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Überlegungen zum Wachstum der Weltbevölkerung
© Joachim Krause 2005
Wie viele Menschen (er-)trägt die Erde ?
Das Thema ist doppelsinnig formuliert.
„... trägt die Erde?“ - dabei könnte es sich um eine nüchterne
Rechenaufgabe handeln, bei der die zur Verfügung stehende Fläche, die
Nahrungsmittel, die Bodenschätze ins Verhältnis gesetzt werden zur Zahl der
Menschen.
Aber in der zweiten Bedeutung („... erträgt“) schwingt auch ein beunruhigender
Aspekt mit: Stellen Menschen – wir also - etwa eine Bedrohung für die Erde dar?
Bevölkerungsfragen sind ein Thema, dem sich die Medien in unterschiedlicher
Weise widmen. Meist geschieht das mit dramatischem Akzent.
Auf dem Bild begegnen uns gleich zwei Weltuntergangspropheten,
die unterschiedliche Aspekte des Themas betonen: Der eine fragt: Sind wir zu
viele? Die Sorgen des anderen bündeln sich in der Frage: Sterben wir aus? Eine
verwirrende Problemanzeige.
Wichtig ist offenbar der Betrachtungshorizont. Und dabei geht es nicht darum,
dass hier nur einer recht haben kann. Wir haben tatsächlich zwei Probleme,
eines in unserer eigenen Gesellschaft (zurückgehende Geburtenzahlen) und ein
ganz anderes, das weltweit wichtig ist („Bevölkerungsexplosion“).
Wir werden uns im weiteren der weltweiten Fragestellung
zuwenden.
Welches Bild bietet uns die Welt heute?
Das Jahr 2000 war für viele Menschen Anlass, eine
Bestandsaufnahme zu machen und in die Zukunft zu blicken. Auch Karikaturisten
wurden gefragt, wie sie ihre Welt, ihre Umwelt sehen und erleben.
Herausgekommen sind dabei z.B. die nebenstehenden WELTBILDER.
Wir sehen zwiespältige Darstellungen, geteilte Welten, einen Planeten, auf dem
es eng wird, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Die Bestandsaufnahme
wird zur Problemanzeige.
Wenn ich an meine Kindheit denke – wir hätten damals wohl
ganz andere Weltbilder für die Zukunft entworfen. Ich habe mir zum 14.
Geburtstag ein Buch gewünscht: „Unsere Welt von morgen“. Da ging es um tolle
Visionen für das Jahr 2000, das war eine Welt des Überflusses und der
technischen Perfektion, in der ich leben wollte, die Grundstimmung war geprägt
von Hoffnung, Optimismus, Aufbruchsstimmung!
Was für Weltbilder würden Sie zeichnen, wenn Sie an Zukunft
denken, an Ihre eigene, an die Ihrer Kinder und Enkel? Wären das fröhliche,
farbenfrohe, hoffnungsvolle Bilder – oder würden düstere Farben überwiegen,
Probleme durchschlagen?
Wenn wir von der Erde reden, geht es für Christen um Gottes
Schöpfung. Es geht um die Welt, die unsere Heimat ist, unsere Um-Welt, die uns
umgibt, die Welt, auf der und von der wir leben.
Seit einigen Jahren erst können wir unseren blauen Planeten mit Abstand
betrachten. Für mich ist das immer von neuem ein großartiger Anblick, diese
zarte, zerbrechliche Kugel, die in der Weite des Weltalls ihre Bahn zieht. Und
sie ist der einzige uns bekannte Ort im Universum, auf dem es Leben gibt, das
damit auch kostbares, gefährdetes Leben ist.
Für mich steht nicht nur am Anfang der Bibel, als Gott sein
Werk ansieht, das er ins Dasein gerufen hat, und über das er nun sein Urteil
spricht: „Es war sehr gut“ – ich denke, das gilt auch heute noch weiter.
Menschen haben zu allen Zeiten die Welt als gute Heimat, als
Geschenk erfahren dürfen. Das alte Volk Israel, später auch die Christen haben
gestaunt über die Größe und Vielfalt der Werke Gottes, über das Große (den
Kosmos) wie über das Kleine (die zarte Knospe, die sich schon unter den letzten
Schneeresten entfaltet hat). Sie haben in Gebeten und mit Liedern ihren
Schöpfer gelobt, ihren Dank zum Ausdruck gebracht dafür, dass ihnen auf dieser
Erde eine Heimat geschenkt ist, dass diese Welt „zum Wohnen gemacht“ ist.
Herr,
wie zahlreich sind deine Werke! Mit Weisheit hast du sie alle gemacht, die Erde
ist voll von deinen Geschöpfen.
Sendest du deinen Geist aus, so werden sie alle erschaffen, und du erneuerst
das Antlitz der Erde.
Gibst du ihnen, dann ... werden sie satt an Gutem. Nimmst du ihnen den Atem, so
... kehren sie zurück zum Staub der Erde.
Du lässt die Quellen hervorsprudeln in den Tälern ... allen Tieren des Feldes
spenden sie Trank.
Im Schutz der Bäume bauen die Vögel ihr Nest ... die hohen Berge gehören dem
Steinbock.
Du lässt Gras wachsen für das Vieh, auch Pflanzen für den Menschen, damit er
Brot gewinnt von der Erde.
Sehe ich den Himmel, das Werk deiner Hände, den Mond und die Sterne ... was ist
der Mensch, dass du seiner gedenkst ? Du hast den Menschen mit Herrlichkeit und
Ehre gekrönt, hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner
Schöpfung, du hast ihm alles zu Füßen gelegt: all die Schafe, Ziegen und
Rinder, auch die wilden Tiere, die Vögel des Himmels und die Fische im Meer ...
Ewig währe die Herrlichkeit des Herrn; der Herr freue sich seiner Werke.
(Die
Bibel, aus den Psalmen 8 und 104)
Solche guten Erfahrungen sind schon in alten Liedern in der
Bibel aufbewahrt. Wenn ich Sätze aus den Psalmen lese, dann sind das
Erfahrungen, die auch ich ganz aktuell mache, hier und heute: Dass ich leben darf
inmitten von ungezählten Arten von anderem Leben. Dass es in dieser Welt all
das gibt, was ich zum Leben brauche - saubere Luft zum Atmen, klares Wasser zum
Trinken, fruchtbare Erde, auf der das tägliche Brot wächst, dazu der Duft von
Frühlingsblumen oder der fröhliche Gesang einer Amsel im Garten.
Der Auftrag Gottes an den Menschen:
„Und Gott segnete die
Menschen und sprach zu ihnen:
Seid fruchtbar und mehret
euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die
Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über
alles Getier, das auf Erden kriecht.“
(1. Buch Mose 1,28)
Der Mensch im Garten Gottes:
„Und Gott der HERR nahm den
Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebauen und bewahren
sollte“.
(1. Buch Mose 2,15)
Christen werden in der Bibel auch daran erinnert, dass ihnen
mit dem Geschenk ihres Daseins in dieser Welt auch Verantwortung aufgetragen
ist, dass sie Haushalter sind, als Verwalter der Schätze dieser Erde eingesetzt
im Auftrag Gottes. Die Welt ist dem Menschen anvertraut zu fürsorglicher
Herrschaft (nur so kann das „Untertan-Machen“ im 1. Kapitel der Bibel
verstanden werden). Wir Menschen sollen einen „Garten bebauen und bewahren“.
Wir dürfen unsere Begabungen nutzen, die Welt entdecken und zu unserem Wohle
umgestalten. Aber bei aller Umgestaltung und Nutzung gilt: die Welt soll ein
Garten bleiben und nicht unter unserer Hand zur Wüste werden.
Wie gelingt uns Menschen der Umgang mit dieser Welt?
Wie viele Menschen trägt die Erde? Unser Thema ist
eine der bangen Fragen, die Menschen am Anfang des dritten Jahrtausends
bewegen.
Dabei geht es nicht um etwas Abstraktes. Es gehrt um die
Zukunft von Menschen, Menschen, von denen jeder ein Gesicht hat, das Verlangen
in sich trägt nach einem menschenwürdigen Dasein.
Im Oktober 1999 erschien die Zeitschrift GEO mit einem
neugeborenen Kind auf dem Titelbild und der Überschrift zur Begrüßung:
Willkommen,
Nr. 6 000 000 000 !
Für viele Menschen war das aber nicht nur eine freudvolle,
sondern auch eine bangemachende Mitteilung. Die Situation stellt sich heute so
dar: Immer mehr Menschen füllen die Erde, nutzen die Schätze dieser Welt,
machen sich die Erde untertan.
Aber inzwischen haben wir lernen müssen: Wir stoßen an
Grenzen. Zum einen sind die Schätze der Erde nicht grenzenlos verfügbar
(Ackerland, Rohstoffe). Und es gibt auch Grenzen bei der Belastbarkeit der
Natur durch Abfälle und Schadstoffe.
Die Frage, wie viele Menschen die Erde trägt, ist keine
Wissensfrage, auf die eine wertneutrale Antwort zu erwarten ist. Hier spielen
auch Gefühle mit. Von Menschen in den reichen Industrieländern des Nordens
wird das Wachstum der Bevölkerung, das heute vor allem in den armen Ländern
stattfindet, auch als Bedrohung erfahren. Die Sorge um das eigene Wohlergehen
wird wichtig. Wenn es enger und knapper wird auf diesem Planeten – müssen wir
dann vielleicht zurückstecken, abgeben, mit anderen teilen ...?
Wir wollen im Weiteren die Situation bei der weltweiten
Bevölkerungsentwicklung zur Kenntnis nehmen und dann nach Perspektiven
fragen: Wie könnte es weitergehen, wie könnte eine Zukunft aussehen, die ein
menschenwürdiges Dasein für alle Menschen sichert, auf Dauer, ohne von einer
Krise in die nächste zu schlittern.
Die Zahlen, an die im Folgenden erinnert wird, sollen nicht
erschrecken. Es sind einfach messbare Signale, handfeste Fakten.
Und trotzdem spielen schnell auch Gefühle mit hinein.
Über lange Zeiträume haben auf der Welt nur wenige Millionen Menschen gelebt.
Die Auseinandersetzung mit einer übermächtigen Natur, begrenzte Nahrungsmittel,
Infektionskrankheiten, eine hohe Kindersterblichkeit führten zu einem mühsamen
Dasein und begrenzten die Zahl der Menschen. Noch zu Beginn der Neuzeit (um
1500) wird die Weltbevölkerung auf nur etwa 500 Millionen geschätzt.
Dann aber führten verbesserte Nahrungsmittelversorgung,
Hygiene und medizinischer Fortschritt zu einem erst langsamen, dann aber immer
schnelleren Wachstum der Bevölkerung. Nach 1900 waren zwei Milliarden erreicht,
um 1960 drei Milliarden, und am Ende des zweiten Jahrtausends unserer
Zeitrechnung bevölkerten schon sechs Milliarden Menschen den Planeten Erde.
Innerhalb einer Generation – zwischen meinem 14. und meinem 44. Geburtstag -
hat sich die Weltbevölkerung verdoppelt!
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10000 v.Chr. 4 Millionen Menschen
2000 v.Chr. 27 Millionen Menschen
zu Lebzeiten Jesu
100 Millionen Menschen
1000 n.Chr. 350 Millionen Menschen
1900 1700 Millionen
Menschen (= 1,7 Milliarden)
2004
6,4 Milliarden Menschen
UNO-Prognose
für das Jahr 2050
8,9 Milliarden Menschen
Das Wachstum geht weiter (aktueller Stand mit laufender
Zählung im Internet unter www.weltbevoelkerung.de).
derzeitiges Wachstum der
Weltbevölkerung
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jede Sekunde 3 Menschen mehr
jede Stunde 9000 Menschen mehr
jeden Tag 210000 Menschen mehr
aller drei Wochen 4,5 Millionen Menschen mehr (das
entspricht etwa der Bevölkerung von Sachsen)
jedes Jahr
80 Millionen Menschen mehr (etwa die Einwohnerzahl Deutschlands)
Derzeit nimmt die Zahl der Menschen weltweit jedes Jahr um
80 Millionen zu. Das entspricht etwa der Wohnbevölkerung von Deutschland. In
diesem Vergleich werden aber auch die Dimensionen und die sich ergebenden
Probleme deutlich. Vorausgesetzt, alle Menschen hätten den gleichen Anspruch
auf ein menschenwürdiges Dasein, sie möchten schlicht so leben, wie wir das in
unserem „normalen“ Alltag gewohnt sind. Dann kann man leicht überschlagen, was
in jedem Jahr – für 80 Millionen neu hinzukommende Mitbewohner – eigentlich
erforderlich wäre an Nahrungsmitteln, Rohstoffen und Energieträgern,
medizinischer Versorgung, Hygiene, Bildungsmöglichkeiten, Wohnungen,
Arbeitsplätzen, Infrastruktur (Straßen, Trinkwasser, Telefon ...). 1 x
Deutschland zusätzlich, und das Jahr um Jahr ...
Das alles wächst aber längst nicht in dem erforderlichen Umfang mit, und das
hat Folgen:
Sozialer Sprengstoff häuft sich an (Armut wächst, keine
gerechte Verteilung der Güter dieser Erde).
Und es zeigen sich Auswirkungen auf die Umwelt, die immer
stärker beansprucht wird: von der zunehmenden Zahl von Menschen, und unter dem
Druck von Bedürfnissen, die noch schneller wachsen. Das hat einen immer höheren
Verbrauch an Rohstoffen zur Folge, und gleichzeitig entstehen immer größere
Mengen an Abfällen.
Jährlich wächst die Weltbevölkerung um 80 Millionen Menschen,
das heißt: 1 x Deutschland kommt dazu, also müsste nach unseren
Maßstäben gleichzeitig in jedem Jahr zusätzlich zur Verfügung stehen:
19.000.000 Hektar Ackerland
2.200 Krankenhäuser
360.000 Ärzte und Zahnärzte
120.000 Schulen
3.500.000 Lehrer
70.000.000 Arbeitsplätze
35.000.000 Wohnungen
640.000 Kilometer Straßen
100.000.000 Tonnen Erdöl
19 Atomkraftwerke ... usw.
usw.
Im folgenden Bild wird die Entwicklung von drei Größen über
100 Jahre dargestellt, die Zusammenhänge deutlich machen.
Der Einfluss des Menschen ist inzwischen so groß, dass das
Gleichgewicht von Lebenssystemen auch im globalen, weltweiten Maßstab
beeinflusst wird.
Dass die Erde aus dem Gleichgewicht gerät, liegt daran, dass
wir Menschen nicht mehr „natürlich“ leben. Natürlich ist hier im wörtlichen
Sinne zu verstehen. Menschen haben sich die Welt als Lebensraum zurechtgemacht,
umgestaltet, für uns wohnlicher und sicherer. Und das hat Folgen für die
Balance in natürlichen Systemen.
Lebensprozesse funktionieren im Idealfall als (stofflich)
geschlossene Systeme. Alle Stoffe wandern in einem Kreislauf durch die
Nahrungsketten. Grüne Pflanzen als Produzenten bauen aus einfachen
Ausgangsstoffen Lebensbausteine auf. Tiere und Menschen als Konsumenten nehmen
diese Stoffe auf und nutzen sie in ihrem Stoffwechsel. Am Ende schließen Pilze
und Mikroorganismen (Reduzenten) den Kreislauf. Sie verwerten die
Stoffwechsel-Produkte und verwesenden Reste der anderen Lebewesen und setzen
die einfachen Bausteine wieder frei, die dann erneut für Lebensprozesse genutzt
werden können.
Solche Kreisläufe können in der Natur im Gleichgewicht lange
stabil funktionieren. Von außen kommen keine Stoffe hinzu, nichts geht verloren.
Angetrieben werden sie von der Energiequelle SONNE, die ewig und zuverlässig
strahlt. Aber im Unterschied zu den Stoffen kann die von der Sonne
eingestrahlte Energie auch in Naturprozessen nur ein Mal genutzt werden – nach
vorübergehender Speicherung in Nahrungsbausteinen und Weitergabe in den
Nahrungeketten wird sie in nicht mehr nutzbarer Qualität freigesetzt und ins
Weltall abgestrahlt; Energie durchläuft damit gewissermaßen eine
„Einbahnstraße“.
Der Mensch hat in seinen Wirtschaftssystemen zunehmend auch
die Stoff-Kreisläufe durch Einbahnstraßen ersetzt. Er beansprucht
zusätzliche QUELLEN (die die Wirtschaftsprozesse mit Stoffen versorgen) und
SENKEN (die die Abfälle aufnehmen müssen).
Bei den Quellen handelt es sich zum einen um nicht erneuerbare
Ressourcen, Schätze, die nur einmal zur Verfügung stehen und genutzt werden
können, die sich in historischen Zeiten nicht neu bilden (z.B. Erze, fossile
Energieträger, fossiles Grundwasser).
Derzeit verbraucht die
Menschheit in einem Jahr so viel fossile Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas),
wie sich in 1 Million Jahren Erdgeschichte gebildet haben.
Eine zweite Art der Quellen bilden erneuerbare Ressourcen,
also Vorräte, die sich in intakten Kreisläufen grundsätzlich immer wieder neu
bilden können (Wald, Trinkwasser, Ackerland, Fische). Auch viele solcher
Quellen sind heute durch übermäßige Nutzung (oder Verschmutzung) gefährdet und
regenerieren sich nicht in dem notwendigen Umfang (Zeitraum und Mengen).
Der Begriff Senken deutet darauf hin, wie mit
Abfällen gemeinhin umgegangen wird: wir versenken sie in Meeren oder alten
Bergwerken, und wir verfüllen Täler mit ihnen. Die zur Verfügung stehenden
Möglichkeiten, Abfälle zu beseitigen, werden zunehmend knapper. Das liegt
nicht nur an der zunehmenden Menge unserer Abfälle, sondern auch daran, dass
Schadstoffe oft nicht (oder nicht schnell genug) zu harmlosen Substanzen
abgebaut werden können, die in natürliche Kreisläufe zurückgegeben werden
können. Bei Abfällen ist nicht nur an Müll aller Art zu denken (von Hausmüll
bis Atommüll), es geht auch um Abgase, z.B. Kohlendioxid, das in gigantischen
Mengen bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl und Erdgas freigesetzt wird und in
Verdacht steht, als „Treibhausgas“ zu Klimaveränderungen beizutragen.
Wir sind aufgeklärte Menschen. Wir wissen, dass die Erde
eine Kugel ist. Und rational ist ganz klar, dass ein solcher begrenzter
Lebensraum (Oberfläche, Bodenschätze) nur begrenzte Möglichkeiten für das
Leben von Menschen bietet. Und doch scheint es manchmal, als lebten wir in der
Alltags-Praxis trotzdem so, als wäre die Erde eine Scheibe. Wenn Vorräte in der
Nähe erschöpft sind, dann erschließen wir eben Neuland hinter dem Horizont! Und
wenn wir Abfälle nicht mehr im eigenen Garten vergraben können, dann kippen
wir sie beim Nachbarn über den Zaun, schütten sie in den nächsten Fluss oder
bauen einen höheren Schornstein – aus den Augen, aus dem Sinn!
Bei Wirtschaftskrisen heißt das Patentrezept aller Politiker:
Wachstum! Und das ist oft gleichbedeutend mit (noch) mehr Verbrauch an
Material. Oder wenn es um die Not in der Dritten Welt geht, dann heißt der Lösungsvorschlag:
Die müssen nur die Ärmel hochkrempeln, fleißig sein wie wir, Rohstoffe nutzen,
Umsatz steigern – dann können sie auch bald so erfolgreich sein wie wir!
Irrtum! Nur wenn die Erde eine Scheibe wäre, wäre auch die grenzenlose
Steigerung menschlicher Bedürfnisse möglich, aber wir sind auf einer Kugel zu
Hause ...
Perspektiven: Wie könnte
die Entwicklung weitergehen, in einer begrenzten Welt?
Es geht darum, leben zu lernen mit Grenzen.
Grenzen zeigen sich nicht zuerst bei den Rohstoff-Vorräten.
Nach derzeitigem Erkenntnisstand erweist sich die vor allem die weltweite
Umweltbelastung als begrenzender Faktor für menschliche Tätigkeit.
Die zukünftige Entwicklung hängt ab zum einen von der
absoluten Zahl von Menschen, zum anderen von ihren Bedürfnissen (Lebensstil,
Ansprüche, Bedürfnisse, gerechte Verteilung).
Die Weltbevölkerung wird in den nächsten Jahrzehnten weiter
wachsen.
Von der UNO erstellte Prognosen signalisieren (im
Vergleich zu früheren Berechnungen) leichte Entspannung. Die Zahl der Menschen
auf der Erde wird danach bis 2050 auf etwa 9 Milliarden anwachsen, damit aber
auch ihr Maximum erreicht haben.
Wesentliche Gründe für das Anwachsen der Bevölkerung liegen
im grundsätzlich wünschenswerten medizinischen, hygienischen und technischen
Fortschritt, der zu einer Senkung der Sterblichkeit bei Kindern und Müttern,
zu einer generell höheren Lebenserwartung und einer besseren Versorgung mit Lebensmitteln
geführt hat. Ein weiterer Grund liegt in überlieferten und lange sinnvollen
Traditionen. Viele Kinder zu haben, war (und ist) in vielen Gesellschaften die
einzige Möglichkeit einer sozialen Absicherung. Solidarisch getragene Systeme
für die Versorgung in Krankheit und Alter, wie wir sie kennen (Rente,
Krankenversicherung), fehlen auch heute noch in vielen Ländern.
Ein Hinweis sei noch darauf gegeben, dass auch wir Europäer
uns nicht „vernünftiger“ verhalten haben, als wir das heute bei der
Bevölkerungsentwicklung in der dritten Welt beobachten. Auch bei uns hat es
eine „Bevölkerungs-Explosion“ gegeben. Europa hat diese Entwicklung im 19.
Jahrhundert erlebt, und wir haben unsere Probleme lösen können (z.B. auch durch
„Export“ von Menschen in andere Kontinente). Das nebenstehende Bild zeigt,
dass die Zahl der Menschen auf dem heutigen Territorium von Deutschland von
1800 bis 1900 fast auf das Dreifache zugenommen hat.
Noch schneller aber als die absolute Zahl der Menschen
wachsen die Bedürfnisse (vor allem bei den „Reichen“). Unsere
Lebensgewohnheiten stehen manchmal in direkter Konkurrenz zum Lebensrecht
anderer Menschen. Als Beispiel soll die Verwendung von Getreide als Viehfutter
dienen.
Hat die Erde BROT für alle?
Es könnte für alle Menschen reichen!...:
Welt-Getreideernte: etwa 1.900.000.000 Tonnen pro
Jahr
davon geht ein erheblicher Teil verloren (Ernte- und
Lager-Verluste, Krankheiten, Schädlinge)
mit der verbleibenden Menge
könnten
6 Milliarden Menschen
ausreichend
oder
3 Milliarden Menschen üppig
(wie in Europa) ernährt werden
(zusätzlich werden noch
weltweit geerntet:
- 300 Mill. Tonnen Kartoffeln
- 40 Mill. Tonnen Hülsenfrüchte
- 360 Mill. Tonnen Gemüse
- 300 Mill. Tonnen Früchte
- 70 Mill. Tonnen Fische...)
Aus der vorstehenden Tabelle wird deutlich, dass (rein
rechnerisch) allein von der Weltgetreideernte alle Menschen auf diesem Planeten
satt werden könnten. Das gilt aber nur, wenn das Getreide wirklich als
„tägliches Brot“ der Ernährung diente. Beim „Umweg“ über tierische Produkte
wie Fleisch, Milch oder Eier – der einen Großteil unserer Ernährung in
Deutschland ausmacht – kommt nur 1/7 (14 Prozent) der im Getreidekorn
gewachsenen Nahrungsenergie auf den Teller (der „Rest“ geht im Stoffwechsel der
Tiere verloren). In Deutschland wird mehr als die Hälfte des geernteten
Getreides an Tiere verfüttert (53 Prozent; weltweit sind es 38 Prozent). Noch
einmal: die Weltgetreideernte könnte - als BROT verzehrt - sechs Milliarden
Menschen satt machen. Bei der Ernährungsweise von einem durchschnittlichen
Europäer, der viele tierische Produkte zu sich nimmt, würden die gleichen
Vorräte nur für drei Milliarden Menschen ausreichen.
Ein Liter Heizöl kostet
derzeit etwa 35 Cent. Der gleiche Energiegehalt steckt (bei der Verbrennung) in
2,5 Kilogramm Getreide. Das Getreide kostet aber nur 25 Cent – es wäre also
lohnend, „mit Weizen zu heizen“(?).
Beim Nachdenken über Zukunft geht es auch um mehr Gerechtigkeit
bei der Verteilung der Schätze dieser Welt auf alle Menschen. Ein oft bemühter
Vergleich sagt: „Ein Fünftel der Menschheit (in den reichen Ländern) beansprucht
vier Fünftel der Schätze dieser Erde.“
Wir in Deutschland gehören zu den „Reichen“ dieser Welt, zu
den Gewinnern in diesem Vergleich. Vielleicht macht uns trotzdem das folgende
Bild nachdenklich: die Welt als Torte, ein paar wenige sitzen auf dem größten
Stück und beobachten die 80 Prozent, die das Pech haben, in einem Land der
Dritten Welt zu leben. Gerechtigkeit? Teilen als Lösung – und tun wir das
freiwillig oder bauen wir Mauern um unseren Wohlstand oder werden sich die
Benachteiligten eines Tages gewaltsam holen, was ihnen zusteht?
Zum genannten Ungleichgewicht in der Inanspruchnahme der
Güter dieser Welt seien noch ein paar – zugegeben abstrakte – Berechnungen
nachgereicht.
„Ein Fünftel der Weltbevölkerung - in den reichen Ländern des Nordens -
beansprucht vier Fünftel der Schätze dieser Erde ...“
Fall
A) Wenn es nur „Reiche“ (Nordamerikaner, Westeuropäer) auf dieser Welt gäbe ...
... wäre die Erde schon mit
1,6 Milliarden Menschen so beansprucht wie heute.
Fall
B) Wenn alle Menschen nur so wenige Bedürfnisse befriedigen könnten, wie das
heute für die
5 Milliarden „Armen“ (80 Prozent der
Weltbevölkerung) möglich ist ...
... wäre die Erde erst mit 25
Milliarden Menschen so beansprucht wie sie das heute ist.
Fall
C) Wenn alle heute lebenden Menschen (6,4 Milliarden) so leben wollten, wie das
heute für das
reichste Fünftel der
Menschheit ganz alltäglich und normal ist ...
... wären drei zusätzliche
Planeten vom „Typ Erde“ erforderlich (und in dem gleichen
bedenklichen Zustand wie
unser Heimatplanet heute)
1,6 Milliarden Reiche (zu denen ich in Deutschland gehöre)
beanspruchen die Welt so sehr wie 25 Milliarden Arme!
Das provoziert ärgerliche Fragen:
Trägt mein ganz persönlicher Lebensstil vielleicht bei zum globalen
Bevölkerungsproblem, hat mit der Not ganz anderswo auf dieser Welt zu tun? Ist
unser Wirtschafts-Modell, der Lebensstil der „westlichen Zivilisation“ doch
kein Erfolgsrezept und kann nicht auf alle Menschen, auf die ganze Erde
übertragen werden?
Sieht unsere Fahrt in die Zukunft vielleicht so aus, dass
wir - gedankenlos und um kurzfristiger Vorteile willen - unseren Planeten
„verheizen“?
Wie geht es mir mit der Situation und den Perspektiven, die
sich abzeichnen?
Was wäre zu tun?
Gibt es hoffnungsvolle
Perspektiven?
Die großen christlichen Kirchen in Deutschland haben sich mit dem
Problem des weltweiten Bevölkerungswachstums schon länger beschäftigt. Dazu
liegen Untersuchungen von Expertengruppen vor, deren Einsichten den folgenden
Überlegungen zugrunde liegen.
Die kirchlichen Studien grenzen sich von zwei extremen
Denkrichtungen deutlich ab:
a) pessimistisch - resignativ:
„Das Boot ist bereits überfüllt - wir
gehen unter!"
b) gelassen - verharmlosend:
„Es ist genug für alle da, Platz und
Brot gibt es auch für 15 oder 20 Milliarden Menschen."
Dagegen wird festgestellt:
+ Es gibt noch
Gestaltungsspielräume, die Welt verfügt über die Voraussetzungen, um genügend
Güter und
Nahrungsmittel für alle zur Verfügung
zu stellen.
+ aber auch: Das Wachstum der Weltbevölkerung stellt eine Bedrohung für den
Lebensraum Erde (für die Umwelt)
dar, die Stabilisierung der
Bevölkerungs-Zahl ist eine Voraussetzung für das globale Überleben.
Wie könnten Strategien aussehen?
Die Kirchen setzen auf Einsicht und Vernunft, auf das freiwillige Wahrnehmen
von Verantwortung.
Der Begriff des Gemeinwohls, ursprünglich geprägt für das Zusammenleben von
Menschen innerhalb einer Gesellschaft, muss erweitert werden auf einen
weltweiten Horizont. Die Prinzipien für das Zusammenleben, die in unserer
Gesellschaft grundsätzlich anerkannt sind und sich bewährt haben, sind auch
weltweit zur Geltung zu bringen (gerechte Verteilung von Arbeit und Gütern,
solidarisch getragene soziale Sicherungssysteme).
Ziel ist es, eine langfristig tragfähige Entwicklung zu ermöglichen, eine
gerechte Beteiligung aller Menschen und gleichzeitig die Bewahrung des
mitgeschöpflichen Lebens in seiner Vielfalt.
Zwei zentrale Voraussetzungen für die Zukunft der Menschheit auf dem Planeten
Erde werden benannt:
a) Das Bevölkerungswachstum in den Ländern der sog. Dritten Welt muss
vermindert werden durch Bekämpfung der
Armut und durch Familienplanung.
b) Ein ökologischer Kurswechsel ist erforderlich, der von den entwickelten
Industrieländern ausgeht. "Entwicklung" ist
auch bei uns notwendig - hin zu einer
Wirtschafts- und Lebensweise, die die Begrenzungen des Planeten ernst
nimmt und die natürlichen
Lebensgrundlagen schützt und erhält.
Es sind Entwicklungsstrategien für den Norden und für den Süden in
je eigener Weise zu suchen, jeder muss in seinen Verhältnissen vernünftig(er)
werden.
Provozierend zugespitzt bedeutet das z.B.
für die Entwicklungsländer: Geburtenkontrolle – bei Kindern
für die Gesellschaften in den reichen Ländern: Geburtenkontrolle - für Autos
(auch die fressen Lebenschancen)!
Sind solche Änderungen im Lebensstil wirklich notwendig?
Sind sie möglich?
Was würde das konkret für mich bedeuten?
Ist die Lebenspraxis von Christen und Kirchen glaubwürdig und
steht in Übereinstimmung mit den Einsichten und den notwendigen Konsequenzen?
Die Alternative heißt: Nichts tun. Und das bedeutet wahrscheinlich
eine unsichere Zukunft mit der Perspektive, dass die Armen eines Tages vor
unserer Tür stehen.
Lebenswerte Zukunft
Stichworte für die reichen Länder des Nordens
·
„Die derzeitige Lebensweise in den westlichen Industrieländern ist
nicht mehr schöpfungsverträglich. Wir können nicht weiterleben wie bisher.“
(Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland 1991)
·
Wir sind die Hauptverursacher globaler Umweltprobleme.
·
Die Übernahme des westlichen Wirtschafts- und Wohlstandsmodells
durch den „Rest der Welt“ würde zum ökologischen Zusammenbruch führen.
·
Konsequenz: Aufgabe von Besitzständen, fühlbare Einschränkungen
(„Grundbedürfnisse“, „ausreichendes Einkommen“, „genug“, „Selbstbegrenzung“;
„gutes Leben“, herrschende Werte und Leitbilder prüfen: Wachstum, Orientierung
auf materiellen Lebensstandard)
·
ungerechte Weltwirtschaftsordnung verändern, Märkte öffnen
·
Solidarität im Übergang: 0,7 bis 2 Prozent des
Bruttosozialprodukts als Entwicklungshilfe
Stichworte für die armen Länder des Südens
·
Beschränkung der Geburtenzahl (Zugang zu Familienplanung und
Verhütungsmitteln)
·
Verbesserung der sozialen und ökonomischen Bedingungen =
Bekämpfung der Armut
·
rechtliche und soziale Gleichstellung der Frauen
·
Einführung sozialer Sicherungssysteme (Arbeit, Alter, Krankheit)
·
Zugang zu sozialen Leistungen (Ernährung, Gesundheit, Bildung,
Wohnen)
·
religiöse, gesellschaftliche, kulturelle Gegebenheiten und
Traditionen berücksichtigen
Wie die Zukunft auf dieser Erde aussehen wird, hängt auch von uns
ab. Unsere Ideen, unsere Entscheidungen, unser Mut zur Veränderung, unser
Handeln sind gefragt.
Es gibt positive Erfahrungen dafür – auch im Großen – dass wir
Menschen lernfähig sind, gemeinsam auf Probleme reagieren können. Ein Beispiel
ist der Umgang mit dem so genannten Ozonloch. Vor 30 Jahren wurde entdeckt,
dass die schützende Ozonschicht in der Atmosphäre immer mehr ausgedünnt wurde.
Die Vermutung, dass dafür bestimmte Gase verantwortlich waren, die aus der
industriellen Tätigkeit des Menschen stammten, wurden zunächst belächelt. Der
Verdacht erhärtete sich jedoch, und eine Reihe internationaler Konferenzen
führte schließlich zu Aktionsprogrammen, mit denen der Ausstoß der
gefährlichen Gase drastisch beschränkt bzw. verboten wurde.
Problemanzeige à
Ursachenforschung à politische
Willensbildung à Handeln – in
diesem Falle hat die Weltgemeinschaft in gemeinsamer Verantwortung reagiert
(hoffentlich rechtzeitig und erfolgreich).
Zum Schluss noch der
Versuch einer konkreten Antwort auf die im Thema formulierte Frage:
Wie viele Menschen (er-)trägt die Erde? Auf Dauer kann die Erde wahrscheinlich Heimat
sein für etwa 5 Milliarden Menschen. Dafür gilt es in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten die Weichen zu stellen.
Literatur und weitere Quellen: