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Interview des Umweltinstituts mit Arpad
Pusztai:
“Wir müssen die Wissenschaft verändern“
(Dez. 2005)
www.umweltinstitut.org/frames/all/m18.htm
Interview mit Prof.
Arpad Pusztai
"Wir müssen die
Wissenschaft verändern"
Dr. Arpad Pusztai
ist einer der wichtigsten wissenschaftlichen Kritiker der Agro-Gentechnik. 1998
wurde Pusztai, ein bekannter Lektinforscher, über Nacht von seinem Arbeitgeber,
dem Rowett Institute in Schottland, entlassen. Sein Vergehen: Er hatte
Fütterungsstudien mit gentechnisch veränderten [gv] Kartoffeln durchgeführt und
die Resultate der Öffentlichkeit präsentiert. Diese Ergebnisse stellten die
Sicherheit genmanipulierter Pflanzen für den menschlichen und tierischen
Verzehr grundsätzlich in Frage. Das Umweltinstitut München hatte Gelegenheit,
Dr. Pusztai zu seinen Vorbehalten gegenüber der Agro-Gentechnik zu befragen.
Umweltinstitut
München e.V. (UIM): Professor Pusztai, vor sieben Jahren wurden die Ergebnisse
ihres Fütterungsversuchs mit gentechnisch veränderten Kartoffeln
veröffentlicht. Worin liegt ihrer Meinung nach die heutige Bedeutung dieses
Versuchs?
Arpad Pusztai:
Meiner Ansicht nach ist es bis heute fast die einzige glaubwürdige Studie über
die gesundheitlichen Effekte von gentechnisch veränderten Pflanzen, die ohne
Einmischung der Industrie entstanden ist. Daher ist sie so objektiv wie nur
irgend möglich. Zweitens hat die Studie ergeben, dass es Probleme mit
gentechnisch veränderten Pflanzen gibt, die dringend gelöst werden müssen. Dies
betrifft zum einen die Frage der veränderten Inhaltsstoffe von Genpflanzen im
Vergleich zu nicht gentechnisch veränderten Pflanzen. In unserer Studie zeigte
sich unter anderem, dass die gv-Kartoffeln veränderte Werte hatten. Wir müssen
uns außerdem fragen, was mit dem Nachwuchs von Versuchstieren geschieht.
Inzwischen wurde gezeigt, dass es dort zu Wachstumsdepressionen kommen kann.
Wenn man das auf den Menschen überträgt, könnte das wichtig sein für die
Entwicklung von Kindern, für die Entwicklung de
r inneren Organe,
das Immunsystem und das endokrine System. Darauf gab es Hinweise in unserer
Studie. Sie sollte unbedingt beachtet werden, als Vergleich zu Studien, die von
der Industrie bezahlt wurden.
UIM: Das verwendete
genveränderte Konstrukt in ihrem Versuch war kein gewöhnliches, wie etwa das
Bt-Gen oder ein Gen für Herbizidtoleranz. Es könnte also Menschen geben, die
sagen: Gut, vielleicht gibt es Probleme mit Lektinen. Das sagt jedoch über
Bt-Pflanzen oder herbizidtolerante Pflanzen nichts aus.
Pusztai: Wir
verwendeten dieselbe Technik, die in Monsantos Laboratorien verwendet wird, nur
das Transgen war ein anderes, nämlich ein zuckerspezifisches Lektin. Unsere
eigentliche Intention war die Entwicklung eines Standardverfahrens für
Sicherheitstest von Genpflanzen in Bezug auf deren Gesundheitseffekte. Wir
verwendeten die Kartoffel also lediglich als Modell; wir wollten etwas generell
Gültiges herausfinden.
UIM: Das
Standardverfahren, das Sie vor sieben Jahren entwickeln wollten, gibt es
allerdings bis heute nicht. Auch ihre Studie wurde nicht, wie ursprünglich von
der Regierung angekündigt, wiederholt und "widerlegt".
Pusztai: Man kann
nicht sagen, dass sie gar nicht verfolgt wurde. Die verschiedenen Events, zum
Beispiel vom gv-Mais, werden getestet. Es gibt jedoch nach wie vor kein
Standardverfahren. Daher wählt jeder Konzern das Studiendesign, das ihm jeweils
passt. Wenn Sie aber ihr Auto zur Überprüfung bringen, bekommen Sie einen
verbindlichen Statusreport, der bei allen Werkstätten gleich ist. Motor,
Getriebe, Bremsen, das alles wird untersucht um sicherzustellen, dass Ihr Auto
ordentlich funktioniert. Ein solches Standardverfahren gibt es für Genpflanzen
nicht. Im Moment pickt sich jeder gerade das heraus, was ihm angenehm ist.
Dieses Standardverfahren muss aber dringend entwickelt werden, um der Gesellschaft
eine Sicherheit zu geben, dass gv-Pflanzen keine negativen Auswirkungen auf die
Gesundheit haben. Wir brauchen also eine Art Gold-Standard.
UIM: 1998 gingen Sie
mit den Ergebnissen Ihres Versuches an die Öffentlichkeit, Sie sagten:
"Wenn ich die Wahl hätte, würde ich gv-Pflanzen sicher nicht essen,
jedenfalls so lange nicht, bis es gesicherte Testergebnisse aus
Untersuchungsverfahren gibt, die mit unseren vergleichbar sind". Wenn Sie
die heutige Situation der Sicherheit von gv-Pflanzen betrachten, möchten Sie
gerne Gen-Soja oder Gen-Mais auf Ihrem Teller haben?
Pusztai: Sehen Sie,
der Grund, warum die Industrie unsere Studie bekämpfte, war, dass wir
herausgefunden hatten, dass nicht das verwendete Transgen die Probleme
verursacht, sondern die Technik, der gentechnische Eingriff als solcher. Das
gilt nach wie vor für jede einzelne Genpflanze, die auf dem Markt ist. Sie
können ein anderes Transgen verwenden, aber normalerweise sind z.B. Promotoren
und Markergene und die verwendete Technik überall gleich. Nach wie vor findet
die Übertragung der Gene mit Agrobacterium oder mit dem Schrotschussverfahren
statt. Selbst wenn das Transgen nicht toxisch ist, müssen wir also dennoch
besorgt sein über den gentechnischen Eingriff selbst. Ohne ein
Standardverfahren wird die Unsicherheit darüber immer bleiben. Unsicherheit ist
nur gut für die Unternehmen, die ihre Produkte verkaufen wollen. Aber es ist
definitiv nicht gut für die Öffentlichkeit und die Verbraucher. Und auch für
die Wisse
nschaft ist die
Unsicherheit schlecht. Wir haben es bei gv-Pflanzen mit einem
wissenschaftlichen Problem zu tun, das viele Gesichter hat und viele
Konsequenzen für die Gesellschaft und jeden Einzelnen. Wir müssen als
allererstes die Wissenschaft verändern.
UIM: Sie betonen,
dass Gentechnik keine Technologie ist, sondern eine Technik. Können Sie das
kurz erläutern?
Pusztai: Es ist
keine Technologie, weil Technologie präzise ist. Sie basiert auf
wissenschaftlichen Standards. Gentechnik dagegen ist inhärent unvorhersehbar.
Man weiß nie, was herauskommt. Die Verfahrensweisen der Gentechnik sind wie
eine Art Blindheit. Man kann diese Blindheit theoretisch durch Versuch und
Irrtum verringern. Aber wenn Sie für diese Vorgehensweise nicht die richtigen
Kriterien verwenden, können Sie ein möglicherweise hochtoxisches Produkt
erzeugen. Unsicherheit ist grundsätzlich gefährlich. Man kann natürlich etwas
im Labor kreieren und danach sagen, wir werden sehen, was herauskommt. Aber so
kann man im 21. Jahrhundert einfach nicht vorgehen. Also brauchen wir zum einen
ein Protokoll. Zum anderen müssen wir die Wissenschaft dazu bringen, sich mit
den Problemen der Genmanipulation zu befassen und diese Technik mit einer
berechenbaren Methode ersetzen, die man dann guten Gewissens
"Technologie" nennen kö
;nnte. Die Konzerne
sind glücklich mit der Gentechnik, sie ist relativ billig, hat zwar keine hohe
Effizienz, aber wen kümmert das, wenn der Gewinn stimmt. Da ist es nicht
wichtig, ob es sich um eine Technik oder eine Technologie handelt
Quelle:
Das Interview
führte unser Mitarbeiter Andreas Bauer <gen@umweltinstitut.org>
Erschienen in
unserer Mitgliederzeitschrift Umweltnachrichten, Ausgabe 102 / Dez. 2005
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"Keine
Falschinformation, sondern Desinformation"
Am 28. Oktober 2005
hielt Dr. Arpad Pusztai in Zürich den Vortrag, denn Sie hier als PDF-Datei
herunterladen können.
Vortrag von Dr.
Arpad Pusztai "Keine Falschinformation, sondern Desinformation" als
PDF-Datei zum Herunterladen
http://www.umweltinstitut.org/download/vortrag_pusztai_zuerich_okt_2005.pdf
Powerpoint-Präsentationen
von Dr. Arpad Pusztai in Ergänzung des Vortrags zum Herunterladen
Risiken durch GVO
http://www.umweltinstitut.org/download/risiken.ppt
Pusztais Leitfaden
für die Regulation von GVO
http://www.umweltinstitut.org/download/pusztais_leitfaden_fuer_die_regulation_von_gvo.ppt
Lücken in der
Sicherheitsforschung
http://www.umweltinstitut.org/download/luecken_in_der_sicherheitsforschung.ppt
Falsche Wissenschaft
http://www.umweltinstitut.org/download/falsche_wissenschaft.ppt
Betreff: Fw: [UIM]
Prof. Arpad Pusztai: "Gentechnik als solche ist unvorhersehbar"
(Interview)
Datum: Tue, 30 May 2006 00:59:25 +0200
Von: DNR
Redaktionsbüro Fachverteiler <info-berlin@dnr.de>
Rückantwort: DNR
Redaktionsbüro Fachverteiler <matthias.bauer@dnr.de>
An: ^înfo-service <drb3@dnr.de>
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