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10+X Gründe gegen
Atomenergie
(abgedruckt in : Briefe zur
Orientierung im Konflikt Mensch – Erde, Heft 78 S. T12ff., Kirchliches
Forschungsheim Wittenberg 2006)
(Quelle: Eurosolar und
ippnw)
1. Sackgasse Atomkraft
Uran gibt’s nur noch einige
Jahrzehnte - und dann?
Atomkraftwerke
werden mit dem nur begrenzt vorhandenen Rohstoff Uran betrieben. Das Natururan
wird in Untergrundminen, im Tagebau oder durch das so genannte In-situ
Lösungsverfahren gefördert und kommt hauptsächlich aus Kanada, Australien,
Niger und Namibia. Kleinere Mengen werden weiterhin vor allem in Usbekistan,
Russland, Kasachstan, den USA und in der Europäischen Union gefördert.
Im
Jahr 2004 wurden weltweit etwa 440 kommerzielle Atomkraftwerke betrieben. Der
Bedarf an Natururan lag in diesem Jahr bei 62 000 Tonnen. Die Europäische Union
hat einen jährlichen Bedarf von etwa 20 000 Tonnen Uran. Ein Teil des
Uranbedarfs wird aus vorhandenen, z.T. militärischen Beständen gedeckt.
Die
wirtschaftlich gewinnbaren Uranreserven wurden von der Internationalen
Atomenergie Organisation (IAEA) und der OECD Nuclear Energy Agency (NEA) im
Jahr 1999 im so genannten „Red Book" ausgewiesen. Demnach sind – je nach
Höhe der unterstellten Förderkosten – insgesamt noch zwischen 1,25 und 4
Millionen Tonnen Uran „wirtschaftlich" abbaubar. Es handelt sich zum Teil
um gesicherte und zum Teil um vermutete Uranvorkommen.
Bezogen
auf den Uranbedarf des Jahres 2004 in Höhe von 62 000 Tonnen reichen die
Reserven noch für etwa 20 bis 65 Jahre.
Würden
die Atomkraftwerkskapazitäten noch ausgebaut werden, wären die Reserven
entsprechend schneller erschöpft. Nach den Vorstellungen der IAEA könnte sich
der Uranbedarf bis zum Jahre 2050 auf insgesamt 7,6 Millionen Tonnen summieren.
Angesichts einer geschätzten Gesamtmenge von „wirtschaftlich" gewinnbarem
Uran von maximal 4 Millionen Tonnen wären die Reserven im Falle eines Ausbaus
der Atomenergie lange vor 2050 erschöpft.
Allenfalls
mit Schnellen Brutreaktoren ließen sich die Uranvorräte zeitlich strecken. Doch
die „Schnellen Brüter" sind weltweit aus technischen,
sicherheitstechnischen und aus wirtschaftlichen Gründen gescheitert.
In
den USA wurde die Entwicklung dieses Reaktortyps bereits 1977 wegen des großen
Gefahrenpotenzials gestoppt. Das britische Brüterprogramm scheiterte an den
hohen Kosten und an mangelnden Erfolgsaussichten. In Deutschland konnte der
über 5 Milliarden Euro teure Schnelle Brüter in Kalkar wegen ungelöster
Sicherheitsfragen und technischer Probleme nicht in Betrieb gehen. In
Frankreich musste der Schnelle Brüter Superphenix 1990 nach nur 176
Betriebstagen aus technischen Gründen außer Betrieb genommen werden. Der
japanische Schnelle Brüter Monju wird wegen gravierender technischer Probleme
repariert.
Das
zeigt: Schnelle Brüter stellen auch keine Lösung für die extrem knappen
Uranreserven dar.
Die
Atomenergie führt also schon in kurzer Zeit in die Sackgasse. In wenigen
Jahrzehnten, vielleicht schon in 20 oder 30 Jahren, wird Uran so knapp und
teuer, dass der Atomstrom – trotz massiver Subventionen – endgültig
unwirtschaftlich wird.
Im
Gegensatz dazu sind erneuerbare Energien (Sonne, Wind, Wasser und Biomasse)
unerschöpflich. So lange die Sonne auf unseren Planeten scheint und Menschen
auf diesem Planeten leben, stehen diese Energiequellen zur Verfügung.
2. Hochstapler Atomkraft
Atomstrom ist für die
Energieversorgung verzichtbar
Um
die Bedeutung der Atomenergie zu vergrößern, beschränkt sich die Atomwirtschaft
meist auf die Darstellung des Anteils der Atomenergie an der Stromerzeugung.
Der Energiebedarf der Menschheit beschränkt sich aber keineswegs nur auf den
Bedarf an elektrischem Strom. Weitaus größere Energiemengen werden benötigt für
den Verkehr und für Wärmezwecke (zum Kochen, Heizen und für industrielle
Prozesse).
Eigentlich
ist die Atomenergie relativ unbedeutend: Nach der Energiestatistik der
International Energy Agency („Key World Energy Statistics 2003") wurden im
Jahr 2001 weltweit 2 653 Terawattstunden Atomstrom erzeugt.
Diese
Menge Atomstrom entsprach lediglich 6,9 Prozent des globalen
Primärenergiebedarfs. Doch selbst dieser geringe Anteil stellt eine
Überbewertung der Atomenergie dar. Denn bei Strom aus Wasserkraftwerken,
Windkraftanlagen und Solaranlagen wird nach statistischen Gepflogenheiten
(Wirkungsgradmethode) als Primärenergie nicht etwa die Energie des Wassers, des
Windes oder der Sonne angegeben – so wie man es beim Uran macht. Als Primärenergie
wird – im Unterschied zur Atomenergie – nur die Energiemenge des gewonnenen
Stroms selbst gewertet.
Das
ist natürlich problematisch, weil so Äpfel mit Birnen verglichen werden: Im
einen Fall gibt man die Primärenergie an, mit denen das Kraftwerk betrieben
wird (Uran, nicht Atomstrom), im anderen Fall gibt man die Energie an, die aus
der Anlage herauskommt (Strom, nicht Wasser, Wind bzw. Sonne).
Nach
der so genannten Substitutionsmethode lässt sich dieses Problem auflösen.
Hierbei werden nicht nur beim Atomstrom die Umwandlungsverluste im
Atomkraftwerk berücksichtigt, sondern auch bei Strom aus erneuerbaren Energien
ein Primärenergieverbrauch angenommen; dieser entspricht der Energiemenge, die
bei einer gleich hohen Stromerzeugung in durchschnittlichen fossilen
Kraftwerken (die sie je substituieren, daher der Name Substitutionsmethode)
erforderlich sein würde!
Unterstellt
man hier vergleichbar der Atomenergie einen Umwandlungswirkungsgrad von 33%,
resultiert beispielsweise für die Stromerzeugung aus Wasserkraft, der nach der
Wirkungsgradmethode ein Anteil von 2,2% beigemessen wird, heute schon einen
Primärenergieanteil von 6,6%.
Man
kann dies auch genau umgekehrt betrachten und die Atomenergie genauso bewerten
wie die Wasserkraft. Dann ergibt sich, dass die Atomenergie im Jahr 2001 nur
2,3 Prozent des weltweiten Energieverbrauchs deckte!
Das
zeigt: Allein die Wasserkraft trug mit 2,2 Prozent fast genau so viel zum
Weltenergiebedarf bei wie die Atomenergie mit 2,3 Prozent.
Dass
dies kein Rechentrick ist, lässt sich auch unmittelbar der Statistik der
International Energy Agency für das Jahr 2001 entnehmen. Demnach wurden 2646
Terawattstunden Atomstrom und 2569 Terawattstunden Strom in Wasserkraftwerken
erzeugt. Die Wasserkraftwerke lieferten also fast genau so viel Strom wie die
Atomkraftwerke.
Durch
die offizielle Primärenergiestatistik entsteht aber eine drastische Schieflage:
Trotz nahezu gleicher Stromerzeugung weist die International Energy Agency für
Wasserkraft einen Primärenergieanteil von nur 2,2 Prozent aus, während der
Anteil der Atomenergie künstlich von 2,3% auf 6,9% hochgeschraubt wird.
Verdoppelt
sich der Primärenergiebedarf bis zum Jahr 2050 – so wie es die
Weltenergieszenarien großteils annehmen – dann würde die Atomenergie völlig
bedeutungslos und könnte im Jahr 2050 selbst bei einem unterstellten moderaten
Ausbau der Atomenergie gerade mal 1 bis 2 Prozent des Weltenergiebedarfs decken
– vorausgesetzt, es wären noch erschwingliche Uranreserven vorhanden.
Die
erneuerbaren Energien insgesamt machen schon heute einen weitaus höheren Anteil
des Weltenergiebedarfs aus als die Atomenergie.
Betrachtet
man nicht nur die Wasserkraftwerke, sondern auch die aus Windkraftanlagen,
Solaranlagen und insbesondere die über die verschiedenen Formen der Biomasse
gewonnene Energie, dann lag der Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr 2001
in der Größenordnung von 13 Prozent (Primärenergie).
Schon
bis zum Jahre 2004 kam es aufgrund des Zubaus insbesondere von Windkraftanlagen
und Solaranlagen zu einem nennenswerten Anstieg des Anteils der erneuerbaren
Energien.
Die
Menschheit kann auf den geringen Beitrag der Atomenergie durchaus verzichten.
Die Risiken atomarer Unfälle und die Produktion von hochradioaktivem Atommüll
stehen in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem geringfügigen Gewinn an Energie
für eine kurze Zeitspanne. Atomstrom ist gefährlich und überflüssig.
3. Risikotechnik Atomkraft
Super-GAU-Risiko in Europa: 16
Prozent!
Zahlreiche
Sicherheitsstudien haben gezeigt, dass es in allen Atomkraftwerken zu schweren
Unfällen („Super-GAU") kommen kann, bei denen ein Großteil der
lebensbedrohlichen radioaktiven Stoffe in die Umgebung freigesetzt wird. Die
technischen Einrichtungen können versagen und auch die Menschen, die in den
Kraftwerken arbeiten, können schwere Fehler machen, die zum Super-GAU führen.
Hinzu kommt die Gefahr terroristischer Anschläge auf Atomkraftwerke.
Eine
besondere Gefahrenquelle stellt auch die zunehmende Liberalisierung der
Strommärkte dar. Denn dadurch steigt auch der Kostendruck auf die Atomkraftwerksbetreiber.
In Deutschland führte dies beispielsweise schon dazu, dass die Zahl der
Prüfungen von sicherheitsrelevanten Komponenten reduziert und notwendige
Reparaturen zeitlich verschoben werden.
Es
ist bemerkenswert, was in den Atomkraftwerken – verborgen hinter grauen Mauern
– schon alles geschehen ist. Rohrleitungen rosten vor sich hin und bekommen
immer wieder gefährliche Risse. Vereinzelt sind bereits Rohrleitungen geplatzt.
Eine heftige Wasserstoffexplosion zerstörte in einem Atomkraftwerk eine
Rohrleitung. Immer wieder fallen in Atomkraftwerken die Brennelemente von den
Verladekränen. Wiederholt stoppte das Kraftwerkspersonal absichtlich zentrale
Sicherheitssysteme. Nach der Reparatur von Sicherheitssystemen wird nicht
selten vergessen, diese wieder zu aktivieren. Es kam vor, dass ein Schutzhelm
bei Wartungsarbeiten in eine Pumpe gefallen ist und später zum Ausfall der
sicherheitstechnisch wichtigen Pumpe führte. Blitze und Unwetter führten wiederholt
zum gefürchteten „Notstromfall". In einem Atomkraftwerk kam es schon zum
Totalausfall der Stromversorgung. Mehrfach gab es in Atomkraftwerken
gefährliche Brände. Aufgrund von Alterungsprozessen verstellen sich immer
wieder Sollwerte in der Kraftwerkssteuerung, so dass Sicherheitssysteme nicht
ordnungsgemäß aktiviert werden. Eine neue digitale Steuerungstechnik – wie sie
auch beim Europäischen Druckwasserreaktor (EPR) eingesetzt wird – führte in
einem Atomkraftwerk dazu, dass mit dem Schnellabschaltsystem die wichtigste
Sicherheitseinrichtung außer Kraft gesetzt wurde ... Die Liste ließe sich
fortsetzen.
Die
große Gefahr besteht darin, dass die Kühlung des Reaktorkerns, in dem sich die
uranhaltigen Brennstäbe befinden, versagt und der Reaktorkern aufgrund der
hohen Temperaturen schmilzt. Kommt es zur so genannten „Kernschmelze",
dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass die radioaktiven Stoffe in die
Umgebung freigesetzt und mit den Luftmassen über Hunderte oder gar Tausende von
Kilometern verbreitet werden.
Im
US-amerikanischen Atomkraftwerk Harrisburg (Three Mile Island/TMI) ist 1979 ein
Drittel des Reaktorkerns geschmolzen. Im ukrainischen Tschernobyl kam es 1986
zur vollständigen Kernschmelze und zur Freisetzung des radioaktiven Inventars.
Die „Strahlenwolke" von Tschernobyl verbreitete sich über ganz Europa und
verseuchte Luft, Böden, Wasser und Nahrungsmittel.
Das
Risiko, dass es zu einem schweren Atomunfall, zum Super-GAU, kommt, ist
keineswegs gering.
Nach
der offiziellen "Deutschen Risikostudie Kernkraftwerke - Phase B"
kommt es in einem deutschen Atomkraftwerk mit einer Wahrscheinlichkeit von
0,000029 pro Jahr zu einem Kernschmelzunfall. Legt man heute eine Betriebszeit
eines Atomkraftwerks von 40 Jahren zugrunde, so ergibt sich für einen Atomkraftwerksblock
eine Super-GAU-Wahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent.
Mit
der Zahl der betriebenen Atomkraftwerke steigt natürlich die Wahrscheinlichkeit
für einen Super-GAU. In der Europäischen Union waren Anfang des Jahres 2004
mehr als 150 Atomkraftwerksblöcke in Betrieb. Die Wahrscheinlichkeit, dass es
in Europa innerhalb von 40 Jahren zu einem Super-GAU kommt, liegt demnach bei
16 Prozent oder anders ausgedrückt bei 1 zu 6. Dies entspricht der
Wahrscheinlichkeit, beim Würfeln auf Anhieb eine 6 zu würfeln.
Entsprechend
kann man auch abschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit es in einem der
weltweit betriebenen Atomkraftwerke zum Super-GAU kommt. 2004 waren rund 440
Atomkraftwerksblöcke in Betrieb. Global betrachtet liegt die Wahrscheinlichkeit
für einen Super-GAU innerhalb von 40 Jahren bei 40 Prozent.
Die
Zeitspanne von 40 Jahren heißt aber nicht, dass es erst in 40 Jahren zum Unfall
kommen kann. Der Super-GAU kann bereits morgen oder übermorgen Realität werden.
Genauso wenig ist auszuschließen, dass innerhalb von 40 Jahren zwei- oder
dreimal ein Super-GAU eintritt.
Die
Internationale Atomenergie Organisation (IAEA) und im Atomgeschäft tätige
Unternehmen wie Siemens und AREVA plädieren für einen weiteren Ausbau der
Atomenergie. Es liegt auf der Hand, dass das Risiko für einen Atomunfall dann
noch weiter ansteigen würde.
Um
Jahr 1986 ist es im Atomkraftwerk Tschernobyl zu dem folgenschwersten Super-GAU
in der Geschichte der Atomenergie gekommen. Der Unfall forderte mehrere
zehntausend Todesopfer.
Nach
der Tschernobyl-Katastrophe wurde in den betroffenen Republiken Belarus (70 %),
Ukraine (15%) und Russland (15%) eine Fläche von etwa 10 000 km2 zur
Sperrzone und Zone der strikten Kontrolle erklärt. Mehr als 500 000 Menschen
mussten umgesiedelt werden, d. h. sie haben auf Dauer ihre Wohnungen, Häuser
und Arbeitsstätten verlassen, mehr als 200 000 Menschen mussten aus den
Sperrzonen evakuiert werden.
In
vielen Ländern, in denen Atomkraftwerke betrieben werden, ist die
Bevölkerungsdichte wesentlich höher als in der Tschernobyl-Region. In
Mitteleuropa ist die Bevölkerungsdichte beispielsweise zehnmal höher. Bei einem
Super-GAU im Westen müsste man wegen der 10-fach höheren Besiedlungsdichte
entsprechend mehr Menschen umsiedeln, verbunden mit dem Verlust von Gesundheit,
Arbeit und Gütern.
Nicht
zuletzt auch die finanziellen Verluste eines Super-GAU sind praktisch
vollständig von den Opfern zu tragen. Die möglichen finanziellen Schäden eines
Super-GAU wurden in einer Studie im Auftrag des deutschen Wirtschaftsministeriums
auf bis zu 5400 Milliarden Euro geschätzt (Prognos AG, Basel). Die
Schadensdeckung eines Atomkraftwerks liegt weltweit aber nur bei maximal 2,5
Milliarden Euro. Das sind weniger als 0,1 Prozent der erwarteten Schäden. Für
mehr als 99% der bei einem Super-GAU erwarteten Schäden gibt es also seitens
der Atomindustrie keine Deckungsvorsorge. Die Opfer gehen praktisch leer aus.
4. Müllmacher Atomkraft
Wohin mit dem Atommüll?
Jedes
Atomkraftwerk verwandelt durch die Kernspaltung Uranbrennstäbe in extrem langlebigen,
hochradioaktiven Atommüll. Jeder, der sich den „verheizten"
Kernbrennstoffen nähert, erhält eine tödliche Dosis radioaktiver Strahlung.
Ein
Atomkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 1300 Megawatt produziert
jährlich rund 30 Tonnen und in 40 Jahren etwa 1200 Tonnen hochradioaktiven
Abfall. Weltweit entstehen in den etwa 440 Atomkraftwerken schätzungsweise 8300
Tonnen hochradioaktiver Atommüll pro Jahr. Bei einer angenommenen
durchschnittlichen Betriebszeit von 35 Jahren hinterlässt diese Generation von
Atomkraftwerken grob geschätzt 290 000 Tonnen hochradioaktiven Atommüll sowie
ein zigfaches dessen an schwach- und mittelaktivem Müll.
Dieser
Atommüll strahlt und gefährdet Menschen für Hunderttausende von Jahren.
Plutonium-239
etwa hat eine Halbwertszeit von rund 24 000 Jahren. Das bedeutet, dass
beispielsweise von 100 Tonnen Plutonium nach 24 000 Jahren noch die Hälfte,
also 50 Tonnen vorhanden sind. Nach weiteren 24 000 Jahren sind noch 25 Tonnen
übrig. Nach weiteren 24 000 Jahren sind noch 12,5 Tonnen übrig. Nach weiteren
24 000 Jahren sind noch 6,25 Tonnen übrig.
Nach
der unvorstellbaren Zeit von rund 100 000 Jahren sind also von 100 Tonnen
Plutonium-239 noch immer etwa 6 Tonnen übrig. Da etwa 5 kg genügen, um eine
Atombombe (Plutoniumbombe) zu bauen, wäre nach 100 000 Jahren also noch immer
genügend Material für rund 1200 Atombomben vorhanden.
Da
weniger als ein Milligramm Plutonium-239 beim Menschen Lungenkrebs auslösen
kann, reichen die 6 Tonnen dieser Substanz theoretisch aus, um bei mehr als 6
Milliarden Menschen Lungenkrebs hervorzurufen.
Wie
Analysen der hochradioaktiven Abfälle aus Atomkraftwerken zeigen, tragen
Isotope wie etwa Technetium-99, Zirconium-93, Niobium-93, Uran-233 (und
Töchter), Cäsium-135, und insbesondere Neptunium-237 sogar nach mehr als einer
Million Jahre noch nennenswert zur Strahlenbelastung des Atommülls bei!
Wenige
Jahrzehnte der Nutzung der Atomenergie hinterlassen also hochgefährlichen
Atommüll für Generationen, deren Zahl wir uns nicht vorstellen können. Die
Nutzung der Atomenergie sichert einer Generation dieser Erde drei Prozent ihres
Energiebedarfs und hinterlässt nicht nur unseren Kindern und Enkeln, sondern
einer nicht vorstellbaren Zahl von Generationen tödlichen Strahlenmüll für
Hunderttausende von Jahren.
Dieser
Müll muss also für viele hunderttausend Jahre oder sogar für über eine Million
Jahre sicher von der Biosphäre, das heißt von Menschen, Tieren und Pflanzen
abgeschottet werden.
Den
Atommüll für eine so lange Zeitdauer in einem Endlager sicher von allem Leben
abzuschirmen, ist allerdings eine unlösbare Aufgabe. Jedes Gestein dieser Erde,
in welches man den Atommüll vergraben könnte, birgt das Risiko, dass sich
radioaktive Stoffe zum Beispiel über Wasseradern einen Weg an die Erdoberfläche
suchen und diese verseuchen.
Der
Sachverständigenrat für Umweltfragen der deutschen Bundesregierung stellte in
seinem „Umweltgutachten 2000" fest, dass der Bau eines auf Dauer sicheren
Endlagers für Atommüll aus wissenschaftlicher Sicht praktisch unmöglich ist: „Eine
Abschätzung des Gefährdungspotenzials über einen derartig langen Zeitraum
hinweg ist nahezu ausgeschlossen. Untersuchungen, die eine Basis für geeignete
Endlager bilden sollen, sind letztlich nie zu einem naturwissenschaftlich
einwandfreien Nachweis eines absolut sicheren Endlagers gelangt. Der Umweltrat
ist davon überzeugt, dass es keinen idealen Standort für Endlager für
(hoch-)radioaktive Abfälle gibt."
Auch
die U.S. National Academy of Sciences stellte schon 1983 fest, dass „praktisch
das gesamte Jod-129 [Halbwertszeit 15,7 Millionen Jahre] in nicht
wiederaufgearbeitetem bestrahltem Brennstoff in Endlagern in Nassgestein
irgendwann einmal in die Biosphäre eindringt."
Atomkraftwerke
werden nun schon seit mehr als 50 Jahren betrieben und noch immer weiß niemand,
wo der Müll einmal bleiben kann.
5. Bombenrisiko Atomkraft
Atomenergie fördert die
Verbreitung von Atomwaffen
Die
Geschichte lehrt, dass viele Länder, die in die Atomtechnologie eingestiegen
sind, vorrangig ein militärisches Interesse damit verbanden. Das heißt: Sie
wollten nicht nur Strom produzieren, sondern auch die Fähigkeit erwerben,
Atombomben zu bauen.
In
den USA und in der Sowjetunion war das Interesse am Bau von Atombomben von
Beginn an das ausschlaggebende Motiv beim Einstieg in die Atomtechnologie.
Unter
dem Eindruck der US-Doktrin „Atoms-for-Peace" von 1953 starteten
zahlreiche Länder offiziell ein rein ziviles Atomprogramm, obwohl es ihnen um
den Zugang zur Bombentechnologie ging.
So
ist in Europa das militärische Motiv nachzuweisen bei den zunächst rein zivil
deklarierten Atomprogrammen Großbritanniens, Frankreichs, Schwedens, der
Schweiz und Spaniens. Alle diese Programme zielten, zumindest in ihren ersten
beiden Jahrzehnten, darauf ab, eine industrielle Kapazität zur Produktion von
Waffen-Plutonium zu schaffen.
Außerhalb
Europas betrieben unter anderem folgende Länder ein zivil getarntes
Atomprogramm für militärische Zwecke: Argentinien, Brasilien, Südafrika, Israel
und Irak. Für andere Länder wie den Iran wird entsprechendes vermutet. Auch
Nordkorea wird verdächtigt, über mindestens eine Atombombe zu verfügen. Zuletzt
gelang es Indien und Pakistan, auf der Basis eines als zivil deklarierten
Atomprogramms Atombomben zu entwickeln und ihr militärisches Potenzial durch
Atombombentests öffentlich zu demonstrieren.
In
Japan drohte der Präsident der Liberalen Partei im April 2002 damit, sein Land
könne Tausende von Atomsprengköpfen bauen. Das dafür notwendige Plutonium sei
verfügbar, weil Japan mehr als 50 kommerzielle Atomkraftwerke betreibe.
Alle
Länder, die an die Technologie zum Bau von Atombomben gekommen sind – oder dies
jahrelang versucht haben –, wurden dabei von Ländern mit vorhandenen
Atomprogrammen unterstützt. Der Export von – vermeintlich ziviler –
Atomtechnologie, Know-how und spaltbaren Stoffen ist der Weg für die
Verbreitung der Techniken und von Know-how zum Bau von Atomwaffen.
Alle
Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Länder, die Atomtechnik exportieren,
sorgen für eine Weiterverbreitung einer hochgefährlichen Waffentechnologie.
6. Klimaflop Atomkraft
Ein Ausbau der Atomenergie kann
das Klima nicht retten
Seit
Jahren empfiehlt sich die Atomwirtschaft verstärkt mit dem Argument, die
Atomenergie sei wichtig, um die Klimakatastrophe abzuwenden.
Doch
selbst die Atomwirtschaft gibt zu, dass man die Treibhausgasproduzenten Kohle,
Erdöl und Erdgas durch Atomkraftwerke gar nicht ersetzen kann. So erklärte der
langjährige Chef des im Atomgeschäft engagierten Siemens-Konzerns
(Beteiligungsgesellschaft Framatome ANP), Heinrich von Pierer, 1991 auf der
„Jahrestagung Kerntechnik":
„Aus
vielen Gründen unrealistisch wäre aber der Versuch, alle fossilen Energieträger
durch Kernenergie ersetzen zu wollen. Das geht mit heutiger Technik weder
regional noch global."
Schon
wenn man auch nur einen geringen Teil der fossilen Energie im Jahr 2050 mit
Atomstrom ersetzen wollte, stieße man an Grenzen. Es müssten bis zu 1000 neue
Atomkraftwerke mit einer elektrischen Leistung von jeweils 1300 Megawatt gebaut
werden, um bei dem erwarteten Anstieg des Weltenergieverbrauchs bis zum Jahre
2050 10 Prozent der fossilen Primärenergie durch Atomenergie zu ersetzen.
Der
Bau dieser Großanlagen würde mehrere Jahrzehnte dauern. Denn der Atomwirtschaft
gelang es selbst in ihrem besten Jahr (1985) lediglich 34 Gigawatt,
entsprechend 26 großen Atomkraftwerken, neu in Betrieb zu nehmen. Und seitdem
sind die Fertigungskapazitäten für neue Atomkraftwerke deutlich gesunken. Der
Zubau von 1000 neuen Großkraftwerken könnte also durchaus 40 Jahre Zeit
erfordern. Zusätzlich müssten die gegenwärtig rund 440 Atomkraftwerke aus
Altersgründen teilweise durch neue ersetzt werden.
Es
ist allerdings fragwürdig, ob es überhaupt gelänge 1000 neue Atomkraftwerke zu
bauen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Das Problem, für so viele Anlagen
geeignete Standorte zu finden. Die begrenzten Fertigungskapazitäten der
Atomkraftwerkshersteller einschließlich des Mangels an qualifizierten
Fachleuten. Die fehlende Akzeptanz für die Atomenergie in vielen Ländern. Die
fehlende Bereitschaft vieler Banken und Unternehmen, in den in vielen Ländern
teil-liberalisierten Märkten in die teure und risikobehaftete Atomenergie zu
investieren. Die Knappheit der Uranreserven.
Doch
selbst wenn es gelänge, 1000 neue Atomkraftwerke zu errichten, so wäre das ein
Ersatz für gerade mal rund 10 Prozent der fossilen Energie. 90 Prozent des
Problems wären trotz dieser Kraftanstrengung noch immer ungelöst.
Wenn
diese 1000 neuen Atomkraftwerke zudem erst in mehreren Jahrzehnten zur
Verfügung stehen, so kommt selbst diese marginale Maßnahme für den Klimaschutz
unter Umständen viel zu spät, um den von Klimaforschern erwarteten Klimawandel
abzuwenden oder zumindest deutlich zu begrenzen.
Selbst
die Internationale Atomenergie Organisation IAEA gab im Juni 2004 in einem
Bericht zu, dass die Atomenergie sogar unter günstigsten Bedingungen überhaupt
nicht schnell genug ausgebaut werden könnte, um den Klimawandel zu begrenzen.
All
das zeigt, dass die Atomenergie das Klimaproblem nicht lösen kann.
Um
zu erkennen, welche energiepolitische Entwicklung dem Klimaproblem gerecht
werden, indem der Kohlendioxid-Austausch reduziert wird, ist es sinnvoll,
verschiedene Weltenergieszenarien zu vergleichen.
Energieszenarien
des Ölmultis Shell und ein Großteil der Szenarien der Weltenergiekonferenz
(WEC) gehen bis zum Jahre 2050 von einem drastischen Wachstum des globalen
Primärenergieverbrauchs aus, wobei die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut
werden, die Atomenergienutzung ausgeweitet wird und auch fossile Energieträger
in stärkerem Maße als heute verbrannt werden. Die – wegen der Zunahme der
Verbrennung fossiler Energieträger – naheliegende Konsequenz aller dieser
Szenarien ist, dass die weltweiten Kohlendioxidemissionen weiter drastisch
ansteigen würden.
So
ist das Klimaproblem nicht zu lösen.
Vergleicht
man diese Szenarien mit einem weiteren Szenario der Weltenergiekonferenz (WEC),
mit dem „Renewable intensive Global Energy Scenario" von Johansson et al.,
dem „Solar Energy Economy"-Szenario von Nitsch et al., mit dem Szenario
des Wissenschaftlichen Beirats der deutschen Bundesregierung Globale
Umweltveränderung (WBGU) und mit dem „Faktor 4- Szenario" von Lovins,
Hennicke et al., dann zeigt sich, wie das Klimaproblem bewältigt werden kann:
1.
Begrenzung des Wachstums des globalen Primärenergieverbrauchs durch den Einsatz
effizienter Energienutzungstechniken auf der Erzeugungs- und Anwendungsseite
(Rückgang des Primärenergieverbrauchs in den Industrieländern, Begrenzung des
Anstiegs des Primärenergieverbrauchs in den Schwellen- und
Entwicklungsländern).
2.
Reduktion der Verbrennung fossiler Energieträger.
3.
Verzicht auf die Nutzung der Atomenergie.
4.
Forcierter Ausbau der erneuerbaren Energien.
7. Arbeitsplatzarme Atomkraft
Arbeitsplätze? Windbranche schlägt
Atomindustrie!
Am
Beispiel Deutschland lässt sich aufzeigen, dass die Erneuerbaren Energien sehr
viel mehr Arbeitsplätze anbieten können als die Atomenergie.
In
der deutschen Atomindustrie waren im Jahr 2002 nur noch maximal 30.000 Menschen
beschäftigt. Im gleichen Jahr arbeiteten aber allein in der deutschen
Windenergiebranche bereits mehr als 53.000 Menschen, obwohl der Beitrag der
Windenergie zur Stromerzeugung noch bei weitem unter dem der Atomenergie lag.
Die
gesamte Branche der erneuerbaren Energien sicherte nach Angaben des deutschen
Umweltbundesamtes 2002 rund 120 000 Arbeitsplätze. In nur vier Jahren hatten
die Arbeitsplätze um 80 Prozent zugenommen.
In
den kommenden 10 bis 20 Jahren wird erwartet, dass allein in Deutschland 500
000 Arbeitsplätze oder mehr entstehen werden.
Das
zeigt: weltweit könnten durch den Ausbau erneuerbarer Energien in kurzer Zeit
viele Millionen neue Arbeitsplätze entstehen.
8. Alternativen zur Atomkraft
100% Energie aus Sonne, Wind,
Wasser & Biomasse
Das
theoretisch verfügbare Energieangebot der natürlichen Energiequellen Sonne,
Wind, Wasser, Biomasse, Meeresenergie und Erdwärme ist 3000-mal größer als der
derzeitige Weltenergiebedarf. Allein die verfügbare Sonneneinstrahlung entspricht
2850-mal dem Weltenenergiebedarf. Das Windenergieangebot entspricht 200-mal dem
Weltenergiebedarf. Selbst das Biomasse-Angebot entspricht noch 20-mal dem
heutigen Weltenergiebedarf.
Technisch
nutzbar ist von diesem theoretischen Energieangebot der erneuerbaren Energien
natürlich nur ein Teil. Nach Angaben des Forschungsverbunds Sonnenenergie
könnten die erneuerbaren Energien beim heutigen Stand der Technik aber immerhin
das 6-fache des Weltenergiebedarfs decken.
Das
zeigt: eine vollständige Deckung des Weltenenergiebedarfs mit erneuerbaren
Energien ist problemlos möglich.
Selbst
Shell gibt zu, dass im Jahr 2050 so viel Energie aus erneuerbaren Energien
gewonnen werden kann, wie die Menschheit heute verbraucht. Sonne, Wind, Wasser und
Biomasse und andere erneuerbare Energien könnten demnach im Jahr 2050 eine
Primärenergiemenge von 580 Exajoule bereitstellen. Das wäre weit mehr als die
globale Primärenergieproduktion des Jahres 1997: damals wurden 390 Exajoule
verbraucht.
Auch
Joachim Nitsch zeigte mit seinem Weltenergieszenario „Solar Energy
Economy" (SEE) auf, dass die erneuerbaren Energien bis 2050 rund 490
Exajoule und somit mehr Energie liefern können, als heute weltweit verbraucht
wird. Das Szenario von Nitsch sieht in den Industriestaaten zudem eine
engagierte Energieeffizienzpolitik vor, um das Wachstum des globalen
Primärenergieverbrauchs zu begrenzen. Fossile Energieträger würden 2050 nur
noch 24% der Energie liefern. Atomstrom wird nicht benötigt. Mit diesem
Energiepfad könnten die Kohlendioxidemissionen weltweit von 23 Milliarden
Tonnen im Jahr 1997 auf 11 Milliarden Tonnen im Jahr 2050 gesenkt werden.
Schon
Ende der 70er und Anfang der 80er Jahren des 20. Jahrhunderts zeigten mehrere
Studien für die USA, Westeuropa und für Frankreich die Möglichkeit einer
Vollversorgung mit erneuerbaren Energien auf.
Für
Deutschland hat das Parlament (Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages)
2002 ein Energieszenario präsentiert, wonach bis 2050 die gesamte deutsche
Energieversorgung mit erneuerbaren Energien realisierbar ist. Was in
Deutschland – ein Land mit kleiner Fläche, großer Bevölkerungs- und
Energiedichte und hohem Lebensstandard – möglich ist, ist überall möglich.
Selbst die Energiewirtschaft gibt inzwischen zu, dass bis zum Jahre 2050 mehr
Energie aus erneuerbaren Energien bereit gestellt werden kann, als die
Menschheit heute an Energie verbraucht.
Neben
dem Ausbau der erneuerbaren Energien ist entscheidend, das Wachstum des
globalen Primärenergieverbrauchs zu begrenzen. Das „Faktor 4- Szenario"
von Lovins, Hennicke et.al. zeigt, dass mit einer Energie-Effizienzpolitik in
den Industriestaaten das Wachstum des Weltenergiebedarfs von 390 Exajoule im
Jahr 1997 auf 430 Exajoule im Jahr 2050 begrenzt werden kann.
Dieser
Primärenergiebedarf des Jahres 2050 von 430 Exajoule könnte wie dargelegt
vollständig durch erneuerbare Energien bereitgestellt werden.
Die
Vorteile einer solchen Strategie liegen auf der Hand:
1.
Auf Atomenergie könnte sofort verzichtet werden.
2.
Durch den Ersatz der fossilen Energieträger durch erneuerbare Energien bis zum
Jahre 2050 könnten die Ziele der Klimaschutzpolitik übererfüllt werden.
3.
Mit der Effizienzpolitik könnte den Entwicklungs- und Schwellenländern eine
nachholende Entwicklung zugestanden werden, ohne jedoch die Fehler der
Industriestaaten (mangelnde Energieeffizienz, erhebliche Emissionen von
Luftschadstoffen und Treibhausgasen, Gefahren durch Atomkernspaltung) zu
wiederholen.
4.
Während die knapper werdenden fossilen Rohstoffe schon heute immer wieder zu
Rohstoffkriegen führen, stellt der Umstieg auf erneuerbare Energien eine
Strategie dar, die eine der wesentlichen Kriegsursachen deutlich reduzieren
würde.
(Originaltext unter:
http://www.facts-on-nuclear-energy.info)
Quelle:
BUND
9. Atomstrom ist
hochsubventioniert.
Die
Betreiber müssen ihre Anlagen gegen Unfälle mit einer Deckungsvorsorge von
lediglich 2,5 Mrd. Euro versichern. Eine Prognose-Studie beziffert die
finanziellen Schäden eines Super-GAUs in Deutschland jedoch mit 2,5 bis 6
Billiarden Euro. Somit sind weniger als 0,1 % der zu erwarteten Schäden durch
die Betreiber versichert. Eine Versicherung in Höhe der zu erwartenden
Schadenssumme würde Atomkraft unbezahlbar machen. Die Betreiber dürfen zudem
Gewinne für die Endlagerung des Atommülls und den Abbau der Anlagen
zurückstellen, wodurch ihnen 20 Mrd. Euro an Steuern erlassen wurden. Diese
Rückstellungen dürfen sie, bis sie benötigt werden, frei investieren. Atomkraft
wurde seit den 50er Jahren weltweit mit etwa 1 Billiarde Dollar an staatlichen
Geldern subventioniert. Allein in Deutschland wurden 20 Mrd. Euro öffentliche
Mittel in den Bau von Forschungsreaktoren, 9 Mrd. Euro in gescheiterte Projekte
wie den Schnellen Brüter, Hochtemperaturreaktoren und Wiederaufbereitungsanlagen
sowie 14,5 Mrd. Euro in den Rückbau von Atomanlagen und die Erkundung von
Endlagerstätten gesteckt (Quelle: Hermann Scheer (2005): Energieautonomie). In
der EU wird gerade diskutiert, die Nuklearforschungsgelder für den Zeitraum
2007 bis 2011 um über 200 % auf 4,75 Milliarden Euro aufzustocken.
10. Atomkraft zementiert
zentralistische Energieerzeugungsstrukturen
Mit
Atomkraft wird weiter auf das derzeitige System uneffizienter und unflexibler
Großkraftwerke und einer zentralistischen Versorgung gesetzt. Stattdessen
brauchen wir eine Energiewende hin zu effizienten und dezentralen Kraftwerken,
die uns wirklich unabhängig von Energieimporten machen. Mit ihnen lässt sich
flexibel auf Nachfrageschwankungen reagieren und Energie mit Technologien
erzeugen, die den regionalen natürlichen Gegebenheiten am besten angepasst
sind. Die Energieausbeute ist weit höher als bei Großkraftwerken, bei denen die
Abwärme nicht genutzt werden kann (Quelle: Hermann Scheer (2005):
Energieautonomie). Atomanlagen haben einen Wirkungsgrad von 33%, während
beispielsweise Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung einen Wirkungsgrad
von bis zu 95% erreichen können. Durch eine Dezentralisierung der
Energieerzeugung wird auch die Macht der Energiekonzerne beschnitten: Ihr
gravierende Lobbyeinfluss auf die Politik und ihre andere Energieerzeuger
behindernde Monopolmacht kann zurückgedrängt werden. Kein Wunder, dass sie sich
so gegen eine Zukunft mit Erneuerbaren Energien sträuben.
…. „Wenn wir aussteigen,
wird stattdessen Atomstrom aus anderen Ländern mit niedrigeren
Sicherheitsstandards importiert.“
Der
Atomausstieg ist mit Erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und
Energieeinsparung kompensierbar. Nach einer Studie der Deutschen
Energie-Agentur (Dena) können Erneuerbare Energien bis 2015 über 20 Prozent der
Stromerzeugung sichern. Auftraggeber der Studie waren unter anderem das
Bundeswirtschaftsministerium sowie die Energieversorger Eon, RWE und
Vattenfall. Zudem bestehen enorme Potentiale für Energieeinsparung durch Effizienzsteigerung
beim Verbrauch. Laut Zentralverband Elektrotechnik und Elektronikindustrie
(ZVEI) ließen sich beispielsweise jährlich 6,5 Prozent Strom sparen, wenn jeder
dritte – statt derzeit jeder zwanzigste – Elektromotor mit einer elektronischen
Drehzahlregelung ausgerüstet wäre (Die Zeit: Die verbrannten Milliarden). Zudem
bestehen enorme Einsparpotentiale. Allein der Stand-by-Betrieb sämtlicher
Elektrogeräte der deutschen Haushalte benötigt den Strom von zwei
Atomkraftwerken. Durch vermehrte Energieeffizienz und -einsparung sowie den
weiteren konsequenten Ausbau Erneuerbarer Energien ist die Abschaltung aller 17
deutschen Atomkraftwerke leicht zu kompensieren.
Sollten deutsche Atomkraftwerke
nicht dennoch etwas länger laufen - angesichts unserer sicheren Atomkraftwerke?
Nein!
Denn die ältesten und damit unsichersten Kandidaten unter den Atomkraftwerken
sollen gemäß Atomausstiegsvereinbarung zuerst abgeschaltet werden: Biblis A und
B, Neckarwestheim 1 und Brunsbüttel. Eine Laufzeitverlängerung ist nicht zu
verantworten. Diese Atommeiler waren vielleicht mal modern, als sie in den
Siebzigern ans Netz gingen. Heute wären diese ältesten Atommeiler, wollte man
sie neu in Betrieb nehmen, gar nicht mehr genehmigungsfähig. Die Liste der
meldepflichtigen Ereignisse ist besonders bei den älteren Kernkraftwerken hoch.
In der Sicherheitszone des Atomkraftwerks Brunsbüttel kam es im Jahr 2001 sogar
zu einer Wasserstoffexplosion - Expertenangaben zufolge hätte dieser Unfall bei
nur etwas anderem Verlauf bis zur Kernschmelze mit radioaktiver Verstrahlung
führen können. Der Atomkonsens sorgt außerdem dafür, dass das zuletzt gebaute
Atomkraftwerk auch zuletzt abgeschaltet wird: Neckarwestheim 2 - um das Jahr
2021.
Kann
die Laufzeit der ältesten Atomkraftwerke überhaupt verlängert werden?
Nur
in besonderen Ausnahmefällen! Sie müssen vom Bundesumweltministerium genehmigt
werden. Gemäß Atomausstiegsvereinbarung hat jeder Atommeiler eine festgelegte
Restmenge an Strom, die er noch produzieren darf. Wird ein alter Reaktor früher
als geplant stillgelegt, kann ein neuerer den verbleibenden Reststrom
übernehmen. Das ist so festgelegt, weil ältere Anlagen in der Regel weniger
Sicherheit bieten als neuere. Gemäß Atomgesetz können Strommengen aber
grundsätzlich nur von einem älteren auf ein neues Atomkraftwerk übertragen
werden (§ 7 Abs. 1b Satz 1).
Soll
dennoch Strom von einem neueren Atomkraftwerk auf ein älteres übertragen
werden, ist gemäß Atomgesetz eine Ausnahmegenehmigung erforderlich (§ 7 Abs. 1b
Satz 2). Das Atomgesetz schreibt für einen solchen Fall vor, dass der
Bundesumweltminister ausdrücklich zustimmen muss. Allerdings darf die
Übertragung von Strommengen in keinem Fall zu Lasten der Sicherheit gehen. Die
Altanlage muss also zumindest auf dem gleichen Sicherheitsniveau wie die neuere
Anlage stehen. Das muss das Energieversorgungsunternehmen (EVU), das den Antrag
stellt, in einer vergleichenden Sicherheitsanalyse nachweisen. Die Prüfung der
Untersuchung obliegt allein dem Bundesumweltministerium.
Ist eine Laufzeitverlängerung
notwendig, um auf erneuerbare Energien umzusteigen?
Nein!
Diese Zeit zum Umstieg auf erneuerbare Energien wurde bereits in den Zeitraum
für den Atomausstieg einkalkuliert. Das letzte Atomkraftwerk wird demnach
voraussichtlich erst 2021 vom Netz gehen. Allein durch die Steigerung der
Stromproduktion aus den Erneuerbaren von 2005 (45 Milliarden Kilowattstunden
(kWh)) auf die vom Verband der deutschen Netzbetreiber (VDN) prognostizierte
Leistung für 2009 (rund 69 Milliarden kWh) wird in etwa der Strom ersetzt, den
die bis dahin gemäß Atomausstiegs-Vereinbarung abzuschaltenden vier
Atomkraftwerke liefern. Voraussichtlich wird diese VDN-Prognose und auch das
Ziel des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), bis 2010 einen Anteil von Strom
aus erneuerbaren Energien von 12,5 Prozent zu erreichen, sogar übertroffen.
Deutschland
hat in den vergangenen Jahren einen beispielhaften Aufschwung beim Strom aus
erneuerbaren Energien geschafft. Schon heute beträgt der Anteil an der
Elektrizitätserzeugung mehr knapp 11 Prozent (1998: 4 Prozent). Ziel der
Bundesregierung ist es, diesen Anteil bis 2020 auf mindestens 20 Prozent zu
steigern. Realistisch erreichbar sind nach unseren aktuellen Prognosen sogar
circa 25 Prozent. Deutschland ist in diesem Bereich in vieler Hinsicht weltweit
technologisch führend, mit entsprechenden wirtschaftlichen Folgen: Die
Windbranche zum Beispiel hat bei ihrer Wertschöpfung inzwischen einen
Exportanteil von 60 Prozent! Dieser Weg der Innovation - bei konventionellen
Kraftwerken wie bei den erneuerbaren Energien - soll konsequent weitergegangen
werden.
Fazit
Es
gibt keinen Anlass, den mit der Stromwirtschaft vereinbarten Ausstieg aus der Kernenergie
in Frage zu stellen. Er stellt geltendes Recht dar, an dem gemäß dem
Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgehalten wird. Die Zukunft liegt
nicht darin, eine Risikotechnik aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts
wiederbeleben zu wollen. Sie liegt vielmehr in einer nachhaltigen
Energiewirtschaft, die insbesondere auf Effizienz und Einsparung, aber immer
mehr auch auf erneuerbaren Energien basiert.
(Quelle:
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit)