungen nun
vieles besser geregelt ist, stellen sich Fragen. Liegen die Schwellenwerte
nicht viel zu hoch (wäre die Grenze der Nachweisbarkeit im Labor eine sinnvolle
Größenordnung, aber ist dann der Einsatz von Gentechnik vielleicht gar nicht
mehr möglich?)? Sind flächendeckende Kontrollen durchführbar, um abgegebene
Versicherungen auch nachzuprüfen? Wie kann sich ein Landwirt gegen unerwünschte
Verunreinigung seiner Produkte schützen? Zur „Koexistenz“ gentechnikfreier und
Gentechnik-nutzender Landwirtschaft (wie lassen sich „biologische
Verunreinigungen“ vermeiden?) gibt es bisher keine klaren und praktikablen
Regelungen, genauso wenig sind Fragen von Haftung oder Schadenersatz geklärt.
Gentechnik und ihr Einsatz für die
Dritte Welt
Es ist umstritten, welchen Beitrag die
Gentechnik leisten kann, um die Ernährungsprobleme in der Dritten Welt zu lösen.
Sie kann und wird sicher nicht das Allheilmittel sein. Zum einen besteht
bei der Ernährung der Weltbevölkerung weniger ein Problem der Versorgungsmöglichkeiten.
Diese Erde hält grundsätzlich genug Güter bereit, um die heute
„Goldener Reis“
Gentechnisch veränderter Reis – Hilfe für die Dritte Welt
oder neuer Kolonialismus?
·
Reis, der mehr Pro-Vitamin A enthält
(Mangelversorgung in vielen Ländern der Dritten Welt mit
Reis als Grundnahrungsmittel);
200 Gramm des neu gezüchteten Reises decken Tagesbedarf an Vitamin A)
·
Züchtung mit Gentechnik:
zwei Gene zur Bildung von Beta-Carotin (Provitamin A) aus
Narzissen übertragen,
ein weiteres Gen aus einem Bakterium
·
Finanzierung der Forschung:
ausschließlich aus öffentlichen Mitteln (2,6 Mill. Dollar)
·
Beteiligung der Gentechnik-Industrie
notwendig wegen Inanspruchnahme von 70 Patenten;
Industrie wirbt nun mit diesem Beispiel
·
Bauern in Entwicklungsländern bekommen
das Saatgut umsonst
(Ausnahme: Gewinn beträgt mehr als 10000 Dollar pro Jahr)
(Interview
mit Prof. Potrykus ETH Zürich, Natur&Kosmos
11/2001 S.58ff)
Nachtrag
„Golden Rice 2“
·
Das Narzissen-Gen wurde gegen ein
vergleichbares Gen aus dem Mais ausgetauscht;
·
dadurch wird jetzt bis zu 23 mal mehr
Provitamin A in den Zellen gebildet, die Substanz, die im Körper in Vitamin A
umgewandelt wird (in 1 Gramm Reis sind jetzt bis zu 37 Mikrogramm Provitamin A
enthalten);
das könnte den Tagesbedarf eines Kindes decken
·
umstritten:
wird das Provitamin A überhaupt vom Körper aufgenommen?
wird es in Vitamin A umgewandelt?
wie viel davon steht nach dem Kochen noch zur Verfügung?
gibt es gesundheitliche Risiken für den Verbraucher beim Verzehr?
(New
Scientist UK 27.3.05)
·
trotz Vitaminverlusten beim Kochen sinnvoll; wird
2007 in Indien getestet; Marktreife wird in ca. 5 Jahren erwartet
ausführliche Darstellung zum „Golden
Rice“ siehe in: Der Spiegel 48/2008 S.90 ff. –
ganzer Text: http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=62236053&top=SPIEGEL
)
lebenden fast sieben Milliarden Menschen
ausreichend zu ernähren. Was fehlt, ist eine gerechte Verteilung zwischen Armen
und Reichen weltweit. Und es gibt in vielen Ländern der Dritten Welt soziale
Strukturen, die einer eigenständigen Versorgung entgegenstehen. Die derzeitige
Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen ist weitgehend für die Bedürfnisse
der Landwirte in den reichen Ländern entwickelt worden (industrielle
Landwirtschaft, große Flächen, einheitliche Bodenqualitäten) – sie ist auf
die Strukturen kleinbäuerlicher Landwirtschaft in den armen Ländern nicht einfach
übertragbar, und sie ist für Farmer in Asien oder Afrika viel zu teuer.
Aber es gibt heute regional unbestreitbar
schwer wiegende Defizite in der ausreichenden mengenmäßigen Versorgung mit dem
„täglichen Brot“ (und der Druck wird in den nächsten Jahrzehnten in
dichtbesiedelten Regionen wachsen), und es gibt Fehl- und Mangelernährung
in Bezug auf bestimmte Inhaltsstoffe der Nahrung. Kann Gentechnik hier doch in
begrenztem Umfang helfen? Ist ein JA zur Nutzung von Gentechnik möglich, um
wirkliche Not in Ländern der Dritten Welt zu lindern, wenn Kriterien wie die
folgenden beachtet werden?:
·
Es besteht eine wirkliche
Not-Situation, und es gibt keine gleichwertigen Alternativen, um diese zu
lindern.
·
Alle Risiken, Neben- und Folgewirkungen
(für ökologische und soziale Systeme) sind kritisch geprüft worden (nach den
gleichen Maßstäben wie in den reichen Ländern) und einer Güterabwägung im
Vergleich zu den erwarteten Vorteilen unterzogen worden.
·
Forschungsvorhaben werden zielgerichtet
für die konkrete Situation und die Bedürfnisse von Menschen in der Dritten
Welt betrieben.
·
Vordergründige Gewinnabsichten wie
ideologische Standpunkte dürfen keine Rolle spielen.
Ein umstrittenes Beispiel für solche
zielgerichtete Hilfe „Gentechnik für die Dritte Welt“ ist die Züchtung des so genannten
„Goldenen Reises“ (siehe Kasten).
8.
Nahrung aus dem Genlabor? - Trends und Perspektiven
Die kommerzielle „grüne Gentechnik“ steht
unter Druck. Zum einen versuchen die USA, unter Berufung auf den freien Handel
auch die zurückhaltenden europäischen Märkte für ihre gentechnisch veränderten
Produkte zu öffnen. Amerikanische Farmer hatten erhebliche Einbußen bei
Exporten hinnehmen müssen. Die EU hat diesem Druck jetzt nachgegeben, wenn
auch versucht wird, durch Verordnungen eine geordnete Einführung der neuen
Produkte (Anbau und Inverkehrbringen) zu erreichen.
Die Verbraucher in Europa – besonders in Deutschland – begegnen dem Angebot
gentechnisch veränderter Nahrungsmittel weiterhin zurückhaltend (70% und mehr
wollen nach Umfragen keine neuartigen Produkte kaufen). Die meisten großen
Handelsketten haben ihren Verzicht auf Gentechnik-Produkte erklärt.
In dieser Situation darf man gespannt sein,
ob neue Strategien der Nahrungsmittelhersteller das Eis beim Verbraucher
brechen und die Akzeptanz verbessern können. Als Stichworte für zukünftige
Marktstrategien gelten:
·
Functional Food
„Funktionelle Nahrungsmittel sind Lebensmittel, die zusätzlich zu ihrer
ernährungsphysiologischen Bedeutung eine weitere Funktion erfüllen bzw.
gesundheitsfördernde Eigenschaften besitzen sollen“. Sie heißen auch „Designer-Foods”,
“Pharma-Foods” und sollen z.B. mit einem höheren Gehalt an ungesättigten
Fettsäuren oder einem erhöhten Eiweißgehalt den Verbraucher überzeugen.
·
Nutraceuticals
Hier handelt es sich um ein Kunstwort aus nutrition
(Ernährung) und pharmaceuticals (Medikamente). Versprochen
werden medizinische und gesundheitliche Vorteile bei der Vorsorge und
Behandlung von Krankheiten (Verzehr von Bananen oder Kartoffeln mit
gentechnischen Wirkstoffen als Ersatz für herkömmliche Impfstoffe). Beispiele
sind die Züchtung von allergiearmem Reis oder solchem, der mit Vitamin A
angereichert ist.
9. Quellen und LINKS für weitere Informationen:
10. Anhang
Gentechnische Methoden zur Übertragung
von neuen Erbeigenschaften in Pflanzenzellen
Gentechnische Eingriffe an Pflanzen haben das
Ziel, die Erbsubstanz im Zellkern der Pflanzenzellen so zu verändern, dass die
Pflanze eine neue Eigenschaft erhält. Im Folgenden sollen einige wichtige
Verfahren dargestellt werden.
A) Ein Bakterium spielt „Gen-Taxi“
Das
Bodenbakterium agrobacterium tumefaciens
ist von Natur aus in der Lage, einen Teil „seiner“ Erbsubstanz in
Pflanzenzellen zu übertragen. Bei Bakterien liegt ein Teil der Erbsubstanz in
Gestalt kleiner Molekülringe (Plasmide) vor. Von agrobacterium
tumefaciens wird ein solches Plasmid über
Verletzungsstellen in Pflanzenzellen übertragen (Infektion). Das Plasmid ist so
etwas wie ein Trojanisches Pferd, denn aus ihm werden nun innerhalb der
Pflanzenzelle mehrere Bakterien-Gene freigesetzt und in das Erbgut der Zelle
eingebaut. Diese „fremden“ Gene bewirken zum einen eine tumorartige Wucherung
am Pflanzenkörper, und zum zweiten stellen die Pflanzenzellen nun bestimmte
Stoffe her, die die Bakterien für ihren Stoffwechsel benötigen. Gentechniker machen
sich diese Art der Gen-Übertragung zu nutze. Sie bauen in das Ti-Plasmid (= tumorinduzierend) der Bakterien
gezielt bestimmte Gene anderer Organismen ein, die in das Erbgut von Pflanzen
übertragen werden sollen. Dann werden z.B. Blätter der zu verändernden
Pflanzenart zerschnitten, um Zellen mit Verletzungen (als Einfallstor) zu
produzieren, und die Blattstücken werden in einer wässrigen Lösung geschüttelt,
in der sich Bakterien mit dem Überträger-Plasmid befinden. Die Plasmide dringen
in Zellen ein („Gen-Taxi“) und setzen dort die mitgebrachten Gene frei. Die
Pflanzenzelle baut das zusätzlich angebotene Erbgut in ihren vorhandenen
Bestand ein. Nun werden im Labor aus einzelnen Pflanzenzellen jeweils ganze
Pflanzen herangezogen (das ist durch Zugabe von bestimmten Hormonen möglich).
Die erfolgreich manipulierten Exemplare tragen in jeder ihrer Zellen die neue
Eigenschaft. Um den erfolgreichen Einbau neuer Gene nachweisen zu können, wurde
in vielen Fällen zusätzlich ein „Marker-Gen“ übertragen, das der Pflanze z.B.
Widerstandsfähigkeit gegen die Wirkung eines Antibiotikums verleiht. Durch
Kontakt mit dem Antibiotikum können im Labor die erfolgreich veränderten Zellen
ausfindig gemacht werden; nur mit ihnen wird weiter gezüchtet.
Eine wesentliche Einschränkung dieser Methode
ist, dass sie bisher nur bei zweikeimblättrigen Pflanzen funktioniert (also
nicht anwendbar ist bei allen Getreidearten).
B) „Schrotschuss“ auf Zellkerne
Bei dieser Methode wird versucht, mit Hilfe
einer „Gen-Kanone“ zusätzliches Erbgut direkt in die Zellkerne von Pflanzenzellen
einzubringen. Man verwendet dabei gewissermaßen eine „Schrotschuss-Technik“. In
einer Patrone (einige Zentimeter groß) befinden sich viele Tausend
mikroskopisch kleine Metallkügelchen (sie bestehen aus Gold oder Wolfram und
haben einen Durchmesser von etwa 1/1000 Millimeter). Jede Metallkugel ist auf
ihrer Oberfläche mit „Erbgut-Schnipseln“ beklebt, mit vielen Exemplaren des
zusätzlichen Gens, das in die Pflanzenzellen übertragen werden soll. Unter der
Patrone werden z.B. Blätter der zu verändernden Pflanzenart ausgelegt. Die
Patrone setzt mit Druckluft (bzw. im Vakuum) die Metallkugeln frei, und diese
werden in die Zellen „geschossen“. Dabei erreichen die meisten das gewünschte
Ziel, das Erbgut im Zellkern, nicht. Nur etwa eine von 10.000 Kugeln landet
einen Volltreffer und lädt das transportierte Erbgut im Zellkern ab, wo es in
den vorhandenen Bestand der Pflanzenzelle eingebaut werden kann. Auch hier ist
es anschließend nötig, im Labor aus jeder einzelnen Zelle ein Pflänzchen zu
ziehen und dann zu prüfen, bei welchen Exemplaren die neue Eigenschaft
erfolgreich eingebaut wurde. Diese Technik wird vor allem bei einkeimblättrigen
Pflanzen (z.B. Getreidearten) eingesetzt.
C) direkte Übertragung von zusätzlichen neuen
Genen in Pflanzenzellen
Wenn man bei Pflanzenzellen die Zellwand
entfernt (Protoplasten) und bestimmte chemische Substanzen zugibt, sind sie in
der Lage, fremde Erbsubstanz aus der Umgebung aufzunehmen und in das eigene
Erbgut einzubauen. Das Verfahren ist grundsätzlich für alle Pflanzenarten
geeignet, führt aber nur bei einem bestimmten Prozentsatz der behandelten
Zellen zum Erfolg. Eine technische Hürde besteht bei dieser Methode darin, aus
den Protoplasten wieder zellwandtragende Zellen und daraus vollständige
Pflanzen zu gewinnen.
D) Es gibt auch erfolgreiche Versuche, fremde
Gene mit Hilfe von Elektroschocks (die die Zellwände durchlässig machen) oder
durch direktes Einspritzen einzelner Gene mit Hilfe feiner Glasröhrchen in
Pflanzenzellen zu übertragen.
Gentechnisch veränderte Pflanzen auf Kirchenland ?
>> Die
Synode der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens bittet die Kirchgemeinden, sich mit
der Problematik der Nutzung von Gentechnik in Landwirtschaft und Ernährung zu
beschäftigen und sich gemeinsam mit den Pächtern ihrer landwirtschaftlichen
Nutzflächen am gesellschaftlichen Dialog über dieses Thema zu beteiligen.
Das
Landeskirchenamt wird gebeten, dafür geeignetes Arbeitsmaterial zur Verfügung
zu stellen.
Die Synode
empfiehlt den Kirchgemeinden, im Blick auf die Vertragslaufzeit beim
Neu-Abschluss bzw. bei der Verlängerung von Pachtverträgen eine Entscheidung
zu treffen, ob in den Pachtvertrag folgende Formulierung aufzunehmen ist:
„Gentechnisch verändertes Saat- und
Pflanzgut darf auf dem Pachtgrundstück nicht ausgesät und gepflanzt werden.“
Das Landeskirchenamt wird gebeten,
diesen Beschluss den Kirchgemeinden in geeigneter Weise zur Kenntnis zu geben.<<
(Beschluss
der Landes-Synode der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens in ihrer 39. öffentlichen
Sitzung am 10. April 2000 mit 8 Gegenstimmen, Drucksache Nr. 255)
(Beschlüsse aus anderen Landeskirchen: siehe
www.krause-schoenberg.de/gent_beschluesse_landessynoden_30042004.htm
)
Im Musterpachtvertrag EKD-Ost 1/06 – Version
Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens steht:
„§6
Bewirtschaftung, Unterhaltung
(1) …
Dem Pächter ist es nicht erlaubt, gentechnisch verändertes Saat- und Pflanzgut
auf der Pachtfläche auszubringen bzw. anzubauen … „
Ungelöste Fragen - Uneingelöste
Versprechen
10
Argumente gegen die Nutzung von gentechnisch veränderten Pflanzen
in
Landwirtschaft und Ernährung
Ein gemeinsames Positionspapier der
Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der evangelischen Kirchen in
Deutschland (AGU), der Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der deutschen
Diözesen, dem Ausschuss für den Dienst auf dem Lande in der Evangelischen
Kirche in Deutschland (ADL) und der Katholischen Landvolkbewegung
(KLB)
Güstrow, 07.10.2003
Einführung
Die Arbeitsgemeinschaften der
Umweltbeauftragten der evangelischen Landeskirchen und der katholischen
Diözesen in Deutschland wissen sich mit den anderen Unterzeichnenden dem
biblischen Schöpfungsauftrag des Bebauens und Bewahrens der Erde verpflichtet.
Sie beobachten daher seit Jahren intensiv die Entwicklung der sogenannten
Grünen Gentechnik. Die bevorstehende Zulassung gentechnisch veränderter
Pflanzen in der europäischen Landwirtschaft nehmen die kirchlichen
Umweltbeauftragten zum Anlass, auf die Gefahren und Fehleinschätzungen dieser
Technik hinzuweisen. Die Ehrfurcht vor dem von Gott geschaffenen Leben hat
Vorrang vor dem technisch Machbaren!
Auf der Grundlage der folgenden zehn
Argumente lehnen die Unterzeichner den Anbau und die Verarbeitung gentechnisch
veränderter Pflanzen ab. Sie verbinden dies mit Empfehlungen an politische
Entscheidungsträger und an Kirchengemeinden.
1. Verbraucherautonomie in Gefahr
Durch neue EU-Verordnungen werden
Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit gentechnisch veränderter Produkte in der
gesamten Kette der Erzeugung und Verarbeitung von Nahrungsmitteln geregelt.
Hierdurch erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit, sich
bewusst für oder gegen gentechnisch veränderte Produkte zu entscheiden. Wenn
es jedoch zu der befürchteten schleichenden Vermischung konventioneller mit
gentechnisch veränderten Produkten kommt, so wird die dadurch gewonnene Entscheidungsmöglichkeit wieder zunichte gemacht.
2. Gesundheitsrisiken beim Verzehr
Es besteht die Gefahr, dass durch die
gentechnischen Veränderungen in den Pflanzenzellen zusätzliche Eiweißstoffe
produziert werden, die zu Veränderungen in der Verträglichkeit der Erzeugnisse
führen und Ursache für das Auftreten neuartiger Allergien sind. Neue
allergieauslösende Substanzen konnten bisher in den Zulassungsprüfungen von gentechnisch
veränderten Lebensmitteln verhindert werden, sind aber nicht vollständig
auszuschließen. Durch das Einfügen von zusätzlichen Genen in den vorhandenen
Bauplan des Pflanzengenoms kann es aber auch zu unvorhersehbaren sogenannten
Positionseffekten kommen, indem die Wirkung vorhandener Gene gestört oder
verändert wird.
3. Ökologische Risiken beim Anbau
Mit dem Anbau von Pflanzen, die entweder
widerstandsfähig gegen die Wirkung von Pflanzenschutzmitteln gemacht worden
sind (Herbizidresistenz), oder die selbst Giftstoffe
gegen Insekten produzieren (Insektenresistenz), gehen ökologische Risiken
einher, deren Ausmaß und Folgen erst langfristig angemessen beurteilt werden
können. So gibt es erste Hinweise auf das Auftreten widerstandsfähiger Unkräuter
bzw. Insekten und auf negative Auswirkungen auf die Mikroorganismen des Bodens.
4. Gefahr für die Artenvielfalt
Durch den Anbau von herbizidresistenten
oder insektenresistenten Pflanzen finden Eingriffe in die Nahrungskette und die
Artenvielfalt im Ökosystem Acker statt, deren Tragweite für die Landwirtschaft
bisher schwer abzuschätzen ist. Natürliche ökologische Gleichgewichte zwischen
Schädlingen und Nützlingen werden gestört. Zusätzliche Gefahren gehen von der
Gen-Erosion durch die extreme Homogenität des Saatguts und dem großflächigen
Anbau aus.
5. Gentechnik fördert den
Konzentrationsprozess in der Landwirtschaft
Die bisher in Anwendung befindlichen Konzepte
gentechnisch veränderter Pflanzen sind nicht für die Bedürfnisse einer
bäuerlichen Landwirtschaft ausgelegt. Die globale Ausbreitung der einzelnen
Techniken der Grünen Gentechnik heizt den weltweiten Konkurrenzkampf unter den
Landwirten an und gefährdet die Existenz und die Marktfähigkeit von lokal
angepassten, standortgerechten Landbausystemen.
6. Gefahr für die gentechnikfreie
Landwirtschaft
Die unkontrollierbare Ausbreitung
gentechnisch veränderter Pflanzen macht eine neutrale Koexistenz zwischen Landwirten,
die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen und solchen, die darauf verzichten
wollen, schwierig. Hierzu trägt auch die geplante EU-Saatgutrichtlinie bei,
nach der herkömmliches Saatgut ohne Kennzeichnung bis zu 0,7 Prozent
gentechnisch verändertes Saatgut enthalten darf. Insbesondere der ökologische
Landbau, der für seine Produkte die Freiheit von Gentechnik garantieren will,
ist in seiner Existenz bedroht. Eine Entschädigung für Verunreinigungen seiner
Ernten mit gentechnisch veränderten Produkten ist derzeit nicht in Sicht. Ein
Haftungsrecht für durch die Gentechnik in Landwirtschaft und Natur entstehende
Schäden gibt es noch nicht. Im Gegenteil: Der Ökolandbau wie auch die
gentechnikfrei arbeitenden konventionellen Bauern müssen die finanziellen Lasten
für die Erhaltung einer von Gentechnik unbelasteten Landwirtschaft und die Kosten
für den wissenschaftlichen Nachweis aufbringen.
7. Ökonomische Fehleinschätzung
Die von den Biotechnologiekonzernen
angeführte ökonomische Überlegenheit ihrer Sorten durch Ertragssteigerungen und
Betriebsmitteleinsparungen bewahrheitete sich kaum,
wie das Beispiel des Anbaus von gentechnisch verändertem Mais und Soja in
Nordamerika zeigte. Die teilweise auftretenden Ertragszuwächse werden meist
mehr als kompensiert durch die steigenden Betriebskosten und den Einbruch der
Märkte. Während die Preise für gentechnisch veränderte Nahrungs- und
Futtermittel weltweit fallen, steigen die Kosten für zusätzliche
Managementmaßnahmen erheblich an.
8. Fehleinschätzung Pestizid- und Herbizideinsparung
Die versprochene Einsparung beim Einsatz
chemischer Mittel gegen Insekten und Unkraut kann oft nur kurzfristig erzielt
werden. Neben der Gefahr der Resistenzbildung bei Schadorganismen und
Unkräutern wird beobachtet, dass in den Feldern andere Schädlinge und Unkräuter
vermehrt auftreten. Der Einsatz anderer kostspieliger und umweltbelastender
Chemikalien macht die erzielten Einsparungen vielfach wieder zunichte.
9. Gefahr der Monopolisierung der
Nahrungsmittelerzeugung
Mit dem Vordringen der Gentechnik geht auch
die Ausweitung der rechtlichen Möglichkeiten einher, Pflanzen und ihre Gene zu
patentieren. Patente auf Nahrungsmittel bergen die Gefahr in sich, dass einige
wenige multinational agierende Weltkonzerne Ausschließungsrechte
erwerben, die es ihnen ermöglichen, die gesamte Kette der Nahrungsmittelherstellung
von den Genen bis auf den Esstisch zu kontrollieren. Erste Konflikte um die
Ausübung dieser Schutzrechte in Nordamerika dokumentieren, wie zukünftig die
Rechte der Bauern an ihrer Ernte eingeschränkt werden können. Patente auf
Leben widersprechen dem Konzept des gewerblichen Rechtsschutzes und gewähren
Rechte, die weit über die tatsächliche Leistung des “Erfinders” hinausgehen.
10. Mythos Beseitigung des Hungers in
der Welt
Das Versprechen, mit Hilfe der Gentechnik den
Hunger in der Welt zu besiegen, ist unglaubwürdig. Die Gentechnikforschung
und -entwicklung liegt in privatwirtschaftlicher Hand einiger weniger
Großkonzerne des Nordens, die ihre pflanzengenetischen Produkte durch Patente
schützen. Die Entwicklung richtet sich an den Bedürfnissen einer durchrationalisierten
Landwirtschaft der gemäßigten Breiten der Erde aus. Diese Produkte tragen
bisher nichts zur Problemlösung der Landwirtschaft der Tropen bei. Ein
Technologietransfer von Nord nach Süd wird durch Patente und Lizenzgebühren
behindert. Unter- und Mangelernährung sind kein Mengen-, sondern ein Macht- und
Verteilungsproblem. In der Welt werden nicht zu
wenig Lebensmittel produziert, sondern es gibt gravierende Defizite bei den Zugängen
zur und der Verteilung von Nahrung.
Empfehlungen an die Politik
Die kirchlichen Umweltbeauftragten fordern
die politischen Entscheidungsträger auf, zum Schutz der Verbraucherinnen und
Verbraucher sowie der Bäuerinnen und Bauern, die folgenden Anliegen bei den
gesetzlichen Regelungen zum Umgang mit gentechnisch veränderten Pflanzen und
daraus hergestellten Produkten umzusetzen:
·
Herkömmliches Saatgut darf nicht mit
gentechnisch verändertem Saatgut verunreinigt sein, damit Landwirte sich
bewusst für oder gegen den Anbau gentechnisch veränderter Produkte entscheiden
können. Daher sollte der Entwurf der geplanten EU-Saatgutrichtlinie geändert
werden.
·
Durch den Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen darf keine Beeinträchtigung der gentechnikfreien Landwirtschaft
erfolgen. Daher ist eine klare, einheitliche Regelung der Koexistenz für alle
Mitgliedsstaaten der erweiterten EU durchzusetzen.
·
Eine Haftungsregelung nach dem
Verursacherprinzip für Schäden durch gentechnisch veränderte Pflanzen und
Produkte ist einzuführen.
·
Leben ist keine Erfindung des Menschen
und damit nicht patentierbar. Deshalb ist eine Revision der EU-Biopatentrichtlinie
und des TRIPs-Abkommens in der WTO erforderlich.
·
Die Regulierung der Gentechnik darf nicht
den Handelsinteressen untergeordnet werden; dem Druck der USA in der WTO ist
Stand zu halten.
Empfehlungen an die Kirchengemeinden
Die kirchlichen Umweltbeauftragten bitten die
Verantwortlichen in den Kirchengemeinden, Einrichtungen, Ämtern und Werken, den
folgenden Anliegen im kirchlichen Handeln Aufmerksamkeit zu schenken:
·
Angebote zur Information und
Diskussion zu Fragen der Grünen Gentechnik bereit stellen
·
Ausschluss von gentechnisch verändertem
Pflanz- und Saatgut auf kirchlichen Ländereien durch entsprechende Klauseln in
den Pachtverträgen
·
Bewusster Einkauf von Lebensmitteln,
die ohne gentechnische Verfahren produziert worden sind.
Definition
„GENTECHNIK“:
„Unter dem Begriff Gentechnologie versteht man die
Gesamtheit der Methoden zur Charakterisierung und Isolierung von
genetischem Material, zur Bildung neuer Kombinationen genetischen Materials
sowie zur Wiedereinführung und Vermehrung des neukombinierten
Erbmaterials in anderer biologischer Umgebung.“
(Enquete-Kommission „Gentechnologie“ des Deutschen
Bundestages 1987)
EU-Verordnungen
über die Zulassung von Nahrungs- und Futtermitteln (Verordnung 1829/2003) und
über die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit gentechnisch veränderter Produkte
(Verordnung 1830/2003)
(Gültigkeit ab 18. April 2004)
1. Unter die
neue Verordnung fallen Lebensmittel und Zutaten,
·
die selbst gentechnisch veränderte
Organismen (GVOs) sind (z.B. Tomaten)
·
oder solche enthalten (z.B. Joghurt mit
gentechnisch veränderten Milchsäurebakterien)
·
die aus GVOs stammen
oder daraus hergestellt sind (z.B. Tomatenketchup, Maisstärke)
·
Zusatzstoffe und Aromen,
die aus gentechnisch veränderten Pflanzen stammen (z.B. Sojalecithin) oder mit
gentechnisch veränderten Mikroorganismen hergestellt wurden (z.B. Glutamat).
Im Regelfall
fallen gentechnisch hergestellte Enzyme (in Nahrungsmitteln, z.B. Chymosin) nicht
unter die neue Verordnung.
2. Jede
Zutat wird einzeln gekennzeichnet
3. Für Futtermittel
und Futtermittelzusätze gelten im Kern die gleichen Bestimmungen wie für
Lebensmittel.
(„30 bis 100 Prozent Gen-Soja im Tierfutter sind (bereits heute) keine Seltenheit",
sagte die Gentechnik-Expertin des Bundesinstitutes für Risikobewertung)
4. Nicht
kennzeichnungspflichtig sind Lebensmittel von und aus Tieren, die GVO-haltiges
Futter erhalten haben.
5.
Ausgenommen von der Verordnung sind Lebensmittel und Zutaten mit geringfügigen
GVO-Beimischungen. Bleiben diese Anteile unterhalb eines Schwellenwertes
von 0,9 Prozent, fallen die betroffenen Produkte nicht unter die Zulassungs- und Kennzeichnungs-Bestimmungen. Zudem müssen
diese GVO-Anteile zufällig und technisch unvermeidbar in ein Produkt gelangt
sein. Der Schwellenwert bezieht sich auf die jeweilige Zutat. Beispiel: Bei
einem Schwellenwert von 0,9% kann Maismehl aus Mais hergestellt sein, der bis
zu 0,9% zugelassene GVO- Maispflanzen enthält.
6. Nicht
mehr der Nachweis eines GVOs im Endprodukt löst eine Kennzeichnungspflicht
aus, sondern jede GVO- Anwendung im Verlauf des Herstellungsprozesses. Dabei
spielt es für die Kennzeichnung keine Rolle, ob der jeweilige GVO im
Lebensmittel charakteristische stoffliche Spuren hinterlassen hat oder nicht.
Eine so
umfassende Kennzeichnung ist nur möglich, wenn geeignete Systeme zur
Rückverfolgbarkeit und lückenlose, warenstrombegleitende
Dokumentationen etabliert sind.
7. Jede Genehmigung
wird auf 10 Jahre begrenzt; eine Verlängerung ist möglich.
Inwieweit darf der Mensch mit der
Gentechnik in die Schöpfung eingreifen?
(aus:
„Gentechnische Nahrungsmittel“, 1997, Arbeitskreis Gymnasium und Wirtschaft,
Bahnhofsweg 8, 82008 Unterhaching, erarbeitet von Franz Hauber,
Studiendirektor Biologie, Chemie, Religion)
·
Der Mensch besitzt aufgrund
seiner Sonderstellung (Geist, Personalität, Ebenbild Gottes) und wegen seines
ihm von Gott verliehenen Auftrags die Befugnis, auf die Welt schöpferisch
gestaltend einzuwirken. (Ein Atheist könnte argumentieren,
der Mensch mit seiner Intelligenz und Erfindungskraft ist Produkt der Evolution
und damit legitimiert, seine Fähigkeiten zur weiteren Gestaltung der Evolution
auch einzusetzen.)
·
Dieses Recht ist nicht
gleichzusetzen mit einer schrankenlosen und willkürlichen, egoistischen
Verfügungsgewalt über die Natur und Mitschöpfung.
·
Der Mensch ist Gott für sein Tun
verantwortlich. Er kann schuldig werden. Die menschliche Tätigkeit soll der Vervollkommnung
der Schöpfung dienen.
·
Forschung, Technik und Eingreifen
in die Natur gehören zu den Wesensmerkmalen des Menschen und sind damit zu
bejahen. „Unnatürlichkeit"
allein reicht normalerweise nicht aus, um technische Eingriffe als unmoralisch
zu bezeichnen. Die Technik überschreitet jedoch ihre ethischen Grenzen, wenn
sie nicht mehr der Humanisierung der Welt dient, wenn durch sie die
Qualität des menschlichen Lebens (insgesamt gesehen) abnimmt und wenn
durch sie ein nicht mehr steuerbarer (und mit großem Schaden für den Menschen
verbundener) Zustand entsteht.
·
Aus ethischer Sicht gibt es keine
Einwände gegen die Anwendung der Gentechnik beim Menschen, wenn sie therapeutische
Ziele hat und dem Zugewinn an Humanität, Lebensqualität und dem Schutz der
Person dient.
·
„Die Anwendung in der Pflanzen- und
Tierzüchtung sowie in der Pharmakologie richtet sich auf die Verbesserung der
Lebensbedingungen und auf die Herstellung wirtschaftlicher und therapeutisch
wichtiger Produkte. Von dieser Zielsetzung her kann man die Gentechnologie in
diesen Bereichen nicht als sittlich verwerflich ansehen.“ (Kath.
Erwachsenen-Katechismus, 1995, S. 300)
·
Die Probleme des
wissenschaftlich-technischen Fortschritts sind entsprechend der christlichen Verantwortungsethik zu bewerten. (Gut ist eine Handlung
dann, wenn ihre Folgen in der Bilanz gut sind. Das gilt u. U. auch, wenn dabei
nicht zu vermeidende schlechte Handlungselemente enthalten sind, die guten Gesamtfolgen jedoch nur so erreicht werden können und
letztlich hohe Wertziele [Nächstenliebe, Menschenwürde, Gottesliebe]
angestrebt werden.)
·
Die Einzelbewertung eines technischen
oder wissenschaftlichen Produkts ist auszurichten am Hauptgebot der
Nächstenliebe, an der Menschenwürde, an den drei Sozialprinzipien
Personalität, Solidarität und Subsidiarität und an hohen geistigen Werten wie
Freiheit (für sich selbst wie für andere), Frieden, Gerechtigkeit, Wahrheit
usw. (und nicht primär am wirtschaftlichen Gewinn oder der Möglichkeit,
persönliche Wünsche wie finanzielle Vorteile, Macht oder Triebe zu
befriedigen).
·
Das Nächstenliebegebot
schließt künftige Generationen mit ein. Darum dürfen auf keinen Fall die
Lebensgrundlagen auch künftiger Generationen
zerstört werden. (Ehrfurcht vor der Unversehrtheit der
Schöpfung.)
·
Das geschaffene nichtmenschliche
Leben hat einen „Eigenwert", ein eigenständiges Daseinsrecht, das vom
Menschen verantwortungsbewusst zu berücksichtigen ist. Die Mitgeschöpfe des
Menschen gehen in ihrem Nutzwert für den Menschen nicht auf. Tiere dürfen
nicht zu reinen „Produktionsmaschinen" entwürdigt werden.
·
Leidensfähigen Tieren dürfen ohne
schwerwiegenden Grund keine Schmerzen zugefügt werden.
„Im übrigen aber gehört es zum verantwortlichen Umgang
mit der ‚Freiheit eines Christenmenschen‘, sich in jedem einzelnen Fall
aufgrund der entwickelten Entscheidungshilfen selbst ein Urteil zu bilden.“
(„Einverständnis mit der Schöpfung – Ein Beitrag zur ethischen
Urteilsbildung im Blick auf die Gentechnik“, erarbeitet im Auftrag des Rates
der Ev. Kirche in Deutschland, Gütersloh 1997, S.168)
Umstrittene Problembereiche bei der Nutzung der
„grünen Gentechnik“:
·
Freisetzung (unkontrollierte Ausbreitung,
„Verunreinigung“ von Nachbarfeldern?)
·
Verbraucherschutz
·
Vorsorgeprinzip
·
Wahlfreiheit (für Konsumenten und Landwirte?)
·
Kennzeichnung (Nahrungsmittel, Futtermittel,
Saatgut?)
·
Haftung (Verursacher?, für Versicherungen Risiko
derzeit nicht berechenbar)
·
Koexistenz (Anbau von gentechnisch veränderten
Pflanzen und herkömmlichen Sorten nebeneinander möglich?, Abstandsregelungen
als Mittel?)
Gesetz zur Regelung der Gentechnik
§
1 Zweck des Gesetzes
Zweck
dieses Gesetzes ist,
1.
unter Berücksichtigung ethischer Werte, Leben und Gesundheit von Menschen,
die Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge,
Tiere, Pflanzen und Sachgüter
vor schädlichen Auswirkungen gentechnischer Verfahren und Produkte zu
schützen und Vorsorge gegen das Entstehen solcher Gefahren zu treffen,
2.
die Möglichkeit zu gewährleisten, dass Produkte, insbesondere Lebens-
und Futtermittel, konventionell, ökologisch oder unter Einsatz gentechnisch
veränderter Organismen erzeugt und in den Verkehr gebracht werden können,
3.
den rechtlichen Rahmen für die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und
Förderung der wissenschaftlichen, technischen und wirtschaftlichen
Möglichkeiten der Gentechnik zu schaffen.
(Gentechnikgesetz: http://bundesrecht.juris.de/gentg/__1.html)
einige
Änderungen zum Gentechnikgesetz (2008):
+ die
Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“ wird erleichtert: Produkte, die zu 100%
gentechnikfrei sind, können so gekennzeichnet werden; Tiere dürfen nicht mit
gentechnisch verändertem Futter ernährt werden (Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“
ist möglich für Rind- und Schweinefleisch, wenn die Tiere nur die letzten 12
bzw. 4 Monate kein Futter mit gentechnisch veränderten Bestandteilen erhalten
haben);
zugelassen ist jedoch die Verwendung von Vitaminen oder Aminosäuren, die
mithilfe von gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurden; unter drei
Voraussetzungen: sie müssen nach der EU-Ökoverordnung zugelassen sein, dürfen
im Endprodukt nicht nachweisbar sein und es darf auf dem Markt keine
gentechnikfreie Alternative erhältlich sein;
+ Anbau von gentechnisch verändertem Mais; bisher nur eine Sorte zugelassen:
MON 810; Mindestabstand zum Nachbarfeld muss 150 m betragen, zu
Öko-Anbauflächen 300 m; benachbarte Bauern können aber geringeren Abstand
vereinbaren
+ der Anbau wird in einem zentralen Register erfasst
+ Nachbar, der gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut, haftet für Schäden
(Süddeutsche Zeitung 26./27.1.08 S.6; Das Parlament 28.1.08 S.7, GID 192
Februar 2009 S.22)
Regelungen
für Schadenersatz und Haftung beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen
Der
Betreiber gentechnischer Anlagen und derjenige, der Freisetzungsversuche
durchführt, haftet für etwaige Personen- und Sachschäden
(Schadensersatz, Höchstbetrag 85 Mill. Euro).
Bei wirtschaftlichen Nutzungsbeeinträchtigungen (Produkte nicht
verkäuflich, zusätzliche Kennzeichnung erforderlich, eigentlich vorgesehene
Kennzeichnung nicht möglich) haftet der Landwirt, der Gentech-Pflanzen
anbaut, auch dann, wenn er alle Vorsorgemaßnahmen durchgeführt hat (wenn ein
Verursacher nicht festgestellt werden kann, haften alle GVO-Anbauer in der
Umgebung gemeinsam)
(Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft: „Gentechnik –
genial oder gefährlich?“, 2005, S.38ff)
einige
Leit-Fragen zur Bewertung der Gentechnik:
·
WAS geschieht konkret
(welcher Organismus, welche Veränderungen, geschlossene oder offene Systeme) ?
·
WARUM, mit welcher ZIELstellung
wird Gentechnik eingesetzt (wirkliche Ziele!)?
·
WEM NÜTZT diese Anwendung?
·
Ist
die Anwendung NOT-wendig?
·
Gibt
es (gleichwertige) ALTERNATIVEN?
·
Gibt
es RISIKEN, wer trägt diese?
(ökologische, gesundheitliche, soziale Risiken; Auswirkungen auf spätere Generationen)
·
Gibt
es gefährliche oder missbräuchliche
Anwendungsmöglichkeiten?
Mais-Schädling I: Maiszünsler
+ Larven, Raupen eines Kleinschmetterlings; fressen
erst an Blättern, später an Stängel und Kolben;
Larve überwintert in den Stoppeln als Altlarve und verpuppt sich im Mai
+ Maiszünsler vernichtet weltweit etwa 7% der Maisernte;
+ Befall in Deutschland: etwa 370.000 Hektar (22% der gesamten Maisfläche = 1,7
Millionen Hektar);
in einzelnen Gebieten Verluste bis zu
30%
+ Strategien zur Bekämpfung des Maiszünslers:
++ mechanisch: Pflanzenreste auf dem Feld zerkleinern und unterpflügen
++ chemisch: Einsatz von Insektiziden
++ biologisch: Schlupfwespen
++ auf Bacillus thuringiensis
(Bt) beruhende Strategien:
a) Bt-Präparate
einsetzen („Gift-Extrakt“ aus Bakterien)
b) Mais mit gentechnisch vermittelter
Insektenresistenz (Bt-Gift wird als Fraßgift direkt
in Pflanzenzellen produziert)
+ Der Mais der Sorte MON-810 der US-Firma Monsanto hat nur eine Zulassung als
Futtermittel
und für industrielle Verwendung (z.B.
Biogasanlagen)
+ MON-810 enthält kein Antibiotika-Resistenz-Gen
Mais-Schädling II: Der Westliche
Mais-Wurzelbohrer
+ Fraßschäden durch Käfer- Larven
+ ist in den USA der gefährlichste Maisschädling:
Bekämpfungsmaßnahmen und Ertragsverluste
zusammen verursachen 1 Milliarde Dollar pro Jahr
+ beim Kosovo-Krieg über Belgrad in Europa eingeschleppt;
in Deutschland erster Käfer-Fund 2007
Baden-Württemberg
+ Maissorte MON-863 der US-Firma Monsanto ist giftig für den Schädling
+ seit Januar 2006 Import in die EU als Lebens- und Futtermittel zugelassen
(kein Anbau!)
+ im Tierversuch (Futter bei Ratten) schädliche Folgen beobachtet
+ (2007 wurde in Deutschland mit konventionellen Methoden ein ebenfalls gegen
den Maiswurzelbohrer resistenter
Mais gezüchtet)
Freisetzung von gentechnisch
veränderten Kartoffeln “AMFLORA“ (BASF)
Zielstellung 1: Stärke-Kartoffel für
technische Zwecke - Stärkeoptimierung
Das Problem:
+ In Europa stammt etwa die Hälfte der
verarbeiteten Stärke aus Kartoffeln; in Deutschland 700.000 Tonnen pro Jahr
+ die normale Kartoffel produziert zwei Stärke-Formen: Amylose
(20%) und Amylopektin (80%) -
Trennung der Komponenten nötig; Amylopektin wird in technischen Prozessen häufiger
eingesetzt
+ mit herkömmlicher Züchtung ist es nicht gelungen, den Amylopektingehalt
der Kartoffel zu erhöhen
Lösung:
Kartoffeln entwickelt, die ausschließlich eine der beiden Stärkearten
herstellen;
dazu wird in der Kartoffel das Gen blockiert, das für die Herstellung der
unerwünschten Stärkeform zuständig ist
Zielstellung 2: Pilzresistenz
Das Problem:
Kraut- und Knollenfäule ist die weltweit wichtigste Erkrankung der Kartoffel;
aktuelle Ernteverluste bis zu 20%
Resistenz-Züchtung:
+ südamerikanische Wildkartoffeln, die natürlicherweise unempfindlich
(resistent) sind gegen den Pilz;
lassen sich nicht direkt mit
Ackerkartoffeln kreuzen;
+ gentechnische Übertragung ermöglichte Einbau des Resistenz-Gens in einem
Schritt
Anbau
wichtiger gentechnisch veränderter Pflanzen weltweit 2013: Gesamtfläche, auf
der gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden:175 Mill. ha; davon Soja 85 Millionen Hektar,
Mais 57, Baumwolle 24, Raps 9
Wichtige
Länder beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen 2013:
USA 70 Millionen Hektar, Argentinien
24, Brasilien 40, Kanada 11, Indien 11, China 4, (Deutschland 2008: 0,004)
Weltweit
bauten im Jahre 2011 18 Millionen Landwirte gentechnisch veränderte Pflanzen
an, davon 16 Millionen Kleinbauern in Entwicklungsländern
(Quelle:
http://www.transgen.de/anbau/flaechen_international/531.doku.html
)
Die
Alternative? Turbo-Züchtung ohne Gentechnik - Mutationen werden durch
Chemikalien ausgelöst
Fraunhofer-Gesellschaft
erntete im Herbst 2009 100 Tonnen einer auf neue Art gezüchteten Kartoffel;
produziert hochreine Stärke; in ihrem Erbgut sind nur die Gene aktiv, die die
Bildung von Amylopektin auslösen, während die Amylose-Gene ausgeschaltet sind; „Bisher enthielten
Kartoffeln immer beide Stärkearten. Die Industrie musste das Amylopektin von der Amylose abtrennen – ein energie- und kostenintensives
Verfahren", erklärt Prüfer. Da Tilling-Kartoffeln
nur Amylopektin enthalten, entfällt dieser
Prozessschritt. Allein in Deutschland benötigt die Papier- und
Klebstoffindustrie jährlich 500 000 Tonnen hochreines Amylopektin.
Dazu kommen der Bedarf der Lebensmittelbranche und der Textilindustrie -
letztere nutzt die Stärke, um Garne vor dem Weben zu glätten.;
Tilling -
die Abkürzung steht für "Targeting Induced Local Lesions
In Genoms" - ist ein Züchtungsverfahren, mit dem die Forscher der
Evolution auf die Sprünge helfen.;
Allerdings wird die natürliche Mutationsrate beschleunigt: "Mit Hilfe von
Chemikalien lässt sich schnell eine große Anzahl von Mutanten gewinnen",
sagt Jost Muth vom IME, der an der Entwicklung der neuen Stärke-Kartoffel
beteiligt war. "Wir arbeiten hier mit natürlichen Prinzipien: In der Natur
löst das Sonnenlicht Veränderungen im Erbgut aus. Mit Chemie erreichen wir
dasselbe, nur schneller.";
Im Labor am IME werden die mutierten Samen zum Keimen gebracht. Sobald die
ersten Blätter erscheinen, ist Erntezeit: Die Forscher nehmen eine Blattprobe,
brechen die Zellstrukturen auf, isolieren das Genom und analysieren es.
Innerhalb weniger Wochen lässt sich auf diese Weise herausfinden, ob eine
Mutation die gewünschten Eigenschaften hat.; 2748 Keimlinge mussten untersucht
werden, bis derjenige identifiziert war, der ausschließlich die
Stärkekomponente Amylopektin produziert.;
"Die neuen Kartoffeln lassen sich wie gewohnt in den Fertigungslinien
verarbeiten", berichtet Muth. "Besondere Maßnahmen sind nicht
notwendig, weil die Tilling-Kartoffeln ganz normale
Züchtungen sind, die kein gentechnisch verändertes Material enthalten."
(8.12.09; Weitere Informationen: http://www.fraunhofer.de/presse/presseinformationen/2009/12/super-kartoffel.jsp,
http://www.ime.fraunhofer.de/
)
In Deutschland militanter Protest
gegen die Forschung an gentechnisch veränderten Pflanzen („Feldbefreiung“, Feldzerstörungen)
damit befestigen die Kritiker das, was sie beklagen:
+ da sich Forschungsinstitute kaum noch an neue Versuche wagen, wird die
Monopolstellung jener Unternehmen noch
gefestigt, die heute die Regeln des
Marktes bestimmen;
+ da die Versuchsfelder zerstört werden, bleibt jene Forschung aus, die zu
besseren als den heute kritisierten Pflanzen
führen könnte;
+ wir haben in Deutschland die Technik per se verdammt, bevor wir ihre Optionen
nachhaltig geprüft haben
(ZEIT 21.5.08 S.33)
Verwirrendes zum „Genmais“-Verbot in
Deutschland 2009
a)
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner hat am 14.April 2009 ein
Anbauverbot für die gentechnisch veränderte Maissorte MON 810 verhängt
b) zehn
Forschungsinstitute protestieren in einer gemeinsamen Erklärung gegen das
Genmais-Verbot (u.a. Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina,
Deutsche Forschungsgemeinschaft, Fraunhofer Gesellschaft,
Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, Leibniz-Gemeinschaft,
Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsrat)
(taz 20.4.09 S.6)
c) in namentlicher Abstimmung hat der Bundestag am 13.5.09 entschieden, den
Antrag der Grünen, den Anbau von genverändertem Mais zu stoppen, abzulehnen –
von 502 anwesenden Abgeordneten stimmten 391 (78% JK) gegen ein Anbauverbot, 78
dafür, 33 Enthaltungen;
(Das Parlament 18./255.09 S.10)
d)
Landwirtschafts-Ministerin Aigner erlaubt Anpflanzung von Gen-Kartoffeln der
Sorte AMFLORA zu Forschungszwecken auf 20 Hektar; von der Amflora-Kartoffel
des BASF-Konzerns gehe „keine Gefahr für die menschliche Gesundheit und die
Umwelt aus“, erklärte Aigner;
(Freie Presse Chemnitz 28.4.09 S.6)
e) auf einer
Fläche von 2700 Quadratmetern wird in Zabeltitz in
Sachsen (auch nach dem Verbot der Maissorte MON 810) ein herbizidresistenter
Mais des Herstellers Pioneer ausgesät
(Freie Presse Chemnitz 28.4.09 S.6)
Bundesverfassungsgericht Karlsruhe erklärt in einem Urteil die im deutschen Gentechnikgesetz getroffenen
Regelungen für verfassungskonform.
In dem
Urteil wird klargestellt, dass der Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft
„grundsätzlich zugelassen ist und nach dem Willen des Gesetzgebers möglich
bleiben soll“. Weil diese Technik aber „in die elementaren Strukturen des
Lebens eingreift“ und sich die Folgen solcher Eingriffe –„wenn überhaupt“ – nur
schwer rückgängig machen lassen, trifft den Gesetzgeber nach Auffassung des
Gerichts eine besondere Schutz- und Sorgfaltspflicht „für wichtige Werte von
Verfassungsrang wie des Lebens und der Gesundheit von Menschen und der Umwelt“.
(Freie
Presse Chemnitz 25.11.2010 S.4)
Super-Mais mit 8 gentechnisch
veränderten Eigenschaften
(23.12.2009)
Die Unternehmen Monsanto und Dow Agro Science wollen
einen gemeinsam entwickelten gentechnisch veränderten "Super-Mais" in
den USA auf den Markt bringen. 2010 soll die Anbaufläche dort bereits 1,6
Millionen Hektar betragen. Der Mais mit dem Markennamen SmartStax
besitzt Resistenzen gegen zahlreiche Schädlinge sowie gegen zwei
Herbizid-Wirkstoffe.
Der SmartStax-Mais (MON89034 x TC1507 x MON88017 x
DAS-59122-7) ist eine Kreuzung verschiedener gv-Maislinien
und besitzt mehrere neue, gentechnisch vermittelte Merkmale: Er produziert
sechs verschiedene Varianten des Bt‑Proteins,
die gegen die wichtigsten Schädlinge im Maisanbau gerichtet sind, darunter
Insekten wie den Maiszünsler und Käfer wie den Maiswurzelbohrer. Dazu kommen
Resistenzen gegen zwei Wirkstoffe zur Unkrautbekämpfung: Glyphosat
(Roundup) und Glufosinat (Liberty).
Inzwischen haben mehrere aus Sicht der USA wichtige Agrarexportländer wie
Australien, Neuseeland, Japan, Korea und Taiwan den Import von SmartStax-Mais erlaubt. Damit ist die Nachfrage nach
dem neuen Mais in den USA sprunghaft gestiegen. Die beiden Unternehmen Monsanto
und Dow Agro Science planen, SmartStax-Saatgut
bereits zur kommenden Anbauperiode auf den Markt zu bringen. Sie rechnen mit
einer Anbaufläche von mindestens 1,6 Millionen Hektar.
(http://www.transgen.de/aktuell/1144.doku.html )
Schädlinge
entwickeln Resistenzen gegen gentechnisch veränderte Pflanzen
In Indien sind Schädlinge aufgetaucht,
die gegen das Gift der gentechnisch veränderten Baumwollsorte „Bollgard“ resistent sind; nach nur 8 Jahren Anwendung sind
mutierte Schädlinge aufgetaucht, gegen die das in den Pflanzen produzierte Gift
nicht (mehr) wirkt; die Baumwoll-Sorte Bollgard
produziert ein spezielles Gift, das unter anderem die gefürchtete Rosarote
Baumwollkapselraupe abtöten soll; in vier von neun Bezirken des Bundesstaates
Gujarat ist die Raupe seit vergangenem Jahr resistent gegen dieses Gift; es
handelt sich um Bt-Pflanzen (Gen zur Produktion des
Giftes stammt aus dem Bacillus thuringiensis);
Saatguthersteller MONSANTO: Solche Resistenzen sind vorhersehbar; die indischen
Landwirte hätten sich nicht exakt genug an die speziellen Anbauvorschriften
gehalten, die das Entstehen von Resistenzen verzögern soll (Bestellung eines
Teils der Flächen mit nicht gentechnisch veränderten Baumwoll-Sorten JK);
Lösung aus Sicht von Monsanto ist die Baumwollsorte „Bollgard
II“, die seit 2002 in den USA verkauft wird; produziert neben dem Bt-Gift noch einen weiteren, ähnlichen Giftstoff (damit
soll die Wahrscheinlichkeit für die Bildung von Resistenzen vermindert werden);
in den USA sind bisher keine resistenten Schädlinge aufgetreten;
Monsanto arbeitet inzwischen an einer Sorte Bollgard
III, die drei Giftstoffe absondern soll
(taz 23.3.2010 S.09)
Weder Teufelszeug noch Wundermittel
Mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung mit dem Anbau gentechnisch veränderter
Sorten zeigen: Die von Kritikern postulierten negativen Folgen für Umwelt, Tier
und Mensch sind in keinem Fall eingetreten …
Bei der Bewertung der Grünen Gentechnik werden freilich häufig unerwünschte
Effekte ins Feld geführt, die gar nicht für gentechnisch veränderte Pflanzen
spezifisch sind, sondern die moderne Landwirtschaft generell kennzeichnen (z.B.
Entwicklung resistenter Unkräuter …); Schutzrechte und Monopole, ökonomische
Nachteile für ärmere Länder und Beeinträchtigungen jener Landwirte, die
gentechnisch veränderte Pflanzen nicht nutzen wollen oder können … nicht die
Technik an sich ist gut oder böse, sozial, gerecht oder unmoralisch – diese
Kategorien betreffen allein den Umgang mit ihr. Das gilt für die Gentechnik
genauso wie für andere Techniken auch.
Betrachtet man aber jene Sorgen und Ängste, die sich tatsächlich ganz speziell
auf die Grüne Gentechnik und ihre Folgen beziehen –
die unkontrollierte Ausbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen zum Beispiel,
die Übertragung der neu eingeführten Gene auf andere Organismen des
Lebensraumes oder die Zunahme von Antibiotika-Resistenzen – so belegen die
bisherigen Ergebnisse der Forschung unzweifelhaft: Diese spezifischen Risiken
sind mit entsprechenden Maßnahmen und Sicherheitsstandards durchaus
beherrschbar. Die Furcht vor unabsehbaren Folgen gentechnischer Veränderungen
an Pflanzen hat sich als überzogen erwiesen.
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Grüne Gentechnik, Wiley-Verlag
Weinheim, 2010, S.90ff.)
Die
europäische Lebensmittelbehörde EFSA befürwortet die Zulassung eines
gentechnisch veränderten Mais mit acht zusätzlich eingefügten Genen. Der Mais
mit der Markenbezeichnung „SmartStax“, der in der EU
als Lebens- und Futtermittel zugelassen werden soll, produziert sechs
verschiedene Bt-Insektengifte. Zudem ist er gegen
zwei Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht worden. Er wurde von den
Firmen Monsanto und Dow AgroSciences durch Kreuzung
verschiedener gentechnisch veränderter Pflanzen entwickelt. Auf diese Weise
hergestellte Gen-Pflanzen werden auch als „Stacked
Events“ bezeichnet. In den USA und Kanada ist SmartStax
bereits für den Anbau zugelassen. (Quelle: http://www.testbiotech.de/node/422 )
Die
Datenbank transgen führt rund 90 Nutz-Pflanzen-Arten auf, an denen
bereits gentechnische Veränderungen vorgenommen wurden (http://www.transgen.de/datenbank/pflanzen/)
Imker müssen
selbst darauf achten, dass ihre Bienen keine Pollen von genmanipulierten
Pflanzen sammeln. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden.
Imker haben
keinen Anspruch darauf, vor gentechnisch veränderten Pollen geschützt zu werden.
Demnach müssen Imker selbst dafür sorgen, dass keine gentechnisch veränderten
Pollen in den Honig gelangen, und nicht der Anbauer des Genmaises, erklärt der
Anwalt der Kläger, Achim Willand;
Einen Erfolg
erzielten die Imker schließlich im vergangenen September. Damals entschied der
Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Honig, der durch Pollen von MON 810
verunreinigt wird, weder verkauft noch verschenkt werden darf. Gentechnikgegner
werteten das Urteil als Erfolg, weil die Industrie vorher stets argumentiert
hatte, dass Honig als tierisches Lebensmittel ohne Kennzeichnung eventueller
Gentechnikanteile verkauft werden könne. Ein Anspruch auf Schadenersatz hätte
dann nicht bestanden - mit der EuGH-Entscheidung könnte sich das ändern. …
Das aktuelle
Urteil ist dagegen ein Rückschlag. (taz 31.3./1.4.2012 S. 7)
Gentransfer Pflanze - Bakterien:
Wahrscheinlichkeit 1:100000000000000
Antibiotikaresistente
Krankheitserreger haben sich ausbreiten können - lange bevor es gentechnisch
veränderte Pflanzen mit Antibiotikaresistenz-Markern gab. Dennoch, so fürchten
viele, könnte sich das Problem resistenter Krankheitskeime weiter verschärfen,
sollte es zu einem großflächigen Anbau solcher gv-Pflanzen
kommen.
So sei es
denkbar, dass beim Verrotten von gv-Pflanzen auf dem
Feld deren Markergen
von Bodenbakterien aufgenommen und weiterverbreitet wird. Ähnliches könnte beim
Verzehr von pflanzlichen Lebensmitteln oder Futter passieren, wenn die Resistenzgene von Bakterien im Darm aufgenommen und von
dort auf Krankheitserreger übergehen. Die gegen diese Infektionen eingesetzten
Medikamente könnten dann unwirksam werden.
Ein extrem
seltenes Ereignis
Damit sich
ein solches Szenario tatsächlich ereignet, muss das entsprechende Gen aus der
Pflanze von einem Bakterium aufgenommen werden. Allerdings ist ein solcher horizontaler Gentransfer nach den bisherigen
Erkenntnissen ein unter natürlichen Bedingungen äußerst seltenes Ereignis.
Bisher ist es jedenfalls nicht gelungen, ihn in der Natur nachzuweisen. Nur im
Labor konnte bisher ein Gentransfer von Pflanze zu Bakterien beobachtet werden - allerdings nur,
wenn zuvor ideale Bedingungen für einen Gentransfer "künstlich"
erzeugt worden waren.
Es muss also
eine Menge zusammenkommen, damit ein horizontaler Gentransfer tatsächlich stattfindet.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bakterium ein Pflanzen-Gen aufnimmt, beträgt
etwa 1:1 Milliarde bis 1: 100.000 Milliarden.
Dennoch:
Völlig auszuschließen ist ein solcher Gentransfer nicht, vor allem wenn
bestimmte Bedingungen zutreffen, die seine Wahrscheinlichkeit erhöhen. In einem
solchen Fall könnten Krankheitserreger Antibiotikaresistenz-Marker etwa aus
verrottenden transgenen Pflanzen aufnehmen.
Viele der in
Ackerböden anzutreffenden Bakterien besitzen eine Resistenz gegen das Antibiotikum Kanamycin. In drei Vierteln aller aus Schweinen und Rindern
isolierten Proben wurden Ampicillin resistente Bakterien gefunden.
Und im
menschlichen Darm sind durchschnittlich 27 Prozent aller E.coli-Bakterien
resistent gegenüber Ampicillin. Es ist viel wahrscheinlicher,
dass solche Resistenzen im direkten Transfer zwischen Bakterien ausgetauscht
werden, als dass sie über den "Umweg" transgene Pflanze übernommen
werden.
Wenn sich
zunehmend antibiotika-resistente Infektionserreger ausbreiten, dann liegt das
nicht an Markergenen in gv-Pflanzen,
sondern an der extensiven Anwendung von Antibiotika in der Human- und
Tiermedizin, aber auch in der Tierhaltung. Bis vor wenigen Jahren wurden
Antibiotika vor allem bei Schweinen standardmäßig dem Futter zugesetzt, um das
Wachstum anzuregen. Dadurch wurde eine Ausbreitung resistenter Bakterien
systematisch gefördert.
(http://www.transgen.de/sicherheit/gesundheit/332.doku.html)
„Rücksicht“
auf die Interessen der Verbraucher (?!)
Forschungsleiter
des Nahrungsmittel-Multis Nestle (Werner Bauer): „Wir werden in Europa vorerst
kein Genfood vermarkten, wenn es der Konsument nicht
will, werde ich es ihm nicht servieren.“
(Spiegel 14/2007 S.78)
Roundup & Co.
Rund 1
Million Tonnen Glyphosat (z.B. in „Roundup“) wurden
2010 weltweit verkauft. 2 Milliarden Dollar Umsatz hat Monsanto 2010 allein mit
Roundup gemacht. In den USA: stehen 9 von 10 Sojabohnen und die meisten
Maispflanzen im Glyphosat-Regen. In Deutschland ist
die Chemikalie Bestandteil von 69 Pflanzenschutzmitteln. Ob von Glyphosat Gefahr ausgeht, ist noch strittig.
(Der Spiegel
25-2011 S.118)
gentechnisch veränderte Kartoffelsorte
FORTUNA (BASF);
Ein Ausbruch
der Kartoffelfäule kann auch heute bis zu 15% der Ernte kosten. Darum setzen
Bauern Pflanzenschutzmittel gegen die Fäule ein. In Deutschland fahren sie in
der Anbausaison bis zu 16-mal mit der Giftspritze aufs Feld. Biobauern
bekämpfen Phytophthora mit umweltbelastenden
Kupferverbindungen. Bei FORTUNA wurden zwei Gene aus einer mexikanischen
Wildkartoffel in eine zur Pommes-Herstellung beliebte Kultursorte eingebaut.
Die Übertragung der natürlichen Resistenzen auf ertragreiche Kultursorten
hatten Züchter zuvor 50 Jahre lang vergeblich versucht. (DIE ZEIT 10.11.2011
S.41)
sperrige Äußerungen zur generellen
Ablehnung der „Grünen Gentechnik“
Prof. Reinhard Szibor: „Gentechnik und Kirche:
Angstdebatte mit vielfach widerlegten Behauptungen“
Interview
und ausführliches Memorandum
(Der
Sonntag, Sachsen, 30.10.2011; Memorandum – www.krause-schoenberg.de/gent_Prof_Szibor_Interview_Gruene_Gentechnik_30-10-2011.htm)
Interview
mit Prof. E.-L. Winnacker;
Was wäre der
GAU der Grünen Gentechnik? Eine Art Superunkraut, das die Welt überwuchert?
Eine Störung des natürlichen Gleichgewichts? Die Verbreitung von Genen zwischen
Nutzpflanzen und anderen Pflanzen? Das Auftreten unbekannter Allergien? All das
und vieles mehr ist in Hunderten von Umweltverträglichkeitsprüfungen intensiv
untersucht worden, ohne dass es bisher einen einzigen ernst zu nehmenden
Hinweis darauf gibt, von gentechnisch veränderten Pflanzen gingen besondere Risiken
für Mensch und Umwelt aus.
Viele
Aspekte der grundsätzlichen Kritik an der Weiterentwicklung der Landwirtschaft
werden fälschlicherweise mit der Gentechnik verknüpft. Die Gefährdung der
Biodiversität, die Förderung großagrarischer Strukturen auf Kosten
kleinräumiger Landwirtschaft, die fehlende Weiterentwicklung ökologischer
Anbaumethoden – all das wird der Gentechnik zur Last gelegt, obwohl hier
ursächlich keine Zusammenhänge bestehen. Es bedarf ganz offenbar eines
Sündenbockes. Und nichts bietet sich dafür besser an als die Grüne Gentechnik.
Wer den
Welthunger nur für ein Verteilungsproblem hält, argumentiert zynisch. Natürlich
gibt es Verteilungs- und Zugangsprobleme, aber es gibt auch einen echten Mangel
an Lebensmitteln, verursacht durch Klimawandel, die wachsende Weltbevölkerung
und den zunehmenden Wohlstand in den Schwellenländern.
(DIE ZEIT
10.11.2011 S.41 - http://www.zeit.de/2011/46/N-Gentechnik)
Zum „Fall
Percy Schmeiser gegen MONSANTO“:
http://www.krause-schoenberg.de/gent_kritisch_Percy_Schmeiser.htm
Zum Thema
„Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle in Indien und Selbstmorde von Bauern“:
http://www.krause-schoenberg.de/gent_kritisch_Indien_%20gvBaumwolle_Selbstmorde.htm