zur startseite         

weitere infos umwelt-klima-energie-lebensstil

weitere infos brot-ernährung

 

 

 

 


 


Stellungnahme zum Thema

„Zuckerproduktion“

der Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der EKD

 

Die Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten der EKD konzentriert sich in ihrer Stellungnahme auf die Umweltauswirkungen. Die entwicklungspolitischen Fragen der Zuckermärkte werden insbesondere von den Fachleuten des EED bewertet.

Wir bemühen uns, die unterschiedlichen Situationen für Zuckerrüben- und Zuckerrohrproduktion zu berücksichtigen.

 

Dabei gilt für uns:

Alle sozialen, entwicklungspolitischen und umweltbezogenen Kriterien für eine Bewertung des Zuckerrohranbaus können sich nicht von denen des Zuckerrübenanbaus unterscheiden.

 

Gerechtigkeit, Entwicklung und Bewahrung der Schöpfung sind die zentralen Ziele, für die wir uns einsetzen.

 

Gleichzeitig wissen wir, dass die Möglichkeiten, sich sozial gerecht, streng entwicklungsorientiert und umweltgerecht zu verhalten nicht überall gleich gut sind, betonen aber, dass überall die von uns genannten Ziele wesentliche Maßstäbe für alle politischen und ökonomischen Entscheidungen trotz aller volks- und betriebswirtschaftlichen Interessen sein können und müssen.

 

 

I. - Zuckerrübenanbau

 

Hintergrund:

 

Der Zuckerrübenanbau hat eine lange Geschichte, die für Landwirte und Konsumenten außerordentlich erfolgreich war.

1. Die EU-Zuckermarktordnung schaffte für Rübenanbauer eine sichere Einnahmequelle und sicherte die Existenz vieler Betriebe.

 

2. Zucker konnte in der EU schon bald nach den Nachkriegsnotzeiten für die Konsumenten preiswert angeboten werden.

 

Allerdings ist diese Einkommensmöglichkeit und Versorgungssicherheit auch mit Nachteilen verknüpft:

Übermäßiger Konsum, der zum Teil durch die Ernährungsindustrie gefördert wird, führt zu vielen ernährungsbedingten Krankheiten.

Bundesweit und auch europaweit profitiert nur eine kleine Minderheit der landwirtschaftlichen Betriebe von den besonderen Einkommenschancen durch die EU-Zuckermarktordnung und die Möglichkeit, sich am Kapital der Zuckergesellschaften zu beteiligen.

Weltweit findet durch ordnungspolitische Eingriffe in die Märkte sowohl eine Diskriminierung als auch eine Bevorteilung einzelner Produktionsstandorte statt, die sich nicht mehr mit Gerechtigkeits- oder Umweltgründen legitimieren lässt. Gleichzeitig sind aufgrund von Machtkonzentrationen einzelner Akteure auf dem Weltzuckermarkt wie auf nationalen Märkten durch völlige Liberalisierung die Ziele von sozialer Gerechtigkeit, Entwicklung und Umweltschutz nicht zu erreichen.

Dementsprechend werden hier Ziele staatlichen, supranationalen und nichtstaatlichen Handelns definiert, die für Regierungen, NGOs und Wirtschaft Orientierung sein müssen.

 

 

Umweltrelevanz

 

1. Positive Aspekte

 

-          Der Einsatz von Dünger und Pestiziden ist in den letzten Jahrzehnten im Zuckerrübenanbau kontinuierlich und radikal reduziert worden. Der Einsatz erfolgt zielgenauer, viele Einträge sind abbaubar und es gelangen weniger Schadstoffe ins Grundwasser

-          Gentechnisch verändertes Saatgut für Zuckerrüben wird von den Produzenten abgelehnt

-          Die Produktivität konnte durch klassische Resistenz-Züchtungen stark erhöht werden.

-          Der Zuckergehalt der Rübe wurde stark erhöht.

-          Der Erdhang wurde kontinuierlich reduziert

-          Die Zuckerindustrie zeichnet sich durch eine umweltgerechte Produktionsweise aus:

Z. B. geschlossene Wasserkreisläufe: Es entstehen keine unvorbehandelten Einträge in die kommunale Kanalisation und Gewässer. Das Wasser, das gebraucht wird, kommt zu einem großen Anteil aus der Rübe selbst.

                  Beispielhafte Energiekreisläufe (hohe Energieeffizienz)

                             Abwärmenutzung/Wärmerückgewinnung.

                             Kraft-Wärme-Kopplung

                  Kompostierung der Grünabfälle

 

Am Beispiel der Zuckerindustrie wird deutlich, dass sich hohe Energiepreise auf einen vernünftigen Umgang mit Energie auswirken. 

Energieverbrauch pro 100 kg Rüben:

                                   1960:   90 kWh

                                   2005:   30 kWh

 

 

2. Negative Aspekte

 

-          Nach wie vor werden beim Zuckerrübenanbau Pestizide eingesetzt, um Schädlinge zu vernichten und so genannte Unkräuter fernzuhalten. Dies führt zu einer starken Beeinträchtigung der Biodiversität. (Der Pestizideinsatz ist deutlich höher als bei Getreide, Raps oder Mais.)

-          Durch das Befahren der Äcker mit sehr schweren Maschinen kann es besonders bei nassen Böden zur Bodenverdichtung kommen. Die Gefügeschäden sind kaum zu beheben.

-          Die späte Bedeckung kann zu Erosionsschäden führen, wenn keine ausreichende Winterdeckung vorhanden ist. (Die Rübe wird erst im März/April ausgesät und im Herbst geerntet.)

-          Der Wasserbedarf ist 3 Mal so hoch wie bei Weizen. Die durch die Zuckermarktordnung gewährten Preise ermöglichen auch dort den Zuckerrübenanbau, wo er nur mittels ökologisch bedenklicher Bewässerung möglich ist.

-          Der Erdhang kann 10 – 30 % des Rübengewichtes betragen.

 

 

3. Konsequenzen:

 

-          Eine homogene und flächendeckende Einführung und Kontrolle der Cross-Compliance-Richtlinien der EU (CC) ist erforderlich (s.u.).

-          Bodenverdichtung ist durch den Einsatz geeigneter Technik zu vermeiden.

-          Bodenbedeckung im Winter wird Pflicht durch CC.

-          Die Rüben sollten möglichst stark auf dem Acker gesäubert werden (Vermeidung von Erdhang).

-          Der Anbau sollte nur an Standorten erfolgen, an denen keine ökologisch bedenkliche Bewässerung erforderlich ist.

-     Die Standorte, die ökologisch am unproblematischsten sind, sollten durch ordnungspolitische Maßnahmen bevorzugt werden.

 

Durch CC wird die Nichteinhaltung bestehender Verordnungen sanktioniert. Landwirte müssen zum Zweck der Kontrolle ihr wirtschaftliches Handeln genau dokumentieren. Für den Einzelbetrieb sind das große Herausforderungen, die aber unter Umweltgesichtspunkten uneingeschränkt zu begrüßen sind. Landwirte sollten bei der Einführung dieses Managementsystems angemessene Unterstützung erfahren.

Wichtig ist, dass alle Landwirte gleichermaßen zum Einhalten der Richtlinien herangezogen werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Bei notwendigen Kontrollen muss transparent sein, was kontrolliert wird und es muss vor den Kontrollen dafür gesorgt worden sein, dass den Kontrollierten die Richtlinien bekannt sein können.

Faire Kontrolle ist eine Maßgabe der Gerechtigkeit.

 

 

II. – Zuckerrohranbau

 

Wie der Zuckerrübenanbau so hat auch der Zuckerrohranbau in vielen Ländern eine lange Tradition. Er hat in den meisten Anbaugebieten vor allem zu einer Selbstversorgung der Bevölkerung mit Zucker gesorgt. Nur wenige Staaten haben darüber hinaus bislang eine nennenswerte Exportwirtschaft im Zuckerbereich aufgebaut, dieses nicht zuletzt deswegen, weil der Weltzuckermarkt durch Exportsubventionen der EU stark verzerrt ist. Gleichzeitig hätte für einige arme Staaten der Zuckerexport große Potentiale, wären die Weltmarktbedingungen besser also der Preis höher. Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Zuckerexports ist für arme Länder erheblich größer als für die EU-Staaten.

 

 

 

 

 

Umweltrelevanz:

 

Zuckerrohranbau wirkt sich auf die gleichen ökologischen Bereiche aus wie Zuckerrübenanbau: Wasserverbrauch und -verschmutzung, Erosion, Biodiversität, Bodenschutz, hinzu kommt noch die Problematik der Luftverschmutzung:

 

-          Zuckerrohr ist eine mehrjährige Kultur (3-5 Jahre). Dadurch wird die Biodiversität beeinträchtigt.

-          Zuckerrohrplantagen verlangen häufig eine intensive Bewässerung.

-          Die Verletzbarkeit des Ökosystems ist beim Anbau von Zuckerrohr aufgrund der Boden- und Oberflächenbeschaffenheit in vielen Anbauländern sehr groß, nachhaltige Wirtschaftsweise bei der Zuckerrohrproduktion auf vielen Flächen kaum möglich.

-          Die Gefahr der Erosion ist höher

-          Zuckerrohr verdrängt andere Nutzungen

·         Z. B. in Süd-China und Ghana: Nachdem Zuckerrohrfelder angelegt wurden, benötigte man zusätzliche Flächen für die Subsistenzwirtschaft. Naturbelassene Flächen mussten gerodet werden.

-          Zuckerrohranbau hat oft negative sozio-ökologische Auswirkungen.

·         Kleinbauern werden zugunsten einer großflächigen Plantagenwirtschaft vertrieben.

·         Es werden Tagelöhner und zum Teil auch Arbeitssklaven beschäftigt (keine sozialen Standards).

·         Gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die zum Teil bei uns verboten sind, und Defizite im Arbeitsschutz (keine Umweltstandards).

·         Der Anbau von Zuckerrohr hat Auswirkungen auf den Wasserhaushalt und das Klima zu Lasten der ansässigen Bevölkerung

·         Zuckerrohrmühlen verursachen oft sehr hohe Luft- u. Wasserverschmutzungen

·         Oft werden noch Zuckerrohrplantagen vor der Ernte abgebrannt

 

 

Konsequenzen:

 

-          Der Anbau sollte standortgerecht erfolgen:

·         Keine Notwendigkeit zur Bewässerung über das für den gesamten Wasserhaushalt verträgliche Maß hinaus

·         Kein Anbau auf erosionsgefährdeten Flächen

·         Keine Verdrängung von Subsistenzwirtschaft, sofern deswegen auf naturbelassene Flächen zurückgegriffen werden müsste

·         Auf das Abbrennen der Felder sollte möglichst verzichtet werden.

·         Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und der Arbeitsschutz müssen internationalen Standards entsprechen

 

Entwicklungshilfe soll dazu beitragen,

 

·         umweltverträgliche Bewässerungssysteme zu installieren,

·         einen effektiven Umgang bei Dünge- u. Pestizideinsatz im Sinne von Umwelt und Arbeitsschutz zu fördern,

·         soziale Bedingungen und Arbeitsschutz zu verbessern,

·         Beratungssysteme zu installieren,

·         Landreformmaßnahmen, die Familienbetriebe, Eigenversorgung und Diversifizierung fördern, zu unterstützen,

·         den Biotop-, Natur-, und Umweltschutz zu etablieren,

·         Wissenstransfer zu gewährleisten.

 

Entwicklungs- und Handelspolitik muss bewirken, dass

 

·         alle Akteure des Welthandels verbindliche Umwelt- und Sozialstandards akzeptieren und einhalten,

·         unabhängige Kontrollmechanismen etabliert werden, die die Einhaltung solcher Standards überprüfen,

·         alle Kosten, auch externe Effekte, von den Verursachern bezahlt werden müssen.

 

 

Die AG U erwartet

-          von der deutschen Bundesregierung, der EU und den verantwortlichen Behörden der Bundesländer, dass sie sich auf allen Ebenen für den hier genannten Verbesserungsbedarf einsetzen

-          von den multinationalen Akteuren, dass sie die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards auch bei Ihren Geschäftspartnern zur Voraussetzung aller Transaktionen machen und auf der Zulassung unabhängiger Kontrollen bestehen

-          von Institutionen der Entwicklungszusammenarbeit, dass sie sich global für eine nachhaltige Wirtschaftsweise in der Landwirtschaft, der Verarbeitung und dem Handel engagieren und dementsprechend auch auf die politisch und ökonomisch Verantwortlichen Einfluss nehmen

-          von allen Akteuren, dass die einseitige Konzentration in der Diskussion über die Zuckerproduktion und den Zuckerhandel auf Handelsfragen aufgegeben wird zugunsten einer stärkeren Berücksichtigung der ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit allen Wirtschaftens

 

 

 

 

Anhang:

 

Energetische Nutzung von Zuckerrüben oder Zuckerrohr

 

Die Kriterien, die wir für die Produktion von Zuckerrüben und Zuckerrohr erstellt haben, gelten auch dann, wenn die Pflanzen energetisch genutzt werden. Sollte sich erweisen, dass der nachwachsende Rohstoff Zuckerrübe oder Zuckerrohr auf bestimmten Standorten hocheffizient und umwelt- und sozialverträglich hergestellt werden kann, ist seine Produktion genauso zu begrüßen wie die anderer nachwachsender Rohstoffe.

Allerdings sollte die Zuckerrüben- und Zuckerrohrproduktion für die energetische Nutzung nicht deswegen künstlich forciert werden, weil damit die Überproduktion von Zucker bekämpft werden könnte, sondern es sollte eine Relation zu anderen nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und dann die Effizienz, Sozial- und Umweltverträglichkeit den Ausschlag bei der Entscheidung über das Produkt fällen.

Die staatliche Förderung von Produktion und Konsum nachwachsender Rohstoffe wird ausdrücklich begrüßt. Sie darf jedoch nicht durch handelspolitische Maßnahmen wie beim Zucker den Import behindern bzw. durch subventionierte Exporte den Weltmarktpreis beeinflussen. Es bestünde sonst die Gefahr, bei nachwachsenden Rohstoffen in eine handelspolitische Situation zu kommen, die mit der beim Zucker vergleichbar wäre.