weitere infos genetik gentechnik
Fakten, Meinungen, Bewertungen
zu Gentechnik, Genetik,
Fortpflanzungsmedizin, Klonen, Stammzellforschung usw.
(Sammlung von den 1990er Jahren bis Januar 2018 (abgeschlossen)
©
Joachim Krause, Hauptstr. 46, 08393 Schönberg )
(Die folgende Datei können Sie hier auch als PDF herunterladen - Stand
Januar 2018)
A) Hier können die einzelnen Zusammenstellungen nach dem Datum ihrer
Erstellung eingesehen werden, aktuellste Sammlungen zuletzt:
19.7.2000
, 1.8.2000,
1.11.2000
, 21.12.2000
, 4.1.2001 , 12.3.2001 , 7.8.2001 , 8.8.2001 , 11.9.2001 , 26.10.2001 , 7.1.2002 , 23.1.2002 , 24.1.2002 , 6.2.2002 , 5.3.2002 , 30.4.2002 , 3.7.2002
, 27.8.2002 , 21.11.2002
, 20.1.2003 , 4.2.2003
, 26.2.2003 , 17.4.2003 , 24.6.2003 , 27.8.2003 , 24.11.2003
, 28.4.2004 , 16.7.2004 , 30.11.2004 , 3.3.2005 , 2.6.2005,
2.9.2005, 20.1.06, 21.1.06, 30.5.06, 18.8.06, 2.1.2007, 7.6.2007, 20.7.2007, 7.11.2007, 1.2.2008, 20.5.08, 10.7.08, 7.1.09, 26.6.09, 16.12.09, 27.1.2010, 30.3.2010, 27.10.2010, 21.1.2011, 17.6.2011, 2.12.2011, 7.3.2012 (Nachtrag „historischer“ Fakten aus den 1990er
Jahren), 9.7.2012, 14.12.2012, 28.5.2013, 14.9.2013, 23.1.2014, 10.7.2014, 29.1.2015, 7.1.2016, 8.1.2016, 2.3.2017, letzte Aktualisierung
8.1.2018 am Ende der jeweiligen Rubrik ROT
B) In der folgenden Zusammenfassung sind alle bisher erfassten
"Lesefrüchte" in einer Datei vereinigt.
Sie sind nach den gleichen
Stichworten sortiert wie in den Einzelerfassungen.
Die gesuchten Stichworte können auch direkt angeklickt werden; darunter sind
die erfassten Beiträge in der Regel chronologisch aufgelistet (älteste Einträge
zuerst, letzte Eintragungen am Ende).
Es kann allerdings vorkommen, dass etwas, was (eigentlich oder auch) unter
„Gesetze“ fällt, hier unter einem anderen Sachstichwort, z.B. „Klonen“, zu
finden ist.
FAKTEN – QUELLEN – ZUSAMMENHÄNGE
zum Themenbereich Genetik / Gentechnik
Zusammenstellung aller Einzel-Sammlungen
vom 19.7.2000 bis 7.1.2018
die Sammlung
wurde bis Januar 2016 fortlaufend aktualisiert, die aktuellsten Einträge
befinden sich jeweils am Ende der Zusammenstellung zu den einzelnen Stichworten
© Joachim
Krause, Hauptstr. 46, 08393 Schönberg
abgeschlossen mit Stand vom Januar 2018
C) Gentechnik in
der Humanmedizin
M) Gentechnik in
Nahrungsmitteln
R) Stammzellen und
Embryonenforschung
U) IVF,
Schwangerschaft, Eizellspende
W) Gentechnik
militärische Nutzung
Grundsätzliches:
·
Definitionen
können nicht wahr oder falsch sein, sondern allenfalls angemessen, zweckmäßig
oder plausibel.
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 302)
·
Wolfgang
Huber:
Argumente werden nicht gezählt, sondern gewogen
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
einige Definitionen:
·
Die
Medizin ist der Prototyp einer Wissenschaft, die ihre Einheit in der Vielfalt
ihrer Disziplinen von den Zielen her gewinnt, auf die sie gerichtet ist. Diese
Ziele sind die Erkennung, Therapie und Heilung, Linderung sowie Verhütung von
körperlicher und psychischer Krankheit. Die Medizin als Wissenschaft steht in
einer instrumentellen Beziehung zu diesen Zielen. Sie stellt Mittel bereit –
diagnostische, therapeutische, präventive – zu deren Erreichung. Dieser
instrumentelle Charakter wird durch die naturwissenschaftliche Ausrichtung der
modernen Medizin verstärkt.
(EKD-Texte 71: Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen, Argumentationshilfe
für aktuelle medizin- und bioethische Fragen, Hannover August 2002, S.9f., 39)
·
Biotechnologie:
ganz allgemein der Einsatz biologischer Systeme im Rahmen technischer Prozesse
und industrieller Produktion
Gentechnologie:
Anwendung spezieller molekularbiologischer Methoden zur Änderung der
genetischen Eigenschaften von Organismen
FARBENLEHRE der Gentechnik:
Die Anwendung gentechnischer Methoden in der Pflanzenzüchtung, die Nutzung
gentechnisch veränderter Pflanzen in der Landwirtschaft und im
Lebensmittelsektor wird als GRÜNE GENTECHNIK bezeichnet;
Bei der ROTEN GENTECHNIK handelt es sich um medizinische Anwendungen –
etwa die Entwicklung neuartiger Arzneimittel sowie diagnostischer und
therapeutischer Verfahren;
Bei der GRAUEN bzw. WEISSEN GENTECHNIK geht es um die Nutzung
gentechnisch veränderter Mikroorganismen zur Herstellung von Enzymen oder Feinchemikalien
für industrielle Zwecke, in der Mikrobiologie und der Umweltschutztechnik
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen
und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.2)
·
Q:
SPIEGEL 13/1996 S.194ff.
- Weltkongreß der Genom-Forscher
- schon für rund 700 erbliche Krankheiten wurden auslösende Gene lokalisiert,
allein auf X-Chromosom Gene von über 200 Erbkrankheiten
- vor allem US-Wissenschaftler klären menschl. Erbgut im Eiltempo auf
- in wenigen Jahren werden sämtliche drei Milliarden Gen-Bausteine der menschl.
Erbsubstanz entschlüsselt sein
- Einzelgene bestehen aus bis zu 300000 Nukleotiden
- die rund 100000 Erbinformationen, die alle Körperfunktionen des Menschen
steuern, beanspruchen nur drei Prozent des DNS-Bandwurms
- an die 30000 Gene glauben Wissenschaftler mittlerweile geortet zu haben
·
Q:
Gentechnik, Bayerisches Umweltministerium 1/94
- Vermutung: 4500 monogen bedingte vererbte Krankheiten
- Mensch 50-100000 Gene; davon bisher für 4000 Position im Genom bestimmt
- im Human Genom Project sollen nicht nur alle Gene kartiert, sondern auch alle
3 Mrd. Basenpaare sequenziert werden (bisher 10 Mill.)
·
GID
128 8/98 S.5
Genetischer Code nicht einheitlich?
1993 Hefepilz baut häufig statt Leucin Serin ein
„ungenau“ arbeitende t-RNA in Bäckerhefe eingebaut: funktioniert und bewirkt
bes. Resistenz gegenüber Hitze, Schwermetallen, Antibiotika...
·
jede
zweite Krebserkrankung soll auf einen Ausfall des Gens p53 zurückgehen;
Pharmakonzern Pfizer erfolgversprechende Tierversuche, Gen zu reparieren
(hier: Eiweiß soll korrekte Form einnehmen)
(GID 138/2000 S.29)
·
Titel:
Der (fast) unsterbliche Mensch / Den Göttern gleich
Zellmechanismen, die zum Altern (Sterben) beitragen:
a) Verschleiß
in den Mitochondrien entstehen frei Radikale, schädigen M. und greifen andere
Zellstrukturen an;
b) verkürzte Enden
an den Enden der Chromosomen als Schutzkappen Telomere; verkürzen sich bei
jeder Zellteilung, wirken wie eine innere Uhr; ab best. kritischer Länge keine
weiteren Zellteilungen mehr
c) defekte Gene
Enzym Helicase öffnet DNS-Doppelstrang, Basen-Fehler können korrigiert werden;
bei defekter Helicase unterbleibt die Korrektur
(Spiegel 17/2000 S. 159/180)
·
vollständiges
Erbgut des Menschen besteht aus etwa 6,6 Mrd. DNS-Bausteinen
(GEO 2/2000 S.164)
·
p53
Wächter-Gen
Eiweiß kontrolliert ordentliche Zellteilung:
a) kleine Fehler werden repariert
b) zu große Fehler: Selbstzerstörungsprogramm für die Zelle wird eingeleitet
bei Mutationen von p53: entartete Zellteilung möglich, Krebs, 1 Zelle reicht;
60% aller Krebsfälle p53-Störung
·
Durchmesser
einer Tierzelle im Mittel 20 Mikrometer;
Durchmesser DNS-Molekül Doppelhelix 3 x 10-9 m;
Gedankenspiel - Vergrößerungsfaktor 1:100000:
1 Mensch 170 km lang;
1 Zelle 2 m Durchmesser
DNS-Molekül-Faden einer Zelle: 170 km lang, 0,3 mm dick
·
einzelne
Menschen weisen Abweichungen auf, durchschnittlich aller 500 Buchstaben = 10
Mill. Abweichungen ziemlich willkürlich über den Text verstreut; das macht den
genetischen Unterschied zwischen Individuen aus; Mann und Frau unterscheiden
sich in einem Chromosom, in 2% der gesamten Information; der Unterschied zwischen
Menschenmann und Schimpansenmännchen beträgt nur etwa 1,6 Prozent
(bdw 2/2000 S.44; Jens Reich)
·
väterliche
mitochondriale DNS befindet sich (selten) auch noch im Acht-Zell-Stadium in
embryonalen Zellen; also nicht nur mütterliche Vererbung!
(GEO 3/2000 S.188)
·
Doppelhelix,
in sich verdrillte (Strick-)Leiter; die Sprossen der Leiter bilden je zwei
Basen, die Holme (die Stricke) bestehen aus Phosphat- und Zuckermolekülen; die
beiden Basen fügen sich paßgenau ineinander (verhaken sich perfekt), sie sind
„komplementär“; stets bilden A und T sowie C mit G eine Leitersprosse; zum
Ablesen der Gene oder zur identischen Verdopplung der DANN wird die Doppelhelix
wie ein Reißverschluß geöffnet und ein neues Molekül mit komplementärer
Basenfolge ergänzt
·
überall
Proteine: Strukturproteine in Sehnen, Knorpeln, Knochen; Transportproteine
befördern lebenswichtige Moleküle, z.B. Sauerstoff; Enzyme sind verantwortlich
für biochemische Reaktionen;
Werkzeuge, Boten- und Baustoffe des Lebens
·
Humangenom-Projekt:
zunächst nur bekannt: ein durchlaufender genetischer text ohne Komma; der
nächste, entscheidende Schritt wird sein, den vorliegenden Text auch zu
verstehen, welche Funktion kommt den schätzungsweise 80-100000 menschlichen
Genen zu?
·
entschlüsseltes
Erbgut:
Virus 1977: 5375 Basenpaare
Bakterium Haemophilus influenzae 1995
Bäckerhefe 1996: 6000 Gene (viele mit Genen des Menschen identisch!)
Fadenwurm Caenorhabditis elegans 1998: 959 Zellen, 6 Chromosomen, 100 Mill.
Basenpaare
·
SNIP´s:
genetische Variation: ein einzelner Nukleotidbaustein ist verändert; beim
Menschen etwa aller tausend Basenpaare ein Nukleotid
(VFA: Gene und Genom)
·
Fruchtfliege
Drosophila monogaster 13601 Gene 180 Mill. Basenpaare
von 289 Genen, die Mediziner für Krankheiten beim Menschen verantwortlich
machen, gibt es 177 entsprechende Varianten bei der Fruchtfliege
(Spiegel 13/2000 S.286)
·
genetische
Sprache ist - bis auf wenige Ausnahmen - für alle Lebewesen gültig; eine
bestimmte Buchstabenfolge wird immer in das gleiche Protein übersetzt, Insulin
entsteht in entsprechend veränderten Pflanzen-, Hefe- und Bakterienzellen
(VFA: Gentechnik)
·
270
Zellarten beim Menschen
(taz 14.7.2000 S.17)
·
Menschliches
Genom 30000-150000 Gene
(taz 27.6.00)
·
kleinstes
menschliches Chromosom entschlüsselt, Chr. 21 hat 225 Gene, von denen 127
eindeutig identifiziert sind;
Gesamtzahl menschlicher Gene wohl unter 40000
(FP 9.5.00)
·
Chr.
21: 33 Mill. DNS-Bausteine
(taz 9.5.00)
·
nur
rote Blutkörperchen enthalten keine genetischen Informationen;
die Chromosomen selbst sind nur so etwas wie Behälter;
würde man die DNS aller 46 Chromosomen einer Zelle aneinander reihen, zwei
Meter lang; Strang aber nur 1/500000 mm dick;
(Stern 27/2000 S.59ff)
·
Doppelfäden
der DNS, die sich im Kern jeder Körperzelle zusammenknäueln, enthalten
Anweisungen für alles, was Leben ausmacht;
menschliche Erbgut-Sequenz entschlüsselt: was Forscher bis jetzt geleistet
haben, sieht wie ein Text in einer fremden Sprache aus, in dem die Wörter nicht
getrennt sind, Punkt wie Komma fehlen und (sinnvolle) Sätze durch lange
Strecken sinnlosen Gebrabbels unterbrochen werden. Die Wissenschaftler sehen
den genetischen Bauplan des Menschen, verstanden haben sie ihn noch nicht.;
nur drei bis 5 % der DNS-Fäden enthalten die wertvollen Erbinformationen, der
Rest ist vielleicht nichts als eine Art Biomüll;
(Spiegel 26/2000 S.78ff.)
·
Tomate
eines der 28 Gene für Größe der Frucht isoliert; hohe Übereinstimmung der
Aminosäure-Sequenz mit einem Gen, das beim Menschen Krebs entstehen lassen
kann
GEO 10/2000 S.213
·
selbst
„schlechte“ Gene haben gute Seiten... z.B. Mukoviszidose: Menschen, bei denen
auf beiden Chromosomensätzen das entsprechende Gen defekt ist, leiden unter
einer schweren Stoffwechselkrankheit. Unbehandelt sterben sie schon als
Kinder. Die Krankheit ist aber so weit verbreitet, daß sie einen Vorteil für
heterozygote Träger haben muß. Das sind Menschen mit einem gesunden und einem
kranken M.-Gen. Experimente an Mäusen haben gezeigt, daß diese Genkombination
sie vor dem Tod durch Cholera schützt. Diese Krankheit war früher weit
verbreitet und damit ein wichtiger Evolutionsfaktor.
bild der wissenschaft 10/2000 S.30
·
zunehmende
Unsicherheit, was unter einem GEN überhaupt zu verstehen ist...
bis vor einigen Jahren ein GEN als ein Abschnitt auf der DNA definiert, der die
Information für ein Protein enthält; inzwischen weiß man aber, daß bei vielen
Genen ein Teil der zunächst abgelesenen Information nachträglich wieder
entfernt wird; darüber hinaus wurden überlappende GENE und
GENE innerhalb anderer Gene gefunden; kann ein Gen nicht mehr als ein Abschnitt
auf der DNA definiert werden...
GID 141 8-9/2000 S.5
·
Wer
ist eigentlich der Mensch, dessen Erbgut im Humangenomprojekt entschlüsselt
wurde?
Im öffentlichen Projekt: nicht ein einzelner Mensch, sondern ein „Mosaikmensch“
aus 13 Männern und Frauen;
bei CELERA: 5 US-Bürger (2 weiße Männer und drei Frauen: afrikanischer,
mexikanischer und chinesischer Herkunft), dazu ein anonymer Spender;
zwei menschliche Individuen sind zu 99,9% genetisch identisch; das ergibt
Abweichungen in 3 Millionen „Buchstaben“;
der Pferdespulwurm verpackt sein Erbgut in zwei Chromosomen, der Natterfarn
verteilt es auf rekordverdächtige 630; selbst bei Säugetieren starke Schwankungen:
der urtümliche Muntjak-Hirsch hat sechs Chromosomen, Schimpanse 48
GEO 9/2000 S.59
·
im
Mai saß in einer Kneipe in Cold-Spring-Harbor USA die High Society der
Humangenetiker zusammen; Wette um die Gesamtzahl der menschlichen Gene: Gebote
zwischen 27462 und 200000
GID 141 8-9/2000 S.39
·
Telomerase,
Hoffnungsträger vieler Mediziner und Altersforscher, ist in die Kritik geraten;
das so genannte Unsterblichkeits-Enzym kann ein Onkogen aktivieren (Onkogene
können Entstehung von Krebs begünstigen oder sogar selbst auslösen):
[Enzym Telomerase „repariert“, verlängert die Telomere, die Schutzkappen auf
den Chromosomen, die bei jeder Zellteilung kürzer werden]
bild der wissenschaft 10/2000 S.9
·
die
100000 Gene des Menschen produzieren zirka 20 Millionen verschiedene Proteine;
Längst ist das einstige Dogma der Molekularbiologie - ein Gen kodiert für ein
Protein - hinfällig. Denn häufig werden die frisch produzierten Proteine in
kleinere Teile zerschnitten, und die übernehmen ganz unterschiedliche
Funktionen. Zudem verknüpfen Zellenzyme neue Eiweiße mit unterschiedlichen
Zuckermolekülen, beladen sie mit Phosphaten oder Metallionen. Das wiederum
verändert die Eigenschaften der Eiweiße drastisch.
Die Zeit 13.7.2000 S.33
·
Basenpaare
im Erbgut verschiedener Organismen;
Mycoplasmen sind die einfachsten bisher bekannten Lebewesen (Parasiten in
Pflanzen und Tieren);
Mycoplasma genitalium besitzt nur 517 Gene;
Lebewesen |
Basenpaare |
|
Mycoplasmen |
1 x 106 |
1 x 106 |
Bakterien |
4,2 x 106 |
4,2 x 106 |
Hefen |
1,3 x 107 |
13 x 106 |
Schleimpilze |
5,4 x 107 |
54 x 106 |
Würmer |
8,0 x 107 |
80 x 106 |
Insekten |
1,4 x 108 |
140 x 106 |
Vögel |
1,2 x 109 |
1200 x 106 |
Amphibien |
3,1 x 109 |
3100 x 106 |
Säugetiere |
3,3 x 109 |
3300 x 106 |
Die Zeit 19.4.2000
S.38
·
künstliche
Chromosomen, die man zusätzlich in den menschlichen Körper schleusen könnte;
dorthinein die gewünschten zusätzlichen Gene einbringen;
wenn der so veränderte Mensch die Autotherapie nicht nutzen will, schaltet er
die zusätzlichen Gene eben nicht an (z.B. Schalter in Form eines Medikamentes);
es könnten molekulare Scheren mit verpackt werden, die bei der Reifung von Ei-
und Samenzellen jedes zusätzliche künstliche Erbstück wieder entfernen, damit
künftige Generationen nicht mit veralteten Genen herumlaufen müssen...
Die Zeit 25.5.2000 S.18
·
das
Dogma „ein Gen à
ein Protein“ gilt nicht mehr;
TU Dresden, Vortragsreihe Biotechnologie – Zukunft der Menschheit? Prof. Claus
Bartram, Heidelberg, 16.11.2000 „Prädiktive Diagnostik – Chancen und Probleme“
·
Wette
der Elite der Erbgutforscher: wie viele Gene hat der Mensch? Antworten zwischen
27462 und 312462; Hoffnung, es im Jahre 2003 zu entscheiden
(Der Spiegel 1/2001 S.68)
·
Zelle
hat sich als der Welt komplexeste Maschine entpuppt; gleichzeitig werden in
jeder Zelle Tausende unterschiedlicher Eiweiße in exakt kontrollierten Mengen
hergestellt, maßgerecht zurechtgeschneidert und –gefaltet, in abgemessene
Portionen gepackt und an genau vorgegebene Adressen befördert; müssen ihr Tun
sorgfältig abstimmen mit Milliarden von Schwesterzellen;
Fadenwurm Caenorhabditis elegans; besteht aus genau 959 Zellen; hat knapp 20000
Gene
(Der Spiegel 50/2000 S.148ff.)
·
210
bekannte Typen menschlicher Körperzellen
(Der Spiegel 1/2001 S.142ff.)
·
der
Mensch hat nur doppelt so viele Gene wie die Fruchtfliege, kaum 300 mehr als
die Maus, fünfmal so viel wie die Hefe;
statt der vermuteten 80000 bis 100000 Gene nur rund 30000;
Craig Venter: „Wir sind nicht fest verdrahtet...Es gibt einfach nicht genug
Gene, um die These von der biologischen Bestimmung des Menschen
aufrechtzuerhalten.“:
3% des Genoms sind Gene; Rest: sich häufig wiederholende Abfolgen, deren
Bedeutung weitgehend ungeklärt ist (Steuerung von zeitlicher Entwicklung?);
(taz 12.3.2001)
·
Familie
der sog. 7-Transmembran-Rezeptoren, lassen sich mit Briefkästen vergleichen,
über die die Zelle Informationen aus dem Körper empfängt;
im Schnitt unterscheiden sich zwei Menschen nur in jedem 1250. Gen-Buchstaben
(Der Spiegel 8/2001 S.209)
·
Mensch
32000 bis 39000 Gene; Fadenwurm 18000, Ackerschmalwand 26000,;
menschliche Gene können, anders als bei Wurm oder Fliege, nicht nur ein Protein
herstellen, sondern durchschnittlich drei, manche sogar Tausende, ;
das Genom des Menschen besitzt laut Venter die Fähigkeit, etwa 250000
verschiedene Proteine herzustellen;
(taz 1.3.2001)
·
Versuche,
ein drittes Basenpaar in die DNA einzufügen; die zum Leben unbedingt nötigen
Sequenzen ließen sich von Synthesemaschinen künstlich herstellen: künstliches
Leben;
(bild der wissenschaft 1/2001 S.100ff)
·
Telomerase
(Unsterblichkeitsgen) kann ein Onkogen aktivieren (Brustkrebsvariante, an der
in den USA jährlich 70000 Frauen sterben);
beim Wurm h.elegans verhindert ein Gen die Eiablage, das beim Menschen mit
verantwortlich ist für Alzheimer
(bild der wissenschaft 10/2000 S.9)
·
Schweiz:
Mutation auf Gen 21 Ursache für angeborene Taubheit
(Sächsische Zeitung 12.1.2001)
·
Y-Chromosom
des Menschen hat mehr als 2 Dutzend Gene, X-Chromosom über 2000
(GID 143 S.33)
·
Schätzung,
dass es etwa für die Hälfte aller Hefe-Gene und für 60% bei der Fruchtfliege
ein menschliches Pendant gibt, ebenso für rund 80% aller Erbanlagen des
Zebrafisches und für 95% bei der Maus;
ein DNS-Abschnitt kann die Blaupause für mehrere Eiweiße sein;
weniger als 2% aller Erbgut-Buchstaben ergeben einen sinnvollen Text;
während in einer Nervenzelle Zehntausende Gene aktiv sind, reichen einem roten
Blutkörperchen ganze 500
(Das Parlament 11/2001 S.5)
·
jedes
Gen hat auch seinen Sinn. Es gibt Hinweise, dass Genträger durch das
Mukoviszidose-Gen gegen Cholera resistent sind, würde die Häufigkeit des
Auftretens erklären
(Arbeitskreis Leben mit Mukoviszidose, Folien PID 9/2000 Folie 7)
·
das
längste menschliche Gen überspannt 2,4 Millionen Basen (Bauplan für
Muskelprotein Dystrophin), besteht allerdings größtenteils aus
nichtcodierender DNA; Rekordhalter bei codierenden Sequenzen: Gen für Muskelprotein
Titin (178 Exons, größtes enthält 17106 Basen);
das alte Dogma: „Ein Gen für ein Protein“ gilt nicht mehr; die bruchstückhafte
Zusammensetzung menschlicher Gene ermöglicht es, viele verschiedene Proteine
aus demselben Gen zu bilden, indem Exons wie Filmschnipsel unterschiedlich
kombiniert werden; für jedes Gen gibt es einige alternative „Lesarten“ (trifft
auf mind. 35% der menschlichen Gene zu);
Hox-Cluster, die die normale Entwicklung steuern, enthalten nur 2% wiederholte
Elemente;
(Die Zeit 15.2.01 S.31ff)
·
einige
wenige Gene für hohes Alter verantwortlich, auf Chromosom 4 entdeckt
(Freie Presse Chemnitz 28.8.01)
·
Gene
silencing (gezieltes Abschalten von Genen) als schnellerer Weg zur
Identifizierung der Gen-Funktionen;
RNA interference (RNA-Einmischung, RNAi);
in Säugetierzellen jetzt auch Erfolge durch Verwendung kürzerer
(doppelsträngiger) RNA´s, die die Umsetzung der Zell RNA durch chemische
Anlagerung verhindern
(BioMedNet News 27.7.01)
·
Weizen
besteht durch Kreuzung von Getreidesorten aus drei verschiedenen Gräsern und
hat von drei weiteren Pflanzen Chromosomenanteile
(dpa August 2001)
·
Eric
Lander ((in seinem Inst. 1/3 des menschlichen Erbguts entschlüsselt):
Der letzte Satz in unserer Veröffentlichung zum Humangenom lautet: Je mehr wir
über das Erbgut lernen, desto mehr Fragen tun sich auf. Das ist die einzige
wahre Aussage, die wir im Moment über seine Arbeitsweise machen können. Ich
entdecke mehr und mehr Rätsel im Genom...;
repetitive DNA – Schrott im Erbgut? – es gibt nichts Triviales im menschlichen
Erbgut.;
Zahl der Gene etwa 35000;
als hätte die Evolution mit Bauklötzen gespielt, nur etwa 7% der genetisch gesteuerten
Proteinfunktionen sind echte Neuerfindungen in der Geschichte der Wirbeltiere
bis zu uns Menschen, der Rest beruht auf Verdoppelung und Neukombination alter
Gene – offenbar ein machtvoller Mechanismus
(Die Zeit 23.8.01 S.25)
·
Günter
Blobel: Modell: Zelle als Großstadt, Briefträger verteilen die Stoffe über
Postleitzahlen; 20000 verschiedene Arten von Eiweißmolekülen besitzt jede
Zelle, eine Milliarde insgesamt; jede Eiweißsorte ist für eine andere
Zellfunktion zuständig; die Zelle muss ständig neue Eiweiße machen, und sie
muss sie an die richtigen Stellen schicken; deshalb hat jede Zelle
Postleitzahlen, einen Code – diese Codes weisen den Eiweißmolekülen den Weg
(Freie Presse 28.11.01)
·
beim
Menschen enthält das Zellplasma der Eizelle 13 proteinkodierende Gene der
mitochondrialen DNA, die aber mit etwa 0.01 bis 0,02 Prozent nur einen winzigen
Teil des Gesamtgenoms des Menschen ausmachen
(Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Recht und Ethik der modernen
Medizin“, Teilbericht Stammzellforschung, 12.11.01, S.33)
·
Die
30000 bis 40000 Gene, die der Mensch wahrscheinlich in seinen Zellen trägt,
können allein nicht erklären, wie die ungeheure Komplexität des Lebens
entsteht; nicht im Genom liegt „Biotechs nächster heiliger Gral“, sondern im
Proteom, der Gesamtheit der Eiweißmoleküle mit all ihren Eigenschaften und
Funktionen; Forschungsrichtung heißt: Proteomik; die meisten Eiweiße lagern
sich mit anderen der vielleicht Zehntausende Mitglieder zählenden Familie der
Proteine zu Verbänden zusammen; gefunden: Multiprotein-Verbände aus 1440
Eiweißen; Proteinteams durchschnittlich 12, höchstens 83 Eiweiße;
(Der Spiegel 3/2002 S. 168)
·
wenig
bekannt über Wirkung der Eiweiße, die ja auch Gene an- und abschalten; die
Produkte der Gene, die Proteine, bergen das eigentliche Geheimnis; ein
Botenmolekül (m-RNS) dient als Bauvorlage für verschiedene Proteine, die dann
wiederum zu Komplexen zusammentreten
(ZDF 16.1.02 Bublath; Gene: zerstörte Hoffnungen?)
·
Vor
Tumoren geschützt und doch krank
Eiweiß "p53" schützt vor Krebs, hat aber Nebeneffekte;
Genveränderte Mäuse, die ein Krebs hemmendes Eiweiß im Übermaß produzieren,
sind zwar besser vor Tumoren geschützt als genetisch normale Vergleichstiere.
Doch gleichzeitig altern sie offenbar schneller.
(Berliner Zeitung vom 8.1.2002)
·
Das
Erbgut DNA setzt sich aus vier Bausteinen zusammen - abgekürzt als A,T,G und C.
Jeweils zwei Bausteine bilden ein Paar. Die etwa 3,2 Milliarden Paare des
menschlichen Genoms reihen sich zu einer Kette auf. Die Kette besteht nicht aus
einem durchgehenden Strang, sondern verteilt sich auf die Chromosomen. Außer
den Geschlechtschromosomen "X" und "Y" besitzt der Mensch
22 weitere Chromosomen. Sie sind der Größe nach nummeriert - Chromosom
"22" ist das kleinste.
(Berliner Zeitung 20.12.2001)
·
4.1.10
Die Totipotenz vom Embryonen ist demnach für sich genommen kein hinreichendes
objektives Kriterium für das Vorhandensein eines neuen Menschen. Einerseits
lässt sich im Gedankenexperiment durchspielen, dass man aus einer Blastozyste
vorübergehend eine totipotente einzelne Zelle entfernt und nach einer Weile
reimplantiert. Eine substanzontologische Betrachtungsweise des Embryos gerät in
diesem Fall in Konfusionen, weil sie annehmen müsste, dass mit der Entnahme
einer Zelle aus der Blastozyste ein weiterer Embryo – d..h.ein werdender Mensch
– entstanden ist,, der mit der Reimplantation der Zelle verschwindet bzw.
“stirbt ”.Sodann besteht inzwischen – zumindest prinzipiell – die
Möglichkeit,, jede Körperzelle eines Menschen in eine totipotente Zelle zurückzuverwandeln.
Dadurch vermehren sich die argumentativen Konfusionen. Dies spricht nicht gegen
einen umfassenden Embryonen- schutz,wohl aber gegen seine substanzontologische
Begründung,die der Totipotenz die Hauptlast der Argumentation zumutet.
8.10 Zu klären ist auch die derzeit strittige Frage,ob es sich bei embryonalen
Stammzellen tatsächlich nur um pluripotente oder aber doch noch um totipotente
Zellen handelt,die sich wie der Embryo,dem sie entnommen wurden,noch immer zu
einem vollständigen Menschen entwickeln könnten.Hierfür gibt es einige Indizien
aus der Forschung an Embryonen von Affen,denen bislang nicht weiter
nachgegangen wurde.Die Argumentation der DFG aber stützt sich stark darauf,dass
Totipotenz für embryonale Stammzellen auszuschließen sei. Die Frage der
Toti-bzw.Pluripotenz bedarf der Klärung,weil im Sinne der Beweislastum-kehr
nicht das Verbot,sondern die Zulassung der Forschung an embryonalem Gewebe in
be- sonderer Weise begründungsbedürftig ist.
(Verantwortung für das Leben; Eine evangelische Denkschrift zu Fragen der
Biomedizin; Im Auftrag des Evangelischen Oberkirchenrats A.und H.B.der
Evangelischen Kirche A.und H.B.in Österreich erarbeitet von Ulrich H.J.Körtner
in Zusammenarbeit mit Michael Bünker; Wien 2001)
·
zentralasiatische
Kröte hat in jeder Zelle einen dreifachen Chromosomensatz;
bei der Produktion der Keimzellen drittelt das Männchen seine dreifachen
Erbgutstränge; das Weibchen tut das zunächst auch, verdoppelt aber nach dieser
Phase noch einmal einen seiner Chromosomensätze; auf diese Weise stecken in den
Nachkommen zwei Drittel mütterliche und ein Drittel väterliche Gene
(Die Zeit 21.2.02)
·
für
das Leben im Eiswasser sind antarktische Fische mit einem fabelhaften
Frostschutzmechanismus gerüstet: Sie produzieren in der Leber einen Cocktail
spezieller Eiweiß-Zucker-Verbindungen. Diese so genannten Glykopeptide heften sich an die Oberfläche mikroskopischer
Eiskristalle und verhindern deren weiteres Wachstum. Die molekulare
Gefrierbremse funktioniert bis –2,7 Grad Celsius
(Die Gene dafür wurden meiner Kenntnis nach in der Vergangenheit in Pflanzen
eingebracht, deren Früchte damit gegen Frühfröste unempfindlich wurden, JK)
(GEO 3/2002 S.210)
·
DNA
von Agrobacterium tumefaciens komplett entschlüsselt; Genom besteht aus vier
Teilen: je einem ringförmigen und einem linearen Chromosom und zwei
ringförmigen Plasmiden;
At kann 600 verschiedene Pflanzenarten infizieren (Wucherungen bilden sich =
Gallen; Pflanze produziert andere Zucker, die dem Bakterium als Nahrung
dienen);
(GID 150/2002 S.20)
·
ein
Mensch hat etwa 100 Billionen Zellen
(Fax Detlef Ganten an JK 11.4.02)
·
Genom
von Reis ist fast komplett entschlüsselt
(Berliner Zeitung vom 5.4.2002)
·
bisher
waren 21 Aminosäuren als Bausteine für Proteine von Lebewesen bekannt; jetzt
Aminosäure Nr. 22 Pyrrolysin in einem Einzeller entdeckt
(Der Spiegel 22/2002 S.165)
·
primitivstes
Wesen der Welt entdeckt; Bakterie in 120 m Tiefe auf dem Meeresgrund; bei knapp
100 Grad; Erbgut wahrscheinlich weniger als 500000 Basenpaare; etwa 400 Gene
(Der Spiegel 19/2002 S.?)
·
Reisgenom
entschlüsselt, mit 45000 bis 56000 bzw. 42000 bis 63000 Genen mehr als der
Mensch (30000 bis 40000); 41 ärmste Länder dürfen Ergebnisse für sich
kostenfrei nutzen
(GID 151 4-5/2002 S.16)
·
Genom
des wichtigsten Malaria-Erregers bald entschlüsselt
(GID 151 4-5/2002 S.29)
·
Zwillingsforschung:
dass die charakterlichen Unterschiede mindestens zu 40 bis 50% von der Umwelt
geprägt werden;
(Spiegel 8/2002 S. 186)
·
Jeder
Biologe weiß, dass die winzigen Kraftwerke in den Zellen von Säugetieren,
Mitochondrien genannt, nur von der Mutter vererbt werden. Zwar besitzen auch
Spermien Mitochondrien, doch diese werden - so steht es in jedem Lehrbuch - mit
dem Schwanzteil bei der Befruchtung der Eizelle abgestoßen. So sicher waren
sich einige Biologen dieser Regel, dass sie gar die Evolutionsgeschichte der
Menschheit darauf aufbauten: Die Afrika-These, wir stammen alle von einer
Urmutter aus Afrika ab, hatte vor allem durch die genetischen Untersuchungen
der Mitochondrien und deren weltweite Verteilung Auftrieb bekommen. Mediziner
an der Kopenhagener Universitätsklinik haben jetzt das Dogma gekippt. Sie
fanden erstmals einen Menschen, dessen Mitochondrien zum großen Teil vom Vater
stammen.
(taz 30.8.2002)
·
DNAH11
heißt ein Gen auf Chromosom 7, das entscheidend dazu beiträgt, dass bei der
Entwicklung von Embryonen die inneren Organe ihren richtigen Platz zugewiesen
bekommen.
(taz 21.8.02)
·
300
bis 500 Millionen Menschen infizieren sich jährlich mit Malaria, 1 bis 2
Millionen sterben daran; seit 1996 Entzifferung der Gensequenz des
Malariaerregers, jetzt Datenbank mit 25 Mill. Bausteinen im Internet; Wissenschaftler
in Gießen haben Genschnipsel aufgespürt, der einen Stoffwechselschritt bewirkt,
der im menschlichen Organismus nicht vorkommt; ein Wirkstoff, der diesen
Mechanismus abschalten würde, schadet den Erregern, aber nicht den menschlichen
Zellen...; Problem: Malaria ist eine Krankheit der Armen, Konzerne scheuen
Entwicklungskosten von mindestens 500 Mill. US-Dollar für Medikament;
auch Genom des Überträgers (Stechmücke Anopheles) inzwischen vollständig
entschlüsselt
(Die Zeit 22.8.02 S.29; 10.10.02)
·
Telomere
sind Endstücke der Chromosomen, umhüllen die Enden wie Kappen bei Schnürsenkeln
und halten sie zusammen, bestehen aus sich ständig wiederholenden DNA-Sequenzen
und sind für die Verdopplung der Chromosomen vor einer Zellteilung
unverzichtbar; da bei diesem Prozess aber jedes Mal ein Stück der TELOMERE
VERLOREN GEHT; VERMUTETEN Biologen in den 90er Jahren, dass in diesen
Strukturen unsere Lebensuhr tickt; für Zellen, die sich stark vermehren, (Haut,
Darmschleimhaut, Leber) stimmt das auch, sie sterben, wenn ihre
Chromosomen-Enden aufgebraucht sind und werden durch andere ersetzt;
aber dass Telomere damit die Lebensspanne eines höheren Organismus wie des
Menschen bestimmen, ist inzwischen widerlegt
(bild der wissenschaft 11/02 S.28)
·
für
den Menschen gibt es nicht nur 30000, sondern 40-50000 Gene; lieber von
Gen-Orten sprechen: ein solcher Genort stellt viele verschiedene Produkte her,
wir kennen viele Beispiele, wo ein Gen 5 verschiedene Produkte macht; man weiß
fast nichts über die Abschnitte neben den eigentlichen Genen, die
Kontrollregionen, sie entscheiden darüber, ob ein Gen Aktiv ist und welches
Produkt am Ende entsteht;
(Die Zeit 10.10.02 S.34)
·
Andre
Reis, Deutsches Humangenom-Projekt: kündigte für Frühjahr 2003 die vollständige
Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes an, bisher seien mehr als 90% der
Sequenz erforscht
(epd-wochenspiegel ost 40/02 S. 11)
·
bisher
hieß es, 98,5% des menschlichen Genoms seien mit dem Erbgut des Schimpansen
identisch;
Forscher Kalifornien: wenn auch Einschübe und Verluste in den Genabschnitten
berücksichtigt werden, beträgt der Abstand zwischen Affe und Mensch 5%
(taz 27.9.02)
·
in
den letzten 500 Jahren 60 Geburten von Nachkommen von Maultieren dokumentiert;
eigentlich unfruchtbar; Pferde haben 32 Chromosomenpaare, Esel nur 31;
Maultiere haben danach 63 Chromosomen – eine ungerade Zahl, die sich nicht in
Paare teilen lässt; bei einer Geburt in Marokko wird jetzt geprüft, ob das
Muttertier (Maultier) bei der Paarung mit einem Eselshengst vielleicht nur
seine Esels-Chromosomen vererbt hat
(Der Spiegel 43/02 S.215)
·
Genmutation
bei Fruchtfliege beschrieben, die die Lebensdauer des Tieres etwa verdoppelt;
das veränderte Langlebigkeitsgen bremst die Umwandlung von Eiweißen, Fetten
und Kohlenhydraten in Energie
(taz 30.10.02)
·
entschlüsselte
Genome:
Art |
Chromosomen |
Basenpaare |
Anzahl |
Jahr der |
Mensch |
23 |
3286 Mill |
30-40000 |
2001 |
Maus |
20 |
2700 Mill |
30000 |
2002 |
Fruchtfliege |
4 |
317 Mill |
13500 |
2000 |
Ackerschmalwand |
5 |
125 Mill |
26000 |
2000 |
Reis |
12 |
466 Mill |
50000 |
2002 |
Bäckerhefe |
16 |
13 Mill |
6500 |
1996 |
E-coli K12 |
1 |
4,6 Mill |
4400 |
1997 |
Fadenwurm |
männl. 5 / |
97 Mill |
20000 |
1998 |
(GEO
Wissen Nr.30: „Die neuen Wege der Medizin“ 2002, S.162ff))
·
Genom
des Menschen:
8% Heterochromatin;
53% der DNS vielfach kopierte, ständig wiederholte Sequenzen;
13,5% nicht zuzuordnen;
25,5% Gene, davon 24% Introns und nur 1,5% Exons (proteincodierende Regionen)
die Zelle schreibt zunächst unterschiedslos informationstragende Exons und die
dazwischen liegenden Introns in RNS um; erst ein Zellwerkzeug, das Spleißosom,
trennt dann die Introns heraus und fügt die Exons zusammen; die sinnvollen
Abschnitte eines menschlichen Gens umfassen im Mittel nur 1000 bis 2000
Basenbausteine, die sinnlosen Einsprengsel können ein Vielfaches ausmachen
(Beispiel: Bauplan für Muskeleiweiß Dystrophin steckt in 14000 Basen von
insgesamt 2,4 Millionen des entsprechenden Gens); die Zellen können die Exons
in unterschiedlicher Weise miteinander kombinieren (aus „kreisen“ die Wörter
Kreis, Reise, Reis, Eis, reisen, Krise bilden);
rund 60% der menschlichen Gene bieten eine Vorlage für zwei oder mehr Proteine;
nicht mehr: „ein Gen = ein Protein“, sondern: „Gen ist Sinneinheit im Genom,
die für ganze Proteinfamilien zuständig ist“;
(GEO Wissen Nr.30: „Die neuen Wege der Medizin“ 2002, S.46ff)
·
Bauplan
des menschlichen Chromosoms Nr. 14 entziffert; 1050 Gene und Genfragmente; mehr
als 60 Gene, die Krankheiten auslösen können; 87.410.661 Basenpaare
(taz 3.1.03)
·
Craig
Venter will (mit finanziert vom US-Energieministerium mit drei Millionen
Dollar) einen einzelligen Organismus aus Einzelbausteinen künstlich erzeugen,
der die Mindestzahl von Genen besitzt, die für ein eigenständiges Leben
notwendig sind, der sich teilen und selbst reproduzieren könne;
die Arbeit könnte die Fähigkeit der USA verbessern, existierende biologische
Waffen zu entdecken und zu bekämpfen
(taz 22.11.02)
·
ein
hervorragendes Buch für das Verstehen der Grundlagen von Genetik und Gentechnik
(nicht nur für Kinder!!!): Was ist Was? Band 111: „Die Gene“, Tesloff Nürnberg,
2001, 48 Seiten, 16,80 DM
·
wissenschaftlich
bestätigt: Maultiermutter in Marokko hat echtes Fohlen geboren, eigentlich
passen die Chromosomensätze nicht, Pferde haben 64, Esel 62 Chromosomen (taz
7.2.03)
·
James
Watson:
Kenntnis des Genoms: Bisher haben wir ein Buch aufgeschlagen, aber das können
wir noch nicht lesen. Bis wir es vollständig verstehen, kann es noch 500 Jahre
dauern
(Spiegel 9/2003 S. 168)
· Wolfgang Schäuble: eineiige Zwillinge
haben nicht den gleichen Fingerabdruck
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
· vor 50 Jahren Struktur der DNS
entdeckt;
Jens Reich:
dass man heute das Genom lebender Organismen wie mit einem
Textverarbeitungsprogramm bearbeiten kann: Textbausteine aufsuchen und
identifizieren, kopieren, löschen, korrigieren, entwerfen und optimieren.
Genauer gesagt: es waren Erfindungen nicht des Menschen, sondern von
Bakterien: Nahezu alle Gentechnologie beruht nämlich heute auf biochemischen
Werkzeugen, die von diesen winzigen Zauberern der Überlebenskunst erfunden und
vom Menschen lediglich in einer Art geistigen Diebstahls fürs Labor adaptiert
wurden.
(Die Zeit 20.2.03 S.31)
· In frühhistorischer Zeit muss eine
furchtbare Seuche über Europa gezogen sein. Überlebt haben damals offenbar vor
allem Menschen mit einem Genfehler, der vor dem unbekannten Erreger schützt.
Dieses defekte CCR5-Gen ist noch immer in der nordeuropäischen Bevölkerung weit
verbreitet. Das hat auch heute noch Folgen: die CCR5-Variante bietet nämlich
auch einen gewissen Schutz vor einer Ansteckung mit HIV.
(Die Zeit 20.2.03 S.34)
·
durch
gezielte Ausschaltung einzelner Gene für Wachstum und Energiestoffwechsel
können Genetiker dem natürlichen Tod von Würmern, Fliegen und Mäusen Einhalt
gebieten; Mäuse leben ein Viertel länger, Würmer doppelt so lange
(Die Zeit 23.1.03 S.23)
·
Jede
der etwa 100 Billionen Zellen des menschlichen Körpers enthält im Zellkern 23
Chromosomenpaare mit der Erbsubstanz DNS (Desoxyribonukleinsäure). Die
Erbsubstanz wiederum liefert das genetische Programm zur Steuerung aller
Lebensfunktionen der Zellen. Dazu gehören: Zellteilung; Funktion von Nerven,
Sinnesorganen und Muskeln; Erhaltung der Stabilität von Knochen und
Bindegewebe; Energiegewinnung aus der Nahrung; Immunabwehr; Bildung, Transport
und Abbau von biologisch wichtigen Molekülen; Signalübertragung und die Regulation
aller dieser Vorgänge. Die zellulären Funktionen der verschiedenen Gewebe sind
mit dem Ziel eines harmonischen Zusammenwirkens des Gesamtorganismus
aufeinander abgestimmt.
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prädiktive genetische Diagnostik, Stellungnahme
März 2003, S.5)
·
Neben
den Chromosomen im Zellkern („nukleäres Genom“) befindet sich in den
Mitochondrien, die in großer Zahl im Zytoplasma der Zelle vorkommen, ein
weiteres Genom („mitochondriales Genom“), das aus einer ringförmigen DNA
besteht. Es enthält 16569 Basenpaaare mit insgesamt 37 Genen... ;
äußerst selten führen Mutationen auch einmal zu einer funktionellen
Verbesserung;
Vergleich der Genome zweier Menschen: 0,1% d.h. 3 Millionen Sequenzunterschiede
(Reihenfolge der Basenpaare);
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prädiktive genetische Diagnostik,
Stellungnahme März 2003, S.7ff)
·
früher:
1 Gen à 1
Boten-RNA à 1
Protein
ABER: im Genom herumspringende Gene, Gene die sich vielfach wiederholen, Gene
deren codierende Teile (Exons) immer wieder von den nicht codierenden Introns
unterbrochen werden (zwar wird ganze Gensequenz abgelesen, aber die Introns
später herausgeschnitten)
(bild der wissenschaft 4/03 S.26)
·
Prof.
Ganten:
vor 1 Jahr publiziert: vor 100000 Jahren gab es Veränderungen im menschlichen
Erbgut; 1 Gen hat sich so verändert (Chromosom 14, 1 Aminosäure ausgetauscht),
dass Feinmotorik im Gesicht, für Sprache usw. möglich geworden ist; Beginn der
Kulturfähigkeit des Menschen
(ÖKT 2003, Religion und Wissenschaft, Französische Friedrichstadtkirche,
30.5.03, 10.30 Uhr)
·
die
Entzifferung des menschlichen Erbgutes ist nach 15 Jahren Arbeit praktisch
abgeschlossen, die Human-Genom-Organisation (HUGU) hat die endgültige
Reihenfolge aller rund 3 Milliarden Bausteine des Erbgutes in ihren Datenbanken
gespeichert
(taz 11.4.03)
· Mücken, die den Malaria-Erreger oder
das gefürchtete West-Nil-Virus übertragen, werden durch eine winzige Mutation
in ihrem Erbgut unempfindlich gegen Insektengifte (ein einziger Genbaustein ist
ausgetauscht)
(taz 9.5.03)
·
RNA
trägt nicht nur Kopien der DNA im Zellkern zu den Ribosomen, wo nach dem
Bauplan Proteine hergestellt werden;
RNA entscheidet auch, welche Gene abgelesen werden (organisiert die
„Verpackung“ der Erbinformation, das Heterochromatin);
andere RNA verhindert, dass Gene ihren Platz im Chromosom verlassen (beim
„Gen-Sprung“ könnten andere Gene beschädigt werden);
diese zusätzlichen Funktionen werden von sehr kleiner RNA durchgeführt, die
bisher als uninteressanter „Zellschrott“ galt
(Bild der Wissenschaft 6/2003 S.40)
·
Progerie:
frühzeitige Alterung im Zeitraffer; in einem Gen 1 Buchstabe (Base) verändert
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 20. April 2003, Nr. 16)
·
durch
(sanften) Druck, der auf Fruchtfliegen von außen ausgeübt wurde, wurden Gene aktiviert, die
das Ausbilden der Bauchorgane steuern
(Spiegel 39/03 S.178)
·
Untersuchung
2001: Erbgut von Mensch und Schimpanse unterscheidet sich um 1,24%, Schimpanse
und Gorilla um 1,63%, Mensch und Orang Utan um 3,08%
(GEO 9/03 S.122ff)
·
Insulin-Gen
enthält nur 2 Introns, das Dystrophin-Gen 78 (nur 1% der Gesamtlänge sind
kodierende Sequenzen);
(GSF-Forschungszentrum Neuherberg: mensch + umwelt spezial 16/2003: Was
verraten unsere Gene? 82 Seiten S.8)
·
RNA-Interferenz,
RNAi:
gezielt einzelne Gene ausschalten (genauer: die Produktion der codierten
Eiweiße verhindern);
natürlicher Vorgang: nicht immer sind Proteine, die in den Ribosomen produziert
werden, für die Zelle nützlich (unkontrollierte Produktion im Übermaß oder
Proteine, deren Bau von Viren veranlasst wird); Zellen fangen die unerwünschte
Boten-RNS ab, ehe der Bau der Proteine beginnt; Regulierungsgene senden
doppelsträngige RNS in die Zellen, diese Moleküle werden gehäckselt; kleine
RNS-Schnipsel werden in Blockereinheiten eingebaut; lagern sich an gesuchte
Boten-RNS an und blockieren Eiweißsynthese;
man kann künstlich solche RNS-Suchsequenzen im Labor zusammenbauen und
losschicken: z.B. gegen Grippevirus oder Erreger der Kinderlähmung im Labor
bereits erfolgreich
(Der Spiegel 50/03 S.190)
·
Mitochondrien-DNA:
(mtDNA) ist ein kleines ringförmiges DNA-Molekül mit ungefähr 16600
Basenpaaren; jedes Mitochondrium enthält 5-10 mtDNA-Moleküle, und eine Zelle
kann Hunderte oder Tausende Mitochondrien haben
(EIBE Einheit 2 DNA Profilanalyse, 2000, S.8)
·
nach
dem Genom von Mensch und Maus nun das Genom der Ratte bekannt:
25000 Gene; nahezu alle Gene, die bei der Entstehung von Krankheiten beim
Menschen eine Rolle spielen, so oder mit ähnlicher Struktur auch bei der Ratte
gefunden
(taz 2.4.04)
·
Entwicklung
von affenähnlichen Vorfahren zum Menschen durch Mutation an einem Gen?
MYH16 produziert bei Affen ein Protein, das ihnen zwischen Schädel und Kiefer
zwei extrastarke Muskeln wachsen lässt; ermöglicht 10x stärkeres Zubeißen als
beim Menschen; Mutation vor 2,4 Mill Jahren: Kaumuskel verschwindet, aber
Schädel wird nun nicht mehr zusammengeschnürt, sondern zum Wachstum befreit
(größeres Gehirn)
(Der Spiegel 14/04 S.175)
·
Forscher
MPI-Leipzig: wollen Nachweis erbracht haben, dass FOXP2, ein wahrscheinlich für
die Steuerung der Sprechmuskulatur notwendiges Gen, nur beim modernen Menschen
vorkommt, nicht aber bei Menschenaffen oder Mäusen
(taz 13.2.04)
·
ein
Gen aus einer Zelle im Innenohr von Hühnern kann 576 verschiedene Proteine
produzieren; Rekord: ein Gen der Fruchtfliege, das bis zu 38000 verschiedene
Proteinvarianten erzeugen kann
(GID 162/2004 S.35)
·
vor
einigen Jahrzehnten glaubte man, dass die Erbanlagen nur zu 30% den Menschen
bestimmen, heute, dass sich Gene und Umwelteinfluss etwa die Waage halten
(Bublath: Die neue Welt der Gene, München 2003, S.163)
·
der
Lurch besitzt in seiner DNS 30x so viele Bausteine wie der Mensch
(Bublath: Die neue Welt der Gene, München 2003, S.223)
·
Beim
RNA-Editing wird das von der DNA abgelesene ursprüngliche RNA-Transkript nicht
bloß auseinander geschnitten und Teile davon neu zusammengesetzt, wie das beim
Genspleißen der höheren Organismen der Fall ist. Vielmehr werden bestimmte
Nukleotide mit Hilfe von Leit-RNAs und Enzymen aus der Sequenz herausgeschnitten
und durch andere Nukleotide ersetzt, bevor die Messenger-RNA in ein Protein
übersetzt wird. Bei diesem Vorgang geht die ursprüngliche Komplementarität zum
Genort auf der DNA, von dem die RNA abgeschrieben wurde, verloren ... Wo ist
das Gen? Wo ist die Information? ...
(GID-Spezial Nr.4 Dezember 2003 S.38)
·
Fadenwurm
c. elegans; Lebenserwartung von 20 auf durchschnittlich 124 Tage gesteigert;
ein Gen verändert, das es dem Wurm ermöglicht, bei mangelndem Nahrungsangebot
oder Stress in eine Art Starre zu verfallen (bis zu 2 Monate) – diese Lebensverlängerung
nun auch ohne Starre erreicht; zusätzlich Fortpflanzungssysteme entfernt, was
Lebensspanne um weitere 60% erhöhte (Effekt nicht auf Unfruchtbarkeit, sondern
Veränderungen in der Übertragung hormoneller Signale zurückzuführen)
(bdw 1/2004 S.17)
·
Detlev
Ganten: wir wissen bei konservativer Schätzung, dass bei einer Zellteilung
(beim Menschen) ungefähr 12 Ablesefehler passieren; nicht viel, bezogen auf
die 3 Milliarden Einzelbausteine, die jedes Mal kopiert werden müssen; aber
ein Mensch hat 100 Billionen Zellen, also 12 x 100 Billionen Ablesefehler in
nur einem Menschen; das bedeutet, das Genom, das von Vater und Mutter kommt,
ist dann nicht nur in der befruchteten Eizelle, sondern in jeder Zelle wieder
anders
(Publik-Forum 16/2003 S.48)
·
speziell
die für grundlegende Funktionen der Zellen verantwortlichen „Haushaltsgene“ und
ihre Produkte sind von der Bierhefe bis zum Menschen weitgehend gleich
aufgebaut; das Protein Cytochrom C ist sogar zwischen MENSCH und Schimpanse
vollständig identisch, unterscheidet sich zum Rhesusaffen aber in einer, zum
Wal in 10 Aminosäuren;
die funktionell wichtigen Abschnitte der DNA stimmen bei Schimpansen und
Menschen zu 99,4% überein und zeigen damit eine größere genetische Nähe des
Sch. zum Menschen als zu anderen Menschenaffen; eine neue Namensgebung beginnt
sich folgerichtig durchzusetzen: Schimpanse (Pan troglodytes) uns Bonobo (Pan
paniscus) werden neuerdings in brüderlicher Weise als Homo troglodytes und Homo
paniscus bezeichnet;
gut ein Zehntel unserer menschlichen DNA besteht aus Retrotransposons,
verstümmelten Resten von Viren, die sich im Laufe der Entwicklungsgeschichte in
unser Erbgut eingeschlichen haben; viele Gene des Menschen haben sich
ursprünglich in Bakterien entwickelt;
gegenüber der DNA von Chromosomen des Zellkerns zeichnet sich die der
Mitochondrien durch eine ungenauere Fehlerkorrektur bei der Vererbung und
deshalb durch eine zehnfach höhere Mutationsrate aus;
(Henn, W.: Warum Frauen nicht schwach, Schwarze nicht dumm und Behinderte nicht
arm dran sind – Der Mythos von den guten Genen, Herder Freiburg 2004 S.14ff.,
58)
·
das
menschliche Genom liegt jetzt beinahe vollständig entziffert vor
(Freie Presse Chemnitz 29.10.04)
·
Schnabeltier
(Australien) besitzt 10 Geschlechts-Chromosomen
(Der Spiegel 45/2004 S.172)
·
Anzahl
der Gene:
Mensch 20-25.000 (3,3 Mrd. Basenpaare); Wurm C.elegans 19.500; Pflanze
Ackerschmalwand 27.000 (115 Mill. Basenpaare)
(taz 21.10.04)
·
genetischer
Code relativ flexibel: die meisten Aminosäuren sind nämlich nicht durch drei
Basen eines Tripletts definiert, sondern bereits durch die beiden ersten, die
dritte Base ist in diesen Fällen variabel; betrifft eine Mutation die dritte
Base eines Tripletts, codiert das Codon in der Regel weiterhin die gleiche
Aminosäure
(NZZ 24.4.03)
·
siRNA
small interfering RNA; neu entdeckte (2001), besonders kleine RNA-Spezies
steuert das Werden der Organismen, wehrt Virenattacken auf das Erbgut ab und
reguliert die Aktivität der Gene (wie oft ein Gen abgelesen wird); nur 21 bis
23 Basenpaare lang; Boten-RNA wird damit blockiert; inzwischen wird mit
maßgeschneiderten künstlichen Schnipseln gesucht
·
wissenschaftliche
Experten der Rockefellerstiftung in den 30er Jahren des 20. Jh.: „We can hope
to breed, in the future, superior men“ (Züchtung des Übermenschen) (234);
Ebene der RNS-Moleküle als eigenständige Schicht, die mitbestimmt, was mit der
gegebenen genetischen Information (DNS) passiert und welche Proteine dabei
entstehen; Vorschlag: Genotyp à Ribotyp à Phänotyp (256)
Lehrbuch der Molekularbiologie 2000:
“Ein Gen ist eine identisch reduplizierte Nukleotidsequenz, die entweder in
eine Ribonukleotidsequenz ohne Messenger-Funktion oder in diejenigen
Abschnitte einer reifen Messenger-RNA transkribiert wird, die ein spezifisches
Polypeptid kodieren“ (260);
Polymerasekettenreaktion:
DNS besteht aus zwei Strängen, die durch Wärme getrennt werden können. Aus
einem Einzelstrang können Zellen einen Doppelstrang machen, und zwar mit Hilfe
eines molekularen Katalysators, der den Namen Polymerase trägt. Nun stellt die
Natur dieses Werkzeug in einer Form zur Verfügung, die miterhitzt werden kann.
Wer ein gegebnes (doppelsträngiges) Stück DNS vermehren will, fügt neben den
notwendigen Rohmaterialien etwas von der stabile Polymerase zu, und dann kann es
losgehen. Die Temperatur wird erhöht, zwei Einzelstränge entstehen. Die
Temperatur wird gesenkt, zwei Doppelstränge entstehen. Die Temperatur wird
erhöht, vier Einzelstränge entstehen, die erneut ergänzt werden: die
Temperatur wird gesenkt, vier Doppelstränge entstehen. ... Wenn dies rasch
genug geschieht, kann man in einer Stunde ein DNS-Molekül so oft kopieren, dass
es für eine Analyse ausreicht. (266);
Anders als die entsprechenden Gen-Einheiten zum Beispiel bei einem Wurm oder
einer Fliege verfügen menschliche Zellen über die Fähigkeit, aus einem Gen
nicht nur ein Protein, sondern mehrere (verschiedene JK) solcher aktiver
Substanzen anzufertigen. (268);
das Gen für Mukoviszidose schützt in Kindheit und Jugend gegen Asthma (339)
(EP Fischer: Die andere Bildung – was man von den Naturwissenschaften wissen
sollte, Ullstein 2003, S.234)
·
beim erwachsenen Menschen etwa 350 unterschiedlich
spezialisierte Zelltypen, die sämtlich über die gleiche Bibliothek verfügen;
gebraucht wird in allen Zellen die in den „Haushalts-Genen“ gespeicherte
Allgemeinliteratur (Anleitungen für überall benötigte Alltagsproteine);
in den spezialisierten Zellen dürfen nur die genetischen Informationen für die
spezielle Aufgabe gelesen werden, und das auch nur zu bestimmten Zeitpunkten;
der ganze große Rest der völlig überausgerüsteten Bibliothek muss ständig unter
Verschluss stehen;
Steuerung des Bauplans bei Drosophila:
Das Muttertier sondert vier Substanzen ab, die im Ei strategisch wichtige
Punkte besetzen, damit wird dreidimensionales Koordinatensystem festgelegt
(vorn/hinten, oben/unten); nach der Befruchtung lösen diese Signalstoffe im Ei
eine Nachrichtenkaskade aus, bestimmte Gene werden aufgespürt, aufgeweckt und
angeknipst, legen erste Grobeinteilung des Insekts fest, Kaskade erreicht ihren
Höhepunkt, wenn die sog. HOX-Gene (homöotische G.) eingeschaltet werden -
steuern die Ausbildung vergleichbarer Körperteile entlang der Längsachse;
HOX-Gene bei allen Lebewesen grundsätzlich gleich (Zahl verschieden:
Fruchtfliege 8 Mensch 38; eingesetztes menschliches Hox-Gen steuert auch
Entwicklung des Kopfes einer Fliege);
Mensch: erst am 6. bis 8.Tag nistet sich Blastozyste in der Gebärmutter ein; in
dieser Phase Starschuss zur Musterbildung: vermutlich lagern sich Signalstoffe
an bestimmte Rezeptoren an und betätigen Klingelknopf, über den sie die ersten
Entwicklungsgene aktivieren, diese definieren dann das Grundmuster des
zukünftigen Organismus, ob die Stoffe von der Mutter stammen oder benachbarte
Zellen sich absprechen, ist unklar;
Zellteilung: 7-8 Stunden, Kopiervorgang der DNA beginnt an 30000 Punkten des
Zellfadens gleichzeitig, 50-60 Bausteine pro Sekunde; nicht nur der gesamte
Datenbestand muss weitergegeben werden, Zellen müssen auch die gesamte
Leseanweisung mitgeteilt bekommen, welche Gene genutzt werden sollen /dürfen
und welche nicht
(GEO 1/1996 S. 82f)
Kopieren des Erbmaterials bei der Teilung einer menschlichen Zelle: 8 Stunden,
an 10.000 Startpunkten gleichzeitig; im Durchschnitt am Ende zwei bis drei
Kopierfehler erhalten (353,367)
jedes Gen Bauplan für mehrere Proteine; 30000 Gene; 1 Million Eiweiße (354)
für die Farbe des Fells einer Maus sind 63 voneinander unabhängige Gene
verantwortlich (355)
Genom von zwei Menschen unterscheidet sich im Durchschnitt in jedem 1000.
Baustein (3 Mill. Basenpaare); liegen z.T. außerhalb von Genen, oder der
Buchstabe verändert das codierte Gen nicht; nur 40.000 davon führen wirklich zu
molekularen Unterschieden (in Genen) (357)
Dickdarmzellen leben 10 Tage, rote Blutkörperchen 120 Tage, Knochenzellen 10
Jahre, Nervenzellen ein ganzes Leben lang (361)
(Detlev Ganten u.a.: Leben., Natur, Wissenschaft; Eichborn Ffm. 2003)
·
DNS-Replikation Geschwindigkeit rund 500 Nukleotide
je Sekunde;
bei der Verdopplung werden jeweils beide DNS-Stränge kopiert, der eine
„vorwärts“ (das geht kontinuierlich), der andere rückwärts (das geht nur stückweise; die Einzelteile müssen
durch das Enzym DNS-Ligase zu einem durchgehenden Strang verbunden werden);
Es müssen nicht nur Informationen weitergegeben werden, die die Erhaltung der
Form und der Funktionen eines Organismus beinhalten, sondern auch der gesamte
Bau- und Entwicklungsplan für den zukünftigen Organismus (Struktur und
Anordnung der Proteine);
(Lesch/Müller: Big Bang zweiter Akt – Auf den Spuren des Lebens im All,
Bertelsmann München 2003, S.63; 140)
·
genetischer
Code ist nicht (immer) universell: 1985 entdeckt: bei verschiedenen Ciliaten
(Wimpertierchen) werden die STOPPCODONS UAA und UAG von t-RNA-Molekülen
abgelesen; sie codieren jeweils die Aminosäure Glutamin
(Schrödel, Lehrbuch Biologie Sek. II 1995 S. 195)
·
Gene überschreiten Grenzen zwischen den Arten auch
auf natürliche Weise; im Erbgut eines Süßwasserpolypen aktives Pflanzengen
entdeckt, stammt von einer Alge, mit der das Nesseltier in Symbiose lebt
(Die Zeit 25.5.05)
·
Überwindung von Art- und Gattungsgrenzen ohne Anwendung gentechnischer verfahren: Beispiel: Zucht der Gattungshybride
Triticale., einer Kreuzung aus Weizen und Roggen
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S. 6)
·
normale Kartoffelsorten besitzen einen vierfachen
Chromosomensatz
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.42)
·
zur Zeit sind bereits mehr als 100 Genome von
Baktrien, Archaeen, Pflanzen, Tieren und Mensch sequenziert
(Basensequenz der DNA in der Reihenfolge entschlüsselt JK) und über 100
weitere sind in Bearbeitung; weitere Informationen im Internet: http://eutils.ncbi.nlm.nih.gov/Genomes/index.html;
die Bakterie E.coli hat 17% ihrer Gene in den letzten 100 Millionen Jahren
durch horizontalen Gentransfer erworben (von anderen Lebewesen übernommen);
...
DNA-Fragmente von Pflanzen sind zwei und mehr Jahre in Böden nachweisbar;
können von Bakterien aufgenommen werden ...
Modellversuche weisen darauf hin, dass ein Gentransfer von Pflanzen auf
Mikroorganismen prinzipiell möglich ist und wohl auch während der Evolution
stattgefunden hat
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.60ff, 81)
·
Genomgrößen:
Organismus |
Genomgröße |
Anzahl |
Bakteriophage (Lambda) |
48.000 |
70 |
Bakterium (Escherichia coli) |
4.600.000 |
4.300 |
Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae) |
12.500.000 |
6.200 |
Fadenwurm (Caenorhabditis elegans) |
97.000.000 |
19.100 |
Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) |
125.000.000 |
25.000 |
Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) |
180.000.000 |
14.100 |
Reis (Oryza sativa) |
430.000.000 |
40.000 - 60.000 |
Maus (Mus musculus) |
2.500.000.000 |
30.000 |
Mais (Zea mays) |
2.500.000.000 |
50.000 |
Mensch (Homo sapiens) |
2.900.000.000 |
20.000 –
25.000 |
Weizen (Triticum aestivum) |
16.500.000.000 |
50.000 |
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung;
Magazin des GSF Neuherberg, 2004/2005, S.66)
·
Mensch nur 20- 25.000 Gene
(bdw 2/2005 S.12)
·
Prof. Hans Mohr S.30:
Gattungshybrid zwischen Roggen und Weizen, TRITICALE, ohne erkennbare Skrupel auch
im ökologischen Landbau eingesetzt, obwohl bei der Herstellung (um 1980) ganze
Genome gemischt wurden
(Kongress: Die Zukunft des Menschen“, Stuttgart 8./9.7.2002, Dokumentation)
·
Epigenetik
Entzifferung der rund 25.000 Gene des Menschen, in denen die wesentlichen
Erbinformationen gespeichert sind, genügt nicht, um das Geschehen in Zellen und
Organen des Menschen vollständig zu erklären;
den Forschern wurde klar, dass eine übergeordnete Instanz in der Zelle die
Funktion der Gene kontrolliert (Epigenetik; epi = über);
man weiß z.B., dass Enzyme chemische Gruppen an die Erbsubstanz DNA anheften,
die dann wie molekulare Schalter wirken, sie entscheiden darüber, welche Gene
zu welchem Zeitpunkt im Organismus abgelesen werden; der Einfluss ist immens –
diese Kontrolleure entscheiden darüber, ob sich aus einer unreifen Zelle des
Embryos eine Muskel-, Blut- oder Leberzelle entwickelt;
manche Bausteine der DNA können mit so genannten Methylgruppen bestückt werden
(Methylierung), dadurch wird das benachbarte Gen ausgeschaltet, bei Bedarf
entfernt die Zelle die Methylierung wieder und reaktiviert das Gen;
schon am Anfang des Lebens spielt die Epigenetik eine wichtige Rolle, wenn sich
das befruchtete Ei in die Gebärmuttereingenistet hat, werden zunächst alle
vorhandenen Methylgruppen entfernt und neu platziert
(Berliner Zeitung 20.4.05)
·
Erbsubstanz von Reis entschlüsselt, 389 Millionen
Basenpaare, schätzungsweise mehr als 37.500 Gene
(taz 12.8.05)
·
Gen-Synthese beim Regensburger Unternehmen Geneart;
erfindet Gene, die in der Natur nicht vorkommen;
soll ein Gen von einem Menschen in Coli-Bakterien eingepflanzt werden, muss man
es vorher in die „Bakteriensprache“ übersetzen; der menschliche Gen-Code für
Insulin und die Coli-Variante unterscheiden sich etwa in jedem 6. Buchstaben;
würde man das menschliche Gen für Insulin geradewegs in das Coli-Bakterium
einsetzen, würde es nur mehr schlecht als recht Insulin produzieren, weil das
Bakterium mit dem menschlichen Bauplan nicht viel anfangen kann; Gene von
Bakterien sind in einer anderen Sprache geschrieben als die von Viren oder Menschen;
alle Organismen nutzen zwar die gleichen biochemischen Buchstaben –A,C,G,T – um
ihr Erbgut niederzuschreiben, aber sie haben alle einen eigenen genetischen
„Dialekt“ – verwendet z.B. der Mensch UGA für einen Befehl, würde ein Einzeller
stattdessen UAG benutzen;
eines der ersten gentechnisch hergestellten Medikamente, das Wachstumshormon
Somatropin gegen Zwergwuchs, wird bis heute mithilfe eines künstlichen Gens
hergestellt;
mittlerweile fließen die Gene kostengünstig aus modernen Automaten; in diesen
Synthesemaschinen werden die Basen wie Glieder einer Kette miteinander
verknüpft; in vier bis fünf Wochen lassen sich mehr als eine Million verschiedener
synthetischer Gene fertigen; ein Basenpaar kostet inzwischen nur noch etwa 1,50
Euro;
zur Zeit rund 10 verschiedene Enzyme in Waschmitteln, mittlerweile werden sie
fast nur noch über künstliche Gene in ausgewählten Mikroorganismen hergestellt;
z.B. natürliche Enzyme nicht hitzbeständig – Einbau von Sequenzen aus
Bakterien, die in Geysiren bei 100 Grad überleben
(bdw 9/2005 S.36ff)
·
Bakterium entdeckt in 120 Metern Tiefe auf dem
Meeresgrund bei Island, das in einer knapp 100 Grad heißen Schwefelbrühe
prächtig gedeiht; mit Durchmesser von nur 400 Millionstel Millimetern eines der
kleinsten Lebewesen der Welt; offenbar nur lebensfähig, wenn es auf einem
wesentlich größeren anderen Bakterium sitzt; Zahl der Basenpaare im Erbgut
unter 500.000 (400 Gene)
(Der Spiegel 19/2002 Wissenschaft)
·
Labormaschine ermöglicht es, Erbgut hundertmal so
schnell wie bisher zu entschlüsseln; 99% Genauigkeit, bis zu 25 Mill.
DNA-Basenpaare in 4 Stunden
(Die Zeit 4.8.05 S.31)
·
Mikrobe an Schloten auf dem Meeresgrund vermehrt
sich noch bei 113 Grad Celsius;
für das leben im Eiswasser sind antarktische Fische mit einem
Frostschutzmechanismus gerüstet: sie produzieren in der Leber einen Cocktail
spezieller Eiweiß-Zucker-Verbindungen, diese Glykopeptide heften sich an die
Oberfläche mikroskopischer Eiskristalle und verhindern deren weiteres
Wachstum, Gefrierbremse funktioniert bis –2,7 Grad Celsius
(GEO 3/2002 S.210)
·
(S.38) Proteine: Baustoffe und Werkzeuge;
(39) rund 50 Millionen Körperzellen gehen in 1 Sekunde zugrunde, ebenso viele
entstehen durch Teilung (200 g pro Tag); Lebensdauer Schleimhaut Dünndarm 3-5
Tage, Haut 19 Tage, Leber 7 Monate, manche weiße Blutkörperchen mehrere Jahre,
Knochenzellen 25-30 Jahre, Nervenzellen lebenslang; massereichste Zellen sind
Eizellen (100-120 Mikrometer, die kleinsten die Spermien mit 3-5 Mikrometer
(72) rote Blutkörperchen, 25 Billionen, ohne Zellkern, Lebensdauer 120 Tage, in
jeder Sekunde werden im Knochenmark 2 ½ Millionen ersetzt; Leukozyten haben
Zellkern, Lebensdauer wenige Stunden bis Jahre
(Geo kompakt Nr.2: Das Wunder Mensch, 2005)
·
S.10: 2003 Genome von über 100 Arten entziffert;
S.17: das menschliche Genom enthält vermutlich nur etwa 30000 Gene und nicht –
wie vorher angenommen – 100.000 oder gar 200.000; damit unterscheiden wir
uns in der Anzahl der Gene nicht sonderlich von der Taufliege Drosophila mit
ihren rund 20.000 Genen. der menschliche Organismus nutzt allerdings das
begrenzte Repertoire in trickreicher Weise. Er kann daher hunderttausende
Proteine produzieren, unter anderem, da die Zellen die Struktur der fertigen Proteine
nachträglich modifizieren. .. die wahren Geheimnisse des Lebens sind jedoch
nicht in der DNA-Sequenz, sondern in der komplexen Interaktion der
unterschiedlichen biologischen Moleküle zu suchen ...
Gesamtheit der Boten-RNS = Transkriptom à Transkriptomik
Gesamtheit der Proteine = Proteom à Proteomik;
S.52: Wer sagt, das menschliche Genom enthalte etwa 27.000 Gene, meint damit
solche für Proteine
S.21: genetischer Codegrundsätzlich arbeitet die Proteinsynthese selbst bei
Organismen, die so verschieden sind wie Menschen und Bakterien, nach denselben
Regeln, und das seit Milliarden von Jahren (im Wesentlichen unverändert);
doch inzwischen kennen die Genetiker mindestens 16 Varianten, bei denen
einzelne Codons abweichende Bedeutungen haben, sie finden sich verstreut auf
ganz verschiedenen Ästen im Stammbaum des Lebens, auch bei den Varianten stehen
drei Basen für eine Aminosäure, aber die Zuordnung divergiert: wo fast alle
Lebewesen CUG mit Leucin übersetzen, interpretieren es einige Arten der
Pilzgattung Candida als Befehl zum Einbau von Serin... In den Mitochondrien der
Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae stehen vier der sechs Tripletts, die
üblicherweise Leucin bedeuten, für Threonin;
S.23: bei der Sichelzellanämie verändert eine Genmutation ein einzelnes Codon
der Hämoglobin-Beta-Kette von GAG in GUG. Dadurch wird statt des hydrophilen
(wasserfreundlichen JK) Glutamats das hydrophobe (wasserabweisende JK) Valin
eingefügt. Die so entstandenen wasserabweisenden Punkte an der Oberfläche haben
die Tendenz, sich zusammenzulagern. Folglich verklumpen die Hämoglobinmoleküle
... sodass sich die roten Blutkörperchen sichelartig verformen.;
S.24: bauen Vertreter aus allen drei großen Organismenreichen ((Archaea,
bakterien und Eukaryoten) dort, wo sich das Stoppcodon UGA befindet, vereinzelt
Selenocystein (chemisch modifiziertes Cystein) in ihre Proteine ein (21.
Aminosäure satt üblicherweise 20!); manche Archaea und Bakterien interpretieren
das Stoppcodon UAG als Anweisung der (22.!) Aminosäure Pyrrolysin (cehmisch
modifiziertes Lysin).;
S.25: die Codewörter für die Zuordnung derselben Aminosäure werden von
Bakterien und Säugetieren nicht gleich häufig benutzt; für Arginin überwiegen
im menschlichen Genom z.B. AGA und AGG, die Bakterie e.coli verwendet AGA nur sehr
selten und macht bei der Übersetzung (Translation) oft Fehler; kennt man diese
Präferenzen, kann man eine Version des Gens konstruieren, die in verschiedenen
Organismen gleich verlässlich funktioniert;
S.26ff: Das verkannte Genom-Programm – Der Schlüssel zum Verständnis von
Embryonalentwicklung und Evolution könnte in einem bisher wenig erforschten
Regulationssystem liegen, das sich auf RNA stützt – statt auf Proteine.;
Seit fast einem halben Jahrhundert besteht nunmehr das zentrale Dogma der
Molekularbiologie. Es besagt, dass von genetischer Information, die in der
DNA-Sequenz gespeichert ist, zunächst spezielle Arbeitskopien aus RNA erstellt
werden – und diese dienen dann als Matrizen für die Produktion des jeweiligen
Proteins aus Aminosäurebausteinen. Auch in der alten Formel „ein Gen – ein
Protein“ drückte sich die vorherrschende Ansicht aus, Gene kodierten im
Allgemeinen für Eiweißstoffe. Entsprechend mussten Proteine, neben ihrer
Funktion etwa als Strukturelemente und Enzyme, auch die Hauptrolle bei der
Regulation der Gne selbst spielen.. Die(se) Schlussfolgerung beruht vorwiegend
auf Studien an Bakterien ... und anderen einzelligen Lebewesen ohne Zellkern..
Für diese Organismen ... ist sie sogar nach wie vor im Wesentlichen korrekt.
Deren DNA umfasst nämlich fast ausschließlich Proteingene, flankiert von
Steuersequenzen ...
beschreibt das zentrale Dogma die Molekularbiologie der Eukaryoten (=
zellkerntragenden Lebewesen JK) nur sehr unzureichend. Proteine spielen zwar
durchaus auch dort eine Rolle bei der Genregulation, doch parallel dazu
existiert ein zweites, bisher übersehenes Regulationssystem,. Es basiert auf
RNAs, die direkt mit der DNA, anderen RNAs sowie Proteinen interagieren;
Bauanweisungen für Proteine bei Eukaryoten nicht als zusammenhängender Text im
Erbgut festgelegt, verteilen sich auf mehrere Abschnitte, diese so genannten
Exons (die „aus“-gelesen werden JK) sind durch teils sehr lange
dazwischengeschobene DNA-Sequenzen getrennt („Ein“schübe, Introns JK), die
keine Proteininformation tragen; die Einschübe werden im Zellkern zunächst mit
abgelesen, aber dann aus der langen primären RNA-Abschrift herausgeschnitten,
ein als Spleißen bezeichneter Prozess fügt dabei die RNA-Exons zu einer
durchgehenden Bauanweisung, der Boten-RNA, zusammen; erst diese Arbeitskopie
(S.36: reife Boten-RNA) verlässt den Zellkern in Richtung Proteinfabriken; ein
durchschnittliches menschliches Proteingen besteht zu mindestens 95% aus
Introns; evolutionärer Schrott, funktionsloser Müll???
weniger als 1,5% der menschlichen DNA trägt Baupläne für Eiweiße, trotzdem wird
der größte Teil des Rests in RNA umgeschrieben; Befunde legen nahe, dass bei
komplexen Lebewesen ein Großteil. bei Säugern vielleicht sogar die Mehrzahl der
Gene nicht für Proteine kodiert, sondern RNAs mit direkten regulatorischen
Aufgaben bereitstellt; die von diesen RNAs übermittelten Informationen könnten
entscheidend für die Entwicklung vom Ei zum reifen Organismus sein und auch in
der Evolution eine wesentliche Rolle spielen;
bei Säugetieren konnten inzwischen Tausende von RNAs identifiziert werden, die
nicht der Proteinsynthese dienen, so genannte nicht kodierende RNAs. Mindestens
die Hälfte, vielleicht sogar mehr als drei Viertel aller Genabschriften fallen
in diese Kategorie;
Zellen haben die Wahl, welche Proteine (aus einem Gen) gebildet werden sollen;
beim Spleißen (Herausschneiden von Introns) gibt es oft Wahlmöglichkeiten,
durch alternatives Spleißen lassen sich – trotz gleicher genetischer
Ausstattung – unterschiedliche Repertoirs an RNAs und Proteinen erzeugen (S.34:
dabei wird die molekulare Abschrift eines so genannten Mosaikgens zerlegt und
zu Bauanweisungen für zwei oder mehr verschiedene Proteine zusammengesetzt);
(S.37: dabei kann ein Exon ausgelassen werden, oder ein Intron bleibt
erhalten); ein Gen kann dadurch eben mehr als nur eine Sorte Protein erzeugen;
es entstehen dabei nicht für Proteine kodierende RNAs und auch Intron-RNAs, die
direkt bei der Genregulation mitwirken;
S.34ff: Jede DNA-Sequenz, von der eine RNA-Version abgeschrieben wird, ist per
Definition ein Gen, nicht unbedingt aber (die Bauanleitung JK) für ein Protein.
Aus einem kleinen Grundbestand von proteincodierenden Genen kann eine Zelle ein
viel größeres Sortiment an Eiweißstoffen herausholen, indem sie Teile der
abgeschriebenen rohen Bauanweisung zu unterschiedlichen fertigen Versionen
zusammenspleißt...
Dass hochkomplexe Organismen mit so wenig Genen auskommen, verdanken sie dem
alternativen Spleißen und seiner Choreografie. Von ihr hängt ab, wann wo welche
Arten von Proteinen entstehen...
ein menschliches Proteingen ist durchschnittlich 28.000 Basenpaare lang,
verteilt im Mittel auf 8,8 Exons und 7,8 Introns;
mindestens 15% aller Genmutationen, die zu Erbkrankheiten und vermutlich auch
zu manchen Formen von Krebs führen, beeinträchtigen das Spleißen von
Primärabschriften;
im Durchschnitt wird jedes der menschlichen Gene in seiner RNA-Form auf mehr
als drei verschiedene Arten gespleißt;
die fast identischen Gene von Mensch und Schimpanse produzieren zwar in den
meisten Geweben weitgehend die gleichen Proteine. In Teilen des menschlichen
Gehirns sind jedoch einige Gene aktiver und andere liefern durch alternatives
Spleißen erheblich abweichende Proteine;
Mutationen in den Introns können (zufällig) neue Spleißstellen schaffen, das
bisherige Intron zum Exon machen; es gibt danbn unter Umständen sowohl die alte
funktionsfähige Variante des Proteins und zusätzlich eine neue; das menschliche
Erbgut enthält potenziell 25.000 Intronstellen, aus denen durch eine Punktmutation
ein Exon werden könnte;
S.42ff: Regulationsmechanismen
damit nur die benötigten Gene abgelesen werden, gibt es in der DNA Abschnitte
mit Regulatorfunktion, nur dann wird das Gen abgeschrieben, wenn sich in der
regulatorischen Region ein aktivierender Proteinkomplex angelagert hat;
wenn virale Gene in die Zelle eindringen und sich der Proteinsynthesemaschine
bemächtigen wollen, unterbindet das Interferon-System brachial jede
Genexpression (alle Maschinen werden gestoppt);
RNA-Interferenz: potenziell gefährliche RNA-Abschriften von Genen werden
zerstört;
S.50ff: zentrales Dogma der der molekularen Genetik: DNA erzeugt RNA, RNA
erzeugt Protein – und Proteine erledigen praktisch alle relevanten Aufgaben in
der Biologie.
Begriff des GENS war schon lange unscharf formuliert; Um Unklarheiten zu
vermeiden, verwenden wir den Begriff des Gens möglichst gar nicht mehr: wir
nennen jeden DNA-Abschnitt, der (in RNA abgeschrieben, also) transkribiert
wird, eine Transkriptionseinheit.; bei Mäusen Zahl solcher Einheiten auf 70.000
bis 100.000 geschätzt, etwa bei der Hälfte könnte es sich um
Transkriptionseinheiten handeln, die nicht für Proteine kodieren;
S.58: dritter Bestandteil der genomischen Maschinerie: epigenetische
Informationen in den Proteinen und niedermolekularen Substanzen, welche die DNA
umgeben oder dort gebunden sind (griechisch epi bedeutet auf, nach);
epigenetische Marker (chemische Markierungen auf der DNA, außerhalb der
DNA-Sequenz, auch an den die DNA umhüllenden Proteinen) werden ständig neu
gesetzt und entfernt; z.B. Methylierung: Methylgruppe CH3- verankert
sich – vorwiegend an Cystein; deckt
damit die DNA ab, kann nur noch schwerer abgelesen werden, werden
„stummgeschaltet“; auch das Verpackungsgerüst der vielfach verknäuelten DNA
kontrolliert den Zugang zu den Genen;
(Spektrum der Wissenschaft, Dossier: Das neue Genom, 1/2006)
·
Nationales Genomforschungsnetz (NGFN) Bonn: Übereinstimmung Erbgut Mensch
und Schimpanse 98,7%; untersucht auch Aktivität von 21.000 Genen in Herz,
Leber, Niere, Hoden und Gehirn; im Hoden mehr als 1/3 der Gene unterschiedlich
aktiv, im Gehirn die wenigsten Unterschiede; Unterschiede sind noch immer 10x
so groß wie zwischen zwei Menschen;
(Freie Presse Chemnitz 1.9.05)
·
Das menschliche Genom enthält etwa 3,2
Milliarden „Bausteine“ (zumeist als zweifache Kopie). Sie bilden etwa 25.000
Gene und enthalten eine noch unbekannte, sicher aber viel höhere Anzahl
regulatorischer Elemente. ... Bei zwei nicht miteinander verwandten Menschen
stimmen etwa 99,9% ihrer Bausteine überein
(Nationaler Ethikrat: Prädiktive Gesundheitsinformationen bei
Einstellungsuntersuchungen, Stellungnahme 16.8.05, Druckfassung A4)
·
Genom Schimpanse entschlüsselt:
etwa aller 80 Buchstaben Abweichung zum Genom des Menschen; 35 Millionen
Mutationen, aber nicht einmal 1% davon führt zur Herstellung mutierter Proteine
(Rest liegt in nicht codierenden Abschnitten der Erbsubstanz); Die Ergebnisse
weisen darauf hin, dass nur wenige Gene entscheidend für die Menschwerdung
waren; der gemeinsame Urahn war dem Schimpansen viel ähnlicher als dem heutigen
Menschen;
schneller verändert beim Menschen: a) Transkriptionsfaktoren, die zuständig
sind für Entwicklungsprozesse; b) im Genom des Menschen finden sich häufiger
Verdopplungen von Genen oder Genabschnitten (eine Kopie funktioniert normal
weiter, die andere kann frei mutieren); c) Aktivität von Genen im Gehirn hat
sich beim Menschen in den letzten 6 Mill Jahren deutlich mehr verändert als
beim Schimpansen;
familiäre Mikroenzephalie, eine erblich bedingte Entwicklungsstörung, bei
Betroffenen wächst das Hirn nur auf die Hälfte der normalen Größe; dabei ist
eines von zwei Genen defekt (könnten eine Rolle spielen bei der Teilung der
Vorläufer von Nervenzellen;); genetischer Regler, der das Hirn anschwellen
ließ?;
ein Gen, bei dem kleinste Defekte ausreichen, um Artikulation und
Sprachvermögen des Menschen erheblich zu beeinträchtigen; nur an zwei Stellen
unterscheiden sich Menschen- und Schimpansenvariante; wahrscheinlich erst im
verlauf der letzten 200.000 Jahre Veränderungen vollzogen
(Spiegel 36/05 S.142)
·
bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Enden der
Chromosomen, die so genannten Telomere; diese Sequenzen sind so etwas wir die
Lebensuhr einer Körperzelle: je kürzer die Chromosomenenden sind, desto weniger
Teilungen kann sie noch vollziehen; Großbritannien: 1100 Frauen im Alter
zwischen 18 und 78 Jahren untersucht, Telomerlänge bestimmt: bei jungen Frauen
7500 Basenpaare lang, mit jedem Lebensjahr Verlust von 27 Basenpaaren
(bdw 12/05 S.37)
·
Manche Gene beim Menschen haben – je nachdem, wie man
sie aus der Erbmasse schneidet – 20 oder 30 Varianten (d.h. aus ihnen können
ebenso viele verschiedene Eiweiße abgeleitet werden);
in einer einzelnen Zelle arbeiten bis zu 40.000 verschiedene Proteine;
über ihre endgültige Gestalt und ihre Funktion entscheidet nicht nur die in den
Genen festgelegte Abfolge der Aminosäuren, sondern das gesamte Zellmilieu mit
all seinen Eiweißen und anderen Bestandteilen;
Mikro-RNAs (19-25 Basenpaare) haben nichts mit Eiweißproduktion zu tun, steuern
die Aktivität anderer Gene; es soll fast 2.000 davon im menschlichen Erbgut
geben;
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.3)
·
normalerweise sterben Zellen nach etwa 50 Zellteilungen
ab, nur Krebszellen teilen sich unaufhörlich weiter und sind potenziell
unsterblich;
ein wichtiges Programm für das Uhrwerk der Zellen: besteht aus etwa tausend
aneinender gereihten, identischen Kopien einer kurzen DNA-Sequenz TTAGGG, das
Programm ist in den Chromosomen gespeichert, sitzt an deren Enden und bildet
die so genannten Telomere,, diese Endstücke halten wie die Plastikkappen an
Schnürsenkeln das „Ausfransen“ der Enden; Telomere werden bei jeder Zellteilung
kürzer; kritischer Punkt nach etwa 50 Zellteilungen erreicht, dann wird der
Zelltod eingeleitet
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.18)
·
Bisher überhaupt nur ein Fall bekannt geworden, wo
ein Mensch sowohl vom Vater als auch von der Mutter die Mitochondrien
mitbekommen hatte
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.17)
·
EMNID-Umfrage: rund die Hälfte der Befragten waren
überzeugt, dass gentechnikfreie Nahrungsmittel keine Gene enthalten
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.8)
·
Mendel´sche Vererbungsgesetze widerlegt?;
Frankreich: bei genetisch veränderten Mäusen eine Erbanlage per RNA auf die
nächste Generation übertragen;
in der DNA von Mäusen wurde das so genannte Kit-Gen verändert (zuständig für
gepunktete Schwanzfärbung); genetisch manipulierte Tiere wurden mit normalen
Mäusen gepaart; alle Nachkommen hatten gepunktete Schwänze, auch wann manche
Tiere keines der veränderten Kit-Gene besaßen; Erklärung: die veränderten
Kit-Gene produzierten riesige Mengen übergroßer RNA, diese fand sich auch in
den Spermien der genetisch veränderten Mäuse; wenn RNA aus mutierten Zellen
direkt in normale Mäuseembryonen injiziert wurde, hatten die geborenen Tiere
gepunktete Schwänze
(taz 26.5.06)
·
Vorfahren von heutigen Menschen und Schimpansen haben Millionen von
Jahren nebeneinander gelebt und sich vermutlich auch gepaart; beide Arten
gingen wohl erst vor 1,2 Millionen Jahren endgültig getrennte Wege; bisherige
Annahme: seit 6,5 bis 7,2 Millionen Jahren keine gemeinsamen Nachkommen mehr
gezeugt;
(taz 19.5.06)
·
Kreuzungen von Schimpansen und Menschen bis vor gut 2
Millionen Jahren
(Zeit 18.5.06 S.37)
·
Genabfolge des Chromosoms Nr.1 beim Menschen vollständig
entziffert; darauf 3141 der etwa 25.000 menschlichen Gene; über 350 Krankheiten
stehen mit Veränderungen auf diesem Chromosom in Verbindung
(Freie Presse Chemnitz 19.5.06)
·
Mensch 100.000 Milliarden (100 Billionen) Zellen, jede hat
etwa 1/100 mm Durchmesser, Anatom erkennt mehr als 200 Zelltypen;
der so grundverschiedene Entwicklungsprozess bei Taufliegen wird von den
weithin gleichen, zumindest artverwandten Steuermolekülen und Steuersignalwegen
geregelt wie bei Säugetieren, z.B. steuern evolutionär eng verwandte
Regulatorgene die Ausbildung der doch grundverschiedenen Augenanlagen bei
Insekten und Säugern
(Zeit 5.1.06 S.31)
·
These erhärtet, dass HIV ursprünglich vom Affen auf
den Menschen übertragen wurde: Urform des Aids-Erregers bei wildlebenden
Schimpansen im Süden Kameruns gefunden
(bdw 8/2006 S.7)
·
für Unterschied zwischen Affen und Menschen möglicherweise
ein Gen verantwortlich; Entwicklung des menschlichen Gehirns durch
Veränderungen in Gen HAR1F; 18
Unterschiede zum gleichen Gen bei Schimpansen; Veränderungen in wenigen
Millionen Jahren erfolgt, dieser Teil des menschlichen Genoms 70 x so schnell
verändert wie der Rest;
(Freie Presse Chemnitz 18.8.06; ZEIT 17.8.06 S.30)
·
Verwirrende „Stammbäume“:
Genom von Bakterien, Pilzen, Viren ist extrem instabil; Gene wandern häufig von
einem in den nächsten Organismus = „lateraler Gentransfer“; nahe Verwandte
unterscheiden sich oft in ihrer Erbinformation; und deshalb verzweigt sich die
Ahnenreihe der Mikroben nicht wie bei einem Baum, sondern entwickelt sich durch
die Aufnahme spezifischer Erbbausteine teilweise sogar wieder zurück. Es
entstehen Büsche, Ringe, Kreise mit Ästen und andere seltsame Gebilde
(taz 1.9.06)
·
kleinstes bisher bekanntes Genom entschlüsselt,
Bakterie Carsonella ruddii besitzt nur 159662 Basenpaare und 182 Gene;
Bakterien haben normalerweise mehrere Millionen Basenpaare;diese Bakterien
können nur in Symbiose mit Blattflöhen überleben, auf die die Bakterien im
Laufe der Evolution einen Teil ihrer Erbinformation übertragen haben
(„natürliche Gentechnik“; Gene für den Aufbau der Zellhülle und den
Stoffwechsel); Die Bakterien liefern im Gegenzug Aminosäuren, die die Flöhe
nicht selbst herstellen können
(bdw 1/2007 S.9)
·
über 50% aller menschlichen Gene kodieren Struktur,
Stoffwechsel und Funktion des Gehirns
(bdw 9/2006 S.31)
·
erstmals Erbgut eines Baumes vollständig kartiert
(Westliche Balsampappel); 485 Millionen Basenpaare, nach Ackerschmalwand und
Reis dritte entschlüsselte Pflanze
(bdw 12/06 S.7)
·
(496f)
Gregor Mendel ... hatte am Philosophischen Institut von Olmütz und an der
Wiener Universität Physik und Mathematik studiert und betrieb seine Arbeiten
mit strenger wissenschaftlicher Disziplin; Bibliothek im Kloster in Brünn
20.000 Bände;
Mendels Beobachtungen nicht völlig unbeachtet: Eintrag in der Encyclopedia
Britannica und Zitate beim deutschen Forscher Focke
(Bill Bryson: Eine kurze Geschichte von fast allem, Goldmann München 2004)
·
(156)
Chromosomen: q28 ??? der Buchstabe q drückt dabei aus, dass es sich um den
langen Arm des Chromosoms handelt (der kurze wird mit p nach dem französischen
petit bezeichnet), und mit der Zahl werden mikroskopisch sichtbare Banden
abgezählt;
(201) jeder neu gebildete menschliche Embryo weist etwa hundert Veränderungen
(Mutationen) auf, die es bei seinen Eltern nicht gab. Nur einige davon – etwa
drei bis vier – werden unmittelbar die Wirkung von Proteinen beeinflussen ...
Wir Menschen sind alle Mutanten.
(204) Embryo = „das drinnen Keimende“
Fötus oder Fetus = „Junges“;
(208) Embryo: ab 32 Zellen geht es bei der Teilung mit „krummen“ Ergebnissen
wie 58 und 107 weiter; E. sucht am 5. Tag seines Vorhandenseins einen festen
Platz in der Gebärmutter;
(214) am 13. Tag Übergang vom Anheften zum Einnisten
(220f) Zellhaufen an sich haben natürlich keine Seele, wohl aber Zellhaufen,
die der menschlichen Wahrnehmung zugänglich sind, und das trifft vor allem von
dem Augenblick an zu, in dem aus dem Embryo ein Fötus wird. Er wird nicht von
Gott beseelt, sondern von dem Menschen, der sich ihm zuwendet, Und die Frage,
wann menschliches Leben – mit der dazugehörenden Würde – beginnt, kann unter
dieser Vorgabe von jedem einzelnen Menschen beantwortet werden. Es beginnt
dann, wenn das sich regende Leben die Formen zu erkennen gibt, die unsere
Wahrnehmung als menschenähnlich deutet.
Entwicklung des Menschen ab Eizelle (199ff);
(234) Die Entwicklung eines Organismus geht natürlich regelmäßig und
naturgesetzlich vonstatten. Aber damit ist sie noch lange nicht programmiert.
Die Welt und das Leben stecken voller regelmäßiger Abläufe, die ohne
Programmierung auskommen, und es wird vorgeschlagen, diesen Begriff aus der
Welt der Computer ad acta zu legen, da er das Denken mehr behindert als
fördert.;
(243) das ABC des Lebens, besser: das ATGC des Lebens;
(246) die Veränderung in einem homeotischen Gen führt dazu, dass zum Beispiel
die Maschinerie, die ein Bein herstellen soll, dort in Schwung gebracht wird,
wo eigentlich eine Antenne nötig ist. Tatsächlich gibt es Fliegen, denen Beine
aus dem Kopf wachsen ... kein Genetiker hätte sich ein solches Wesen in seinen
wildesten Träumen ausdenken können;
dass die Genvariationen zu einer Fehlidentifizierung des Körpersegments führen,
was dann die Anfertigung von gebrauchfähigen Organen am falschen Ort nach sich
zieht;
(250) Nicht nur Insekten verfügen über eine Homeobox. Der entsprechende
Genbereich konnte bei Würmern, Fröschen, Mäusen und zuletzt auch im Menschen
gefunden werden. Das Überraschende dabei war nicht nur, dass in der Entwicklung
von Wirbeltieren und Wirbellosen ein gemeinsames Prinzip erkennbar wurde,
sondern dass homeotische Gene auch dort funktionierten, wo sich – auf den ersten
Blick – keine Körpersegmente erkennen ließen.
Wenn man genauer hinschaut, erkennt man natürlich, dass Menschen innerlich sehr
wohl Segmente erkennen lassen, und zwar die berühmten Rippen ... auffallend
häufige Fehlbildungen an dieser Stelle. Etwa einer von 10 Erwachsenen hat eine
andere Rippenzahl (als die normalen 12 auf jeder Seite ... das Muster, das zu
dieser Bildung führt, wird dadurch gestört, dass eines der homeotischen Gene
des Menschen nicht funktioniert)
(253) Erklärung für die Ähnlichkeiten in der Embryonalentwicklung, die Fische,
Salamander, Hühner, Kaninchen und Menschen zeigen; dass Organismen für ihre
Entwicklung sehr eng miteinander verwandte Gene benutzen, um die (An- JK)
Ordnung ihrer Teile festzulegen;
(254) die homeotischen Gene enthalten Informationen über Proteine, die in der
Lage sind, Einfluss auf die Art und Weise zu nehmen, mit der (andere) Gene
genutzt werden.; Proteine von homeotischen Genen dienen als molekulare Schalter
und aktivieren oder deaktivieren andere Gene.;
alle homeotischen Gene treten als Block (Cluster) auf, liegen in einer
bestimmten Reihenfolge aufgereiht (manchmal auf einem Chromosom, beim Menschen
auf vier verteilt;
(264) Gene spulen keine Programme ab, Gene reagieren vielmehr kreativ. Die
Gesamtheit der Gene – das Genom – verfügt über Kreativität.;
(292f) Huxley: „Schöne neue Welt“; hier werden zuerst Menschen geklont, aber es
entscheiden nicht nur die so festgelegten Gene - der „neue“ Mensch kommt erst
danach durch Gehirnwäsche und andere Arten der Konditionierung zustande;
(382) Aus dem ursprünglich so übersichtlichen Grundgedanken, dass ein Gen ein
Protein macht, ist heute die feinere Einsicht geworden, dass ein Gen-Stück ein
Protein-Teil macht – ein Exon kodiert eine Domäne ...;
(457) 2004 wurde bekannt, dass der väterliche Same mehr als nur seine Hälfte
zum gesamten Genom in Form von DNA-Molekülen liefert. Er stellt zudem einzelne
Stränge aus RNA für den Nachwuchs bereit; z.B. Funktion beim Anschalten der
Gene
(Ernst Peter Fischer: Die Bildung des Menschen - was die Naturwissenschaften über uns wissen;
Ullstein Berlin 2006)
·
(40)
Ribosomen haben nur ca. 25 nm Durchmesser, sind mit Lichtmikroskop nicht zu
erkennen; eine einzige Leberzelle des Menschen enthält bis zu 10 Millionen
Ribosomen;
(73) Apollo 12 bringt vom Mond Geräte zurück, die dort 2 ½ Jahre gewesen waren:
darauf Bakterienkolonie entdeckt, die überlebt hatte!
(Hansjürg Geiger: Auf der Suche nach Leben im Weltall, Wie Leben entsteht und
wo man es finden kann, Franckh-Kosmos Verlag Stuttgart 2005)
·
(10)
Hox-Gene sind bei Insekten unter dem Namen Homeobox-Gene für die Segmentierung
des Körpers zuständig. Die Hox-Gene steuern sowohl bei Wirbellosen als auch bei
den Wirbeltieren den Aufbau des Körpers entlang der Achse vom Kopf zum
Körperende ... Die homeobox ist ein so genanntes Motiv im Erbmolekül DNS, das
180 Bauteile oder Basen lang ist. Drei Basen bestimmen eine Aminosäure, die
Bauteile der Eiweiße, also ist das Produkt der homeobox, die so genannte
homeodomain, etwa 60 Aminosäuren lang. Nur bei den Wirbeltieren spricht man von
Hox-Genen.
(219) Hox-Gene gibt es nur bei Metazoen, höheren Tieren mit verschiedenen
Zelltypen und Geweben wie Ringelwürmern, Krebsen, Insekten und Wirbeltieren.
Diese Gene stammen von den so genannten Hoemeobox-Genen ab, die es auch bei
Einzellern und Pflanzen gibt. Die Hox-Gene sind in Gruppen entlang eines oder
mehrerer Chromosomen angeordnet. Bei Schwämmen gibt es nur ein Gen, vier oder
fünf bei den Cnidaria, sechs bis zehn Gene bei den meisten anderen Tierstämmen,
aber bis zu 39 Gene in vier Gruppen bei den Säugetieren. ...
(220) (Veränderung von Gliedmaßen und Bauplänen möglich) ... In dieser
komplexen Abfolge von genetischen Schaltern können in jedem Schritt
Erbänderungen auftreten, deren Folgen von den klassischen Modellen der Evolutionsgenetik
nicht erfasst werden können.;
In langen geologischen Zeiträumen sind die massiven Änderungen der Erde ebenso
ein Motor der Evolution wie Umbauten in der genetischen Architektur.;
(228) Manche Gene werden von den Eltern mit einem chemischen „Etikett“
versehen, das die Tätigkeit des Gens im Nachwuchs steuert;
(229) Nicht nur Gene verursachen die Ähnlichkeit von Eltern und Nachwuchs.
Manipulation der Umwelt, chemische Markierung des Erbmoleküls oder die
Weitergabe von symbiontischen Mikroorganismen tragen ebenfalls zur Ähnlichkeit
aufeinander folgender Generationen bei.;
(232) Geschlechtsbestimmung der Organismen; oft genetische Ursache (Männer beim
Menschen XY, Frauen XX; bei Vögeln und Schmetterlingen umgekehrt);
Viele Eidechsen, Schildkröten und alle Krokodilarten lösen das Problem der
Geschlechtsbestimmung dagegen völlig anders. Die Umweltbedingungen bestimmen,
welche Individuen männlich oder weiblich werden. Welche Umweltbedingung
verantwortlich ist, ist artspezifisch: Temperatur, Nahrungsangebot oder
Bevölkerungsdichte. bei manchen Arten entwickeln sich Eier bei hohen
Temperaturen zu Männchen, bei niedrigen zu Weibchen, bei anderen ist es
umgekehrt und bei wieder anderen gibt es bei mittleren Temperaturen Männchen
und bei hohen und niedrigen Extremtemperaturen Weibchen.;
(240) Und nicht nur Erbmoleküle haben die Fähigkeit, sich im Laufe einer
Zellteilung selbst zu vermehren – sie benötigen sowieso die (innere JK)
Umwelt der Zelle, um dies zu bewerkstelligen. Auch Zellmembranen werden vererbt.
Neue Zellmembranen können nur mit Hilfe anderer Zellmembranen aufgebaut werden.
(Thomas P. Weber: Darwin und die neuen Biowissenschaften, DuMont Köln, 2005)
·
Paläogenomik:
zwei Forschergruppen haben die ersten Teile des Neandertaler-Genoms
entschlüsselt; 38.000 Jahre alte Knochensplitter; 65.000 bzw. 8 Millionen
Basenpaare isoliert; Zuordnung in die richtige Reihenfolge durch Vergleich mit
der DNA von Mensch und Schimpanse
(Spiegel 47/06 S.180)
·
Klonforscher gefragt: Wie weit prägen Gene ein
Wesen? Darüber haben wir ziemlich genaue Vorstellungen. Zu 30 bis 35 % sind die
Gene verantwortlich, was wir sind und was wir tun. Der Rest ist die Umwelt.
(Die Zeit 15.2.07 S.56)
·
(151)
dass das Karyoplasma des Zellkerns die Funktion der Fortpflanzung und Vererbung
besorgt. Diese Ansicht hatte ich zuerst 1866 ... ausgesprochen ...später
genauere empirische Bestätigung durch ... Strasburger , Hertwig u.a. ... Die
verwickelten feineren Verhältnisse, welche diese Forscher bei der Zellteilung
aufdeckten, führten zu der Annahme, dass der färbbare Bestandteil des
Zellkerns, das „Chromatin“, die eigentliche Erbmasse sei, das materielle
Substrat der „Vererbungsenergie“. Weismann fügte nun zu dieser Erkenntnis die
Annahme, dass dieses Keimplasma vollkommen von den übrigen Substanzen der Zelle
gesondert lebe, und dass letztere (- das Somaplasma -) die durch Anpassung
erworbenen neuen Eigenschaften nicht auf das Keimplasma übertragen können;
gerade auf dieser Annahme beruht seine Opposition gegen die progressive
Vererbung oder die „Vererbung erworbener Eigenschaften“. Die Verteidiger der
letzteren, zu denen ich gehöre, nehmen an, .... dass eine teilweise Mischung
beider Plasmaarten eintritt.
(153) Darwin war von der hohen Bedeutung der „Vererbung erworbener
Eigenschaften“ und insbesondere von der Erblichkeit funktioneller Anpassungen
ebenso fest überzeugt wie Lamarck und wie ich selbst; er schrieb ihnen nur
einen beschränkteren Wirkungskreis zu als Lamarck.
(151) Mutation (bedeutet bei Haeckel noch Makro-Mutation, d,h. Mechanismus für
plötzliches Auftreten neuer Arten JK)
(Ernst Haeckel: Die Lebenswunder, Alfred Kröner Verlag Stuttgart 1906)
·
nicht
Schäden an der DNA, sondern an Proteinen, die für ihre Reparatur zuständig
sind, sind möglicherweise entscheidend für die negativen Folgen von Strahlung;
in manchen strahlungsresistenten Bakterien sind diese wichtigen Proteine
besonders geschützt
(ZEIT 22.3.07 S.52)
·
die
weiße Hautfarbe entstand erst vor 5300 bis 6000 Jahren, lange nach der Ankunft
des modernen Menschen in Europa; zwei Varianten eines Gens für die Produktion
eines Eiweißes in den Melaninkörperchen der Pigmentzellen der Haut; Folge eines
Austauschs einer Aminosäure führt zu Defekt und hellerer Haut
(ZEIT 26.4.07 S.41)
·
Genom
des Rhesusaffen entschlüsselt; 93% Übereinstimmung mit dem des Menschen
(GID 181 4/2007 S.38)
·
(357)
Die DNA, die ein Organismus geerbt hat, bestimmt die Ausprägung spezifischer
Merkmale, indem sie der Zelle die Synthese gewisser Proteine vorschreibt. DNA
ist also nicht der Bauplan eines Lebewesens, sonder der Bauplan seiner
Baustoffe (Strukturproteine) und Bauarbeiter (Enzyme, Transportproteine,
regulatorische Proteine). Proteine sind das Bindeglied zwischen Genotyp und
Phänotyp.;
(359) Ein-Gen-ein-Polypeptid-Hypothese (z.B. besteht Hämoglobin-Molekül aus
zwei Arten von Polypeptiden);
(365) die Transkription verläuft bei Eukaryoten mit einer Geschwindigkeit von
rund 60 Nucleotiden je Sekunde;
ein einzelnes Gen kann gleichzeitig von mehreren Molekülen der RNA-Polymerase
transkribiert werden, die wie Lastwagen in einem Konvoi hintereinander über die
DNA fahren.;
(368) Man kennt eine Reihe von Genen, die zwei oder mehr Polypeptide codieren,
je nachdem, welche Segmente beim RNA-Spleißen als Exons behandelt werden.
alternatives Spleißen als Erklärung dafür, weshalb der Mensch mit vergleichbar
wenigen Genen auskommt (nur doppelt so viele wie die Fruchtfliege);
Introns erhöhen die Wahrscheinlichkeit potenziell vorteilhafter
Crossing-over-Ereignisse (bei der Chromosomen-ver-teilung JK);
(369) tRNA als „Adapter“ zwischen Aminosäure und mRNA;
tRNA-Molekül als Spielkarte mit dem „Nucleinsäurewort“ (Anticodon) auf der
einen Seite und dem entsprechenden „Proteinwort“ (Aminosäure) auf der anderen
Seite;
jedes tRNA-Molekül kann wiederholt verwendet werden;
es gibt durchschnittlich etwa 45 verschiedene tRNA-Moleküle;
(374) eine ganze Gruppe von Ribosomen wandern simultan hintereinander an
demselben mRNA-Molekül entlang;
(375) das Protein Insulin wird zunächst als ein durchgehendes Polypeptid
synthetisiert, dann wird dessen Mittelteil enzymatisch entfernt, und das
zurückbleibende aktive Hormon besteht aus zwei Polypeptidketten, die durch
Disulfidbrücken zusammengehalten werden.;
(381) Definition:
Ein Gen ist ein Abschnitt der DNA, der zur Herstellung eines RNA-Moleküls
benötigt wird.
(Neil A. Campbell / Jane B. Reece: Biologie, Spektrum Akademischer Verlag
Heidelberg Berlin, 6. Auflage, 2003)
·
Vorschrift
„ein Gen ergibt ein Produkt“ gilt nicht mehr;
entgegen früherer Annahmen sind die Schalter für das Ablesen von Genen diesen
nicht nur vorgeschaltet, sondern auch dahinter zu finden; das, was bisher
häufig als JUNK-DNA bezeichnet wurde, ist nicht einfach nur „Müll“: diese
Sequenzen werden in den Zellen auch abgelesen, müssen also eine Funktion haben
(taz 15.6.07)
·
Krebszellen
haben „falsche“ Anzahl von Chromosomen (Aneuploidie, mehr als normal) und
Chromosomen mit Strukturanomalien;
etwa die Hälfte aller bekannten krebserregenden Stoffe – darunter Asbest,
Nickel, bestimmte Hormone – lösen keine Schäden an den Genen aus, sondern
greifen massiv die Chromosomen an oder stören deren Verteilung bei der
Zellteilung;
je bösartiger ein Tumor ist, desto mehr Chromosomen enthält die einzelne
Krebszelle und desto schwerer ist der Chromosomenschaden;
(bdw 8/2007 S.33)
·
Maus-Gen
macht Fliegenauge:
Fliege und Mensch können unterschiedlicher nicht sein. Doch ihre Gene sind sich
so ähnlich, dass sich eine Gen-Mutation des Insekts, die zum Verlust der
Komplexaugen führt, mit dem intakten Säugetier-Pendant kurieren lässt. Was in
Säugern die Entwicklung des Linsenauges induziert, stößt bei der Fliege die
Entwicklung eines kompletten Komplex-Auges an. Und zwar nicht nur am Kopf,
sondern in jedem Gewebe, in dem das betreffende Gen experimentell eingeschaltet
wird, sodass dieser Fliege auch an den Antennen kleine, sehfähige Augen wachsen
können. Offenbar haben sich nicht nur das Gen, sondern auch wesentliche Teile
des nachgeschalteten frühen Entwicklungsprogramms seit über 500 Millionen
Jahren kaum verändert
(bdw 7/2007 S.31)
·
Das komplette Genom des Genetikers James Watson
wurde im Mai 2007 entziffert; Prozess dauerte nicht einmal 3 Monate;
von der Auffassung trennen, dass menschliche DANN aus einer relativ kleinen
Zahl von aktiven Genen besteht, in denen die lebensnotwendigen Informationen
für den Bau von Proteinen stecken, und dass diese Gene durch lange Abschnitte
inaktiver, unnützer Sequenzen voneinander getrennt sind; tatsächlich sind diese
Sequenzen keinesfalls DNA-Müll, sondern sie enthalten unzählige regulatorische
Einheiten, die den Gegen sagen, wann und wo sie aktiv werden sollen
(bdw 9/2007 S.22)
·
US-Forscher
Craig Venter hat bis März 2007 sechs Millionen neue Gene aus Meereslebewesen
bekanntgegeben, damit die Zahl aller bis dahin bekannten Gene mal eben
verdoppelt
(Spiegel 44/07 S.173)
·
Noch
im Paradies, so sagt die Bibel, bekam Adam den Auftrag, für jedes Tier unter
dem Himmel einen Namen zu finden. Es muss eine höllische Aufgabe gewesen sein,
die Adam aber offenbar mühelos meisterte. Ähnliches vermag heute niemand mehr:
Schon bei den Vögeln wird es schwierig, niemand kennt alle Schmetterlinge, und
kein Sterblicher wird je alle Arten von Ameisen aufzählen können ... Zauberhaft
ist die Artenvielfalt – aber mit rund 1,8 Millionen bekannten und viel mehr
unbekannten Arten ...;
der Kanadier Paul Hebert will die Arten anhand ihrer Gene ordnen;
Bestimmung über ihre Erbsubstanz; dazu reicht ihm die Kenntnis eines einzigen
Gens namens COI (Cytochrom-c-Oxidase I); alle Tiere der Welt haben es, doch
offenbar hat fast jede Art ein anderes;
COI ist Teil des Erbgutes der Mitochondrien; kurzer Abschnitt mit rund 650
Basen-Bausteinen; charakteristisches Muster für jede Art zu finden: „Barcode
des Lebens“; globale Datenbank BOLD geplant (Barcode of Life Data Systems);
für Pflanzen müssten andere Gen-Ausweise gefunden werden
(Spiegel 40/07 S.166)
·
Erbgut der Hauskatze entziffert; 20.285 mutmaßliche Gene
(taz 2.11.07)
·
James Watson (ein Erklärer der Struktur der DNS);
hatte erklärt, Schwarzafrikaner hätten eine geringere Intelligenz als
Hellhäutige;
das ist wissenschaftlich durch nichts belegbar;
Watson hat seine eigene DNS entziffern lassen; Entschlüsseler fanden auch
heraus, dass er eine genetisch bedingte Disposition für Alzheimer-Erkrankung
hat; außerdem: Watsons genetische Struktur ähnelt auffällig der von Asiaten und
- noch krasser - der von Schwarzafrikanern; er wurde als (in seiner Sprache)
„Neger“ mit hellem Teint enthüllt;
Biomediziner Eric Kandel (Nobelpreis 2000): „Intelligenz ist Arbeit, Training
und Erfahrung, also immer umweltgeprägt. Unsere Gene sind gar nichts, außer man
nutzt sie.“
(taz 13.12.07)
·
Durch Kreuzungen verschiedener Fische
(Höhlensalmler), die seit Millionen Jahren blind zur Welt kommen, aus weit entfernten Höhlen; bereits in der
ersten Generation konnten einige Fische sehen;
Fische haben nicht alle denselben
genetischen Defekt, sondern sind aus unterschiedlichen Gründen blind geworden, und er betrifft nicht das gesamte Sehorgan;
Funktion durch Mutationen einiger Schlüsselgene deaktiviert;
neu: genetische Entwicklungen, die Millionen von Jahren gedauert haben, lassen
sich in kürzester Zeit rückgängig machen; Defekte kein irreparabler Schaden;
(taz 18.1.08)
·
(22) Zahl der verschiedenen Proteine beim Menschen
wird auf rund 500.000 geschätzt
(Stefan Rehder: Gott spielen – Im Supermarkt der Gentechnik, Pattloch, München,
2007)
·
Universität Mainz; Genome mehrerer hundert Tierarten
analysiert; bei allen Arten ist nur ein geringer Teil des Genoms für die
Lebenserwartung zuständig; im mitochondrialen Genom, das nur von der Mutter
vererbt wird und aus meist 13 Genen besteht, die alle mit Energiegewinnung,
Atmung und Sauerstoffverbrauch zu tun haben; Tiere mit besonders stabilem
chemischem Aufbau dieser Gene –etwa Riesenschildkröten- leben deutlich länger
als solche, die einen weniger stabilen Aufbau besitzen; durch Messung der
genetischen Stabilität des mitochondrialen Genoms lässt sich die maximale
Lebenserwartung einer Tierart bestimmen
(bdw 3-2008 S.13)
·
Eisenspeicherkrankheit, Hämochromatose:
eine der häufigsten erblichen Stoffwechselstörungen, jeder 8. Europäer hat
Veranlagung dafür; auf Chromosom Nr.6 ist eine Punktmutation (1 falsche Base in
der DNS): statt Aminosäure Cystein wird an einer Stelle Thymin hergestellt; das
im Auftrag des Gens hergestellte Membran-Protein büßt seine Funktion ein;
“Überfall auf Boten-RNS“:
1. aus doppelsträngiger RNS macht ein Proteinkomplex mit dem Namen „Dicer“
(Häcksler) kurze siRNS-Stücke (small interfering RNA);
2. an die Schnipsel lagert sich ein weiterer Protein-Baustein an;
3. der Proteinkomplex spaltet nun die siRNS in Einzelstränge;
4. das aus siRNS und Protein zusammengesetzte Molekül wirkt als „Slicer“
(Schlitzer): es erkennt eine passende Stelle auf einem Boten-RNS-Molekül, das
gerade zum Ribosom unterwegs ist, zerlegt diese mRNS und bringt so das Gen zum
Schweigen;
mit ihrer Hilfe entscheidet die Zelle, welche genetischen Informationen nach
der Abschrift von der DNS (Transkription) überhaupt in Proteine umgesetzt
werden sollen und welche nicht = „posttranskriptionelle Genregulation“
(bdw 3-2008 S.36ff)
·
Erbgut
in Auflösung
Das Genom galt als unveränderlicher Bauplan des Mensche, der zu Beginn des
Lebens festgelegt wird. … In Wirklichkeit sind unsere Erbanlagen in ständigem
Wandel begriffen;
das Erbgut eines jeden ist in beständigem Umbau begriffen. Die
Folge: Jeder Organismus, jeder Mensch, selbst jede Körperzelle ist ein
genetisches Universum für sich;
das Genom ist kein stabiler Text;
die jüngsten Erkenntnisse zeigen mehr denn je, dass der Mensch ein Produkt
genetischer Prozesse ist. Aber auch, dass diese Prozesse mit vielen
Freiheitsgraden ausgestattet sind. Sie bilden ein offenes System, in dem
keineswegs alles vorbestimmt ist;
genaue Analysen zeigen nun: keine Zelle gleicht der nächsten;
Umweltbedingungen können sich im Erbgut niederschlagen, und auch eineiige
Zwillinge sind nicht, wie bisher angenommen, identische Kopien voneinander;
bis vor wenigen Monaten galt die Annahme, dass sich das Erbgut zweier
beliebiger Menschen nur in etwa einem Promille (0,1 %) aller DNA-Bausteine
unterscheidet; vom wahren Ausmaß der Differenzen überrascht: In nahezu jedem
zweiten Gen (von Craig Venter) stießen die Forscher auf Unterschiede zwischen
den mütterlichen und väterlichen Genkopien … stellten zudem zuhauf sogenannte
Inversionen (ganze Abschnitte der Erbmoleküle in neuer Reihenfolge eingebaut)
oder Deletionen (Erbinformationen sind verschwunden) fest; andere Abschnitte
hatten sich aus ihrer Umgebung herausgelöst und umgedreht wieder eingefügt;
Unzutreffend ist auch die bisherige Überzeugung, jedes Gen existiere in der
Regel nur zweimal im Erbgut (einmal im väterlich, einmal im mütterlich ererbten
Satz der Chromosomen). In Wahrheit unterliegen zahlreiche Erbinformationen
einem Vervielfältigungsprozess und existieren in bis zu 16 Kopien in einem
Zellkern. Bei mindestens 1500 menschlichen Genen wurden bisher solche
Kopievarianten (CNVs = copy number variants) entdeckt; jeder Mensch weist sein
eigenes CNV-Profil auf; CNV-Muster unterscheidet sich selbst in den
Körperzellen eines bestimmten Menschen von dem anderer Zellen;
vervielfältigen sich so etwa Gene für die Produktion von Signalstoffen oder für
deren Empfängermoleküle, verändern sich die Kommunikationssysteme des
Organismus; CNVs beeinflussen die Genaktivität;
um den wahren Umfang der Baumaßnahmen im Genbestand zu ermitteln, wurde nun das
„1000 Genomes Project“ gestartet. Im Verlauf von drei Jahren soll das Erbgut
von 1000 Menschen aus aller Welt sequenziert werden;
das Wechselspiel im Menschengenom vermag nicht nur die individuellen
Eigenheiten des Einzelnen zu erklären, es produziert auch das genetische
Sortiment, aus dem die Evolution den Menschen weiter formt. Das macht einen
weiteren verstörenden Befund verständlich: Die Spezies homo sapiens unterliegt
offenbar einer Turboevolution. Hunderte Bereiche im Erbgut haben sich weit
schneller gewandelt als bei anderen Primaten. … dass die Zivilisation seit
Beginn der Jungsteinzeit die menschliche Evolution um das 100-fache
beschleunigt haben muss;
noch bevor die Frage beantwortet werden konnte, was in unserer DNA uns
menschlich mache (im Unterschied etwa zur DNA von Schimpansen), stand die
nächste Frage im Raum: Was in meiner DNA macht mich zu mir?; alles deutet auf
eine bestürzende Antwort hin: Ich bin viele;
zumindest physisch erscheint der Mensch nicht länger als Individuum, sondern
als Verband egoistischer Zellkolonien. Bei bis zu 10 % aller Erbanlagen – und
vielleicht weit mehr – ist entweder nur die mütterliche oder nur die väterliche
Variante aktiv („autosomale monoallelische Expression“); davon sind besonders häufig
Gene betroffen, die im Verlauf der Menschwerdung einer beschleunigten Evolution
unterlagen, und solche mit wichtiger Funktion im zentralen Nervensystem;
selbst die biologische Identität des Individuums steht wohl zur Disposition;
„Ich mag die Idee, dass wir Mosaiken sind“;
Auch soziale und materielle Außenfaktoren können einen Menschen auf dem Umweg
über die Biologie prägen – indem sie seine Genfunktionen verändern. Durch
sogenannte epigenetische Prozesse können offenbar Stress oder Folter, Ernährungsmangel
oder Liebesentzug bis in den Zellkern hinein wirken;
auch die Biowissenschaftler rätseln nun über the dark matter of the genome, die
dunkle Materie des Erbguts. Finden könnten sie das dunkle Geheimnis in jenem
Teil des Erbguts, den sie bisher als Müll abgetan haben, als „Junk-DNA“.
Relevant waren für sie nur jene wenigen Prozent des Genoms, die als Gene
herkömmlicher Definition die nötigen Informationen für den Aufbau der Eiweiße
in den Zellen enthalten. Der Rest galt als evolutionärer Schrott; inzwischen
hat sich herausgestellt, dass diese vermeintliche Müllhalde des Genoms wichtige
biologische Funktionen erfüllt. In ihr verbirgt sich offenbar der gesamte
hochkomplexe Steuerungsapparat, der die Aktivität der Gene reguliert und
koordiniert;
vor allem sogenannte microRNAs, eine bis vor kurzem unbekannte Klasse von
Erbinformationen, regeln eine Vielzahl von Entwicklungs- und
Krankheitsprozessen
(DIE ZEIT 12.6.08 S.33f.)
·
Erstmals Genom einer Frau vollständig entziffert
(Dresdner Neueste Nachrichten 10.6.08)
·
Gewalt-Erfahrungen in der Kindheit: epigenetische
Unterschiede zu Nicht-Opfern: Genaktivität durch das Ereignis verändert
(GID 188 Juni 2008 S.39)
·
Die gesamte Population von Epithelzellen des
Magen-Darm-Traktes wird Woche für Woche komplett erneuert werden, verändern ihre chemische Zusammensetzung ständig, sodass nach einigen Monaten
nahezu alle Moleküle des Körpers durch neu gebildete ersetzt sind … warum altert ein Körper, der sich in Wahrheit ständig neu
synthetisiert?
(ZEIT 19.3.08 S.38)
·
Alterungsprozess / Verschleiß eines Organismus an
Telomeren erkennbar; T. sind die Endstücke des auf den Chromosomen aufgespulten
DNA-Fadens; werden beim Menschen bei jeder Zellteilung um etwa 20 Basenpaare
kürzer
(bdw 8/2008 S.37)
·
amerikanisch-russisches Forscherteam hat das Erbgut
des Mammuts zu weiten Teilen entziffert; etwa 80 % rekonstruiert;
(taz 21.11.08)
·
Erstmals Erbgut eines Käfers entschlüsselt;
Mehlkäfer besitzt 16.000 Gene
(bdw 6-2008 S.12)
·
Forschungen am Weizmann-Institut in Israel;
Das Genom ganzer Organismen wurde durchgescannt und in Datenbanken gespeichert;
Was haben wir jetzt? Nur eine Inventarliste des Lebens, was
fehlt, ist die Betriebsanleitung;
drei DNA-Abschnitte gefunden, die am Wachstum von Pflanzen beteiligt sind;
Überraschung: sie sind keine Wachstums-, sondern Stopp-Faktoren; Wachstum ist
der Grundzustand, damit es aufhört, wird es von der Pflanze aktiv gehemmt; wird
das Wetter ungünstig, kann eine Pflanze ihr Wachstum in jedem Alter stoppen;
Versuche, Evolution im Computer zu simulieren; immer bleibt die Evolution
stecken; Lösung: wechselnde
Umweltbedingungen, die Ziele wechseln ständig, weil die Umgebung sich ständig
ändert; wechselnde Bedingungen in die Computermodelle eingeführt (aller 20
Generationen mal trockener, mal feuchter), Folge: die Evolution beschleunigte
sich drastisch – bis zu 1 Milliarde mal schneller als zuvor
(bdw 6-2008 S.19ff)
·
Etwa
1 Trillion verschiedener Proteine gibt es auf der Erde
(Korrektur nach Rückfrage beim Autor: er
hat britische trillions gemeint, die unseren deutschen Billionen = 10 hoch 12 entsprechen JK)
(Die Zeit 31.12.08 S.32)
·
Die
codierenden DNA-Abschnitte müssen … komplexere Aufgaben wahrnehmen (nicht nur Information für 1 Protein JK)
den rein rechnerischen Rekord bei multifunktionalen Genen hält die Fruchtfliege:
Hier werden einem einzelnen Gen bis zu 38.000 verschiedene Gen-Produkte, das
heißt Eiweiße (Proteine) zugeordnet …
am spektakulärsten ist wohl die Entdeckung, dass Stoffe, die lange Zeit für
passive Botenstoffe gehalten wurden, in Wahrheit die Funktion der Gene
bestimmen, auswählen und verändern können: Heute weiß man, dass die RNA
keineswegs immer zuerst in ein Protein umgesetzt werden muss, um wirksam zu
werden. Sie kann vielfältige direkte biologische Wirkungen haben. Sie kann die
Aktivität der DNA steuern, Gene stilllegen oder andere RNA und die daraus
resultierenden Gen-Produkte verändern. …
Es sind gerade die Gen-Strukturen, die bisher für inaktive „Junk“- oder
„Nonsense“-DNA gehalten wurden und die über 90% des menschlichen Erbgutes
ausmachen, denen jetzt eine entscheidende Rolle zugeordnet wird. Sie stellen
RNA-Sequenzen her, die das komplexe Geschehen der Zellregulation auf
verschiedenen Ebenen steuern …
(2007:) das menschliche Erbgut wird in Gänze genutzt; Junk-DNA gibt es nicht.
Für die allermeisten Abschnitte gibt es verschiedene Abschriften, die so
genannten RNA-Transkripte. Zudem sind die einzelnen Abschnitte im Erbgut nicht
klar voneinander abgegrenzt, sondern werden jeweils überlappend abgelesen, ein
DNA-Abschnitt kann sich in seiner Funktion mit einem benachbarten DNA-Abschnitt
überschneiden …
Übersetzung der DNA-Information in Proteine mit dem Zwischenschritt der
RNA-Synthese als Botenstoff … ursprünglich nahm man an, dass dies die einzige
Art der Gen-Regulierung ist. Dabei ging man von Beobachtungen an Bakterien aus,
bei denen dies für die Mehrzahl der DNA-Abschnitte auch tatsächlich gilt. Doch
bei höheren Lebewesen wird nur ein relativ kleiner Teil der DNA auf diese Weise
genutzt. So dient nur etwa 1 bis 2 Prozent Heute gehen Wissenschaftler davon
aus, dass die codierenden Bereiche der DNA für durchschnittlich 5 bis 6, im
Ausnahmefall für bis zu mehrere Tausend verschiedene Proteine die Informationen
liefern …
2003 wurde in der Fachzeitschrift Nature Genetics ein Artikel veröffentlicht,
demzufolge die Änderung eines einzigen – für den Geruchssinn wichtigen – Gens
bei der Fruchtfliege zu Auswirkungen auf die Aktivität von 530 anderen Genen
geführt hat. Betroffen sind das Immunsystem, das Zellskelett und andere
Stoffwechselfunktionen …
Genmanipulierte Bakterien (Einzeller) können in einem geschlossenen System mit
einer gewissen Zuverlässigkeit dazu gebracht werden, Substanzen wie
Arzneimittelgrundstoffe zu produzieren. Möglicherweise sind Bakterien aufgrund
ihrer natürlichen Fähigkeit, einzelne Gene auszutauschen, für derartige
Verfahren tatsächlich wesentlich besser geeignet als andere Lebensformen …
(GID Spezial Nr.8 Dezember 2008: Gen in der Krise – Daten im Rausch, S.10ff.)
·
„Epigenetik“
…
Es handelt sich im Prinzip … um eine molekularbiologische Wissenschaft, die
sich im Wesentlichen mit drei Gruppen von Molekülen beschäftigt, die innerhalb
der Zelle die Genregulation beeinflussen: mit Methylgruppen und Enzymen für die
Methylierung, mit Histonen, Acetyltransferase und Deacetylase, sowie mit
kleinen RNA-Molekülen (sRNA). Gemeinsam ist diesen Molekülen, dass sie die
genetische Sequenz der DNA nicht verändern, aber die Genexpression beeinflussen
können. Diese Wirkung ist unabhängig von Zellteilungen und kann sogar von einer
auf die andere Generation übertragen werden. Es handelt sich also um die
Vererbung der Genexpression oder eines Phänotyps, die nicht auf der genetischen
Sequenz beruht.
Die Bindung einer Methylgruppe (aus einem Kohlenstoffatom und drei
Wasserstoffatomen – CH3) an den Cytosinrest der genetischen Sequenz vermag die
Genexpression zu unterdrücken, indem sie die Transkription der DNA verhindert.
In ähnlicher Weise kann die Acetylierung und Deacetylierung von Histonen die
Information des Chromatins beeinflussen. Histone sind Proteine, um die sich die
DNA wie um eine Spule herumwindet und die dadurch dem Chromatin seine Struktur
verleihen. Wird eine Acetylgruppe hinzugefügt oder abgezogen, verändert dies
die Wicklungsstärke der DNA um die Histone und mittelbar die Genexpression, weil
die Gne dadurch besser bzw. schlechter für die Expression zugänglich sind
(GID Spezial Nr.8 Dezember 2008: Gen in der Krise – Daten im Rausch, S.42ff.)
·
die
beiden Stränge des menschlichen Erbguts werden, anders als bisher gedacht,
nicht nur in eine Richtung abgelesen (Science, Vorabveröffentlichung). Diese
Entdeckung ist deswegen überraschend, weil die Abfolge der Basen in der DNA nur
in einer Richtung Sinn ergibt. Die verkehrten DNA-Transkripte könnten dazu
dienen, den Strang für das echte Ablesen bereitzuhalten. (? JK)
(Die ZEIT 11.12.2008 S.48)
·
US-Forscher
haben nachgewiesen, dass Viren sich in der menschlichen DNA fest einbauen
können und sogar vererbbar sind; Herpesviren bei Babys in Haarwurzelzellen
gefunden, bei denen zumindest 1 Elternteil selbst befallen war; offenbar
infiziert der Virus den Vorläufer einer Ei- oder Samenzelle, wenn diese Zellen
es zur Befruchtung schaffen, entsteht ein Lebewesen mit einer Kopie des Virus
in jedem Zellkern
(bdw 1/2009 S.9)
· Tatsächlich mehren sich die Zweifel,
ob die Gene im Verlauf der Evolution wirklich die Regie geführt haben. Immer
mehr Indizien sprechen dafür,
dass sie keineswegs die allein bestimmende Rolle, möglicherweise nicht einmal
die entscheidende gespielt haben. "Unser Blick war viel zu sehr auf die Gene
allein konzentriert", erklärt Carroll. Er fragt sich, ob die tatsächlichen
Stellschrauben der Evolution nicht an ganz anderen Stellen zu finden sind.
Besonders eine Entdeckung beschäftigt die Forscher: Bei der Untersuchung von
Embryonen sind sie auf eine Art Bausatz gestoßen, der sich im Erbgut eines
jeden Tieres findet. Er besteht aus einigen hundert Genen, die allesamt rund
600 Millionen Jahre alt sind. Über diesen unermesslich langen Zeitraum wurde
der genetische Masterplan zur Konstruktion von Tierkörpern fast unverändert von
Kreatur zu Kreatur weitergegeben.
Einige der Bausatzgene lassen im Embryo Gliedmaßen wachsen - ganz egal, ob es
nun Fischflossen, Adlerschwingen oder Fliegenbeine sind. Andere wiederum
steuern die Bildung von Augen - und zwar gleichermaßen die Facettenaugen der
Käfer, die Linsenaugen der Tintenfische oder die Schlitzaugen der Chinesen.
Verblüffend aber ist, dass sich diese Gene im Verlauf der Evolution kaum
verändert haben. Aus Flossen wurden Beine, Arme oder Flügel, einfache Pigmentflecken
entwickelten sich zu Fliegen- oder Menschenaugen. Doch die Bausatzgene, die
diesen Prozess steuern, blieben gleich. Es veränderte sich nur die Art und
Weise, wann und wo im Organismus sie angeschaltet werden.
Ähnlich wie sich aus einigen wenigen Legosteinen eine kaum begrenzte Vielzahl
verschiedener Fahrzeuge, Gebäude oder Figuren bauen lässt, so schuf die Natur
offenbar neue Organismen, indem sie einige wenige Bausatzgene auf immer neue
Weise an- und abschaltete, regulierte und kombinierte. Dieses komplexe
Regelungs-Netzwerk wollen die Forscher jetzt entflechten.
Das Erbgut von rund 50 Tierarten ist derzeit bekannt. …
Ende vergangenen Jahres erst wurde eine Skizze großer Teile des Mammut-Genoms
publik gemacht. In diesem Jahr ist dann, wenn alles nach Plan läuft, der
Neandertaler dran …
Der rote Blutfarbstoff Hämoglobin zum Beispiel hat schon sehr früh das
Interesse der Evolutionsbiologen auf sich gezogen. Das Ur-Wirbeltier, so viel
wissen sie aus Gen-Vergleichen, besaß ein einzelnes Hämoglobin, dessen Funktion
darin bestand, das Gewebe mit Sauerstoff zu beliefern.
Vor einer halben Jahrmilliarde etwa wurde dieses Gen dupliziert. Seither hat es
sich in verschiedenen Varianten im Erbgut verbreitet. Deshalb verfügt der
menschliche Fötus heute über ein spezielles Hämoglobin, das ihm hilft, seinen
extrem hohen Sauerstoffbedarf zu decken. Herz- und Skelettmuskel wiederum
greifen auf ein anderes Molekül zurück - auch dieses hervorgegangen aus einer
Globin-Kopie.
Eine zweite Klasse von Proteinen, über die inzwischen sehr viel bekannt ist,
sind die Opsine. Ihnen verdankt der Mensch, dass er sehen kann.
Dicht gepackt finden sich diese Moleküle in den zapfenförmigen Lichtdetektoren
der Netzhaut. Drei Arten dieser Zapfen stellen dabei jeweils unterschiedliche Opsine
her, von denen jedes auf Licht etwas anderer Wellenlängen reagiert.
Die Natur hat ihre Geschöpfe sehr unterschiedlich mit solchen Zapfen-Opsinen
ausgestattet - mit gewaltigen Folgen für das Sehvermögen. Eine winzige Änderung
an der richtigen Stelle zum Beispiel kann bewirken, dass das Molekül plötzlich
auf ultraviolettes Licht anspricht. Bei vielen Vögeln ist genau das der Fall:
Die volle Federpracht männlicher Blaumeisen und Stare etwa, die deren Weibchen
nachweisbar erregt, ist für den Menschen völlig unsichtbar …
Erst die Vorfahren des Menschen erlernten dann wieder, was deren Urahnen
verloren hatten: Vor etwa 30 Millionen Jahren entstand im Erbgut irgendeines
Primaten eine neue Opsin-Variante, die das Farbensehen verbesserte. All seine
Nachfahren - darunter Meerkatzen, Paviane, Schimpansen und der Mensch - erbten
sie. Deshalb können sie Rot von Grün gut unterscheiden.
Was damals geschah, konnten die Forscher sogar im Labor nachvollziehen: Sie
bauten einer Maus ein menschliches Opsin-Gen ins Erbgut ein - und siehe da, sie
konnte einen rot und einen grün markierten Futterspender auseinanderhalten,
während ihre Artgenossen blind für den Unterschied sind. Vermutlich könnte eine
ähnliche einfache Gen-Manipulation dem Menschen die Augen für die Schönheit der
UV-Welt öffnen. …
… wie einige wenige Bauplangene, auf immer wieder andere Weise angesteuert,
solche Muster hervorbringen können. Er ist dabei auf ein unerhört komplexes
Netzwerk von genetischen Schaltern gestoßen. Und er ist überzeugt: Dies ist die
eigentliche Steuerzentrale der Evolution. Die Schalter, von denen Carroll
spricht, liegen in Regionen des Erbguts, denen die Wissenschaftler lange wenig
Beachtung geschenkt haben. Sie interessierten sich nur für jene Passagen des
DNA-Texts, die im genetischen Code abgefasst sind. Seit dieser Mitte der
sechziger Jahre geknackt wurde, waren diese Teile des Erbguts leicht zu lesen:
Sie enthalten Instruktionen zur Herstellung von Proteinen.
Doch nach diesem Code sind gerade einmal 1,5 Prozent des menschlichen Genoms
verschlüsselt. Die anderen "nichtcodierenden" 98,5 Prozent sind
größtenteils wirr und unverständlich. Die Forscher taten sie als bloßen
DNA-Müll ab - als bedeutungslosen Buchstabensalat, der sich eben im Laufe der
Jahrmillionen angesammelt habe.
Inzwischen jedoch sind die Forscher ins Grübeln geraten. Riesige Wüsten im
Erbgut haben sie entdeckt, in denen sich nicht ein einziges Gen findet. Und
doch wurden diese Regionen des DNA-Texts über viele Jahrmillionen hin
verblüffend wenig verändert. Warum, so fragt sich, sind sie so gut erhalten,
wenn sie wirklich nur sinnloser Abfall sind?
Seit die Forscher diesen vermeintlichen Müll näher unter die Lupe nehmen,
entdecken sie, dass manche dieser Textpassagen von Schaltern übersät sind, die
Gene an- und abschalten können. Bei jedem Gen, so zeigt sich nun, wetteifern
mehrere, nicht selten Dutzende solcher Schalter um ihren Einfluss.
Und noch etwas spricht dafür, dass die nichtcodierenden Regionen wichtiger sind
als lange geglaubt. Von ihnen erhoffen sich die Genforscher die Antwort auf
eine Rätselfrage, die ihnen schon seit Jahren Kopfzerbrechen bereitet: Wieso
eigentlich hat der Mensch nur so wenige Gene?
Letzte Einigkeit über die genaue Anzahl der Menschengene ließ sich noch immer
nicht herstellen. Die Schätzungen schwanken, aber derzeit gilt ein Wert um etwa
22 000 als wahrscheinlich. Das ist kaum mehr, als der einen Millimeter lange
Fadenwurm (20 000 Gene) und die primitive Seeanemone (18 000 Gene) vorzuweisen
haben, und sogar etwas weniger als der Wert der Maus (23 000 Gene).
Mensch und Wurm in derselben Liga - wie ist so etwas möglich?
Diese Zahlen erlauben nur eine Deutung: Die Gene allein spiegeln die
Komplexität eines Organismus nur ungenügend wider. Wenn aber nicht in den
Genen, wo ist das Geheimnis der Komplexität dann verborgen?
Gerade ist eine US-amerikanische Forschergruppe auf ein wesentlich besseres Maß
gestoßen - und zwar in den nichtcodierenden Regionen. Die Wissenschaftler
untersuchten sogenannte miRNA, eine erst vor wenigen Jahren entdeckte Art von kleinen
Steuermolekülen, die in vielfältiger Weise eingreifen in die Regulierung des
Zellstoffwechsels.
Forscher zählten schlicht ab und stellten fest: 677 dieser Schnipsel finden
sich beim Menschen, die Maus liegt mit 491 schon deutlich dahinter. Der Fadenwurm
bringt es gerade einmal auf 154 miRNA, die Seeanemone ist mit 40 ganz
abgeschlagen. Im Großen und Ganzen geben diese Zahlen recht gut das Maß von
Komplexität wieder, das Biologen diesen Organismen zubilligen. …
(microRNA (micros = griech. klein), abgekürzt miRNA oder miR,
sind kurze, hoch konservierte, nicht kodierende RNA-Moleküle, die eine wichtige
Rolle in dem komplexen Netzwerk der Genregulation, insbesondere beim
Gen-Silencing (Stilllegen von Genen) spielen. MicroRNAs regulieren die
Genexpression hochspezifisch auf post-transkriptionalem Level. microRNAs weisen
im Allgemeinen eine Größe von 21 bis 23 Nukleotiden (nt) auf.
(Quelle: Wikipedia))
Und tatsächlich gibt es experimentelle Befunde, die diese Sicht stützen:
Craig Venter zum Beispiel, der Tausendsassa, der schon mit der Entschlüsselung
des Menschengenoms für Furore sorgte, interessiert sich inzwischen auch für die
nichtcodierenden Bereiche. Bei Mensch und Hai hat er sie verglichen und dabei
gezielt nach Abschnitten gesucht, die in beiden Arten fast identisch sind. Sein
Argument: Wenn sie sich in den rund 500 Millionen Jahren, die beide Arten
voneinander trennen, nicht verändert haben, dann müssen sie biologisch wichtig
sein.
Verblüffend häufig wurde Venter fündig: Etwa 5000 Stellen im Erbgut spürte er
auf, die sich bei Mensch und Hai gleichen. Besonders interessant dabei:
Bevorzugt liegen sie in der Nähe von Werkzeugen aus dem Genbaukasten. Das
spricht dafür, dass sie deren Schalter sind.
Für besonderes Aufsehen aber sorgte ein Ergebnis aus Kalifornien: Von
Datenbanken lud die Evolutionsforscherin Katherine Pollard sich die
DNA-Sequenzen von Maus, Ratte, Huhn, Schimpanse und Mensch herunter und
verglich sie miteinander. In den endlosen Ketten der Buchstaben A, G, T und C
ließ sie ihren Computer speziell nach solchen Passagen fahnden, die sich bei
all diesen Tieren gleichen, beim Menschen jedoch auffällige Veränderungen
aufweisen. Diese, so ihre Vermutung, haben dann höchstwahrscheinlich etwas mit
dem menschlichen Sonderweg zu tun.
Insgesamt 49 solcher Regionen spürte Pollard auf. Nur zwei davon erwiesen sich
als Gene, die Bauanleitungen für Proteine enthalten. Alle anderen 47 liegen im
nichtcodierenden Bereich.
Einer der 49 Hot Spots der menschlichen Evolution stach besonders hervor, HAR1
hat Pollard ihn getauft. Bei Huhn und Schimpanse, deren evolutionäres Schicksal
sich vor mehr als 300 Millionen Jahren schied, ist dieses DNA-Stückchen bis auf
zwei Abweichungen identisch; Mensch und Schimpanse hingegen, die gerade einmal
sieben Millionen Jahre Stammesgeschichte trennen, unterscheiden sich in 18 der
HAR1-Buchstaben.
300 Millionen Jahre lang muss dieses Erbgutstückchen also von der Evolution
sorgfältig beibehalten worden sein. Dann aber, in der kurzen Zeit der
Menschwerdung, häuften sich plötzlich 18 Mutationen an. Was nur war da
geschehen?
Die kalifornischen Forscher fanden heraus, dass das rätselhafte Stück des
Gentexts nur von der siebten bis zur neunzehnten Schwangerschaftswoche in
Aktion tritt, und zwar in Zellen, die eine Schlüsselrolle bei der Ausbildung der sechs Großhirnschichten des
Menschen spielen.
Liegt da nicht der Verdacht nahe, dass die Wissenschaftler dem Geheimnis des
explosiven Hirnwachstums des Menschen schon sehr nahe gekommen sind?
(Spiegel 4-2009 S.98ff. – gesamter
Text: http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=63637476&top=SPIEGEL)
·
Der Bausatz des Lebens;
Dienen die Gene gleichsam als Fertigungsvorschrift für den Organismus wie der
Konstruktionsplan des Architekten bei der Errichtung eines Gebäudes, sind
Proteine die Ziegelsteine, der Mörtel und die Stahlträger, aus denen das Haus
in Wahrheit besteht;
derzeit Biodaten von etwa 20.300 humanen Eiweißen gehortet, dazu kommen fast
14.000 so genannte Iso-Formen, menschliches Proteom könnte mehr als
hunderttausend Eiweiße umfassen;
zu jedem Protein lässt sich (anhand der Aminosäure-Sequenz) auch ein Gen im
Erbgut finden;
neulich konnten Wissenschaftler in einem Arbeitsgang 4400 Eiweiße aus
Hefezellen identifizieren; bei ihnen gilt die „Ein Gen macht ein Protein“-Regel
noch weitgehend;
beim Menschen sind mehrere Eiweiße aus einem Bauplan durch Modulkombination
herstellbar;
inzwischen kann man auch sehr seltene Eiweißmoleküle in einer Zelle finden
(weniger als 100 pro Zelle; manche anderen schwimmen millionenfach in einer
Zelle);
eben wurden 12.000 Eiweiße des Fadenwurms analysiert (die Hälfte des
Gesamtinventars) und dabei sogar die jeweiligen Mengen der Proteine bestimmt;
Gegenüberstellung mit gleichartigen Eiweißen der Fruchtfliege ergab: obwohl
durch 600 Millionen Jahre Evolution getrennt, waren die Mengen, die von einem
großen Teil der Eiweiße gebildet wurden, nahezu gleich groß. Ein klarer
Hinweis, dass die Dosis der Proteine in den Zellen ebenso wichtig ist wie ihr
Aufbau … wichtige Aufgabe: in Zukunft nicht nur den Aufbau, sondern auch die
Molekülzahl der Zelleiweiße ermitteln
(ZEIT 26.3.09 S.35)
·
Bleiben
nach den großen Einsichten im Jahrhundert der Biologie überhaupt noch
grundsätzliche Fragen offen? Ganz sicher genug, um Generationen von
Evolutionsforschern herauszufordern. So wissen wir zwar viel über den Partner
des Genoms in der lebenden Zelle, den Stoffwechsel, aber viel zu wenig, um die
Wechselwirkung zwischen beiden auch nur annähernd zu durchschauen. Gegenwärtig
scheint es noch so, als würde die im Erbgut gespeicherte Information alles
steuern. Doch erstens trifft die Annahme, dass jedem Gen eine Eigenschaft
zukommt, nicht so direkt zu, wie anfänglich angenommen, und zweitens kann das
Genom nur tätig werden, wenn ein Stoffwechsel stattfindet. Im Virus ist das
Genom inaktiv, weder lebendig noch tot. Zu arbeiten fängt es erst an, wenn eine
passende »Wirtszelle« gefunden ist.
Spiegelt sich darin womöglich der Ursprung des Lebens? Hatten sich vor rund
vier Milliarden Jahren »Informationsträger« mit »Stoffwechslern«
zusammengefunden und so die erste Zelle und das Leben hervorgebracht – stand
eine Symbiose am Anfang? Der Schwerpunkt der gegenwärtigen Forschungen liegt
klar aufseiten der Informationsträger. Sie sind die Vorstufen des Erbgutes.
Aber wie differenziert sie auch ausgebildet sein mögen, sie benötigen einen
Stoffwechsel, um »lebendig« zu werden. Umgekehrt braucht der Stoffwechsel nicht
unbedingt ein Genom zur Steuerung. Das zeigen unsere roten Blutkörperchen. Sie
haben keinen Zellkern mit Genom, bleiben aber nach ihrer Bildung rund 100 Tage
lebensfähig. Sie sollten viel gründlicher untersucht werden.
(Evolutionsbiologe Reichholf, ZEIT 18.9.08 S.41 ---
gesamter Text unter http://www.zeit.de/2008/39/N-Evolution?page=all)
·
USA,
neue Bestimmung der Anzahl der Gene: Maus: 20.210, Mensch 19.042; 15.178 Gene
sind bei Maus und Mensch funktional verwandt und stammen von einem gemeinsamen
Vorläufer ab (Trennung vor 90 Millionen Jahren)
(taz 29.5.09 S.18)
·
DFG-Forschungszentrum
für Regenerative Therapie Dresden: Mithilfe eines bestimmten Gens (smp) können
Zebrafische nach dem Verlust von Körperteilen Gewebe nachbilden, etwa wächst
Schwanzflosse nach
(taz 16.1.09 S.18)
·
das
Genom des Rindes ist entschlüsselt; 22.000 Gene; Kuh ist näher mit dem Menschen
als mit Mäusen und Ratten verwandt
(Freie Presse Chemnitz 24.4.09 S.12; bdw 7-2009 S.10)
·
nicht
nur die genetische Verwandtschaft, sondern auch eine Kette von Fossilien
belegen die Abstammung der Wale von landlebenden Huftieren (z.B. Nilpferde);
(bdw 7-2009 S.48)
·
mit Kaiserschnitt entbundene Kinder haben ein erhöhtes
Krebs- oder Asthma-Risiko, Ursache ist vermutlich eine veränderte
Genregulation;
schwedische Forscher entdeckten an weißen Blutkörperchen chemische
Veränderungen an den Grundbausteinen der Erbsubstanz; drei bis fünf Tage nach
der Geburt nicht mehr feststellbar, dann vergleichbar wie bei normalen
Geburten; veränderte Methylisierung (regelt Aktivität einzelner Gene)
(taz 3.7.09 S.18)
·
internationales Wissenschaftlerteam will Genome von
10.000 Wirbeltierarten komplett entschlüsseln („Genome 10k“);
neuer Blick au die Entstehung der Arten, welche genetischen Mechanismen ließen
aus einem gemeinsamen Vorfahren der Wirbeltiere, der vor etwa 500 bis 600
Millionen Jahren lebte, die heutige Artenvielfalt entstehen?;
welche DNA-Abschnitte sind bei allen Tieren gleich, welche haben sich
verändert, ver4doppelt, verkürzt? Welche sind für wichtige Proteine
verantwortlich, welche nichts als Erbgut-Müll?
derzeit sind neben dem Erbgut des Menschen Erbinformationen von rund 30
Säugetierarten und 24 weiteren Wirbeltierarten analysiert; für die erste
Rohfassung des menschlichen erbgutes brauchten Forscher 10 Jahre, Kosten: rund
300 Millionen US-Dollar;
das Projekt „Genome 10k“ soll nach rund 5 Jahren abgeschlossen sein und 50
Millionen Dollar kosten;
Erbgut von Mammut und Neandertaler größtenteils entschlüsselt;
(Spiegel 49-2009 S.144ff)
·
dass der Mensch keineswegs nur die ausführende
Marionette seines erbgutes ist – im Gegenteil, jede einzelne Zelle entscheidet,
was sie aus ihren Genen macht, sie hat dafür eine Vielzahl von Schaltern uns
sinnreichen Mechnismen; welche davon betätigt werden, hängt auch davon ab wie
viel der Mensch zu essen hat, ob er raucht oder wie viel er sich bewegt. Und
manchmal scheint die Schalterstellung, die sich aus Umwelt und Lebenserfahrung
ergeben hat, sogar vererbt zu werden
(Spiegel 30-2009, S.107)
·
irische Forscher konnten drei Gene identifizieren,
die ausschließlich beim Menschen vorkommen; im Schimpansen-Genom fehlen sie, beim
Menschen hingegen erfüllen sie eine Aufgabe; es ist das erste Mal, dass
menscheneigene Gene gefunden wurden, die sich nicht wenigstens auf
Vorläuferversionen im Genom anderen Tiere zurückverfolgen lassen
(Die Zeit, 10.9.09, S.40)
·
die Protein-Faltung in den menschlichen Körperzellen
entscheidet über Krankheiten, Alter und Tod;
knapp ein Jahrzehnt nach der Entschlüsselung des menschlichen Genoms hat sich
gezeigt, dass die Hoffnung auf die allumfassende Erklärungskraft der Gene
überzogen war. Inzwischen offenbart sich nin immer mehr Fällen, dass nicht die
Information der Gene, sondern eher die dreidimensionale Faltung der Proteine
über Wohl und Wehe im menschlichen Körper bestimmt;
“Protein“ aus dem griechischen „proteios“ = an erster Stelle stehend;
schätzungsweise 100.000 verschiedener Proteine im menschlichen Körper;
eine falsche Proteinfaltung führt beispielsweise bei Mukoviszidose-Patienten
dazu, dass der Schleim ihrer Bronchien zäher ist ;
junge, frische Zellen haben Mechanismen, um mit fehlgefalteten Molekülen
umzugehen; Ausschussware wird von den Proteinfabriken der Zelle normalerweise
umgehend ausgesondert; Außerdem gibt es diverse Aufpasser, so genannte
Chaperone (Engl.: Anstandsdamen), die dafür sorgen, dass halb fertige
Zwischenstufen sich nicht (mit anderen Proteinvorstufen) verknäulen, sondern am
Ende immer die richtige Form finden;
erst strauchelt die Qualitätskontrolle des Proteins, dann erst folgt die
Instabilität des Erbgutes; die DNA braucht die Proteine, um sich zu
vervielfältigen
(Die Zeit 10.9.09 S.33f)
·
US-Forscherteam;
einem (einzigen) Eiweiß verdanken wir Menschen die Entwicklung der Sprache; die
Menschen- und die Affenvariante (bei Schimpansen) dieses Schlüsseleiweißes
arbeiten trotz ähnlichen Aufbaus unterschiedlich; Bauplan ist in einem Gen
namens FOXP2 gespeichert, das den Beinamen „Sprachgen“ trägt; die menschliche
Variante des Gens unterscheidet sich nur in zwei Bausteinen von der des
Schimpansen; gerade diese Veränderung könnte jedoch eine feinere motorische
Kontrolle der Gesichtsmuskeln, eine größere Flexibilität des Gehirns und damit
die Basis für Sprache gelegt haben
(Freie Presse Chemnitz 12.11.09 S.1)
·
im
Laufe des Lebens weicht auch das Erbgut eineiiger Zwillinge voneinander ab;
abhängig vom Lebensstil werden Gene ein- oder ausgeschaltet;
Welches Schicksal menschliche Zellen nehmen, hängt davon ab, welche Gene im
Laufe ihrer Entwicklung wie aktiv sind. Teils wird das durch Steuerungs-Gene
reguliert, die in den auf 46 Chromosomen verteilten … DNA-Strang integriert
sind. Doch seit einigen Jahren zeigt sich immer deutlicher: Entscheidende
Einflüsse auf die Genaktivität kommen von außen, von molekularen
Steuermechanismen, die nicht in der DNA selbst stecken, sondern vielmehr auf
ihr. Solche epigenetischen Faktoren kontrollieren die Genomfunktion, indem sie
beispielsweise Gene anschalten oder stilllegen. Die DNA sei wie ein Tonband,
auf dem Informationen gespeichert sind … Doch ein Tonband nützt uns ohne
Abspielgerät rein gar nichts. Die Epigenetik befasst sich mit dem Abspielgerät …;
Als „Anschalter“ fungieren die Acetylgruppen; hängen sich an die
Histon-Proteine, um diese ist die DNA gewickelt, sind die Histone acetyliert,
geben sie die DNA zum Ablesen frei;
als epigenetische „Abschalter“ wirken Methylgruppen; binden an bestimmte Sprossen
der DNA-Strickleiter und verhindern das Ablesen der Gene;
persönliche Erfahrungen und Umwelteinflüsse schlagen sich im epigenetischen
Muster individuell nieder (Unterschiede auch bei eineiigen Zwillingen);
Während die Genetik über Millionen von Jahren wirkt, verändert die Epigenetik
Organismen innerhalb einer Generation;
Epigenetische Veränderungen sind metastabil, sie entstehen schneller, sind aber
auch leichter wieder rückgängig zu machen als Veränderungen der Gene selbst;
4000 menschliche Gene untersucht: bei mehr als 300 davon wird mal nur das eine
(väterliche), mal nur das andere (mütterliche) Allel abgelesen, manchmal werden
beide verwendet (hochgerechnet auf alle 20-25.000 Gene des Menschen: bei 1000
Genen nur ein Allel „in Betrieb“ genommen)
(bild der wissenschaft 6-2009 S.18ff)
·
(Nur)
in einer bestimmten Phase der Zellteilung (Metaphase) liegen die DNA-Fäden als
mikroskopisch gut sichtbare „Wäscheklammern“ vor (in der Mitte eine
Einschnürung, dort sind die vier Arme verbunden, zu beiden Seiten gehen
unterschiedlich lange Arme ab)
(bild der wissenschaft 6-2009 S.42ff)
·
Springende
oder auch mobile genetische Elemente … „Transposons“ … nutzen die zelleigene
Maschinerie gelegentlich dazu, sich selbst zu kopieren, und die Kopien bauen
sich dann an x-beliebiger Stelle im Genom neu ein; einige wenige Elemente
schneiden sich auch wieder aus der DNA aus, um weiter zu wandern;
Je nachdem, wo die springenden Gene auf ihrem Ziel-Chromosom landen, hat das
unterschiedliche Folgen:
a) Stellen, wo keine Gene sitzen, in der Regel keine Auswirkungen für den
Organismus
b) mitten in Genen, wo sie kodierende Sequenzen (Exons) zerstören; mögliche
Folge: krankhafter oder tödlicher Ausfall lebenswichtiger Gene
c) mitten in Genen, aber neben Exons; können dann später in der Evolution
selbst zu Exons werden, also die Funktion eines Gens verändern oder erweitern;
derzeitiger Kenntnisstand: nur 5% unseres Genoms haben überhaupt eine Funktion;
mindestens 45% unseres Genoms gehen auf mobile genetische Elemente zurück,
waren einmal mobil oder sind es noch;
unsere Gene sind “Inseln“ in einem Meer von springenden Elementen …;
vor gut drei Milliarden Jahren: kleine RNA-Schnipsel, die sich selbst kopieren
konnten, waren die erste Erbsubstanz in einfachsten Zellen. Erst später
„erfand“ die Evolution als Sicherungskopie der Erbsubstanz die DNA. Ihr Vorzug:
Sie ist stabiler als RNA, und bei der Vermehrung schleichen sich nicht so oft
Fehler ein;
Springende Elemente schaffen gute Voraussetzungen für genetische Variabilität,
wie es kein anderer Mechanismus vermag. Sie tun dies zum einen, indem sie
Kopien von Genen im Genom verstreuen. Gelegentlich nehmen mobile Elemente bei
ihrer Wanderung benachbarte Gene oder Teile von Genen quasi huckepack an einen
neuen Ort mit. Zum anderen kann eine Reverse Transkriptase auch manchmal
„irrtümlich“ vorbeischwimmende mRNA eines Gens in einen DNA-Doppelstrang
umschreiben, der sich dann später ins Genom integriert …
Keinesfalls erlauben mobile genetische Elemente eine zielgerichtete Evolution
….Transposons agieren blind, rein zufällig im Genom … Darwin ist nach wie vor
gültig
(bild der wissenschaft 9-2009 S.38ff)
·
Springende
Gene klären die Säuger-Evolution;
seit wenigen Jahrzehnten helfen molekulare Techniken, die Struktur der
Stammbäume durch Vergleich des Erbgutes zu ergründen; Punktmutationen treten
auf und werden vererbt; eines solche Punktmutation kann jedoch auch unabhängig
von der ersten Veränderung ein zweites Mal auftreten oder es kann zu einer
Rückmutation kommen; es gibt also stammesgeschichtlich informative und
stammesgeschichtlich irreführende Daten; je längere Zeiträume der Evolution
untersucht werden, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit solcher
irreführender Mutationen im Datensatz, wodurch sich das Risiko erhöht, einen
falschen Stammbaum zu rekonstruieren;
von Studie zu Studie, von Gen zu Gen unterscheiden sich die Säugetierstammbäume
gewaltig;
das Bauplanbuch des Menschen namens Erbgut besteht nur zu etwa 1,5% aus
Bauplänen, den Eiweiß-kodierenden Genen. Die Springenden Gene oder Retrotransposons
machen hingegen mehr als 40% aus;
Springende Gene tragen ihren Namen, weil sie nicht nur an ihrer festen Position
im Erbgut an die Nachkommen vererbt werden. Sie vermehren sich vielmehr auch
innerhalb eines einzigen Genoms. Dabei wird zunächst das Springende Gen durch
Enzyme kopiert. Diese Kopie wird dann an einer anderen Stelle wieder (zusätzlich JK) eingefügt. Die Stelle, an
der diese Kopie eingefügt wird, ist zufällig. Ist die Kopie des Springenden
Gens an der neuen Position fixiert, wird sie mit dem restlichen Genom an die
Nachfahren weitervererbt. Über lange Zeit teilen sich dann mehrere Arten oder
gar ganze Artengruppen diese Kopie an einer bestimmten Stelle im Erbgut. Alle
Arten, die nicht vom Vorfahren abstammen, in dessen Genom sie eingefügt wurden,
tragen sie dementsprechend nicht. Die Zufälligkeit des Einbaus ist dabei
entscheidend: Da das gesamte Genom (des
Menschen JK) etwa 3 Milliarden „Buchstaben“ enthält, ist es praktisch
ausgeschlossen, dass ein Springendes Gen zweimal an genau die selbe Stelle im
Genom eingefügt wird. Sprich: Alle Träger derselben Kopie des Gens an derselben
Stelle im Erbgut müssen von einem gemeinsamen Vorfahren abstammen;
Die Daten liefern zweifelsfreie Erkenntnisse über die Entstehungsgeschichte der
heutigen Säuger.
(bild der wissenschaft plus; Klaus-Tschira-Preis für verständliche
Wissenschaft, Die Preisträger 2008, 2009, S.20ff.)
·
Firma
GENEART aus Regensburg ist in nur 10 Jahren zum Weltmarktführer im Bereich der „Synthetischen Biologie“ aufgestiegen;
dort können Sie Gene kaufen, die Sie in der Natur nicht finden; in einer
Fertigungshalle werden von Automaten, nicht größer als ein Bürokopierer,
vollautomatisch sogenannte Oligonukleotide hergestellt, kurze Genschnipsel aus
40 bis 50 Informationseinheiten (die Basenbausteine A, T, G und C werden genau
in der vorgegebenen Reihenfolge aneinander gehängt); in einem weiteren Schritt
werden die „Oligos“ zu größeren Einheiten vereinigt; meist entstehen Gene aus
tausend nis viertausend Bausteinen; 190 Mitarbeiter, Verarbeitung von 3
Millionen genetischer Buchstaben pro Monat; eine Gefahr: dass jemand z.B.
Pockererreger-Virus in Auftrag gibt …
(Freie Presse Chemnitz 6.1.10 S.A2)
·
Etwa
3000 künstliche Gene pro Monat werden im Labor der Firma Geneart hergestellt.
Forschungsinstitute auf der ganzen Welt, die US-amerikanische
Gesundheitsbehörde, die Max-Planck-Gesellschaft, aber auch die Pharmaindustrie
gehören zu ihren Kunden. "Praktisch jeder der großen Konzerne hat schon
bei uns bestellt", sagt Geneart-Chef Ralf Wagner. Und er hat allen Grund,
stolz zu sein: Etwa jedes zweite Kunstgen weltweit kommt aus Regensburg.;
Rund 20 Dollar kostete seinerzeit (vor 10 Jahren) jeder einzelne DNA-Buchstabe;
Die Regensburger Biotech-Pioniere haben damit eine Entwicklung angestoßen, die
schon in der Computertechnik ihr unerhörtes Potential bewiesen hat: Bekannt
unter dem Namen "Moores Gesetz", gilt dort seit knapp 50 Jahren die
Dynamik exponentiellen Wachstums. Doppelte Rechenkraft, doppelter
Speicherplatz, und das zum halben Preis: So heißt dort immer aufs Neue die
Devise.
Wie die Herstellung von Mikrochips, so beruht auch das Schreiben künstlicher
Gene auf einer Technik, die wie geschaffen ist für unbegrenztes Wachstum. Schon
ist der Preis eines DNA-Buchstaben auf unter 40 Cent gefallen.
Zwar ist die genetische Manipulation von Organismen eine längst vertraute
Routinetechnik. Schließlich hatten die Molekularbiologen schon vor gut 30
Jahren molekulare Scheren gefunden, mit denen sich Erbgutstränge zerteilen
lassen - und umgehend begonnen, im Erbgut herumzuschnippeln. Längst haben sie
Fisch- und Quallengene in Getreidepflanzen geschleust und Darmbakterien
beigebracht, menschliches Insulin oder Hepatitis-Impfstoff herzustellen.
Doch mit solchen Kabinettstückchen wollen sich die Synthetischen Biologen nicht
länger begnügen. Ihnen schwebt weit Radikaleres vor.
Sie wollen nicht nur hier und dort ein Gen von Tier zu Tier transferieren oder
auf gut Glück den einen oder anderen Genbaustein austauschen. Ihr Ziel ist es,
selbst die Sprache der Natur zu lernen. Sie wollen völlig neue Gene
konstruieren, Stoffwechselpfade bisher unbekannter Art im Erbgut programmieren
- und am Ende schließlich Lebensformen schaffen, wie sie die Natur selbst nie
hervorgebracht hat. ;
Medikamente zum Nulltarif, sauberes Benzin und rechnende Organismen;
Materialien, die sich selbst reparieren, und Bakterien, die Treibhausgase in
Baustoff verwandeln: Den denkbaren Anwendungen sind kaum Grenzen gesetzt.
Irgendwann, so verkünden die kühnsten der Visionäre, würden sie auch genetische
Programme schreiben, mit denen sich nicht nur die Natur, sondern sogar die
Evolution des Menschen selbst steuern ließe.;
(Genforscher Craig Venter:)
im Jahre 2001, hatte er die Gensequenz des Menschen buchstabiert. Diesmal
möchte er der Erste sein, der in einer Petrischale den Funken des künstlichen
Lebens zündet.
Im Jahrestakt rückt er diesem Durchbruch näher: Vor gut zwei Jahren gelang es
ihm erstmals, das Erbgut eines Bakteriums in ein andersartiges zu übertragen.
"Wir haben die Software ausgetauscht und dadurch den alten Organismus
ausgelöscht und einen anderen erschaffen", so beschrieb er seinen Triumph.
Ein Jahr später machte Venter Schlagzeilen, als er erstmals das vollständige
Erbgut eines primitiven Bakteriums synthetisiert hatte. Aus Genen, die er teils
aus Regensburg bezog, setzte er sämtliche 582 970 Basenpaare des Bakteriums
Mycoplasma genitalium zusammen.
Im Jahr 2009 schließlich räumte er die womöglich letzte Hürde auf dem Weg zum
Kunstwesen beiseite. Venters erster Versuch, das Kunstchromosom in ein
Bakterium zu pflanzen, war nämlich gescheitert. Ähnlich wie ein menschlicher
Körper fremde Organe abstößt, so schien auch das Wirtsbakterium das künstliche
Erbgut als fremd zu erkennen und zu zerstückeln.
Nun aber stellten die Forscher um Venter fest, dass sich das Erbgut durch
sogenannte Methylierung vor diesen Attacken schützen lässt. Deshalb wollen sie
ihr Kunstchromosom mit Methylkappen wappnen. "Damit sollte der letzte
Schritt zur Vollendung unseres Projekts gelungen sein", erklärt
Nobelpreisträger Hamilton Smith, einer von Venters Mitarbeitern.
Schon im nun anbrechenden Jahr könnte es so weit sein: Erstmals würde sich dann
in einem Labor tote Materie in lebendige Kreatur verwandeln. "Die
Evolution geht damit, von Menschenhand geleitet, weiter", verkündet
Genpionier Venter.
Freilich behauptet auch er nicht, dass sein Kunstorganismus, falls seine
Herstellung wirklich klappen sollte, von Grund auf neues Leben ist. Nicht nur,
dass sich Venter des genetischen Codes und damit der Sprache der Natur bedient.
Er braucht auch den komplexen Mix aus Protein-, Fett- und Zuckermolekülen, den
das künstliche Erbgut im Zellkörper des bakteriellen Wirts vorfindet. "Wir
greifen also auf mehr als drei Milliarden Jahre Evolution zurück", gibt
Venter zu.;
(Harvard-Forscher Jack Szostack, Nobelpreis Medizin 2010, will verstehen, wie
das Leben auf der Erde einst entstanden ist:)
Szostak wendet sich damit einem jener drei großen Schöpfungsmomente zu, die wie
kaum etwas anderes von jeher die Wissenschaftler in ihren Bann gezogen haben.
Es handelt sich um jene drei Vorgänge in der Geschichte des Kosmos, im Verlaufe
deren völlig Neuartiges geschaffen wurde: Am Anfang allen Daseins vor rund 13,7
Milliarden Jahren entstand im Urknall die Materie. Im jüngsten Kapitel der Universumsgeschichte
dann verwandelte sich das Geschwätz von Neuronen unvermittelt in Menschengeist.
Dazwischen aber, gleichsam zur kosmischen Halbzeit, begannen auf einem kleinen
Planeten namens Erde ein paar Moleküle zu leben. Sie hatten sich zu Organismen zusammengeschlossen,
die fähig waren, sich zu wandeln und sich so ihrer Umgebung anzupassen. Und
indem sie so um ihr Überleben kämpften, indem sie Nahrung suchten, vor Gefahren
flohen und stets nach Vermehrung strebten, war plötzlich ein Zweck, ein Sinn, eine
Bestimmung in die Welt gekommen. Wie nur war das möglich gewesen? War hier ein
der Materie eigener Drang erwacht, den sie seit ihrer Entstehung im Urknall in
sich getragen hatte? Oder verdankt das Leben seine Existenz einem einzigartigen
Zufall?
Unweigerlich stoßen bei Fragen wie diesen Wissenschaft und Religion
aufeinander. Denn es geht zugleich auch darum, ob die Wissenschaft die
alleinige Hoheit für die Welterklärung für sich beanspruchen kann - oder ob
noch Raum bleibt für etwa Göttliches.
Auch Szostak weiß: "Die exakten Umstände, unter denen das Leben entstanden
ist, sind möglicherweise für immer für die Wissenschaft verloren." Denn
nicht nur das Drehbuch des Dramas ist verschollen, auch die Bühne, auf der es
sich abgespielt hat, liegt weitgehend im Dunkeln.;
Als gesichert kann nur gelten, dass der Planet hektischer als heute um seine
Achse trudelte; ein Erdtag dauerte womöglich nicht länger als sechs Stunden.
Auch stand der Mond deutlich größer am Nachthimmel und schleppte eine
entsprechend mächtigere Flutwelle mit sich.
Vor allem aber stand die Urerde unter heftigem Beschuss. Schätzungen zufolge
schlugen allein 15 gigantische Himmelskörper ein, die groß genug waren, um
ganze Weltmeere verdampfen zu lassen; 4 von ihnen maßen gar mehr als 300 Kilometer
im Durchmesser. Zum Vergleich: Der Meteorit, der vor 65 Millionen Jahren den
Dinosauriern den Garaus machte, war 30-mal kleiner und wog gerade einmal ein
30000stel.
Zwischen den Einschlägen aber könnte es frostig gewesen sein. Denn die Sonne
schwächelte, ihre Strahlkraft war um etwa ein Drittel geringer als heute; zudem
dürfte der Staub zerborstener Meteoriten den Himmel immer wieder verdunkelt
haben. Gut möglich deshalb, dass sich dicke Eispanzer auf die Urozeane legten.
Und irgendwo inmitten dieses Spektakels soll das junge Leben gekeimt haben?
Nicht das Paradies, sondern vielmehr die Hölle soll seine Geburtsstätte gewesen
sein?
Als der Münchner Patentanwalt Günter Wächtershäuser in den achtziger Jahren
eine urzeitliche Schwefel-Eisen-Chemie ersann, aus der Leben hervorgegangen
sein könnte, rückten die Schwarzen Raucher, die entlang der mittelozeanischen
Rücken ihre brühend heiße Mineralfracht ins Tiefenwasser speien, in den
Mittelpunkt des Interesses.
Inzwischen gelten die gutmütigeren Verwandten dieser heißen Quellen, die
Hydrothermalquellen vom sogenannten Lost-City-Typ, als plausiblere Brutstätten
des Urlebens. Auch sie finden sich am Ozeanboden, nur dass hier das Wasser mit
moderateren Temperaturen aus dem Gestein schießt. Zudem sind die Schlote von
einem Labyrinth feiner Kavernen und Kanäle durchzogen, die den Urorganismen als
Heimstatt gedient haben könnten. ;
(Forscher aus Heidelberg und Barcelona:)
hatten sich vorgenommen, genau zu erfassen, was eigentlich das Minimum ist,
dessen es bedarf, um lebendig zu sein.
Auf der Suche nach einem möglichst unkomplizierten Lebewesen entschieden sie
sich für das Bakterium Mycoplasma pneumoniae, das mit rund 816 000
Genbuchstaben zu den schlichtesten eigenständig lebensfähigen Geschöpfen zählt.
Diese Mikrobe unterzogen die Forscher einer radikalen Molekular-Anatomie.
Gründlich wie bei keinem Organismus zuvor vermaßen sie all ihre Gene, stellten
fest, wann diese aktiv sind und wann sie abgeschaltet werden, wie die einzelnen
Proteine miteinander wechselwirken und welche chemischen Reaktionen sie
antreiben.
Stück für Stück offenbarte sich den Wissenschaftlern dabei ein vielmaschiges
Geflecht von 189 Stoffwechselreaktionen, die von insgesamt 129 Enzymen
gesteuert werden. Rund 200 molekulare Maschinen zählten die Forscher, 178
jeweils aus mehreren Proteinen zusammengesetzte Eiweißgebilde spürten sie auf.
Vor allem aber verblüffte die Forscher, wie flexibel dieses Regelwerk auf seine
Umgebung zu reagieren vermag. Je nachdem welchen Nähr- oder Signalstoffen die Mikrobe
begegnet, kann sie an einer Vielzahl von Stellschrauben die Wirkung einzelner
Gene herauf-, die anderer hingegen herunterregeln.
Und das soll nun die einfachste Form allen Lebens sein?
Die Lücke zwischen der archaischen Chemie auf der Urerde und den ersten
Lebensformen heutiger Bauart zu schließen ist auch deshalb so schwierig, weil
in der Übergangsphase eine Form von Leben existiert haben muss, dessen
Überbleibsel vollständig getilgt sind.
Während nämlich sämtliche heutigen Bewohner der Erde ihr Erbgut in Form von
DNA-Strängen aufbewahren, war den ersten lebendigen Kreaturen diese
Molekülsorte höchstwahrscheinlich fremd. Stattdessen nutzten sie vermutlich
einen chemischen Verwandten der DNA, die sogenannte Ribonukleinsäure RNA.
Vor allem eine Eigenschaft dieses Moleküls fasziniert die Forscher: Es
vereinigt Eigenschaften von Proteinen und DNA in sich und damit beider
wichtigen Gruppen von Biomolekülen. Wie die DNA so taugt auch die RNA als
Träger genetischer Information. Gleichzeitig aber kann ein RNA-Molekül, genauso
wie ein Protein, gezielt ganz bestimmte chemische Reaktionen vorantreiben.
Deshalb gehen die Forscher davon aus, dass, ehe die ersten modernen Lebewesen
die Bühne betraten, ihre einfacheren Vorfahren eine weniger komplizierte
"RNA-Welt" bevölkerten, in der RNA-Moleküle die Aufgabe von Genen und
Proteinen gleichermaßen übernahmen. ;
Als besonders bedeutsam gilt die Entdeckung eines britischen Teams. Den
Wissenschaftlern der University of Manchester gelang es, einen Weg zu finden,
wie unter den Bedingungen der Urerde die Bausteine der RNA entstanden sein
könnten. Jahrzehntelang hatten sich ihre Kollegen vergebens bemüht, dieses
Rätsel zu knacken.
Gleichzeitig tüftelten Gerald Joyce und seine Kollegen am Scripps Research
Institute im kalifornischen La Jolla so lange mit RNA-Molekülen herum, bis sie
zwei Exemplare mit außergewöhnlichen Eigenschaften gefunden hatten: Jedes der
beiden ist fähig, eine Kopie des jeweils anderen zu verfertigen.
Indem sie sich also wechselseitig herstellen, pflanzen sich diese RNA-Kreaturen
gleichsam fort. "Wir haben unsterbliche Moleküle", verkündet Joyce.
Zwar sei es sicher verfrüht, sie lebendig zu nennen, lebensähnlich aber seien
sie immerhin.
(http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-68525307.html;
Titel: Die Schöpfung im Labor)
·
(156)
… dass nur schätzungsweise ein Zehntel Prozent unserer Gene für das erkennbare
Äußere zuständig sind, der Rest für die „inneren Werte“.
(345) So schön das Bild von der Doppelhelix als unendlich verschlungenem
Schlangenpaar ist, so fatal sind die Missverständnisse aus der Buchmetapher.
Die „Schrift“ aus den vier „Buchstaben“ A, T, C und G ist in Wahrheit nur eine
Vorstufe, die erst nach der Decodierung gelesen werden kann – wie die digitale
Spur auf einer Compact Disc. Erst das Programm des Dechiffriergeräts oder des
biochemischen Apparats der Zelle erweckt den Inhalt zum Leben. Die Daten sind
verschlüsselt wie in einer Morseschrift. Die eigentlichen „Wörter“ finden sich
erst auf der Ebene der Eiweiße, die ihre komplexen Funktionen dem Aufbau aus
wenig mehr als zwanzig unterschiedlichen Aminosäuren verdanken. Die Schrift hat
also nicht vier, sondern über zwanzig Buchstaben.
(S. 346) Offenbar können aus einem Gen auch unterschiedliche Eiweiße
hervorgehen. Außerdem können sich Gene aus DNA-Abschnitten zusammensetzen, die
aus unterschiedlichen Regionen des Genoms stammen. Sie können unterbrochen
sein, im Genom hin und her springen, durch chemische Anhängsel kurzzeitig oder
dauerhaft aktiviert oder deaktiviert werden.
(349ff) lamarckistische Evolution (Vererbung erworbener Eigenschaften) … Das
kann sich bis hinunter auf die Ebene der Gene auswirken … Der gesamte
Stoffwechsel – und damit der biologische Kern unseres Seins – hängt davon ab,
ob sie (die Gene) „ein-„ oder „ausgeschaltet“ sind. …
epigenetische Muster können sich offenbar auf Kinder und über mehrere
Generationen auf deren Nachkommen übertragen
…
dass ein Organismus ohne jede genetische Veränderung oder Mutation sein Genom
auf eine Umwelt einstellen kann – was die Macht der Gene weiter beschneidet. …
besagt auch, dass der Lebensstil der Eltern weitaus mehr Einfluss auf das
Gedeihen ihrer Nachwuchses hat als bis vor Kurzem angenommen
(392) Mikroorganismen üben einen so starken Selektionsdruck aus (als Krankheitserreger, als Symbiosepartner
JK), dass sie entscheidend zur Evolution der Arten beitragen
(394) Vermutlich hat sich während der Evolution auch das gesamte Genom mehrfach
verdoppelt, mindestens dreimal seit Beginn der Wirbeltiere. Dadurch lassen sich
Sprünge im evolutionären Fortschritt noch besser verstehen …
Dank eines von Zellen eingesetzten Verfahrens, „Splicing“ genannt, kann ihre
Maschinerie denselben Abschnitt (der
Erbsubstanz JK) auf sehr viele unterschiedliche Weisen „lesen“. Bei der
Fruchtfliege sind mehrere Tausend unterschiedliche Eiweiße entdeckt worden, die
alle von einem Gen abstammen. Beim Menschen werden bis zu sechzig Prozent aller
Gene diesem Typus zugeordnet;
Das Konzept „Gen“ verliert mehr und mehr seine Bedeutung. Nach Ansicht der
amerikanischen Wissenschaftshistorikerin Evelyn Fox Keller spielen Gene heute
in der Biologie eine ähnliche Rolle wie das ptolemäische Weltbild in der
Astronomie vor Kopernikus
(396) „Mastergene“, die das gesamte Geschehen auf einer nächsten
(übergeordneten) Ebene kontrollieren. Sie hören auf Namen wie „hox“ oder „pax“,
aktivieren als „Kerne“ ganze Regelkreise, haben sich in Hunderten Millionen
Jahren während der Evolution fast unverändert erhalten und werden mitunter auch
als Teil eines gemeinsamen „genetischen Werkzeugkastens“ des Tierreichs
betrachtet. Acht von ihnen finden sich in nahezu allen untersuchten
Mehrzellern.
Ob die Flügel einer Fliege oder die Arme eines Menschen, ihr Aufbau wird
eingeleitet durch die Aktivierung eines solchen Mastergens. Um neue komplexe
Formen hervorzubringen, braucht es statt Mutationen oft nur die Modifizierung
vorhandener Gene und Entwicklungspläne … so lassen sich einmal mehr auch jene
Sprünge in der Evolution erklären, mit denen Kreationisten ihre Kritik an
Darwin untermauern. Fische etwa besitzen bereits die genetischen Anlagen für
Gliedmaßen, die beim Übergang auf das Land „nur“ aktiviert werden müssen.
(Jürgen Neffe: Darwin – das Abenteuer des Lebens, Goldmann München 2010)
·
Leipziger
Institut für Evolutionäre Anthropologie; 40.000 Jahre altes Neandertaler-Erbgut
zu 70% sequenziert; Vergleich mit Genomen von 5 unserer Zeitgenossen (China,
Frankreich, Papua-Neuguinea, Südafrika, Westafrika); Ergebnis: nicht Afrikaner,
wohl aber Europäer, Asiaten und Papua-Neuguineaner tragen heute zwischen 2 und
4 % Neandertaler-Erbgut in sich; Homo sapiens und Neandertaler hatten Sex
miteinander und gemeinsame Nachkommen;
Unterschiede zwischen modernen Menschen und Neandertalern vor allem in Genen,
die mit kognitiven Funktionen zusammenhängen, mit dem Stoffwechsel, der
Entwicklung des Schädels und des Brustkorbs;
erstmalige Sequenzierung des menschlichen Erbguts 2000 dauerte 13 Jahre und
kostete 1,5Milliarden Euro;
Heute erbringen die Forscher in Leipzig diese Leistung innerhalb 1 Woche für
5000 Euro
(taz 7.5.2010 S.18)
·
die
Gene steuern uns, aber auch wir steuern die Gene, durch unseren Lebensstil;
äußere Einflüsse können Gene chemisch verändern und sie auf diese Weise an- und
ausschalten. Körperliche Aktivität, aber auch zwischenmenschliche Beziehungen
und soziale Faktoren prägen das Erbgut.
Neben dem Inhalt der Gene, der Abfolge der DNA-Bausteine, trägt das Erbgut eine
übergeordnete Ebene von Informationen. Diese epigenetischen (auf den Genen liegenden)
Mechanismen steuern das Verhalten von Genen. Die Epigenetik stellt das lange
gesuchte Scharnier dar, über das die Umwelt auf die Erbanlagen wirkt.;
An immer mehr Beispielen erkennen Forscher, wie die Umwelt dem Erbgut ihren
Stempel aufdrückt. Babys, die von der Mutter liebevoll gestreichelt werden,
sind darum offenbar als Erwachsene gegen Stress gefeit, wie es eine Ende Juli
veröffentlichte epidemiologische Studie bestätigt hat. Menschen, die
meditieren, verändern tatsächlich die Architektur ihres Gehirns. Heimkinder,
die in eine Adoptionsfamilie kommen, blühen auf. Und eineiige Zwillinge können
in ihrem Verhalten grundverschieden sein.;
Die epigenetischen Informationen (zu denen verschiedene chemische Veränderungen
des Erbguts zählen) werden von den Zellen sogar auf die Tochterzellen
weitergegeben - der Körper hat ein Gedächtnis. Das Körpergedächtnis kann
allerdings verblassen und überschrieben werden, weil die epigenetischen
Inschriften löschbar sind. Die Prägungen an den Genen beruhen auf umkehrbaren
chemischen Reaktionen;
Die Gene sind kein Schicksal, sondern wunderbar wandelbar - diese bahnbrechende
Erkenntnis der Epigenetiker räumt auf mit alten Vorstellungen. Lange hielten
Biologen die Gene für fixiert: Nur durch Änderungen der Abfolge der DNA-Bausteine,
durch Mutationen, könnten neue Eigenschaften entstehen - darunter Talente,
Verhaltensweisen und Anfälligkeiten für Krankheiten.;
Es gibt rund 7000 dieser monogenen Erbkrankheiten; ihre Verbreitung in der
Bevölkerung ist allerdings sehr gering.;
Die vielbeschworene genetische Anfälligkeit für Krebs wird überschätzt; die
Umwelt ist weitaus wichtiger.;
"Die neuere Forschung legt nahe, dass diese Gene wahrscheinlich gar nicht
existieren oder, wenn sie es denn doch tun, dass sie wahrscheinlich keinen
nennenswerten Einfluss auf die Häufigkeit von Krebs haben.";
Manche Gene in Krebszellen trugen kleine chemische Markierungen, sogenannte
Methylgruppen. Durch die Methylierung wird ein Gen selbst nicht verändert -
jedoch wird es dadurch abgeschaltet. Das bedeutet: Die Methylierung kann die
Wirkung eines Gens verändern, ohne dessen Inhalt zu verändern.;
Damals hielten Biologen die Methylierung für ein Phänomen, das nur in der
frühesten Phase des Lebens eine Rolle spielt. Wenn der Samenfaden die Eizelle
befruchtet und der Embryo entsteht, dann werden fast alle Methylgruppen im
Erbgut gelöscht - in diesem Zustand gleichen die Zellen unbeschriebenen
Blättern. Reift der Körper heran, werden in den entstehenden Geweben nun ganz
bestimmte Gene gezielt eingeschaltet: Auf diese Weise entwickeln sich manche
Zellen zu Nervenzellen, andere zu Leberzellen, wieder andere zu Herzzellen -
und das, obwohl alle Zellen das gleiche Erbgut haben.
(Spiegel 32-2010 S.111ff.)
·
ein
Biologe fahndet nach DNA-Abschnitten, die bei so verschiedenen Organismen wie
Mensch und Ackerschmalwand in ähnlicher Form vorhanden sind – auch wenn sie in
beiden Arten verschiedene Wirkung haben. So beeinflussen Gene, die beim
Menschen mit der Entstehung von Brustkrebs zu tun haben, das Geschlecht der Nachkommen
von Würmern; Erbgutabschnitte, die bei Pflanzen die Wahrnehmung der Schwerkraft
steuern, stehen beim Menschen in Zusammenhang mit einer Erbkrankheit, und was
bei Mäusen die Bildung von Blutgefäßen lenkt, kann auch über das Wachstum von
Hefezellen bestimmen.
(Der Spiegel 14-2010 S.107)
·
Uni
Tübingen; erstmals künstlich eine Nacktschnecke gezüchtet; Zugabe von Platin
bewirkte bei Embryonen einer Süßwasserschnecke, dass diese keine äußere Schale
entwickelten, sondern eine kleinere, innere; Beeinflussung war nur innerhalb
einer kurzen Zeitspanne von bis zu 2 Tagen möglich; es gibt in der Natur
Schnecken sowie Tintenfische mit inneren Schalen;
eine geringfügige Modifikation eines Signals kann zu einer sprunghaften
Veränderung des Organismus führen
(taz 15.10.2010 S.18)
·
schmerzhafte
medizinische Eingriffe bei frühgeborenen Babys hinterlassen langfristig Spuren;
sie zeigten noch im Alter von 11 bis 16 Jahren eine stärkere Gehirnreaktion auf
schmerzhafte Reize als reif geborene Kinder
(taz 15.10.2010 S.18)
·
Forscher
aus Italien und USA haben das Genom des Kultur-Apfels entschlüsselt (wie der
Apfel vor etwa 4000 Jahren erstmals im Nahen Osten auftauchte); etwa 742
Millionen Basenpaare lang
(taz 30.8.2010 S.2)
·
erstmals
komplettes Genom der Braunalge entschlüsselt; 16.000 Gene;
im Laufe der Erdgeschichte hat sich aus Einzellern 5 x unabhängig voneinander
komplexes vielzelliges Leben entwickelt. Aus diesen 5 Linien sind die Tiere,
die Pflanzen, die Pilze, die Rotalgen und die Braunalgen unabhängig voneinander
entstanden;
die Wissenschaftler konnten jetzt die Theorie widerlegen, dass Braunalgen aus
einer Verschmelzung von photosynthetisch inaktiven, farblosen Zellen mit einer
einzelligen Rotalge entstanden. Stattdessen gehen Braunalgen aus einer Fusion
einer Grünalge mit einer Rotalge hervor.
(taz 4.7.2010 S.18)
·
Team
um Genforscher Craig Venter hat ein lebensfähiges Bakterium entstehen lassen,
dessen Erbgut künstlich hergestellt wurde;
die Gensequenz eines Bakteriums (Mycoplasma) im Labor analysiert, im Labor
synthetisiert und dann in ein anderes Bakterium eingepflanzt; dieser Organismus
hat das Erbgut übernommen, sein eigenes abgestoßen, und mit den neuen
Erbinformationen neue Stoffe produziert;
der katholische Erzbischof Bruno Forte von der Päpstlichen Theologenkommission
sprach von „Aufmerksamkeit und Sympathie der Kirche“ für diese gentechnischen
Experimente. Glaube und wissenschaftliche Vernunft stünden nicht im Gegensatz
zueinander. Die Entdeckung solle für einen besseren Umweltschutz und wirksamere
medizinische Therapien eingesetzt werden
(Freie Presse Chemnitz, Pfingsten 2010, S.1; taz 22.5.2010 S.10)
·
US-Wissenschaftler
fanden in 80 Millionen Jahre altem Fossil eines Dinosauriers noch intakte
Proteine, Sequenz der Nukleinsäuren ermöglichte Zuordnung zu Stammbäumen;
bisher ging man davon aus, dass Proteine nach spätestens 1 Million Jahren durch
Mineralien ersetzt sind
(bild der wissenschaft 8-2010 S.15)
· ANTIBIOTIKA-RESISTENZEN - Veränderte
Darmbewohner
Antibiotika beeinflussen die Darmflora wesentlich dauerhafter als bisher
vermutet wurde. Schon nach kurzer Einnahme solcher Medikamente tragen nützliche
Darmbewohner bis zu zwei Jahre lang Resistenzgene. Während dieser Zeitspanne
könnten sie diese Abwehrmechanismen auch an bakterielle Krankheitserreger
weitergeben, warnen Forscher des schwedischen Instituts zur Kontrolle von
Infektionskrankheiten. Bislang ging man davon aus, dass der Einfluss von
Antibiotika auf die normalen Darmbewohner nur von kurzer Dauer sei. "Die
langfristige Präsenz von Resistenzgenen in Darmbewohnern steigert jedoch das
Risiko drastisch, dass sie an gefährliche Mikroben weitergereicht werden, die
den Darm durchlaufen und sich zu neuen Stämmen resistenter Bakterien entwickeln
können", schreiben die Forscher in der Zeitschrift Microbiology. Die
Wissenschaftler verweisen auch darauf, dass bakterielle Krankheitserreger immer
häufiger gegen die bisher verfügbaren Mittel immun sind.
(taz 12.11.2010 S.18)
·
Amerikanische Wissenschaftler haben eine Entdeckung
gemacht, die bisherige biologische Erkenntnisse auf den Kopf stellt: Bakterien,
die sich von giftigem Arsen ernähren. Es handelt sich um Leben - aber um eine
bisher völlig unbekannte Art. Die Forscher aus den USA sind verwirrt, aber auch
hoffnungsfroh: Mit den neuen Erkenntnissen lässt sich außerirdisches Leben
womöglich besser aufspüren.
Die Wissenschaftler, die von der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA
unterstützt wurden, haben zwar keine Aliens entdeckt, aber durchaus eine
wissenschaftliche Sensation: Bisher gilt unter Biologen die eiserne Regel, dass
das Leben auf der Erde aus sechs chemischen Elementen besteht: Phosphor,
Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Schwefel und Sauerstoff. Das für Menschen
hochgiftige Arsen zählte nicht zu diesen Stoffen.
Jetzt fanden die Forscher, die ihre Ergebnisse im Wissenschaftsmagazin
"Science" darlegen, im kalifornischen Salzsees Mono Lake Bakterien,
die anstelle von Phosphor das giftige Schwermetall "verdauen". Die
Bakterien bauen Arsen in Fette, Proteine und sogar in ihr Erbgut ein, berichten
die NASA-Wissenschaftler. Damit wurde erstmals belegt, dass einer der zentralen
Bausteine allen irdischen Lebens durch ein anderes Element ersetzt werden kann
(http://nachrichten.t-online.de/nasa-findet-komplett-neue-lebensform-auf-der-erde/id_43623880/index)
·
Kritisches zu vorstehendem Bericht:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/umstrittene-nasa-entdeckung-streit-um-arsen-bakterien-erreicht-naechste-runde-a-766179.html
·
„Arsen-Bakterien“ – Falschmeldung, keine Bestätigung! -
http://de.wikipedia.org/wiki/GFAJ-1
·
vor
2 Jahren Fingerknochen eines Urmenschen in der Denisova-Höhle im sibirischen
Altai-Gebirge entdeckt; am Leipziger Max-Planck-Institut Genom entschlüsselt;
es handelt sich um eine bisher unbekannte Menschenform; demnach trennte sich
vor 200.000 bis 300.000 Jahren die Denisova-Linie von der des Neandertalers,
besiedelte von Arabien aus den Festlandsteil Asiens
(Freie Presse Chemnitz 24.12.2010 S.3)
·
Das
größte im Meer lebende Virus besitzt ein Genom von etwa 730.000 Basenpaaren,
das übertrifft das Erbgut mancher Einzeller;
das größte bisher bekannte Virus (Mimivirus) hat 1,2 Millionen Basenpaare
(bild der wissenschaft 1-2011 S.10)
·
Wie
würde ein Außerirdischer die Spezies Mensch beschreiben? Etwa so …
“Die irdische Lebensform besteht aus 988 verschiedenen Spinnentieren,
100.000.000.000.000 (einhundert Billionen) Bakterien, 1 Mensch, etwa 70 Amöben
und manchmal bis zu 500 Madenwürmern.“;
Nachdem die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts nicht, wie erhofft, die
Erklärung für viele Krankheiten brachte, setzen die Forscher jetzt ihre
Hoffnung in die Erforschung des Ökosystems Mensch.;
(bild der wissenschaft 6-2011 S.19)
·
DIE
AUFERSTEHUNG DES MONSIEUR
LAMARCK
Organismen können erworbene Eigenschaften
vererben. Das erinnert an eine längst beerdigte Evolutionstheorie: den
Lamarckismus;
Die Epigenetik beschäftigt sich per Definition mit
molekularbiologischen Informa- tionen, die Zellen speichern und an ihre
Tochterzellen weitergeben, ohne dass sie im Erbgut enthalten sind.
Epigenetische Strukturen können Gene dauerhaft ein- oder ausschalten. Das von
ihnen festgelegte Gen-Aktivierungsmuster entscheidet über die Identität einer
Zelle. Es bestimmt zum Beispiel, ob sie eine Nerven-, Haut- oder Blutzelle ist.
Über eine Veränderung dieser Epigenome reagieren Zellen auch auf
Umwelteinflüsse. Durch eine bleibende Umprogrammierung bestimmter Gehirnzellen
kann ein frühkindliches Trauma einen Menschen zum Beispiel später im Leben
anfällig für Depressionen machen. Oder eine Überernährung im Mutterleib kann
Stoffwechselzellen so verändern, dass Menschen im Alter eher zu Typ-2-Diabetes
neigen.;
Eva Jablonka, Genetikerin und Philosophin in Tel Aviv, sammelt seit Langem
solche Belege für die Existenz der epigenetischen Vererbung. Nun hat sie eine
Übersicht publiziert: Bei 13 Einzellern, 6 Pilzarten, 15 Pflanzen- und 10
Tierarten haben Forscher inzwischen mehr als 100 vererbbare Merkmale gefunden,
die nicht genetischen, sondern epigenetischen Ursprungs sind. Das Leinkraut
kommt zum Beispiel mit zwei verschiedenen Blütenformen vor, manche Petunien
haben weiße Blüten, und die Ackerschmalwand gibt es auch im Zwergenformat –
alles nur aufgrund epigenetischer Unterschiede.;
Karin Buiting aus der Arbeitsgruppe des Essener Genetikers Bernhard Horsthemke
entdeckte 2003, dass manche Patienten mit Prader-Willi-Syndrom – einer schweren
Entwicklungsstörung – eine natürliche epigenetische Veränderung der Großmutter
väterlicherseits übernommen haben, die normalerweise von den Keimzellen des
Vaters überschrieben wird. „Dies ist einer der ersten klaren Belege dafür, dass
epigenetische Informationen auch beim Menschen vererbt werden können“, sagt
Horsthemke.;
Gar nicht nachvollziehen kann Walter zudem, dass manche Forscher und viele
Medien bereits die Lamarckschen Ideen reanimieren: „Mit Lamarckismus hat
Epigenetik gar nichts zu tun. Die Genetik liefert die Grundbaupläne. Und die
Epigenetik sorgt für eine gewisse Modulation, die unter Umständen mehrere
Generationen anhalten kann. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.“
(bild der wissenschaft 3-2011 S.36ff.: http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=32548185
)
·
Das Genom der Kartoffel ist entschlüsselt;
Reihenfolge von 86% der 844.000 Basenpaare umfassenden DNS; mehr als 39.000
proteincodierende Gene;
die meisten Kartoffelsorten besitzen einen vierfachen Chromosomensatz
(Freie Presse Chemnitz 11.7.2011 S.1)
·
Lasst
sie Menschen sein!
die Linien der Vorfahren heutiger Schimpansen und Menschen kreuzten sich noch
über Millionen Jahre hinweg ziemlich regelmäßig. Vielleicht waren die Gruppen auch
nie komplett getrennt. Einiges spricht dafür, dass sie sich bis heute
miteinander fortpflanzen könnten;
der genetische Unterschied ist also je nach Zählweise größer oder kleiner. Die
publizierten Werte schwanken entsprechend um den Faktor 10, nämlich zwischen
6,4 und 0,6 Prozent. Am häufigsten wird ein Wert um 1,5% genannt, in dem sich
Schimpansen und Menschen unterscheiden – während übrigens durchschnittlich 2
bis 4 % zwischen einem Menschenmann und einer Menschenfrau liegen!;
Was hat das alles mit der Frage zu tun, ob Schimpansen und Bonobos in HOMO
umbenannt werden sollten? Ganz einfach: Auch der letzte gemeinsame Vorfahr von
Zebras und Pferden lebte vor 4 bis 6 Millionen Jahren, das Erbgut dieser
Huftiere differiert um etwa 1,5% - und sie gehören zu derselben Gattung:
„Equus“. Ähnlich verhält es sich mit Tigern und Löwen, die zur Gattung
„Panthera“ zählen.;
kaum war ein Merkmal definiert, das die „Sonderstellung“ des Menschen begründen
sollte, so fand sich bereits ein Affe, der sich nicht darum scherte – ob es
sich um Werkzeugherstellung handelte, Zukunftsplanung, Zahlenverständnis, das
Sich-Erkennen im Spiegel, Selbstmedikation, sprachliches Kommunizieren,
politisches Agieren oder Empathie.
Somit liegt der Fall ganz klar: Schimpansen sollten in HOMO TROGLODYTES
umbenannt werden und Bonobos in HOMO PANISCUS. Diese Klassifikation ist
wissenschaftlich die einzig haltbare.
(bild der wissenschaft 10-2011 S.20ff.)
·
Nach
der Entschlüsselung der menschlichen Erbsubstanz wollen Forscher jetzt die Gene
aller Mikroorganismen in und auf dem Menschen entziffern. Im größten
Lebensraum, dem Darm, sind die Bakterien nützlicher als gedacht;
Wie würde ein Außerirdischer die Spezies Mensch beschreiben? Etwa so, vermutet
Wissenschaftsautor Jörg Blech: „Die irdische Lebensform besteht aus 988
verschiedenen Spinnentieren, 100 000 000 000 000 (in Worten: hundert Billionen)
Bakterien, 1 Mensch, etwa 70 Amöben und manchmal bis zu 500 Madenwürmern.“ Der
Mensch ist ein Mischwesen, ein „Superorganismus“, meint der US-amerikanische Genetiker
und Nobelpreisträger Joshua Lederberg. Auf jede menschliche Zelle kommen zehn
Bakterienzellen;
Nachdem die Entschlüsselung des menschlichen Erbguts nicht, wie erhofft, die
Erklärung für viele Krankheiten brachte, setzen die Forscher jetzt ihre Hoffnung
in die Erforschung des Ökosystems Mensch;
(bild der wissenschaft 6-2011 S.19)
·
Forschungsfelder wie Soziobiologie und evolutionäre
Psychologie haben ein eher deterministisches Verständnis von der Rolle der
Gene. Welchen Einfluss könnten epigenetische Erklärungsansätze auf diese
Forschungsfelder nehmen? Stellt die Epigenetik die alten Forschungsansätze in
Frage oder führen sie in eine Phase der „Modernisierung“ deterministischer
Forschungsprogramme?;
Ja, die Modelle der Soziobiologie und der evolutionären Psychologie werden sich
als nicht mehr haltbar erweisen. Die Epigenetik spielt eine wichtige Rolle für
die Evolution, doch der Reihe nach: Das „alte Denken“ war, dass der
evolutionäre Prozess mitsamt der Entwicklung neuer Arten darauf beruhte, dass rein
zufällig entstandene Mutationen von der natürlichen Selektion ausgewählt
werden. Was neuerdings deutlich wird, ist die Tatsache, dass biologische
Systeme ein eigenes Veränderungspotential haben, welches deutlich über das
hinausgeht, was unter dem Stichwort „Zufall“ abgetan werden kann. Immer
deutlicher zeigt sich, wie Recht die Nobelpreisträgerin Barbara McClintock
hatte, die erkannte, dass biologische Systeme auf schwere ökologische
Stressoren mit einer Selbstveränderung ihres Genoms reagieren können. Diese
Veränderungen geschehen, wie wir heute wissen, nicht wahllos, sondern
beinhalten Genduplikationen, die vor allem solche Gene betreffen, die stark in
Gebrauch sind. Doch was hat das alles mit Epigenetik zu tun? Nun, die
molekularen Werkzeuge, mit denen Organismen ihren genetischen Apparat umbauen,
werden, solange keine schweren Stressoren vorliegen, durch epigenetische
Mechanismen gehemmt. Schwere Stressoren haben zur Folge, dass diese Blockierung
gelöst wird und transposable elements, welche den Umbau des Genoms in Angriff
nehmen können, sozusagen wie Hunde von der Leine gelassen werden.
(http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/207/interview-joachim-bauer/epigenetik-ende-gen-determinismus
)
·
Ein Forschungsteam der ETH Zürich und des Institute
for Systems Biology Seattle hat erstmals das Proteom eines Menschen kartiert.
Die Forschungsgruppe unter der Leitung von Professor Aebersold hat mittels
Massenspektroskopie 20.300 Proteine identifiziert. Die Daten sind im Internet
über die Datenbank des von der Forschungsgruppe aufgebauten „Peptidatlas“ frei
zugänglich. Sie sollen als „Gold-Standard“, das heißt als Referenzda¬tensatz
für die Erforschung weiterer Proteome, dienen. Finanziert wird der
Proteom-Atlas durch das US National Health Institute und Forschungsgelder der
EU. Die jetzt als Referenzdaten festgelegten Proteomdaten sollen es
ForscherInnen in Zukunft ermöglichen, Anzahl und Art der Proteine in einer
Zellprobe mit Massenspektroskopie zu bestimmen. Das Referenzproteom ist eine
methodische Vor¬aussetzung, um die einzelnen Proteine in einer beliebigen Zelle
schnell und eindeutig zu identifizieren. Wie schon beim Genom wird damit aber
auch ein Standard festgelegt, von dem aus Abweichungen bestimmt werden.
(ethlife.ethz.ch, 21.09.10; peptideatlas.org, 23.11.10) (vlx) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/203/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
·
Frankfurter Forscher haben das Erbgut des Braunbären
entschlüsselt;
soll nun mit den kürzlich veröffentlichten Erbgutinformationen von Eisbären und
Pandabären verglichen werden
(Freie Presse Chemnitz 6.1.2012 S.B5)
·
komplettes Genom des Denisova-Menschen aus der DNA
in einem Fingerknochen entschlüsselt
(bild der wissenschaft 4-2012 S.12)
·
Genomanalyse:
noch billiger
Die kalifornische Biotech-Firma Life Technologies hat jetzt ein Analysegerät
entwickelt, das für 1.000 Dollar (ca. 760 Euro) den kompletten Genomscan an
einem Tag ermöglicht. Die bisher billigsten Verfahren hatten zwischen 5.000 und
10.000 Dollar gekostet und ungefähr eine Woche gedauert.
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/210/kurz-notiert-mensch-und-medizin
·
(S.241)
Die Biologielehrbücher wiederholen immer und immer wieder, die DNA sei eine
„Blaupause“ für den Aufbau des Organismus. Das stimmt nicht. Eine echte
Blaupause, beispielsweise für ein Auto oder ein Haus, gibt auf dem Papier 1:1
den tatsächlichen Aufbau des fertigen Produkts wieder. Daraus folgt, dass eine
Blaupause in beiden Richtungen funktioniert. Vom Haus zur Blaupause gelangt man
ebenso einfach wie von der Blaupause zum Haus … es ist sogar einfacher, denn
das Haus muss man bauen, um die
Blaupause zu zeichnen, braucht man
dagegen nur ein paar Messungen vorzunehmen. Den Körper eines Tieres dagegen
kann man noch so detailliert vermessen, es ist nicht möglich, daraus seine DNA
zu rekonstruieren …
(Richard Dawkins: Die Schöpfungslüge – Warum Darwin recht hat, Ullstein Berlin,
2010)
· Genom des
Hausschweins und der Gurke neu entschlüsselt; Gurkengenom 350 Millionen
Basenpaare; bislang wurde das Genom von rund zwei Dutzend Säugetierarten und
sieben Pflanzenarten entschlüsselt
(taz 6.11.2009 S.18)
· Fast alles
Erbgut hat eine Funktion
LONDON | Ein weit größerer Teil der menschlichen Erbgutbausteine als bislang
angenommen ist wichtig für das Zellgeschehen. Mehr als 80 Prozent besitzen
zumindest eine Funktion, sinnlose Abschnitte - sogenannte Junk-DNA - gibt es
kaum, wie das Mammutprojekt "Encode" ergeben hat. In der
"Encyclopedia of DNA Elements" wird erfasst, welche Funktion die etwa
drei Milliarden Basenpaare der menschlichen DNA haben. In Fachjournalen wie
Nature und Genome Research sind rund 30 Beiträge zu den Ergebnissen
veröffentlicht. Das Projekt erweitere das Wissen über Krankheiten, bei denen
genetische Faktoren eine Rolle spielen, und sei eine wachsende Ressource für
neue Ansätze in der Biomedizin, schreibt das "Encode"-Konsortium in
einem Übersichtsartikel in Nature. Die "Junk-DNA" sei in Wirklichkeit
ein gewaltiger Steuerungsapparat für die Abläufe in den Zellen. "In unserem
Genom wimmelt es nur so von Schaltern: Millionen von Stellen, die dafür
verantwortlich sind, ob ein Gen an- oder abgeschaltet wird", erläutert
Encode-Analysekoordinator Ewan Birney.
(taz 7.9.2012 S.18)
· Der
Schaltplan des Menschen
Eine Enzyklopädie aller Steuerungsvorgänge des Lebens – das war das verwegene
Ziel des Encode-Projekts, das jetzt seine Ergebnisse vorstellt. Ein Gespräch
mit Ewan Birney über den Dschungel des Genoms;
DIE ZEIT: Das Humangenomprojekt hat schon vor zehn Jahren unser Genom
entziffert und die menschlichen Gene erkundet. Jetzt haben Sie und 440 Kollegen
im Projekt Encode noch einmal fünf Jahre daran gearbeitet. Wieso eigentlich?
Ewan Birney: Es gehört tatsächlich zu unseren Aufgaben, die Suche nach
den Genen zu Ende zu bringen, auch wenn viele Leute denken, das sei längst
geschehen. Doch die Gene machen nur einen winzigen Teil der Erbinformation aus.
Das große Ziel von Encode war es, herauszufinden, wofür der ganze Rest des
Genoms eigentlich gut ist – all die nicht kodierende DNA, die man abschätzig junk
nannte, Müll.;
ZEIT: Und was haben Sie nun im Genom gefunden?
Birney: Es steckt voller Überraschungen. Es geht dort viel mehr vor
sich, als wir je erwartet haben. Das Erbgut ist voller Aktivität.;
ZEIT: Also müssen wir die Idee beerdigen, dass unser Genom zum größten
Teil aus Müll besteht?
Birney: So ist es. Junk-DNA war nie eine besonders treffende Metapher,
wenn Sie mich fragen. »Die dunkle Materie des Erbguts« finde ich viel besser.
Birney: Man kann nicht sagen: Diesen Teil verstehen wir, jenen Teil
nicht. Es gibt zu viele Funktionsebenen im Genom. Aber lassen Sie es mich so
sagen: Wir haben nun 80 Prozent aller Erbanlagen einer biologischen Aktivität
zugeordnet. Davon kodieren 1,2 Prozent für all die Eiweiße des Körpers, aber
weitere 20 Prozent dienen der Steuerung dieser Gene.;
Welch unerforschter Wildnis wir da begegnet sind – das war eine echte
Überraschung für mich. Das Erbgut ist ein Dschungel voll seltsamer Kreaturen.
Kaum zu fassen, wie dicht es mit Information voll gepackt ist! Wir sind jetzt
in der Situation eines Elektrikers, der in einem alten Haus die Elektrik
kontrollieren soll und der feststellt: Alle Wände, Decken und Böden sind mit
Lichtschaltern gepflastert. Wir müssen herausfinden, wie all diese Schalter mit
Licht, Heizung und den Geräten in den Zimmern verbunden sind.;
Wir haben immer gewusst, dass die Unterschiede zwischen den Zellen
verschiedener Organe und Gewebe durch die Stellung der genetischen Schalter
bestimmt werden. Was wir nicht ahnten: Das Genom ist voll von ihnen, wir haben
vier Millionen genetische Schalter entdeckt, mit denen Gene gesteuert werden.
Man nennt sie Transkriptionsfaktor-Bindungsstellen – Kontaktpunkte zwischen DNA
und Steuerproteinen.;
ZEIT: Und wie viele Zellarten haben Sie angesehen?
Birney: Untersucht haben wir gut 100 dieser Steuereiweiße in 147
Zellarten des Menschen. Wir denken aber, das es etwa 2.000 dieser regulierenden
Proteine und etwa 1.000 Zelltypen beim Menschen gibt.
Ein Defekt im Schalter kann also so fatal sein wie ein Defekt im Gen selbst.;
das Akronym Encode steht für »Encyclopedia of DNA elements«
(zu Deutsch: Enzyklopädie der DNA-Elemente).
Dieses ambitionierte Projekt wurde 2003 vom amerikanischen National Human
Genome Research Institute initiiert und ist ein Nachfolger des Humangenomprojekts.
Während dieses die Sequenzierung des menschlichen Genoms zum Ziel hatte, will
das Encode-Projekt alle funktionellen Elemente des menschlichen Erbguts
identifizieren und charakterisieren. Durchgeführt wird Encode von einem
Forschungskonsortium, dem insgesamt rund 30 Arbeitsgruppen an
verschiedenen (hauptsächlich amerikanischen) Instituten angehören.
(ZEIT 6.9.2012 S.40)
· Nicht nur
die Gene werden vererbt
EPIGENETIK Die Eigenschaften des Nachwuchses werden nicht nur durch die Sequenz
der Gene bestimmt. Auch durch Umweltfaktoren veränderbare Aktivitätsmuster
werden vererbt
Kürzlich hat eine US-Studie belegt, dass sogar eineiige Zwillinge bei ihrer
Geburt unterschiedliche epigenetische Muster aufweisen.
Und es mehren sich die Hinweise, dass die Epigenetik der Zelle nicht nur eine
Identität, sondern auch ein Gedächtnis verleiht. Mit ihr verstehen
Wissenschaftler zunehmend, wie sich Umwelterfahrungen auf unser Genom
auswirken.;
Nicht alles ist übertragbar
Das Fazit der Epigenetiker: "Wir sind, was unsere Mütter gegessen oder
erlebt haben." Teilweise sind epigenetische Veränderungen sogar noch bei
den Enkeln zu finden. Die Ergebnisse sind jedoch nur mit Vorsicht auf den
Menschen übertragbar. So sind viele Studien im Tiermodell oder sogar nur in der
Zellkultur gemacht worden.
(taz 24.8.2012 S.18)
· Das Leben
vor der Geburt
Krebs und Diabetes, Depression und Herzinfarkt: Das Fundament vieler Leiden
wird bereits im Mutterleib gelegt. Vor allem Stress und Ernährung der Mutter
hinterlassen Spuren - auch in der Psyche des Kindes.;
"Im Mutterleib entscheidet sich, wie funktionsfähig das Immunsystem später
sein wird", erklärt Reproduktionsimmunologin Arck, "jede Art von
Stress hat vermutlich Einfluss - egal, ob psychisch, durch Infektionen,
Medikamente oder Ernährung.";
"Die ersten neun Monate entscheiden über das Schicksal unserer
Kinder", glaubt Mediziner Andreas Plagemann, der an der Berliner Charité
die Auswirkung mütterlicher Ernährung auf das spätere Gewicht und die Neigung
zu Stoffwechselkrankheiten der Nachkommen erforscht. Für den neuseeländischen
Wissenschaftler Peter Gluckman, einen der Pioniere auf dem Forschungsfeld, ist
"die Prägung in der Fetalzeit genauso wichtig wie die Gene und der spätere
Lebensstil".
Das gilt auch für die Seele: "Die Startlinie für die psychische
Entwicklung verschiebt sich bis weit vor die Geburt", sagt die New Yorker
Psychologin Catherine Monk, die den Ursprung depressiver Erkrankungen im
Mutterleib verortet hat. Und der Göttinger Neurobiologe Gerald Hüther sagt: "Das
ganze Leben ist eine Entdeckungsreise - vieles spricht dafür, dass wir den
spannendsten Teil schon hinter uns haben, wenn wir auf die Welt kommen."
Seit der britische Arzt David Barker vor mehr als 20 Jahren die ersten Hinweise
auf den Zusammenhang von Geburtsgewicht und späteren Herzkrankheiten entdeckte,
hat die sogenannte pränatale Programmierung mehr und mehr Forscher in ihren
Bann geschlagen.;
Längst ist unumstritten, dass pränatale Einflüsse lebenslang Spuren
hinterlassen; jetzt geht es darum, jene molekularen Mechanismen zu
entschlüsseln, die dafür verantwortlich sind. Einflüsse im Mutterleib prägen
sogar das Erbgut des Ungeborenen - die junge Disziplin der Epigenetik, der
Erforschung der Beeinflussung der Gene durch die Umwelt, steuert wichtige
Erklärungen für das Phänomen der pränatalen Programmierung bei.
Forscher triezen trächtige Mäuse mit nervtötenden Geräuschen oder träufeln
ihnen allergieauslösende Stoffe in die Nase, sie setzen werdende Affenmütter
auf Diät oder spritzen ihnen Stresshormone, verkabeln Schafsfeten im Mutterleib
und messen Herzschlag und Hirnströme der Ungeborenen, sie überfüttern Ratten
während der Trächtigkeit, um zu sehen, ob ihre Babys unausweichlich zu
zuckerkranken Moppeln heranwachsen. Das Erbgut der Nachkommen durchsuchen sie nach
epigenetischen Veränderungen.
(Spiegel 25-2012 S.120ff)
· Auch die
Frage, ob epigenetische Veränderungen der DNA über Generationen vererbt werden,
ist nach wie vor Ausgangspunkt für Forschungsprojekte. Wissenschaftler des
Tübinger Max-Planck-Instituts für Entwicklungsbiologie haben jetzt die
Ackerschmalwand über dreißig Generationen vermehrt und die Methylierungsmuster
nach dieser Zeit verglichen. Dabei wurde zum einen deutlich, dass diese
biochemischen DNA-Veränderungen sehr viel häufiger auftreten als Mutationen:
Die Pflanzen der letzten Generation wiesen an 30.000 Stellen Methylierungen
auf, die sich von denen der Ausgangspflanze deutlich unterschieden, während
zugleich in der Basensequenz nur etwa dreißig Mutationen festgestellt wurden.
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/209/kurz-notiert-mensch-und-medizin
· Martin
Münzel: „Nachwuchs für die DNA – S. 16ff:
Auf der molekularen Ebene gibt es mehrere Faktoren, die die Genaktivität
steuern. Der wichtigste Mechanismus ist die chemische Modifikation der DNA
selbst. Durch Anheftung von nur vier Atomen (einem Kohlenstoff und drei
Wasserstoffen) an Cytosin – eine der DNA-Basen – wird der folgende
DNA-Abschnitt ausgeschaltet. Die chemische Gruppe (eine sogenannte
Methylgruppe) ist eine Art Aufkleber, der auf den Bauplan DNA geklebt wird und
so anzeigt, dass dieser Teil nicht genutzt werden soll. Methylcytosin, das
Produkt der Anheftung der Methylgruppe an Cytosin, wird die fünfte DNA-Base
genannt.;
Gerade, als ich die ersten Erfolge erzielte, berichteten zwei amerikanische
Forschungsgruppen unabhängig voneinander, dass Methylierung nicht die einzige
DNA-Modifikation ist. Vielmehr können spezialisierte Enzyme ein weiteres
Sauerstoffatom an die Methylgruppe anfügen: Hydroxymethylcytosin, die sechste
DNA-Base war gefunden. Eine Entdeckung von etwas so Fundamentalem wie einer
neuen DNA-Base wirft natürlich eine Reihe an grundlegenden Fragen auf: Woher
kommt sie? Wo genau kommt sie vor? Welche Aufgabe hat sie? Und warum hat sie
niemand vorher gefunden?
Zumindest die letzte Frage war leicht beantwortet: Es ist einfach sehr wenig
davon da.;
Hier stellten wir fest, dass alle Körperzellen Hydroxymethylcytosin enthalten,
die Werte jedoch beträchtlich schwanken. Im Gehirn findet man zum Beispiel fast
zwanzig Mal so viel wie in der Milz. Dieses Ergebnis war sehr überraschend, da
Methylcytosin –DNA-Base Nummer fünf – in allen Körperzellen gleich häufig
vorkommt.;
WAS DIE SECHSTE BASE STEUERT Wie schon vorher erwähnt, schaltet Methylcytosin,
die fünfte DNA-Base, Gene ab.;
Bei der Untersuchung von über 100 Patientenproben mit Gehirntumoren stellten
wir fest, dass man gesundes Gewebe allein durch die Menge an
Hydroxymethylcytosin von einem Tumor unterscheiden kann. Und wichtiger noch:
Die Menge an Hydroxymethylcytosin zeigt die Aggressivität des Tumors an. Je
weniger von der sechsten Base vorhanden ist, desto schneller wächst der Tumor.
Unsere Detektionsmethode für die neue DNA-Base könnte somit später als
zuverlässige Früherkennung für Tumorgewebe verwendet werden.;
Wir haben uns also wieder mit dem Massenspektrometer auf die Suche nach den
Molekülen gemacht und fanden tatsächlich Formylcytosin
(den Aldehyd) und damit DNA-Base Nummer sieben. Kooperationspartnern an der
Chinesischen Akademie der Wissenschaften ist es später gelungen, auch
Carboxylcytosin (die Säure) und damit DNA-Base Nummer acht zu finden, nachdem
wir ihnen unsere Moleküle zur Verfügung gestellt hatten.
(bild der wissenschaft – plus; Klaus-von-Tschira-Preis – Die Preisträger 2012, http://www.klaus-tschira-preis.info/download/2012/bdw_TschiraSuppl_12_web.pdf
·
Erbgut von 1.092 Menschen entziffert
Ende Oktober vermeldeten Forscher im Fachblatt Nature den vorzeitigen Abschluss
der ersten Etappe des 1.000-Genome-Projekts: Man habe es in den letzten Jahren
geschafft, mehr als 1.000 Genome zu sequenzieren und die DNA-Sequenz in einer
Datenbank öffentlich zugänglich zu machen …
(GID 215-2012 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/215/kurz-notiert-mensch-und-medizin )
· Das Erbgut
des Quastenflossers - eines lebenden Fischs, dessen Gattung bereits aus der
Urzeit stammt - ist entschlüsselt. Wissenschaftler von 40 Forschungsinstituten
aus zwölf Ländern gelang die Entschlüsselung des Genoms aus drei Milliarden
DNA-Buchstaben des sogenannten afrikanischen Coelacanths, berichtete die
Fachzeitschrift Nature.
(taz 19.4.2013 S.18)
·
Jetzt, 75 Jahre nach jener legendären Entdeckung,
ist es gelungen, die Erbinformation dieses Urzeit-Fischs auszulesen. Ein Team
von 91 Forschern aus 40 Instituten veröffentlichte vorige Woche im Fachblatt
"Nature" das Genom des Quastenflossers.;
Vor allem ein Ereignis aus der Frühgeschichte der Wirbeltiere aber interessiert
die Forscher besonders; einige halten es für eines der bedeutsamsten in der
Stammesgeschichte des ganzen Tierreichs: Irgendwann muss sich das gesamte
Erbgut der Wirbeltiere zweimal verdoppelt haben. Diese doppelte Duplikation
könnte eine Art Schicksalsmoment für die weitere Entwicklung gewesen sein.
Die Vervierfachung aller Gene ist mehr als eine bloße Vermehrung des Erbmaterials.
Sie gilt als wirkmächtiger Motor der Innovation, als Quell einer Vielfalt, die
vom Seepferdchen bis zum Pfau, vom Narwal bis zum Flughund und vom Ochsenfrosch
bis zum zweibeinigen Menschenaffen reicht.
Denn vor dem großen Duplikationsereignis bestand bei Mutationen eines Gens
stets die Gefahr, dass seine alte Funktion verlorengeht. Für den Organismus ist
das oft verheerend, die Mutation kann sich folglich nicht durchsetzen. Liegt
jedoch von jedem Gen eine Sicherungskopie vor, kann die Natur unbeschwert
herumexperimentieren, ohne bei Mutationen unter dem Verlust der
Originalfunktion zu leiden. Vieles spricht dafür, dass dies die
Experimentierlaune der Evolution enorm befördert hat.
Die Neunaugen-Forscher konnten nun diesen kreativen Schlüsselmoment in der
Wirbeltiergeschichte präziser datieren: Offenbar hat er sich schon im frühen
Kambrium ereignet, noch ehe sich die Rundmäuler vom Rest der Wirbeltiere
abspalteten. Denn auch im Erbgut der Neunaugen finden sich die Spuren der
frühen Genomduplikationen.;
In Käfigen springen unterdessen transgene Mäuse umher, die Fischgene im Erbgut
tragen. Alles, was hier geschieht, dient dem Ziel, das Rätsel der
Gliedmaßen-Evolution zu knacken.
Sämtliche Extremitäten - gleichgültig ob Flügel, Sprungbein oder Arm mit
Greifhand - sind nach demselben Masterplan konstruiert. "Die Formel
lautet: '1 - 2 - viele - 5'", sagt Shubin, "beim Arm heißt das: ein
Oberarmknochen, dann Elle und Speiche, ein vielteiliges Handgelenk und
schließlich fünf Finger."
Verantwortlich für die genaue Gestalt, die eine solche Extremität einnimmt,
sind dabei vermutlich gar nicht die Gene selbst. Zunehmend setzt sich unter den
Forschern die Einsicht durch: Wichtiger für den Fortgang der Evolution könnten
vielmehr jene Schalter sein, die diese Gene regulieren.
Einen solchen Schalter, der anscheinend einen ersten Schritt hin zum Bauplan
der Gliedmaßen darstellte, konnten die Forscher nun im Erbgut des
Quastenflossers dingfest machen. "Insel 1" heißt dieses genetische
Steuerelement, das sich in Landwirbeltieren, nicht aber im Erbgut von
Knochenfischen findet.
Genschalter und Genomduplikation - zwei maßgeblichen Mechanismen, die zur
Formenfülle der Tiere beitragen, kommen die Forscher so langsam auf den Grund.
Doch das ist erst ein Anfang. Rasant nimmt die Zahl entschlüsselter Tiergenome
zu.
Schon ist am chinesischen Forschungszentrum BGI das Projekt "Genome
10K" angelaufen. Das Ziel des ehrgeizigen Vorhabens: die Erbgut-Sequenz
von 10 000 Wirbeltierarten auszulesen.
(Der Spiegel 17-2013 S.104ff. - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-92537050.html
)
·
Junk-DNA ist kein Müll
Nicht die Gene sind entscheidend, sondern ihre Regulierung - das ist die
Botschaft, die die zeitgleichen Veröffentlichungen von Forschungsteams des
Encode-Projektes Anfang September vermitteln. Die „Encyclopedia of DNA
Elements“ (Encode) wurde 2003 vom US-amerikanischen nationalen
Genomforschungsinstitut und dem European Bioinformatics Institute (EBI)
begründet. Das öffentlich geförderte Projekt, in dem sich 442 Wissenschaftler
aus 32 Forschungsinstitutionen in den USA, Großbritannien, Spanien, Singapur
und Japan mit den Funktionen des Genoms beschäftigen, setzt das
Humangenomprojekt fort. Achtzig Prozent der DNA, so eins der jetzt verbreiteten
Ergebnisse, haben biologische Funktionen, nur 1,2 Prozent davon kodieren direkt
für Eiweiße - von Junk-DNA kann also nicht die Rede sein. „Wir haben immer
gewusst, dass die Unterschiede zwischen Zellen verschiedener Organe und Gewebe
durch die Stellung der genetischen Schalter bestimmt werden“, so Ewan Birney,
stellvertretender Direktor des EBI, der die Datenanalysen im Encode-Projekt
koordiniert hat. „Was wir nicht ahnten: Das Genom ist voll von ihnen, wir haben
vier Millionen Schalter entdeckt.“ …
(GID 214-2013 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/214/kurz-notiert-mensch-und-medizin)
·
Wissenschaftlern in Deutschland und in den USA ist die
weitgehende Kartierung aller menschlichen Proteine geglückt. Die
Forschergruppen in München und in Baltimore decodierten unabhängig voneinander
rund 90 Prozent des menschlichen Proteoms. Beide Studien wurden diese Woche in
der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht. Es gebe nun nur noch wenige weiße
Flecken auf der Protein-Landkarte, teilte die Technischen
Universität München (TUM) mit. Die TUM-Wissenschaftler kartierten mehr als
18.000 Proteine und damit 92 Prozent des menschlichen Proteoms. An der Johns-Hopkins-Universität
in Baltimore erfassten ihre Kollegen 17.300 Proteine - 84 Prozent des Proteoms.
(taz 30.5.14 S.18)
·
In seinem in diesem Jahr erschienenen Buch "Die
Neandertaler und wir" erzählt Svante Pääbo diese Geschichte;
als sie vollständig das Neandertaler-Genom sequenzierten und bei uns modernen
Menschen zwischen zwei und vier Prozent vom Neandertaler geerbter Genvarianten
nachwiesen.;
Alles begann vor etwa 800.000 Jahren mit dem Auszug unseres Vorfahren, des Homo
erectus, aus dem Kontinent Afrika. Im eurasischen Raum entwickelte sich zuerst
ein Teil dieser Populationen zu den Denisova-Menschen und später ein anderer
Teil zu den in der Zeit vor 90.000 bis etwa 35.000 Jahren parallel zu ihnen
existierenden Neandertalern.
Alle in Afrika verbliebenen Populationen entwickelten sich unterdessen zu
modernen Menschen. Diese unterscheiden sich weltweit durch eine Anzahl ganz
bestimmter Genvarianten von den archaischen Hominini. Im Zuge eines weiteren
Exodus verließ ein Teil von ihnen Afrika und paarte sich vor etwa 100.000 bis
50.000 Jahren im Mittleren Osten mit dort bereits lebenden Neandertalern.
Seither laufen wir modernen Menschen mit Ausnahme der Afrikaner alle mit zwei bis vier Prozent Neandertaler-Genen herum. Noch vor 50.000
Jahren bevölkerten die Erde mindestens drei Hominini-Formen neben uns:
Neandertaler, Denisova-Menschen und auf der indonesischen Halbinsel Flores die
nur einen Meter großen Leute vom Typ Homo floresiensis (Spitzname: Hobbits).
Wir verdrängten alle anderen und besiedelten als einzige Menschenform die USA
und Australien.
(taz 30.5.14 S.18 - http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=wi&dig=2014%2F05%2F30%2Fa0114&cHash=2457e44603e5bdfb55fa5de91b209368 )
·
Hat der Homo sapiens seine primitiven Vorfahren
verdrängt – oder hat er sich mit ihnen kreuz und quer gepaart? Genetische
Analysen sorgen für neue Spekulationen.;
um nichts Geringeres als den fundamentalen Umbruch ihres gut 150-jährigen
Forschungsfeldes zu diskutieren. Was vorher eine eher beschauliche Domäne von
Fossilienjägern war, wird nun überschwemmt von Erbgutdaten aus dem fossilen
Knochengewebe frühmenschlicher Wesen. Die Befunde der neuen Paläogenetik
verschaffen den Gelehrten eine ganz neue Sicht auf die evolutionären Prozesse,
die einst den Homo sapiens hervorbrachten und ihm als letzten Vertreter seiner
Gattung zum großen Auftritt auf dem Globus verholfen haben.;
Zumindest der erste Akt der Entstehung der heutigen Menschheit spielte
tatsächlich in Afrika.;
Bis vor wenigen Jahren zeichneten die Wissenschaftler noch einen recht
gradlinigen Ast im Stammbaum nach, wenn sie den Weg des Menschen zur
dominierenden Spezies skizzierten. Schon seine Vorgänger verließen Afrika und
besiedelten Europa und Asien: zuerst Homo erectus vor mehr als zwei Millionen
Jahren, später dessen Nachfahre Homo heidelbergensis, der sich in Europa zum
Neandertaler weiterentwickelte. Als dann Homo sapiens in der afrikanischen
Heimat auf der Bildfläche erschien, war das Schicksal dieser Urvölker
besiegelt. Mit der dritten Auswanderungswelle, der des Menschen, verschwanden
die archaischen Verwandten – verdrängt, ausgerottet oder durch Krankheiten
dezimiert. Von ihnen blieben nur steinerne Werkzeuge und ihre fossilen Gebeine.
Der moderne Mensch übernahm die Welt.
Doch seit es den Forschern gelingt, die erhaltene Erbsubstanz in Knochenfunden
zum Sprechen zu bringen, bröckelt diese mühsam Knochen für Knochen aufgebaute
Lehrmeinung: Die Vorgänger leben weiter, im heutigen Menschen, in unserem
Erbgut.;
Inzwischen haben die Forscher auch direkte Beweise für die Techtelmechtel mit
den Frühmenschen gefunden. In den über 40.000 Jahre alten Überresten eines
modernen Menschen aus Sibirien fanden Wissenschaftler noch deutlichere Spuren
einer Vermischung als bei heutigen Menschen.
Das Neandertaler-Genom war indessen nur der Auftakt. Inzwischen ergab die
Auswertung der Genomdaten Hunderter heutiger Probanden, wie viel archaisches
Erbgut in Europas Genpool wirklich steckt. Zwar sind in jedem Individuum nur
wenige Prozent urtümlicher Erbmasse enthalten. Weil aber jedermann andere
Abschnitte des Neandertaler-Genoms in sich trägt, hat in der gesamten
europäischen Bevölkerung glatt ein Fünftel der Gene des Urvolks überlebt. Das
spricht dafür, dass es sich nicht um einmalige Begegnungen, sondern um
häufigere Sexualkontakte über längere Zeiträume gehandelt haben muss.;
In der südsibirischen Denisova-Höhle hatten russische Ausgräber kurz zuvor ein
winziges Fingerknöchelchen und einen Zahn geborgen. Geschätztes Alter des
Fundes: 41.000 Jahre. Man vermutete Neandertaler als Ursprung, doch eine genaue
Bestimmung schien unmöglich. Die Paläogenetiker am EVA spürten in einer
winzigen Knochenprobe so viel uralte Erbsubstanz auf, dass eine Genanalyse möglich wurde.
Schon die ersten Untersuchungen zeigten: Das Wesen aus der Denisova-Höhle war
jung, weiblich und schien sehr fremdartig. Nur wenige Monate danach erhielten
die deutschen Forscher Gewissheit: Es handelte sich weder um eine
Homo-sapiens-Frau noch um eine Neandertalerin. Man war auf die Spur bislang
völlig unbekannter hominider Wesen gestoßen.;
Das bisherige Szenario der Paläoanthropologen hielt an einer Art
Schöpfungsmythos fest. Danach wurde Afrika vor mehr als 200.000 Jahren von
frühmenschlichen Gruppen bevölkert. Dann kam es zu einer Katastrophe.
Trockenheit oder Nahrungsverknappung ließen ganze Populationen verenden. Übrig
blieben wenige Individuen, die bereits durch genetische Veränderungen jene
geistigen Fähigkeiten erlangt hatten, die den modernen Menschen auszeichnen:
abstraktes Denken in Symbolen, die Fähigkeit, sich in das Erleben anderer
hineinzuversetzen. Irgendwo, wahrscheinlich im Osten oder Süden Afrikas, sei
diesen Menschen dank ihrer neuen Fähigkeiten das Überleben gelungen, vermutete
man. Anstelle der ausgestorbenen Vorgänger nahm Homo sapiens erst den
Heimatkontinent und dann die Welt in Besitz. Klingt bestechend – und ist mit
hoher Wahrscheinlichkeit falsch.;
(Die Zeit 16.4.14 S.35 - http://www.zeit.de/2014/17/homo-sapiens-anthropologie-genetik
)
·
Die Weihrauchkiefer hat nach Forscherangaben das
größte bislang entzifferte Erbgut. Es enthalte etwa siebenmal mehr Bausteine
als das menschliche Genom, schreibt das Team um David Neale von der University
of California.;
Wie bei anderen Nadelhölzern auch ist das Genom auf zwölf Chromosomen verteilt.
Es ist bekannt, dass das Erbgut dieser Pflanzengruppe zwischen 20 und 40
Milliarden Basenpaare hat. Allerdings sind noch nicht alle Genome davon
entziffert. Das Erbgut der Weihrauchkiefer besteht aus etwa 22 Milliarden
Basenpaaren.
(taz 21.3.14 S.18)
·
Genmutation macht Insektengift wirkungslos
PARIS | Mit nur einer einzigen Genveränderung können Moskitos widerstandsfähig
gegen das Insektenvernichtungsmittel DDT und andere Chemikalien werden.
Forscher um Charles Wondji von der Hochschule für Tropenmedizin in Liverpool
fanden im westafrikanischen Benin eine Population solch resistenter
Stechmücken, wie sie in einem im Fachmagazin Genome Biology veröffentlichten
Artikel schreiben. Die Widerstandsfähigkeit von Moskitos gegen bestimmte
Chemikalien ist ein Problem bei der Bekämpfung der von den Mücken übertragenen
Tropenkrankheit Malaria. Die untersuchten Anopheles-Mücken waren nicht nur
widerstandsfähig gegen DDT, das in vielen Staaten verboten ist, in armen
Ländern aber nach wie vor im Kampf gegen Malaria eingesetzt wird. Den Mücken
konnten auch Pyrethroide nichts anhaben, mit denen gewöhnlich Moskitonetze
imprägniert werden. Die Genmutation - von den Forschern L119F genannt - sorgt
dafür, dass die Mücken die Chemikalien so aufspalten können, dass die Mittel ihre Wirkung
verlieren. Das mutierte Gen konnte auch bei resistenten Stechmücken aus anderen
Ländern nachgewiesen werden.
(taz 28.2.14 S.18)
·
Genom des Chinesischen Hamsters entschlüsselt; rund 2,3 Milliarden Basenpaare
(bild der wissenschaft 11-2013 S.9)
· Schlüsselgene
für den Körperaufbau;
a) zwei Drosophila-Arten (Fruchtfliege), die in ihrem Genom das gleiche Gen
besitzen, ABER: eine hat einen Punkt auf den Flügeln, die andere nicht;
an einer Stelle in der Nähe des Gens befindet sich eine besondere Sequenz, die
das Gen aktiviert; wirkt als Schalter, codiert selbst KEIN Protein;
b) Galapagosfinken: es sind die gleichen Gene, die
wirksam sind bei der Bildung der unterschiedlichen Schnabelformen, entscheidend
ist, wann und wie lange sie aktiv sind;
c) HOX-Gene, Sequenzen in der DNA, die bei unterschiedlichen Lebensformen die
Bildung ähnlicher Strukturen steuern
d) große Evolutions-Schritte?; Änderungen (Mutationen) bei den Genen, die für
das An- und Abschalten anderer Gene zuständig sind bzw. die Dauer der
Aktivität/Funktion von Genen steuern
e) Unterschied zwischen Mensch und Schimpanse im Genom 1%;
ein Gen, das unterschiedlich ist, in das Genom einer Maus eingefügt, das Gen
wird im Daumen und in der großen Zehe aktiv (der Daumen und seine
Oppositionsstellung zu den anderen Fingern ist ein Merkmal, das nur der Mensch
hat)
ein für den Muskelaufbau codierendes Gen ist beim Menschen gegenüber dem
Schimpansen defekt, beim Affen voll funktionsfähig; beeinflusst die Funktion
des Kaumuskels, der beim Menschen viel schwächer ausgebildet ist;
Theorie: Der starke Muskel setzt beim Kopf des Affen dem Wachstum des Schädels
schon früh Grenzen, Muskel presst ihn zusammen, Schädel kann nicht so groß
werden, beim Affen Schädelwachstum mit 4 Jahren abgeschlossen, beim Menschen
bis zum 20. Lebensjahr möglich;
viele Unterschiede zwischen Menschen und Affen im Genom sitzen in
Gen-Schaltern;
ein Gen zur Aktivierung des Cortex weist beim Menschen starke Mutation auf
gegenüber dem entsprechenden Affen-Gen
(TV ARTE 7.6.2013 Was Darwin noch nicht wusste)
· Rapsgenom
entschlüsselt; Raps entstand erst vor wenigen tausend Jahren aus einer
zufälligen Artkreuzung zwischen Kohl- und Ölrübsen-Formen; mit rund 101.000
Genen besitzt die Pflanze viel mehr Gene als der Mensch, der weniger als 30.000
hat; beim Raps sind viele Genomfunktionen aufgrund einer Genomverdopplung
mehrmals vorhanden
· Anders als
bisher vermutet, tragen Körperzellen des Menschen kein einheitliches Erbgut in
sich, sondern bilden Mosaike. Das könnte viele Krankheiten erklären. …
Lange schon hütet die Genetik ein kleines, schmutziges Geheimnis. Nun lässt es
sich nicht länger kaschieren. Zu groß ist es geworden. Ausgerechnet die
jüngsten Erfolge der Disziplin drohen einen ihrer zentralen Stützpfeiler
umzustürzen. Das Lehrbuchwissen, nach dem alle Körperzellen des Menschen ein
identisches Genom beherbergen, erweist sich als fundamentaler Irrtum. …
Es zeigt sich: In Wahrheit gleicht wohl keine Zelle der nächsten. …
(Unverkennbar ist mittlerweile, dass das Genom eines Menschen nicht stabil ist,
sondern sich stetig umwandelt. Bei den unzähligen Zellteilungen, die das
werdende Leben aufbauen, verändert sich die Struktur des menschlichen
Quellcodes. Bald regiert den Körper kein einheitlicher Bestand an Erbdaten
mehr, vielmehr herrscht ein Patchwork aus Zellverbänden mit diversen
Genausstattungen. Im September kam die Forscherzunft in Heidelberg zur
Bestandsaufnahme zusammen – Motto: "The mobile Genome" – das
bewegliche Erbgut.
Die ersten Facetten des Mosaiks entstehen bereits im befruchteten Ei. Schon bei
der ersten Zellteilung des Embryos kann es zu Verschiebungen, Verlusten oder
Vervielfachungen von Informationen kommen. Dann trägt dieser Mensch später in
der Hälfte seiner Körperzellen die neuen Abweichungen, nämlich in allen
Nachkommen der einen veränderten Tochterzelle des Eis. Je später in der
Entwicklung solche Mutationen auftreten – und offenbar geschieht dies andauernd
–, desto weniger Zellverbände sind schließlich im erwachsenen Körper davon
betroffen.
‚Besonders krass scheint die genomische Diversifizierung im sich entwickelnden
Gehirn vorzukommen. Die Folge: Dort herrscht buntes Chaos, auch beim gesunden
Menschen. Das Denkorgan ist ein genetischer Flickenteppich.
Mit der neuen Erkenntnislage ist die letzte Ordnungsgröße aus der Humangenetik
gewichen. …
Der Begriff Genom erweist sich als eine von vornherein klapprige Konstruktion
menschlichen Denkens. Das Erbgut eines Menschen existiert einfach nicht – der
Körper ist ein vom Zufall erzeugtes Mosaik aus vielen Genomen. "Wer bin
ich – und wenn ja, sehr viele!" könnte das Fazit in Variation von Richard
David Prechts Bestsellertitel lauten….
Wie spektakulär dieser Variantenreichtum tatsächlich ist, hat der
Neurogenetiker Fred Gage am Salk-Institute im kalifornischen La Jolla belegt.
Gages Truppe war es gelungen, die Genome von 110 einzelnen Nervenzellen aus dem
Hirn von Toten zu dechiffrieren. Sie stieß auf umfangreiche Veränderungen, auf
Verluste und Vervielfachungen von Erbinformationen, manchmal betrafen sie nur
einzelne Genbausteine, teils sogar ganze Chromosomen. Rund 40 Prozent der
Nervenzellen im gesunden Großhirn sind abnorm, resümierten die Fachleute.
Diese Schätzungen konnte der Neurogenetiker Christopher Walsh noch überbieten:
Seine Befunde legen nahe, dass jede einzelne Nervenzelle im Großhirn mehr als
1.500 unterschiedliche Mutationen beherbergt….
Was hat das alles zu bedeuten? Eines ist wahrscheinlich: Der Einfluss der
Umwelt – Sozialisation, Ernährung, Lebensstil – auf das Gehirn dürfte geringer
sein als angenommen. …
Als Erster traute sich der Neuroforscher Thomas Insel, Direktor des
amerikanischen National Institute of Mental Health, die Fachkollegen mit dem
Umsturz zu konfrontieren. Die Suche nach genetischen Ursachen für
neuropsychiatrische Krankheiten habe auf der Annahme basiert, dass jede
Körperzelle das gleiche Erbmaterial besitze, schrieb Insel im Fachblatt
Molecular Psychiatry. "Diese Annahme ist falsch." Vorerst herrscht
Ratlosigkeit angesichts der unerwarteten Vielfalt im Gencode. Man stehe, hält
der Neuroforscher fest, "vor der dunklen Materie der Genetik". …
(Die Zeit 15.10.15 S.39 - http://www.zeit.de/2015/42/genetik-krankheiten-zellen-genom-erbgut/komplettansicht
)
· Nur ein Gen
ist verändert, und schon drehen die Labortiere durch? Ein überraschendes
Experiment gewährt Einblick in die Werkstatt der Natur.
Feng forscht am Massachusetts Institute of Technology (MIT). Sein
eigentliches Interesse gilt dabei dem Autismus, der Schizophrenie und anderen
psychiatrischen Erkrankungen. Deshalb hatte er bei seinen Versuchsmäusen ein
Gen namens Shank3 verändert. Es liefert den Code für ein Protein, das die
Kommunikation an Synapsen, den Kontaktstellen der Nervenzellen, organisiert.
Mit anderen Worten: Shank3 überwacht das Gespräch der Neuronen.
Menschen, denen dieses Gen fehlt, entwickeln eine schwere Form von Autismus.
Eine ganz bestimmte, sehr seltene Mutation von Shank3 dagegen scheint zu
Schizophrenie zu führen. Feng wollte wissen, wie sich dieser spezielle Defekt
auf das Verhalten von Versuchsmäusen auswirkt. …
Nichts aber war so befremdlich wie die Barbiermäuse. Wie war es möglich, dass
ein so komplexes Verhalten entsteht, durch die bloße Amputation eines einzelnen
Synapsengens?
Eine erschöpfende Antwort auf diese Frage gibt es noch nicht. Nur so viel ist
sicher: Unter Mäusen in Käfighaltung bildet sich normalerweise rasch eine klare
soziale Hierarchie heraus. Das dominante Tier zeigt dabei seine herausgehobene
Stellung, indem es seinen Käfiggenossen die Schnurrhaare stutzt.
Auch bei den Shank3-manipulierten Mäusen, sagt Feng, sei die Rasur Ausdruck
eines Dominanzverhaltens – nur dass das Stutzen der Schnurrhaare hier bis zur
Vollrasur gesteigert ist. Genau so, indem im Repertoire vorhandene Verhaltensweisen
modifiziert werden, funktioniere Evolution. …
Evolutionsbiologen an der amerikanischen Harvard University wiederum
identifizierten einen DNA-Abschnitt, der festlegt, ob Weißfußmäuse ihre Baue
mit einem Notausgang ausstatten.
Feng ist überzeugt davon, dass solche Gene Stellschrauben darstellen, mittels
deren die Natur im Laufe der Evolution das Verhalten von Tieren verändern kann.
Eine leicht gesteigerte Angst vor Fressfeinden zum Beispiel weckt in der Maus
unwillkürlich die Idee, einen Hinterausgang für ihren Bau zu buddeln. Und
gesteigertes Dominanzverhalten verleitet sie zum Barbieren.
(Der Spiegel 41-2015 S.114)
· Der
amerikanische Genforscher George Church verfolgt einen abenteuerlichen Plan: Er
will Gene von Mammuts ins Erbgut von Elefanten einpflanzen - und die
Designer-Tiere dann in einem sibirischen Eiszeitpark ansiedeln. …
Und nun möchte George Church das Mammut wiederauferstehen lassen. Mit der
Arbeit daran, sagt er, habe er bereits begonnen. Noch sei es zu früh
vorherzusagen, wie lange es dauern wird. "Wenn wirklich alles klappt, ist
es nicht ausgeschlossen, unser Ziel innerhalb von vier Jahren zu
erreichen", so der Forscher.
Das Wort "unmöglich", sagt Church, tauche in seinem Wortschatz nicht
auf. Die Erfahrung hat ihn gelehrt, dass in seinem Forschungsfeld, der Genomik,
selbst die kühnsten Prognosen von der Wirklichkeit übertroffen werden. 2,7
Milliarden Dollar und 13 Jahre Forschung waren nötig, um das erste menschliche
Genom zu entziffern. Heute, nur zwölf Jahre später, geht das an einem
Nachmittag zum Preis von nicht einmal 1000 Dollar. Es ist wenig erstaunlich,
dass ein solches Tempo die Fantasie beflügeln kann.
Für welche dieser Spezies aber sollte sich Church entscheiden? Er war auf der
Suche nach einem ausgestorbenen Tier, dessen lebende Verwandte ihm zwar
ähnlich, aber nicht zu ähnlich sein sollten. Es sollte sich nicht um ein
Raubtier handeln ("Sie wissen ja, ,Jurassic Park'"), und, ganz
wichtig: Charisma sollte der Idealkandidat für die Wiedergeburt haben.
Die Wahl fiel Church nicht schwer. Denn welche Tierart hätte besser seinem
Wunschprofil entsprechen können als das Wollhaarmammut? Mit dem Asiatischen
Elefanten hat es einen lebenden Verwandten, von dem es nur sechs Millionen
Jahre Evolution trennen - ein Zeitraum, den Church mit gentechnischen Mitteln
durchaus überbrücken zu können glaubt. Das dichte Fell, der markant gewölbte
Kopf und die mächtigen, geschwungenen Stoßzähne geben dem Mammut zudem eine
höchst eigene und durchaus charismatische Erscheinung. …
Seit vielen Jahren schon lockt die Vision, die pelzigen Rüsseltiere
wiederauferstehen zu lassen, Abenteurer ins entlegene Jakutien in Ostsibirien.
Denn dort bestehen besonders gute Aussichten, wohlerhaltene Mammutkadaver im
Permafrost zu finden.
Der 86-jährige Reproduktionsmediziner Akira Iritani etwa mag die Hoffnung nicht
aufgeben, in den Geschlechtsteilen der Tiere noch funktionstüchtige Spermien zu
finden. Mit diesen will der Japaner dann Elefanten-Eizellen befruchten, um so
einen Mammutmischling zu zeugen.
Im März 2012 bekam Iritani Gesellschaft von dem Südkoreaner Hwang Woo Suk. Vor
neun Jahren hatte dieser noch als Fälscher die Welt empört - er gab vor,
menschliche embryonale Stammzellen geklont zu haben. Jetzt verkündete er,
Zellkerne aus eiszeitlichen Kadavern zur Herstellung von Mammutklonen nutzen zu
wollen.
In Fachkreisen gelten solche Ankündigungen als Fantastereien. Denn
tiefgefrorenes Erbgut mag zwar auch nach 10 oder gar 20 Jahren im Eisfach zur
Zeugung von Leben taugen, doch hier geht es um eine tausendfach längere
Zeitspanne. Es gilt als wenig wahrscheinlich, dass irgendwo DNA-Moleküle so
lange überdauert haben könnten, ohne in Zigtausende Schnipsel zerhäckselt zu
werden. Für Klonexperimente ist das bisher in Mammutkadavern gefundene
Erbgut-Ragout jedenfalls ungeeignet.
Church entschied sich deshalb für ein anderes Verfahren: Er will Mammuts selbst
herstellen, indem er das Erbgut von Elefanten entsprechend modifiziert. Zwar
würden so keine vollwertigen Mammuts entstehen, doch immerhin Kreaturen, die
diesen ähnlich sind: mammutisierte Elefanten. …
All das klingt kühn, geradezu vermessen. Doch Church denkt noch weiter. Seien
erst einmal Embryonen seiner Designer-Mammuts entstanden, bestehe zwar die
Möglichkeit, diese dann Elefantenweibchen einzupflanzen. Vor diesem Schritt
jedoch schreckt Church zurück. Er fürchtet Proteste, wenn er die Tiere als
Leihmütter missbraucht. Deshalb will er seine Wollhaarelefanten im Labor
aufziehen - in künstlichen Gebärmüttern, welche die heranwachsenden Föten mit
allen notwendigen Nährstoffen versorgen sollen. Die Technik, beteuert Church,
sei bereits weit fortgeschritten. …
(Der Spiegel 4-2015 S.116 - )
· Synthetische
Biologie „Das Leben bahnt sich seinen Weg"
Der Biologe Andreas Weber und die Physikerin Petra Schwille streiten über das
Risiko, künstliche Organismen zu erschaffen
Kann es künstliches Leben geben? Wie Ingenieure wollen Forscher mithilfe von
DNA-Bausteinen nützliche Bakterien, Pflanzen und Tiere konstruieren,
Synthetische Biologie nennt sich das Metier. Die Hoffnung richtet sich auf
Mikroorganismen, die Kraftstoffe oder Medikamente erzeugen, auf gezüchtete
Organe, sogar eine künstliche Fotosynthese. Die Befürchtungen gelten
unvorhersehbaren Risiken und ethischen Grenzen: Dürfen Menschen so tief in die
Schöpfung eingreifen? Hinter der Kontroverse steht die fundamentale Frage nach
den Gesetzen des Lebens. Darüber debattieren zwei Naturwissenschaftler aus
gegensätzlichen Perspektiven: Die Physikerin Petra Schwille sucht im Labor mit
"SynBio"-Methoden nach dem Ursprung des Lebens. Der Biologe und
Philosoph Andreas Weber verteidigt die Eigenwilligkeit aller Lebewesen. …
ZEIT: Meinen Sie tatsächlich, Pflanzen, selbst Mikroorganismen hätten einen
eigenen Drang, quasi Pläne?
Schwille: Wenn ich sie beobachte, dann frage ich mich immer: Wo will das
eigentlich hin? Ein Philosoph würde mich jetzt wahrscheinlich verprügeln ...
Weber: Im Gegenteil, ich gehe noch deutlich weiter, und ich bin auch Philosoph!
Schwille: Nun, eigentlich ist der Begriff Intention ja für bewusstes, also
menschliches Leben reserviert. Aber mich fasziniert, dass man doch sagt: Auch
Krankheitserreger wollen etwas. Sie wollen sich fortpflanzen, sie wollen sich
ausbreiten.
Weber: Für mich gibt es diese Intentionalität, und der Begriff beschreibt genau
den Epochenbruch. Die gängige bioökonomische Megawissenschaft verwendet eine
Perspektive des Toten, um Prozesse des Lebens zu analysieren. Das neue
biologische Denken hingegen besagt: Es gibt eine Form der Selbstbehauptung, die
wir ernst nehmen müssen, um Lebendigkeit zu verstehen. …
ZEIT: Sie wollen also Adam und Eva finden?
Schwille: Genau, die Frage ist: Wie sehen die aus? Und ja: Zellen haben mich so
oft überrascht, dass ich inzwischen aufgehört habe, sie als komplexes Ganzes zu
erforschen. Stattdessen versuche ich, ein extrem einfaches biologisches System
zu schaffen. Eines, das mich überrascht, indem es erstmals etwas tut, was ich
nicht selbst angelegt habe. …
Aber wie definieren Sie eigentlich Leben?
Schwille: Da gibt es ja viele Annäherungen, und dennoch ist keine vollständig.
Es muss einen Stoffwechsel geben, Reproduktion, Reizbarkeit oder dieses
Kriterium, das mir Kopfzerbrechen gemacht hat: Evolvierbarkeit, also die
Fähigkeit von Lebewesen, durch Veränderung ihrer Gene ihre äußeren Merkmale und
damit ihre Fitness im Überlebenskampf zu verändern. Vielleicht steckt ja genau
hier diese geheimnisvolle Intentionalität ...
Weber: Für mich ist Leben der ständige Prozess, eine Identität herzustellen.
Ein Lebewesen, schon eine einfache Zelle, tut vor allem eines: ihre körperliche
Ganzheit beständig zu erneuern. Zunächst, indem die Zelle eine Membran um das
bildet, was somit das Selbst ist. Das ist Intentionalität in Aktion ...
Schwille: … Dabei ist die erste Möglichkeit, Identität herzustellen, die
physikalische Abgrenzung. So wie einst jene gegenüber dem Wasser bei der
Entstehung des Lebens.
Weber: Allerdings würde ich betonen, dass die Scheidung von Innen und Außen
aktiv geleistet wird. Angesichts der dramatischen Situation des Lebens auf
dieser Erde wird es Zeit, anzuerkennen: Leben heißt, dass der Stoff ein
Interesse gewinnt. …
Weber: Natürlich erzielt man Ergebnisse. Man wird nur leicht unvorsichtig oder
größenwahnsinnig, wenn man öffentlich suggeriert, man habe im Prinzip alles
verstanden.
Schwille: Das behauptet doch kaum noch jemand.
ZEIT: Aber wie riskant ist diese Ungewissheit?
Schwille: Wissen Sie, ich bin ein großer Fan des Films Jurassic Park. In einer
meiner Lieblingsszenen sagt da Jeff Goldblum als einer der Forscher, die die
wieder erschaffenen Saurier vorgeführt bekommen: "Das Leben bahnt sich
seinen Weg." Egal, was man in die Welt setzt: Was lebt, ist nicht
vollständig regierbar. Das kennt man doch von seinen Kindern!
Schwille: Leben ist gefährlich. Das macht es doch so faszinierend. Es ist eben
nicht vorhersehbar. Es hat seinen eigenen Kopf.
Weber: Für die Synthetische Biologie bedeutet diese Erkenntnis: Die Gefahr
liegt nicht darin, dass etwas geändert wird, sondern in der Illusion, man
könnte diese Änderung kontrollieren.
Schwille: Genau.
Weber: So wird es aber nicht gesagt.
Schwille: Weil diese Risiken so groß nicht sind und man sie auch im Verhältnis
zu den Dingen sehen muss, die man schon tut. Kein Mensch verliert ein Wort über
konventionelle Pflanzenzüchtung, dabei kann sie genauso gefährlich sein. …
Schwille: Mir fehlt immer noch der Beweis dafür, dass die direkte
Genmanipulation tatsächlich schädlich ist.
Weber: Ökologische Folgen sind doch beispielsweise bei den Pestizidresistenzen
sichtbar geworden. Kein Wunder: Wenn man wie die Gentechnikforscher Wesen als kontrollierbare
Maschinen betrachtet, verkennt man die Kreativität der Pflanzen. Dann wird man
unfreiwillig Superunkräuter kreieren – und muss am Ende erst recht
Vernichtungswaffen gegen sie auffahren. Ich setze etwas im besten Glauben in
die Welt, aber es wird sich nach seinen eigenen Regeln bewahrheiten. …
Schwille: Es ist ja genau das Spannende an der Biologie, dass sie intrinsisch
nicht vorhersehbar ist! Sie wird nie präzise steuerbar sein wie technische
Systeme. Aber, und jetzt kommt unser Dissens: Kontrollierbar, das ist sie
schon. Ich sehe in der Synthetischen Biologie schon große Chancen. …
ZEIT: Statt unbekannte Risiken einzugehen, könnten wir zum Beispiel materiell
bescheidener leben.
Schwille: Wir müssen jedenfalls mal definieren, was wir wollen! Im Moment rollt
das Ding immer schneller, und wir helfen auch noch nach. Dabei ist Synthetische
Biologie nur das allerkleinste Rädchen. Die eigentliche Beschleunigung und
Steigerung der Komplexität auf allen Ebenen rührt viel eher aus den
Informationswissenschaften. Auch dabei wird die Frage nicht gestellt, weder in
der Wissenschaft noch in der Politik: Was wollen wir denn? Wir müssen
entscheiden, was das gute Leben ist.
Weber: Da haben wir als Biologen, und umso mehr als philosophische Biologen,
viel beizutragen. Wenn wir das Leben nicht mehr als Maschine verstehen, sondern
als Schöpfungsgeschehen, dann wäre das Ziel, dass sich verschiedene
Lebensentwürfe miteinander maximal entfalten können. Oder, wie der Theoretiker
des Konstruktivismus, Heinz von Foerster, formuliert hat: Handle so, dass sich
die Möglichkeiten vermehren. Dass Leben sei. …
(Die Zeit 25.2.2016 S.33 http://www.zeit.de/2016/10/synthetische-biologie-kuenstliches-leben/komplettansicht
)
· Genetik: Das
Wesen des Lebens
Ein Team um den Biotech-Pionier Craig Venter hat ein Bakterium mit dem
kleinstmöglichen Erbgut fabriziert. Die Minimalmikrobe markiert den Beginn
eines Zeitalters, in dem der Mensch die Kreatur von Grund auf neu erschaffen
wird.
schon 2010 hatten sie das vollständige Erbgut eines schlichten Bakteriums
namens Mycoplasma mycoides synthetisiert und in die Hülle einer anderen Mikrobe
transplantiert. Es war ihnen gelungen, dieses Konstrukt zum Leben zu erwecken …
nun in „Science“ Vollzug melden: „Syn3.0“ nennen sie ihre jüngste, aufs pure
Überleben reduzierte Laborkreatur. Nur 561560 DNA-Buchstaben umfasst ihr Erbgut
und damit weniger als dasjenige jedes anderen eigenständig lebenden Organismus
auf Erden …
mit insgesamt 473 Genen mussten sie ihre mikrobielle Kreatur ausstatten … bei
149 davon ist die genaue Funktion unbekannt …
„Syn3.0“ teilt sich ein Mal alle drei Stunden …
(DER SPIEGEL 26.03.2016 https://magazin.spiegel.de/SP/2016/13/143811255/index.html
)
· Allein in
der Biomedizin gibt es heute geschätzt 9.000 englischsprachige
Fachzeitschriften. Hier veröffentlichen Forscher im Jahr rund 800.000 Artikel.
(Die Zeit 23.6.2016 S.329f. http://www.zeit.de/2016/27/emmanuelle-charpentier-crispr-gentechnik/komplettansicht
) „Wir haben ein magisches Rezept“
Der nordirische Genetiker Stephen Kingsmore erklärt, wie er mithilfe von Turbo-
Erbgutanalysen schwerkranke Neugeborene rettet, die an rätselhaften Gendefekten
leiden.
Eintrag in das Guinessbuch der Rekorde –Sie haben das komplette Genom eines
Kindes in nur 26 Stunden sequenziert …
das Sequenzieren eines Genoms dauert (billigste Variante) ungefähr drei Monate
und kostet derzeit etwa tausend Dollar …
es gibt ungefähr 8000 rezessive Erbleiden, von denen nur 4500 bereits einen
wissenschaftlichen Namen haben …
ein bis zwei Prozent aller Kinder, die auf die Welt kommen, haben ein
rezessives Erbleiden … diese Zahl bezieht sich nur auf geistige Behinderungen,
wenn man sämtliche genetischen Erkrankungen mitzählt, geht der Anteil hoch auf
vier Prozent …
wir kennen allein rund 2000 unterschiedliche Mutationen, die Mukoviszidose
verursachen können …
(Der Spiegel 47-2016 S.120 https://magazin.spiegel.de/SP/2016/47/148008223/index.html
)
·
Der Mensch hat mehr als 100.000 Gene. Die Genetiker waren sich lange
Zeit sicher: 100.000 mussten es schon sein. 120.000 wurden im Jahr 2000 in
Nature geschätzt. Im Internet wurde gewettet, jemand setzte da auf 153.000 Gene
im Erbgut des Menschen. Schließlich zählt schon die einfache Bäckerhefe fast
6000. Dann begannen die Forscher genau hinzusehen. Am 12. Februar 2001 legte
das internationale Humangenomprojekt seine erste offizielle Schätzung vor:
30.000 bis 40.000, höchstens! Im Oktober 2004 waren es nur noch | maximal
25.000. Zum Vergleich: So viele Gene besitzt auch die Ackerschmalwand. Mensch
und Kraut auf Augenhöhe? Die Genetik bietet Beleidigten einen Ausweg. Auf die
Zahl der Gene kommt es gar nicht an – sondern darauf, was man damit macht, wie
die Produkte der Gene kombiniert und verfeinert werden. Neueste Studien
korrigieren die alten Schätzungen übrigens weiter nach unten. Jetzt sind kaum
mehr als 20000 übrig.
(Die Zeit 4.5.17 S.31ff.)
·
Wie kam die Giraffe zu ihrem langen Hals? Indem sie angestrengt
ihren Kopf gen Blätterdach reckte, den Hals dadurch wachsen ließ und diese
Anpassung an ihre Nachkommen weitergab? Das dachte der große Biologe und
Darwin-Vorgänger Jean-Baptiste Lamarck. Seine Evolutionstheorie gilt als
Beispiel für wissenschaftlichen Irrtum, millionenfach dokumentiert in
Schulbüchern rund um den Globus. Denn recht hatte Darwin: Evolution
funktioniert nicht über die gezielte Veränderung bestimmter Eigenschaften,
sondern per Zufall und Auswahl. Wars das? – Nach der Jahrtausendwende
entdeckten Forscher den Einfluss von »Schaltern«, die einen Genabschnitt
aktivieren oder deaktivieren. Welchen, das hängt von den Umwelteinflüssen ab.
Die Epigenetik war geboren. Mit ihr wurde Jean-Baptiste Lamarcks
Evolutionslehre zwar nicht rehabilitiert. Aber so unrecht, wie es die Biologie-Lehrbücher
glauben machen wollten, hatte er auch nicht. Immerhin.
(Die Zeit 4.5.17 S.31ff.)
·
Alle Baupläne für die unzähligen Eiweiße des Körpers stecken in
Genen. Diese stellen den wichtigen Teil unseres Genoms dar. Der Rest besteht
aus uralten genetischen Parasiten, die sich vor Jahrmillionen in die
Erbmoleküle unserer evolutionären Vorfahren eingeschlichen haben, oder einfach
nur aus sinnlosem Datenmüll. So dachten Forscher noch Ende der 1990er Jahre.
Dann begann das Genomics-Zeitalter und bescherte ihnen neue Einsichten. Zum
Beispiel, dass es Gene gibt, in denen keine Bauanleitungen enthalten sind,
sondern eine Art Produktionssoftware für die Proteine. Schließlich stellte sich
heraus, dass im Erbgut auch Steuermodule für Gene vorhanden sind – sie allein beanspruchen
ein Fünftel der gesamten DNA. Tatsächlich ist ein großer Teil des Genoms
bedeutsam; von Schrott-DNA mag heute niemand mehr sprechen.
(Die Zeit 4.5.17 S.31ff.)
·
·
Q:
Gentechnik, Bayerisches Umweltministerium 1/94
- neue Dimension der Gentechnik:
A) es können einzelne genetisch bedingte Eigenschaften übertragen werden (bei
herkömmlicher Züchtung stets gesamtes elterliches Genom, gezielte
Neukonstruktion)
B) die Übertragung kann auch über Artgrenzen hinweg erfolgen (Ressource ist
genetische Information aller Organismen, natürliche Artgrenzen /
Befruchtungsbarrieren haben Bedeutung verloren)
[C) Beschleunigung: Zeitaufwand für Zuchtverfahren wird erheblich vermindert;
bessere Kontrollierbarkeit, z.B. Auswahl gewünschter Eigenschaften schon in
frühen Entwicklungsstadien; Zielausrichtung evolutionärer Prozesse]
- Erbinformation:
escherichia coli: 4,2 Mill. Basenpaare
Mensch : 3,3 Mrd. Basenpaare
Weizen : 17 Mrd.
Basenpaare
- Proteine als Bausteine und Werkzeuge der Zelle: Strukturproteine (Haare,
Nägel), Enzyme als Biokatalysatoren, Antikörper, Transportproteine
(Hämoglobin), Hormone
- bei Bakterien Übertragung von Genen von einer Art auf die andere in der
Natur:
a) Konjugation (Zusammenlagern zweier Bakterienzellen, Plasmid wandert über
Brücke; z.B. Träger einer Resistenz)
b) Transduktion (Phagen = Viren übertragen ihre DNA in die der Bakterienzelle;
in best. Fällen wird Phagen-DNA wieder selbständig, "aus Versehen"
angrenzende Bereiche der Bakterien-DNA mit "eingepackt", bei nächster
Infektion Übertragung)
c) Transformation (bestimmte Bakterienarten können freie DNA durch ihre
Zellwand aufnehmen)
- Plasmide als Vektoren:
* verändert, sodaß sie sich nicht mehr selbständig auf andere Zellen ausbreiten
können, und daß sie sich stark in ihrer Zelle vermehren; Marker eingebaut, an
denen sie erkannt werden können (Z.B. Antibiotikaresistenz)
- Restriktionsenzyme als molekulare Scheren (zerschneiden eigentlich Fremd-DNA
zur "Verdauung"), mit deren Hilfe DNA in definierte kleinere
Bruchstücke zerlegt wird
- gentechnische Ziele in der Pflanzenzüchtung: Ertragssteigerung,
Qualitätsverbesserung, Anpassung an Standort- und Haltungsbedingungen,
verminderte Anfälligkeit gegen Krankheiten
* Pflanzengesundheit verbessern: Widerstandskraft - Resistenzen gegen
Schädlinge, gegen Stressfaktoren wie Hitze, Trockenheit, salzige und saure
Böden
[* Ertragssteigerung
* Ernährungs- und Verarbeitungsqualität
* Anbau-Eigenschaften]
- Krebsmaus: genetisch so verändert, daß sie mit großer Wahrscheinlichkeit
Krebs entwickelt; patentiert
- rBST (Hormon : rekombinantes bovines Somatropin)
zur Steigerung der Milchproduktion bei Kühen, wirkt streng artspezifisch;
[FORUM 46 S.21: Leistungssteigerung 10-30 %, Auswirkungen auf Milchmarkt, Agrarstruktur,
Tiergesundheit, Milchqualität, Verbraucherakzeptanz ?, S 31: etwa 15% der
Milchkühe in den USA erhalten Injektionen mit diesem Hormon, 50% des USA-Käses
sollen aus rBST-Milch hergestellt sein, Gelenkerkrankungen, Euterentzündungen,
Zusammensetzung der Milch geändert?]
angesichts der Überschußproduktion in Europa notwendig?
- Flavr Savr - Tomate [FORUM 46 S.32]
* "Aroma-Retter"
* in der reifen Frucht werden „ätherische Öle, Geruchs- und Geschmacksstoffe
gebildet, das Gewebe wird weicher, da das Enzym Galacturonidase das Pektin der
Zellwände abzubauen beginnt, das Gen zur Produktion dieses Enzyms wurde
blockiert, Kanamycin-(Antibiotikum)-Resistenz-Gen zusätzlich drin zur Kontrolle
- Produktion menschlicher Proteine durch transgene Tiere angestrebt:
transferiertes Gen wird mit Kontrollregion versehen, damit das Protein
aussschließlich in der Milchdrüse produziert und in die Milch abgegeben wird
- Lebensmittelproduktion:
a) gentechnisch hergestellte Zusatzstoffe:
Enzyme pflanzlichen und tierischen Ursprungs werden von Mikroorganismen
erzeugt; M. werden getötet, aufwendige Reinigung: keien Rückstände im Produkt,
das naturidentisch ist (z.B. Labferment Chymosin ursprünglich aus Kälbermagen
gewonnen als Milchgerinnungsmittel in der Käseherstellung)
b) Fermentationsorganismen
verbleiben im Produkt, werden mit verzehrt
- Gentechnik-Gesetz hat
Schutzzweck (Menschen, Tiere, Pflanzen, Sachgüter, Umwelt)
Förderzweck
Das Gentechnikgesetz gilt für gentechnische Anlagen, gentechnische Arbeiten,
die Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen und das
Inverkehrbringen von Produkten, die gentechnisch veränderte Organismen
enthalten oder aus solchen bestehen
- Haftungregelungen GenTG:
Betreiber ist verpflichtet, Schaden zu ersetzen, auf 160 Mill. DM beschränkt
- Sicherheitsstufen:
S1 : kein Risiko
S2 : geringes Risiko
S3 : mäßiges Risiko
S4 : hohes Risiko oder begründeter Verdacht
·
Q:
Vortrag Borgwardt / SMU Chemnitz 26.3.96
- Dr. Herbert Borgwardt, Windmühlenstr.43, 01257 Dresden, Tel.d. 0351/5642152
p.0351/2840050
- Gentechnik-Gesetz 1.7.90
- Novellierung ("auf Druck der Industrie") 16.12.93;
Vereinfachungen:
* Fristverkürzungen (S1 1 Monat, max. 3 Monate)
* Anmeldung statt Genehmigung bei gewerblichen S1-Verfahren
* Wegfall des Erörterungstermins bei Freisetzungen [Einwendungen der
Öffentlichkeit sind trotzdem möglich]
- Freisetzungsversuche Sachsen:
* Gaußig bei Bautzen ("großer Sturm"); Bockelwitz zwischen Mügeln und
Leisnig an der Autobahn (dort kein Interesse der Bevölkerung)
* agrevo schickt Antragsunterlagen an Robert-Koch-Inst., SMU, Landesamt f.U+G
* SMU hat Acker besichtigt (Landschaftsschutzgebiet), Eigentumsverhältnisse
überprüft (Umkreis 2 km "betroffen"?), Bodengutachten,
Pflanzenpopulationen erfaßt
* vereinfachtes Genehmigungsverfahren, d.h. anderswo in Europa gleiche Versuche
schon gelaufen
* Raps, Zuckerrüben, Mais;
agrevo Resistenz BASTA; MONSANTO (?) eigenes Totalherbizid
- "mit ein bis zwei Ernten ist alles wieder rein, was in die Forschung
gesteckt wurde"
- auf Frage, ob vor Ort geprüft wird, ob auch so gearbeitet wird, wie's im
Antrag steht:
* ... das können wir in Sachsen nicht
* wir sehen uns die Unterlagen genau an
* Vertrauen: a) Genehmigung für andere Versuche würde der Betreiber sicher auch
erhalten, warum also illegal?; b) veränderter Versuch mit Gefängnis bedroht,
also hohes Risiko...
·
Q:
TV "Herren der Schöpfung" 25.3.93
- GVO = gentechnisch veränderte Organismen
- "grüne Genforschung": Pflanzen
- "rote Genforschung": Tiere
- transgene Tiere, Pflanzen: fremde Erbanlagen eingebaut
- transgene Tiere: menschl. Erbanlage in befruchtete tierische Eizelle
- Schafe sollen Blutgerinnungsfaktor VIII produzieren, Mäuse können das schon
- eine manipulierte Kuh könnte den deutschen Bedarf an Faktor VIII decken
- Riesenschweine USA: menschl. Wachstumsgen eingesetzt
·
Q:
Der Mensch: Geschöpf oder Schöpfer?, VELKD-Texte 41/1991
- Chimären: Mischwesen, aus Zellen verschiedener Herkunft werden Protoplasten
hergestellt und dann miteinander fusioniert (Tomoffel, Schiege, Schaf-Rind
bereits gelungen)
- Bakterium "Agrobakterium tumefaciens" wird verwendet, um fremde
Gene in Pflanzen einzuführen: befällt verletzte Wurzelzellen und schleust Teile
seiner DNA (Ti-DNA = tumor-induzierende DNA) in die Pflanzenzelle ein, bewirkt
a) Produktion bestimmter für die Bakterie wichtige Substanzen (Aminosäuren, die
sie selbst nicht herstellen kann) und b) starke tumorartige Vermehrung der
befallenen Zellen (Wurzelhalsgalle), zur Einschleusung flankierende
DNA-Abschnitte nötig, jedes beliebige Gen läßt sich schleusen, wenn es von
diesen flankierenden Sequenzen eingerahmt ist (TI-Plasmid als Vektor), bisher
nur bei zweikeimblättrigen Pflanzen erfolgreich
- Erfolgsrate der Einschleusung von Fremdgenen per Mikroinjektion in
befruchtete Eizellen (Beispiel eines Versuchs 1987 mit Rindern): 1161
Injektionen, 126 Kälber, 7 neue DNA eingebaut, 1 Tier Information genutzt
·
Q:
taz 19.7.95
- in Deutschland werden Lebensmittel mit gentechnisch manipulierten Enzymen
hergestellt (keine Kennzeichnungspflicht); Käse, der mit einem gentechn.
gewonnenen Enzym hergestellt wurde, könne hier gekauft werden
·
Q:
Öko-Mitteilungen Freiburg 3/94 S. 4ff.
- rBST der Firma MONSANTO (USA) darf seit Februar in USA injiziert werden, 15%
der Milchkühe bekommen die Hormonspritze
- transgene Organismen (Bakterien, Hefen oder Pilze) erzeugen Enzym Chymosin
zur industriellen Käsebereitung: Marktanteil USA 50%, Großbritannien, Italien
20 %
- Novo Nordisk (Dänemark) liefert auch nach Deutschland ein Enzym (Novamyl),
das Backmischungen beigemengt wird, um das Altbacken-werden zu verzögern
·
-
Kontrolle kompliziert; 100%ige Reinigung nicht möglich - Bruchstücke der
Organismen und ihrer DNA in den Produkten;
kritische Wissenschaftler befürchten z.B. Zunahme von Allergien, Veränderung
von Inhaltsstoffen, Nährwerten und Verdaulichkeit, Ausbreitung von resistenten
Krankheitserregerbild der wissenschaft 6/98 S.12: Akzeptanzstudie Gentechnik
* 74 % setzen große Hoffnungen auf medizinische und pharmazeutische Anwendungen
* 76 % lehnen Veränderung von Lebensmitteln oder Nutzpflanzen ab
* Akzeptanz lässt sich nicht durch Wissen erzeugen
* Menschen mit höherer Bildung eher kritisch eingestellt
* nicht Wissen gaben die Befragten als Meßlatte an, sondern vor allem
moralische und ethische Maßstäbe
·
Dtsch.
Ärzteblatt 12/98 S.A-645
Biotechnologie Marktvolumen Europa Mrd DM 1995: 79; 2005 297, davon
Agrar 119 Mrd DM, Ernährung 69, Gesundheit und Pharma 63, Chemikalien 24,
Materialien 14, Umwelt 8
·
GID
124 2/98 S.4
- Gentech-Chymosin für Käseherstellung wird jetzt auch in Deutschland produziert;
Einsatz bereite
seit März 1997 zugelassen
- jede dritte Kuh in USA mit rBST behandelt, Milchleistung 10-15% steigern
·
Journal
für Deutschland 2/3 - 96 S.11
EMNID-Umfrage Jugendliche;
Zukunftstechnologien PRO: 92% Solarenergie, 29% Kernenergie, 14% gentechn.
Veränderte Lebensmittel, Gentechnik gesamt 2/3 als Risiko begriffen - 37% als
Chance
·
lumineszierender
Tabak: Gen einer Meeresqualle übertragen; alle Tabakzellen bilden nun das
Eiweiß Aequuorin, das einen bläulichen Lichtblitz aussendet, wenn es mit
Ca-Ionen in Kontakt kommt
(GEO 11/99 S.113)
·
Geburtsjahr
der Gentechnik 1973: erstmals gelungen, ein Gen aus einem Organismus
herauszuschneiden und in einen anderen einzufügen;
·
eine
bestimmte Art Chromosom im Bakterium, ein Plasmid, wird aufgeschnitten, das Gen
eines anderen Organismus wird an den Schnittstellen eingeklebt; die
neu-kombinierte DNA kann in eine Wirtszelle, etwa in Bakterien, Hefen,
Insekten- oder Säugerzellen eingeführt werden, diese produzieren nun das
Fremdprotein, dessen Bauanleitung in dem eingefügten Gen niedergeschrieben ist,
in großen Mengen
·
praktische
Hilfmittel wie „Text-Schneider“ und „Text-Kleber“, Restriktionsenzyme und
DNA-Ligasen;
Textschneider erkennen spezifische Buchstabenfolge und trennen Moleküle dort
auf, etwa 400 Scheren bekannt;
Ligasen können ein Textfragment mit einem anderen verbinden, Ursprung völlig
gleichgültig, Textschnipsel aus der Bibel mit einem Satz aus der
Steuererklärung...
(VFA Gentechnik)
·
Abfolge
von über drei Mrd. Chemischer Buchstaben, die sich in den 23 menschlichen
Chromosomen aneinander reihen
·
jedes
Gen enthält den Befehl, irgendein Eiweiß zu bauen, das im Körper irgendeine
Funktion hat;
in einigen Zellen sind 40000 Gene gleichzeitig aktiv, und jedes kann auf jedes
andere einwirken;
·
Maus
namens Lucy ist seit Oktober 1999 das erste Säugetier mit einem künstlichen
Chromosom
(durch Einbau neuer Gene in eigene zusätzliche Chromosomen, die auch vererbt
werden, wäre die Gefahr des Einbaus an falschen oder schädlichen Stellen zu
vermeiden
(Spiegel 15/2000 S.172ff)
·
Kaninchen
und Mäuse mit Leuchtgen einer Qualle; leuchten im „Schwarzlicht“ grün;
als Kunstobjekt vorgesehen
(Spiegel 26/2000 S.114)
·
Emnid-Umfrage
Deutschland September 2000:
34% positiv zu Gentechnik in Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion
64% positiv zu G. in Medizin und Pharmazie;
für den Verbraucher müsse die Frage nach dem konkreten Nutzen eindeutig
beantwortet werden; Grund für die eher geringe Akzeptanz sei vor allem „
mangelnde Information über Auswirkungen“ und „fehlendes Vertrauen in die
handelnden Akteure“
GID 142 10-11/2000 S.40; epd-Wochenspiegel Ost 38/2000 S.11
·
Gensprung
vom gentechnisch veränderten Mais zum Hähnchen; Bt-Mais gefüttert, nach der
Schlachtung in Organen und Muskelfleisch typische Sequenzen der Mais-DNA
gefunden
(GID 143 S.26)
·
40-50%
der Lebensmittelenzyme von GVO produziert; fast 100% bei der enzymatischen
Stärkeverzuckerung(Das Parlament 11/2001 S.8)
·
Gatersleben
bei Magdeburg: Spinnengen in Tabakpflanzen eingeschleust;
Ziel: extrem reißfestes Synthetikgarn;
kanadische Forscher hatte das verantwortliche Gen schon früher isoliert und in
die Milchdrüsen von Ziegen eingebaut; Chemiekonzern DuPont experimentiert mit
Bakterien und Hefe, in deren Zellen das Spinnensekret heranreifen soll
(Spiegel 14/01 S.188)
·
Nanopartikel
als Gentaxi, Genfähre; kleinste Silikapartikel, auf die sich DNA aufrollen
lässt wie Spaghetti; schmuggelten bei Ratten DNA erfolgreich ins Zellinnere
(Die Zeit 21.2.02 S.33)
·
Mais,
der ein Speichereiweiß produziert, das besonders viel von der lebensnotwendigen
Aminosäure Methionin enthält; Forscher suchten die Stelle im Erbgut, die den
Bauplan für dieses Eiweiß enthält, und veränderte die Signalsequenzen in den
Erbgutregionen daneben; der Mais produziert dasselbe Eiweiß wie vorher – aber
wir haben sozusagen die Regler etwas aufgedreht, sodass er mehr davon herstellt
(Der Spiegel 26/02 S.167)
·
Sicherheitsmaengel
bei Chloroplastentransformationen: Gene springen in den Zellkern
Die Wissenschaftler Chung, Ayliffe und Timmis haben untersucht, wie stabil
Fremd-Gene im Chlorplasten verbleiben. Chloroplasten sind die Zellorganellen,
in denen die Photosynthese statt findet. Die Chloroplasten besitzen ein eigenes
Erbgut, das allerdings nur wenige Gene umfasst, die bei der Photosynthese eine
Rolle spielen. Das Chloroplasten-Erbgut wird in den meisten Pflanzen nicht wie
das Erbgut der Zelle ueber den Pollen weitervererbt. Der Grund dafuer ist, dass
in der Regel nur wenige Chloroplasten im Pollen vorhanden sind, die beim
Verschmelzen mit der Eizelle abgetoetet werden. Aus diesem Grund werden solche
GVO als besonders sicher bewertet, da die gentechnische Veraenderung von
Chloroplasten die Auskreuzung auf andere Kulturen oder auf nahe verwandte
Wildarten verhindert. Chung et al. (2003) untersuchten GV-Tabakpflanzen, in deren
Chloroplasten ein Gen eingebracht worden war, das fuer Resistenz gegen das
Antibiotikum Kanamyzin codiert. Dieses Neomycin-Phosphotransferasegen ist
kernspezifisch, d.h. Nachfahren aus Pollen der GV-Tabakpflanzen konnten nur
dann auf Antibiotikum-haltigen Naehrmedium ueberleben, wenn das Gen in den
Zellkern transferiert worden war. Die Wissenschaftler untersuchten 250.000
Nachfahren, die aus einer Befruchtung mit dem Pollen der GV-Tabakpflanze auf
Wildtabakpflanzen entstanden waren. Bei 16 Saemlingen fanden sie Resistenz
gegen das Antibiotikum Kanamycin, d.h. in einem von 16.000 Faellen wandert das
in den Chloroplasten eingebrachte Gen in den Zellkern.
Chloroplasten-Transformationen sind bisher routinemaeßig an Tabakpflanzen und
Tomatenpflanzen gelungen. Chung et al. weisen anhand ihrer Ergebnisse
daraufhin, dass weiterer Forschungsbedarf dazu besteht, wie stabil sich Gene in
Chloroplasten ueber Generationen hinweg verhalten.
(Gentechnik Nachrichten)
·
GMO
übersetzt? genetically manipulated organism (so in offiziellen
Regierungsdokumenten in Australien), genetically modified o. (auch in
Deutschland wurde aus GMO à
GVO (gentechnisch veränderter O.; in einigen englischsprachigen Ländern auch
sprachliche Abrüstung zu GEO = genetically engineered o.
(Die Zeit 30.10.03)
·
es
gibt Versuche, Schweine genetisch so umzuprogrammieren, dass sie menschliches
Hämoglobin erzeugen
(Bublath: Die neue Welt der Gene, München 2003, S.139)
·
der genetische Code ist ein Triplettcode (drei
Nukleotide auf der DNA kodieren für eine Aminosäure) und ist mit wenigen
Ausnahmen in allen Organismen gleich; die meisten Aminosäuren werden mit 2
bis 6 verschiedenen Codons verschlüsselt; verschiedene Arten „bevorzugen“ (Präferenz) bestimmte
Tripletts (von mehreren Alternativen); wenn ein Fremdgen (eines anderen
Organismus) eingebaut wird, wird evtl. ein Gen schlecht in ein Protein
übersetzt (es stehen zu wenig t-RNA-Moleküle für den Transport zur Verfügung);
es ist daher sinnvoll, die Sequenz des Fremdgens an die Gegebenheiten des
Wirtsorganismus anzupassen, d.h. Codons geringer Präferenz durch Codons mit
hoher Präferenz zu ersetzen
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.20)
·
Bakterien und Pilze sind im Vergleich zu Säuger- und
Insektenzellen zwar robuster, als Produktionssysteme für Säugerproteine jedoch
nur bedingt geeignet, weil eine korrekte Prozessierung und Faltung der
rekombinanten Proteine oftmals nicht stattfindet;
Pflanzenzellen besser geeignet: korrekte Prozessierung und Faltung,
kostengünstige Produktion; durch anderen Stoffwechsel können Substanzen, die
z.B. für tierische Zellen toxisch wären, problemlos angereichert werden; auch
gute Trennung von (grundsätzlich ähnlichen) Substanzen tierischer und
pflanzlicher Herkunft möglich; ...
Tabak sehr geeignet, weil er sich gentisch leicht verändern lässt, preiswert zu
kultivieren ist und mit 50-80 Tonnen je Hektar und Jahr die höchste
Biomasseproduktion hat; ist zudem keine Nahrungs oder Futterpflanze;
damit die Produktion pharmazeutischer Proteine in Pflanzen wirtschaftlich ist,
muss Anteil von 0,2% rekombinantem Protein am löslichen Gesamtprotein
vorliegen; ...
in Pflanzen produzierte pharmazeutische Proteine (Beispiele):
Erythropoietin (Blutbildungshormon) Tabak (Suspensionskultur)
Hämoglobin (Blutersatzlösung) Tabak (Saatgut)
Interferon (Multiple Sklerose) Kartoffel, Tabak
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.33ff.; 37)
·
Nachweis von transgenen Pflanzen: qualitative PCR-Tests ermöglichen eine Ja/Nein-Aussage über das
Vorhandensein von GVO; es wird auf DNA-Sequenzen getestet, die typischerweise
in gentechnisch modifizierten Pflanzen eingebracht werden; zu nennen
insbesondere der Promotor 35S aus dem Blumenkohlmosaikvirus und der Terminator
NOS aus dem Bodenbakterium A. tumefaciens; diese Sequenzen dienen als
Regulationselemente (Ein- bzw. Aus-Schalter);
Nachweisgrenze abhängig von der DNA-Menge, die extrahiert werden kann; bei
Saatgut und Rohstoffen wie Mehl: 0,01% erreichbar; bei hoch verarbeiteten Proben
wie Maisstärke Nachweisgrenze 0,1-0,3% und höher
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.56)
·
S.9:
nahezu 100% der Waschmittelenzyme werden mit gentechnischen Methoden
hergestellt
(Gentechnik – genial oder gefährlich? Sächsisches Staatsministerium für Umwelt
und Landwirtschaft 2005)
·
Bioalkohol
als Treibstoff für Autos; Vergärung von pflanzlichem Material;
Institute in Frankfurt/M. und Lund/Schweden: die für die Vergärung verwendete
Bäcker- oder Bierhefe wurde „veredelt“; konnte bisher die Zuckerarten Xylose
und Arabinose, die bei der Spaltung der Hemizellulose entstehen, nicht
vergären; jetzt in die Hefe zusätzlich 5 fremde Gene eingebaut (3 aus
Bakterien, 2 aus einer anderen Hefe) und drei eigene Gene der Hefe zusätzlich
„optimiert“; erreichter Wirkungsgrad von 30-40% bei der Produktion von Etanol
nun auch aus Pentosen (bisher nur aus Hexosen) ist noch steigerungsfähig
(FAZ 12.10.05)
·
Termiten-Darm
ist einer der effizientesten Bioreaktoren, die es auf der Erde gibt; extrem
fein zerkleinertes Holz wird innerhalb von Stunden bis wenigen Tagen verdaut;
in 1 Miroliter Darmvolumen drängen sich etwa 10 Millionen Bakterien und
Zehntausende von Einzellern; Gesamtheit des genetischen Materials aller
Darmsymbionten soll isoliert werden, Suchen nach den wirksamen Gensequenzen,
anschließend einschleusen in Kolibakterien, die die erhofften Wirkstoffe in
Reinform produzieren; damit effizientere Biogas- oder Ethanolherstellung aus
Biomasse
(SPIEGEL 37/05 S.188)
·
biotechnische
Produktion von Vitamin B2 schnitt bei 5 von 6 Ökobilanz-Wirkungskategorien
besser ab als das klassisch-chemische Herstellungsverfahren
(Umwelt BMU 9/2005 S.488)
·
Uni
Bielefeld und Uni Queensland / Australien: Grünalge gentechnisch so verändert,
dass sie die sechsfache Menge gegenüber der Naturform an Wasserstoff
produziert; Bioreaktor soll 2010 fertig sein; Grünalgenkraftwerk von der Größe
der Dachfläche eines Einfamilienhauses würde genügen, um den Haushalt mit Strom
zu versorgen
(bdw 12/05 S.7)
·
dänische Biotechnologie-Firma hat die Pflanze Ackerschmalwand
gentechnisch so verändert, dass sich ihre Blätter in der Nähe von Sprengstoffen
(Stickstoffdioxid = TNT; Schwermetalle) drei bis sechs Wochen nach der Aussaat
rot färben („Red Detect“); soll zur Suche von Landminen eingesetzt werden und
nächstes Jahr auf den Markt kommen
(taz 24.3.06)
·
Uni Lund Schweden: Hefetyp gentechnisch verändert,
kann jetzt neben Glukose auch die Pentosezucker Arabinose und Xylose effektiv
vergären; Ziel: Bioalkoholherstellung aus pflanzlichen Reststoffen (Stroh,
Holz)
(bild der wissenschaft 3/2006 S.13)
·
Uni
Rostock will im Sommer erstmals in Deutschland (bisher nur in USA, Kanada und
Frankreich solche Versuche) so genannte Pharmapflanzen im Freiland anbauen;
zwei Kartoffelvarianten mit Gensequenzen von Krankheitserregern
(Cholerabakterium und Erreger des hämorraghischen Kaninchenfibers =
Chinaseuche); mit den Pflanzen sollen eines Tages Impfstoffe produziert werden;
15 Genpflanzen-Medikamente werden bereits in klinischen Studien getestet;
voraussichtlich bald erste Zulassung in Frankreich (Genmais stellt Präparat für
Mukoviszidose-Patienten bereit);
(taz 3.3.06; 17.5.06)
·
zwei
Eiweiße als Vakzine zur Impfung gegen Pest eingesetzt; Eiweiße getrennt und als
Fusionsprotein in gentechnisch veränderten Tabakpflanzen gezüchtet;
Meerschweinchen injiziert, bei späterem Kontakt mit dem Pesterreger überlebten
drei Viertel der Tiere (normalerweise immer tödlich)
(bild der wissenschaft 4/06 S.25)
·
so
werden heute mehr als 90% der in Lebensmitteln und Waschmitteln verwendeten
Enzyme gentechnisch hergestellt
(Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft: „Gentechnik –
genial oder gefährlich?“, 2005, S.30)
·
USA:
in Tabakpflanzen erfolgreich Vakzine für die Immunisierung gegen Anthrax und Borreliose
hergestellt; notwenige Gene in das Chloroplasten-Genom der Tabakpflanzen
eingeschleust, auf 0,4 ha könnten 360 Millionen Dosen des Anthrax-Vakzins
produziert werden
(GID 174 Feb/März 2006 S.24)
·
Gendoping:
genetische Information für das Hormon Erytropoietin (EPO) wird über Trägerviren
direkt in die Zellkerne von Muskelzellen eingeschleust; Muskelzellen
produzieren vermehrt EPO, was die Bildung roter Blutkörperchen anregt, dadurch
vermehrter Sauerstoffumsatz möglich
(GID 174 Feb/März 2006 S.31)
·
„Synthetische
Biologie“
Bakterien;
a) Beseitigung „überflüssiger“ DNA (nur lebensnotwendige Teile des Genoms
bleiben erhalten)
b) Neuprogrammierung; schon heute stehen (z.B. am MIT in Boston
800)verschiedene Abschnitte der DNA zur Verfügung, die sich wie standardisierte
Bauteile verwenden lassen (z.B. Befehl für Herstellung eines bestimmten
Proteins zu einem bestimmten Zeitpunkt)
(Spiegel 33/2006 S.126)
·
Umweltbundesamt 2002:
“Eine gentechnisch übertragene Gensequenz muss also als eine
genetische Information verstanden werden, deren Kontext in unkontrollierter
Weise verändert wurde“
(Gen-ethisches Netzwerk 1986-2006; Festschrift, 2006, S.30)
·
(363)
Tabakpflanze exprimiert ein Gen aus dem Glühwürmchen, das zur Aussendung von
Licht führt
(Neil A. Campbell / Jane B. Reece: Biologie, Spektrum Akademischer Verlag
Heidelberg Berlin, 6. Auflage, 2003)
·
US-Forscher
Craig Venter hat Patentantrag für ein vollständig synthetisch hergestelltes
Lebewesen, ein Bakterium, eingereicht;
soll als ausbaufähige Plattform z.B. zur kostengünstigen Produktion von
Wasserstoff oder Ethanol dienen;
Ausgangspunkt war ein parasitisch lebendes einfaches Bakterium, dem zahlreiche
Gene fehlen, um selbständig leben zu können; Venter schaltete noch weitere 100
Gene ab; dann stellte er den aus rund 380 Genen bestehenden „Minimalorganismus“
aus DNA-Schnipseln komplett neu im Labor synthetisch her
(taz 15.6.07)
·
Hans-Josef
Fell MdB:
Bereits seit vielen Jahren setzt man bei einigen biotechnologischen Verfahren
Enzyme ein, die von gentechnisch veränderten Organismen hergestellt werden. Bei
der Produktion von Wasch- und Reinigungsmitteln, Vitaminen und Medikamenten
geht ohne gentechnisch hergestellte Enzyme wenig. Aber auch in der
Lebensmittel-, Textil-, Papier-, Druck- und Kosmetikindustrie werden sie bereits
angewandt. Zumeist werden den Mikroorganismen dabei nicht „fremde“ Gene
übertragen, sondern es wird ihnen ihr eigenes Gen mehrfach eingebaut
/Multi-Copy-Organismen), damit sie das gewünschte Enzym in großer Menge
bilden.;
War der Einsatz gentechnisch hergestellter Enzyme noch in den 1980er Jahren
sehr umstritten, ist er inzwischen gesellschaftlich akzeptiert. Warum? Weil für
die Arbeit in geschlossenen Systemen (contained use) der Labors und
Industrieanlagen sehr hohe Sicherheitsstandards gelten. Gentechnisch veränderte
Organismen dürfen nicht in die Umwelt gelangen ... Diese weiße Biotechnologie
können wir beherrschen und somit auch verantworten.
(profil:Grün; Bündnis90/Die Grünen im Bundestag; Magazin 12/2004, S.14)
·
US-Forscher
Craig Venter hat erstmals ein künstliches Chromosom hergestellt (381 Gene; aus
dem Genom eines Bakteriums die „unnötigen“ Gene – etwa 1/5 - entfernt);
soll neue Möglichkeiten bei der Entwicklung neuer Energiequellen und im Kampf
gegen die globale Erwärmung erschließen;
in der letzten Stufe soll das Chromosom in eine lebende Zelle transportiert
werden (mit einem echten Bakteriengenom ist das anderen Forschern schon
gelungen)
(Augsburger Allgemeine 8.10.07 S.1; Spiegel 44/07 S.173)
·
Synthetische
Biologie versucht, Lebewesen neu zu konstruieren;
“Entwerfen und Konstruieren neuer biologischer Bauteile, Bauteilgruppen und
Systeme sowie das Überarbeiten (redesign) existierender natürlicher
biologischer Systeme für nützliche Zwecke“;
bereits 1400 Bioteile mit klar zugewiesener Funktionalität sind bereits
verfügbar, darunter Gene für einzelne Eiweiße oder bestimmte Bindungsstellen
innerhalb der Zelle; ein Lego-Baukasten für Biologen;
Frage nach dem „minimalen Genom“ (elementare Grundausstattung, in die dann
gezielt Zusatzfunktionen eingebaut werden sollen)
(taz 10.8.07)
·
BASF
nutzt winzigen Pilz Ashbya gossypii; war Schädling bei Baumwollpflanzen;
jetzt produziert er aus Sojaöl Vitamin B2;
zuvor musste das Vitamin in 8 Schritten chemisch hergestellt werden (Hitze,
Druck); Pilz arbeitet bei Normaltemperatur, Abfallmenge sank um 95 %;
um neue Gene zu kreieren, werden die Gene, aus denen Enzyme hervorgehen, einer
Unzahl von wahllosen Mutationen unterworfen; tausende Varianten, Roboter suchen
die besten aus, die weiter mutiert werden, bis das Ergebnis zufrieden stellt;
Enzyme in einem Bioreaktor erzeugen aus Stärke Wasserstoff (Energieträger der
Zukunft?) – 13 Enzyme, die von Kaninchen, hitzeliebenden Mikroben, Spinat
stammen
(Spiegel 31/2007 S.126)
·
Synthetische Biologie:
Craig Venter hatte 2003 bekannt gegeben, dass es seine Wissenschaftler erstmals
geschafft hätten, in nur zwei Wochen aus künstlich hergestellten Genstücken ein Virus zu bauen (5386 Basenpaare); konnte sich in das
Genom von Bakterien einbauen, sich dort reproduzieren und die Wirte töten;
Ende Mai 2007 Patentantrag für ein künstlich hergestelltes Bakterium; 350 bis
max. 450 Gene; 30 bis 130 weniger als das als Vorbild gewählte natürlich
vorkommende Bakterium; einige Gene sollen zusätzlich eingefügt werden, die es
dem künstlichen Bakterium ermöglichen, in einer Umgebung, die die notwendigen
Nährstoffe enthält, autonom zu leben und sich fortzupflanzen
(GID 183/2007 S.36ff)
·
Impfbanane gegen Cholera? „Es ist uns nicht
gelungen, ein als Antigen wirkendes Protein in der Banane auszubilden“;
seit 1998 Versuche mit der wesentlich besser geeigneten Kartoffel; Impfstoffe
gegen Cholera-Bakterien, das Norwalk-Virus (Durchfallerrreger); Haken: die
Knollen mussten roh verzehrt werden; Kochen zerstört den hitzeempfindlichen
Impfstoff;
seit 4 Jahren züchtet Charles Arntzen mit Tabakpflanzen; Impfstoffe gegen
Cholera, Hepatitis C und pathogene Stämme des Bakteriums e.coli; 2005
Vakzin-Produktion gegen Erreger der Pest; erste Versuche mit Impfstoff gegen
das Ebola-Virus verliefen bei Mäusen erfolgreich;
Patient erhält Impfstoff durch Einnehmen des getrockneten Pflanzensaftes
(bdw 2/07 S.110)
·
Frankfurt/Main:
Forscher haben künstliche – am Computer entwickelte und aus DNA-Bausteinen
hergestellte – Gene in Hefezellen eingebracht; damit können die Hefezellen jetzt
auch Pflanzenabfälle zu Ethanol (Biotreibstoff) vergären; Ertragssteigerung um
25%, Geschwindigkeit der Umsetzung um mehr als 25% gestiegen
(taz 23.11.07)
·
Aroma-
oder Resistenz-Gene aus alten Apfelsorten könnten viel schneller mittels
Gen-Transfer ins Erbgut der Kultursorten eingeschleust werden; „Cisgenetik“
heißt dieser neue Ansatz, Im Unterschied zur Transgenetik wird die
Artenschranke nicht überschritten; es werden nur Apfel-Gene auf Äpfel
übertragen, keine Gene aus völlig anderen Pflanzenarten, Tieren oder gar
Bakterien;
dazu „smart breeding“ = molekularbiologische Tests, welche Eigenschaften sich
nach Kreuzungen/Eingriffen wirklich im Erbgut befinden
(bdw 12/2007 S.26f)
· Hochsicherheitslabor
der Sicherheitsstufe 4 erstmals in Deutschland eröffnet (Marburg); dort dürfen
auch gentechnisch veränderte hochgefährliche Erreger (Ebola-, Lassa-,
Marburg-Viren) erforscht werden;
Ende Januar 2008 wird ein zweites Labor der Sicherheitsstufe 4 am Hamburger
Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin eröffnet;
Robert-Koch-Institut Berlin soll 2011 ebenfalls ein Labor der Stufe 4 erhalten
(taz 7.12.07)
· Aus chemisch
synthetisch hergestellten Erbgut-Bausteinen haben Wissenschaftler um den
US-Genforscher Craig Venter das komplette Erbgut eines Bakteriums nachgebaut;
das künstliche Chromosom sei erheblich umfangreicher als zuvor zusammengebaute
DNA-Abschnitte; wird als wichtige Voraussetzung angesehen, um lebensfähige
künstliche Bakterien herzustellen und kommerziell zu nutzen, z.B. zur
Herstellung von Biokraftstoffen;
innerhalb von 5 Jahren ganze Industrie umkrempeln;
die Märkte seien Milliarden und Milliarden von Dollar schwer;
(taz 25.1.08; Freie Presse Chemnitz 25.1.08)
·
Japanischer
Konzern will im kommenden Jahr die erste blau blühende Rose auf den Markt
bringen;
15 Jahre Züchtungsarbeit; Veilchen-Gen
eingeschleust, Farbe derzeit noch eher violett als marineblau;
auch andere Eigenschaften von Blumen werden weltweit verändert: Blütenfarbe,
anderer Duft, längere Haltbarkeit, Resistenz gegen Krankheiten, Kälte,
Trockenheit
(Spiegel 8-2008 S.140f)
·
Universität
in Texas/USA; einige Gene aus dem Erbgut eines Darmbakteriums entfernt; dadurch
konnte die Wasserstoffproduktion des Bakteriums im Vergleich zum natürlichen
Zustand um etwa das 140-fache gesteigert werden; notwendig ist ausschließlich
die ausreichende Versorgung mit Zucker
(GID 186 Februar 2008 S.43)
·
Anzeige
www.forum-chemie-macht–zukunft.de
:
biotechnologische Produktion von Stoffen durch Mikroorganismen in großen
Mengen; z.B. Fermenter, Stahltank, 500 Kubikmeter Volumen;
z.B. Produktion von L-Lysin, eine von 20 Aminosäuren, aus denen alle Proteine
aufgebaut sind; essentielle Aminosäure, d.h. der Mensch und viele Tiere haben
verlernt, diese Aminosäure im eigenen Körper herzustellen, weil sie über die
Nahrung geliefert wird;
das Bakterium Corynebacterium glutamicum stellt es für den Eigengebrauch noch
selbst her; gentechnisch verändert, produziert mehr, als es selbst benötigt;
weltweit werden so (gentechnisch) pro Jahr 800.000 Tonnen hergestellt;
Verwendung vor allem als Zusatz zum Tierfutter; zwei Gramm pro Kilogramm
reichen, damit das Futter den doppelten Nährwert hat; zusätzlich verwertet das
Tier mit L-Lysin angereichertes Futter viel besser und gibt weniger Exkremente
ab;
Alternative chemische Synthese? Aufwendiger, teurer, wenn man das reine
linksdrehende Molekül will;
ein Problem: Bakterien „verlernen“ auch schnell wieder, denn sie teilen sich
jede Stunde oder noch schneller, und die Produzenten der von uns gewünschten
Stoffe sind (durch vermehrten, für sie selbst unnötigen Stoffwechsel JK)
gegenüber den ursprünglichen Zellen; deshalb haben wir zusätzliche Techniken
zur so genannten Wachstumsentkopplung entwickelt
(ZEIT 21.5.08 S.7)
·
gen-
und biotechnische Verfahren sollen helfen, umweltfreundliche Kraftstoffe aus
Pflanzenresten zu gewinnen;
durch synthetische Biologie sollen Einzeller, die von Natur aus Zuckermoleküle
in Alkoholumwandeln können, umprogrammiert und ihre Stoffwechselwege optimiert
werden;
z.B. soll Bierhefe mit neuen Gensequenzen ausgestattet werden (am Computer
entworfen), die zusätzliche Enzyme liefern, mit denen bisher unverdauliche
Zuckerarten wie Xylose oder Arabinose (Bestandteile der reichlich vorhandenen
Zellulose) in einen Biotreibstoff umwandeln; z.B. auch statt Ethanol den
höherwertigen Biokraftstoff Butanol produzieren (liefert rund 1 Drittel mehr
Energie wie Ethanol);
(Die Zeit 16.7.09 S.33)
·
vermutlich
noch dieses Jahr werden die ersten Freilandversuche mit gentechnisch
veränderten Moskitomännchen durchgeführt; derzeit Test in Netzkäfigen in
Südindien; die gentechnisch manipulierten Mücken Aedes aegypti sollen dazu
beitragen, Infektionen mit dem Erreger des Dengue-Fiebers einzudämmen; die
Männchen können sich zwar noch paaren, aber die aus den Eiern schlüpfenden
Larven werden durch das eingeschleuste Gen getötet;
das eingebaute Killergen wird durch Verfütterung des Antibiotikums Tetrazyklin
deaktiviert; so wird sicher gestellt, dass das Gen nur bei Fehlen von Tetrazyklin
im Freiland aktiv ist;
jährlich erkranken weltweit etwa 50 Millionen Menschen am Denguefieber; 20.000
sterben; einen Imfstoff oder ein Medikament gibt es nicht;
ähnliche Versuche laufen in den USA mit gentechnisch veränderten
Baumwollkapselraupen;
an mehreren Forschungsinstituten wird an sterilen Malariamückenmännchen
gearbeitet; in Göttingen hat man Mittelmeerfruchtfliegen ein „Abschaltbares“
Gen mit tödlicher Wirkung eingebaut
(taz 24.7.09 S.18)
·
Turbo-Züchtung ohne Gentechnik -
Mutationen werden durch Chemikalien ausgelöst
Fraunhofer-Gesellschaft
erntete im Herbst 2009 100 Tonnen einer auf neue Art gezüchteten Kartoffel;
produziert hochreine Stärke; in ihrem Erbgut sind nur die Gene aktiv, die die
Bildung von Amylopektin auslösen, während die Amylose-Gene ausgeschaltet sind;
„Bisher enthielten Kartoffeln immer beide Stärkearten. Die Industrie musste das
Amylopektin von der Amylose abtrennen – ein energie- und kostenintensives
Verfahren", erklärt Prüfer. Da Tilling-Kartoffeln nur Amylopektin enthalten,
entfällt dieser Prozessschritt. Allein in Deutschland benötigt die Papier- und
Klebstoffindustrie jährlich 500 000 Tonnen hochreines Amylopektin. Dazu kommen
der Bedarf der Lebensmittelbranche und der Textilindustrie - letztere nutzt die
Stärke, um Garne vor dem Weben zu glätten.;
Tilling - die Abkürzung steht für
"Targeting Induced Local Lesions In Genoms" - ist ein
Züchtungsverfahren, mit dem die Forscher der Evolution auf die Sprünge helfen.;
Allerdings wird die natürliche Mutationsrate beschleunigt: "Mit Hilfe von
Chemikalien lässt sich schnell eine große Anzahl von Mutanten gewinnen",
sagt Jost Muth vom IME, der an der Entwicklung der neuen Stärke-Kartoffel
beteiligt war. "Wir arbeiten hier mit natürlichen Prinzipien: In der Natur
löst das Sonnenlicht Veränderungen im Erbgut aus. Mit Chemie erreichen wir
dasselbe, nur schneller.";
Im Labor am IME werden die mutierten Samen zum Keimen gebracht. Sobald die
ersten Blätter erscheinen, ist Erntezeit: Die Forscher nehmen eine Blattprobe,
brechen die Zellstrukturen auf, isolieren das Genom und analysieren es.
Innerhalb weniger Wochen lässt sich auf diese Weise herausfinden, ob eine
Mutation die gewünschten Eigenschaften hat.; 2748 Keimlinge mussten untersucht
werden, bis derjenige identifiziert war, der ausschließlich die
Stärkekomponente Amylopektin produziert.;
"Die neuen Kartoffeln lassen sich wie gewohnt in den Fertigungslinien
verarbeiten", berichtet Muth. "Besondere Maßnahmen sind nicht
notwendig, weil die Tilling-Kartoffeln ganz normale Züchtungen sind, die kein
gentechnisch verändertes Material enthalten."
(8.12.09; Weitere Informationen: http://www.fraunhofer.de/presse/presseinformationen/2009/12/super-kartoffel.jsp,
http://www.ime.fraunhofer.de/ )
·
MPI
für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig;
Mäuse mit der menschlichen Variante des Gens FOXP2 ausgestattet, unterscheidet
sich in 2 Aminosäuren von der Maus-Form; wird beim Menschen mit der
Sprachfähigkeit assoziiert;
genveränderte Tiere gesund, aber verändertes Verhalten: hielten sich häufiger
in der Gruppe auf, erkundeten seltener allein die Umgebung; außerdem war das
Piepsen der Mäuse mit dem menschlichen Gen tiefer
(bild der wissenschaft 9-2009 S.8)
·
L-Lysin
ist eine essentielle Aminosäure, d.h. Menschen und Tiere benötigen sie für ihre
Ernährung, haben aber verlernt, sie selbst herzustellen und müssen sie mit der
Nahrung aufnehmen; das Bakterium Corynebakterium glutamicum stellt sie für den
Eigengebrauch noch her; mithilfe gentechnischer Methoden stellen solche
Bakterien in einem Fermenter L-Lysin her; weltweit werden so inzwischen 800.000
Tonnen pro Jahr hergestellt;
Verwendung vor allem als Zusatz im Tierfutter; zwei Gramm pro Kilogramm Futter
reichen, damit das Futter den doppelten Nährwert hat; Tiere verwenden Futter
viel effizienter, weniger Exkremente werden ausgeschieden
(ChemieNews, Initiative Chemie im Dialog, 2009, S.66)
·
normalerweise
holen Hefen aus 1000 kg Stroh 200 Liter Ethanol heraus, Könn(t)en sie aber
Xylose und Arabinose zusätzlich vergären, produzieren sie zusätzlich rund 140
Liter;
Um Hefen zu Arabinose-Verwertern zu machen, wurden (nachdem der Versuch nicht
gelungen war, Gene aus Bakterien zu übertragen) künstliche Gene hergestellt
(dem Vorbild der bakteriellen Gene nachempfunden, optimal dem Stoffwechsel der
Hefen angepasst) und in Hefen eingebaut, mit Erfolg: Die gentechnisch
veränderten Hefen wandeln Arabinose vollständig in Ethanol um;
die Methoden der synthetischen Biologie werden auch genutzt, um Hefen zu
konstruieren, die aus den verschiedenen Zuckerarten Butanol machen (Butanol hat
höheren Energiegehalt als Ethanol, ist weniger korrosiv und nimmt weniger
Wasser auf)
(bild der wissenschaft 8/2008 S.92ff)
·
Das
Darmbakterium Escherichia coli kann Biodiesel produzieren. US-Forscher hatten
den Mikroorganismus gentechnisch so verändert, dass er aus Fetten, die er
normalerweise speichert, mit selbst produziertem Alkohol Fettsäuremethylester
–also Biodiesel – herstellen kann. Dafür wurden die Bakterien mit Traubenzucker
„gefüttert“.
(bild der wissenschaft 4-2010 S.10)
·
Naturidentisch
Ein neues Verfahren wird die Risiko-Debatte verändern
Wie primitiv die Gentechnik doch
bisher war: Forscher haben fremdes Erbgut mit Kanonen in Zellen geschossen. Sie
haben Gene in Viren geschleust und dann den Infektionen ihren Lauf gelassen.
Zunächst wussten die Wissenschaftler nicht einmal, wie viele Kopien eines Gens
sie in das Erbgut einer Zelle eingebaut hatten – und an welchen Stellen.
Unsicherheit allerorten. Und Unsicherheit heißt Risiko.
Ein Verfahren, das die
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung jetzt erstmals einem breiten Publikum
vorstellte, dürfte das ändern. Mit unerreichter Präzision können Forscher ins
Erbgut eingreifen, an definierter Stelle und bis hin zum Austausch nur eines
einzigen Bausteins. Die Folge: Natur und Konstrukt, sie lassen sich nicht mehr
unterscheiden.
Transcription Activator-Like Effector Nuclease (Talen) heißt das Werkzeug, das
spezifische Stellen im Erbgut aufspüren
und dort neue Informationen einbauen oder Reparaturen durchführen kann. Einer
Zuchttomate ist der Geschmack abhandengekommen? Kein Problem, das verlorene Gen
lässt sich aus einer schmackhaften Sorte isolieren und wieder am richtigen Ort
einsetzen. Eine wenig attraktive Kartoffelsorte ist gegen Pilze resistent? Die
Eigenschaft lässt sich leicht auf marktgängige Sorten übertragen. In der
Gentherapie werden bisher Viren als eine Art Taxi eingesetzt, um defekte Gene
durch intakte Kopien zu ersetzen. Das damit verbundene Risiko könnte entfallen,
setzte man Talen zur Heilung ein.
Die Beispiele zeigen: Talen
könnte die Gentechnikdebatte grundsätzlich verändern. Es ginge nicht mehr um
die Risiken der Methode, sondern nur noch um die Ziele, die wir mit ihr
verfolgen. Doch wird das die Debatte in Zukunft auch versachlichen? Das
Gegenteil könnte eintreten: Denn was nicht entdeckt werden kann, ist das nicht
umso gefährlicher? Schon haben Firmen Lizenzen für das Verfahren erworben. Sie
werden uns hintergehen! Und keiner wird ihren Manipulationen auf die Spur
kommen! Hilfe!
(ZEIT 30.8.2012 S.35)
·
USA:
Schnelle Pflanzen-Eigenschaften
Das Unternehmen Cibus aus dem US-Bundesstaat Minnesota hat für das kommende
Jahr eine Rapssorte angekündigt, die gegen ein Herbizid der US-amerikanischen
Firma Rotam tolerant ist. Das Besondere an diesen Pflanzen ist ihre
Herstellungsart: Das Unternehmen manipuliert die DNA der Pflanzen mit
Chemikalien, die zum Teil (ihrerseits) aus Nukleinsäuren, den Bestandteilen der
DNA bestehen können. An der Manipulation ist auch das pflanzen- beziehungsweise
zelleigene DNA-Reperatursystem beteiligt. Im Verlauf der Manipulation entstehen
Variationen des Erbguts (Mutationen), die ihrerseits zu Eigenschaften
entwickelt werden können. Pflanzen, die mit der so genannten Rapid Trait
Development System-Technologie (System zur schnellen Entwicklung von
Eigenschaften) hergestellt worden sind, werden in den USA nicht als
gentechnisch verändert klassifiziert. Cibus hatte diese Technologie bereits vor
einigen Jahren angekündigt. Auch die BASF kooperiert mit dem Unternehmen. Das
Herbizid funktioniert auf der Basis von Sulfonyl-Harnstoff. (www.
farmandranchguide.com, 07.11.11, zitiert nach GENET news, im Netz unter
www.genet-info.org; www.cibus.com; www.rotam.com; siehe auch: GID 179, Dezember
2006, kurz notiert „Ohne Gentechnik?“ Landwirtschaft und Lebensmittel) (pau)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/209/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
·
Gentechnisch
veränderte Darmbakterien können Dieselkraftstoff herstellen. Dies zeigten
britische Forscher in Laborversuchen. Das Besondere an dem Verfahren ist, dass
der Kraftstoff der Bakterien mit herkömmlichen fossilen Kraftstoffen chemisch
identisch ist. Er könnte somit eingesetzt werden, ohne dass zum Beispiel
Automotoren angepasst werden müssten, schreiben die Forscher in den Proceedings
(PNAS) der Akademie der Wissenschaften der USA. Die Auto- und
Kraftstoffindustrie hofft schon lange auf solch einen Ersatzkraftstoff.
Allerdings befindet sich das Verfahren noch in einem sehr frühem Stadium der
Entwicklung. Grundstoff für die Dieselherstellung sind freie Fettsäuren. Diese
können Escherichia-coli-Bakterien zu den verschiedenen
Kohlenwasserstoffen verstoffwechseln, aus denen Dieselkraftstoff besteht. Damit
sie das machen, müssen die Bakterien zuvor allerdings gentechnisch verändert
werden. Die Forscher um Thomas Howard von der britischen Uni Exeter schleusten
dazu mehrere Gene in das Erbgut der Darmbakterien ein.
(taz 26.4.2013 S.18)
·
MOLEKULARBIOLOGIE - Die neuen
Genom-Schreibmaschinen
TALEN (Transcription
Activator-like Effector Nucleases)
Sie wurden erst vor wenigen Jahren im Genom von Bakterien Gattung Xanthomonas
entdeckt. Das Funktionsprinzip … TALEN bestehen aus einer Abfolge von Modulen,
die gemeinsam an eine Sequenz binden. Jedes Modul besteht aus der gleichen
Aminosäuresequenz, die sich nur an einer Stelle unterscheidet, der
DNA-Bindungsstelle. Sie ist für genau ein Basenpaar spezifisch. Anders als die
Zinkfinger lassen sich diese vier Module beliebig kombinieren, ohne sich zu
stören. Und die Nuklease zerschneidet das Erbgut genau an der Stelle zwischen
den beiden Erkennungssequenzen.
Wegen dieser Vorteile haben sich die TALEN einen festen Platz im Repertoire von
Molekularbiologen erobert. "Mit den TALEN funktioniert das alles sogar
sehr einfach", erklärt Alexander Knoll vom Karlsruhe Institute of
Technology. Er forscht an Genen der Ackerschmalwand Arabidopsis thaliana, die
zur Reparatur von DNA-Schäden beitragen. Um bei dieser Pflanze Mutationen zu
erzeugen, nutzte man bisher einen natürlichen Mechanismus aus: die Infektion
mit dem Bakterium Agrobacterium tumefaciens. Dazu baut man ein Stück seiner DNA
an einer zufälligen Stelle in das pflanzliche Genom ein und kann so – wenn es
der Zufall will – auch ein Gen inaktivieren. Einen solchen Zufallstreffer zu
landen, ist aber sehr aufwändig und klappt nicht immer.
"Ich kann nun heraussuchen, wo genau ich die Mutation haben will, und zwar
basengenau im Genom", erklärt Knoll die Vorteile von TALEN gegenüber dem
älteren Verfahren. "Ich kann mir damit auch echte Knockout-Mutanten
erzeugen, bei denen das gesamte Gen im Genom fehlt, sonst aber nichts
zusätzlich im Genom ist." Die dafür nötigen TALEN erzeugt er selbst. Im
Handel sind Genabschnitte erhältlich, die alle Komponenten des Werkzeugs
kodieren, insbesondere auch die einzelnen TALE-Module. Die Einzelteile setzt
der Wissenschaftler zusammen und überträgt sie in das hilfreiche Agrobacterium
tumefaciens, welches das TALEN-Gen in das Genom der Pflanze einbaut. Das
geschieht nach wie vor zufällig, doch das entstehende Protein schneidet mit
seinem Nuklease-Teil exakt an der gewünschten Stelle im Genom.
Ist das geschehen, hilft die Zelle selbst, die gewünschten Mutationen zu
erzeugen. Den künstlich verursachten Doppelstrangbruch repariert die Zelle
sofort, doch sie macht dabei oft Fehler, sodass das angepeilte Gen oft unbrauchbar
wird. Auch hier ist also Zufall im Spiel, aber die Trefferwahrscheinlichkeit
ist viel höher als bei herkömmlichen Methoden. Anschließend, erklärt Knoll,
züchte er das TALEN-Gen aus den Mutanten heraus und erhalte eine Pflanze mit
der gewünschten Mutation.
Das Charmante an dem Verfahren ist, dass es, anders als der Knockout von Genen,
bei allen Organismen funktioniert. Bei Tieren reicht es sogar aus, die fertigen
Proteine in den Embryo oder das erwachsene Tier einzuschleusen. Inzwischen
haben Wissenschaftler auf diese Weise Mutationen in Ratten, Zebrabärblingen und
anderen Versuchstieren erzeugt und das Verfahren sogar zur Forschung an
menschlichen Stammzellen eingesetzt.
Prinzipiell sollte es auch möglich sein, mithilfe dieser Methoden neue
Erbgutbestandteile ins Genom einzufügen. Dabei hilft die homologe
Rekombination, ein weiterer Mechanismus zur Reparatur von DNA-Schäden. Trifft
das abgetrennte DNA-Ende nämlich auf einen Einzelstrang, von dem ein Teil zum
Doppelstrang passt, lagern sich der neue Strang und der dazu passende Strang
mit den zueinander passenden Sequenzen aneinander, und die neu hinzugekommene
DNA dient als Vorlage für die Vervollständigung des durchtrennten
Erbgutstranges. Zusätzlich zu den Nuklease-Konstrukten, so der Plan, soll in
Zukunft ein DNA-Einzelstrang in die Zelle gebracht werden, dessen Enden zu den
Sequenzen auf beiden Seiten der Lücke im Genom passen.
Der Mittelteil enthält die Erbgutsequenz, die man einfügen möchte. Die Zelle
schließt dann nicht nur die Lücke im Genom, sondern baut auch noch das
gewünschte Stück Fremderbgut ein: Damit könnte man im Genom schreiben wie in
einem Textverarbeitungsprogramm.
Bei allen Erfolgen müssen die Nuklease-Konstrukte erst noch zeigen, wozu sie
wirklich fähig sind. Sind sie tatsächlich so präzise, wie es bisher den
Anschein hat? Könnten sie das Genom in seltenen Fällen vielleicht doch an der
falschen Stelle zerschneiden? Ihre Entwicklung steht erst am Anfang. Die Folgen
der neuen Möglichkeiten sind schon heute kaum mehr zu überblicken.
(QUELLE: spektrum.de; 12.11.12; http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2012-11/gen-knockouts-molekularbiologie/komplettansicht
)
·
Wir
basteln uns ein Gen-Labor; Selbsterfahrungsbericht zum „Bio-Hacking“
(bild der wissenschaft 2-2013 S.38ff. - http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=33253828
)
·
Die
Varroa-Milbe bedroht Honigbienen und vernichtet ganze Bienenvölker. Der
Agrarkonzern Monsanto will den Schädling nun mit Mitteln der Gentechnik
bekämpfen;
Der Agrarkonzern Monsanto will mit Gentechnik das Bienensterben bekämpfen. Er
will gentechnisch veränderte Ribonukleinsäure-Interferenz (RNAI) gegen die
Varroamilbe einsetzen, die als der gefährlichste Parasit der Honigbiene gilt.
RNAI stellt bei Tieren und Pflanzen einen Abwehrmechanismus gegen Viren da. Die
israelische Firma Beeologics, seit 2011 Teil von Monsanto, hat eine RNAI-Lösung
für Bienen entwickelt, die ihnen über Zuckerwasser verabreicht werden kann. Die
Arbeiterinnen, die die Larven versorgen, verteilen die Lösung in den Waben, wo
sie von den befruchteten Eiern aufgenommen wird.
(taz 30.7.2013 S.9)
·
Mehr
als die Hälfte der Deutschen will auf keinen Fall gentechnisch veränderte
Lebensmittel kaufen - vor zehn Jahren waren es noch deutlich weniger. Von einer
Trendwende also keine Spur;
Immer mehr Menschen in Deutschland lehnen gentechnisch veränderte Lebensmittel
ab. "Kam 2004 für insgesamt 44 Prozent der Kauf von Genfood definitiv nicht infrage, stieg der Wert nun auf
53 Prozent", heißt es in einer repräsentativen Umfrage des GfK-Vereins. So
viele Teilnehmer antworteten auf die Frage "Würden Sie gentechnisch
veränderte Lebensmittel kaufen?" mit "Nein, unter keinen
Umständen". …
Eine Erhebung des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap im Auftrag des
Pro-Gentechnik-Vereins zeigte im Juni, dass fast die Hälfte der Deutschen für
die Einführung des Goldenen Reises ist, "wenn er Kinder nachweislich vor
Erblindung bewahrt und ihr Leben rettet, auch wenn es sich um eine gentechnisch
veränderte Pflanze handelt". Ungefähr genauso viele lehnten ihn dennoch
ab. "Dies ist das weitaus beste Umfrageergebnis zu einem Produkt der
Grünen Gentechnik seit anderthalb Jahrzehnten", erklärte der Verein.
Allerdings bezog es sich nur auf den Goldenen Reis, nicht auf Gentechnik
allgemein.
(taz 5.8.14 S.9)
·
Die
Gentechnik der Zukunft kann viele mögliche Risiken ausschließen. Damit bekommt
die Debatte eine ganz neue Dimension;
Vorangetrieben wird der Umbruch durch neue biotechnische Werkzeuge. Sie
erlauben den Forschern erstmals präzise Eingriffe in den Code des Lebens.
"Genome-Engineering" löst die im Vergleich plumpe bisherige
Gentechnik bei Pflanzen, Tieren und Menschen ab. Wurde früher fremdes
Erbmaterial nach dem Zufallsprinzip ins Genom bugsiert, können Biotechniker nun
punktgenaue Veränderungen vornehmen. Die Erbinformation wird dabei so präzise
bearbeitet, als wäre sie ein Text in einem Schreibprogramm – Buchstabe für
Buchstabe. Defekte Gene lassen sich spurlos korrigieren, neue Erbanlagen
präzise einfügen. Pflanzensorten und Tierrassen mit erwünschten Eigenschaften
entstehen. …
Vor allem in der Pflanzenzüchtung sollen die Verfahren der sogenannten
Cis-Genetik (die lateinische Vorsilbe cis steht für diesseits, hier diesseits
der Artengrenze) zum Durchbruch verhelfen. Dabei werden anders als bislang
keine artfremden Erbinformationen – etwa für Bakterientoxine oder
Antibiotikaresistenzen – mehr in Soja oder Kartoffeln verschoben. Erwünschte
Eigenschaften gewinnen die Züchter nun durch den gezielten Austausch von
Genvarianten …
Darin liegt die Brisanz der neuen Biotechniken: Ihre Schöpfungen hätten ebenso
gut in der Natur entstehen können – durch natürliche Mutation oder
konventionelle Kreuzung. Ihre Erzeugnisse unterscheiden sich deshalb nur in
ihrer Herkunft von denen der freien Natur, nicht in ihrer Biologie. …
Die neue Gentechnik greift in den Züchtungsprozess ein, aber sie hinterlässt im
fertigen Produkt keinerlei Spuren mehr. Für gentechkritische
Verbraucherschützer ist das ein Albtraum. Die festgefahrene Debatte um die
grüne Gentechnik steht auf einmal unter neuen Vorzeichen, nationale und
EU-Regularien für Genmais und Co. sind auf die neue Züchtungstechnik nicht mehr
anwendbar. …
Obwohl die neue Gentechnik keines der befürchteten biologischen Risiken mehr
birgt – die Pflanzen tragen weder Fremd- noch Resistenzgene in sich –, wollen
die Genkritiker sie als GMO (genetically modified organism) reguliert sehen und
ihren Anbau verhindern. Die strittige Frage lautet: Zählt Herkunft oder
Ergebnis? Ist eine Sorte eine Genpflanze, nur weil sie aus einem Labor stammt?
Muss sie folglich so reguliert werden – auch wenn sie mit denselben
Eigenschaften von einem konventionellen Züchtungsbetrieb stammen könnte?
Reichen dann nicht die Zulassungsregeln für konventionelle Saaten? …
In Griffweite der Technik sind aber nicht nur die Körperzellen. Auch der Embryo
könnte von genetischen Defekten befreit werden, um schwere Erkrankungen schon
vor der Geburt zu heilen. Gerade erst demonstrierten Forscher die erstaunlichen
Möglichkeiten des Genome-Engineerings, indem sie Mäuseembryonen mit erblicher
Muskelschwäche therapierten. Denkbar wird jetzt sogar eine
Fortpflanzungsmedizin, in der die Präimplantationsdiagnostik nicht mehr
angewandt wird, um kranke Embryonen auszusortieren, sondern um sie zu kurieren.
(Die ZEIT 23.10.14 S.37 - http://www.zeit.de/2014/44/gentechnik-zellen-erbgut
)
· Was
ist ein gentechnisch veränderter Organismus? Wenn die Forschung die Gesetze
überholt
12. Juli 2013 | von: Heike Baron
Was ist ein gentechnisch veränderter Organismus? Laut Gentechnikgesetz ist es
„ein Organismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden
ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche
Rekombination nicht vorkommt“ (§3). Weiterhin
ist gesetzlich festgelegt, dass für den Umgang mit diesen Organismen besondere
Sicherheitsvorkehrungen gelten, vor allem dann, wenn sie in die Umwelt
entlassen werden, und dass Produkte, die daraus hergestellt werden,
gekennzeichnet werden müssen, um den Verbrauchern Wahlfreiheit zu ermöglichen.
Bis auf die Kennzeichnungspflicht steht all das bereits im ersten
Gentechnikgesetz, das 1990 verabschiedet wurde. Damals bezog sich das Gesetz in
erster Linie auf Mikroorganismen. Gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere
schienen noch in weiter Ferne, und angesichts der geringen Erfahrung mit der
kommerziellen Nutzung der Gentechnik war die Vorsicht verständlich. Fast ein
Vierteljahrhundert später muss aber die Frage erlaubt sein, ob die in Europa
bestehenden GVO-Definitionen und Gentechnikgesetze noch sinnvoll sind.
Das fängt an bei der Frage, was eine natürliche Veränderung des Erbguts ist –
und was nicht. Im April 2013 machten Chicorée-Hybridsorten Schlagzeilen unter
dem Titel „Gentechnik light“. Diese Sorten sind aus einer künstlichen Zellfusion
zwischen Chicorée und Sonnenblume hervorgegangen, wobei vom Erbgut der
Sonnenblume nur ein kleiner Teil aus den Mitochondrien übertragen wurde.
Dadurch werden die Chicoréepflanzen männlich steril – eine Eigenschaft, die in
der Hybridzüchtung von großem Vorteil ist. Dort ist es durchaus üblich,
männliche Sterilität zu erzeugen durch eine Zellfusion mit einer nahe
verwandten Art, bei der diese Eigenschaft natürlicherweise auftritt. Die
Pflanzen, die daraus hervorgehen, gelten nicht als gentechnisch verändert, wenn
die Ausgangspflanzen im Prinzip auch auf klassischem Weg kreuzbar wären.
Überträgt man dagegen mit Hilfe von Agrobakterien Gene aus einem Wildapfel in
einen Kulturapfel, wie es der Schweizer Pflanzenforscher Césare Gessler getan
hat, gelten die Äpfel als GVO. Ist Chicorée mit einem Erbgutschnipsel aus der
Sonnenblume natürlicher als ein Kulturapfel mit einem Gen aus Wildäpfeln? Das
hört sich nach abstrakter Gedankenspielerei an, hat aber handfeste
wirtschaftliche Konsequenzen.
Wird eine Nutzpflanze als „gentechnisch verändert“ im Sinne des Gesetzes
eingestuft, bedeutet das: Sowohl die experimentelle Freisetzung bei der
Entwicklung der Pflanze als auch der spätere kommerzielle Anbau müssen
genehmigt werden, es muss ein spezieller Sicherheitsnachweis geführt werden,
die aus der Pflanze hergestellten Lebens- und Futtermittel müssen
gekennzeichnet werden, der Landwirt haftet, wenn die gv-Pflanzen sich mit
konventionellen Pflanzen aus Nachbarfeldern kreuzen, und beim Transport und der
Verarbeitung müssen getrennte Warenströme eingehalten werden. Die damit
verbundenen Kosten können nur große Konzerne tragen; kleinere Unternehmen und
Forschungseinrichtungen können sich das in aller Regel nicht leisten. Zudem ist
„Gentechnik“ im Verlauf der jahrzehntelangen öffentlichen Debatte zu einem
regelrechten Schimpfwort geworden, was nicht unbedingt absatzfördernd wirkt.
Kurz: Die Maßnahmen, die der Vorsorge und der Transparenz dienen sollten, haben
sich zu Instrumenten der Diskriminierung entwickelt.
Und nun wird es noch komplizierter. In den vergangenen Jahren wurden eine Reihe
neuer biotechnologischer Verfahren entwickelt, die in absehbarer Zeit in der
Pflanzenzüchtung Einzug halten werden. Zum Beispiel die Verwendung von
Zinkfingernukleasen, das sind Enzyme, die ganz spezifische Stellen im Erbgut
erkennen und dort Strangbrüche in der DNA auslösen. Unter Ausnutzung der
zellulären Reparaturmechanismen lassen sich an diesen Stellen Mutationen oder
auch ganze Gene einfügen, letzteres wesentlich präziser als mit der Agrobakterien-Transformation.
Oder die Mutagenese mit Oligonukleotiden, kurzen synthetische DNA-Fragmenten,
die sich an bestimmten Stellen im Genom anlagern und – wiederum mit Hilfe der
zellulären Reparaturmechanismen – Mutationen auslösen. Oder das gene silencing
mit RNA-Molekülen, die die regulatorischen Abschnitte eines bestimmten Gens
erkennen und deren chemische Veränderung (Methylierung) auslösen, so dass das
Gen nicht mehr abgelesen werden kann. Weitere Beispiele sind das Aufpfropfen
von Reisern auf einen gentechnisch veränderten Wurzelstock und die
Neukombination arteigener DNA-Abschnitte.
In der Natur kommen die genetischen Veränderungen, die mit diesen Verfahren
hervorgerufen werden, in dieser Weise nicht vor. Müssten die so gezüchteten
Pflanzen dann nicht als gentechnisch verändert eingestuft werden? Aber ist es
überhaupt noch sinnvoll, in der modernen Züchtung zwischen „natürlich“ und
„nicht natürlich“ zu unterscheiden zu wollen? Wo wollte man bei den oben
genannten Beispielen die Grenze ziehen?
Sinnvoll wäre es, die Sicherheitsbewertung und Zulassung neuer
Nutzpflanzensorten von deren Eigenschaften abhängig zu machen und nicht mehr
von den Technologien, mit deren Hilfe sie entstanden sind. Dieser Vorschlag ist
nicht neu und wurde erst kürzlich wieder in einem Bericht des European
Academies Science Advisory Council erhoben, dem Zusammenschluss der
europäischen Wissenschaftsakademien. Der EASAC fordert auch vom Gesetzgeber,
dafür zu sorgen, dass die neuen Züchtungsverfahren auf keinen Fall unter die Gentechnikgesetze
fallen, da das ihre Weiterentwicklung und Anwendung faktisch stoppen würde.
Dass die neuen molekularbiologischen Verfahren an der „traditionellen“
rechtlichen GVO-Definition rütteln, ist offensichtlich. Inzwischen haben sich
auch die ZKBS und die EFSA damit beschäftigt. Die Frage ist, ob am Ende das
Votum der Wissenschaft – wie im
EASAC-Bericht artikuliert – Eingang in die politischen Entscheidungen findet.
(http://www.gute-gene-schlechte-gene.de/gentechnisch-veranderter-organismus-forschung-gesetze/ )
·
Neue
Designerpflanzen sind entwickelt worden. Aber sie fallen nicht unter das
Gentechnikrecht. Für die Kritiker wird es jetzt schwierig, den Anbau in
Deutschland zu verhindern. …
Genom-Engineering lautet das neue
Patentrezept in der Saatgutbranche, eine ganze Palette biotechnischer Werkzeuge
erlaubt erstmals exakte Eingriffe in den Code des Lebens. Die neuen Werkzeuge
haben kryptische Namen wie Crispr, ZNF oder Talen (siehe Text unten) und eine
Gemeinsamkeit: Sie sind präzise. Mit ihnen können Gentechniker sichere und
punktgenaue Eingriffe im pflanzlichen Erbgut vornehmen – früher wurde bei der
gentechnischen Pflanzenzucht fremdes Erbmaterial nach dem Zufallsprinzip ins
Genom bugsiert. Mit den neuen Verfahren kann die Erbinformation so detailgenau
bearbeitet werden, als wäre sie ein Text in einem Schreibprogramm – Buchstabe
für Buchstabe. Einzelne Veränderungen sind von natürlichen Mutationen nicht zu
unterscheiden. …
Wahrscheinlich dürfen auch deutsche Landwirte bald mal nach San Diego reisen.
Denn die Saaten von Cibus gelten in Deutschland nicht als gentechnisch
verändert. Das hat das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
(BVL) mit Datum vom 5. Februar entschieden. Die Rechtmäßigkeit des
entsprechenden Bescheids hat das BVL gegenüber der ZEIT Ende vergangener Woche
bestätigt. "Wir haben beschlossen, dass das Produkt nicht unter das
jetzige Gentechnikrecht fällt", sagt BVL-Sprecher Andreas Tief. Cibus
könnte seinen Raps nun einfach über seine niederländische EU-Niederlassung beim
Bundessortenamt in Hannover registrieren und den Bauern in
Mecklenburg-Vorpommern auf den Hof liefern. Sicherheitsabstände bei der Aussaat
und Kennzeichnung sind nicht nötig.
Der Grund für die Einschätzung der Verbraucherschützer: Die neuen Werkzeuge der
Gentechnologen arbeiten gleichsam im Tarnkappenmodus. Zwar wird die Veränderung
im Erbgut der Pflanze gentechnisch erzeugt, im neu geschaffenen Gewächs finden
sich keine Spuren des Eingriffs – bis auf jenen genau platzierten kleinen
Umbau, der erwünschte Eigenschaften erzeugt. Da im Saatgut weder Genfähren
benutzt werden noch Fremdgene und Antibiotika-Resistenzen zurückbleiben, seien
die Designgeschöpfe ihrem Wesen nach nichts anderes als konventionell
gezüchtete Pflanzensorten, sagt das Berliner Bundesamt. Ähnlich argumentiert
die Zentrale Kommission für biologische Sicherheit. Für die Befürworter des
Genom-Engineering gilt dabei als Faustregel: Werden weniger als 20 Genbausteine
im Erbgut der Pflanze verändert, ist der Eingriff später nicht mehr von
natürlichen, zufällig auftretenden Mutationen bei herkömmlich gezüchteten
Sorten zu unterscheiden.
Weil das so sei, lautet die Logik bei Unternehmen und den meisten Fachleuten,
handele es sich bei den neuen Gewächsen auch nicht um gentechnisch veränderte
Organismen (GVO). Im Klartext: Die Geschöpfe der Biotechnologie 2.0 sind
naturidentisch. …
Erst Ende Januar hatte eine Allianz aus Greenpeace, Friends of Earth und Co. in
einem offenen Brief an den zuständigen EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis
strikte Regeln eingefordert. Jedes Saatkorn, so der Tenor der Botschaft, dessen
Gene irgendwie angetastet wurden, sei als gentechnisch veränderter Organismus
zu behandeln. Das Privileg unregulierten Anbaus dürften nur natürlich
gezüchtete Pflanzensorten genießen. Unerwähnt lassen die Naturschützer, dass
herkömmlich gezüchtete Sorten meist durch radioaktive Bestrahlung von Pollen
oder Samen erzeugt werden. Am Ende wird der Verbraucher vor Gen-Kartoffeln um
den Preis von Strahlentomaten geschützt, doch das soll der Bürger besser nicht
wissen. Warum das eine Produkt riskant, das andere aber naturbelassen sein
soll, wäre auch nicht zu erklären. …
(Die Zeit 16.4.15 S.35)
·
Chinesische
Forscher haben Gene menschlicher Embryonen manipuliert. Eine wichtige Schwelle
auf dem Weg zur Erschaffung von Menschen nach Maß ist damit überschritten.
Nun ist es passiert. Seit Wochen diskutieren Genforscher darüber, ob sie sich selbst
Grenzen auferlegen sollten. Jetzt haben chinesische Wissenschaftler Fakten
geschaffen : Sie erzeugten menschliche Embryonen mit gentechnisch manipuliertem
Erbgut.
"Verändert nicht die menschliche Keimbahn", mahnte noch Mitte März
der amerikanische Biotech-Experte Edward Lanphier im Fachblatt
"Nature" . Nun ist, schneller als gedacht, genau das eingetreten, was
er befürchtet hat. …
Möglich macht so etwas ein neues Werkzeug, das den sperrigen Namen Crispr-Cas9
trägt. Es handelt sich dabei um eine Art molekulare Lenkwaffe, die Biotechniker
von Bakterien übernommen haben.
Denn auch Mikroben sind wehrhaft. Sie verfügen über ein verblüffend komplexes
Immunsystem, mit dem sie Viren in Schach halten können. Dazu verwenden sie
genetische Sonden, die im Inneren der bakteriellen Zelle umherschwimmen. Trifft
solch eine Sonde auf einen Eindringling, zerschneidet sie das Viren-Erbgut
mithilfe einer molekularen Schere und macht es dadurch unschädlich (siehe
Grafik).
Diese bakteriellen Waffen können nun als universelle Präzisionswerkzeuge zur
Manipulation von Genen dienen. "Es ist genau das, was in der Gentechnik
gefehlt hat", sagt die am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für
Infektionsforschung tätige Molekularbiologin Emmanuelle Charpentier, die
Crispr-Cas9 vor rund drei Jahren mitentwickelt hat. Die Zeitschrift "MIT
Technology Review" bezeichnete die neue Methode als "größte
Biotech-Entdeckung des Jahrhunderts". …
Schneller, billiger, präziser, einfacher und effizienter - fast über Nacht hat
sich die mühselige Bastelei mit Genen verwandelt ins komplexe Design ganzer
Genome. Im Nu hat die Technik die Labors erobert. Kaum noch findet sich ein
molekularbiologisches Institut, das sich nicht am "Crispern"
beteiligt, wie es im Jargon inzwischen heißt. …
Vor allem eine Sorge treibt die Autoren um: Was, wenn sich Forscher ans
gentechnische Design des Menschen machen? Was, wenn sie sich nicht länger damit
begnügen, Leber- oder Hautzellen zu manipulieren, sondern auch die Keim- oder
Embryozellen verändern?
Genau das hat Huang Junjiu jetzt getan. Zwar beteuert der Genforscher der
Sun-Yat-sen-Universität in Guangzhou, dass er für seine Versuche Embryonen
verwendet habe, die ohnehin nicht lebensfähig waren. Sie entstammten einer
Fruchtbarkeitsklinik; in ihnen steckten zu viele Chromosomen.
Misstrauen ist jedoch angebracht. Huang und seine Kollegen haben mit dem
Crispr-Verfahren ein Gen verändert, das bei der Erbkrankheit Beta-Thalassämie
die entscheidende Rolle spielt. Was, wenn nicht die gentherapeutische
Ausmerzung dieses Leidens, sollte er langfristig im Auge haben?
Noch allerdings, das gibt Huang zu, sei es für einen solchen Eingriff zu früh.
Denn die Ergebnisse der Chinesen sind alles andere als ermutigend. Bei der
Manipulation der menschlichen Embryonen erwies sich die Crispr-Methode als weit
weniger präzise und effizient als bei anderen Zellen: In 86 Embryonen schleuste
Huang Crispr-Cas9 ein. Nur 28 waren am Ende nachweislich genetisch verändert,
und auch dies keineswegs immer in der gewünschten Form. In vielen Fällen traten
außerplanmäßige Mutationen auf - und genau diese gelten als größtes
Sicherheitsrisiko möglicher Keimbahntherapien. …
Die Nachricht aus Guangzhou setzt die Forscher nun unter Zeitdruck. Mindestens
vier Labors in China, heißt es in der Zeitschrift "Nature" , experimentierten
mit der gentechnischen Manipulation menschlicher Embryonen. Und noch herrscht
Uneinigkeit darüber, ob solche Versuche im Rahmen einer Selbstbeschränkung
geächtet werden sollten. Biotech-Experte Lanphier etwa schlägt vor, bereits im
Labor auf jegliche gentechnische Eingriffe in Keimzellen zu verzichten.
"Menschen sind besondere Organismen und keine Laborratten", sagt er.
Andere haben weniger Skrupel. Einiges Aufsehen erregte zum Beispiel der Plan
von Harvard-Forschern, im Erbgut unreifer menschlicher Eizellen das
Brustkrebs-Gen BRCA1 zu reparieren. Laborleiter Church erklärte inzwischen, die
Versuche seien vor einigen Monaten abgebrochen worden, weil anderes ihm derzeit
wichtiger sei. Für die Aufregung hat er jedoch wenig Verständnis. Schließlich
habe es sich nur um Reagenzglasversuche gehandelt, versichert er. "Wir
hatten nie eine klinische Verwendung im Auge."
In jedem Fall dürfte Crispr dafür sorgen, dass den Bioethikern der Stoff für
Kontroversen nicht ausgeht. Gerade erst haben Forscher der University of
California in San Diego einen Gendefekt ins Erbgut von Fruchtfliegen
geschleust, der sich binnen weniger Generationen in einer ganzen Population
verbreiten kann. Die mutwillige Steuerung der Evolution wird damit möglich.
Schon denken Forscher darüber nach, Mückenmutanten zu erschaffen, die eine
Resistenz gegen den Malariaerreger innerhalb ihrer Art weitergeben.
Ausgerechnet George Church, für gewöhnlich der verwegenste aller
Gentech-Visionäre, meldet hier Bedenken an. Er kritisiert, die Arbeit der
kalifornischen Forscher hätte lieber nicht veröffentlicht werden sollen, ohne
gleichzeitig ein Rezept mitzuliefern, wie sich eine unkontrollierbare
Freisetzung verhindern lässt. Church: "Was sich jetzt verbreiten wird,
sind zwar noch nicht die mutierten Fliegen selbst, aber das Versuchsprotokoll,
um sie herzustellen."
(Der Spiegel 18-2015 S.116 - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-134660915.html
)
·
Eine neue Gentech-Methode versetzt Bioforscher in
einen Schaffensrausch. Erbkrankheiten könnten damit geheilt werden ? aber auch
das Designerbaby rückt in den Bereich des Machbaren. Wie weit darf das Leben
umgestaltet werden? …
Sie alle werden in Washington darüber diskutieren, ob es in der Macht von
Wissenschaftlern steht, über die Nutzung ihrer Entdeckungen selbst zu
entscheiden. Und falls ja: in welchem Sinne sie diese Macht ausüben sollten.
Zumindest in einem scheinen sich die Teilnehmer der Konferenz einig: Die Geburt
des ersten Crispr-Babys wird ein einschneidender Wendepunkt sein. "Wenn
wir diese Schwelle überschreiten, ist es schwer vorstellbar, wie wir wieder
zurückkommen sollen", erklärt Broad-Chef Eric Lander. …
Jennifer Doudna wollte zunächst nur herausfinden, wie diese hoch spezifische
Immunabwehr der Bakterien funktioniert. Erst nach jahrelanger Forschung begriff
sie, dass sich das Crispr-System als universelles molekulares Werkzeug eignet.
"Ich weiß noch genau, wie uns plötzlich klar wurde: ,Wow, wir können ein
Protein darauf programmieren, jedes beliebige Stück DNA zu zerscheiden'",
sagt sie. Die Idee einer lenkbaren Genschere war geboren.
Fasziniert verfolgt die Forscherin nun, mit welcher Geschwindigkeit ihre Idee
die Welt erobert. "Es ist überwältigend zu sehen, was die Leute damit
anstellen", sagt sie. Schon haben Forscher menschliche Zellen von
Erbkrankheiten kuriert, Krebszellen an der Vermehrung gehindert, Weizen vor
Pilzinfektionen geschützt und Hefezellen beigebracht, Biokraftstoff zu
produzieren. "Es klappt", sagt Doudna. …
In der Tat liest sich die Chronik der Neuigkeiten, die in den vergangenen
Monaten auf dem Feld des Genomeditierens verkündet wurden, imposant:
Molekularbiologe George Church von der Harvard University schaltete im Erbgut
von Schweinezellen insgesamt 62 Virengene aus; das Verfahren soll die
Transplantation von Schweineorganen in Menschen möglich machen, ohne dass es
dabei zu Infektionen des Empfängers kommt. …
Genforscher der University of California wollen mithilfe von Crispr die
Richtung der Evolution umlenken; sie haben Anophelesmücken eine Resistenz gegen
den Malariaerreger ins Erbgut gebaut, eine Anlage, die sich in der freien
Wildbahn verbreiten könnte.
Broad-Chemiker Zhang hat eine neue Runde im Wettlauf um die beste Form der
Genomeditierung eröffnet; er hat in Bakterien ein neues Crispr-System entdeckt,
das noch einfacher und präziser als das bisher verbreitete Crispr-Cas9-System
funktioniere.
Kein Experiment aber erhielt mehr Aufmerksamkeit als dasjenige von Huang Junjiu
an der Sun-Yat-sen-Universität in Guangzhou. Er und sein Team veränderten in
menschlichen Embryonen ein Gen, das bei der Blutkrankheit Beta-Thalassämie eine
entscheidende Rolle spielt. Zwar verwendete Huang bewusst Embryonen, die
ohnehin nicht lebensfähig waren – einen öffentlichen Aufschrei löste er
trotzdem aus. Denn die Chinesen hatten die magische Grenze überschritten: Sie
hatten die Keimbahn angetastet. …
Eine erste, sehr spezielle Form des Keimbahneingriffs ist sogar schon genehmigt
worden, wenngleich nur im in dieser Hinsicht vergleichsweise liberalen
Großbritannien. Jahrelang prüften Ethiker, Juristen und Mediziner dort das
Verfahren, dann erklärten sie den sogenannten Mitochondrienaustausch für
zulässig. Es geht dabei um Erbkrankheiten, die verhindert werden können, indem
man die Kraftwerke in der mütterlichen Eizelle ("Mitochondrien")
durch diejenigen einer anderen, nicht erbkranken Frau ersetzt. Was, so urteilte
das britische Parlament, spricht gegen die Methode, wenn sie doch Leid verhüten
hilft? …
Die kalifornische Firma Sangamo hat bereits mit klinischen Versuchen begonnen.
Sie will in den Blutstammzellen von HIV-Infizierten das Gen für einen Rezeptor
namens CCR5 ausschalten. Denn dieses Molekül dient den HI-Viren als
Eintrittspforte, um in die Zelle zu gelangen. Die Sangamo-Forscher glauben,
dass durch eine solche Immunisierung des Blutes eine Heilung von Aids möglich
ist. …
(Der Spiegel 49-2015 S.124 - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-140036965.html
)
·
Die
neue … Gentech-Methode mit dem Namen Crispr-Cas9 wird in den USA wahrscheinlich
erstmals für den Einsatz beim Menschen zugelassen … Forscher wollen 18
Krebspatienten behandeln, denen mit keiner anderen Therapie mehr zu helfen ist
… weiße Blutkörperchen der Patienten gentechnisch so verändern, dass sie
Krebszellen besser erkenn und abtöten können. … Erbgut der sogenannten T-Zellen
an drei Stellen mit der Crispr-Cas9-Schere verändern
(Der Spiegel 26-2016 S.96)
· Liebe
Politiker, bitte definieren Sie jetzt!
Wann sind technische Eingriffe in Gene Gentechnik?
Von Andreas Sentker
Wenn die Produkte von der Natur nicht zu unterscheiden sind: Ist das noch
Gentechnik? Wenn Gene von Apfel zu Apfel übertragen werden, von Weizen zu
Weizen? Wenn Schreibfehler im Erbgut spurlos korrigiert werden? Defekte Anlagen
gegen intakte Varianten getauscht? Ist das noch Gentechnik?
Das ist nicht nur eine Frage der Definition. Es ist eine Frage nach Regulation
und Kontrolle, nach Akzeptanz und Marktzugang, nach Innovations- und
Konkurrenzfähigkeit – und nicht zuletzt nach Sicherheit. Es ist eine politische
Frage, die an diesem Dienstag in Berlin diskutiert wurde. Die Nationalakademie
Leopoldina, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Deutsche Ethikrat
hatten Naturwissenschaftler, Juristen, Theologen und Psychologen eingeladen.
Dabei ist schon die Definition eine echte Herausforderung. Sie hat mit Biologie
zu tun und mit Mathematik. Rein statistisch kann eine Folge von 20
willkürlichen Genbausteinen nämlich im Erbgut jedes Tieres, jeder Pflanze rein
zufällig auftauchen. Darum sollen Veränderungen von weniger als 20 Basenpaaren
im Genom – so ein Expertenvorschlag – künftig als naturidentisch gelten. Und
wenn Gene ein und derselben Pflanzenart neu kombiniert werden, soll dies ebenfalls
nicht als Gentechnik gelten.
Diese Regeln gelten für die Produkte der neuen Techniken. Dass die Techniken,
also die Prozesse selbst, Gentechnik sind, ist unstrittig. Schließlich werden
fremde oder neue Gene in die Zellen eingeschleust. Diese Gene lassen sich nach
getaner Arbeit aber wieder entfernen. Produkt oder Prozess – darüber streiten
nun Befürworter und Gegner. Und es wird bald noch komplizierter. Schon gibt es
Methoden, ohne Gene präzise ins Genom einzugreifen. Dann ist auch der Prozess keine
Gentechnik mehr, oder?
Über solche Fragen wird weltweit diskutiert. Bei der chinesischen Akademie der
Wissenschaften wie bei der amerikanischen Umweltbehörde. Und natürlich – wie
jetzt – in Berlin. In Deutschland sind diese Fragen so entscheidend, weil über
die alte Gentechnik das Urteil längst gefällt ist. Sie ist – bis auf wenige
Ausnahmen – schlicht unerwünscht.
Und die neue? Sie ist vielversprechend! Das sagen in Berlin die
Naturwissenschaftler. Sie ist eine Herausforderung! Das sagen in Berlin die Juristen,
die sich ansonsten in der Definition uneins sind. Die Auseinandersetzung sei
dem Verbraucher egal, sagt der Sozialpsychologe. Der Konsument wolle einfach
wissen, was er da kauft. Also müsse man es auf die Produkte schreiben. Aber
was? "Mit Gentechnik"? "Mit neuen Züchtungsmethoden"?
Die Politiker in Berlin jedoch warten auf die Richter in Luxemburg. Der
Europäische Gerichtshof soll entscheiden, ob eine Veränderung von einem
einzigen Genbaustein schon Gentechnik ist. Das dauert aber wohl noch ein Jahr.
Bis dahin liegt die Frage in Berlin auf Eis. Und das ist der eigentliche
Skandal.
(DIE ZEIT Nr. 8/2017, 16. Februar 2017 http://www.zeit.de/2017/08/gentechnik-definition-politiker
)
·
Zuckerfreie
Süße und veganes Eiweiß: Die Synthetische Biologie auf dem Weg in die
Supermärkte
(24.08.2016) Die perfekte Süße: Null Kalorien, schmeckt wie Zucker und fühlt
sich auch so an. EverSweet wird mit
einer besonderen Hefe produziert. In sie ist ein Stoffwechselweg eingebaut, der
sie zwei süße pflanzliche Proteine produzieren lässt. Es ist eines der ersten
Produkte der Synthetischen Biologie im Lebensmittelbereich. Kritiker
brandmarken sie als „extreme Gentechnik“, doch viele junge
Biotechnologie-Unternehmen sind von den neuen Möglichkeiten begeistert.
WEITERLESEN <http://www.transgen.de/aktuell/2587.synthetische-biologie-lebensmittel.html>
·
Biotechnologie
Produktion
Lebensmittel-Enzyme: Bei der Herstellung wird Gentechnik zum Standard
Enzyme? Im Zutatenverzeichnis
erscheinen sie nicht, und kaum jemand weiß, dass sie bei zahlreichen
Lebensmitteln eine wichtige Rolle spielen. Ob Käse, Brötchen, Fruchtsaft oder
Süßigkeiten - ohne Enzyme geht kaum noch was. Lebensmitteltechnologen schätzen
sie als präzise biochemische Werkzeuge. Die eingesetzeten Enzyme werden heute
mit Hilfe von Mikroorganismen produziert - und die sind oft gentechnisch
verändert (aktualisiert).
WEITERLESEN <http://www.transgen.de/lebensmittel/1051.lebensmittelenzyme-gentechnisch-hergestellt.html>
·
Enzyme:
Biotechnologie im Alltag
http://www.transgen.de/lebensmittel/1176.enzyme-biotechnologie-alltag.html
·
Offene
Debatte statt Wortklauberei
Über eine Gentechnik, die keine sein soll – und doch eine ist
Dieser Erfolg ist ohne Beispiel. In kaum drei Jahren haben sich neue Verfahren
für Eingriffe ins Erbgut in fast alle Labore verbreitet. Kein Wunder: Ihr
Nutzen scheint grenzenlos, ihr Risiko sehr überschaubar.
Die alte Gentechnik war mühsam, ungenau und fehleranfällig – und schon deshalb
in ihren Möglichkeiten beschränkt. Sie wurde bei Bakterien und Pflanzen eingesetzt, seltener bei Tieren. Noch
seltener, aber zum Teil mit dramatischen Folgen, erprobten Wissenschaftler sie
am Menschen.
Die neue Gentechnik ist einfach, präzise und unfassbar vielseitig. Glichen die
alten Methoden einem Schrotschuss ins Erbgut, so ähneln die neuen einer
molekularen Redigatur (man spricht auch vom gene editing). …
Die neuen Techniken befeuern aber noch eine ganz andere Debatte. Die Eingriffe
ins Erbgut können theoretisch so präzise erfolgen, dass ihr Resultat nicht von
einer natürlichen Variation zu unterscheiden ist. Mit Blick auf diese quasi
naturidentische Manipulation behaupten jetzt einige Wissenschaftler, die neue
Gentechnik sei eigentlich gar keine – und sie sei daher auch nicht den
gesetzlichen Regeln für Genmanipulationen zu unterwerfen.
Schaut man nur auf das Erbgut, mögen sie recht haben. Doch in Wirklichkeit
verstecken sich Forscher mit diesem Argument hinter veralteten
Gentechnik-Definitionen, statt sich mit ihren neuen Instrumenten der Debatte zu
stellen. Nach mehr als 40 Jahren Gentechnik ist die gesellschaftliche Debatte,
was damit sinnvoll anzufangen wäre (und was nicht), notwendiger denn je. Sowohl
Befürworter als auch Kritiker dieser Technologie müssen sich ihr erneut
stellen. Viele alte Argumente sind heute obsolet, viele frühere Risiken
methodisch beherrschbar. Das Feld ist wieder offen – auf ihm sollte offen
gespielt werden.
Auch weil die neuen Methoden erlauben, ein Gen schneller und unerbittlicher in
der Natur zu verbreiten, als das bisher der Fall war (gene drive). Über die
möglichen Folgen eines Einsatzes muss intensiv diskutiert werden. Denn die neue
Gentechnik ist eine echte Gentechnik – mit noch einem entscheidenden
Unterschied zu den alten Methoden: Diesmal könnte sie tatsächlich viele ihrer
Versprechen einlösen.
(Die Zeit 17.3.2016 S.41 http://www.zeit.de/2016/13/gentechnik-biologie-erbgut-debatte
)
·
Crispr
Wo bleibt der Aufschrei?
Gerade erfinden Forscher das Menschsein neu. Und was tun wir? Ängstigen uns vor
Gentomaten. Über die Selbstwidersprüche unserer hysterischen Gegenwart …
Worum es beim jüngsten Durchbruch der Gentechnologie geht, ist im Kern
erstaunlich einfach erklärt: Vor wenigen Jahren haben zwei
Wissenschaftlerinnen, Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier – Letztere
forscht seit Kurzem übrigens am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in
Berlin –, molekulargenetische Werkzeuge entdeckt, die, wenn sie in einen
Organismus eingeschleust werden, dort wie Genscheren funktionieren: Bestimmte
Abschnitte eines Gens können herausgeschnitten, korrigiert oder durch andere
Abschnitte ersetzt werden, weshalb sich für diese Methode der Name genome
editing eingebürgert hat. Im Vergleich zu den herkömmlichen Methoden, die seit
den siebziger Jahren bekannt sind und weltweit in Labors verwendet werden,
arbeiten diese neuen Genscheren jedoch deutlich schneller und präziser, sind
erheblich kostengünstiger und – einer der brisantesten Punkte dieser
Technologie – können im Nachhinein nicht mehr nachgewiesen werden, während die
sogenannten Vektoren, die bislang zum Einsatz kamen, im Organismus
charakteristische Spuren hinterlassen. …
Täusche ich mich, oder lodern nun die ersten Freudenfeuer der Begeisterung?
Sind wir nicht alle begeistert, wenn wir hören, dass die Medizin dabei ist, das
Heer der Krankheiten, die uns zu hartnäckigem Leiden bis hin zu brutalem
Siechtum verdammen, weiter zu dezimieren? Aber warum eigentlich sind wir so
schnell bereit, die Errungenschaften der "roten" – also der
medizinisch-therapeutisch genutzten – Gentechnik als eindeutigen Fortschritt zu
begrüßen, während wir ebenso schnell bereit sind, "grüne" – also
landwirtschaftlich genutzte – Gentechnik als Teufelszeug zu verdammen? In
Deutschland sind mehr als 150 Medikamente zugelassen, die mittels
gentechnischer Verfahren hergestellt werden: vom Insulin über diverse
Krebstherapiemittel bis hin zur Hepatitis-Schutzimpfung. Warum gehen die
Anhänger des grünen Friedens hier nicht auf die Barrikaden, wie sie es
regelmäßig tun, sobald ein Agrarkonzern ankündigt, er wolle eine neue, durch
Genmanipulation optimierte Getreidesorte auf den Markt bringen, die helfen
könnte, den Hunger in den Armutsregionen der Welt zu lindern? Warum empfehlen
diejenigen, die überzeugt sind, Tag und Nacht fürs Gute zu fechten, dass man
lieber die afrikanischen und asiatischen Kleinbauern beim Gemüseanbau
unterstützen oder Vitamintabletten an die notleidende Bevölkerung verteilen
sollte? Müssten sie nicht mit derselben Entschiedenheit den westlichen
Diabetes- oder Krebspatienten die Medikamente "aus dem Genlabor"
verbieten wollen und ihnen stattdessen empfehlen, ihre Zivilisationskrankheiten
allein mit mehr Bewegung und gesünderer Ernährung zu bekämpfen?
Doch nicht nur grüne Friedensengel, alle Besorgten und Bewegten heben drohend
das Schwert, wenn durchsickert, dass sich die Biowissenschaftler nicht damit
begnügen wollen, das Erbgut von Nutzpflanzen zu optimieren, sondern auch das
des Menschen. Ein chinesisches Forschungsteam hat bereits damit begonnen,
Crispr/Cas9 bei menschlichen Embryonen anzuwenden, ein britisches dürfte
demnächst damit anfangen – obwohl die einflussreichen Vertreter der Scientific
Community bei ihrem Treffen in Washington beschlossen haben, sämtliche
Experimente, die in die menschliche Keimbahn eingreifen, so lange zu
unterlassen, bis eine breite öffentliche Diskussion über die Wünschbarkeit des
genetischen Upgrades beim Menschen stattgefunden hat. …
Kein Zweifel: Das "Designerbaby" oder der "Retortenmensch"
taugen zum apokalyptischen Reiter unserer Tage – zumal es zwei britischen und
amerikanischen Forscherteams soeben gelungen ist, einen menschlichen Embryo
zwei Wochen lang in einer Petrischale heranwachsen zu lassen. …
Doch wer will in Zeiten, in denen es gesellschaftlich mehr als verpönt ist,
einen Leidenden – oder bloß Unzufriedenen – mit einem solchen Satz zu konfrontieren,
noch eine Lanze fürs "Verhängnis-Tragen", ja gar für
"Demut" brechen? Des finstersten Reaktionärstums, der verstocktesten
Religions-Hinterwäldlerei machte sich derjenige verdächtig! Ich erinnere an den
Aufschrei, den es gab, nachdem Sibylle Lewitscharoff Frauen, deren
Kinderwünsche nicht in Erfüllung gehen wollen, nahegelegt hatte, diese ihre
Kinderlosigkeit als ihr Schicksal anzunehmen, statt nach dem
Reproduktionsmediziner zu rufen. …
(Die Zeit 23.6.2016 S.39 http://www.zeit.de/2016/27/gentechnik-crispr-anwendungsgebiete-kritik/komplettansicht
)
·
Eine
Frau, ihre Entdeckung und wie sie die Welt verändert
Emmanuelle Charpentier hat Biologen ein neues Werkzeug beschert: Mit
"Crispr" lassen sich Gene verblüffend präzise und sicher ändern.
Ärzte wollen damit Aids, Krebs und Erbkrankheiten heilen. Nimmt der Mensch die
Evolution bald selbst in die Hand? …
Gäbe es einen Nobelpreis für Bakterien, der Streptococcus pyogenes wäre ein
Kandidat mit echten Aussichten. Betrachtet man ihn durch ein Mikroskop, wirkt
er eher hässlich. Beim Menschen verursacht das Bakterium eine eitrige
Mandelentzündung oder sogar Scharlach. Doch Streptococcus pyogenes verfügt über
ein einzigartiges Werkzeug zur Selbstverteidigung. Bis vor Kurzem hat das so
gut wie niemanden interessiert. Es ist schließlich nur eine Mikrobe. Jetzt
kennt man das Instrument besser, und plötzlich interessieren sich sehr viele
Menschen auf der ganzen Welt für das winzige Geschöpf.
Sein Werkzeug ist eine Art intelligentes biologisches Skalpell für
Präzisionsoperationen am Erbgut. Damit setzt sich das Bakterium gegen die
Angriffe von Viren zur Wehr. Mediziner hoffen nun, mithilfe dieser Methode bald
HIV-Infektionen heilen zu können, Leukämie und Erbkrankheiten. Genetiker
schaffen damit bereits Pflanzen, die bislang niemand kannte. Die Technik weckt
große Hoffnungen: Fehler im Genom aller denkbaren Lebewesen können womöglich
künftig wegkorrigiert, ausgelöscht werden – wie vertippte Buchstaben in einem
Textdokument.
Die Frau, die den Anlass für solche Hoffnungen gab, sitzt in ihrem Büro in der
Nähe des Berliner Hauptbahnhofs und wundert sich. "Es ist alles so
surreal", sagt Emmanuelle Charpentier. Sie hat dem Scharlachbakterium sein
Geheimnis entrissen. Dafür hat sie allein in diesem Jahr acht Forschungpreise
bekommen. Im Herbst wird ihr der nächste verliehen, diesmal die höchste
Auszeichnung Kanadas für Medizinforscher. Es ist der achtzehnte Preis seit 2015.
Kein anderer Wissenschaftler hat wohl in so kurzer Zeit so viele Ehrungen
abgeräumt, erst recht keine Wissenschaftlerin. …
jetzt ist sie die Chefin des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie. …
Die Entdeckung
Ihr Aufstieg begann mit einem Fachartikel. Sein Titel: A Programmable
Dual-RNA-Guided DNA Endonuclease in Adaptive Bacterial Immunity. Charpentier
hatte ihn zusammen mit der amerikanischen Forscherin Jennifer Doudna im
Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht. Das war im August 2012. Der Aufsatz
veränderte nicht nur das Leben der beiden Frauen, sondern die Arbeit Tausender
Genetiker, Biologen und Mediziner rund um die Welt. Auf fünf Seiten beschreiben
die Biologinnen das Abwehrsystem des Scharlachbakteriums Streptococcus
pyogenes: Es nutzt ein molekülkleines Instrument, das aus einem Sucher und
einer Art Schere besteht. Die englische Abkürzung für dieses Abwehrsystem
lautet Crispr/Cas9, meist kurz: Crispr. …
die Botschaft der Autorinnen in der Zusammenfassung elektrisierte die
Biowissenschaften: Die Genschere des Streptokokkenbakteriums lässt sich
nachbauen und sein Sucher auf beliebige Ziele einstellen. …
Die Erfindung der Genschere ist der dritte große Schritt, das Geheimnis der
belebten Natur zu lüften. Zuerst musste die Wissenschaft erkennen, dass das
Alphabet des Lebens aus den vier Molekülen Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin
besteht, abgekürzt mit den Anfangsbuchstaben ACGT. Dann musste sie lernen, die
Buchstabenfolge in jedem Organismus zu entziffern. Und jetzt eröffnet sich die
Möglichkeit, sogar Genfehler zu korrigieren, den genetischen Code quasi zu
redigieren oder besser: die Erzählung der Natur zu verschönern. Und so frisch
sie selbst im Labor noch sein mag, längst ist diese Technik im Alltag und für
Laien relevant. Auch der deutsche Ethikrat hat an diesem Mittwoch zum ersten
Mal darüber beraten.
Bei Tieren und Pflanzen ist die Genchirurgie – englisch: genome editing – schon
weit fortgeschritten. Agrokonzerne experimentieren mit Weizen- und Maissorten,
die Schädlingen widerstehen. In den USA wurde gerade ein mit Crispr
modifizierter Champignon für den Supermarkt zugelassen – er wird dank
Genveränderung nicht so schnell braun. Der Clou: Anders als bei früheren
Genmanipulationen ist diese nicht mehr nachweisbar. …
Die Verantwortung für ihre Entdeckung jedoch kann sie nicht weiterleiten. Keine
Preisverleihung ohne das Thema, kein Interview ohne die Frage: Wie tief darf
die Genschere ins menschliche Erbgut einschneiden? Soll der Mensch seinen
genetischen Code auch auf Dauer verändern? Droht der Homo crispr? Auch den
Deutschen Ethikrat treibt das um. In China, Großbritannien und Schweden
erproben Forscher Crispr schon an Embryonen, aus denen theoretisch Säuglinge
reifen könnten. Erstmals scheinen auch gezielte Änderungen am Erbgut plausibel,
die heutige Patienten an ihre Kinder und Kindeskinder weiterreichen würden –
ein Eingriff in die sogenannte Keimbahn, das genetische Band zwischen den
Generationen. Nimmt der Mensch seine Evolution jetzt selbst in die Hand?
Vom "Menschen nach Maß" ist wieder die Rede und von einer
"Genokratie", in der demnächst eine genetisch optimierte Elite über
das naturbelassene Proletariat herrscht. Doch weder in Großbritannien noch im
chinesischen Guangzhou will man bisher den "neuen Menschen". Keine
Frau soll die manipulierten Embryonen austragen. Sie dienen der
Grundlagenforschung, um mehr über die Entstehung von Erbkrankheiten und das
Wachstum von Embryonen zu erfahren. Die echten bioethischen Probleme sehen
Experten vielmehr bei der Gentherapie am einzelnen Menschen: "Die größte
Gefahr ist, dass man die Technik einsetzt, obwohl sie noch nicht reif
ist", sagt Sigrid Graumann, Mitglied im Ethikrat.
Zwar steuert der Crispr-Sucher sein Ziel genauer an als alle Laborwerkzeuge der
Mikrobiologen zuvor – völlig treffsicher ist er aber noch nicht. In seltenen
Fällen zerschneidet die DNA-Schere versehentlich auch Gene, die sie nicht
verändern soll. Es funktioniert wie bei der Textverarbeitung am Computer: Einen
seltenen Begriff auszutauschen ("Genschehre" durch "Genschere")
ist kein Problem. Zielt man dagegen auf häufige Buchstabenkombinationen
("Son" gegen "Sohn"), verändern sich plötzlich zahlreiche
Wörter: Sohnnenschein, Sohnderurlaub, Sohnde. Der Text wird nicht verbessert,
sondern zerstört.
Off-target nennt sich das: danebengeschossen. Im schlimmsten Fall verursacht
die vermeintlich rettende Therapie dann Krebs. Als die chinesischen Forscher
aus Guangzhou ihre Crispr-manipulierten Embryonen später untersuchten, fanden
sie Genveränderungen vor, die nicht geplant waren. Im Labor nicht tragisch, im
Versuch an Menschen katastrophal. Hier muss die Treffsicherheit bei fast 100
Prozent liegen. Lieber mit HIV leben, als durch Crispr sterben. …
(Die Zeit 23.6.2016 S.329f. http://www.zeit.de/2016/27/emmanuelle-charpentier-crispr-gentechnik/komplettansicht
)
·
Pflanzenzucht
Gentechnik – oder keine?
Eingriffe ins Erbgut von Pflanzen lassen sich durch die neuen Techniken gar
nicht mehr nachweisen. Und das sorgt für Streit. …
Der haltbare Zuchtchampignon war das erste Crispr-Produkt, dessen Vermarktung
die Zulassungsbehörden der USA genehmigt haben. Als zweites winkten sie einen neuen Stärkemais durch. Damit
bahnten sie einer neuen grünen Revolution in der Landwirtschaft den Weg –
jedenfalls in den Augen der Saatgutindustrie. Umweltschützer und Biobauern
hingegen wollen dem unscheinbaren Äußeren der "Gentechnik reloaded"
(taz) nicht trauen. …
Im Zweifelsfall gilt das Vorsorgeprinzip
Dabei berufen sich die Kritiker auf Grundsätze des europäischen
Gentechnikrechts, das einer anderen Philosophie folgt als jenes der USA. Dort
zählt das Produkt: Solange seine Schädlichkeit nicht belegt ist, bekommt es
erst einmal eine Chance. Diesseits des Atlantiks hingegen ist der Prozess der
Züchtung ausschlaggebend, und im Zweifelsfall gilt das Vorsorgeprinzip.
Der Präzedenzfall für den Streit war eine Winterrapssorte mit dem Namen SU
Canola. Eine Tochter der US-Firma Cibus hatte sie mithilfe einer
Genscherentechnik gegen ein Unkrautvernichtungsmittel gewappnet. Im Februar
2015 beschied das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit,
es handle sich nicht um "Gentechnik im Sinne des Gentechnikgesetzes".
Dem Wesen nach gebe es bei derart zugeschnittenen Gewächsen keinen Unterschied
zu den konventionell gezüchteten.
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt wollte die Freisetzung von SU
Canola daraufhin zulassen. Mittlerweile haben sich die zuständigen Behörden in
Schweden und in vier anderen Ländern ähnlich positioniert. Doch in Deutschland
klagten die Umweltverbände, zudem pfiff die EU-Kommission Schmidt und seine
Kollegen zurück: Sie sollten erst eine einheitliche Empfehlung für ganz Europa
abwarten.
Die Saatgutindustrie verfolgt das ungeduldig, denn hinter dem Konflikt stehen
große wirtschaftliche Interessen. Würden die neuen Sorten nach dem alten
Gentechnikrecht reguliert, wären langwierige Antragsverfahren und Testreihen
mit hohen Kosten die Folge. Anderenfalls warten schnelle Gewinne aus einem neuen
Repertoire der Natur.
Für den Biolandbau hingegen steht die Existenz als gentechnikfreie Alternative
auf dem Spiel. Denn wo genveränderte Organismen angebaut werden, verbreiten sie
sich oft durch Pollenflug. Deshalb wurden all die komplizierten Abstandsregeln,
Kennzeichnungs- und Haftungspflichten erkämpft. Würden diese Vorschriften nicht
gelten, ließen sich Bio- und Crispr-Mais nicht mehr unterscheiden – und ein
Kernmerkmal der Ökoproduktion wäre dahin.
(Die Zeit 23.6.2016 S.31 http://www.zeit.de/2016/27/pflanzenzucht-crispr-erbgut-gentechnik-streit/komplettansicht
)
·
ZELLFORSCHER
UND EHTIKER DISKUTIEREN ÜBER DIE GENSCHERE
Verschöpft euch nicht!
Genschere, das klingt so harmlos. Sie kann Leben retten – und unser Leben für
immer verändern. Der Forscher und der Ethiker wägen ab
Peter Dabrock, Jahrgang 1964, ist evangelischer Professor für Ethik im
Fachbereich Theologie der Universität Erlangen. Sein wissenschaftlicher
Schwerpunkt: Bioethik und Gerechtigkeitstheorie. Dabrock ist Vorsitzender des
Deutschen Ethikrates und unter anderem Mitglied der Kammer für öffentliche
Verantwortung der EKD.
Toni Cathomen, 1966 geboren, ist Professor für Zell- und Gentherapie und Direktor des
gleichnamigen Zentrums am Uniklinikum Freiburg. Er forscht an einer
HIV-Therapie mit Hilfe der Genschere. Die Therapie ahmt einen Gendefekt nach,
den manche Menschen haben. Ihnen fehlt dadurch ein Protein, das das Virus zum
Andocken braucht. Cathomens Team will das entsprechende Gen bei HIV-Patienten
mit der Genschere ausschalten. …
Mit der Genschere verändertes Saatgut wird nicht als gentechnisch verändert
deklariert. Warum?
Cathomen: Die offizielle Bezeichnung für die Genschere ist Crispr-Cas-Methode.
Mit ihr können wir genetische Sequenzen austauschen, ohne Spuren zu
hinterlassen. Wenn Sie nicht nachweisen können, dass eine genetische
Veränderung stattgefunden hat, wie wollen Sie gesetzliche Verbote oder
Regularien durchsetzen?
"Mit Crispr-Cas könnte man einen Teil der Ernährungsprobleme angehen"
Dennoch wird Fremd-DNA eingeführt.
Dabrock: In den nächsten Jahren werden wir noch heftig darüber streiten. Herr
Cathomen, Sie argumentieren vom Ergebnis her: Man kann nicht nachweisen, dass
etwas künstlich verändert wurde, also muss man den Eingriff nicht deklarieren.
Ein anderer argumentativer Ansatz sagt: Da hat der Mensch mit künstlichen
Mitteln eingegriffen, das muss unter Aufsicht gestellt werden. Dieser Ansatz
dient in Europa als Grundlage für Gesetze. Paradox wird er, weil man an einer
Pflanze nicht erkennen kann, ob sie mit der Genschere verändert worden ist.
Es kommen Pflanzen mit anderen Eigenschaften dabei heraus!
Dabrock: Jetzt müssen wir wieder ehrlich sein. Wir verändern doch längst, wir
halten auf geradezu romantische Weise an der traditionellen Züchtung von
Pflanzen fest.
Cathomen: Stimmt. Der Mensch züchtet seit Jahrtausenden und wählt Tiere und
Pflanzen aus. Heute wird bei der Pflanzenzüchtung mit Bestrahlung und Chemie das
Erbgut wahllos verändert. Man sucht so lange, bis man findet, was einem passt.
Oft weiß niemand, was die genetische Veränderung ist, die zu diesem neuen
Phänotyp führt. Ist das besser als eine gezielte Methode, bei der wir genau
wissen, welche Veränderung wir einführen?
Dabrock: Als Theologe würde ich sagen: Man muss vom Ende her denken. Kritische
Fragen sind wichtig, aber ein allgemeines Unwohlsein reicht nicht. In der
Landwirtschaft hätte es – weltweit betrachtet – dramatische Folgen, wenn man
sich grundsätzlich gegen diese Technologie stellt. Mit Crispr-Cas könnte man
einen Teil der Ernährungsprobleme angehen. Man wird also womöglich auch
schuldig, wenn man die Technologie undifferenziert ablehnt. …
Dabrock: Doch. Ich kenne keinen Fall einer missbräuchlichen Verwendung von
Forschungsdaten. Wenn es doch einmal dazu käme – und vielleicht reicht auch
schon der öffentlich diskutierte Verdacht – dann wird es verdammt schwer, das
Ruder wieder umzureißen. Die Forschung muss immer wieder beweisen, dass sie vertrauenswürdig
ist.
Cathomen: Chinesische Forscher wenden die Crispr-Cas-Methode an nicht
lebensfähigen Embryonen an. Wenn die Versuche klappen, ist der gedankliche
Schritt klein, sie auch an lebensfähigen Embryonen anzuwenden. Und schon haben
wir die Diskussion um das Designerbaby. Das macht mir Sorge. Wir haben ein
gutes Embryonenschutzgesetz, aber Deutschland ist ja keine Insel, wir müssen
auf unsere Nachbarn gucken. Wir müssen uns positionieren und überlegen, wo wir
die Grenzen setzen. …
(Chrismon 12-2016 S.30 http://chrismon.evangelisch.de/artikel/2016/32907/zellforscher-und-ehtiker-diskutieren-ueber-die-genschere ) Neue Züchtungsverfahren, alte
Gentechnik-Definition:
·
Zeit
für ein Update
Dieses Thema wird uns in diesem Jahr so schnell nicht loslassen: Die neuen
Genome Editing-Verfahren wie CRISPR oder TALEN: Ist das noch Gentechnik oder
gleichen damit gezüchtete Pflanzen eher „natürlichen“ Mutationen? Müsste nicht
eher die Gentechnik-Definition der wissenschaftlichen Entwicklung angepasst
werden? Dazu fand am 14. Februar 2017 in Berlin eine hochkarätige
Diskussionsveranstaltung statt, zu der die großen Wissenschaftsorganisationen
und der Deutsche Ethikrat eingeladen hatten.
WEITERLESEN: <http://www.transgen.de/aktuell/2623.gentechnik-crispr-genome-editing.html>
Gentechnik oder gezielte Mutation? EU-Richter entscheiden über die Zukunft des
·
Genome
Editings
(18.12.2016) Immer deutlicher zeichnet sich ab, was mit den neuen Verfahren des
Genome Editings möglich werden könnte – auch in der Pflanzenforschung. Doch
Europa blockiert sich selbst. Sind editierte Pflanzen und Tiere als
„gentechnisch verändert“ einzustufen oder gleichen sie eher „natürlichen“
Mutationen? Seit Jahren zögert die EU-Kommission, sich in dieser Frage
festzulegen. Nun werden wohl die Juristen des Europäischen Gerichtshofs
entscheiden.
WEITERLESEN <http://www.transgen.de/aktuell/2607.eu-genome-editing-regulierung.html>
·
"Gene-Drive –
Vererbungsturbo in Medizin und Landwirtschaft" – unter diesem Titel stand
die öffentliche Herbsttagung, zu der der Deutsche Ethikrat am 26. Oktober 2017
nach Frankfurt am Main eingeladen hatte.
Gene-Drives sind molekularbiologische Mechanismen, die genetische Merkmale
zügig innerhalb einer Gruppe von Lebewesen verbreiten. In Verbindung mit neuen
Techniken der Genom-Editierung wie CRISPR-Cas9 können sie sehr große Wirkung
entfalten. Wegen ihrer raschen Generationenfolge sind es derzeit vorwiegend
Insekten, an denen Eingriffe mit Gene-Drive-Systemen erforscht werden. So
sollen mittels Gene-Drive beispielsweise Populationen von Mücken kontrolliert
werden, die Krankheiten wie Malaria übertragen. Derartigen Chancen stehen
allerdings schwer überschaubare ökologische Risiken sowie weitere rechtliche
und ethische Bedenken gegenüber, die es im gesellschaftlichen Diskurs abzuwägen
gilt. …
Der Genetiker Nikolai Windbichler, der in die molekularbiologischen Grundlagen
des Themas einführte, sieht in Gene-Drives eine spezies-spezifische und
effektive genetische Technologie, mit der zum Beispiel die Größe von
Moskitopopulationen erheblich reduziert werden könnte oder die Insekten so
modifiziert werden könnten, dass sie Krankheiten wie Malaria nicht länger
übertragen. Entgegen manchen Befürchtungen stellte Windbichler klar, dass die
Technologie "weder permanent noch unaufhaltbar" ist. Moskitos können
auch gegen Gene-Drives Resistenzen ausbilden, ähnlich wie gegen Medikamente für
Malaria. Außerdem wird an Möglichkeiten geforscht, Gene-Drives bei Bedarf zu
neutralisieren. …
Die Biologin und Umweltethikerin Uta Eser bezweifelte, dass die Bekämpfung von
Hunger und Infektionskrankheiten die gezielte Ausrottung ganzer Arten
rechtfertige. Denn selbst wenn man Gene-Drive für ein geeignetes und erlaubtes
Mittel zur Realisierung eines legitimen Zwecks halte, bleibe aus
strebensethischer Sicht die Frage, ob sein Einsatz auch wünschenswert sei. Eser
zufolge gebe es jedenfalls gute Argumente, der gezielten Auslöschung von Arten
durch Gene-Drive mit Zurückhaltung zu begegnen.
(Deutscher Ethikrat, PRESSEMITTEILUNG 07/2017, Berlin, den 27. Oktober 2017)
·
Gen-Schere für Pflanzen
Die Crispr/Cas-Methode macht Pflanzen immer widerstandsfähiger …
Peter Dabrock steht nicht im Verdacht, ein Lobbyist zu sein. Trotzdem hat der
Vorsitzende des Deutschen Ethikrats eine bemerkenswerte Einschätzung zu einem
neuen Werkzeug der Biotechnologie getroffen. "Die Welt unserer Kinder wird
eine von Crispr/Cas geprägte Welt sein", sagt der Theologie-Professor.
Crispr/Cas - diese Abkürzung steht für ein neues Verfahren zur gezielten
Veränderung des Erbguts, das 2012 entdeckt wurde und in kurzer Zeit die
Gentechnik erobert hat. Die Methode eignet sich für jeden Typ von DNA: für
Menschen, Tiere, Pflanzen. …
Die erste Anwendung von Crispr/Cas hatte allerdings ein anderes Ziel: In den
USA sind Champignons zugelassen, die sich nach dem Schneiden nicht mehr
bräunlich verfärben.
Der Einsatz von Crispr/Cas lässt sich am besten mit der Verwendung einer Schere
vergleichen, die den DNA-Strang an einer vorher bestimmten Stelle zerschneidet.
Die Methode nutzt einen natürlichen Prozess. Manche Bakterien verwenden dieses
Enzym als Reparaturwerkzeug, wenn ihr Erbgut etwa durch Viren attackiert wurde.
Dringt ein Virus in die Zelle ein, baut es ein Stück seiner DNA in das Erbgut
seines Opfers ein. Bakterien haben im Laufe der Evolution gelernt, sich mit
Crispr/Cas gegen diese Manipulation zu wehren. Das Enzym trägt eine Vorlage,
die es mit der aktuellen DNA der Zelle vergleicht. Findet es eine Abweichung,
schneidet der Mechanismus den DNA-Strang an dieser Stelle durch. Die Zelle
beginnt mit der Reparatur ihres Erbguts und entfernt die fremde DNA. Jennifer
Doudna und Emmanuelle Charpentier hatten die Idee, den Mechanismus für die
Gentechnik zu verwenden. Sie tauschten die natürliche Vergleichsmatrix des
Crispr/Cas gegen eine andere aus. Damit können sie genau festlegen, an welcher
Stelle die Gen-Schere aktiv wird. Gleichzeitig können die Forscher den
Reparaturprozess in ihrem Sinne beeinflussen. Gene können aus- oder
eingeschaltet werden, in manchen Fällen soll ein DNA-Fragment einer Wildform
eingeschleust werden. …
Während bei der ersten Generation der grünen Gentechnik Erbinformationen von
anderen Arten in eine Pflanze eingebaut wurden, soll durch Crispr-Cas der
Genpool der eigenen Art besser genutzt werden.
Daraus ergibt sich eine neue Fragestellung - nämlich die, ob durch den Einsatz
von Crispr/Cas gentechnisch veränderte Pflanzen entstehen. Die Gen-Schere
hinterlässt keine Rückstände im Produkt, eine konventionelle Züchtung könnte
das gleiche Ergebnis liefern: Ist die neue Pflanze deshalb ein natürliches
Produkt? Oder unterliegt sie den strengeren Regelungen für gentechnisch
veränderte Organismen?
Crispr-Cas nimmt eine Sonderstellung unter den Verfahren zur Veränderung des
Erbguts ein. Die neue Technik ist schnell, billig und einfach in der
Handhabung. Viele neue naturwissenschaftliche Techniken bleiben auf finanziell
gut ausgestattete Institute begrenzt, Crispr-Cas ist auch für kleine Labore
erschwinglich. …
(Das Parlament 46-47 13.11.2017 S.10)
·
C) Gentechnik in der
Humanmedizin
·
Q:
Chancen und Risiken der Gentechnologie, Bericht der Enquete-Komm. des Dtsch.
Bundestages 1987, S. 118
- Humaninsulin seit 1981 in USA auf dem Markt, Alt-BRD 1200000 Diabetiker,
400.000 auf Verabreichung von Insulin angewiesen, bisher 20% Insulin aus
Schweine-Bauchspeicheldrüsen, Rest Rinder
·
Dtsch.
Ärzteblatt 6/98 S.A285: Erythropoietin
* EPO aus der Niere steuert die Neubildungsrate von Erythrozythen
* seit 10 Jahren gentechnisch hergestelltes rhEPO (Säugetierzellkulturen)
* im Unterschied zu h-Insulin ist hier erstmals eine therapeutische Anwendung
möglich (nicht Ersatz herkömmlicher Quellen, z.B. tierisches Serum)
·
Medikament
zur Verhinderung von Blutgerinnseln in gent. veränderten Ziegen hergestellt;
1 Tier könnte im Jahr Medikamente für 58 Mill. DM erzeugen
(Spiegel 5/2000 S.180)
·
etwa
3000 monogenetische (Ein-Gen-) Krankheiten sind bekannt, Mukoviszidose,
Muskelschwund, Chorea Huntington
(VFA: Gene und Genom)
·
menschliches
Wachstumshormon: früher aus den Hirnanhangsdrüsen menschlicher Leichen
gewonnen, für Behandlung eines Patienten über 1 Jahr: 70 Leichen
·
EPO
seit 1985 aus Säugetierzellen; Patienten mit chronischem Nierenversagen, die an
chronischer Blutarmut leiden (Bluttransfusionen werden erspart), 30-50% der
heute weltweit 300000 Dialysepatienten werden mit gent. hergest, EPO behandelt
·
Enzym
DNAse I: Behandlung von Mukoviszidose zugelassen: Verflüssigung des Schleims
(VFA: Gentechnik)
·
Humaninsulin
aus Bakterien: erste Versuche 1978, Zulassung 1982
bewußt herbeigeführte Veränderung der Erbsubstanz, um Proteine für
therapeutische Zwecke zu optimieren; bestimmte Bausteine werden gegen andere
Nukleotide ausgetauscht;
1996 eine Insulin-Variante mit schnellerem Wirkbeginn und kürzerer Wirkdauer
zugelassen; 2 Aminosäuren verändert: (S.19)
(VFA: Gentechnik)
·
PCR:
einzelne DNA-Stückchen vervielfältigen (Spermium, Haar, Blutspur, Gewebe einer
Mumie, Erbkrankheiten an einer einzelnen Zelle testen, Spuren von
Krankheitserregern (Viren, Bakterien, Parasiten im Blut finden);
Arbeitsschritte: Trennen, Koppeln, Kopieren immer wieder
a) DNS-Doppelstränge trennen: durch erhitzen - zwei Einzelstränge
b) ein künstlich im Labor hergestelltes DNS-Stück („Primer“), das nur zu einem
ganz bestimmten Stück des Einzelstranges paßt, koppelt sich an und
identifiziert ihn dadurch
c) das Enzym Polymerase verlängert den Primer, so daß zu jedem DNS-Einzelstrang
wieder der genau gegengleiche Strang entsteht;
alle drei Schritte sind temperaturabhängig und lassen sich als Kettenreaktion
wiederholen: nach 30 Verdopplungen 1 Mrd. Kopien
(VFA: Gentechnik)
·
in
der EU 400 Arzneimittel auf Basis von 48 gentechnisch hergestellten Wirkstoffen
in Anwendung; Weltmarkt für diese Medikamente 1998: 10 Mrd. DM
(Catenhusen, epd-wochenspiegel 28/2000 S.8)
·
mehrere
hundert gentechnisch manipulierte Schafe in Neuseeland, schottische Firma PPL
Therapeutics, mit menschlichem Gen ausgestattet, sollen zur Entwicklung einer
Therapie gegen Mukoviszidose eingesetzt werden, die DNS wurde bereits Mitte der
80er Jahre aus der Blutprobe einer dänischen Frau gewonnen
(taz10.7.2000)
·
etwa
17% der Umsätze auf dem Welt-Pharma-Markt werden mit rekombinanten
Arzneimitteln erzielt
(GID 140/2000 S.10)
·
Transplantationen:
gentechnische Untersuchung verschiedener Hormone, die am Immunsystem beteiligt
sind (Zytokine): rund ein Drittel der Transplantierten kann auf Medikamente zur
Unterdrückung der Immunabwehr verzichten, da sie die kritischen Zytokine nicht
in sich tragen
(GID 140/2000 S.31)
·
Monsanto:
Tabak wurde ein gen implantiert, das Somatropin, ein bisher extrem teures
Hormon zur Behandlung von Kleinwüchsigkeit, in Mengen herstellt
(Der Spiegel 26/2000 S.78ff)
·
1999
waren in Deutschland 59 gentechnisch hergestellte Arzneimittel auf dem Markt,
davon 5 aus deutscher Produktion
Das Parlament 22.9.2000
·
Impfstoff
, der Immunität gegen einen Virus bewirkt, gentechnisch in Kartoffeln eingebaut
(rohe Kartoffeln müssen zwei- bis drei Mal gegessen werden); Norwalk-Virus,
verantwortlich für Lebensmittelinfektionen; 19 von 20 Testpersonen positive
Immunantwort
GID 141 8-9/2000 S.33
·
gentechnisch
hergestelltes Insulin
1. Insuman Rapid und Insuman Basal von Hoechst Marion Roussel Deutschland
Frankfurt: „mit dem körpereigenen Insulin identisch“ („Humaninsulin“)
2. Humalog von Lilly France: „Insulinmolekül leicht verändert, Wirkung setzt
rascher ein“
3. Lantus von Aventis Pharma Deutschland Frankfurt: „dem Humaninsulin sehr
ähnlich; zeigt lang anhaltende und gleichmäßige Wirkung“
(versch. Beipackzettel)
·
lieber
von Gen-Unterschieden, als von Gen-Defekten sprechen;
Neurofibromatose: Ursache großes Gen auf Chromosom 17; ständig neu wachsende
gutartige Tumore (Entstellungen, Operationen);
Brustkrebs: Mutter und Schwester daran gestorben; Gen-Test ergibt: Gene BRCA1
und BRCA2 mit Veranlagung dafür bei Patientin vorhanden; 70-80%iges Risiko der
Erkrankung; OP Brüste und Gebärmutter entfernt;
SCA: Gendefekt; bricht spät aus, Patienten wirken wie betrunken;
Down-Syndrom: willensstark; größere gesundheitliche Probleme als andere Kinder
(z.B. schwerer Herzfehler); Diagnose 10.-13 Schwangerschaftswoche Ultraschall
Nackenfalte zu sehen (Flüssigkeitsansammlung); Ultraschall später: körperliche
Auffälligkeiten; 90% der Eltern entscheiden bei der Diagnose DS auf Abbruch der
Schwangerschaft; Diagnose Fruchtwasserentnahme: klare, gelbliche Flüssigkeit;
Betroffene gezeigt; Mitwirkung in Film, Lernen von Texten; stundenlange
Konzentration;
Mukoviszidose: 50 verschiedene Medikamente einnehmen + Inhalation + Atem- und
Hüpf-Therapie; im Notfall steht Sauerstoffgerät bereit; schmächtige
Erscheinung; 30-40 Jahre Lebenserwartung
(RTL 20.1.02 Glück mit Fehlern)
·
Gene produzieren Antikörper gegen Spermien, diese
Gene in Mais-Zellkerne eingepflanzt,
(The Observer - London 9-9-01)
·
Verwirklicht
wird die Patientenautonomie durch das Prinzip des informed consent, also der
informierten Zustimmung. Dieses Prinzip besteht aus zwei Grundannahmen:
1. Der Patient muss selbst entscheiden, welche Behandlungen er eingehen will
und wie sie durchgeführt werden sollen. Er und niemand anders, auch nicht der behandelnde
Arzt, hat über Ob und Wie einer medizinischen Behandlung zu entscheiden und
verleiht den mit ihr verbundenen Eingriffen in seine Körperintegrität
Legitimation und Rechtmäßigkeit.
2. Eine wirksame Entscheidung als Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes setzt
notwendig umfassende Aufklärung über Diagnose, Heileingriff, Risiken, Folgen
und Alternativen voraus. Nur wenn der Patient weiß, worum es geht, wird er
überhaupt in die Lage versetzt, eine ernstzunehmende und zu respektierende
Entscheidung zu treffen.
(GID 150/2002 S.16)
·
britische
Wissenschaftler haben Gen entdeckt, das für 70% aller bösartigen Formen von
Hautkrebs verantwortlich ist (in Melanomen als Mutation vorkommt)
(epd wochenspiegel ost 25/2002 S.23)
·
geklonte
und genetisch manipulierte Kälber in USA produzieren in ihrem Blut menschliche
Antikörper; ein künstliches Chromosom mit dem gesamten menschlichen
Antikörpererbgut eingeschleust
(Die Zeit 15.8.02)
·
Uni
Gießen: gentechnisch veränderte Karotte stellt Impfstoff gegen Hepatitis B her;
drastische Kostensenkung möglich;
in USA schon über 300 Versuche Freiland mit Pflanzen zur Produktion von
Pharmazeutika: zB Wachstumshormon, Blutgerinnungsmittel; am häufigsten genutzte
Pflanze ist Mais – ein Betreiber schätzt, dass 2010 weltweit 10% der Maisernte
der Medikamentenproduktion dienen werden
(GID 153, 8-9/2002 S.29)
·
Amsterdam;
Freisetzungsversuch genehmigt; 12 Patienten; jeder soll Milliarden von
gentechnisch veränderten Bakterien schlucken; Milchsäure-Bakterien so
verändert, dass sie einen Botenstoff (Interleukin-10) herstellen, der
Entzündungen abklingen lässt; Krankheit: chronische Darmentzündung Morbus
Crohn;
(Der Spiegel 31/2002 S.121)
·
gentechnisch
hergestelltes Insulin: Kritiker: häufigstes Problem Unterzuckerung;
gentechnisch hergestelltes Insulin ist billiger herzustellen; Hersteller
behaupten: sicherer, weil keine Gefahr durch Tierkrankheiten
(GID 151 4-5/2002 S.29)
·
in
Puerto Rico Feldversuche mit so genannten Pharmapflanzen angelaufen; Mais,
Gerste, Soja, Reis und Tabak so manipuliert, dass sie Impfstoffe und andere
Pharmazeutika, menschliche Antikörper, aber auch Enzyme für die Industrie und
Laborchemikalien produzieren; seit 1991 mindestens 300 solcher Versuche
bewilligt, ohne dies öffentlich zu machen
·
eine
bestimmte Art von gentechnisch hergestelltem Erythropoietin (EPO) hat bei
Patienten lebensbedrohliche Anämie hervorgerufen
(United Press International, Nov 2, 2002)
·
gentechnisch
hergestelltes Erythropoietin (EPO) schützt Patienten mit Niereninsuffizienz vor
einer drohenden Blutarmut; in Deutschland bekommen derzeit 87% der
dialysepflichtigen Patienten mit Nierenversagen ein EPO-Präparat gespritzt (160
Millionen Euro pro Jahr); im November 2002 Alarm: das Mittel Eprex ruft u.U.
bei Nierenkranken als Nebenwirkung eine dauerhafte Blutarmut hervor; sind
gentechnisch hergestellte Medikamente von verschiedenen Herstellern
wirklich identisch?; in Bioreaktoren
geht es beileibe nicht so exakt zu wie in den Chemieanlagen der konventionellen
Pharmaindustrie (lebende Zellen); den Zellen in den Bioreaktoren werden
athletische Leistungen abgetrotzt: bis zu 40% ihrer gesamten Eiweißsynthese
dienen der Herstellung des Pharmawirkstoffs; zuweilen bilden sie falsch
gefaltete Eiweiße oder bauen sie wieder ab;
EPO ist ein körpereigenes Hormon, das in der Niere gebildet wird und die
Produktion der roten Blutkörperchen im Knochenmark ankurbelt. Fällt bei einer
Nierenschädigung die Hormonproduktion aus oder ist reduziert, kommt es zu einem
Mangel an roten Blutkörperchen, der Patient fühlt sich matt und schwach. Der
zugeführte Wirkstoff EPO soll den Hormonmangel kompensieren und der Blutarmut
entgegenwirken.
der Wirkstoff für Erypo/Eprex wird in Kulturen von gentechnisch veränderten
Hamsterzellen produziert,;
(Die Zeit 12.12.02 S.35; GID 155/2002-2003 S.36)
·
Oelck
(früher AgrEvo); arbeitet an der Produktion von Pharmastoffen in Pflanzen; es
wäre sicherer, wenn man manche pharmazeutischen Wirkstoffe in ausgesprochenen
Nicht-Nahrungsmittelpflanzen herstellen würde; bisher aber fast alle Versuche
im Bereich „Molecular Farming“ mit gängigen Nahrungspflanzen wie Mais, Soja
oder Kartoffeln; bei diesen Pflanzen ist man in Forschung und Züchtung sehr
weit, sie lassen sich auf dem Feld anbauen
(GID 155/2002-2003 S.10)
·
„Krankheitsgene“
mit positiven Nebenwirkungen bekannt: so schützt die Sichelzellenanämie vor
Malaria, und der Gendefekt, der Mukoviszidose verursacht, vor Typhus und
Cholera
(GEO Wissen Nr.30: „Die neuen Wege der Medizin“ 2002, S.167)
·
wenn
die Schutzkappen am Ende der Chromosomen, die so genannten Telomere abgenutzt
sind, steigt bei älteren Menschen das Sterberisiko; Verkürzung Ursache oder
Folge der Krankheiten?
(Die Zeit 6.2.03 S.31)
·
zur
Zeit beträgt der Anteil gentechnisch hergestellter Wirkstoffe, die in
Deutschland auf dem Markt sind, 9,6%; in der klinischen Erprobung beträgt der
Anteil 25,9%
(Bild der Wissenschaft 8/03 S.23)
·
Diabetes;
in D. fünf Millionen Betroffene, davon 300000 Typ I, 4,8 Mill. Typ II; weltweit
1985 30 Mill, derzeit etwa 194 Mill, in 20 Jahren werden 330 Mill erwartet;
Typ I jugendlicher D.: Ursache wahrscheinlich Autoimmunschädigung; tritt häufig
zwischen 11. und 15. Lebensjahr auf, Patienten müssen sich zeitlebens Insulin
spritzen;
Typ II sog. Altersdiabetes: am Anfang der Krankheit fehlt nicht Insulin – im
Gegenteil produziert die Bauchspeicheldrüse immer mehr I., Zellen können das I.
nicht mehr richtig verwerten;
um 1930 Gewinnung von Insulin aus Hunden und Anwendung am Menschen;
kritisches zum gentechnisch hergestellten Humaninsulin: nicht besser als
Schweineinsulin, Kunstinsuline („Insulinanaloge“ – in D. drei auf dem Markt –
einzelne Bausteine gegenüber dem natürlichen Insulin verändert) nicht in
langfristigen Studien getestet (Krebs?), deutsche Diabetes-Gesellschaft
bestreitet Risiken;
(Die Zeit 20.11.03 S.11ff)
·
Diabetes
jährlich 7,7 Mrd. Euro Behandlungskosten;
Insulinproduktion bei einem gesunden Erwachsenen: etwa 2 Gramm pro Tag; Insulin
hat die Aufgabe, die Aufnahme von Glukose in die Zellen von Fettgewebe, Organen
und Muskeln zu beschleunigen, dadurch wird Glukose aus dem Blut entfernt und
der Blutzuckerspiegel gesenkt; um seine Aufgabe zu erfüllen, bindet das Insulin
an spezielle Strukturen auf den Zelloberflächen – dadurch wird die Zellmembran
für Glukose durchlässiger, die Tür zur Zelle wird sozusagen aufgeschlossen;
Diabetes Typ I: allergische Abwehrreaktion gegen die eigene Bauchspeicheldrüse;
weiße Blutkörperchen greifen die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse an;
1921 Insulin entdeckt, 1922 erstmals mit Extrakt erfolgreich Menschen
behandelt, 1923 Nobelpreis;
neues gentechnisch hergestelltes Humaninsulin-Analogon: Insulin glargin =
Basalinsulin mit kontinuierlicher Wirkdauer über 24 Stunden; bei diesem
Analogon wurde inn der A-Kette an Position 21 Asparagin gegen Glycin
ausgetauscht und die B-Kette am Carboxylende um 2 Arginine verlängert
(GSF-Forschungszentrum Neuherberg: mensch + umwelt spezial 16/2003: Was
verraten unsere Gene? 82 Seiten S.45)
·
Insulinmolekül
besteht aus einer 21 Aminosäuren langen A-Kette, welche über 2 Disulfidbrücken
mit der 30 Aminosäuren langen B-Kette verbunden ist
(Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch, 257. Auflage 1994, S. 726)
·
seit
Markteinführung des Humaninsulins als erstem gentechnisch hergestelltem
Therapeutikum im Jahr 1982 stieg die Zahl rekombinanter Arzneimittel in
Deutschland bis 2000 auf rund 60 zugelassene Medikamente mit 42 verschiedenen
Wirkstoffen; derzeit 250 Präparate in verschiedenen Stadien der klinischen
Prüfung; langfristig 20-25% aller zukünftigen Medikamente aus gentechnischer
Produktion
(GSF-Forschungszentrum Neuherberg: mensch + umwelt spezial 16/2003: Was
verraten unsere Gene? 82 Seiten S.72)
·
Multiple
Sklerose; Behandlung u.a. mit entzündungshemmenden Botenstoffen wie
Beta-Interferonen (unterdrücken die Schübe oder zögern sie zumindest hinaus);
Der Wirkstoff von BETAFERON ist Interferon beta-1b; dieses Protein wird
gentechnisch hergestellt und ähnelt dem Interferon, das im menschlichen Körper
zur Regulierung des Immunsystems beiträgt
(Ökotest 10/03 S.78; Infomaterial Betaferon/Schering)
·
in
Deutschland leiden etwa 5 Millionen Menschen an unterschiedlichen
Diabetesformen; den Etat der Krankenkassen belastet die Krankheit jährlich mit
20 Milliarden Mark
(Die Zeit 24.2.2000 S.39)
·
gentechnische
Herstellung von Humaninsulin:
das verantwortliche Gen wurde aus dem Produkt, dem Protein, rekonstruiert; dazu
wurde die DNS aus der Abfolge der Eiweißbausteine „rückübersetzt“; durch diese
Methode war das für die Insulinproduktion verantwortliche DNS-Stück schon von
den störenden Introns befreit
(Bublath: Die neue Welt der Gene, München 2003, S.129)
·
derzeit
in Deutschland 106 gentechnisch hergestellte Arzneimittel auf dem Markt, 14 aus
heimischer Produktion, kein Akzeptanzproblem mehr
(taz 2.9.04)
·
gentechnisch
hergestellte Medikamente in Deutschland (Anteile):
auf dem Markt 9,6%
in der Zulassung 12,2%
in Zulassungsstudien..19,9%
in Erprobungsstudien 25,9%
(bild der wissenschaft 8/04 S.23)
·
Virotherapie:
genmanipulierte Viren zerstören Krebszellen;
gentechnisch veränderte Viren spüren Tumorzellen auf, dringen in diese ein,
vermehren sich, zerstören dabei die Krebszellen, dabei werden neue Viren
freigesetzt, so wird der Tumor selbst zur Produktionsstätte von
„Tumor-Medikamenten“,. Nachschub stoppt erst, wenn letzte Krebszelle vernichtet
ist, Restviren werden durch körpereigene Enzyme zerlegt und entsorgt;
in den USA derzeit 20 Studien Phase II;
Adenoviren bevorzugt: vermehren sich schnell und integrieren ihr Erbgut
grundsätzlich nicht in das der befallenen Wirtszelle;
evtl. auch Viren zusätzlich gentechnisch verändern, dass sie entweder mehr
„Andockstellen“ nutzen können oder gezielt zusätzliche Eiweiße produzieren, die
Stoffwechsel der Tumorzellen lahm legen;
Zukunft der Virotherapie in Kombination mit Chemo- und Strahlentherapie
(NZZ 11.11.04)
·
immer
mehr Pharmafirmen stellen die Produktion von tierischem Insulin ein; eine
kleine Minderheit von Diabetikern (in Deutschland 400) reagiert auf
Humaninsulin mit schweren allergischen Reaktionen (bis hin zu
lebensbedrohlichen Zuständen); gilt auch für da humanidentische Insulin, das
mithilfe von Gentechnik hergestellt wird; gefährdete Patienten sollen
importiertes tierisches Insulin bekommen
(taz 25.2.05)
·
tierisches
Insulin wird knapp; in Deutschland wird tierisches Insulin für Diabetiker nicht
mehr angeboten (Gewinnerwartungen für Hersteller zu gering, bei Studien für
Neuzulassung zu hoher Aufwand); rund 400 Menschen reagieren mit Allergien bis
hin zu Lebensgefahr auf körperidentisches Insulin („Humaninsulin“, das
gentechnisch hergestellt wird JK); Ausweg wäre die Anerkennung als „Orphan
Drugs“ (Medikamente für sehr seltene Erkrankungen – hier gelockerte
Zulassungskriterien); dann Import z.B. aus England oder der Schweiz möglich
(taz 29.4.05)
·
Humalog
100 E/ml: Wirkstoff ist Insulin lispro; dies ist eine im Labor hergestellte
Form menschlichen Insulins, seine Wirkung setzt rascher ein als die des
menschlichen Insulins, da das Insulinmolekül leicht verändert wurde
(Beipackzettel von HUMALOG – Hersteller: Eli Lilly)
·
letzter deutscher Hersteller von tierischem Insulin (Berlin
Chemie AG) stellt Produktion ein; neues Zulassungsverfahren zu teuer, mindestens 400 Menschen in D. darauf
angewiesen (Unverträglichkeit, Unterzuckerung bei gent. Insulin), jetzt: Import
aus dem Ausland;
vor 1982 reagierten 12% der Behandelten allergisch auf tierisches Insulin
(„Humaninsulin“ für sie wurde halbsynthetisch aus Schweineinsulin hergestellt)
(GID 170/2005 S.38)
·
weltweiter
Umsatz mit rekombinanten Biopharmazeutika 2004: etwa 45 Milliarden Dollar = 4%
des globalen Pharmamarktes, derzeit Wachstum um 40% pro Jahr;
Anteil Biopharmazeutika aus transgenen Pflanzen: Optimisten schätzen für USA
2011 Umsatz von 2,2 Mrd Dollar und 2013 weltweit 40 Mrd Dollar;;
nach sehr optimistischen Schätzungen verursacht die Nutzung transgener Pflanzen
zur Medikamentenproduktion lediglich ein Hundertstel bis ein Tausendstel der
Kosten, die bisher für ein pharmazeutisches Protein, etwa aus Hefe- oder
Säugetierzellen, kalkuliert werden; Kosten für maisbasiertes Pharmaprotein z.B.
10-100 Dollar je Gramm, herkömmlich 1000 Dollar je Gramm;
Problem: Pharmaproteine aus transgenen Pflanzen besitzen eine andere Struktur
als aus Hefe- oder Säugetierzellen (bedeutet zusätzliche Risikoprüfung);
noch keine Medikamente aus transgenen Pflanzen auf dem Markt; in den USA ein
Reis zugelassen, der zwei Substanzen produziert (bisher kein kommerzieller
Anbau erlaubt worden); klinische Erprobung Stufe III für einen
Anti-Karies-Antikörper
(GID 173 Dez05/Jan06 S.34)
·
USA:
Versuche, gentechnisch veränderte Pflanzen zur Produktion hochwirksamer
Arzneistoffe unterirdisch in stellgelegten Bergwerken anzubauen
(Telepolis Artikel-URL: http://www.telepolis.de/r4/artikel/20/20588/1.html)
·
S.8:
in Deutschland sind gegenwärtig 106 gentechnologische Arzneimittel auf dem
Markt;
derzeit befinden sich in den USA mehr bio- und gentechnologisch entwickelte
Produkte in der klinischen Prüfung als „klassisch“ produzierte
S.11: 2003 gent. erzeugte Arzneimittel Umsatz 1,7 Mrd Euro = 8,6% des
Gesamtmarktes deutscher Arzneimittel
S.12: Impfstoffe z.B. gegen Kinderlähmung, Keuchhusten, Wundstarrkrampf,
Diphterie, Röteln und Hepatitis werden gentechnisch hergestellt
(Gentechnik – genial oder gefährlich? Sächsisches Staatsministerium für Umwelt
und Landwirtschaft 2005)
·
in
einer weltweiten Datenbank sind inzwischen 17.000 Störungen und Krankheiten mit
Gen-Bezug erfasst; 1976 waren es erst 1.700; nur ganz selten werden neue
Krankheiten entdeckt, aber bereits bekannte immer weiter aufgeschlüsselt
(taz 25.8.06)
·
in Deutschland wird seit 2005 kein tierisches
Insulin mehr hergestellt und vertrieben; nur noch gentechnische Produktion
(GID 178 10/11-2006 S.62)
·
seit Ende der 1990er Jahre Insulinanaloga; dabei
verschiedene Aminosäuren gegenüber dem natürlichen Insulinmolekül des Menschen ausgetauscht;
beim Humaninsulin von Hoechst stammt die (originale) genetische Information für
die Herstellung von Makaken, einer Affenart, deren Insulin-Aminosäurefrequenz
derjenigen des Menschen entspricht;
tierische Insuline zunehmend vom Markt verdrängt; für rund 400
Diabetespatienten, die auf Humaninsulin mit schweren Unverträglichkeiten
reagieren, schwierige Lage;
Humaninsulin ist ein synthetisches Insulin, das auf der Grundlage der humanen
Insulin-Aminosäuresequenz von gentechnisch veränderten Mikroorganismen
produziert wird. Fehlfaltungen und Verunreinigungen des Insulins könnten dessen
Wirkung im Körper herabsetzen, Erkrankungen bzw. eine Immunabwehr zur Folge
haben.;
Mikroorganismen besitzen die Proteine für die (richtige) Proteinfaltung nicht
(GID 179 12-2006,1-2007 S.12)
·
USA;
Gen p53 hat die Aufgabe, die Teilung defekter Zellen zu verhindern (Reparatur
von DNA-Schäden oder „Selbstmordprogramm“ starten JK); fällt dieser Schutz weg,
ist oft Krebs die Folge; Mäuse konstruiert, in denen sich p53 mit einem
genetischen Trick auf Wunsch angeschaltet werden kann; Resultat: in kurzer Zeit
bildeten sich die Tumore bei den Mäusen zurück
(taz 26.1.07)
·
im
Oktober 2006 wurde ein Impfstoff gegen humane Papilloma-Viren zugelassen;
verspricht fast hundertprozentigen Schutz gegen zwei krebserregende Viren(Gebärmutterhalskrebs);
gentechnisch hergestelltes Hülleneiweiß von 4 Viren;
(GID 180 2-3/2007 S. 4)
·
Diabetes:
Deutschland derzeit 7,4 Millionen Erkrankte (9% der Bevölkerung betroffen); in
den 1960er Jahren waren es lediglich 0,6%;
Typ I: Bauchspeicheldrüse produziert kein Insulin mehr; Immunsystem
klassifiziert die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse als
„fremd“ und zerstört gezielt die Beta-Zellen;
“Insulin ist der Schlüssel, der (spezielle) Türen in den Körperzellen
aufschließt, damit energiespendender Zucker in sie eintreten kann“
1922 erstmals Injektion von Rinderinsulin bei einem Patienten;
1923 industrielle Gewinnung von Rinderinsulin aus Bauchspeicheldrüsengewebe
1955 Entschlüsselung der Aminosäuresequenz von Rinderinsulin
1982 erstes gentechnisch hergestelltes Humaninsulin, 1983 technische
Herstellung
1996 erstes Insulin-Analogon: nach menschlichem Vorbild gentechnisch
hergestellte Insuline, deren Eigenschaften durch „Umbauten“ im Molekül
verbessert wurden
durch Transplantationen kann im Idealfall die Insulinproduktion des Körpers
wiederhergestellt werden, bis 2004 weltweit mehr als 23.000 Transplantationen,
¾ in den USA
(bild der wissenschaft plus, Beilage zu Heft 10/2007 Diabetes)
·
Designer-Embryo
mit drei Eltern;
britische Forscher, Ziel: Weitergabe von Erbkrankheiten verhindern, die über
die (nur über die mütterliche Eizelle weitergegebenen) Mitochondrien vererbt
werden;
in einer Eizelle befinden sich etwa 100.000 Mitochondrien, für
Energieversorgung der Zelle zuständig; M. besitzen eigenes Genom (17.000
Basenpaare, 37 Gene);
Forscher übertrugen den Zellkern aus einem frühen Embryo in eine zuvor
entkernte Embryonenhülle, die aber noch „ihre“ ursprünglichen Mitochondrien
enthielt;
der sich daraus entwickelnde Embryo besaß nun die Kern-DNA des ersten Embryos
und das Mitochondrien-Genom des zweiten Embryos, hat somit 2 genetische Mütter
und einen genetischen Vater;
in der klinischen Anwendung soll später die Kern-DNA in eine Spender-Eizelle
übertragen werden
(taz 8.2.08)
·
Argentinien; Klonkuh nach dem Dolly-Verfahren
hergestellt; menschliche DNA in ihr Erbgut eingeschleust; mit der Milch soll
Insulin produziert und abgegeben werden; vermutlich mindestens 30% billiger als
Insulin aus bakterieller Produktion; 25 geklonte Kühe könnten den
Insulinbedarf für alle 1,5 Millionen argentinischen Diabetiker abdecken
(Spiegel 9-2008 S.65)
·
Das Anti-Thrombose-Mittel ATryn ist dasc erste in
Deutschland zugelassene Arzneimittel, das über gentechnisch veränderte Tiere
gewonnen wurde; Wirkstoff aus der Milch von Ziegen, denen ein Gen zur
Produktion des Proteins eingebaut wurde; interessant: kein Blockbuster, sondern
Mittel für eine seltene Krankheit
(GID 188 Juni 2008 S.38)
·
Rekombinante Arzneimittel (= gentechnisch
hergestellt) mach nach Angaben des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller
VFA mit 3,13 Milliarden Euro bereits 12 % des Arzneimittelumsatzes in deutschen
Apotheken und Krankenhäusern aus
(GID 187 April 2008 S.28)
·
von
Ärzten millionenfach verordnet, stellt sich nun heraus, dass das Analoginsulin
Lantus das Krebswachstum fördern kann, Daten von fast 130.000 deutschen
Diabetikern wurden ausgewertet; knapp 3.500 Krebsfälle pro Jahr könnten auf
Lantus zurückzuführen sein;
Analoginsuline sind gentechnisch hergestellte Varianten des normalen Insulins
(einzelne Aminosäure-Bausteine gegenüber dem normalen menschlichen Insulin
verändert bzw. vertauscht, um Wirkung des Insulins zu verändern – besonders
schnell oder verzögernd wirksam);
Umsätze mit Lantus 2009 geschätzt: 3 Mrd. Euro;
wahrscheinlich löst Lantus zwar keinen Krebs aus, aber wirkt wie eine Art
Dünger auf bereits vorhandene bösartige Zellen; bislang ist ein ursächlicher
Zusammenhang nicht exakt belegt;
auch die behaupteten Vorteile der Insulin-Analoga generell sind umstritten (der
nicht mehr nötige Ess-Spritz-Abstand etwa)
(Der Spiegel 27-2009 S.104)
·
Designerinsulin
Glargin, Handelsname Lantus;
der Konzern Sanofi-Aventis erzielte damit 2008 weltweit einen Umsatz von 2,45
Mill. Euro; das Produkt ist 35 bis 60% teurer als vergleichbare Humaninsuline;
allein in Deutschland injizieren sich 400.000 Menschen täglich Glargin unter
die Haut; nur einmal – als Grundmedikation (das ist der Vorteil des
Langzeitinsulins), bei Humaninsulin muss 2 x täglich gespritzt werden, in
beiden Gruppen kommt noch je eine Spritze nach jeder Mahlzeit dazu (der
Unterschied beläuft sich also auf 4 oder 5 Spritzen jeden Tag, man erspart sich
beim Langzeitinsulin 365 Spritzungen im Jahr)
(Die Zeit 2.7.09 S.35)
·
USA; erste klinische Tests geplant (in 1 bis 3
Jahren) zum Einsatz von Tiergewebe beim Menschen (Xenotransplantation);
Insulin-produzierende Zellen von Schweinen beim Menschen einsetzen, um damit
Diabetes zu behandeln;
Schweine sind gentechnisch so verändert, dass ihnen ein Molekül an der
Zelloberfläche fehlt, das vom menschlichen Immunsystem als fremd erkannt und
abgestoßen würde;
zusammenarbeit mit anderem Institut, in dem Schweine durch gentechnische
Eingriffe ungewöhnlich viele Insulin-produzierende Zellen in der
Bauchspeicheldrüse besitzen
(GID Nr.192 2-2009 S.28)
·
US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA hat das
Anti-Thrombose-Mittel ATryn der Firma GTC Biotherapeutics zugelassen;
der Wirkstoff wird aus der Milch von Ziegen gewonnen, denen ein Gen zur
Produktion des gewünschten Eiweißes (Antithrombin) eingepflanzt wurde, und wird
zur Vermeidung von Thrombosen verschrieben;
Firma unterhält eine Herde von 200 genetisch modifizierten Ziegen; die Menge
des Wirkstoffs, die aus der Milch einer Zige im Jahr gewonnen werden kann,
entspricht einer Anzahl von 90.000 Blutspenden;
eine Zellkultur-Fabrik (Hamsterzellen; für andere Arzneimittel) kostet
Millionen Dollar, Ziegen auf der Wiese deutlich weniger
(GID Nr.192 2-2009 S.38)
·
Aktuelle Richtlinien und Stellungnahmen der Bundesärztekammer zu
Fortpflanzungsmedizin und vorgeburtlicher Diagnostik mit weiteren LINKS zu den
Texten: http://www.baek.de/page.asp?his=0.6.3287
·
Nur
mit Hilfe von Gentechnik können Pharmaunternehmen künstliche Antikörper
produzieren, die vom Patienten nicht abgestoßen werden;
Sie haben ein völlig neues und ziemlich exotisches Produktionssystem für
Antikörper entwickelt: Mooszellen, genauer: Zellen des Kleinen
Blasenmützenmooses (Physcomitrella patens). „Mooszellen haben viele Vorteile“,
sagt der Biologe Gilbert Gorr, wissenschaftlicher Berater und bis vor Kurzem
Forschungsleiter der 1999 gegründeten Firma. „Sie sind einfach zu kultivieren,
zuverlässig und kostengünstig. Sie brauchen eigentlich nur Wasser, Mineralien
und Licht zum Wachsen. Und: Es gibt keine Pflanzenviren, die auf den Menschen
übertragbar sind.“;
Außerdem lassen sich Mooszellen genetisch einfach manipulieren. Im Gegensatz zu
höheren Pflanzen und auch zum Menschen haben Moose nur einen einfachen
Chromosomen-Satz. Wenn die Forscher die Gen-Information für einen speziellen
Antikörper in Mooszellen einbauen, können sie die Zellen anschließend sofort
benutzen. Sie müssen die Pflanzen nicht erst kreuzen, wie es bei Tabakpflanzen
nötig wäre, die ebenfalls als Biopharma-Produzenten genutzt werden. Die
Mooszellen wachsen als freischwimmende Zellen in Biofermentern und geben die
Antikörper in die Nährlösung ab. Die Biotechniker können sie dann relativ
einfach herausfischen und reinigen.
(bild der wissenschaft 2-2011 S.26)
·
Gemessen
an der Zahl aller auf dem Markt befindlichen Medikament, beläuft sich der
Anteil der gentechnisch hergestellten bislang nur auf fünf Prozent, allerdings
ist die Tendenz steigend. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass einige
Präparate von mehreren Herstellern, andere nur in leicht abgewandelter
Kombination vom selben oder verschiedenen Unternehmen hergestellt und dann als
jeweils neues Medikament gerechnet werden. So sollen nach Ankündigung der
vfa-Vorsitzenden Cornelia Yzer allein bis 2013 „zehn neue Medikamente gegen
rheumatische Erkrankungen“ auf den Markt kommen. In dieser Strategie der
„individualisierten Medizin“ sehen die Firmen ohnehin das höchste Potential zur
Wachstumssteigerung. Abgesehen von solchen Mitteln, die Entzündungsprozesse
blockieren sollen, sind gentechnische Arzneien vor allem in der Krebstherapie,
Diabetes und im Impfbereich präsent (Hepatitis B- und HPV-Impfung).
Wachstumshormone und Blutgerinnungsfaktoren gehören ebenfalls traditionell zu
den gentechnisch hergestellten Arzneien.
(Spiegel online, 02.08.10; vfa.de, 11.03.11; FAZ, 06.05.11) (mf) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/206/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
·
Frage:
Wie erreicht man, dass die Bakterienstämme, die Insulin produzieren, außerhalb
des Labors nicht lebensfähig sind?
Ein Beispiel (aus der Zeit der Entwicklung der Insulinproduktion mit
gentechnisch veränderten Bakterien):
in diesem Fall wurde ein E. coli K-12 Stamm verwendet, der unter anderem kein
Thiamin mehr synthetisieren kann (der Eingriff „versteckt“ sich unter dem
Kürzel „thi-“ in der Publikation); Thiamin ist Vitamin B1
(E-Mail Berlin-Chemie 25.11.2011; Proc. Natl. Acad. Sci. USA Vol. 76, No. 1,
pp. 106-110, January 1979)
·
96% der Tiere in Hühnerställen hatten Antibiotika
bekommen;
weitgehend unkontrolliert werden die Antibiotika auch in der Humanmedizin
verabreicht; insbesondere in Deutschland verschreibt jeder Arzt Antibiotika
nach Gutdünken – ganz anders als in Holland, wo Ärzte sie nur nach Rücksprache
mit einem Mikrobiologen verordnen dürfen;
(Der Spiegel 4-2012 S.133)
·
900 Tonnen Antibiotika werden in Deutschland
jährlich an Tiere verfüttert. Den Bundesbürgern werden insgesamt 300 Tonnen
verschrieben
(Der Spiegel 3-2012 S.61)
·
Das
Robert-Koch-Institut (RKI), Deutschlands oberste Seuchenbehörde, unterscheidet
zwischen drei Hauptquellen, an denen sich Menschen mit antibiotikaresistenten
Keimen infizieren können: in Krankenhäusern aufgrund mangelnder Hygiene
(hospital acquired, HA), im normalen Wohnumfeld durch Tröpfcheninfektionen,
beispielsweise im Supermarkt, im Bus oder in der Schule (community acquired,
CA) und im Zusammenhang mit der Tiermast (livestock associated, LA).
Die Keime machen zwar gleichermaßen krank, sind aber genetisch unterscheidbar.
Der Anteil von MRSA-Fällen in Krankenhäusern, der LA zuzuordnen ist, liegt bei
etwa 3 Prozent. Ein Häufigkeitsranking zwischen HA, CA und LA ist schwierig zu
erstellen. …
Als Hauptursachen für die Entstehung antibiotikaresistenter Keime nennen
Mediziner: Erstens, innerhalb der Humanmedizin, den zu häufigen Einsatz
"falscher" Antibiotika, also solcher Mittel, die zwar generell
Bakterien bekämpfen, aber eben nicht diejenigen, an denen der Patient erkrankt
ist. Ärzte, so die Kritik, könnten hier leicht gegensteuern, indem sie nicht
auf gut Glück Antibiotika verschrieben, sondern zunächst mit Hilfe eines
Abstrichs den tatsächlichen Bakterienstamm identifizierten - und sodann das
geeignete Antibiotikum auswählten.
Der zweite, nicht minder relevante Grund ist der hohe Verbrauch von Antibiotika
in der Nutztierhaltung. Vorsichtigen Schätzungen zufolge macht er weltweit die
Hälfte der gesamten Antibiotikaproduktion aus - mit unmittelbaren Auswirkungen
auf die Konsumenten.
(taz 10.1.2012 S.3)
·
Menschliches
Blutserumprotein in gv-Reis produziert
Chinesische Forscher haben Reispflanzen in der Art gentechnisch verändert, dass
diese nun ein menschliches Blutserumprotein produzieren. Daichang Yang,
Pflanzenbiotechnologe an der Wuhan Universität (Provinz Hubei) betont den
Unterschied zu den bisherigen Versuchen, menschliches Blutserumprotein in
gentechnisch veränderten Pflanzen herzustellen: „Früher war der Ertrag nicht
hoch genug.“ Der Ertrag liegt jetzt mit 2,75 Gramm Serumprotein je Kilogramm Reis
bei einer Proteinreinheit von 99 Prozent. Das von der ForscherInnengruppe
entwickelte Serum sei sowohl chemisch, wie auch in seiner medizinischen
Wirksamkeit identisch - dies sei in Tierversuchen getestet worden. Die
Forschungen wurden in der Fachzeitschrift PNAS der US-Akademie der
Wissenschaften publiziert. (He et al., 2011, „Large-scale production of
functional human serum albumin...“, PNAS 22.11.11, www.pnas.org; Nature online,
zitiert nach Scientific American online, 31.11.11, www.scientificamerican.com)
(pau)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/209/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
·
Arzneimittel:
Fast jeder dritte neue Wirkstoff gentechnisch hergestellt
(20.06.2016) In Deutschland sind
aktuell 204 Arzneimittel mit 160 Wirkstoffen zugelassen, die gentechnisch
hergestellt sind. Das geht aus einer Aufstellung hervor, die der Verband der
forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) veröffentlicht hat. Von den jährlich
neu zugelassenen Wirkstoffen kommen inzwischen etwa dreißig Prozent aus
gentechnischer Herstellung.
WEITERLESEN
<http://www.transgen.de/aktuell/2579.arzneimittel-wirkstoff-gentechnik.html>
·
Interview mit MERCK-Chef Oschmann:
… Oschmann: Natürlich gibt es ethische Grundsatzfragen, die geklärt werden
müssen. Aber nur mit Angst an das Thema ranzugehen, halte ich für falsch.
SPIEGEL: Einem chinesischen Labor ist es gelungen, die Muskelmasse von Hunden
zu verdoppeln. Andere Forscher haben mit einem Genschnitt den Cholesterinwert
von Mäusen drastisch gesenkt. Woran arbeitet Merck?
Oschmann: Wir verwenden Crispr auch in der Pharmaforschung, aber wir stellen
vor allem sogenannte Crispr Kits her, die Werkzeuge für Wissenschaftler. Jedes
einigermaßen ausgestattete Labor kann mit unseren Instrumenten an Crispr
arbeiten, schnell, billig und einfach. Das ist die Demokratisierung der Forschung.
SPIEGEL: Und es führt dazu, dass es einen sehr einfachen Zugang zur extrem
mächtigen Gentechnologie gibt. Was nützen dann die strengen Regeln in Europa?
Oschmann: Die Wissenschaft, die Industrie, die Politik und die Gesellschaft –
wir müssen dringend diskutieren. Aber das war auch mit vielen anderen Themen
so. Nehmen Sie nur die Diskussion um Retortenbabys. Inzwischen wurden dank
unserer Technologie 2,5 Millionen Kinder geboren. Natürlich muss es Grenzen
geben, aber im Großen und Ganzen funktioniert das auf der ganzen Welt. …
SPIEGEL: Ein Präzedenzfall ist Strimvelis, eine Gentherapie, mit der eine
seltene Immunkrankheit mit einer einzigen Behandlung geheilt werden kann. Der
Pharmakonzern GlaxoSmithKline nimmt dafür 665000 Dollar, garantiert aber gleichzeitig
die Heilung: Wenn die Therapie nichtfunktioniert, gibt es das Geld zurück.
Schafft das den Anreiz, solche aufwendigen Therapien zu entwickeln?
Oschmann: Ein anderes Beispiel: Die Antibiotikaresistenzen nehmen zu, aber es
werden zu wenig neue Super-Antibiotika entwickelt, weil sich das finanziell
nicht rechnet. Warum nicht so: Wer ein neues Mittel entwickelt, der bekommt
eine einmalige Summe, egal, wie oft es dann eingesetzt wird.
SPIEGEL: Auf jeden Fall wird uns eine große Debatte bevorstehen: Genehmigt die
Krankenkasse einem 70-Jährigen noch die Gentherapie für eine Million Euro?
Kommen nur Privatversicherte in den Genuss neuer Therapien? Die Gefahr einer
Zweiklassenmedizin ist groß.
Oschmann: Die Diskussion haben Wir doch jetzt schon, wenn etwa in
Großbritannien darüber gestritten wird, ob ein 85-Jähriger noch eine künstliche
Hüfte bekommen darf. Aber vielleicht sind 85 bald die neuen 55. Da müssen wir
uns als Gesellschaft doch weiterentwickeln und viel streiten. …
(Spiegel 15-2017 S.72)
·
·
Q:
Gentechnik, Bayerisches Umweltministerium 1/94
- Genom-Diagnose
Anwendung nur, wenn auch Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen; Ablehnung:
Einstellungsuntersuchungen, Versicherungsschutz; Freiwilligkeit wahren
·
Dtsch.
Ärzteblatt 1-2/98, S.A-32: Morbus Huntington
* Problemfaktoren
praktisch absolute Diagnosesicherheit
durch Gentest
„unbeabsichtigte“ Mituntersuchung von
Eltern und Verwandten
Manifestationsalter und Verlauf?
Keine kausale TherapieFISH-Test
(Fluoreszenz-in Situ-Hybridisierung): Gensonde wird mit Fluoreszenz-Farbstoff
markiert, lagert sich an Chromosom an
(bdw 2/2000 S.49)
·
SPIEGEL
17/98 S.38 Gen-Datenbank
Haut, Haare, Knochen Verstorbener, 10 Jahre alte Zigarettenkippe;
DNS-Abdruck verrät die Verwandtschaft
·
Dtsch.
Ärzteblatt 22/98 S.A-1396
Richtlinien zur Diagnostik der genetischen Disposition für Krebserkrankungen
·
Bild
der Wissenschaft 3/98 S.35
- max. 10% der Krebs-Todesfälle auf ererbte genetische Vorbelastung
zurückzuführen
- etwa 5-10% aller Brustkrebserkrankungen gehen auf Vererbung zurück; 2
BRCA-Gene - aber nur bei 1/3 der brustkrebskranken Frauen nachweisbar
·
Präkonzeptions-
oder Präfertilisations-Diagnostik;
im Rahmen des ESchG zulässig;
Gen-Untersuchung an Polkörperchen, die von weiblichen Eizellen gebildet werden:
während der Reifeteilung wir die eine Hälfte des Genoms in das P. gepackt =
eine verkümmerte Zelle, die sich zwischen der Eizelle und dem Eihäutchen
befindet; Erbgut kann untersucht werden
Regine Kollek, taz 23.2.2000)
·
Vaterschaftstests,
Kriminalistik: Informationen gewinnt man aus sinnleeren Abschnitten des Genoms,
weil dort die größten Abweichungen ohne gesundheitliche Folgen möglich sind;
bei Neigung zu Mehlstaubasthma sollte man keine Bäcker-Lehre beginnen;
Farbenblinde dürfen nie Pilot werden
(bdw 2/2000 S.44; Jens Reich)
·
Senatskommission
der DFG:
prädiktive Tests ausschließlich im Gesundheitsbereich anwenden;
darf nur erfolgen, wenn der Betroffene zugestimmt hat, zuvor ausführlich
aufgeklärt wurde;
Recht auf Nichtwissen
nicht bei Kindern und Jugendlichen, wenn es sich um eine erst bei Erwachsenen
auftretende Krankheit handelt
am Arbeitsplatz nur bei unmittelbarem Zusammenhang mit der Tätigkeit oder bei
Gefahr erheblicher Gefährdung anderer Personen
(VFA: Gene und Genom)
·
prädiktive
Diagnostik: Voraussage über künftige Erkrankungen oder gesundheitliche Risiken;
zusätzliches Wissen macht Entscheidungen nötig, wo vorher keine nötig waren;
Freiwilligkeit der Inanspruchnahme von Gendiagnostik;
Recht auf Nichtwissen der eigenen genetischen Ausstattung,
Recht auf Selbstbestimmung, welche genetischen Daten über einen selbst erhoben
werden
(Barth, EKD: epd-wochenspiegel 27/2000 S.4)
·
von
etwa 10000 menschlichen Genen ist die Funktion bekannt (bei 100000 - 140000
Genen);
(Spiegel 15/2000 S.172ff)
·
nur
von 5000 der etwa 100000 menschlichen Proteine weiß man, welche Funktion sie im
Körper haben;
etwa 200 spezialisierte Zelltypen;
(MPI für Molekulare Zell-Biologie und Genetik, Das Leben unter der Lupe, 2000?,
S.13)
·
Versicherer
in Frankreich droht mit Kündigung der Lebensversicherung, weil Patientin nicht
auf Huntington hingewiesen hat (1997)
USA Fluggesellschaften lassen schwarze Angestellte auf Sichelzellenanämie
testen; auch ohne ihr Wissen;
geschätzt USA 30% aller Einstellungen genetische Tests;
Februar 2000: frz. Versicherer kündigt an, für Eltern behinderter Kinder
Policen zu verdoppeln, nach Protesten einstweilen zurückgestellt
(Le Monde diplomatique / taz Mai 2000 S.1/12)
·
Dr.
Kobelt (genetische Beratung):
wir können Diagnosen stellen, aber keine individuellen Prognosen (für den
Krankheitsverlauf) machen;
Schwergrad von Erbkrankheiten in der Regel nicht aus dem Erbgutbefund heraus
abzuschätzen;
Mukoviszidose: 30 der 800 bekannten Mutationen des Gens werden in der Diagnose
routinemäßig erfaßt (damit etwa90% der Erkrankungsfälle erfaßt);
eindeutige gezielte Suche nach spezifischen Genen für Erbkrankheiten erst
möglich, wenn ein Krankheitsfall in der Familie bekannt ist;
Down-Syndrom: normale Häufigkeit 1:700, bei Alter der Mutter von 35 Jahren:
1:350 - nur wegen dieser Verdopplung ab 35 Jahren für das Risiko wird eine
unangemessene Hektik entfaltet;
Fall: Frau 25 Jahre alt, Triple-Test i.O., Ultraschall i.O., trotzdem wird Kind
mit Down-Syndrom geboren...;
derzeit für >200 Krankheiten genetische Untersuchungen verfügbar;
6000 monogen bedingte Krankheiten;
(Synode Sachsen, Sitzung Sozial-ethischer und Diakonischer Ausschuß 12.7.2000
Leipzig)
·
irreführende
Meldung der letzten Tage: „London erlaubt Gentest für Krankenversicherungen“;
in den USA dürfen in einigen Bundesstaaten Versicherungen und Arbeitgeber
genetische Untersuchungen verlangen, bevor sie eine Versicherungspolice
ausstellen oder einen neuen Mitarbeiter einstellen; bei Vorliegen der Anlagen
für eine Erbkrankheit z.B. Verweigerung des Vertragsabschlusses oder höhere
Prämien möglich;
so weit ist es in Großbritannien noch nicht!-
lediglich zwei Testverfahren für Chorea-Huntington-Krankheit amtlich bestätigt;
Versicherungen dürfen den Test nicht verlangen, aber wie bisher schon nach dem
Ergebnis bereits durchgeführter genetischer Untersuchungen fragen (so auch
Regelung in Deutschland)
taz 20.10.2000
·
Euphorie
angesichts der Entschlüsselung des menschlichen Genoms: FAZ druckt 6 Seiten
Gensequenzen – recherchiert: 1 Pseudogen und Rest Non-sense-Sequenzen!;
Sloterdijk weiß nicht, wovon er spricht!;
monogene Krankheiten: 3-5% aller Krankheiten;
klassische monogene Krankheit ist Mukoviszidose, zähes Sekret verstopft die
Lunge (in anderen Fällen auch stärker Bauchspeicheldrüse betroffen oder
Samenwege verstopft), führt im Erwachsenenalter zum Tode, >900 Allele, Karl
Jaspers hatte milde Form dieser Krankheit;
Alpha-1-Antotrypsin: bei Fehlen: Lungenemphysem, Tod mit etwa 50 Jahren, nur
80% der Träger erkranken (Umweltfaktoren?);
prädiktive, präsymptomatische Diagnostik: Vorhersagbarkeit einer Krankheit bei
einem noch Gesunden;
spät manifestierende Erbgänge: Beispiel Chorea Huntington, 1:10000, im 40./50.
Lebensjahr einsetzend, ungewöhnliche Bewegungsabläufe, Persönlichkeitsverlust;
Erfahrung: die meisten Behinderten erleben
- trotz Leid und Todesnähe – ihr Leben als lebenswert;
Illusion bei den Nazis wie bei den Behinderten-Verbänden: man könnte/würde
durch Tötung/Abtreibung Behinderter die Erbkrankheiten loswerden
TU Dresden, Vortragsreihe Biotechnologie – Zukunft der Menschheit? Prof. Claus
Bartram, Heidelberg, 16.11.2000 „Prädiktive Diagnostik – Chancen und Probleme“
·
Interview
Catenhusen: Bundesregierung will Zwangs-Gentests verbieten, Kranken- und
Lebensversicherungen sowie Arbeitgeber dürfen vor Vertragsabschluß keine
Gentests verlangen
Öko-Test Magazin 1/01 S.8
·
Gesamtverband
der Deutschen Versicherungswirtschaft: Momentan und in absehbarer Zukunft
werden die Versicherungsunternehmen weder Gentests als Mittel der
Risikodifferenzierung verlangen noch ausdrücklich nach durchgeführten Gentests
fragen.“ Der Verband weist aber gleichzeitig auf die vorvertragliche
Anzeigepflicht hin. Nach dieser erwarten die Unternehmen „die Offenlegung
gesundheitsrelevanter Informationen, ohne dass nach deren Herkunft unterschieden
wird.“ Ein versicherter, der das Ergebnis seines Gentests kennt, muss dieses
auch der Versicherung mitteilen.
Deutsches Ärzteblatt 43/2000 S.A2818
·
USA:
Ehepaar mit 2-jähriger Mukoviszidose-Tochter will zweites Kind, Versicherung
übernimmt Krankheitskosten nicht, wenn auch das zweite Kind mit M. zur Welt
kommt
(Arbeitskreis Leben mit Mukoviszidose, Folien PID 9/2000 Folie 9)
·
Stimmt
Behauptung (Regine Kollek), dass bei M. 3-5% der Merkmalsträger nicht krank
werden?
Nein. Merkmalsträger erkranken immer, zeigen aber u.U. nur leichte Symptome,
Erkrankung wird manchmal erst im Erwachsenenalter festgestellt (z.B. wenn
Männer sich wegen Zeugungsunfähigkeit untersuchen lassen); bei den häufigen und
schweren Mutation im CF-Gen immer auch deutliche Erkrankung; bei seltenen
Mutationen oder zwei verschiedenen Mutationen auf den beiden 7er Chromosomen
unter Umständen teilweise Funktion des Gens möglich
(Telefongespräch mit Dr. Harter, Mukoviszidose e.V. 5.7.01)
·
13.
Symposium für genetische Pädiatrie in Chemnitz
Erkennen von seltenen genetisch bedingten Erkrankungen an geborenen Menschen
oft nur durch Genetiker möglich; klinische Erfahrung (Foto – Erkennen des
Syndroms);
Gefahr falscher Behandlung; Familie des Kranken möchte wissen, ob und in
welcher Größenordnung Wiederholungsrisiko besteht
(Freie Presse 10.7.01)
·
Gesetzentwurf
der Grünen zur Gendiagnostik
nur ein Arzt darf einen Gentest verschreiben;
nur zugelassene Gentests, freier Verkauf untersagt,
unerlaubte Gentest, rechtswidrige Weitergabe und Verwertung genetischer Daten
unter Strafe gestellt;
Verbot von Gentests bei Einstellungen (Ausnahmen, z.B. Flugpiloten –
Veranlagung für Ohnmachten?);
Versicherungen dürfen nicht nach einem Gentest fragen oder ihn anordnen (aber
wenn der Versicherungsnehmer bei Abschluss eines Vertrages Kenntnis von einer
Erbkrankheit hat, darf er das nicht verschweigen;
Recht auf Nichtwissen;
(taz 23.5.01)
·
Positionspapier
des BMGesundheit
seit 1988 Moratorium der Versicherer, keine Genomanalysen zu verlangen, doch
liegt ein Test vor, müssen die Ergebnisse vor Vertragsabschluss mitgeteilt
werden;
BMGes will diese Praxis verbieten;
niemand darf wegen seiner erblichen Veranlagung diskriminiert werden, nur
spezialisierter Arzt darf Diagnostik durchführen, über Weitergabe der
Ergebnisse entscheidet der Patient allein;
Versicherungen laufen Sturm;
In Österreich, Frankreich oder Belgien hat ein solches Verbot bislang keine
praktischen Auswirkungen
(Berliner Zeitung 11.6.01)
·
Gesundheitsdaten
von Arbeitnehmern, für Kranken- und Lebensversicherungen?
dürfen weder verlangt noch angenommen noch sonst wie verwertet werden
(Der Mensch: sein eigener Schöpfer?, Wort der (katholischen) Deutschen
Bischofskonferenz zu Fragen von Gentechnik und Biomedizin 7.3.2001)
·
in
Deutschland bietet die genetische Familienberatung, die sich vor allem an
werdende Eltern richtet, derzeit rund 30 Gentests an. Es sind Tests auf sehr
seltene Erkrankungen, von denen oft unter 10000 Menschen betroffen ist.
Insgesamt gibt es erst für rund 500 der etwa 7000 bekannten Erbkrankheiten
Gen-Tests.
(Bild der Wissenschaft 4/01 S.80)
·
genaue
Krebstherapie erst möglich, wenn Krebsart genau bekannt ist;
auf einem speziell entwickelter Biochip aus den USA können die Aktivitäten von
rund 12000 Genen pro Tumorzelle abgefragt und archiviert werden
(taz 7.9.01)
·
das
durch Gentests erlangte Wissen bleibt nicht auf den Getesteten beschränkt,
sondern es werden immer auch Informationen über erbverwandte Dritte erlangt
(Das Parlament 19.10.01 S.2)
·
das
DNA-Identifizierungsmuster als solches enthält keinerlei Hinweis auf die
Persönlichkeit des Spurenverursachers
(Das Parlament 5./12.10.01)
·
Geschäft
mit Abstammungstests boomt: Wer ist wirklich mein Vater?; 5-10% aller Kinder
sind „Kuckuckskinder“, stammen von anderen Vätern; private Labors bieten Tests
an; datenschutzrechtliche und persönliche Probleme
(Die Zeit 19.7.01 S.30; 11.10.01 S.67)
·
Tumordiagnostik
mit Genchips
Die Therapie von Tumoren hängt entscheidend von der Art der Geschwulst ab. Es
kommt daher darauf an, das Gewebe möglichst genau zu charakterisieren. Todd R.
Golub vom Genomforschungszentrum des Massachusetts Institute of Technology in
Cambridge ist es gelungen, mit Genchips 78 Prozent der von ihnen untersuchten
Tumorproben richtig zu klassifizieren. Bei den Analysen wurden mehr als 1600
Gene berücksichtigt
(Frankfurter Allgemeine Zeitung Mittwoch, 02. Januar, Nr. 1 Seite N1)
·
bis
zum Jahr 2005 seien alle monogen bedingten Erbkrankheiten diagnostizierbar
(taz 1.3.02)
·
Der
Handel mit Gentests hat sich zu einem florierenden Zukunftsmarkt entwickelt,
der weltweit bereits rund 1,3 Mrd. US-Dollar umsetzt. Für 2005 wird mit einem
weltweiten Umsatz von über 6 Mrd. US_Dollar gerechnet.;
Wird eine Person positiv auf Chorea Huntington getestet, deren Großvater an
dieser Krankheit erkrankt ist, dann steht damit fest, dass der
dazwischenliegende Elternteil ebenfalls ... an dieser Krankheit erkranken wird.
(GID 150/2002 S.15)
·
Eisenspeicherkrankheit
Haemochromatose; USA 41000 Personen untersucht, 152 hatten von beiden
Elternteilen mutierte Version des Gens geerbt, lediglich ein Patient zeigte
klare Symptome der Krankheit,
(GID 150/2002 S.28)
·
englische
Kosmetikkette bietet weltweit ersten frei verkäuflichen Erbgut-Check an;
9 Gene werden getestet, dann (allgemeine) Ratschläge für das Verhalten gegeben
(Spiegel 13/02 S. 190)
·
SPD
plant Gesetz, das Gentests auch in D. erlaubt; auch Kassenpatienten soll die
Möglichkeit haben, ihre Gene auf Krankheitsrisiken untersuchen zu lassen;
niemand soll zu Gentests gezwungen werden; nur Untersuchung auf Krankheiten,
die behandelbar oder vermeidbar sind; umfassende Beratung durch Arzt
verbindlich;
(Spiegel 18/02 S. 19)
·
Kaufmännische
Krankenkasse (KKH) bietet allen Mitgliedern Test auf Erbkrankheit
Hämochromatose an; Eisen lagert sich in Geweben und Organen ab (Leber, Bauchspeicheldrüse,
Herz); Ursache: Mutation auf Chromosom 6; „Risikoperso“ ist, wer Mutation von
beiden Eltern geerbt hat; jeder 400. Mitteleuropäer „reinerbiger Anlageträger“;
(nur) 9 von 10 H.-Patienten in D. sind reinerbige Träger; nur jeder 10. wird tatsächlich
(zwischen 50 und 60 Jahren) krank;
(taz 21.6.02)
·
Anhörung
im Bundestag zu Gentests;
Nach Auffassung des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen sind
Patienten, die nach einer genetischen Untersuchung wissen, dass der
Versicherungsfall bereits eingetreten sei oder unmittelbar bevorstehe, nicht
mehr versicherbar. Dabei unterscheide er zwischen diagnostischen und
prädiktiven Gentests. Habe der Antragsteller wegen klinischer Symptome einen
Gentest machen lassen, müssten die Ergebnisse dem Versicherer mitgeteilt
werden... Anders bewertet der Verband die prädiktiven Gentests, deren Auslöser
nicht Symptome oder Beschwerden sind, sondern Krankheitsfälle in der
Verwandtschaft. Sie enthüllten bestimmte Gendefekte, die irgendwann einmal zu
einer möglichen Erkrankung führen könnten – das sei eine Information, die von
den Versicherungen nicht verwendet werden dürfe. Dieser Position schloss sich
der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft mit einer freiwilligen
Selbstverpflichtung bis zum Jahr 2006 an.
(Das Parlament 14.6.02)
·
Befragung
USA: 550 Personen identifiziert, denen aufgrund ihrer genetischen Disposition
für eine Erkrankung ein Versicherungsvertrag oder ein Arbeitsvertrag verweigert
worden war
(Bundestag Enquete-Kommission Medizin Drucksache 14/9020 S.138)
·
in
den USA kommen in den nächsten Monaten Bio-Chips auf den Markt für
molekulargenetische Diagnosen, z.B. Mukoviszidose, mit bislang ungekannter
Zuverlässigkeit;
Analyse soll nur noch einige Stunden statt bisher Tage dauern; können in der
Arztpraxis ausgewertet werden;
Biochips vorgestellt, auf die sich bis zu mehrere Zehntausend Gene
programmieren lassen; in Zukunft womöglich das ganze Erbgut eines Menschen auf
einem Chip auswerten
(GID 153, 8-9/2002 S.27)
·
prädiktive
(präsymptomatische) genetische Diagnostik
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 330)
·
Positionspapier
der Gesellschaft für Humangenetik (1996):
Die Abnahme der Prävalenz von genetisch bedingten Erkrankungen oder
Behinderungen in einer Bevölkerung kann ein möglicher Nebeneffekt, nicht jedoch
das primäre Handlungsziel der angewandten Humangenetik sein. Jedes
überindividuelle Handlungsziel birgt die Gefahr, dass durch die Mittel, die zur
Erreichung dieses Zieles eingesetzt werden, müssten, grundlegende Prinzipien
verletzt würden.
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 336)
·
etwa
0,5% aller Neugeborenen weisen numerische oder strukturelle
Chromosomenaberrationen auf, von denen der größere Teil in einer elterlichen
Keimzelle neu aufgetreten ist (Neumutation);
Monogen erbliche Krankheiten kommen durch die Veränderung eines einzigen Gens
zustande. Der Katalog von McKusick (OMIM) enthält gegenwärtig über 14000
Eintragungen. Jede Eintragung weist auf ein monogen erbliches Merkmal hin. Zur
Zeit sind 1700 monogen erbliche Merkmale molekulargenetisch charakterisiert.
Dies betrifft 1336 Gene;
etwa 100 Millionen Menschen sind weltweit von bestimmten Störungen der Bildung
des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin, der Thalassämie (autosomal rezessiv
erblich) betroffen;
beim CFTR-Gen, das bei Patienten mit Cystischer Fibrose (Mukoviszidose) Defekte
aufweist, sind über 950 Mutationen bekannt, deren klinische Konsequenz von
einer schweren, lebensbegrenzenden Lungenerkrankung über Verdauungsprobleme
durch Funktionsverlust der Bauchspeicheldrüse bis zur Unfruchtbarkeit von
Männern führt;
ein bestimmtes Krankheitsbild kann durch unterschiedliche Gendefekte
hervorgerufen werden: Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa, welche über
einen fortschreitenden Sehverlust bis zur Erblindung führt, Mutationen in
mehreren Dutzend unterschiedlichen Genen können diese Augenkrankheit
hervorrufen;
selbst bei identischer Mutation in einem Gen kann das Krankheitsbild erheblich
variieren: Neurofibromatose Typ I, klinische Befunde reichen von bräunlich
pigmentierten Hautarealen über gutartige kosmetisch störende Tumoren bis zu
Skelettfehlbildungen oder bösartigen Hirntumoren;
Chorea Huntington: Risiko für die Manifestation der Krankheit von fast 100%;
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prädiktive genetische Diagnostik, Stellungnahme
März 2003, S.12, 20f, 26f)
·
eineiige
Zwillinge sind für multifaktoriell erbliche Krankheiten häufig im Bereich von
40 bis 60% konkordant;
selbst wenn man alle genetischen Risikofaktoren kennt, die zusammengenommen die
genetische Disposition zu einer Krankheit ausmachen, wird die Vorhersagbarkeit
einer Krankheit maximal die Konkordanzrate eineiiger Zwillinge erreichen
können. Es wird also niemals möglich sein, mit genetischen Methoden das
Auftreten einer multifaktoriell erblichen Krankheit definitiv vorherzusagen
oder auszuschließen. Die Annahme eines genetischen Determinismus ist deshalb
falsch, entsprechende Sorgen sind unbegründet. Noch komplizierter ist die
Situation, wenn es um Funktionen des menschlichen Gehirns wie Intelligenz,
Kreativität oder sexuelle Präferenz geht... es ist offen, ob es jemals gelingen
wird, derartige Phänotypen eindeutig mit bestimmten Genen zu korrelieren.
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prädiktive genetische Diagnostik,
Stellungnahme März 2003, S.15f)
·
diagnostische
Chips: derzeit möglich, auf 1 cm2 Fläche mehr als 250000 verschiedene
Oligonukleotide anzuordnen;
DNA-Chips und Protein-Chips
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prädiktive genetische Diagnostik,
Stellungnahme März 2003, S.19)
·
freiwilliges
Moratorium der Versicherungswirtschaft in Deutschland (zunächst bis 31.12.06):
aus Durchführung von prädiktiven genetischen Tests wird nicht zur Voraussetzung
eines Vertragsabschlusses gemacht;
Ergebnisse von aus anderen Gründen bereits durchgeführten genetischen
Untersuchungen müssen erst ab einer Versicherungssumme von 250000 Euro oder
einer Jahresrente von 30000 Euro offengelegt werden;
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prädiktive genetische Diagnostik,
Stellungnahme März 2003, S.51f)
·
erbliche
Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) bricht nur bei 1-4% der reinerbigen
Merkmalsträger aus; die Mutationen sind häufig (1:400 in Europa); Häufigkeit
könnte Selektionsvorteil geboten haben (Überstehen von Hungerphasen,
Menstruation – Eisenverlust, Infektionskrankheiten)
(GID 159 7/8-2003 S.34)
· 1998 wurde die DNA-Analyse-Datei beim
Bundeskriminalamt eingerichtet, derzeit etwa 250000 Datensätze von erfasten
Personen (Verdächtige, Straftäter) und 50000 Spuren von Tatorten
(Die Zeit 18.9.03 S.17)
· PCR:
minimale Spuren von unbekannter DNA zu verstärken (vervielfältigen), so dass
sie ohne Probleme nachgewiesen werden können;
zunächst braucht der Wissenschaftler als Startmoleküle kurze, spezifische
DNA-Fragmente, sog. Primer, um die Verdoppelung der Einzelstränge in Gang zu
bringen;
In der Regel PCR als Prozess in drei Stufen:
1. DNA-Doppelstränge werden bei 95 Grad Celsius aufgespalten;
2. anschließend legen sich die Primer bei Temperaturen zwischen 50 und 65 Grad
an eine bestimmte Stelle des jeweiligen DNA-Einzelstranges;
3. schließlich können sich die Nukleotide, die in der Reaktionslösung
schwimmen, bei 72 Grad an die Startmoleküle anschließen (ankoppeln)
so liegen nun zwei identische DNA-Doppelstränge statt nur einem vor;
30 bis 45 solcher Verdopplungen nacheinander, nach 20 Zyklen theoretisch 1 Mill
Kopien
(taz 31.10.03)
·
Krankheiten,
die durch ein Gen verursacht sind: bis heute sind mehr als 6500 bekannt
(Konferenz Europ. Kirchen; Arbeitsgruppe über Bioethik 2003: Gentests und
prädiktive Medizin)
·
Vaterschaftstests;
Testpakete bereits in Apotheken angeboten; Beispiel ein Labor: jährlich 3000
Aufträge, ein Test kostet 435 Euro; 150000 Euro teurer Analyseautomat;
Probenahme: Spucke, Wattestäbchen, Kaugummis, Zahnbürsten, Zugarettenkippen,
Haare, getragene Socken, schmutziges Hemd
(Der Spiegel 3/04 S.72)
·
gesunde
Lehrerin wird nicht verbeamtet, Vater leidet an der Erbkrankheit Chorea
Huntington, sie fühlt sich von den Behörden zum Gentest genötigt
(Der Spiegel 43/03 S.216)
·
Elektrophorese:
DNA-Molekül enthält zahlreiche Phosphatreste, diese sind in alkalischer Lösung
negativ geladen und wandern im elektrischen Feld zum Pluspol; wenn diese
Wanderung sich in einem Gel abspielt, werden die DNA-Moleküle gleichzeitig der
Größe nach sortiert;
DNA-Amplifizierung durch PCR:
1. Reaktionslösung auf 90-95 Grad erhitzen, DNA-Doppelstrang wird aufgetrennt
(Denaturierung);
2. Temperatur senken auf 50-60 Grad; PRIMER lagern sich an die komplementären
Sequenzen der Einzelstränge an;
3. Temp. auf 72 Grad; unter Einwirkung der DNA-Polymerase werden DNA-Stränge
verlängert
(EIBE Einheit 2 DNA Profilanalyse, 2000, S.10; 16)
· Gentests haben eine Fehlerquote von
bis zu 2% (Studie der EU-Kommission)
(GID 161/2004 S.27)
·
nach
einem Gesetz dürfen in der Schweiz private Lebensversicherer bei hohen
Versicherungssummen (über 400.000 Schweizer Franken) Einsicht in die Ergebnisse
von Gentests verlangen
(GID 165/2004 S.43)
·
Deutschland:
Gesundheitsministerium legt Entwurf für Gentest-Gesetz vor;
endlich soll Schluss ein mit heimlichen Vaterschaftstests, genetische
Untersuchungen zur Aufklärung der Abstammung dürfen nur vorgenommen werden,
wenn alle von der Untersuchung betroffenen Personen vorab zugestimmt haben;
genetische Untersuchungen zu Forschungszwecken nur erlaubt, wenn eine
„informierte Zustimmung“ vorliegt, der Betroffene ausdrücklich und schriftlich
eingewilligt hat; bei anonymisierten Daten keine Zustimmung erforderlich; auch
Versuche an Gewebe von Säuglingen, Dementen, psychisch Kranken grundsätzlich
möglich
(taz 17.11.04)
·
New
York: eine in den ersten Lebenstagen bei Neugeborenen entnommene Blutprobe wird
ab 2005 auf 44 genetisch bedingte Erkrankungen getestet, bisher waren es 11;
eine Reihe von US-Staaten hat das Neugeborenen-Screening stark erweitert,
nachdem eine Bundeskommission im Oktober 2004 eine Liste von 30 vererbbaren Erkrankungen
empfohlen hatte
(GID 167/2004 S.45)
·
bis
2011 wird in Deutschland beim Abschluss einer Lebensversicherung kein
prädiktiver Gentest verlangt werden; freiwillige Erklärung der
Versicherungswirtschaft um 5 Jahre verlängert; allerdings wird bei sehr hohen
Versicherungsleistungen eine Auskunft über vorhandene Ergebnisse gefordert
(Lebensvers. ab 250000 Euro, Jahresrenten ab 30000 Euro)
(GID 167/2004 S.46)
·
Stellungnahme Nationaler Ethikrat:
plädiert für eine eingeschränkte Zulassung von Gentests bei Stellenbewerbern;
generell bestehe kein Unterschied zwischen Gentests und anderen medizinischen Untersuchungen;
Fragen oder Untersuchungen, die sich auf das Risiko von später auftretenden
Krankheiten beziehen, sollen nur zulässig sein. wenn sie mit einer Wahrscheinlichkeit
von über 50% in absehbarer Zeit die Arbeitsfähigkeit des Bewerbers
beeinträchtigen; normalerweise Zeitraum von 6 Monaten zu betrachten; bei
Beamten 5 Jahre; keine Einschränkungen für Tests bei Piloten oder Busfahrern
(z.B. Neigung zu Krampfanfällen)
(taz 17.8.05)
·
Polkörperdiagnostik (PKD) : Für Deutschland einzig nach dem
Embryonenschutzgesetz zulässig ist die Präfertilisationsdiagnostik, welche
methodisch die Biopsie des ersten und gegebenenfalls zweiten Polkörperchens
erfordert. Die anschließenden humangenetischen Untersuchungen müssen, bedingt
durch den vorgegebenen Zeitrahmen noch vor der Entstehung eines Embryos, das
heißt vor der Verschmelzung des männlichen und weiblichen Vorkerns, erfolgen
und abgeschlossen sein.;
das größte klinische Einsatzspektrum der PKD ist die Untersuchung von
Chromosomen-Fehlverteilungen, so geannten Aneuploidien;
dass bei Frauen über 40 Jahren bereits über die Hälfte der Eizellen bezüglich
der häufig untersuchten Chromosomen (13, 16, 18, 21, 22) auffällig sind; bereits
bei Patientinnen unter 35 Jahren können 30-40% der Eizellen aneuploid sein;
eignet sich die PKD zur Detektion von Translokationen in Eizellen nur dann,
wenn eine maternale, balancierte Translokation vorliegt;
da die Diagnose mittels der Polymerasekettenreaktion an einer, besser zwei
Einzelzellen (erster und gegebenenfalls zweiter Polkörper) erhoben werden muss;
(Dtsch. Ärzteblatt 4.3.05 S.A587ff)
·
Biochips
kaum größer als ein Daumennagel, aber auf ihnen versteckt sich ein komplettes
Chemielabor;
bis zu einer Million Fängermoleküle drängen sich auf einem winzigen Plättchen
aus Glas oder Silizium; an einer bestimmten Position des Zellrasters befestigt, lauern sie auf Partner-Moleküle, die
in der auf den Chip aufgetragenen Lösung – z.B. Blut, Wasser oder Milch – an
ihnen vorbeischwimmen; hat ein Fänger ein Molekül erwischt, etwa einzelne
Sequenzen des Erbmoleküls DNA, lässt er es nicht mehr los; doch bei der
Partnerwahl sind die Moleküle überaus wählerisch: klebt beispielsweise eine Hälfte eines DNA-Doppelstrangs als
Fänger auf dem Chip, fischt sie aus der Mixtur verschiedenster Substanzen
zielsicher nur die jeweils andere Hälfte heraus;
optische Auswertungssysteme (Transducer): bei diesem Nachweis koppeln die
Forscher Leuchtmoleküle (Fluorophore) an die Moleküle in der Testlösung; das
Fängermolekül hält dann auch den Fluorophor fest; bei Bestrahlung mit UV-Licht
leuchtet der Fluorophor auf und verrät,
dass hier ein bestimmtes Fängermolekül das passende Gegenstück gefunden hat
(bdw 4/2005 S.100ff)
·
S.8: In der Medizin unterscheidet man begrifflich
zwischen Prognose und Prädiktion. Unter einer Prognose versteht man eine
Aussage über den weiteren Verlauf einer vergangenen oder gegenwärtig
bestehenden Erkrankung. Demgegenüber ist Prädiktion eine Aussage über das
Risiko für eine Krankheit, die bisher noch nicht ausgebrochen ist.;
Als genetische Untersuchungen werden in dieser Stellungnahme alle
Untersuchungen verstanden, die durch die Analyse dem Körper entnommener
Substanzen unmittelbar Aufschluss über die genetische Ausstattung eines
Menschen geben. Dies sind Untersuchungen von Chromosomen
(zytogenetische Analysen), DNA oder RNA (molekulargenetische Analysen) oder
Genprodukten (biochemische oder
immunochemische Analysen).;
S.9: mithilfe genetischer Untersuchungen kann eine Reihe von Krankheiten mit
einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit, in einigen Fällen mit 100-prozentiger
Sicherheit vorhergesagt werden.;
S.13: Monogen erbliche Krankheiten beruhen auf Mutationen mit hoher oder sogar
100 Prozent Penetranz (= Häufigkeit der Manifestation JK). ... Der Nachweis
einer Mutation mit 100 Prozent Penetranz bedeutet, dass die Krankheit in allen
Fällen manifest wird, wenn der Betroffene nicht zuvor an einer anderen Ursache
stirbt. Eine solche 100-prozentige Penetranz besteht etwa bei der
Huntingtonschen Krankheit, ...
verschiedenen erblichen Muskelkrankheiten, Formen der erblichen Blindheit und
Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit ... (S.21: In den wenigen Fällen, bei denen der
Krankheitsausbruch mit nahezu 100-prozentiger Sicherheit vorhergesagt werden
kann, bleibt immer noch der Zeitpunkt des Krankheitsausbruchs unbestimmt) ...
Im Fall erblicher Dispositionen für Krebskrankheiten liegt die
Manifestationswahrscheinlichkeit für die Träger einer Mutation meist bei 50-80
Prozent ...;
multifaktorielle Krankheiten. Neben den Mutationen, die sich zwingend oder mit
hoher Penetranz phänotypisch niederschlagen, wird eine ständig zunehmende Zahl
von Mutationen bzw. Genotypen bekannt, die nur mit einer mäßigen bzw. geringen
Erhöhung eines Krankheitsrisikos verbunden sind, z.B. um den Faktor 1,2 oder
1,5. In anderen Worten: statt 10 unter 1000 würden in diesem Fall 12 oder 15
unter 1000 Menschen erkranken;
S.37: Erhebung und Nutzung prädiktiver und prognostischer
Gesundheitsinformationen sollte bei der Einstellung ... auf solche
Informationen zu Krankheiten ... beschränkt werden, die mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit (über 50%) eintreten werden und deren Auswirkung auf die
Arbeitsfähigkeit erheblich ist;
verwertbar sein sollten nur Angaben über Krankheiten, die sich mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit innerhalb eines gesetzlich oder
tarifvertraglich zu definierenden Zeitraums nach der Einstellung (z.B. in
Anlehnung an die übliche sechsmonatige Probezeit; S.45: bei Verbeamtung
5-Jahre) in nicht unerheblichem Ausmaß auf seine Eignung für den Arbeitsplatz
auswirken werden. Auf diese Informationen beschränkt sich die Pflicht des
Bewerbers, Fragen des Arbeitgebers bzw. des untersuchenden Arztes
wahrheitsgemäß zu beantworten. ...
Familienanamnese nicht zulässig
S.44: Weiter gehende Untersuchungen auf gegenwärtig symptomlose oder auf
vorhersagbare Krankheiten sind zulässig, wenn sie unter Beachtung des
Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit notwendig sind, um in der Art der Tätigkeit
liegende spezifische Risiken für
Dritte auszuschließen (z.B. bei Piloten, Busfahrern, Küchenpersonal).
(Nationaler Ethikrat: Prädiktive Gesundheitsinformationen bei
Einstellungsuntersuchungen, Stellungnahme 16.8.05, Druckfassung A4)
·
S.17: über 5000 bekannte
Erbkrankheiten
(Spektrum der Wissenschaft,
Dossier: Das neue Genom, 1/2006)
·
Grüne haben Gesetzentwurf für Gendiagnostikgesetz vorgelegt
(taz 15.9.06)
·
Verfassungsgericht: künftig hat jeder Mann einen Anspruch
darauf zu wissen, ob ein ihm „rechtlich zugeordnetes“ Kind tatsächlich von ihm
abstammt;
genetische Überprüfung ist erst seit rund 5 Jahren möglich;
2004 wurden ca. 40.000 Vaterschaftstests durchgeführt;
Speichelprobe, Haarwurzeln, durchgekauter Kaugummi, Windel;
Ergebnisse sind zu 99,9 % sicher;
Preise liegen derzeit zwischen 140 und 600 Euro;
Großbritannien: 1 Kind von 25 wurde nicht vom offiziellen Vater gezeugt;
Diskussionsseite: www.vaterschaftstest-unkommerziell.de
(taz 14.2.07)
·
Stellungnahmen Nationaler Ethikrat:
„Prädiktive Gesundheitsinformationen beim Abschluss von Versicherungen“ 2/2007 http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/pdf/Stellungnahme_PGI_Versicherungen.pdf
“Prädiktive Gesundheitsinformationen bei Einstellungsuntersuchungen“ 8/2005
http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/pdf/Stellungnahme_PGI_Einstellungsuntersuchungen.pdf
·
Selbstverpflichtung der deutschen Versicherer zum Verzicht auf die Durchführung von Gentests 11/2001:
www.gdv.de/Downloads/Pressemeldungen_2002/PM41.rtf
·
Gentestgesetz in den USA angenommen, zielt auf das
Verbot genetischer Diskriminierung ab; Versicherern ist verboten, gesunden Personen allein aufgrund ihrer genetischen Veranlagung höhere Prämien
abzuverlangen; Gentests dürfen
nicht in Entscheidungen über Einstellung, Kündigung oder Beförderung von Arbeitnehmern
einfließen; Regelung soll auch Angst davor nehmen, genetische Proben für Forschung
zur Verfügung zu stellen
(GID 182 Juni 2007 S.49)
·
Kölner Firma bietet Test an, der ab der 8.
Schwangerschaftswoche das Geschlecht des ungeborenen Kindes ermittelt; bisher
übliche Geschlechtsbestimmung per Ultraschall erst ab 16. SSW; Befürchtung zu Abtreibungen
innerhalb der gesetzlichen 3-Monats-Frist;
in eingeschickter Blutprobe der Mutter werden Y-Chromosomen gesucht (einzelne
Zellen des Kindes gelangen in den mütterlichen Blutkreislauf);
Treffsicherheit 99 %; Unsicherheit bei Mehrlingen und unterschiedlichem
Geschlecht:
Kosten 149 Euro, bei Fehlprognose zurück
(taz 21.9.07)
·
(224) vererbbare Krankheit Chorea Huntington
(früher: Veitstanz) wird ausgelöst durch ein einzelnes, zu oft kopiertes Basen-Triplett auf Chromosom 4 verursacht; wird das Triplett CAG mehr als 35
mal hintereinander wiederholt, scheint der Ausbruch der Krankheit
unvermeidlich, auch wenn niemand mit Bestimmtheit sagen kann, WANN es dazu
kommt; so erkranken Menschen mit 39 Wiederholungen im Durchschnitt mit 66
Jahren
(Stefan Rehder: Gott spielen – Im Supermarkt der Gentechnik, Pattloch, München,
2007)
·
Die
derzeit geltende Selbstverpflichtung der Versicherungswirtschaft, auf
genetische Untersuchungen bei Vertragsabschlüssen zu verzichten, soll über 2011
hinaus um möglicherweise 5 Jahre verlängert werden
(GID 185 Dezember 2007 S.42)
·
Bundesärztekammer zum Gendiagnostikgesetz: http://www.baek.de/page.asp?his=0.7.47.6907
·
Ropers, Direktor am Max-Planck-Institut für
Molekulare Genetik, Berlin:
Veränderungen in schätzungsweise 15.000 der menschlichen
Gene können zu Krankheiten führen, aber nur ungefähr 2.500 dieser Gene sind
identifiziert;
In unserer Bevölkerung dürfte das Gesamtrisiko für rezessive Krankheiten bis zu
0,5% betragen – das entspricht der Häufigkeit von Chromosomenanomalien bei
Nachkommen älterer Mütter
(Der Spiegel 44-2010 S.130)
·
Gentest
verrät Haarfarbe
Mit einem neuen Gentest können Ermittler mit einiger Sicherheit die Farbe des
Haupthaares aus der Erbsubstanz
DNA herauslesen. Das berichtete ein Team um Professor Manfred Kayser, den
Leiter der Abteilung für Forensische Molekularbiologie am Medizinischen Zentrum
der Erasmus-Universität Rotterdam. Die Resultate sind im Journal Human
Genetics veröffentlicht. Die Ergebnisse zeigten, dass sich aus der
DNA-Information mit einer Genauigkeit von mehr als 90 Prozent ermitteln lasse,
dass eine Person rote Haare hat. Eine ähnlich hohe Genauigkeit gelte für die
Aussage, dass die DNA von einem Menschen mit schwarzen Haaren stamme. Die neue
Methode erlaube es zudem, ähnliche Haarfarben - wie Blond und Dunkelblond oder
Rot und Rotblond - zu unterscheiden.
(taz 7.1.2011 S.18)
·
Mukoviszidose: Bluttest statt Gentest;
Mit einem Bluttest könnte künftig die Diagnose der Stoffwechselerkrankung
Mukoviszidose bei Kindern günstiger und vermutlich auch genauer als mit dem
bislang gebräuchlichen Gentest festgestellt werden. An der
Universitäts-Kinderklinik Heidelberg wurde der neue Test, bei denen zwei
Proteine im Blut der Neugeborenen gemessen werden, bei hunderttausend Babies
angewandt und mit dem Ergebnis des Gentests verglichen. Dabei war der
biochemische Test hinsichtlich der Entdeckungsrate der Krankheit nach Aussage
der Forscher überlegen. Sie fordern nun, ein flächendeckendes Screening mit dem
Bluttest einzuführen. Über die Nachricht dürften sich auch Ärzte ohne
Zusatzausbildung für Humangenetik freuen, die nach Inkrafttreten des
Gendiagnostikgesetzes das Aus für die Gentestung in ihrem Haus befürchteten.
Für Mukoviszidose gibt es bislang keine Heilung, aber symptomatische Therapien,
die vor allem im frühen Stadium der Krankheit Linderung erzielen können.
(Ärzte Zeitung, 20.04.11) (mf) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/206/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
·
seit 1.2.2012 sind die Bestimmungen des neuen
Gesetzes zur Gendiagnostik (GenDG) erst in Kraft. Schon haben sie zu einem
handfesten Eklat in der deutschen Ärzteschaft geführt …
Die Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH) hat ihren Mitgliedern
empfohlen, bei der Umsetzung des Gesetzes nicht weiter mitzuwirken. Konkret
heißt das: Die Genetik-Fachärzte verweigern ihren Mediziner-Kollegen ab sofort
Fortbildungen in Genetik …
Das Gesetz soll die informationelle Selbstbestimmung der Bürger sowie ihr Recht
auf Nichtwissen wahren und genetische Diskriminierung verhindern. Außerdem will
der Gesetzgeber die Bürger auch vor den unvorhersehbaren Folgen der eigenen
Neugier auf sein Genom schützen. Wie aber kann das gelingen?
Zwei Instrumente sollen es gewährleisten,
der Arztvorbehalt (nur Mediziner dürfen genetische Tests veranlassen)
und die Beratungspflicht (jeder Patient muss über mögliche Testergebnisse, die
getestete Veranlagung oder Krankheit von einem qualifizierten Arzt beraten
werden.)
Qualifiziert ist ein Arzt, wenn er sich entsprechend fortgebildet hat. Doch
weil das Gesetz auch Routinediagnostik –wie etwa Ultraschalluntersuchungen bei
Schwangeren – als beratungsbedürftig einstuft, herrscht Notstand. Es gibt in
Deutschland nur wenige Fachärzte für Humangenetik und medizinische Genetik. Die
kleine Schar Spezialisten ist längst hoffnungslos überlastet.
Seit Dezember böten die Ärztekammern ihren Mitgliedern Discount-Zertikikate an,
klagen die Humangenetiker. Die Rede ist von Multiple-Choice-Tests, deren
Antworten im Netz kursieren, halbtägigen „Refresher“-Kursen, in denen nicht
einmal Grundkenntnisse vermittelt werden könnten. An derlei Unfug, so
GfH-Präsident Andre Reis, könne man sich nicht länger beteiligen …
Tatsache ist, dass eine fünfstellige Zahl von Medizinern zertifiziert werden
muss … Selbst die ursprünglich für die Qualifizierung vorgesehenen
72-Stunden-Kurse in Genetik dürften kaum ausreichen, um Ärzten den nötigen
Überblick zu vermitteln
(ZEIT 23.2.2012 S.38)
·
Der Deutsche Ethikrat empfiehlt mehr Patientenschutz
und besser ausgebildete Mediziner. Streit über Test für Downsyndrom;
Wie also einen verantwortlichen Umgang finden mit dem Recht auf genetisches
Wissen, auf Nichtwissen und auf informationelle Selbstbestimmung bei
Erwachsenen, Minderjährigen oder gar Ungeborenen? Das sind große Fragen, die
die Bundesregierung vor eineinhalb Jahren dem Deutschen Ethikrat stellte. Die
Antworten des Expertengremiums sind nachzulesen in einer druckfrischen
209-seitigen Stellungnahme zur "Zukunft der Gendiagnostik". Die
Ratsvorsitzende und Medizinethikerin Christiane Woopen fasste sie am Dienstag
in Berlin so zusammen: "Manche Daten sind für die medizinische Versorgung
sehr hilfreich, andere erbringen belastende Informationen ohne
Eingriffsmöglichkeit, und wieder andere sind von unklarer Relevanz."
Aus Sicht des Ethikrats müssen daher Verbraucherschutz und Patientenrechte
gestärkt und die Bevölkerung besser aufgeklärt werden. Hierzu brauche es eine
"öffentlich getragene, qualitätsgesicherte Informationsplattform" im
Internet zu verfügbaren Gentests, ihrer Bedeutung und Aussagekraft. Ärzte, die
genetische Beratung anbieten, müssten besser aus- und fortgebildet werden.
Eventuell sollte der "genetische Berater" als eigenständiger Beruf
eingeführt werden.
Nicht tolerierbar sei die derzeitige Praxis, wonach die Ergebnisse von Gentests
zu nichtmedizinischen Zwecken (also etwa zu Fitness- oder Ernährungsberatung)
auch ohne ärztliche Beratung übermittelt werden dürfen: "Das Aushändigen
schriftlichen Materials reicht nicht aus", heißt es dazu in der
Stellungnahme, schließlich beinhalteten auch solche Tests medizinisch relevante
Informationen. Das Gendiagnostikgesetz müsse entsprechend verschärft werden.;
Wegen der Gefahr des Missbrauchs und zum Schutz vor persönlichen Risiken
sollten sogenannte Direct-to-consumer-Tests (DTC), bei denen Verbraucher oft
nur eine Speichelprobe einschicken und sodann umfangreiche Informationen
erhalten, nicht nur in Deutschland, sondern EU-weit verboten sein, findet der
Ethikrat. Dies dürfte indes praktisch nur schwer umzusetzen sein: Die Tests
werden via Internet angeboten. Zerstritten ist der Ethikrat in der Frage von
Bluttests zur Früherkennung des Downsyndroms bei Embryonen. Im Gegensatz zur
herkömmlichen Fruchtwasseruntersuchung bergen diese Tests kein Risiko für
Fehlgeburten. Genau das aber könne zu einem inflationären Gebrauch führen,
warnt eine Mehrheit der Mitglieder. Ihre Sorge: Schwangerschaften könnten dann
unzulässigerweise allein wegen der "genetischen Ausstattung des
Ungeborenen" beendet werden. Dies sei umso leichter möglich, als der
Bluttest bereits in der zehnten Schwangerschaftswoche anwendbar sei. Zu diesem
Zeitpunkt dürfen Schwangerschaften auch ohne medizinische Indikation beendet
werden.
Die Mehrheit der Mitglieder empfiehlt daher, solche Tests nur zu erlauben,
"wenn ein erhöhtes Risiko für eine genetisch bedingte Erkrankung oder
Fehlbildung vorliegt". Zudem sei ein "über die Pflichtberatung nach
§218a Strafgesetzbuch hinausgehendes Schutzkonzept erforderlich". Wie
genau dieses aussehen soll, lässt der Ethikrat offen.
Dieser Einschätzung widersprechen vehement acht Mitglieder des Ethikrats,
darunter der Rechtswissenschaftler Jochen Taupitz und der ehemalige Bundesjustizminister
Edzard Schmidt-Jortzig: "Die ethische Analyse sollte sich an der
Lebenswirklichkeit von Menschen ausrichten", fordern sie in einem
Sondervotum. Es sei nicht akzeptabel, "der Schwangeren den Zugang zu
wichtigen Informationen zu erschweren, die sie als unentbehrlich für ihre
verantwortliche Entscheidung ansieht." Der Bluttest biete überdies keine
"prinzipiell neuartigen oder andersartigen diagnostischen
Informationen", sondern bloß einen schonenderen Weg, an diese genetischen
Informationen zu kommen.
(taz 2.5.2013 S.4)
·
Deutscher Ethikrat: Stellungnahme “Die Zukunft der
genetischen Diagnostik – von der Forschung in die klinische Anwendung” --- http://www.ethikrat.org/publikationen/stellungnahmen/die-zukunft-der-genetischen-diagnostik
·
·
Q:
TV ZDF 11.2.96 Mona Lisa - das perfekte Kind
- Ärzte sind verpflichtet, bei Schwangeren über 35 Jahre pränatale Diagnostik
zu empfehlen; zunehmend auch Frauen unter 35 und ohne bekanntes Risiko;
Qualitätsprüfung des Kindes, Schwangerschaft auf Probe
- Chorionzottenbiopsie ab 10. Woche, Gewebe aus der Plazenta, 0,5-1,5%
Fehlgeburtsrisiko
- Amniozentese ab 14. Woche - 1%
- Triple-Test Blutentnahme ab 16. Woche
- neuer §218:
*keine embryopathische Indikation mehr (Abbruch bis Ende der Schwangerschaft
möglich), Frist früher: 22. Woche
* Abbruch ab 20. Woche: Geburt zum Tode
* Frage nur noch: ist das Kind der Mutter zumutbar?
- in Frankreich: gezielte Tötung im Mutterleib mit Spritze zulässig; juristisch
in D. auch, strafrechtlich erlaubt,, wird auch praktiziert (bei Zwillingen:
einer schwere Behinderung, auch selektive Mehrlingsreduktion)
·
Q:
Das Leben ist eine Gabe Gottes, Kassel 1990
- S. 67: derzeitige Problemfelder bei der genet. Beratung und pränatalen
Diagnostik:
* Bevölkerungseugenik (welche Eigenschaften wünschenswert, wie befördern und
behindern?)
* Beschränkung der Autonomie der Betroffenen (Behinderte
"verhindern")
* Zulässigkeit aktiver Beratung (Suche nach Betroffenen,
"Zwangs-Aufklärung" - Recht auf Nicht-Wissen)
* Reichweite der pränatalen Diagnostik (wonach wird gesucht?)
* Schutz der genetischen Daten
·
Q:
Domdey, H. u.a.: Gentechnologie, Ev. Presseverband für Bayern, München 1990
- S.93: Chorea Huntington Nervenkrankheit, Beginn meist um das 45. Lebensjahr,
Patienten leiden unter schnellen, unwillkürlichen, oft bizarren
unkontrollierbaren Muskelzuckungen, bald Sprachstörungen und allgemeine
psychische Veränderungen, fortschreitender Persönlichkeitsabbau mit zunehmendem
geistigen Verfall, innerhalb weniger Jahre pflegebedürftig, letzte Lebensjahre
völlige geistige Umnachtung, Tod nach 12-13 Jahren Krankheitsdauer, keine
kausale Therapie bekannt
- S.94 Cystische Fibrose CF wird autosomal-rezessiv vererbt, d.h. beide Eltern
müssen Merkmalsträger sein, Risiko 25%
·
Q:
Ludger Weß (Hrsg.) Schöpfung nach Maß: perfekt oder pervers?, Oberursel 1995
- Dilemma: Schicksale von Menschen werden mit wiss. Autorität vorausgesagt
- im Falle pränataler Diagnostik müssen Eltern Entscheidungen über den
"Lebenswert" ungeborener Kinder treffen
- seit 1984 sind Ärzte verpflichtet, Schwangere ab 35 Jahren auf mögliche
Diagnosen hinzuweisen; 80% nutzen das (Amniozentese)
- Amniozentese: Fehlgeburtsrisiko 1%, Risiko Down Syndrom 0,25%
- Chorionzottenbiopsie 7.-10. Woche; Ergebnisse innerhalb von 1-2 Tagen; 2%
Fehlgeburtenrisiko
- zystische Fibrose: durchschn. Lebenserwartung 27 Jahre
- es gibt dreimal so viele Wissenschaftler, die an der Gentherapie der ADA-Krankheit
arbeiten, als es ADA-Patienten auf der ganzen Welt gibt
·
Günter
Altner: Leben in der Hand des Menschen, Darmstadt 1998, S.126:
14.7.33 Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses verkündet:
gesetzliche Grundlage für zwangsweise Sterilisierungen bei
- angeborenem Schwachsinn
- Schizophrenie
- zirkulärem (manisch-depressivem) Irresein
- erblicher Fallsucht
- schwerem Alkoholismus
·
FP
1./2.8.98: über 290000 Menschen in Sachsen schwerbehindert; in 81% der Fälle
ist Behinderung auf eine Krankheit zurückzuführen, bei 9% der Betroffenen war
das Leiden angeboren, in 4% Unfälle als Ursache
·
Ökotest-Magazin
8/98 S.55:
* ob Ultraschall, Bluttest oder Fruchtwasseruntersuchung - die meisten
Schwangeren lassen ihr Kind schon vor der Geburt auf mögliche Krankheiten oder
Missbildungen untersuchen
* 97% der Kinder werden gesund geboren
* Down-Kinder können ein durchaus erfülltes Leben verbringen
* eine von 100 Frauen verliert ihr Kind nach der Amniozentese
* FISH-Schnell-Test mit Flureszenz, Neuralrohrdefekte nicht erkennbar
* TRIPLE-Test: ein spezielles kindliches Eiweiß, zwei mütterliche Hormone,
Alter der Frau: Risikoabschätzung, ordnet der Risikogruppe viel mehr Schwangere
zu, als tatsächlich betroffen sind: von 1000 untersuchten Schwangeren haben 40 ein erhöhtes Risiko für ein Kind mit
Neuralrohr-Defekt (z.B. offener Rücken) - tatsächlich betroffen sind nur 2
Kinder; 100 Schwangere haben erhöhtes Risiko für Down-Syndrom - betroffen sind
höchstens 2 Kinder; ein weiteres Kind wird eine der beiden Krankheiten haben
und wird im test nicht als erhöhtes Risiko erkannt
·
ZDF
29.4.98 ODYSSEE 3000 Frankensteins Kinder: / danach Diskussion
* in der Kombination der modernen Fortpflanzungsmedizin mit der Gentherapie liegt
der Sprengstoff für die Zukunft; Krankheiten heilen, Menschen verbessern
* USA Fortpflanzungsklinik: „In Zukunft wird kein Embryo mehr verwendet, den
wir nicht getestet haben“; „Wir können Ihnen ein Kind liefern, das frei ist von
Mongolismus, von Muskelschwäche...“
* Vater des ersten Retortenbabys (Edwards): „Die Ethik muss sich dem
technischen Fortschritt anpassen“
* Max Frisch: „Es gibt einen menschlichen Maßstab, man kann ihn nicht
verändern, man kann ihn nur verlieren“
·
ARTE
9.7.98 Menschen nach Maß - der Griff nach dem Erbgut
* Film GATTACA: „Sie möchten doch für Ihr Kind den bestmöglichen Start...“
* Gefahr: Instrumentalisierung des Menschen, Mensch wird gezeugt als Mittel für
Zwecke anderer Menschen, Mensch wird benutzt...
* Barth EKD: oft bemüht: Menschen in Notlage (Knochenmarksspende, Organspende)
das rechtfertigt noch nicht Klonierung, zu simpler Mechanismus: Hilfe um jeden
Preis
* Illusion vom leidfreien Leben voller Glück
* genetische Selektion von Mitarbeitern in US-Firmen: höheres Risiko für
Allergien, für best. Krebsarten
* unser Zukunft wird bestimmt vom Zufall und vom Dollar;
BARTH: domestizierter Kapitalismus!
SEEDS: ethische Entscheidungen trifft
in Amerika der Markt
Medikament für krankhafte
Kleinwüchsigkeit: zu wenig echte Patienten da - man definiert die letzten drei
Prozent eines Jahrgangs als zu klein - und schafft Markt mit hunderttausenden!
* „Wir müssen schauen, ob es dem Baby gut geht“ - aber wenn es ihm schlecht
geht, darf es nicht leben
* FISH-Test zahlreiche, aber nicht alle numerischen Chromosomenanomalien
nachweisbar
* Abtreibung im 8. Monat: Nadel ins Herz des Kindes, Salzlösung gespritzt
* Gentechnik ist auf Eugenik hin angelegt
im Labor etwas zu beseitigen ist
leichter als einen Zigeuner zu ermorden
wir beseitigen nicht Erbkrankheiten,
sondern Erbkranke
* 1931 Aldous Huxley: Brave New World
Klonierung nach dem Bukowski-verfahren
(aus 1 Embryo werden 96)
·
GID
125/126 4/98 S.59:
* Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik
* in der Schwangerschaftsvorsorge werden reiehnweise Untersuchungen
durchgeführt, die nicht der Gesunderhaltung des Ungeborenen dienen, sondern der
gezielten Suche nach Schädigungen, für die es keine Therapie gibt
* PD: 1991 40000, 1994 60000
* Aufklärungspflicht der Ärzte und Zustimmung des Patienten vor jeder
therapeutischen oder diagnostischen Maßnahme - hier häufig nicht eingehalten
* oft erst in akut problematischer Situation überhaupt von anderen
Möglichkeiten der Beratung erfahren
* Beratung sollte frei sein
von Interessen wirtschaftlicher Art
(Labor, Forschung)
von Interessen juristischer Art
(Absicherung gegen Haftungsschäden)
·
taz
28.5.98:
* 14.7.33: Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses
* schwachsinnige, depressive, suchtkranke Menschen auch gegen ihren Willen
unfruchtbar machen; 350000 Menschen als rassisch minderwertig eingestuft, 6500
bei Sterilisationen gestorben
·
Publik-Forum
2/98 S.13: 1996 160 Spätabbrüche bei 130000 Abbrüchen gesamt
·
B3
18.2.98 Im Griff der Gene - unser Erbgut- Bürde für das Leben
* DNS - Symphonie des Lebens auf 46 Chromosomen; 2 Millionstel Millimeter dünn,
1,5 Meter lang;
100000 Gene
* > 5000 monogen bedingte Erbkrankheiten, ca. 500 davon können routinemäßig
getestet werden;
solche Webfehler kann man zwar
feststellen, aber kaum reparieren
* fragiles X-Syndrom:
häufigste bekannte Ursache für erbliche
geistige Behinderung (Verhaltensstörungen, längliches Gesicht, große Ohren) ;
seit 1991 Gentest möglich: Wiederholungen einer kurzen Gen-Sequenz; Protein
wird nicht hergestellt, fehlt im Gehirn; keine Aussage über Schwere der
Erkrankung (evtl. nur leichte Lernbehinderung);
USA: Versicherungen verweigern Aufnahme in Versicherung oder Behandlung
brit. Wissenschaftler rechnet vor: 1 Kind X-Syndrom kostet >
2Mill.DM/Lebenszeit; 1 Screening-Test kostet je vermiedenem Fall nur 270000 DM
* krank à behindert à vermeidbar?
* Risiko für behindertes Kind 3%, wird durch PD kaum vermindert
* Verhaltens-genetik (???) bis heute keine Beweise gesehen!
Zwillingsforschung:
durchschnittlich 42% der „großen 5 Persönlichkeitsmerkmale“
in der Erbsubstanz verwurzelt:
- Emotionalität
- Gewissenhaftigkeit
- Verträglichkeit
- Offenheit für Erfahrungen
- Geselligkeit
·
Dr.
Kobelt, Chemnitz, Vortrag Chemnitz 23.4.96
- allg. Fehlbildungsrisiko Neugeborener 1-2%; Chromosomenfehlbildung <1%
- FISH-Test (Fluoreszenz-in-Situ-Hybridisation)
künstl. DANN-Stück lagert sich am
Chromosom an, dann Fluoreszenz-Test: Sonde leuchtet
·
Dr.
Kobelt, Chemnitz, Gespräch 15.5.98:
- Triple-Test: erhöht nur Angst bei Frauen(Wahrscheinlichkeit kann präzisiert
werden, Angst vor einer errechneten Zahl)
- wertungsfrei, nicht-direktiv beraten - das kann ich nicht; manchmal hole ich
einen Psychologen dazu)
- Mukoviszidose: Tests auf 10 wichtigste Mutationen erfassen 90% der Fälle
- Trisomie 21:
a) freie Trisomie 21 = Zufallsmutation,
Chromosomenfehlverteilung, 90% der DOWN-Fälle
b) Translokation 14/21 (oder 21/21 oder
22/21): Chromosom 21 angeheftet an Chr. 14, dann erbliche
= familiäre Weitergabe
·
FRAUENARZT,
4/98, S.650:
Stellungnahme von mehreren gynäkol. Gesellschaften zu Schwangerschaftsabbruch
nach Pränatal-Diagnostik
- Ziel: Diagnose möglichst frühzeitig stellen, vor Erreichen der
Lebensfähigkeit; als Grenze der L. werden heute 24 Wochen nach letzter Periode
oder 22 Wochen nach der Konzeption angenommen
- nach den neuesten sonographischen Screening-Studien werden nur wenige
Fehlbildungen vor 20 Wochen p.c. erkannt, auch von erfahrenen
Pränataldiagnostikern können versch.
Fetale Fehlbildungen bis zu diesem Zeitpunkt nicht zweifelsfrei abgeklärt
werden (z.B. Mikrozephalie, Hydrozephalus, Herzfehler, Nierenfehlbildungen),
dies ist nur durch eine Verlaufsbeobachtung möglich, eine verlässliche Diagnose
kann erst nach 2 oder 3 Untersuchungen gestellt werden
- Methoden der vorzeitigen Schwangerschaftsbeendigung:
ist der Fetozid eine der möglichen
Methoden; kein prinzipieller Unterschied im Fall einer selektiven Tötung bei
Mehrlingsschwangerschaft; auch Gabe wehenauslösender Medikamente aktive Tötung
·
Mukoviszidose
700 verschiedene Mutationen des Gens; die gleiche Mutation kann zum Tod in der
frühen Kindheit führen oder den Patienten älter als 30 Jahre werden lassen
(Spiegel 14/98 S.210)
·
etwa
5500 Erbkrankheiten sind schon bekannt
(Stern 27/2000 S.59ff)
·
bei
den Nazis Eugenik gegen die Interessen des Individuums durchgesetzt, während
jetzt eugenische Selektion gegen private Interessen verhindert wird; es gibt
Länder, in denen all das viel „liberaler“ gehandhabt wird (USA, England), ohne
daß man ihnen gleich einen Trend ins Barbarische nachsagen möchte;
(Jens Reich: Blätter für deutsche und internationale Politik, 11/99 S.1353ff)
·
drei
obligatorische Ultraschalluntersuchungen, optionaler Bluttest bei der Mutter
(Triple-Test), im Verdachtsfall auf Wunsch Punktion des Mutterkuchens
(Chorionzottenbiopsie) oder Untersuchung des Fruchtwassers (Amniozentese)
gehören heute zum Standardangebot gynäkologischer Praxen;
nach Schätzungen treiben in D. 90% der Mütter ihr Down-Syndrom-Kind ab;
nun gilt nicht die Mißbildung des Kindes, sondern die Belastung der Schwangeren
durch ihr Kind als legaler Abtreibungsgrund, das Gesetz öffnet einen breiten
Interpretationsspielraum, weder muß sich die Schwangere beraten lassen noch
eine Wartezeit zwischen Diagnose und Abbruch einhalten, Wegfall der bis 1995
geltenden Frist der 22. Woche wirft die meisten Konflikte auf;
offiziell gemeldete Spätabtreibungen nach der 23. SSW von 26 Fällen 1995 auf
175 1999 gestiegen; die Dunkelziffer liegt um ein Vielfaches höher;
durch den Fetozid geraten Ärzte nicht in das Dilemma, ein atmendes Baby
behandeln zu müssen; der F. ist der humanere Weg, das Kind leidet weniger;
Münsteraner Wissenschaftler fragten Frauen, was sie täten, wenn ein pränataler
test ergeben würde, daß ihr Kind zu Übergewicht neigt. Ein Fünftel zog eine
Abtreibung in Betracht;
Ehepaare, die sich beim Gynäkologen verhalten wie Konsumenten, die sich mit
einem Techniker über die Gefahren eines neuen Autos unterhalten. Sie erwarten
von der Ärztin ein Gütesiegel auf ein gesundes Kind.;
Triple-Test: Befragung von 9000 Schwangeren - fast die Hälfte der Frauen hätte,
als ihnen Blut abgenommen wurde, noch nicht einmal erfahren, wozu der Test
überhaupt dient
(Die Zeit 29.12.99 S.37)
·
Triple-Test
durch Einbeziehung von AFP in die Risikobeurteilung ist ein Serummarker für
fetale Verschlußstörungen (Neuralrohr- und Bauchwanddefekte) verfügbar;
ermöglicht die Risikospezifikation, nicht jedoch die Diagnose für best.
Chromosomenstörungen (Trisomie 18 und 21) und für fetale Verschlußstörungen
(Dtsch.Ärzteblatt 9/2000 S.A-532f.)
·
Down-Syndrom
Netzwerk Deutschland e.V.
Äußerung anläßlich der Entschlüsselung des Erbgutes von Chromosom 21:
Menschen mit Down-Syndrom leben mit uns. Sie haben ihren Platz in der
Gesellschaft, den nur sie ausfüllen können. Menschen mit Down-Syndrom sind
nicht krank - außer bei Grippe und Beinbruch, wie andere Menschen auch. Das
Netzwerk macht darauf aufmerksam, daß die Trisomie 21 keine vererbbare oder
ererbte Krankheit ist. Daß Menschen mit Down-Syndrom besondere Hilfe benötigen,
soll nicht verschwiegen werden. Aber das tun andere Menschen auch. Darüber
hinaus haben Menschen mit Down-Syndrom keine Schmerzen, die den Ausdruck
„leiden“ rechtfertigen. Menschen mit Down-Syndrom machen unserer Gesellschaft
deutlich, daß es außer „schneller, höher, weiter und Erfolg um jeden Preis“
noch andere Lebensqualitäten gibt. Menschen mit Down-Syndrom sollten als
Personen anerkannt, akzeptiert und gefördert werden. Alle Ansätze, die zum Ziel
haben, Menschen mit Down-Syndrom möglichst früh in der Schwangerschaft zu
erkennen und am Leben zu hindern, lehnen wir ohne Wenn und Aber ab.
(GID 140/2000 S.33)
·
Mukoviszidose
750 verschiedene genetische Defekte erkannt
(GID 139/2000 S.34)
·
Staatsanwaltschaft
untersucht einen Schwangerschaftsabbruch im sächsischen Zittau in der 29.
Woche; Fötus soll nach dem Abbruch noch Lebenszeichen von sich gegeben haben
(FP 30.6.99)
·
der
französische Maler Henri Toulouse-Lautrec wurde aufgrund seiner Osteogenesis
imperfecta früh zum Krüppel;
der amerik. Präsident Abraham Lincoln litt, so vermuten Wissenschaftler, am
Marfan-Syndrom, einem Gen-Defekt, der Herzkrankheiten auslösen kann;
beide wären nach genetischer Beratung womöglich nie zur Welt gekommen
(GEO-Wissen Sex..., S.76)
·
Linus
Geisler: Beethoven litt an wohl angeborener Taubheit
(TV-BR3 Magazin Stolperstein 2.1.99)
·
Der
bekannte Jazzpianist Michel Petrucciani ist mit 36 Jahren gestorben, er litt an
der angeborenen Glasknochenkrankheit
(FP 7.1.99)
·
Nobelpreisträger
James D. Watson:
hat sich für eine genetische Untersuchung und die Abtreibung erbgeschädigter Kinder
ausgesprochen;
in der FAZ warnte Watson davor, „im Namen Gottes unnötige persönliche Tragödien
geschehen zu lassen.“ Künftig gelte es möglicherweise als „unmoralisch“, wenn
Eltern „die Geburt von Kindern mit gravierenden genetischen Defekten“ zulassen
würden.
GID 142 10-11/2000 S.26
·
Symposium
Fortpflanzungsmedizin Bundesgesundheitsministerium 5/2000;
BM Andrea Fischer: Die Möglichkeit, individuelles Leid zu verhindern, bedeute
keine Rechtfertigung dafür, auch alles Machbare zu tun. Durch die neuen Techniken
könne ein Klima entstehen, das den perfekten Menschen immer mehr zur Norm
werden lasse und es schließlich als rechtfertigungsbedürftig erscheinen lasse,
wenn ein behindertes Kind zur Welt kommt.“
Dtsch. Ärzteblatt 22/2000 S.A-1503
·
Bundesdrucksache
aus dem Jahr 1999:
geheime „Erfolgsstatistik“ der selektiven pränatalen Diagnostik: Zahl der
Neugeborenen mit Spina bifida von 1973 bis 1990 von 18,6 auf 7,7 je 100000
reduziert, bei Down-Syndrom von 13,5 auf 8,7
Dtsch. Ärzteblatt 21/2000 S. A-1456
·
Behinderter
erhält Entschädigung für Geburt
(Frankreich, Arzt hatte Rötel-Erkrankung bei der Mutter nicht erkannt, Junge
nach Fehldiagnose schwer behindert zur Welt gekommen, Entschädigung für den
17-jährigen
Freie Presse 18./19.11.2000
·
„Ich
kann mir sogar vorstellen, dass Fortpflanzung auf natürlichem Weg irgendwann
als verantwortungslos gilt, so wie es jetzt als verantwortungslos gilt, wenn
eine Frau während ihrer gesamten Schwangerschaft auf vorgeburtliche Tests und
Untersuchungen verzichtet. ... man sagt: wie konntest du so leichtsinnig
sein... warum hast du nicht dafür gesorgt, dass du ein Kind ohne Erbkrankheiten
bekommst?“ (Gregory Stock, Reproduktionsmediziner, Kalifornien)
“... werden Föten mit zystischer Fibrose abgetrieben, obwohl die Kinder normal
intelligent sind und 30 Jahre alt werden können.... ein kalifornisches Gericht
hat festgestellt, ein mit Gendefekt geborenes Kind habe das Recht, seine Eltern
zu verklagen, weil sie auf Gentests verzichtet und nicht abgetrieben haben...“
(Lori Andrews, Ethikerin, Chicago)
Öko-Test Magazin, 12/2000 S.16ff.
·
Spätabbrüche
(nach 22. SSW): Information der Eltern über mögliche Lebendgeburt, falls dies
der Fall ist, werden die Kinder gewärmt und genährt, ein Kinderarzt ist bei der
Geburt dabei;
in Bethel auch ein Kind mit Down-Syndrom abgetrieben (Altersindikation)
Renate Schernus (Bielefeld): Pränataldiagnostik in evangelischen
Krankenhäusern?, Vortrag 13.7.2000 Hannover
·
wurden
vor 10 Jahren pro 1000 Lebendgeburten 49,6 vorgeburtliche
Chromosomenuntersuchungen vorgenommen, waren es acht Jahre später schon 95,7
Analysen;
die Wahrscheinlichkeit für eine 35-jährige Frau, ein Kind mit DOWN-Syndrom zu
bekommen, liegt bei 1: 365, die Gefahr, das Kind durch den Test beziehungsweise
durch eine nachfolgende Fehlgeburt zu verlieren, liegt um ein Vierfaches höher;
dass das Krankheitsbild beim Down-Syndrom sich sehr unterschiedlich ausprägen
kann und nur etwa jedes zehnte der betroffenen Kinder lebenslang auf Hilfe
angewiesen ist;
etwa 80% aller Frauen im Risikoalter lassen sich in Deutschland pränatal
untersuchen, Humangenetiker schätzen, dass bei einer Down-Diagnose in 98% aller
Fälle abgetrieben wird;
bei einer qualifizierten Beratung ist die Wahrscheinlichkeit um ein Sechsfaches
höher, dass die Schwangerschaft ausgetragen wird
(taz 9.3.2001)
·
Mukoviszidose
ist so weit verbreitet, dass diese Krankheit einen Vorteil für heterozygote
Träger haben muss (das sind Menschen mit einem gesunden und einem kranken
M.-Gen); Experimente an Mäusen haben gezeigt, dass diese Genkombination sie vor
dem Tod durch Cholera schützt. Diese Krankheit war früher weit verbreitet und
damit ein wichtiger Evolutionsfaktor.
(bild der wissenschaft 10/2000 S.30)
·
etwa
90% der Frauen, bei denen eine Schädigung des Fötus festgestellt wurde,
entscheiden sich für eine Beendigung der Schwangerschaft;
Nippert: zeigen die Erfahrungen mit der PD, dass es fast unmöglich ist,
diagnostische Verfahren auf wenige Fälle zu begrenzen; die Technik selbst habe
die Neigung, sich von einer Ausnahmediagnostik zu einem screening-Verfahren
auszuweiten
(Das Parlament 11/2001 S.4)
·
Diakonisches
Werk der EKD
Problem Spätabtreibungen; für Änderung des Abtreibungsrechtes kein
Handlungsbedarf; zu erwägen Änderung der Mutterschaftsrichtlinien
(pränataldiagn. Verfahren, die nach nicht therapierbaren Erkrankungen und
Fehlbildungen suchen, aus der allgemeinen Schwangerenvorsorge herausnehmen);
Selbstverpflichtung der Ärzte, keine Spätabtreibungen nach PD mehr vorzunehmen;
Beratungsangebote (freiwillig) vor PD-Untersuchungen
(epd-wochenspiegel 27/01 S.16)
·
CDU
Bundestagsfraktion zum Problem der Spätabtreibungen:
bessere Beratungsangebote (bereits vor Anwendung der PND; Kostenübernahme durch
die Krankenkassen erst nach erfolgter Beratung)
Änderungen bei der ärztlichen Haftung (keine Schadenersatzansprüche bei
mangelhafter Diagnostik oder fehlgeschlagener Abtreibung)
vom Gesetzgeber müsse klargestellt werden, dass nur die Gefährdung des Lebens
der Schwangeren oder deren schwerwiegende seelische Beeinträchtigung als Grund
für die zeitlich unbefristete Abtreibung in Frage kommt, eine absehbare
Behinderung sei allein kein Grund
(epd-wochenspiegel 28/01 S.13)
·
Spätabbruch:
durch Bundesverfassungsgericht anerkannt, dass eine festgestellte mögliche
Behinderung des Kindes Grund genug sein kann, die Frau in ihrer psychischen
Gesundheit zu gefährden
(taz 5.7.01)
·
Hertha
Däubler-Gmelin:
Rechtmäßig ist der Schwangerschaftsabbruch nicht, sondern nur straflos.
Und danach ist ein Schwangerschaftsabbruch nur rechtmäßig, wenn eine
Indikation, also eine Kollision von Rechtsgütern vorliegt. Es reicht eben
nicht, obwohl man das in der Öffentlichkeit hören kann, dass das Ungeborene
eine genetische Belastung oder Krankheit hat. Die embryopathische oder
eugenische Indikation ist bewusst abgeschafft, es geht immer um Gesundheit oder
Leben der Mutter.
man sagte, die PND solle sowieso nur für ganz wenige Fälle gelten. Das ist
bekanntlich anders gekommen. Von den „einigen wenigen“ Fällen sind wir jetzt
auf 87000 Anwendungen im Jahr gekommen.
(Die Zeit 26.7.01 S.4)
·
Birgit
Dembski, Geschäftstelle Mukoviszidose e.V.:
Bei der M. bedingt ein genetischer Defekt, dass der Transport von Chlorid-Ionen
und Wasser in den Zellen nicht funktioniert – mit gravierenden Folgen: ein
zähes Sekret verstopft die Zellgänge von Bronchien, Pankreas und Leber. Das
Gewebe dieser Organe wird dadurch fortschreitend zerstört.
Mukoviszidose ist auch heute noch eine schwer wiegende Erkrankung. Sie verläuft
progressiv. Der Betroffene muss von klein auf Tag für Tag an seiner Gesundheit
arbeiten: Tabletten schlucken, inhalieren, krankengymnastische Übungen
absolvieren, um die Lunge von zähem Sekret zu reinigen, später regelmäßige
intravenöse Antibiotikabehandlung akzeptieren. Die Lebenserwartung ist
begrenzt. Manche Patienten versterben bereits im Kindesalter.
in den letzten 15 Jahren immense Behandlungsfortschritte, Autorin ist 46 Jahre
alt, berufstätig, verheiratet;
40% der Patienten heute über 18 Jahre alt, durchschnittliche Lebenserwartung
bei 32 Jahren, 75% der Betroffenen über 18 Jahre sind in Ausbildung oder
arbeiten
(taz 31.5.01)
·
Interview
Präses Kock:
bei der PND haben wir im Abtreibungsgesetz eine große Lücke. Jedes Jahr werden
600 Kinder in einem Stadium abgetrieben, in dem sie lebensfähig wären und nur
dadurch „erledigt“ werden, dass man sie liegen lässt.
(taz 13.6.01)
·
Pränatale
Diagnostik soll nur in besonderen Fällen und nur auf den nach umfassender
Beratung erklärten Willen der Schwangeren hin durchgeführt werden...
Spätabtreibungen lehnen wir ab... Im Rahmen pränataler Diagnostik ist das Recht
der Eltern auf Nichtwissen zu akzeptieren...Beratungen bei
pränataldiagnostischen Methoden sollten zur Pflicht werden.
(Stellungnahme der Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen
Kirche Deutschlands zu Fragen der Bioethik 3/2001)
·
Gynäkologe
wegen Totschlags angeklagt
soll im April 1999 die Schwangerschaft einer 29-jährigen abgebrochen haben,
ohne dass dabei eine Notsituation bestanden habe;
der Arzt soll den 29 Wochen alten Fötus, bei dem zuvor eine körperliche
Behinderung festgestellt worden war, durch Kaiserschnitt auf die Welt geholt
und... anschließend erstickt haben;
erst 10 Minuten nach der Abnabelung habe die eigene Atmung eingesetzt, zwei
weitere Ärzte hätten dann das Kind reanimieren und den Kreislauf stabilisieren
können, nachdem der Gynäkologe dies bemerkte, soll er das Kind so lange am
Atmen gehindert haben, bis es tot war;
der von der Mutter offenbar gewünschte Schwangerschaftsabbruch war bereits in
zwei Kliniken in Berlin und Dresden abgelehnt worden;
der jetzt angeklagte Chefarzt kam bei der Untersuchung der Schwangeren zu dem
Ergebnis, dass der Fötus so stark missgebildet ist, dass er nicht lebensfähig
sein würde;
ihm droht Freiheitsstrafe von bis zu 15 Jahren
(Freie Presse 5./6.5.01)
·
Oberlandesgericht
Celle: Down-Syndrom – Arzt muss zahlen
zu Schadenersatz verurteilt, weil Patientin Kind mit Down-Syndrom zur Welt
brachte;
der Arzt hatte die Patientin nicht darauf hingewiesen, dass ein Gendefekt unter
anderem nur mit einer umfassenden Blutuntersuchung der Schwangeren
ausgeschlossen werden könne;
es sei heute gängige Rechtssprechung, so das Gericht, dass nicht das Kind, wohl
aber der Unterhalt für das Kind ein Schaden für die Eltern ist
(Freie Presse 19.4.01)
·
rettende
pränatale Diagnose
bei schwerer angeborener Fehlbildung des Herzens früher Tod des Kindes
abzuwenden durch chirurgischen Eingriff – Chancen der Kinder am größten, wenn
die Fehlbildung bereits im Mutterleib erkannt wird
(FAZ 28.3.01)
·
95
% der Schwerbehinderungen, mit denen Menschen heute leben, sind Folge von
Krankheiten oder Unfällen. Nur 5 % sind angeboren. Und davon ist nur ein
Bruchteil vor der Geburt erkennbar.
(chrisma 11/2000 S.16)
·
Zypern
betreibt seit 1976 freiwillige Eugenik;
Thalassämie (Mittelmeeranämie; Mangel an roten Blutkörperchen, chronische
Müdigkeit, deformierte Knochen und Organschäden, endet ohne Behandlung tödlich,
häufig schon im frühen Kindesalter); Krankheit ist auf Zypern besonders häufig
(jeder 7. ist Träger des defekten Gens, jährlich etwa 70 kranke Kinder
geboren), wird bekämpft durch Gendiagnostik und Abtreibung;
Vorteil diese Gens früher: Malariaerreger vermehren sich nur in gesunden roten
Blutkörperchen, Träger des Thalassämie-Gens starben nicht an Malaria; seit 1948
ist Zypern malariafrei;
seit 1976 hat sich fast jeder Zypriote selbst einem Test unterzogen, um seinen
Krankheitsstatus zu kennen; seit 1978 jährlich 200 Pränataldiagnostiken und 50
Abtreibungen; seit 1983 verlangt die Kirche von Heiratswilligen ein Zertifikat,
dass sie „informiert“ sind;
pro Jahr werden nur noch 2 Kinder mit der Krankheit geboren;
Ausweitung auch auf andere Erbkrankheiten? Nein, Kriterien: hohe Verbreitung,
absolute Tödlichkeit;
seit kurzem auch PID in Anwendung
(Die Zeit 15.2.01 S.33)
·
Stephan
Kruip Mukoviszidose, 36 Jahre alt, arbeitet als Physiker, hat drei Kinder;
seit 10 Jahren neue Enzympräparate, Antibiotika und spezielle Atemübungen für
M.-Patienten;
Kruip eigentlich unfruchtbar; Kinder gezeugt durch ICSI nach Entnahme von
Hodengewebe;
seine Söhne sind gesund (tragen ein gesundes Gen von der Mutter, das die
Krankheit überdeckt) und wahrscheinlich selbst fruchtbar
(Der Spiegel 36/2001 S. 80)
·
kaum
ein Kind kommt heute auf die Welt, ohne dass es eine mehrstufige
Qualitätskontrolle durchlaufen hat;
“Wir wollen doch sicher sein, dass Ihr Baby gesund ist“;
Ultraschalluntersuchungen, verschiedene Bluttests der Mutter, im Verdachtsfall
Punktion des Mutterkuchens (Chorionzottenbiopsie) oder Analyse des
Fruchtwassers (Amniozentese) gehören heute zum Angebot fast jeder
gynäkologischen Praxis;
bereits die erste Untersuchung, der Ultraschall ab der
10.Schwangerschaftswoche, dient dazu, Hinweise auf mögliche Behinderungen des
Fötus zu entdecken. Dabei glauben die meisten Eltern, da werde nur ein Babyfoto
fürs Album gemacht...;
die 200 bis 800 Spätabtreibungen pro Jahr in Deutschland (genaue Zahlen kennt
niemand) geschehen, weil die Fruchtwasseruntersuchung erst zwischen der 14.und
17. Woche erfolgen kann;
CDU: die heutige Praxis der PND entspricht nicht dem Geist des §218; Vorschlag:
Regelung um einen Passus ergänzen: „Ein embryopathischer Befund allein ist
keine Gefahr für die Mutter im Sinne von §218“;
Untersuchungen Fruchtwasser und Chorionzottenbiopsie:
1976 1796 Fälle
1982 15888
derzeit rund 80000 pro Jahr; heute
geht jeder zehnten Geburt eine Amniozentese voraus, oft ohne Beratung;
rund eine von hundert Amniozentesen endet mit einem Abort. die
Wahrscheinlichkeit, durch die Untersuchung eine Behinderung zu entdecken, ist
geringer;
90% der Paare, die die Diagnose Down-Syndrom erfahren, entscheiden sich für
einen Abbruch;
ungefähr ein Fünftel aller Frauen über 35 Jahre entscheiden sich gegen den
Eingriff, Sie müssen per Unterschrift bezeugen und bestätigen, dass ihr Arzt
sie auf die möglichen Folgen der Weigerung hingewiesen hat;
mittlerweile hat sich der TRIPLE-TEST so weit etabliert, dass selbst Kritiker
der Methode wie Verbandspräsident Bender unsicher sind, ob sie nicht
verpflichtet sind, die zweifelhafte Blutanalyse anzubieten;
Zurzeit verdrängt eine neue Prüfmethode den TRIPLE-TEST. Dabei prüft der
Gynäkologe die Dicke der Nackenfalte des Fötus auf einem speziellen
Ultraschall. In Kombination mit zwei Blutwerten rechnet ein Computerprogramm
das Behinderungsrisiko aus;
das Vertrauen in die PND ist groß, zu groß. Viele Frauen glauben, wenn die
Ärzte beim Test nichts gefunden haben, ist ihr Kind gesund
(Die Zeit 2.8.01 S.23)
·
vor
10 Jahren pro 1000 Lebendgeburten 49,6 vorgeburtliche Chromosomenuntersuchungen
vorgenommen; acht Jahre später schon 95,7 Analysen
(GID 148 – 10/11-2001 S. 3)
·
Paradigmenwechsel
zu beobachten, wonach bei behinderten Kindern nicht mehr der Abbruch der
Schwangerschaft ethisch begründet werde, sondern der Nichtabbruch (Verweis auf
Gerichtsurteile in Frankreich)
(epd-wochenspiegel 51/52-2001 S.14)
·
in
zwei Fällen sprachen im November 2001 in Frankreich Gerichte behinderten
Kindern das Recht auf millionenschwer Entschädigungen zu; in den Urteilen ist
die Rede von „dem Schaden, geboren worden zu sein“; zahlen sollen die
GynäkologInnen, die bei vorgeburtlichen Ultraschalluntersuchungen nicht
erkannten, dass die Kinder das Down-Syndrom bzw. eine Mehrfachbehinderung
infolge einer Röteln-Erkrankung der Mutter haben würden; Versicherungen
erhöhten nach der letztinstanzlichen Verkündigung der Urteile die Prämien für
GynäkologInnen um ein Vielfaches; viele Gynäkologen streiken und führen keine
Ultraschalluntersuchungen mehr durch
(taz 3.1.02)
·
Am
Anfang: PND nur als Ausnahme;
konzeptionell standen 1976, als die PND in den Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenversicherungen aufgenommen wurde, folgende Aspekte im
Vordergrund:
+ Beschränkung auf bestimmte Diagnosen, anfangs Chromosomenstörungen
(numerische, aber auch strukturelle), wenig später Neuralrohrdefekte,
+ Beschränkung auf bestimmte Nutzerinnengruppen: Frauen mit hohem genetischen
Risiko und Frauen ab 38 (später 35) Jahre,
* Einhaltung besonderer Qualitätsstandards (Beratung vor und nach jeder PND)
(GID Spezial 2, 2001, Eugenik - gestern und heute, S. 16f)
·
In
Deutschland laut offizieller Statistik jährlich zwischen 100 und 200
Spätabtreibungen; Montgomery (Marburger Bund) schätz 800 Abbrüche nach der 20.
Schwangerschaftswoche
(Idea-Spektrum 4/2002 S.21)
·
Welttrend:
gut beratene Schwangere lassen viel weniger Gentests vornehmen als Unberatene;
Margot von Renesse (MdB) stellte neue gesetzliche Regelungen für die
ausgeuferte pränatale Diagnostik in Aussicht: sie solle es ohne flankierendes
Beratungsangebot nicht mehr geben
(taz 1.3.02)
·
Fall
einer Spätabtreibung nach pränataler Diagnostik in Zittau:
Schwangerschaft entwickelt sich zunächst normal; Erkrankung der Mutter; im Diakonissenkrankenhaus
Dresden Ultraschall: Feststellung, dass große Röhrenknochen des Kindes extrem
verkürzt sind; Verdachtsdiagnose „Zwergenwuchs“; zum Abbruch geraten (6.
Monat); nächste Untersuchung Uniklinik Dresden: zusätzlich Klumpfüße; Charite
Berlin: zusätzlich tatzenförmige Hände, geistige Behinderung; aber Abbruch kann
leider hier nicht durchgeführt werden; Chefarzt in Zittau nimmt Abbruch vor,
vorrangig wegen Blutungen, die bei der Mutter aufgetreten sind; später
molekulargenetisches Gutachten bestätigt Diagnose des Arztes: Kind litt an
genetisch bedingter Skelettmissbildung, die unweigerlich zum Tod führt –
entweder bereits vor der Geburt oder kurz danach
(Spiegel 6/2002 S.56ff)
·
Abbruchraten
bei einer pränatal diagnostizierten und nicht besonders schweren
Chromosomenstörung:
Beratung durch Humangenetiker: 35,5 %
Beratung durch andere Ärzte: 71,9%
(GID 150/2002 S.17)
·
Schadenersatz
für behindertes Kind; Kind war mit schweren Fehlbildungen an Armen und Beinen
zur Welt gekommen; Ärztin hätte die Eltern während der Schwangerschaft über die
Behinderung informieren müssen; weil die Eltern sich dann nach eigenen Angaben
zu einer Abtreibung entschlossen hätten, Ärztin verurteilt: voller Unterhalt
für das Kind und 10000 Euro Schmerzensgeld für die Mutter
(epd wochenspiegel 26/2002 S.15)
·
Diagnoseirrtum
der Gynäkologin: Ultraschalluntersuchung 20. Woche Messung des
Oberschenkelknochens Abweichung von 5 Millimetern fehlinterpretiert
(Freie Presse Chemnitz 19.6.02)
·
dass
unabhängig von ihrem Alter heute jede Frau, welche die Vorsorge in einer
gynäkologischen Praxis durchführen lässt, mit Pränataldiagnostik konfrontiert
wird;
Pränatale genetische Diagnostik zielt darauf ab, numerische oder strukturelle
Chromosomenfehler bzw. Einzelgendefekte des Embryos/Fetus zu identifizieren.
1999 bereits 800 diagnostizierbare
Dispositionen;
Chorionzottenbiopsie: üblicherweise
11.-12. SSW, Abortrisiko 2-4%, diagnostische Genauigkeit 97,5-99,6%,
Risiko Verunreinigung durch mütterliche Zellen 1,9-3,8%;
Amniozentese: 15.-17. SSW, 15-20 ml Fruchtwasser, darin 2% lebende fetale
Zellen, Abortrisiko 0,5-1%, diagnostische Genauigkeit 99,4-99,8%;
Bundesärztekammer hatte als Altergrenze zunächst 38 Jahre festgelegt, später 35
Jahre, heute wird keine untere Altersgrenze mehr eingehalten;
Indikationen heute: Altersindikation (Frauen ab 35a): 78%, psychologische
Indikation (Angst vor einem behinderten Kind): 18%, auffälliger Befund nach
Ultraschall oder Triple-Test: 4%;
1998 75255 fetale Chromosomenanalysen durchgeführt (davon 62642 Amniozentesen);
d.h. annähernd jede 10 Schwangerschaft invasive Untersuchung des Ungeborenen;
wenn eine Schwangere keinen Ultraschall wünscht, kann der Arzt die Pauschale
nach dem Mutterpass nicht abrechnen, muss Einzelgebühren aufführen, was für ihn
in der Regel ungünstiger ist;
Schere zwischen PND und vorher erfolgter Beratung öffnet sich weiter: in
Westdeutschland PND zwischen 1991 und 1995 von 40000 auf 60000 Untersuchungen
angestiegen, Anzahl der genetischen Beratungen im gleichen Zeitraum lediglich
von 17000 auf 21000 gewachsen;
Ultraschall: 11.-14. SSW sog. „Nackentransparenz“ gemessen, Nackenfalten-Dicke
über 3 mm ist eng mit erhöhtem Risiko für Trisomie 21 assoziiert und hat meist
invasive PND zur Folge;
der sog. Triple-Test wird seit 1992 gegen die Empfehlungen der
wissenschaftlichen Fachgesellschaften in der Schwangerenvorsorge eingesetzt;
Test erfolgt(e) häufig ohne vorherige Information der Schwangeren, führt häufig
zu falsch-positiven Ergebnissen und zum (anschließenden) Einsatz invasiver
Verfahren; nach Schmidtke Triple Test bei 25-50% aller Schwangerschaften;
Erster Senat des Bundesverfassungsgerichtes zu Unterhaltspflicht bei
fehlgeschlagener genetischer Beratung: Das Ziel des ärztlichen Beratungs- oder
Behandlungsvertrages, die Vermeidung der Zeugung eines erbgeschädigten Kindes,
sei rechtmäßig. Nicht einmal moralische Bedenken seine hier angebracht, denn
der Wunsch der Eltern, die Zeugung eines Kindes vom Ergebnis der genetischen
Beratung abhängig zu machen, sei in hohem Maße von elterlicher Verantwortung geprägt.;
Viele Schwangere werden bis heute nicht ausreichend darüber aufgeklärt, welcher
Sinn und Nutzen und welche Risiken mit den verschiedenen Methoden der PND
verbunden sind und dass sie die Durchführung der einzelnen, im Mutterpass
vorgesehenen Untersuchungen ablehnen können. Es kann auch nicht übersehen
werden, dass vielfach wirtschaftliche Gesichtspunkte zu einer aufgedrängten PND
führen.;
70-80% der Schwangerschaften werden als Risikoschwangerschaft definiert;
(Bundestag Enquete-Kommission Medizin Drucksache 14/9020 S.67f)
·
Faktisch
ist es allerdings inzwischen so, dass die vorgeburtliche Diagnostik durchaus zu
einer Routinemaßnahme geworden ist…
In der Öffentlichkeit wird... oft behauptet, eine durch PND festgestellte
Behinderung des Embryos (oder Fötus) stelle nach geltendem Recht eine legale
und damit auch gesellschaftlich anerkannte Indikation für einen
Schwangerschaftsabbruch dar... Eine legale Abtreibung von genetisch erkrankten
Embryonen oder Föten ist nicht möglich wegen deren zu erwartender Behinderung,
sondern nur auf Grund einer Gefahr für das Leben oder den Gesundheitszustand
der Schwangeren...
immer wieder anzutreffende Behauptung, der Schwangerschaftsabbruch werden auf
Grund der derzeitigen Rechtslage in den ersten 12 Wochen ohne jede Indikation
rechtlich akzeptiert. Tatsache ist vielmehr, dass ein solcher
Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig – also gerade nicht akzeptiert – ist, aber
um des insgesamt erhofften besseren Lebensschutzes für Embryonen willen unter
bestimmten Voraussetzungen straffrei bleibt...
(EKD-Texte 71: Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen, Argumentationshilfe
für aktuelle medizin- und bioethische Fragen, Hannover August 2002, S.24f.)
·
CDU:
Im Jahr 2000 habe es 154 Fälle gegeben, wo der Abbruch einer Schwangerschaft zu
einem Zeitpunkt stattfand, an dem die Föten teilweise schon lebensfähig waren
(Das Parlament 15.7.02)
·
viele
Ärzte fürchten juristische Konsequenzen bei nicht erkannten Schädigungen. Im
Falle der Spätabtreibungen haben sie einen juristischen Spagat auszuführen:
Kommt das Kind lebend zur Welt, hat es Personenstatus und Anspruch auf
lebenserhaltende Maßnahmen, der Mutter gegenüber hat sich der Arzt jedoch zu
einem Abbruch mit einem toten Kind verpflichtet... der Fetozid, also die Tötung
des Fötus im Mutterleib, etwa durch eine Herzinjektion mit Kaliumchlorid, ist
eine Methode, den juristischen Spagat zu umgehen.
(Das Parlament 29.7.02)
·
Abtreibungen
in Deutschland 2000:
134600, davon 2000 nach der 12. SSW, 154 nach der 22. SSW (sog.
Spätabtreibungen);
schon wegen einer bloßen Hasenscharte haben Ärzte noch in der 32. Woche
abgetrieben;
(Der Spiegel 25/2002 S.58)
·
Deutsche
Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe will Spätabtreibungen neu regeln,
Papier vorgestellt, Gesetzvorschlag: ein Zusatz zum §218 solle festhalten, dass
eine Mutter nur abtreiben darf, wenn eine Gefahr für das Leben der Mutter
besteht oder das Ungeborene voraussichtlich nicht lebensfähig sein wird, eine
Kommission soll mit entscheiden, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind
(taz 17.9.02)
·
dass
allenfalls 10% aller Behinderungen genetisch bedingt sind und von diesen nur
ein Teil vorgeburtlich diagnostizierbar ist, alle übrigen Behinderungen sind
Ausdruck unseres ganz normalen Lebensrisikos
(Die Zeit 17.10.02 S.18)
·
3%
aller Kinder kommen behindert zur Welt
2% werden während der Schwangerschaft oder im Verlauf der Geburt geschädigt
1% sind genetisch bedingte Behinderungen
90% aller Behinderungen entstehen im Verlauf des späteren Lebens
(Schwanger sein – ein Risiko? Kirchner-Asbrock Hrsg. Sichtwechsel eV
Düsseldorf, Verlag Selbstbestimmtes Leben, 1998, S.15)
·
Der
Tripletest ist inzwischen weitgehend ersetzt durch den so genannten Ersten
Trimestertest, d.h. im ersten Drittel der Schwangerschaft, meist in der 11. bis
13. Woche, wird das Blut der Schwangeren auf eine Reihe von Werten untersucht,
das statistische Ergebnis der Nackenfaltenmessung dazugerechnet und daraus die
Risikozahl ermittelt
(Evangelische Frauenarbeit in Deutschland u.a.: Von der Würde und der
Verantwortung von Frauen, Arbeitshilfe, Frankfurt/Main 2002, S.48)
·
Spätabbrüche
in Deutschland: 2000 – 154, 2001 - 177
(Evangelische Frauenarbeit in Deutschland u.a.: Von der Würde und der
Verantwortung von Frauen, Arbeitshilfe, Frankfurt/Main 2002, S.59)
·
Bayerischer
Landesbischof Friedrich:
verbesserte Beratungspraxis bei PND, besonders bei Spätabbrüchen; die vom Bund
geplanten Neonatal-Zentren mit verpflichtender interdisziplinärer Beratung sind
zu begrüßen
(VELKD-Informationen 9.12.02)
·
britische
Polizei ermittelt gegen einen Arzt, der bei einer im 6. Monat schwangeren Frau
eine Abtreibung vornahm, weil die Frau kein Kind mit Lippenspalte gebären
wollte; nach der 24. Woche darf in Großbritannien ein Fötus nur bei
schwerwiegenden Erkrankungen abgetrieben werden, das geschieht laut offiziellen
Statistiken rund hundertmal im Jahr
(GID 155/2002-2003 S.30)
·
lediglich
rund 5% der Schwerbehinderungen (ab einem Grad von 50%) sind angeboren; von
diesen können zur Zeit etwa 0,5% durch PND erkannt werden
(GID Spezial Nr. 3 Dez. 2002 S.35)
·
Ultraschallbilder:
„Nackentransparenz“ein winziger schwarzer Fleck im Nacken des Embryos, der
trotzdem zwei, drei Millimeter zu groß ist, deutet auf einen möglichen
genetischen Defekt hin, eines von zehn Kindern mit diesem Befund wird mit dem
Down-Syndrom geboren;
Down-Syndrom: schwerwiegendste Folge ist eine Unterentwicklung des Gehirns (IQ
70), betroffen vor allem das abstrakte Denken und die Sprachentwicklung; zu den
gravierendsten körperlichen Mängeln gehören Herzfehler (40-50% der Fälle),
Missbildungen des Magen-Darm-Traktes sowie Hör- und Sehschäden; Lebenserwartung
liegt inzwischen bei über 60 Jahren;
Frühförderung wichtig; viele können in Grundzügen lesen und schreiben lernen,
Grenzen: Abitur, Studium, Führerschein; eigene Familie und Kinder: fast nie;
ein selbständiges Leben nur in ganz wenigen Ausnahmefällen;
90% aller Frauen, die ein Kind mit Down-Syndrom erwarten, entscheiden sich für
eine Abtreibung
(Der Spiegel ½ S. 56ff)
·
Mutterschaftsrichtlinien
u.a.: wenn sich im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge Anhaltspunkte für ein
„genetisch bedingtes Risiko“ ergeben, ist die Schwangere über die Möglichkeiten
einer humangenetischen Beratung und/oder Untersuchung aufzuklären;
über die Vorgaben der Mutterschaftsrichtlinien hinaus benennen die Richtlinien
der Bundesärztekammer zur pränatalen Diagnostik die Objektivierung und den
Abbau von Befürchtungen und Sorgen der Schwangeren sowie die Hilfestellung bei
der Entscheidung über Fortsetzung oder Abbruch einer Schwangerschaft als Ziele
der pränatalen Diagnostik (11);
·
im
Rahmen des sog. Ersttrimester-Screenings werden Ultraschall- und
Blutuntersuchung miteinander kombiniert; in der 11. bis 13. SSW p.m. wird aus
den Ergebnissen der Ultraschalluntersuchung des Fetus sowie aus der Bestimmung
von Protein- und Hormonkonzentrationen im mütterlichen Blut das individuelle
Risiko für eine chromosomale Fehlverteilung (Aneuploidie) errechnet;
da das Ersttrimester-Screening das Risiko von Neuralrohrfehlentwicklungen nicht
erfasst, wird der sog. AFP-Test in der 16.-18. SSW p.m. häufig zusätzlich durchgeführt;
Konzentration eines Proteins untersucht, das vom Fetus produziert wird und in
den mütterlichen Blutkreislauf gelangt; erhöhte Konzentration deutet auf die
Möglichkeit des offenen Rückens (Spina bifida) oder einer schweren
Hirnfehlbildung (Anenzephalie) beim Ungeborenen hin; der Ausprägungsgrad der
Fehlbildung bzw. die Therapierbarkeit lassen sich in der Regel durch eine
Ultraschalluntersuchung abschätzen;
beim sog. Triple-Test werden, ebenfalls in der 16.-18. SSW p.m. die
Konzentrationen dreier Substanzen im mütterlichen Blut untersucht; unter
zusätzlicher Berücksichtigung des Alters der Mutter und der
Schwangerschaftsdauer lässt sich das Risiko für eine Trisomie 21 (Down-Syndrom)
beim Kind abschätzen;
Chorionzottenbiopsie: ab 10. bis 12. SSW p.m.; Plazentagewebe
Amniozentese: ab 14. bis 19. SSW p.m.; Fruchtwasser
Fetalblutpunktion: fetales Blut aus der Nabelschnur
die (bei diesen drei Methoden) gewonnenen Zellen können durch eine Darstellung
der Chromosomen (Karyotypisierung) mikroskopisch auf chromosomale
Fehlverteilungen oder strukturelle Chromosomenveränderungen und mittels
molekulargenetischer oder biochemischer tests auf monogene Erkrankungen
untersucht werden; chromosomale Fehlverteilungen lassen sich auch in einem Schnelltest (sog. Interphase-Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung,
Interphase-FISH) erkennen, in der Regel ist jedoch eine Bestätigung durch eine
Chromosomendarstellung erforderlich;
nach einer Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese stehen vollständige Untersuchungsergebnisse
erst zwei bis drei Wochen später zur Verfügung, weil die gewonnenen Proben
fetalen Gewebes so gering sind, dass sie für die Diagnose zunächst vermehrt
(kultiviert) werden müssen;
Abortrisiko nach Chorionzottenb. 2-4% bei Zugang durch den Gebärmutterhals und
1-2% bei Zugang durch die Bauchdecke;
Fetalblutpunktion Abortrisiko >1%;
Amniozentese Fehlgeburtsrisiko 0,5-1% (11ff)
·
Chromosomenstörungen:
Numerische Chromosomenstörungen sind in der Regel nicht vererbt, sondern
entstehen bei der Reifung der Keimzellen. Alle autosomalen Monosomien und die
meisten Trisomien sind vorgeburtlich letal. Demgegenüber ist die Trisomie 21
mit dem Leben vereinbar. Neugeborene mit anderen Trisomien, z.B. Trisomie 13
oder 18, sind zwar lebensfähig, haben aber schwerste Fehlbildungen und
Entwicklungsstörungen.
Strukturelle Chromosomenstörungen können erblich sein und sind wie eine monogen
erbliche Krankheit durch PND oder PID diagnostizierbar. Strukturelle C. können
„balanciert“ sein, d.h. das genetische Material ist nur umverteilt, aber weder
vermehrt noch vermindert [z.B. fehlt ein Stück, das eigentlich zu Chromosom 7
gehört, an diesem Chromosom, hängt aber zusätzlich an Chromosom 14 JK]. Sie
sind äußerlich nicht erkennbar und kommen in der Bevölkerung mit einer
Häufigkeit von etwa 1:500 vor. Für Kinder eines Elternteiles mit einer
balancierten C. besteht das Risiko [50% JK] eines unbalancierten chromosomalen
Status [nach der Neu-Verteilung der Chromosomen bei der Befruchtung fehlt an
einem Chromosom ein Teil-Stück völlig oder ist an einem Chromosom zuviel
vorhanden JK], der meist mit schweren und multiplen Fehlbildungen sowie
schweren zentralnervösen Störungen verbunden ist. Die überwiegende Anzahl
dieser Störungen ist mit einer normalen Embryonalentwicklung nicht vereinbar,
sodass die meisten betroffenen Embryonen frühzeitig sterben. (21)
·
Spätabbrüche:
Um zu verhindern, dass das Kind nach Durchführung des Abbruchs lebt, wird bei
derartigen Spätabbrüchen zuvor meist ein Fetozid durchgeführt [d.h., das Kind
wird bereits im Mutterleib getötet JK] (24)
·
Schwangerschaftsabbrüche:
Die genaue Zahl der Abbrüche nach einer PND kann man nur schätzen; sie liegt
zwischen 2 und 4 Prozent der registrierten Schwangerschaftsabbrüche überhaupt.
Die seit 1996 geltende „medizinische Indikation“ umfasst – anders als die
vorher geltende „embryopathische Indikation“ – auch solche Fälle, bei denen der
Schwangerschaftsabbruch nur aufgrund deiner Erkrankung der Mutter durchgeführt
wird:
Der Anteil medizinisch indizierter Schwangerschaftsabbrüche war in den Jahren von
1996 bis 2000 insgesamt leicht rückläufig. Der Anteil der Abbrüche, die noch
nach dem Beginn der 23 SSW p.c. vorgenommen werden, ist in etwa konstant.
Zahlen aus Tabelle V im Anhang:
Jahr |
Schwangerschafts-Abbrüche |
embryopathische |
medizinische- |
Spätabbrüche |
1995 |
97937 |
668 |
4897 |
26 |
1996 |
130899 |
0 |
4818 |
159 |
1998 |
131795 |
0 |
4338 |
175 |
2000 |
134609 |
0 |
3630 |
154 |
(Seite 26)
·
Rechtmäßig
kann ein mit Einwilligung der Schwangeren durchgeführter Schwangerschaftsabbruch
aufgrund einer medizinischen Indikation oder einer kriminologischen Indikation
sein... Beide Indikationen sind „nach ärztlicher Erkenntnis“ zu beurteilen
(Konfliktberatung nicht vorgeschrieben); (35f)
die frühere embryopathische Indikation, die heute in der medizinischen
Indikation aufgegangen ist und jährlich zu über 1000 Schwangerschaftsabbrüchen
führt (71)
·
Inanspruchnahme
der PND in Deutschland:
1999: 770744 Lebendgeburten, Chorionzottenbiopsie 4310, Amniozentese 67320,
Fehlgeburten als Komplikation nach PND (geschätzt bei einem Abortrisiko von 1%
lt. Bundesärztekammer) ca. 700;
Indikationen für Inanspruchnahme der PND in Deutschland (Anteil in %):
erhöhtes mütterliches Alter 71,4 %, auffälligre Triple-Test 11,6%, psychische
Indikation 8,3%, auffälliger Ultraschallbefund 0,8%, hohes Risiko für monogen
bedingte Erkrankung 3,0%, Elter Träger einer balancierten Chromosomenstörung
1,3%, vorheriges Kind mit Chromosomenstörung 3,6%;
etwa 20% der Frauen lehnen die Durchführung einer invasiven PND ab, obwohl sie
ein erhöhtes Risiko haben;
(26f)
·
Einfluss
auf eine Ausweitung des Angebotes zur PND können auch finanzielle Erwägungen
der Ärzte... haben;
ein weiterer Grund könnte die Befürchtung von Ärzten sein, haftungsrechtlich
zur Verantwortung gezogen zu werden, wenn sie die Schwangere nicht ausführlich
aufgeklärt oder die Indikation zu einer invasiven PND abgelehnt haben (38)
·
Zahl
der diagnostizierbaren genetisch bedingten Erkrankungen gegenwärtig mit über
1500 angegeben (aus dem Votum gegen PID 49);
zur Zeit können etwa 1700 monogen erbliche Merkmale auf ein bestimmtes Gen
zurückgeführt werden (aus dem Votum für PID 60)
·
aus
dem Votum gegen Zulassung der PID:
eine invasive PND sollte nur durchgeführt werden, wenn die nicht-invasive Diagnostik
Auffälligkeiten ergeben hat und die Frau dies ausdrücklich verlangt;
vor und nach PND umfassende Beratung; Bedenkzeit für die Entscheidung über
Schwangerschaftsabbruch;
Spätabbrüche nur bei einer unmittelbaren Gefahr für Leben der Mutter oder wenn
der Fetus an einer unbehandelbaren Erkrankung oder Entwicklungsstörung leidet,
bei der nach der Geburt entsprechend den anerkannten Regeln der Medizin keine
lebenserhaltenden Maßnahmen ergriffen würden (53)
·
aus
dem Votum für begrenzte Zulassung der PID:
bei PND muss Beratung angeboten werden;
Spätabbrüche gleicher Vorschlag wie unter Votum gegen PID s.o. (55f)
·
(Nationaler
Ethikrat: Stellungnahme „Genetische Diagnostik vor und während der
Schwangerschaft“, 23.1.03, die Seitenangaben beziehen sich auf die Druckfassung,
verschickt am 24.1.03)
·
PND
angebotsindizierte Nachfrage, wobei in der Praxis die Standards des informed
consent in der Regel nicht erfüllt sind; heute ist nahezu jede schwangere Frau
mit der Entscheidung für oder gegen PND konfrontiert;
selektive PND soll als Einzelfallangebot vorgehalten werden;
(Diakonie Korrespondenz 02/03: Jeder Mensch ist zum Bild Gottes geschaffen,
März 2003, S.9ff)
·
Naziterror
100000 Morde an behinderten Menschen; 350000 Zwangssterilisationen; bis 1992
jährlich etwa 1000 Zwangssterilisationen in Deutschland (Frauen mit geistiger
Behinderung);
jährlich in D. 100 bis 300 „verunglückte“ Spätabtreibungen, bei denen
lebensfähige Kinder mit Behinderung geboren werden;
nur bei 0,5% der geborenen Kinder liegt eine Schädigung vor, die durch
vorgeburtliche Diagnostik hätte festgestellt werden können
(Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zu „Das Parlament“ 17.2.03, S.3)
·
Trisomie
21 in 92-95% der Fälle „freie Trisomie“, entsteht bei der Teilung der Ei- oder
Samenzelle und ist nicht erblich;
die restlichen 5-8% sind entweder Mosaik-Trisomien (neben Zellen mit den
üblichen 46 Chromosomen sind solche mit einer Trisomie, also mit 47
Chromosomen, vorhanden) oder sogenannte Translokationen (das Chromosom 21 ist
mit einem anderen Chromosom verbunden). Die letztere Form kann spontan
entstehen, aber auch von Vater oder Mutter vererbt worden sein – im Einzelfall
nur durch Chromosomenuntersuchung zu klären
(Faltblatt: Menschen mit Down-Syndrom,
AK Down-Syndrom e.V.)
·
Screening
auf Mukoviszidose ist der erste Gentest, der werdenden Eltern in den USA
routinemäßig angeboten wird; mindestens 900 verschiedene Mutationen des
Fibrose-Gens treten auf; kommerzielle Gentests umfassen aber nur die häufigsten
Veränderungen in der DNA; z.B. tritt die sogenannte 5T-Mutation bei 5% der
Bevölkerung auf, aber nur in Verbindung mit der sehr seltenen Mutation R117H
führt sie zum Krankheitsausbruch bei der betroffenen Person; aus Kostengründen
haben mehrere Anbieter des Tests aber nur eine Mutation gesucht und trotzdem
Mukoviszidose-Warnung gegeben
(GID 158 6/7-2003 S.19)
·
Kopenhagener
Krankenhausgesellschaft will jährlich mehrere Millionen Kronen sparen; pro Jahr
würden in der Region K. 12 Kinder mit Down-Syndrom geboren; zehn von diesen
Kindern könnte man mit Hilfe eines Screenings frühzeitig erkennen und dann
abtreiben; zehn kranke Kinder würden die Gesellschaft ansonsten 2 Mill. Kronen
pro Jahr kosten
(GID 158 6/7-2003 S.20)
·
angemessene
genetische Beratung im Bereich vorgeburtlicher genetischer Diagnostik wird in Deutschland
bereits heute mit stetig sinkender Zahl in nur weniger als 20% der Diagnosen
durchgeführt (vor und nach PND);
Diejenigen Fälle, in denen sich aus der PND vorgeburtlich oder direkt nach der
Geburt therapeutische Konsequenzen ergeben, sind derzeit statistisch gesehen im
Vergleich zu der Zahl der Diagnosen von Krankheiten und Behinderungen noch
gering. Dies gilt insbesondere für die genetische Diagnostik von
Erbkrankheiten. Die Folge ist, dass überwiegend wissentlich Diagnose ohne
Therapiemöglichkeit für das diagnostizierte „Objekt“ betrieben wird. Das ist
ein ethisches Novum in der Medizin, denn diagnostische Verfahren sind
üblicherweise ethisch nur zu rechtfertigen, wenn auf ihrer Basis dem Wohl des
diagnostizierten „Objekts“ gedient werden kann. Die faktische Konsequenz der
PND von Krankheiten ist meist die Abtreibung, also nicht die Therapie des
Trägers einer Krankheit, sondern seine Tötung.;
(Eibach, U.: Menschenwürde an den Grenzen des Lebens, Neukirchen-Vluyn 2000,
S.74, 114ff)
·
genetische
Analyse von Spontanaborten hat ergeben, dass mehr als 70% dieser nicht
lebensfähigen Föten mikroskopisch sichtbare gravierende Veränderungen auf der
Chromosomenebene aufwiesen
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.42)
·
eine
Auswahl der Embryonen z.B. nach morphologischen Kriterien mit dem Ziel, nur den
„besten“ Embryo zu übertragen, ist in Deutschland nicht erlaubt;
ein wesentliches Kriterium für die Gesundheit eines Kindes und eventuell seine
Lebenserwartung sind Fehlbildungen, d.h. angeborene morphologische Defekte, die
verschiedene Organe betreffen können. In internationalen Studien sind sie bei
5% aller Neugeborenen zu finden, davon sind ca. 20% (d.h. 1% der Neugeborenen
JK) als so schwer einzustufen, dass sie die normale Körper- und Organfunktion
einschränken oder die Lebenserwatung herabsetzen und sowohl der chirurgischen
und/oder kosmetischen Korrektur bedürfen (Herzfehler, offener Rücken,
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten, Störungen der ableitenden Harnwege);
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S. 111)
·
Man
nimmt an, dass möglicherweise 50% der Embryonen aneuploid sind (d.h. einen
anormalen Chromosomensatz haben JK);
da diese Embryonen nur eine sehr
reduzierte Implantations- und Entwicklungsfähigkeit haben, ist eine erniedrigte
Schwangerschaftsrate die Folge;
Eine weitere Folge ist die erhöhte Abortrate, denn auch nach der Implantation
führt der größte Teil der aneuploiden Embryonen zum Abort, so dass schließlich
bei der Geburt nur 0,6% aller menschlichen Lebewesen aneuploid sind
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.129)
·
Deutsche
Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat Reform des §218 im Blick auf
Spätabtreibungen gefordert; Lebensfähigkeit des Ungeborenen als zeitliche
Grenze muss wieder eingeführt werden; 500 Gramm, 22. Schwangerschaftswoche
(Der Sonntag Sachsen 6.7.03)
·
Spina
bifida, „offener Rücken“, „Spaltwirbel“:
eines von 1000 Ungeborenen betroffen; 20% der Kinder sterben bis zum 5.
Lebensjahr
Spalt, an den Rändern rot gezackt, klafft am Rücken; drei Lendenwirbel nicht
zusammengewachsen; Fruchtwasser umspült die frei liegenden Nervenstränge und
verschlimmert den Defekt jeden Tag; Gefahr: könnte querschnittsgelähmt und
geistig behindert zur Welt kommen; zudem könnte sich das Hirnwasser stauen und
den weichen Schädel zu einem großen Ballon formen (Wasserkopf);
(Der Spiegel 28/2003 S.156)
·
Mukoviszidose:
in neun von zehn Fällen verläuft diese Erbkrankheit tödlich (Lunge versagt
ihren Dienst)
(taz 30.7.03)
·
Australien:
in gynäkologischen Abstrichen, die für die Krebsvorsorge entnommen wurden,
bereits in der 5. Schwangerschaftswoche Zellen des Embryos gefunden; damit
könnte ein genetischer Test im Vergleich zu der üblichen
Fruchtwasseruntersuchung früher, preiswerter und ohne weitere Gefahren
durchgeführt werden; Testergebnis nach wenigen Tagen; noch 2-3 Jahre bis zur
Praxisreife
(GID 159 7/8-2003 S.33)
· 1976 übernahmen die Krankenkassen die
Kosten für Fruchtwasserpunktion – damals 1796 Anwendungen; heute rund 80000 pro
Jahr
(Die Zeit 1.10.03 S.40)
· Down-Syndrom: Häufigkeit 1:650;
Gesichtszüge stark verändert, rundes Gesicht mit flachem Profil und mongoloiden
Lidachsen, oft geistige Retardierung (IQ 20-50), Infektanfälligkeit,
Herzfehler, Darmverschluss beobachtet;
Mukoviszidose: in 70% der Fälle Verlust von drei Basen auf dem Chromosom 7, was
zum Fehlen einer Aminosäure (von 1400) führt; etwa jeder 22. ist davon
Betroffen, jedes 2000. Kind erkrankt; durchschnittliche Lebenserwartung lag
früher zwischen 20 und 30 Jahren, können heute dank verbesserter
Therapieverfahren auch 60 Jahre und älter werden
(GSF-Forschungszentrum Neuherberg: mensch + umwelt spezial 16/2003: Was
verraten unsere Gene? 82 Seiten S. 9)
·
Australien:
der in der Krebsvorsorge übliche Abstrich von Zellen aus dem Gebärmutterhals
soll künftig auch Auskunft über Erbkrankheiten eines ungeborenen Kindes geben
(Spiegel 31/03 S.128)
·
fast
völlige Ausrottung der Thalassaemia in Sardinien; in verschiedenen Teilen von
Italien ist die T. mit einem 905igen Rückgang innerhalb von wenigen Jahren
durch ein öffentliches genetisches Beratungs-Programm und pränatale
Diagnosedienste, begleitet von einer wirksamen Aufklärungskampagne, unter
Kontrolle gebracht worden;
in Frankreich konnte z.B. in den letzten Jahren die Geburt von trisomischen
Kindern um die Hälfte gesenkt werden; andererseits haben durch die Fortschritte
in der medizinisch unterstützten Fortpflanzung und der neonatalen Versorgung
(Entbindung nach 25-26 Wochen; Kinder, die nur wenige hundert Gramm wiegen) die
Geburtsrisiken zugenommen; insgesamt ist die Zahl der geburtsbedingten
Behinderungen tatsächlich angestiegen;
Dabei ist überhaupt nicht sicher, ob der Begriff „Eugenik“ hier der richtige
Ausdruck ist. Die Eugenik ist ja eigentlich das Ergebnis eines gezielten
Programms zur Verbesserung einer Rasse oder einer Spezies. Dies gilt jedoch
nicht für die Einzelfälle, die wir behandelt haben, bei denen die Absicht darin
besteht, dem Unglück zu entgehen.;
wollte man Eltern eine Entscheidung aufzwingen, die nicht ihre eigene ist und
mit der sie nicht umgehen können, wäre das ein Staat oder eine Gesellschaft,
die eine parallele Haltung zu der „traditionellen“ Eugenik einnimmt, mit der
die Fortpflanzung und das Familienleben kontrolliert werden sollen.
(Konferenz Europ. Kirchen; Arbeitsgruppe über Bioethik 2003: Gentests und
prädiktive Medizin)
·
Schwangerschaftsabbrüche
Sachsen 2003: nur 2% auf Grund einer „medizinischen Indikation“ vorgenommen
(Freie Presse Chemnitz 7.4.04)
·
Umfrage
Uni Münster 1157 Frauen, die vorgeburtliche Diagnostik hatten vornehmen lassen,
ob die bei einer entsprechenden Diagnose vor der Geburt einem
Schwangerschaftsabbruch zustimmen würden
Störung |
vermutlich
|
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
|
10,5% |
schwerer
„offener Rücken“ |
84,8% |
Anenzephalie |
96,4% |
Zystische
Fibrose |
49,5% |
Chorea
Huntington |
63,1% |
Prädisposition
für Alzheimer |
35,7% |
Down-Syndrom |
60,8% |
Muskeldystrophe
(Typ Duchenne) |
76,4% |
genetisch
bedingtes Übergewicht |
18,9% |
(Bundeszentrale
für Politische Bildung: Gentechnik, 1999, S.132)
·
in
Großbritannien in den letzten 8 Jahren 26 Abtreibzungen wegen Hasenscharte oder
Gaumenspalten; Behandlungsmöglichkeiten (chirurgische Korrektur,
Kieferchirurgie, Sprachtherapie) fast immer erfolgreich
(GID 162/2004 S.28)
·
Fruchtwasseruntersuchungen:
1976, als die Krankenkassen die Kosten übernahmen – 1.796 Fälle; 1982: 15.888;
zur Zeit rund 80.000 Diagnosen pro Jahr erstellt
(Das Parlament 14.6.04 S.12)
·
Gerichtsverfahren
in Großbritannien; nachdem Ärzte bei einem Fötus eine Hasenscharte und
Gaumenspalte diagnostiziert hatten, führten sie eine Spätabtreibung durch in
einem Entwicklungsstadium, in dem das Baby als Frühgeborenes mit großer
Wahrscheinlichkeit überlebt und sich normal entwickelt hätte;
eines von 700 Babys kommt mit einer nicht geschlossenen Oberlippe, mit einer
Spalte in der Mittellinie des weichen Gaumens oder – in den schlimmsten Fällen
– mit einem Bruch im harten Gaumen zur Welkt; Ursache ist vermutlich eine
Kombination von genetischen und nichtgenetischen Faktoren (z.B. Rauchen während
der Schwangerschaft erhöht das Risiko); schon im 19. Jahrhundert wurden diese
Missbildungen chirurgisch korrigiert, heute behandelt man sie obendrein
kieferorthopädisch und sprachtherapeutisch, das dauert manchmal, bis
Jugendliche erwachsen sind, ist aber fast immer erfolgreich;
dennoch führten britische Kliniken in den letzten 8 Jahren 26 Abtreibungen
wegen Gaumenspalten und Wolfsrachen durch, zwei davon nach der 24.
Schwangerschaftswoche
(Die Zeit 11.12.03 S.40)
·
Die
früher als „erblicher Veitstanz“ bezeichnete Huntington-Krankheit führt nach
zuvor unbeeinträchtigter Gesundheit mit Beginn meist zwischen dem 30. und 50.
Lebensjahr nach jahrelang fortschreitenden Bewegungsstörungen,
Persönlichkeitsveränderungen und Demenz zum Tode. Ursächlich sind krankhafte
Verlängerungen tandemartig wiederholter DNA-Triplettstrukturen im
Huntington-Gen auf Chromosom 4;
das Grundrisiko für ein Kind eines gesunden, nicht blutsverwandten Elternpaares
für irgendeine Form angeborener Krankheit oder Behinderung liegt bei etwa 3-4%,
davon stellen nicht-genetische Probleme wie Geburtsschäden oder mütterlicher
Alkoholmissbrauch den Löwenanteil;
die Humangenetiker in Deutschland haben sich darauf verständigt, nach
Fruchtwasseruntersuchungen den werdenden Eltern das Geschlecht des Kindes nicht
vor der 14. SSW mitzuteilen, um einem Missbrauch dieser Information für einen
Schwangerschaftsabbruch nach der Fristenlösung vorzubeugen;
die Lebenserwartung eines neugeborenen Kindes mit Down-Syndrom ist seit 1929
von 9 auf über 50 Jahre angestiegen; verbesserte medizinische und pädagogische
Betreuung ermöglicht es fast jedem von ihnen, Lesen und Schreiben zu lernen;
Mukoviszidose: jedes zweitausendste Neugeborene hat Gen von beiden Eltern
ererbt, was zum klinischen Bild der rezessiv erblichen M. führt; dabei führen
Veränderungen in der Struktur eines den Salzhaushalt regulierenden Proteins zur
Eindickung von Körpersekreten vor allem in Lunge und Verdauungstrakt; im für
dieses Protein codierenden Gen sind inzwischen über tausend verschiedene
Einzelmutationen bekannt, diese verursachen unterschiedlich schwere
Funktionsstörungen des Proteins mit der Folge unterschiedlicher Symptomatik, ob
sich die Krankheit bereits bei der Geburt als Darmverschluss durch einen
Schleimpfropf manifestiert oder aber erst nach Jahren durch hartnäckige Infekte
in den mit Schleim belegten Atemwegen, wird dadurch beeinflusst, welche
Einzelmutationen individuell vorliegen; Verlauf und Prognose der Krankheit
werden wesentlich durch konsequente Medikamententherapie und persönliches Verhalten
des Patienten mitbestimmt; überraschen vor wenigen Jahren die Erkenntnis, dass
bei ansonsten völlig gesunden Männern mit unerfülltem Kinderwunsch reinerbige
Mutationen in bestimmten Abschnitten des Mukoviszidose-Gens häufig sind, diese
führen zu einem angeborenen Verschluss der Samengänge, aber nicht dem
klassischen Krankheitsbild der M.; der deutsche Philosoph Karl Jaspers (wurde
86 Jahre alt) war chronisch lungenkrank und litt möglicherweise an einer mild
verlaufenden M.;
Mukoviszidose in Europa vergleichsweise häufig, mutiertes Gen bewirkt bessere
Widerstandsfähigkeit gegen das Eindringen von Typhus-Erregern in Darmzellen;
etwa die Hälfte der Schwangerschaften endet (in den ersten Tagen) mit einer
Fehlgeburt aufgrund einer Chromosomenfehlverteilung des werdenden Kindes;
nicht nur in den Keimzellen, sondern auch in den Körperzellen finden
Chromosomenfehlverteilungen statt – jeder von uns besitzt eine große Zahl von
Körperzellen mit Trisomien der verschiedensten Chromosomen, darunter auch
Chromosom 21, überspitzt, aber biologisch korrekt formuliert hat folglich JEDER
Mensch ein Mosaik-Down-Syndrom
(Henn, W.: Warum Frauen nicht schwach, Schwarze nicht dumm und Behinderte nicht
arm dran sind – Der Mythos von den guten Genen, Herder Freiburg 2004 S.63, 69, 113,
133, 140, 150, 157)
·
Antrag
der CDU/CSU-Bundestagsfraktion (15/3948); Ziel: Spätabtreibungen erschweren;
PND soll mit einervorausgehenden, umfassenden Beratung durch einen fachkundigen
Arzt verbunden sein, außerdem soll medizinische Beratung „in angemessener
Weise“ um eine psycho-soziale Komponente erweitert werden; Krankenkassen sollen
Kosten für PND nur dann übernehmen, wenn die Schwangere sich in der
vorgeschriebenen Weise hat beraten lassen; über das Vorliegen einer
„medizinischen Indikation“ im Zusammenhang mit der Behinderung eines
ungeborenen Kindes soll ein interdisziplinär besetztes Kollegium aus
Frauenheilkundlern, Kinderheilkundlern, Psychologen und Humangenetikern
entscheiden; bei Vorliegen einer medizinischen Indikation sollen vor einem Schwangerschaftsabbruch
drei Tage Bedenkzeit eingehalten werden, sofern nicht das Leben der werdenden
Mutter akut gefährdet ist;
Angaben des Statist. Bundesamtes: im Jahr 2003 bei insgesamt 128.030 gemeldeten
Schwangerschaftsabbrüchen 217 nach der 23. Woche erfolgt
(Das Parlament 1.11.04)
·
Antrag
15/4148 der Koalitionsfraktionen im Bundestag;
Schwangere so umfassend und wertfrei informieren, dass sie eine
eigenverantwortliche Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch
treffen können; den betroffenen Frauen und Paaren neben dem ärztlichen
Aufklärungsgespräch eine unabhängige psychosoziale Beratung anbieten, dabei
Kooperation und Vernetzung der mit der Thematik befassten Berufsgruppen;
Richtlinie der Bundesärztekammer zur pränatalen Diagnostik soll überarbeitet
werden – insbesondere adäquate Aufklärung und Beratung vor PND sowie danach
gewährleisten; nach Ansicht der Angeordneten begründet die Datenlage zur
medizinischen Indikation keinen gesetzlichen Handlungsbedarf
(Das Parlament 15.11.04)
·
Muskeldystrophie:
bei gesunden Menschen wird auf einem bestimmten Gen eine bestimmte Sequenz
5-30x wiederholt, im defekten Gen finden sich Hunderte oder Tausende solcher
Wiederholungen (367)
Huntington-Gen: im Chromosom 4 wird eine bestimmte Bausteinfolge zu oft
wiederholt (CAG); 10 bis 35 mal ist in Ordnung; darüber ist mit sicherem
Ausbruch der Krankheit zu rechnen: 39 Wiederholungen ---> Erkrankung im
Alter von durchschnittlich 66 Jahren, 40 Kopien: 59 Jahre, 41 Kopien 54 Jahre,
50 CAG-Sequenzen: 27 Jahre (468)
4 bis 7% aller lebend geborenen Kinder kommen mit körperlichen Fehlbildungen
zur Welt; Herzfehler 1%, Chromosomenstörung 0,5%; Mutation im Erbgut 1%; 2,5%
weisen eine Fehlbildung aufgrund mehrerer Faktoren auf (369)
mittlerweile 14.000 monogen vererbte Krankheiten bekannt, bei mehr als der
Hälfte ist das verantwortliche Gen lokalisiert, einige so selten, dass nur zwei oder drei Fälle auf der ganzen Welt
beobachtet wurden (369)
(Detlev Ganten u.a.: Leben., Natur, Wissenschaft; Eichborn Ffm. 2003)
·
Spätabtreibungen:
knapp 3% aller Abtreibungen nach der 12. SSW, 2003 waren es 2044 Spätabbrüche,
davon 217 nach der 22. SSW
(Das Parlament 21.2.05)
·
Teilt
ein Arzt der Schwangeren die Laborwerte nach Fruchtwasseruntersuchung zu spät
mit, kann er haftbar gemacht werden (Unterhaltsaufwand für das behinderte Kind
+ 10000 Euro Schmerzensgeld); Oberlandesgericht Saarbrücken:
regulierungspflichtiger Behandlungsfehler
(GID 168/2005 S.39)
·
Bundesvereinigung Lebenshilfe: Ultraschall
fördert Selektion; Bestrebungen, in die vorgeburtliche Untersuchung regelmäßig
die Nackenfaltenmessung aufzunehmen, seien abzulehnen; Gefahr, dass
vorgeburtliche Diagnostik... hauptsächlich zur Selektion behinderten Lebens
genutzt werde
(taz 29.7.05)
·
Röteln können vor allem Ungeborenen gefährlich werden, wenn deren Mütter sich mit dem Virus infizieren; so
kamen in den USA 1964 und 1965 nach einem Ausbruch der Krankheit mehr als
15.000 Babys taub oder blind zur Welt, etwa genauso viele starben kurz vor oder
nach der Geburt; inzwischen sind in den USA fast 93% aller Kinder unter 2
Jahren geimpft; anders in Deutschland: Impfrate unter 30%, jährlich 30000 bis
120000 Infektionen, 30-50 Kinder mit Rötelschäden kommen zur Welt
(bdw 8/2005 S.39)
·
Feinultraschall 20. SSW, Kind mit Tetrasomie 12p;
viele sterben ganz früh in der Schwangerschaft; „er hat mit dem Armgefuchtelt
und sich umgedreht“ (Mutter); „Ihr Kind ist nicht lebensfähig“ (Arzt);
2003: 128.030 Schwangerschaftsabbrüche, 2.044 zwischen 13. und 23. Woche, 217
später, vermutlich liegen die tatsächlichen Zahlen höher;
Kinder mit offenem Rücken: manche dieser Kinder sind querschnittsgelähmt,
andere können sich normal bewegen;
in der 14. Woche misst der Arzt die Nackenfalte des Kindes: 2,5 mm; das ist breiter
als normal, kann Hinweis auf einen Herzfehler oder auf eine Trisomie sein
(taz 17.2.05)
·
(S. 164) S. Graumann: so wird etwa von Seiten der
Behindertenbewegung, soweit mir die einschlägigen Stellungnahmen bekannt sind,
kein Abtreibungsverbot „behinderter Föten“ gefordert ... Rechte von betroffenen
Frauen und Paaren werden respektiert ... gefordert wird verantwortungsvoller
Umgang mit den Möglichkeiten der PND ... umfassende Beratung
(Ethik in der Medizin, Heft 3/2003: Behinderung und Medizinethik)
·
von 120.000 Abtreibungen jährlich werden nur rund 2.000 Eingriffe
zwischen der 13. und 23. Woche und 200 Abbrüche jenseits der 23. Woche gemacht
(taz 23.12.05)
·
Bundesvereinigung Lebenshilfe hat
vor Ausweitung der Ultraschalluntersuchung in der Schwangerenvorsorge gewarnt
(Nackenfaltenmessung = Hinweis auf Down-Syndrom JK); Gefahr, dass
vorgeburtliche Diagnostik Frauen verunsichere und hauptsächlich zur Selektion
behinderten Lebens genutzt werde
(taz 29.7.05)
·
„Ziel der Ärzteschaft ist eine Verhinderung von Schwangerschaftsabbrüchen jedweder Art.“ (Klaus Vetter, Präsident
der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe);
Spätabbrüche – davon spricht man, denn die Lebensfähigkeit des Kindes ab der
22./23. Woche gegeben ist und die Tötung des Kindes – der Fetozid – vor dem
Abbruch erfolgen muss;
gestritten wird dabei nicht um die Fälle, in denen das Leben der Mutter durch
Schwangerschaft oder Geburt gefährdet ist, sondern um die, in denen eine
absehbare schwere seelische Belastung der Mutter, beispielsweise durch eine
Behinderung des Kindes, attestiert wird;
Bundesärztekammer und Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
wollen in Kürze ein gemeinsames Positionspapier vorlegen: unter anderem sollten
bei Abtreibung nach medizinischer (wie jetzt schon nach sozialer) Indikation
eine Beratungspflicht und mehrtägige Bedenkzeit vor dem Abbruch vorgeschrieben
werden, „Das Kind ist bei medizinischer Indikation weniger geschützt als
sonst“, Haftungspflicht des Arztes bei falscher Diagnosestellung oder einem
Überleben des Kindes nach einer Abtreibung mindern;
2005: 124.023 Abbrüche insgesamt, davon 3.177 nach medizinischer Indikation;
nach der 23. Woche 171 Abbrüche; es wird allerdings von einer gewissen
Dunkelziffer bei Schwangerschaftsabbrüchen ausgegangen
(Das Parlament 20.3.06 S.3)
·
Studie 1999: Abtreibungsrate bei Trisomie 21 92%
(GID 175 April/Mai 2006 S.54)
·
Zahl der Krankheiten, für die die
Mediziner einen genetischen Hintergrund gefunden haben, seit 1970 von 1.600 auf
16.000 Störungen verzehnfacht
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.13)
·
Deutschland 2005: mehrere hundert Föten nach dem
dritten Monat abgetrieben, 171 nach der 23. Schwangerschaftswoche
(Spiegel 34/2006 S. 20)
·
Großbritannien zwischen 1996 und 2004 mindestens 20
Schwangerschaftsabbrüche wegen Klumpfuß im Ultraschall (nachgeburtlich
behebbar); weitere Abtreibungen wegen überzähligen Fingern; in GB
Schwangerschaftsabbruch bis unmittelbar vor der Geburt zulässig bei Vorliegen
einer „ernsthaften Behinderung“
(GID 177 8/9-2006 S.41)
·
Dass
wir Menschen nicht vor jeder Empfängnis und Geburt zittern müssen, ob das Kind,
das kommen wird, missgestaltet sein wird oder nicht, verdanken wir der
biologischen Selektion mit ihrer ambivalenten Wirkweise. Sie sorgt mit einer
unglaublich hohen Wahrscheinlichkeit dafür, dass Deformiertes oder
Nicht-Lebensfähiges zugunsten des (wahrscheinlich) Lebensfähigen aus dem
Entwicklungsgeschehen ausgeschieden wird. Insofern ist diese Form von Selektion
selbst ein staunenswerter Teil des Lebens.
(Klaus-Peter Jörns: Notwendige Abschiede – Auf dem Weg zu einem glaubwürdigen
Christentum, Gütersloh 2004, S. 214)
·
USA: Empfehlung des Kollegs der
Geburtshelfer und Gynäkologen: danach soll künftig allen Schwangeren,
unabhängig von ihrem Alter, ein Frühscreening auf Trisomie 21 angeboten werden;
bisher routinemäßiger Test erst bei Frauen ab 35. Lebensjahr üblich; dabei hat
sich gezeigt, dass sich im Falle eines positiven Testergebnisses (Vorliegen der
Störung) 90% der Betroffenen für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden;
Gruppe von Eltern mit Down-Syndrom-Kindern wollen mit eigenen positiven
Erfahrungen gegensteuern – Treffen mit Kindern ermöglichen
(GID 182 Juni 2007 S.41)
·
(93)
wer gesund ist und sich ausgewogen ernährt, muss isch in Deutschland eigentlich
nur über zwei Bausteine seiner Ernährung lebenslang Gedanken machen: Jod und
Folsäure. Vom Jod gibt es in Mitteleuropa zu wenig in der Nahrung, weshalb jodiertes Speisesalz
zum Backen verwendet wird und auch im Supermarkt die Auswahl dominiert.
Zu wenig Folsäure führt zu einem erhöhten Spiegel der Aminosäure Homocystein im
Blut, die wiederum ein Risikofaktor für Arteriosklerose ist. Bei Schwangeren
steigt zudem die Gefahr einer Missbildung des Kindes infolge des
Folsäuremangels der Mutter (Gefahr, dass Kind einen Neuralrohrdefekt hat)
(Spiegel spezial „Besser essen besser leben“ 5/2005)
·
8,6
Millionen behinderte Menschen leben in Deutschland, 6.7 Millionen von ihnen
gelten als schwerbehindert
(Ökotest 2/07 S.67)
·
(3)
Die meisten Schwangeren erwarten ein gesundes Kind; in nur etwa 5% der
Schwangerschaften ist mit einer kindlichen Fehlbildung oder Erkrankung zu
rechnen;
erste Berichte über Entnahme von Fruchtwasser während des zweiten
Schwangerschaftsdrittels 1966 publiziert; Anfang der 80er Jahre Entnahme von
Zotten des Chorion;
zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche (SSW) kann ein sog.
„Ersttrimester-Screening“ durchgeführt werden, beinhaltet eine
Ultraschalluntersuchung, bei der der gesamte Embryo detailliert untersucht
wird, besonderer Augenmerk liegt auf der Messung der „Nackentransparenz“, einer
Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Feten; in Kombination mit einer
Hormonuntersuchung im Blut der Mutter (Eiweißstoff PAPP-A und
Schwangerschaftshormon: freies ß-hCG so Seite 44) und dem Alter der Schwangeren
kann eine Risikoabschätzung für eine kindliche Chromosomenstörung erfolgen
(individuelle Berechnung);
ab 11./12. SSW Chorionzottenbiopsie möglich;
ab 14./15. SSW kann Fruchtwasseruntersuchung erfolgen; mittels einer feinen
Nadel durch die Bauchdecke der Mutter 10-15 ml Fruchtwasser aus der Fruchthöhle
entnommen;
ab 20. SSW Punktion der kindlichen Nabelschnur;
der Anteil der Schwangeren, die älter sind als 35, hat sich in den letzten 25
Jahren verdoppelt;
Recht auf Nichtwissen, z.B. durch Ablehnung einer Ultraschalluntersuchung;
(7) Befragung Schwangerer;
über 70% der Schwangeren hatten zusätzlich zu den drei in den
Mutterschaftsrichtlinien empfohlenen Ultraschalluntersuchungen mindestens eine
weitere zum Ausschluss von Fehlbildungen;
über 40% ließen die Transparenz der Nackenfalte messen;
29% ließen Ersttrimester-Test durchführen;
Fruchtwasseruntersuchung: 11,5%;
Chorionzottenbiopsie: 3,3%;
nur 15% der Frauen haben ganz auf PND verzichtet;
(33) Dr. Klaus König, Berufsverband der Frauenärzte e.V.:
wenn wir eine Kampagne machen, etwa bei der Brustkrebsprävention, dann suchen
wir Prominente, die das vermitteln und in jeder Talkshow noch anfügen, dass es
wichtig ist, so geht das...;
Wir Gynäkologen machen ja selbst psychosomatische Beratung, wir sind dafür
ausgebildet. Wir haben das in der Weiterbildungsordnung stehen. Für die
Schwangerenbetreuung und auch um über den Fehlbildungsultraschall aufzuklären,
brauchen wir keine externen Beratungsstellen. – Heißt das, dass auch im Falle
einer diagnostizierten Fehlbildung durch Amniozentese im späteren Verlauf der
Schwangerschaft und einem evtl. folgenden Abbruch der Schwangerschaft die
Beratung vom Gynäkologen geleistet werden kann? – Richtig.;
zu den Hebammen ist zu sagen, dass sie gar nicht gelernt haben, eine
Schwangerschaft vollständig nach den Mutterschaftsrichtlinien zu betreuen. Sie
können keinen Ultraschall machen, deshalb stehen sie ihm kritisch gegenüber,
sie können keine weitere Abklärung selber machen ...;
Wir haben in Deutschland die ärztliche Schwangerenbetreuung ...
Risikoschwangerschaften dürfen auf keinen Fall von der Hebamme betreut werden ;
(38) Pränataldiagnostik hat aus der Zeit des geduldigen Wartens eine Zeit der
aktiven Einflussnahme und Entscheidungen gemacht. Aus dem schicksalhaften
Annehmen des Kindes, so wie es ist, wurde das Angebot, mithilfe von PND
Einfluss zu nehmen oder sogar ein Kind abzulehnen, wenn schon vor der Geburt
schwerste Schäden zu erkennen sind;
Ultraschalluntersuchung in der 20. SSW als „Organ-Ultraschall“; explizit zum
Erkennen von Fehlbildungen gedacht;
bei 2-4% der Neugeborenen werden geistige und/oder körperliche Behinderungen
festgestellt;
in ca. 1% der Fälle wird durch den Eingriff bei der Fruchtwasseruntersuchung
eine Fehlgeburt ausgelöst;
(43) Nackenfalte ist eine Wasseransammlung im oberen Rückenbereich; auch
Nackenödem oder Nackentransparenz (NT) genannt; entwickelt sich zwischen der 9.
und 14, Woche, verschwindet dann wieder; je größer die Nackenfalte, desto
größer die statistische Wahrscheinlichkeit, dass das Kind mit einer
Chromosomenabweichung zur Welt kommt (Trisomie 121, seltener Trisomien 13 oder
18, oder Abweichungen der Geschlechtschromosomen);
der Ersttrimester-Test ist keine vorgeburtliche Diagnose, sondern eine
Wahrscheinlichkeitsberechnung oder Risikoabschätzung; als Ergebnis erfährt die
Frau eine Risikozahl, etw: 1:500; diese besagt, dass von 500 Frauen gleichen
Alters, die die gleichen Blutwerte und die gleiche Nackenfaltendicke aufweisen,
eine Frau ein Kind mit einem Down-Syndrom zur Welt bringen würde; ab einer
Wahrscheinlichkeit von 1:300 wird einer Frau empfohlen, prüfen zu lassen, ob
ihr Kind das eine von den 300 ist oder nicht (z.B. durch
Fruchtwasseruntersuchung);
Problem bei allen statistischen Verfahren ist die Unsicherheit der Ergebnisse:
Das Frühscreening hat eine „Falsch-Positiv-Rate“ von über 5%, d.h. mindestens 5
von hundert Frauen erhalten beunruhigende Werte, lassen eine
Fruchtwasseruntersuchung machen und stellen dann fest, dass ihr Kind nicht
betroffen ist; einige Frauen erhalten ein „Falsch-negatives“ Ergebnis, lassen
keine weiteren Untersuchungen machen und bringen dann doch ein Kind mit
Down-Syndrom zur Welt;
Ersttrimestertest ist wie der Triple-Test keine Kassenleistung;
der Test eröffnet bei positivem Befund keine therapeutischen Möglichkeiten;
zum Zeitpunkt der Messung der Nackentransparenz (Ultraschall 15 Minuten) misst
das Ungeborene vom Scheitel bis zur Sohle 4,5 bis 8,4 cm; die zu messende
Nackenverdickung liegt im Zehntelmillimeterbereich;
den Wahrscheinlichkeitsaussagen liegen Werte aus einer britischen Studie an
100.000 Schwangeren zugrunde;
der Test wird in Deutschland seit 2002 von einem privaten Verein angeboten,
unabhängig von den ärztlichen Standesorganisationen und Krankenkassen; ist
nicht Bestandteil der Mutterschaftsrichtlinien; kostet 100 bis 150 Euro; bei
einem flächendeckenden Screening stehen in Deutschland rund 700.000 Kundinnen
pro Jahr zur Verfügung;
(52) in der gynäkologischen Praxis sind in der Vorsorgepauschale pro Quartal 58
Minuten Beratungszeit vorgesehen;
bei etwa 3% der Frauen Gewissheit: unser Kind ist krank oder behindert;
(Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Zeitschrift FORUM
Sexualaufklärung und Familienplanung, Heft 1-2007 „Pränataldiagnostik“; 70
Seiten; kostenlos unter: order.bzga.de)
·
Individuelle Gesundheitsleistungen (IGEL) müssen
beim Arzt selbst aus der eigenen Tasche bezahlt werden; von 100 abgerechneten
Leistungen entfielen 2007 21 (Platz 1) auf Ultraschall an ungeborenen Kindern
(„Baby-TV“ in der Schwangerschaft)
(bdw 2/2008 S.49)
·
Bei Diagnose Down-Syndrom 90% Entscheidung der Eltern für Abbruch der Schwangerschaft;
etwa 200 Kinder pro Jahr in
Deutschland Abtreibung nach der 22. Schwangerschaftswoche
(ZEIT 13.3.08 S.35)
·
Erst-Trimester-Test;
ultraschallgestützte Vermessung der Nackenfalte des Ungeborenen, kombiniert mit
Labortests und dem „Basisrisiko Alter“, um die übliche Suche nach Trisomie 21
und anderen Normabweichungen zu effektivieren; nach eienr Studie der
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung kaufen derzeit 29% der
Schwangeren den Test;
grobe Schätzung: bei einem Nackentransparenz-Screening bei 1000 Frauen wären 7
Fälle von Chromosomen-Anomalien zu erwarten; 5 davon könnten durch die
Diagnostik entdeckt werden, zwei blieben unerkannt; mit einem „positiven“
Testergebnis wären 53 Frauen konfrontiert
(GID 188 Juni 2008 S.6f.)
·
In Deutschland durchschnittlich 7
Ultraschalluntersuchungen bei Schwangeren; in Schweden nur 1x vorgesehen und
auch so gehandhabt; mütterliches „Risiko“ wird in D. bei 70-80% aller
Schwangerschaften festgestellt;
(GID 188 Juni 2008 S.11)
·
Italien: bei 115.000 untersuchten Fällen von
Chorionzottenbiopsien und Fruchtwasseruntersuchungen nur 50% der möglichen
Chromosomenanomalien entdeckt; auch bei Trisomie 21 nicht hundertprozentig
gewiss
(GID 188 Juni 2008 S.39)
·
Allgemeinmediziner zahlen für die ärztliche
Berufshaftpflicht ein paar hundert Euro Jahresprämie;
Geburtshelfer und Chirurgen gelten mittlerweile als unkalkulierbare
Hochrisikogruppen, zahlen die höchsten Beiträge unter Medizinern, Jahressummen
bis zu 20.000 Euro sind keine Seltenheit; Fall Frauenarzt 66.000 Euro pro Jahr;
USA geburtshilfliche Gynäkologen bis 200.000 Dollar pro Jahr für Haftpflicht;
“Schwangere behandeln wir hier nicht“
(Spiegel 10-2008 S.66)
·
Österreich: „Kind als Schaden“;
wegen einer Behinderung ihres Kindes, die in der Schwangerschaft übersehen
worden war, haben Eltern Schadensersatzanspruch in Höhe der
Lebenshaltungskosten zugesprochen bekommen; Österreichischer Oberster
Gerichtshof; schwere Form von spina bifida (Spaltbildung der Wirbelsäule),
Eltern hätten bei Kenntnis Abbruch vornehmen lassen
(GID 187 April 2008 S.44)
·
Bundestagsdebatte zu Spätabbrüchen
Christel Humme, SPD:
behindertes Leben schützen … das wollen wir auch… Sie meinen, das erreichen zu
können, wenn Sie Spätabbrüche vermeiden. 80% der Spätabbrüche werden
vorgenommen, weil das Ungeborene nicht lebensfähig ist. Diesen Kindern fehlt
ein lebenswichtiges Organ, sie haben kein Gehirn, es fehlen beide Nieren,oder
das Herz ist schwer geschädigt. Die Kinder sind dem Tod geweiht;
(anderer Beitrag weist darauf hin, dass erkannte Behinderungen des Kindes
ohnehin NICHT Kriterium sein können/dürfen, da ausschließlich eine medizinische
Indikation, also Gefahr für Leib und Leben oder Psyche der Mutter Begründung
für einen Abbruch sein darf)
(Das Parlament 52/2008 Debattendokumentation S.2)
·
in Großbritannien kommen wieder mehr Kinder mit
Down-Syndrom zu Welt als in den Jahren nach Einführung von Früherkennungstests,
mit denen die Behinderung bereits während der Schwangerschaft festgestellt
werden kann; für 2006 verzeichneten die Statistiken für England und Wales 749
derartige Geburten, 1989, im Jahr der Einführung der Pränataltests, waren es
717 gewesen, in den Jahren dazwischen war die Zahl deutlich unter 600 Geburten
gesunken; ausschlaggebend für die Entscheidung vieler Eltern, das Kind nicht
abtreiben zu lassen, ist einer Umfrage zufolge der Eindruck, dass solche Kinder
heute mit besseren Zukunftschancen rechnen können als noch vor 20 Jahren,
außerdem sahes sie sich durch die Hilfe von Freunden und Familie in ihrem Entschluss bestätigt
(Spiegel 49/2008 S.162)
·
um festzustellen, ob ein ungeborenes Kind das
Down-Syndrom hat, reicht nach einem Verfahren aus Kalifornien eine Blutprobe
der Mutter; im Blutserum befinden sich auch Erbgutschnipsel des Fötus; ab 14.
Schwangerschaftswoche untersucht, bisher erst 400 Proben untersucht, aber kein
einziger Fehler im Ergebnis; kein Risiko der Untersuchung für das Kind wie bei
Fruchtwasseruntersuchung oder Chorionzottenbiopsie
(taz 17.10.08, GID 190
Oktober 2008 S.26)
·
Gesetz zu Spätabtreibungen; am 13.5.09 im Bundestag
verabschiedet;
Sofern vorgeburtliche Untersuchungen ergeben, dass das Kind geistig oder
körperlich behindert ist, hat der Arzt die schwangere Frau über medizinische
und psychosoziale Aspekte der Behinderung zu beraten. Er soll dabei Kollegen
einbeziehen, die sich mit der Behinderung des Kindes auskennen. Außerdem hat
der Arzt die werdende Mutter auf die
Möglichkeit einer weiteren psychosozialen Beratung hinzuweisen. Sofern die
Schwangere es möchte, soll er Kontakt zu Beratungsstellen oder
Selbsthilfegruppen vermitteln. Zwischen Diagnose und der schriftlichen
Feststellung, dass die Voraussetzung für einen Schwangerschaftsabbruch gegeben
ist, müssen mindestens drei Tage liegen. Bei einem Verstoß gegen eine der
Vorschriften muss der Arzt mit einem Bußgeld von 5.000 Euro rechnen. ;
Spätabtreibungen: Schwangerschaftsabbrüche nach der 22. oder 23. Woche, ab
denen ein Kind meist als lebensfähig gilt;
das am 13.5.09 verabschiedete Gesetz bezieht sich aber auf alle Fälle der
medizinischen Indikation;
im Jahr 2008 wurden 231 Schwangerschaften nach der 23. Woche abgebrochen, dazu
kamen 2100 Abbrüche zwischen der 13 und der 23. Woche
(Das Parlament 18./25.5.09 S.6)
·
2008: 115.000 gemeldete Schwangerschaftsabbrüche,
davon rund 3000 aufgrund einer medizinischen Indikation, 230 davon nach der 22.
Woche abgebrochen
(Freie Presse Chemnitz 14.5.09 S.6)
·
Abtreibungen in Deutschland 2008 gesamt: 114.484;
davon aufgrund medizinischer Indikation nach der 12. Woche: 2.100;
Spätabtreibungen nach der 22. Woche: 231;
(Der Spiegel 26-2009 S.128)
·
rund 10.000 Babys kommen jedes Jahr in Deutschland
mit alkoholbedingten körperlichen oder geistigen Schäden zur Welt (in 2.000 Fällen
schwere Störungen);
Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft ist die häufigste Ursache für
körperliche und geistige Schäden bei Kindern (BZgA);
12 bis 15 % der werdenden Mütter trinken einmal oder mehrfach im Monat
(taz 9.9.09 S.06)
·
Jedes Jahr kommen in Deutschland 4000 Babys zur
Welt, deren Gehirn durch Alkohol dauerhaft geschädigt ist
(Spiegel 37-2009 S.122ff)
·
in Großbritannien liegt die Rate von
Schwangerschaftsabbrüchen nach positiver Diagnose für das Vorliegen eines
Down-Syndroms bei 92%
(GID Nr.193 4-2009 S.32)
·
96 Prozent aller Kinder kommen gesund zur Welt!;
heute nehmen 85% der Schwangeren private Zusatzleistungen in Anspruch;
1970er Jahre 171 Fruchtwasseruntersuchungen (in einem Jahr? JK); 2004: 61.000;
die PND sucht gezielt nach Auffälligkeiten beim Ungeborenen;
die Kasse bezahlt drei Ultraschalluntersuchungen (in der 8.-12.; 18.-22.;
28.-32. Woche).
Etwa 40% der Frauen lassen heute zudem die Nackenfalte ihres Babys messen. Ist
sie verdickt, kann das ein Hinweis auf ein Down-Syndrom oder einen Herzfehler
sein. Um die Erkennungsrate zu erhöhen, wird die Nackentransparenz mit einem
Blutwert kombiniert, der Hormon- und Eiweißwerte bestimmt. Der Computer
errechnet aus den Werten, dem Alter der Frau und der Dauer der Schwangerschaft
und weiteren Befunden ein statistisches Risiko. Der so genannte
Ersttrimester-Test zeigt also an, wie wahrscheinlich es ist, dass das Kind z.B.
das Down-Syndrom haben kann;
Bei der Amniozentese wird Fruchtwasser durch die Bauchdecke der Frau entnommen,
die gewonnenen Zellen werden einer Chromosomenanalyse unterzogen. „Das
Verfahren bringt zwar Klarheit, birgt aber auch die seltene Gefahr einer
Fehlgeburt“ … von 1000 Schwangeren verlieren 5 bis 10 Frauen nach der
Fruchtwasseruntersuchung ihr Kind;
Schon heute brechen mehr als 90% der Frauen, die mittels PND die Diagnose
Down-Syndrom bekommen, die Schwangerschaft ab;
(Das Parlament 8.11.2010, S.7)
·
Fortschritt der Genomdiagnostik: Mit einer neuen
Technik können die Erbinformationen eines Fötus (ungeborenes Kind im Mutterleib JK) vollständig entschlüsselt
werden, ohne jedes Risiko für Mutter und Kind – eine Blutprobe der Schwangeren
genügt. Wollten bisher Eltern ein genetisches Risiko ausschließen, blieb nur
die Fruchtwasseruntersuchung – mit begrenzter Aussagekraft und verbunden mit
dem Risiko einer Fehlgeburt;
mehr als 10% der Schwangeren entscheiden sich gegen jede vorgeburtliche
Untersuchung; die Mehrheit entscheidet anders: wird vor der Geburt ein
Down-Syndrom festgestellt, entscheiden sich in Deutschland 9 von 10 Schwangeren
für eine Abtreibung;
In der Summe der individuellen Entscheidungen zehntausender Paare pro Jahr
findet in D. eugenisches Handeln längst statt. Nicht im Sinne eines – ebenso
irrwitzigen wie aussichtslosen – staatlich verordneten Menschenzuchtprogramms.
Wohl aber als Eugenik von unten, bei der werdende Elternallein für sich die
Frage beantworten: Soll dieses, ihr gerade erst gezeugtes Kind leben? Oder soll
es besser nicht geboren werden, weil es schwer krank oder behindert wäre?
Die Eltern, die betroffenen Familien – sind sie nicht ohnehin die Einzigen,
denen das Recht dieser schweren Gewissensentscheidung zusteht?;
Wer anders denkt, möge sich jetzt für Verbote aussprechen --- Alle anderen
zwingt der biotechnische Fortschritt dazu, sich zu dem zweifellos heiklen
Bekenntnis durchzuringen: JA, wir sind eine Gesellschaft, die es toleriert,
wenn in ihrer Mitte gegen schwer kranke, behinderte Föten entschieden wird.
Ein paar Milliliter Blut der Schwangeren werden künftig genügen, um das neue
Leben zu inspizieren;
Am Bodensee hat der Probelauf für die Prophetie aus dem Mutterblut bereits
begonnen. Drei Tage lang laufen die Decoder in den Laboren der Konstanzer Firma
LifeCodexx, um die Erbmoleküle eines Ungeborenen zu vermessen. »Dann braucht
der Computer noch einmal drei Tage, um das Ergebnis auszurechnen«, sagt
Vertriebschef Martin Burow. Bei LifeCodexx beschränkt sich die Suche zunächst
auf die wichtigste Frage, die viele zukünftige Eltern umtreibt: Leidet unser
Kind am Downsyndrom (Trisomie 21) und wird deshalb geistig behindert und
körperlich beeinträchtigt zur Welt kommen?
Zum Jahresende, spätestens im Frühjahr 2012 wird der Bluttest für Schwangere in
Deutschland verfügbar sein. »Das Interesse ist riesengroß«, schwärmt Burow.
»Mit unserer Methode kann sich die Mutter Gewissheit verschaffen, ohne dass sie
ihr Kind riskiert.«;
Bislang können sie das Downsyndrom nur mit einer Fruchtwasseruntersuchung
zweifelsfrei ausschließen. Mehr als 31.000 solcher Amniozentesen haben deutsche
Krankenkassen 2009 bezahlt. Doch in einem von hundert Fällen führt der
Eingriff, bei dem der Arzt Fruchtwasser durch die Bauchdecke der Schwangeren
entnimmt, zu einer Fehlgeburt. Nun steht erstmals ein nicht invasiver und damit
gefahrloser Test zur Verfügung.;
Gerade hat sich der Bundestag nach langer kontroverser Debatte dazu
durchgerungen, die Präimplantationsdiagnostik (PID) in Ausnahmefällen
zuzulassen. Während Ärztefunktionäre und Politiker noch diskutieren, wann der
Gentest bei den im Labor gezeugten Embryonen erlaubt sein soll, schickt sich
die Humangenetik an, auch auf das konventionell gezeugte Leben im Mutterleib
zuzugreifen – mit einem komplikationsfreien Verfahren, das zudem früh in der
Schwangerschaft zum Einsatz kommt. Amniozentesen werden in der Regel zwischen
der 14. und 16. Woche durchgeführt. Die neue Technik erlaubt es, die Erbdaten
des Fötus bereits vor der 10. Schwangerschaftswoche komplett auszulesen;
Tatsächlich ist auf Dauer kaum vorstellbar, dass die genetische Untersuchung
des Fötus auf Trisomie 21 beschränkt bleiben wird. Schon jetzt lassen sich
damit weitere Erbschäden entdecken: körperliche Erbleiden wie Mukoviszidose,
Muskelschwund oder Blutarmut sowie neuropsychiatrische Befunde wie ein
drohender Autismus. Mit dem Einstieg in die genomische Fortpflanzungsmedizin
nähern sich die Zeiten ihrem Ende, in denen gesunder Nachwuchs eine Gnade war –
und ein behindertes Kind ein hinzunehmendes Schicksal;
Zurzeit erprobt LifeCodexx, eine Tochter der deutschen Sequenzierfirma GATC,
die Technik in der Schwangerschaftsvorsorge. Zusammen mit einer Reihe deutscher
Perinatalzentren erkundet das Unternehmen die Leistungsfähigkeit des Verfahrens
bei 500 Schwangeren mit einem Risiko für das Downsyndrom. Schon technisch sei
das Unterfangen nicht trivial, versichert Burow: »Und Sie müssen genug fötale
Erbmoleküle gewinnen und sie in einem großen Überschuss an mütterlicher DNA
analysieren.« Beim Bundesforschungsministerium findet die Idee Anklang: Annette
Schavans Haus fördert die Entwicklung mit rund 300.000 Euro;
Dass der Bluttest die Chromosomenfehler zuverlässig entdecken kann, ist ohnehin
bereits bewiesen. Erst zu Beginn dieses Jahres hatte Los Forscherteam im
British Medical Journal die Ergebnisse einer Untersuchung an 753 Schwangeren
präsentiert. Alle Frauen galten aufgrund ihres Alters und der Befunde im
Ultraschall als Hochrisikopatientinnen. Los Verfahren entdeckte bei den
untersuchten Frauen sämtliche 86 Föten mit Trisomie 21. Er verhandelt derzeit
mit der Regierung in Hongkong, um sein Screening auf Wunsch allen Frauen zur Verfügung
stellen zu können. Unter den Bedingungen eines klinischen Tests, sagt er, koste
die Untersuchung etwa 700 Dollar. Wie teuer sie für die Paare sein wird, ist
jedoch noch offen;
Tatsächlich werden auch beim herkömmlichen Trisomie-Screening per Ultraschall,
das jeder Schwangeren über 35 Jahren angeboten wird, über 90 Prozent der
vorhandenen Trisomien als verdächtig identifiziert. Nach dem Verdacht
allerdings müssen die Mediziner zur Bestätigung der Diagnose die riskante
Amniozentese durchführen. Die soll nach den Vorstellungen des Unternehmens
durch den Bluttest ersetzt werden. »Wir wollen ihn allen Frauen anbieten, wenn
eine Risikoschwangerschaft festgestellt wird«, sagt Burow, »das kann auch eine
18-Jährige sein.« Bislang will die Firma ihre Untersuchungen auf die Entdeckung
des Downsyndroms beschränken. Höchstens eine Ausweitung auf die anderen
schweren Chromosomenstörungen Trisomie 13 und 18 sei denkbar, heißt es in
Konstanz
(DIE ZEIT 18.8.2011 S.1,31 http://www.zeit.de/2011/34/01-Test-Erbgut-Kinder
; http://www.zeit.de/2011/34/M-Trisomie
)
·
Entwicklung eines Schwangerentests, mit dem ohne
Risiko für die werdende Mutter mit hoher Treffersicherheit festgestellt werden
kann, ob das heranreifende Kind ein Downsyndrom, auch Trisomie 21 genannt, hat.
Mit 230.000 Euro hatte Schavans Ministerium das Entwicklungsprojekt der
Konstanzer Sequenzierfirma GATC und deren Tochter Lifecodexx unterstützt. Für
den Test sind lediglich 10 Milliliter Blut aus der Armvene der Mutter
notwendig. Da in dem Blutkreislauf der Mutter auch DNA-Fragmente des Fötus
zirkulieren, kann mittels einer DNA-Sequenzierung und einer Computerauswertung
festgestellt werden, ob in dem fetalen Genom das Chromosom Nr. 21 dreifach
vorhanden ist;
in den Niederlanden läuft bereits die klinische Erprobung der Verfahrens,
Trefferquote: 100 Prozent;
Hildburg Wegener: Das Gesetz zur begrenzten Zulassung der
Präimplantationsdiagnostik besagt, dass Embryonen nur gezielt, also auf Grund
einer vorliegenden Diagnose oder begründeten Vermutung, genetisch untersucht
werden dürfen. Das müsste eigentlich auch auf die neue Technik angewendet
werden. Und das Gendiagnostikgesetz legt fest, dass vor einer genetischen
Untersuchung über jede einzelne Krankheit, die dabei festgestellt werden
könnte, vorher genetisch beraten werden muss. Auch das müsste der Ausweitung
der (Anwendung der JK) neuen Technik
eigentlich Grenzen setzen.
(taz 2.9.2011 S.18; Der Sonntag, Sachsen, 16.10.2011 S.3)
·
Dem Team um Dennis Lo aus Hongkong, dem es gelungen
ist, die komplette fötale DNA zu isolieren (siehe vorherige Nachricht), hat
einen nicht-invasiven Bluttest für das Down-Syndrom (Trisomie 21) entwickelt.
Jedenfalls berichten die Forscher, dass man mit ihrer Methode bei einem
Neugeborenen das Vorhandensein des Down-Syndroms mit großer Sicherheit
diagnostizieren kann. Dafür werden DNA-Abschnitte des Fötus analysiert, die im
Blut der werdenden Mutter zirkulieren. Die Verhinderung des Down-Syndroms ist
zur Zeit - faktisch - eines der Hauptziele der standardmäßig durchgeführten
Pränataldiagnostik. Ein sicherer Nachweis einer Trisomie 21 erfordert aber eine
Untersuchung des fötalen Chromosomensatzes. Dazu muss eine Fruchtwasserpunktion
durchgeführt werden - ein für die Mutter belastender und für den Fötus
riskanter Eingriff. Mit der neuen Methode könnten zukünftig 98 Prozent der
riskanten Pränataldiagnostiken überflüssig gemacht werden, so die Forscher.
Nach Angaben von Lo gelang es, in einer Gruppe von 753 schwangeren Frauen aus
Hongkong, Großbritannien und den Niederlanden mit hohem Down-Syndrom-Risiko
alle 86 betroffenen Föten zu entdecken - es gab also kein einziges sogenanntes
falsch-negatives Resultat, das den Betroffenen eine falsche Sicherheit
vorgegaukelt hätte. Nur in 2,1 Prozent der Fälle führte die neue Methode zu
einem Fehlalarm, so dass erst die Untersuchung des Fruchtwassers die
Chromosomenstörung eindeutig ausschließen konnte. Die neue Entwicklung lässt
die Alarmglocken klingeln: Ein altes Ziel der Eugeniker rückt in greifbare
Reichweite: die „Ausmerzung“ des früher so genannten Mongolismus. Schon heute
ist Trisomie 21 neben sozialen Gründen einer der häufigsten Gründe für eine
Abtreibung. Mit der neuen Technik könnte sich der Testautomatismus in der
gynäkologischen Praxis dramatisch verschärfen.
(Süddeutsche Zeitung, 13.01.11) (kris) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/204/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
·
Massenabtreibungen von Mädchen in Indien;
»Die Motive für den Mord an der ungeborenen Tochter entstammen einer sehr
zeitgemäßen Einstellung – man will große Hochzeiten, große Geschenke und einen
stolzen Sohn, aber keine wirtschaftlich unnütze Tochter«, sagt Shanta Sinha,
Vorsitzende der Nationalen Kommission für Kinderrechte in Indien. »Es geht um
eine Brutalisierung der individuellen Einstellung zum menschlichen Leben, wie
sie erst die Modernisierung hervorbringen konnte.« Die Mädchentötung – auch als
»Genderzid« oder »Femizid« bezeichnet – sei kein grausames, patriarchalisches
Kulturerbe, sondern eine Folge des Sittenverfalls in einer Konsumgesellschaft.
Das menschenverachtende Denken hat sich in den guten Stuben eingerichtet;
Allein in Indien und China kamen 85 Millionen Mädchen nicht zur Welt;
Der Demografieexperte Christopher Guilmoto vom Pariser Forschungsinstitut für
Entwicklung (IRD) hat ausgerechnet, dass selektive Abtreibungen und Kindesmorde
allein in Asien 117 Millionen Frauenleben gekostet hätten. Ein UN-Bericht aus
dem Jahr 2010 macht allein China und Indien für 85 Millionen verhinderte
Frauenleben verantwortlich, mitten im dortigen Wirtschaftsboom. Indische und
chinesische Forscher räumen, nachdem sie lange geschwiegen haben, diese
Entwicklung mittlerweile selbst ein. Die Chinesische Akademie der
Sozialwissenschaften ließ errechnen, dass im Jahr 2020 in China 30 bis 40
Millionen Frauen im Alter von 10 bis 29 Jahren fehlen würden. Indische Forscher
entnahmen den Volkszählungen der letzten 20 Jahre, dass in Indien bis zu zwölf
Millionen ungeborene Mädchen zwischen 1991 und 2011 durch selektive Abtreibung
getötet wurden.;
Doch diese Gewalt findet in der Mitte der asiatischen Gesellschaft statt. Sie
schreitet mit der Modernisierung voran. In China ist der Frauenanteil in den
vergangenen 20 Jahren flächendeckend und vor allem auch in den prosperierenden
Küstenregionen dramatisch zurückgegangen. Ein Hauptgrund dafür ist die
offiziell immer noch gültige Ein-Kind-Politik;
Ausgerechnet das moderne, schnell wachsende Delhi ist eine Hochburg der Tötung
ungeborener Mädchen. Hier wurden zuletzt nur noch 860 Mädchen pro 1.000 Jungen
geboren;
Heute gibt es kein Geheimnis mehr um das Geschlecht des Kindes. Der Mann zwingt
die Schwangere zur Ultraschalluntersuchung. Und wenn es ein Mädchen ist, kann
die Mutter nicht mehr so leicht sagen: Dann versuchen wir es später noch mal.
Denn auch sie möchte nur noch ein, höchstens zwei Kinder. Früher schon war eine
Tochter wegen der höheren Aussteuer eine zusätzliche Last; heute fallen
außerdem noch Schul- und Erziehungskosten für sie an. Außerdem will die Familie
neben Kindern auch ein neues Auto. Deshalb müssen es weniger Kinder sein – und
mindestens ein Sohn muss als Stammhalter her.
Arora fällt auf, dass der religiöse Glaube bei den Familienentscheidungen keine
Rolle mehr spielt. Für die Muslime in ihrem Viertel waren Kinder früher
Gottesgeschenke. Heute treiben sie ab wie alle anderen. Für die Hindus pilgerte
Arora früher zur Fruchtbarkeitsgöttin Vaishna Devi nach Kaschmir. Die Göttin
ist eine Frau und beschützt auch die Mädchen. Doch von Vaishna Devi wollen die
jungen Frauen heute nichts mehr hören. »Sie glauben nicht mehr an die Götter«,
sagt Arora.
Stattdessen glauben sie an die Abtreibungspille. Sie kostet in Delhi
umgerechnet zwischen fünf und acht Euro. »Keine Frau hat Angst vor ihr«, sagt
Arora. Man nimmt die Pille auch noch, wenn es laut Rezept schon viel zu spät
für sie ist. Wenn dann nach der Einnahme die Blutungen beginnen, gehen die
Frauen ins Krankenhaus. Dort kostet die Ausschabung der Gebärmutter umgerechnet
40 bis 60 Euro;
Als die indische Regierung 1996 ein neues Gesetz erließ, das die
Geschlechtsbestimmung von Föten unter hohe Gefängnisstrafen stellte, war Dahiya
als Leiter des Gesundheitsamts dafür verantwortlich, die nunmehr illegalen
Ultraschalluntersuchungen aufzudecken und vor Gericht anzuzeigen. Dahiya tat
seinen Job. Er stellte ein Ermittlungsteam zusammen und schickte seine Leute
mit versteckten Kameras und Mikrofonen in die Praxen der Gynäkologen. Zwischen
2001 und 2005 brachte er in Haryana 30 Ärzte vor Gericht. 20 von ihnen wurden
zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.
Von der ersten Anzeige im Jahr 2001 bis zur ersten Verurteilung eines Arztes im
Jahr 2006 begleitete die nationale Presse Dahiyas Feldzug mit zahlreichen
Titelgeschichten. Sein Name war im ganzen Land bekannt. Plötzlich zogen die
Mädchengeburten in Haryana wieder an. Dann aber wurde Dahiya 2005 pensioniert.
Heute sitzt er in der Zahnarztpraxis seines Sohnes im Delhier Nobelvorort
Gurgaon und stellt frustriert fest: »Ich hatte keine Nachfolger. Der Völkermord
an den Mädchen geht ungestört weiter.«;
In Europa macht sich eine einsame Schweizer Abgeordnete im Europarat für die
Sache stark. Sie heißt Doris Stump und hat herausgefunden, dass in Armenien,
Albanien, Aserbaidschan und Georgien prozentual ähnlich viele Frauen fehlen wie
in Indien und China. Sie warnt vor den Folgen: Frauenhandel, mehr Prostitution,
mehr Gewalt in den Familien.
Doch kaum jemand hört zu. Westliche Politiker reisen ständig nach Indien oder
China und sprechen besonders in Peking mit erhobenem Zeigefinger über die
Wahrung der Menschenrechte. Doch keiner hat es bisher gewagt, den
millionenfachen Geschlechtermord in diesen Ländern anzuzeigen.
Das liegt auch daran, dass die Regierenden in Delhi und Peking so tun, als
würden sie das Richtige unternehmen. Beide Regierungen haben im vergangenen
Jahrzehnt Aufklärungsprogramme beschlossen. Sie haben Gesetze geschaffen, die
den Geschlechtermord verbieten und Ärzten für die Geschlechterbestimmung hohe
Strafen androhen. Doch es hat alles wenig genützt. Vor allem weil es an
politischem Willen fehlt
(ZEIT 15.3.2012 S.23ff.)
·
Was Mutters Blut verrät;
In Kürze wird das Konstanzer Unternehmen LifeCodexx einen Test auf den Markt
bringen, den viele als Segen, manche dagegen als Fluch empfinden dürften. Denn
der »PraenaTest« soll die frühe Entdeckung von Föten mit Downsyndrom massiv
erleichtern. Bereits ab der 12. Schwangerschaftswoche erhalten Eltern und Ärzte
eine sichere Auskunft, ob der heranwachsende Mensch von dieser häufigsten Form
angeborener geistiger Behinderung betroffen ist. Für die Inspektion des
werdenden Lebens reichen ein paar Milliliter Blut der Schwangeren.
Seit rund einem Jahr wird der Test bereits erfolgreich erprobt, nun geht mit
seiner Einführung in Deutschland ein lang gehegter Wunsch vieler Frauenärzte in
Erfüllung. Denn der Test kann risikobehaftete Eingriffe in den Mutterleib
überflüssig machen.
Bisher lassen sich Störungen im Erbgut eines Fötus, wie etwa das Downsyndrom,
nur durch invasive Fruchtwasseruntersuchungen oder Gewebeentnahmen zweifelsfrei
ausschließen. Allein 31.000 Amniozentesen haben deutsche Krankenkassen 2009
bezahlt. Doch in mindestens einem von 200 Fällen führen die Prozeduren, bei der
Mediziner Zellen des Fötus für die Untersuchung gewinnen, zu einer Fehlgeburt.
Jahr für Jahr dürften der invasiven Diagnostik einige Hundert gesunde Föten zum
Opfer fallen. Mit dem neuen Verfahren, so werben ihre Befürworter, könne die
Mutter Gewissheit bekommen, ohne dass sie das Leben ihres Kind riskiert.;
Was Schwangere in Deutschland erwartet, hat jenseits des Atlantiks schon
begonnen. Seit Oktober 2011 bietet das amerikanische Unternehmen Sequenom dort
den Bluttest unter dem Namen »MaterniT21« (Werbeslogan: »klar, bequem,
überzeugend«) zur vorgeburtlichen Untersuchung an. Bis zum März dieses Jahres
hatten die Firmenlabors in San Diego 3.500 Schwangerschaften auf ein
Downsyndrom überprüft. Inzwischen entwickeln weitere Unternehmen eigene
Untersuchungsverfahren.;
Der MaterniT21-Test kostet in den Vereinigten Staaten rund 1.900 US-Dollar, in
Deutschland wird der PraenaTest zunächst als individuelle Gesundheitsleistung
(IGel) inklusive Arztkosten für etwa 1.400 Euro angeboten werden. Zum
Vergleich: Für eine herkömmliche Fruchtwasseruntersuchung auf Krankenschein
zahlen die Kassen bis zu 1.200 Euro. Sollte sich der Bluttest in der Praxis
bewähren, dürfte der Druck auf die Versicherer jedoch wachsen, ihn als
Regelleistung anzubieten, am Ende womöglich für alle Schwangeren;
Zurzeit bereiten sich 18 deutsche Pränatalzentren darauf vor, den PraenaTest
anzubieten. Voraussichtlich von Ende Juni/Anfang Juli an, heißt es bei den
Medizinern, werde man die Untersuchungen bei Patientinnen mit einer sogenannten
Risikoschwangerschaft starten können. Darunter fallen werdende Mütter über 35
Jahre; solche, bei denen die Ultraschalluntersuchung einen auffälligen Befund –
etwa bei der Nackendickemessung des Fötus – liefert, sowie solche mit
alarmierenden biochemischen Untersuchungsergebnissen. Auch bei LifeCodexx
betont man, der Test sei nur für Schwangere mit einem erhöhten Trisomie-Risiko
vorgesehen.
Ob der PraenaTest auch bei Schwangeren mit einem geringen Risiko verlässliche
Befunde liefern kann, ist noch nicht erforscht. In einer Studie mit mehr als
500 Risikoschwangerschaften erwies er sich allerdings als extrem treffsicher.;
So revolutionär die simple Blutuntersuchung zunächst anmutet – im Falle der
Trisomie 21 scheint er in seiner jetzigen Form zudem von eher begrenztem Nutzen
zu sein. Denn noch ist die Diagnostik teuer und relativ langwierig. »Schwangere
mit einem sehr hohen Risiko aber wollen nicht 14 Tage auf ein Ergebnis warten«,
erklärt Boris Schulze-König vom Pränatalzentrum im Gynäkologicum Hamburg. »Die
meisten Frauen werden sich dann eben doch für eine herkömmliche Untersuchung
entscheiden, weil sie deren Befund innerhalb von 24 Stunden bekommen.« Zeige
sich umgekehrt bei der Ultraschalluntersuchung nur eine geringe Gefahr für eine
Trisomie, sei der Bluttest wiederum vielen Paaren zu kostspielig. »Um ein
Risiko von 1 zu 1.000 auszuschließen, sind 1.400 Euro eine Menge Geld«, meint
Schulze-König.;
Denn um die riskante invasive Untersuchungsmethode zu ersetzen, dürfe der nicht
invasive Bluttest bei Schwangeren nicht auf die Erkennung eines Downsyndroms
beschränkt bleiben.
Denn die Trisomie 21 ist zwar unter geschädigten Föten mit rund 50 Prozent die
häufigste, aber beileibe nicht die einzige Chromosomenstörung. Trisomien der
Chromosomen 13 (Pätausyndrom) und 18 (Edwardsyndrom) verursachen ebenso schwere
Behinderungen beim Fötus. Über 90 Prozent dieser Föten sterben im Mutterleib.
Auch bei einer Trisomie 21 erleidet die Schwangere in mehr als einem Drittel
der Fälle nach dem dritten Monat einen Abort durch den Tod des Kindes. Zudem
gibt es weitere Chromosomenveränderungen, bei denen sich ein geschädigter Fötus
noch bis zur Geburt entwickeln kann.;
Zwar erlaubt die Diagnostik aus dem Blut der Schwangeren derzeit noch keine
Rundumsicht im Erbgut des Fötus. Doch bezüglich weiterer
Entwicklungsmöglichkeiten sind kaum Grenzen zu erkennen. Dennis Lo, der Pionier
des Verfahrens, beschrieb mit Kollegen Anfang Dezember 2010 im Fachblatt
Science Translational Medicine erstmals die Gesamtentschlüsselung des Genoms
eines Fötus. Die Schwangere war noch nicht einmal in der 12. Woche. Beide
Eltern trugen die Anlage für die erbliche Bluterkrankheit Beta-Thalassämie in
sich. Das Kind erwies sich als gesund.
(ZEIT 16.5.2012 S.35ff. http://www.zeit.de/2012/21/Trisomie-21-Test
)
·
Der Behindertenbeauftragte der Regierung fordert,
den Bluttest "PraenaTest" zu verbieten. Die Untersuchung vor der
Geburt soll Trisomie 21 feststellen - ein Verstoß gegen Diskriminierungsverbot
und Gendiagnostikgesetz, so eine Expertise;
Der vorgeburtliche Bluttest "PraenaTest" zur Feststellung des
Down-Syndroms bereits in der Frühschwangerschaft ist rechtswidrig. Zu diesem
Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten des Bonner Jura-Professors Klaus Ferdinand
Gärditz im Auftrag des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Hubert
Hüppe (CDU). "Der Test ist eine Rasterfahndung nach Menschen mit
Behinderungen", sagte Hüppe am Donnerstag bei der Vorstellung des
Gutachtens. "Er dient der Selektion von Menschen mit Down-Syndrom und
nimmt ihnen das Lebensrecht."
Der Test des Konstanzer Unternehmens "LifeCodexx" soll in wenigen
Tagen auf den deutschen Markt kommen; in den USA wird er bereits seit 2011
eingesetzt. Er soll anhand des Bluts der Schwangeren Rückschlüsse auf das
kindliche Erbgut ermöglichen. Konkret geht es darum festzustellen, ob das
Ungeborene Trisomie 21 hat, also das Down-Syndrom. Der Hersteller wirbt mit
einer risikofreien Untersuchung im Vergleich zur Fruchtwasseruntersuchung, die
ein Fehlgeburtsrisiko von etwa 1 Prozent birgt.
(taz 6.7.2012 S.6)
·
Moralkeule gegen Mündigkeit
Jeder Schwangeren über 35 wird hierzulande ein Angebot gemacht: Sie darf das
Baby im Bauch untersuchen lassen. Es wird geschallt, die Nackenfalte gemessen,
die Fruchtblase punktiert. Wenn sich herausstellt, dass die Wahrscheinlichkeit
einer Behinderung hoch ist, darf die Schwangerschaft beendet werden, notfalls
bis kurz vor der Geburt. Das ist gesellschaftlich weitgehend akzeptiert.
Jetzt kommt ein neuer Test auf den Markt; einer, der das Erbgut des Embryos
über das Blut der Mutter analysiert und damit vergleichsweise schonend
funktioniert. Doch statt den Test anzuerkennen als das, was er ist: weiterer
Baustein in einer zunehmend personalisierten Medizin, eine Diagnostik, die ein
aufgeklärter Staat seinen mündigen Bürgern nicht dauerhaft vorenthalten dürfen
wird, weil diese ein Recht auf Wissen haben, um eigene Entscheidungen treffen
zu können, greifen Kirchen, Verbände und einige Politiker zur Moralkeule: Der
Test trage zur weiteren Diskriminierung behinderter Menschen bei.
Der ethische Anspruch, der hier mitschwingt, spiegelt sich leider in unserer
Willkommenskultur für Behinderte im Alltag nicht wider. Wer je einem Kind, etwa
mit Down-Syndrom, ein Leben ohne Ausgrenzung ermöglichen wollte und dann die
Bittstellerei bei Ämtern, Krankenkassen, und ja: häufig auch ausgerechnet bei
konfessionellen Kindergärten und Schulen erleben durfte, der fragt sich, wieso
ebenjene Institutionen jetzt nicht einfach schweigen. Wer erfahren hat, dass
Familien mit behinderten Kindern ein doppelt so hohes Armutsrisiko haben, der
möchte nicht bevormundet werden in seiner Entscheidung für oder gegen eine
Untersuchung des Embryos. Wer sich je für oder gegen die Fortsetzung einer
Schwangerschaft entscheiden musste, weiß, dass nur Zyniker behaupten, dies sei
ein leichtfertiger Entschluss.
Der Bluttest ist der falsche Adressat für die Empörung: Die Gesellschaft
diskriminiert nicht im Bauch, sondern draußen, im richtigen Leben.
(taz 6.7.2012 S.12)
·
Einen Embryo im Mutterleib auf mögliche Genschäden
zu untersuchen, ist nicht ohne Risiko. Forscher haben nun offenbar einen Weg
ganz ohne Eingriff gefunden. US-Forscher haben das Genom eines ungeborenen
Kindes allein mit DNA-Analysen mütterlichen Bluts und väterlichen Speichels
entziffert. Sie werten dies als Schritt zu einem Test auf Tausende von
Krankheiten, die durch Veränderung eines einzelnen Gens verursacht werden.;
(taz 9./10.6.2012 S.6)
·
Das perfekte Kind;
Durch die neue Entschlüsselung des Genpools beschwören Kritiker die Gefahr des
Designerbabys herauf. Fakten spielen kaum eine Rolle;
Aber ist das alles nur verantwortungslos, behindertenfeindlich und
diskriminierend? Zeigt sich nicht auch Verantwortung in der Entscheidung, ein
Kind nicht zu bekommen, das voraussehbar große Schmerzen erwartet oder einen
frühen, qualvollen Tod sterben wird? Spricht es nicht für Verantwortungsgefühl,
wenn Eltern auch an ihre schon vorhandenen Kinder denken, um die sie sich dann
vielleicht nicht mehr so kümmern können, wie es nötig wäre?
All diese Fragen können Betroffene am besten selbst beantworten. Sie sind die
einzig zulässigen RichterInnen in dieser Debatte, die eher moralischen Normen
folgt als dem Sachverstand. Und grundsätzlich sei noch gesagt: Keine Frau
treibt gewissenlos ab, schon gar nicht, weil das Kind nicht so ist, wie sie es
haben will. Darüber hinaus können sie mit Gentechnik gar nicht steuern, wie
sich das Kind in ihrem Bauch entwickelt, das können sie bestenfalls mit ihrer
eigenen Lebensweise.;
Allerdings wird niemand gezwungen, sein künftiges Kind oder sein eigenes
Genmaterial testen zu lassen. Wer das nicht will, darf sich der Medizin
durchaus verweigern und alles auf sich zukommen lassen. Unabhängig davon werden
die meisten Menschen nach wie vor auf natürlichem Wege Kinder bekommen und sich
an ihnen erfreuen. Egal, was für ein Kind es ist.
(taz 20.6.2012 S.10)
·
„Im Zweifel töten“;
seit 1997 ist bekannt, dass zellfreies fötales Erbgut durch die Adern der
Mutter schwappt, seitdem arbeiten Forscher daran, es zu analysieren; schon
derzeit lässt sich mit dem PraenaTest eine Chromosoemenanomalie erkennen;
das ist der neue entscheidende Schritt: sämtliche Gene des fötalen Erbguts aus
dem Blut der Mutter zu fischen; selbst neue Mutationen, die während der
Eizellen- und Spermienbildung aufgetreten sind, können aufgespürt werden; das
Verfahren ist geeignet, sämtliche Föten auf genetische Auffälligkeiten hin zu
testen;
Noch ist es dafür zukompliziert und zu teuer; Schätzungen liegen bei bis zu
50.000 Dollar für eine solche Untersuchung;
wird dazu führen, dass der umfassende DNA-Test zur Regeluntersuchung wird, wie
Ultraschall;
Stefan Mundlos, Chef der Humangenetik an der Berliner Charite, schlägt vor,
künftige Erbguttests zu beschränken auf „Krankheiten, die gut erforscht sind,
und solche, die besonders gefährlich sind:“
(DER Spiegel 24-2012 S.126ff.)
· Erbkrankheit
Mukoviszidose:
eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselstörungen, bei der ein Gen für
einen Chloridtransporter mutiert ist. Der Schweiß schmeckt salzig, die Sekrete
sind klebrig, die Gänge der Bauchspeicheldrüse verstopfen, die Verdauungsenzyme
gelangen nicht an ihren Bestimmungsort. Der Schleim in den Atemwegen, der
MUCUS, ist zähflüssig. Er verkleistert die Lungen, der, Mensch ringt nach Luft.
Die Mukoviszidose ist zwar nicht heilbar, aber man kann die Symptome wirksam
behandeln und den Verlauf stark beeinflussen … Im rückständigen Moldau werden
Patienten selten älter als 20 Jahre, ind Deutschland dagegen leben jetzt
einige, die älter als 50 Jahre sind;
verstorbene Mukoviszidose-Patienten in Deutschland unter 18 Jahren in Prozent:
1994 44,8%, zwischen 1995 und 2003 zwischen 14 und 28%; 2011 7,3%
(Spiegel 48-2012 S.150)
· Der
umstrittene Bluttest zur frühzeitigen Erkennung eines Downsyndroms während der
Schwangerschaft hat die letzte Hürde genommen. Der Markteinführung in
Deutschland steht nun nichts mehr im Weg, wie das Regierungspräsidium Freiburg
gestern mitteilte. Die nötigen Zertifikate lägen vor. Auch die Ethikkommission
habe keine Einwände. Der Hersteller Lifecodexx aus Konstanz will den
“Praena-Test” wahrscheinlich schon im August verkaufen. Der als risikolos
geltende Test ermöglicht, bereits aus einer Blutprobe der Schwangeren eine
Trisomie 21 zu erkennen. Laut Hersteller soll der Test 1249 Euro kosten und ab
der 12. Schwangerschaftswoche funktionieren
(Freie Presse Chemnitz 1.8.2012 S.5)
·
Forscher von der Universität Washington in Seattle
werden dafür gerühmt, erstmals das komplette Genom eines noch nicht geborenen
Kindes anhand von Blutzellen der Mutter und Speichelproben des Vaters
„entziffert“ zu haben. Tatsächlich haben die beiden Wissenschaftler aus der
DNA-Struktur eines werdenden Elternpaares und den im Blut der Schwangeren
zirkulierenden DNA-Fragmenten des Kindes mit Hilfe statistischer Methoden auf
dessen Gesamtgenom geschlossen. Die Ergebnisse dieser Hochrechnung waren der
nach der Geburt aus dem Nabelschnurblut des Babys isolierten DNA recht ähnlich.
Repliziert wurde die Versuchsanordnung noch an einem weiteren Paar. Trotz
dieser recht dürftigen quantitativen Basis werten die beiden Forscher ihr
Ergebnis als Schritt zu einem Bluttest, mit dem künftig nicht nur - wie der
derzeit vor der Markteinführung stehende Test der Firma LifeCodexx (vgl. dazu
GID 211, S. 8-12 und 208, S.41-43) - das Vorliegen einer Trisomie 21 beim Kind
erkannt, sondern auch getestet werden kann, ob bei dem noch nicht geborenen
Baby mit einer der etwa 3.000 Erkrankungen zu rechnen ist, die auf die
Veränderung eines einzelnen Gens zurück geführt werden. (taz, 07.06.12) (uw)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/212/kurz-notiert-mensch-und-medizin
· In den
Labors sind unerhört scharfsichtige Verfahren zur genetischen Durchleuchtung
des werdenden Lebens herangereift. Nicht einmal eine mit den Risiken einer
Fehlgeburt behaftete Fruchtwasserentnahme ist dafür vonnöten. Für die
sogenannten nicht-invasiven Pränataltests (NIPT) genügt eine Blutprobe der
Schwangeren. Damit lässt sich die Erbinformation des Fötus bereits von der 12.
Woche an en détail in Augenschein nehmen. Die pränatale Diagnostik kann mit der
gleichen Präzision Informationen über den fingergroßen Fötus liefern wie die
modernste molekulargenetische Analytik bei Erwachsenen. Die einst nur nebulöse
Vision der Pränatalmediziner, den Eltern ein gesundes Kind garantieren zu
können, nimmt allmählich Gestalt an.
Zwar stellt der Schwall an Gendaten aus dem Mutterleib die Experten noch vor
gewaltige Probleme – oft wissen sie die Genprofile nicht zu deuten. Gleichwohl
kann die Frühdiagnostik bereits die Zahl von schwer kranken, behinderten oder
tot geborenen Kindern vermindern – um den Preis vermehrter Abtreibungen. Mit
dem Blick ins Mutterblut können die Humangenetiker nun nicht nur überzählige
Chromosomen im Erbgut des Fötus erkennen, etwa eine Trisomie 21, die Ursache
für ein Downsyndrom. Inzwischen sind weitaus subtilere Veränderungen in der
Struktur der Erbmoleküle erkennbar: Das Verfahren spürt auch kleine Verluste
oder Vervielfachungen der Erbinformation auf. Solche Copy Number Variants (CNV)
gelten als Ursache für eine Vielzahl von körperlichen Fehlbildungen, vor allem
aber für autistische Erkrankungen, geistige Behinderungen oder Formen der
Schizophrenie.
Die Details des genetischen Profilings von Ungeborenen anhand des mütterlichen
Bluts hat das Forscherteam von Richard Rava von der kalifornischen
Gendiagnostikfirma Verinata Health und der Tufts University Medical School in
Boston vor drei Wochen im American Journal of Human Genetics vorgestellt.
Verluste oder Vervielfachungen im Erbgut sind erkennbar, sobald mehr als 50.000
Genbausteine betroffen sind. Die Technik sei robust, massentauglich und mit
unter 1.000 US-Dollar (etwa 700 Euro) pro Untersuchung kostengünstig, schreiben
die Wissenschaftler: Somit könne sie routinemäßig eingesetzt werden, wenn etwa
ein auffälliger Ultraschallbefund des Fötus vorliege.;
Schon seit Oktober 2011 bietet die Gendiagnostikfirma Sequenom in den
Vereinigten Staaten das Verfahren von Dennis Lo als kommerziellen Bluttest
(MaterniT21) für Schwangere mit einem erhöhten Risiko, ein Downsyndrom-Kind zu
bekommen, als risikofreie Alternative zur Fruchtwasseruntersuchung an.
Inzwischen haben weitere Firmen, darunter auch Richard Ravas Unternehmen
Verinata Health, vergleichbare Diagnoseverfahren auf dem Markt. Und
mittlerweile können die Tests mehr: Sie erkennen die drei häufigsten und
medizinisch relevanten Chromosomenanomalien – das dreifache Vorliegen der
Chromosomen 21, 13 oder 18. Sequenoms Laborkapazitäten reichen nach Angaben des
Unternehmens für jährlich 45.000 Untersuchungen.
Die Laborleistung wird wohl bald ausgeschöpft. Nachdem die US-Fachgesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie die Internationale Gesellschaft für
Humangenetische Beratung den Test befürwortet hatten, kündigte WellPoint, einer
der größten Krankenversicherer der USA, an, die Kosten für Sequenoms
erweiterten Bluttest (MarterniT21 plus) zu übernehmen. »Seit dem 19. Dezember
beinhalten WellPoints Krankenversicherungen ein auf zellfreier fötaler DNA
basierendes Screening für Aneuploidien (Chromosomenstörungen wie Trisomien,
Anm. d. Red.), sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind«, sagt
WellPoint-Sprecherin Jill Becher. Die Kriterien: Risikoschwangerschaft, das
heißt, die werdende Mutter ist über 35 Jahre alt; eine Blutuntersuchung oder
ein Ultraschallbefund beim Fötus ergab einen Verdacht auf eine Trisomie; das
Paar hat bereits ein Kind mit einer Trisomie, oder einer der Partner hat ein
erhöhtes Risiko, ein Kind mit einer Trisomie zu zeugen.
In Deutschland, der Schweiz und Österreich bietet die Konstanzer
Gendiagnostikfirma LifeCodexx seit August vergangenen Jahres einen eigenen
Bluttest auf Trisomie 21 (PraenaTest) an. Bereits in den ersten drei Monaten
habe man rund tausend Untersuchungen durchgeführt, gibt das Unternehmen an. Die
Nachfrage sei deutlich größer, als man erwartet habe, sagt der Humangenetiker
Rolf-Dieter Wegner vom Berliner Pränatalzentrum Kudamm-199. »Allein bei uns
haben schon 80 Schwangere den Test machen lassen.« Obwohl gesetzliche
Krankenkassen die Kosten von 1.250 Euro nicht übernehmen, sollen einzelne
private Krankenkassen den Test bereits erstattet haben. Inzwischen vermarktet
LifeCodexx den PraenaTest in über 30 Ländern Europas und im Nahen Osten. In
wenigen Tagen wird auch das Konstanzer Unternehmen einen um Trisomie 13 und 18
erweiterten Bluttest einführen.
Mit der Erweiterung der Bluttests ist eine Minimalforderung von
Pränatalmedizinern erfüllt worden, die das Downsyndrom-Screening als
unzureichend kritisiert hatten. Denn sollte ein Bluttest bei einem Fötus
Entwarnung für das Downsyndrom gegeben haben, so kann immer noch eine Trisomie
13 (Pätau-Syndrom) oder 18 (Edwards-Syndrom) vorliegen. Beide Syndrome bergen
ein noch weit höheres Risiko für einen späten Abort als ein Downsyndrom, oder
sie können schwere Behinderungen und einen frühen Tod nach sich ziehen. Im
Zweifel musste bisher trotz Bluttest eine Fruchtwasseruntersuchung Aufschluss
geben.;
Doch das ist erst der Anfang: Während die herkömmliche Untersuchung von
Chromosomen mit dem Mikroskop den Verlust von Erbmolekülen erst erkennen ließ,
wenn sie mehr als 5 Millionen Genbausteine umfasste, ist die Genauigkeit des
Verfahrens nun auf 50.000 Genbausteine gestiegen. Selbst die vollständige
Genomentzifferung des heranwachsenden Lebens aus dem Blut der Mutter ist
gelungen. Des Fötus Erbinformation, transparent bis zum letzten DNA-Baustein,
ist nur noch eine Frage der Kosten.;
(Die ZEIT 31.1.2013 S.33 - http://www.zeit.de/2013/06/Erbgut-Genetik-Praenatale-Diagnostik-Ethik
)
· Sorge durch
Vorsorge
Die Diagnostik in der Schwangerschaft kann für Eltern und Kind belastend sein.;
Es beginnt beim Ultraschall. "Die meisten Frauen kommen, um zu erfahren, ob alles in
Ordnung ist. Sie zweifeln, brauchen die künstlichen Blicke in den Körper, um
wenigstens vorübergehend wieder beruhigt zu sein", sagt die Gynäkologin
und Psychologin Ingrid Kowalcek, die früher an der Lübecker
Universitäts-Frauenklinik gearbeitet hat und sich seit mehreren Jahren mit
dieser Frage befasst. Die modernen bildgebenden Verfahren machen das Ungeborene
noch vor seiner biologischen Abnabelung von der Mutter zu einer
selbstständigen, autonomen Person – im Krankheitsfall sogar schon zum
Patienten. "Pränatale Diagnostik kann emotionalen Stress auslösen",
warnt Kowalcek.
Schon die Untersuchungssituation sei paradox, sagt die Psychologin. Ein
"Alles ist in Ordnung" sei beruhigend für die Frau, aber irritierend
für den Mediziner. Ihn plage dann die Frage, ob er nichts übersehen habe.
"Das ist sicherlich ein Grund dafür, warum es auch immer wieder zu falsch
positiven Diagnosen, also zu Warnungen vor Krankheiten kommt, die der Fetus
nicht hat, wodurch weitere Untersuchungen nötig werden.";
"Früher musste man warten, bis das Kind geboren war, um es zu sehen",
sagt die Medizinerin und Psychotherapeutin Tamara Fischmann vom
Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt am Main. Sie hat in einer vierjährigen
EU-Studie Frauen zu ihren Erlebnissen mit pränataler Diagnostik befragt.
"Moderne Technologie entzaubert die Schwangerschaft ein Stück. Solange ich
das Kind nicht sehe, lebt das Kind nur vor meinem inneren Auge. Doch wenn ich
mithilfe des Ultraschalls in mein Inneres sehen kann, dann nehme ich das Kind
nicht mehr als eine Einheit mit mir wahr, sondern von außen", sagt sie.
"Die Beziehung wird so zwangsläufig eine andere." Ob positiv oder
negativ? Fischmann legt sich nicht fest.;
"Die Bindung von Mutter und Kind wird durch pränatale Diagnostik
unterbrochen"
(Die Zeit 18.7.2013 S.33 http://www.zeit.de/2013/30/fortpflanzungsmedizin-mutterschaft
)
·
Gentests an Schwangeren werden selbstverständlich.
Doch was darf man über Ungeborene erfahren? Wie geht eine Frau mit dem Wissen
über das Schicksal ihres Kindes um?;
Es ist Anfang Mai, einer der ersten warmen Tage des Jahres, als der genetische
Code ihres Kindes in einem kleinen Plastikröhrchen schwimmt. Lenz ist
risikoschwanger: In ihrem Alter bringt eine von 50 Frauen ein Kind mit
Down-Syndrom zur Welt, bei 30-Jährigen ist es dagegen nur eine von 900.
Deswegen will sie diesen Test machen, von dem sie so oft gelesen hat, den
Pränatest. Das erste Verfahren, das allein anhand des Blutes der Mutter mit
hoher Sicherheit herausfinden kann, ob das ungeborene Kind Trisomie 21 haben
wird. Bisher mussten Schwangere dazu das Fruchtwasser oder das Gewebe der
Plazenta untersuchen lassen. Beide Verfahren können eine Frühgeburt auslösen.
Für den Pränatest reicht ein kleiner Stich in die Armbeuge, 20 Milliliter Blut.
Seit August 2012 ist der Pränatest in Deutschland zugelassen. Mittlerweile
haben weitere Anbieter ähnliche Tests auf den Markt gebracht. Alle
funktionieren ähnlich: Im Blut der Mutter befinden sich schon kleinste
Schnipsel aus dem Erbgut des ungeborenen Kindes. Diese Schnipsel werden im
Labor vermehrt und sortiert, so dass klar wird, aus welchem Chromosom sie stammen.
Dann wird gezählt - und wenn zu viel DNA aus dem Chromosom 21 auftaucht,
spricht das für Trisomie 21.;
Als Sarah Lenz zur Blutabnahme geht, weiß sie nicht, ob sie ein behindertes
Kind behalten würde. Aber sie will Sicherheit und die verspricht der Test: 99,8
Prozent aller Proben werden richtig bestimmt, liest sie auf der Webseite des
Herstellers. Lenz zahlt knapp 1.300 Euro für den Test und die ärztliche
Beratung.;
Genetische Krankheiten in der Familie? Gibt es einen Verwandten, der Trisomie
21 hat?
Aus den Antworten erstellt die Ärztin einen Stammbaum, daraus ergeben sich
keine Anzeichen für einen Gendefekt des Kindes. Dann nimmt sie Lenz Blut ab.
Die Probe schickt sie in ein Labor nach Konstanz.
Als Lenz die Praxis verlässt, kommt ihr auf dem Flur ein Paar entgegen. Mitte
20, sie weint, er stützt sie. Lenz wird nervös.
Dann: zwei Wochen warten. Sie denkt viel darüber nach, was sie tun wird, wenn
das Baby behindert ist. Mal kann sie sich vorstellen, abzutreiben, mal nicht.
Weil sie das Warten nicht aushält, lässt sie einen Ultraschall machen. Die
Ärztin misst die Nackenfalte des Kindes: 2,8 Millimeter, leicht über der Norm.
Aus Nackenfalte und Lenz' Alter berechnet sie das Risiko für Trisomie 21: Aus 1
zu 50 wird 1 zu 19. Das ist der erste Schock für Lenz.
1 zu 19, das bedeutet, dass eine von 20 Frauen, die die Risikofaktoren von Lenz
mitbringen, ein Kind mit Trisomie bekommt. Eine von 20. So viel ist das doch
gar nicht, rechnet sie sich das Ergebnis schön. Eine von 20, das heißt, bei 19
Frauen ist alles gut. Wieso soll ich die eine sein?;
als das Telefon klingelt. Sofort erkennt sie die Nummer der Humangenetikerin.
Lenz hebt ab und hört, wie die Ärztin am anderen Ende tief Luft holt. Da weiß
sie, was jetzt kommt: "Das Testergebnis ist auffällig." Auffällig.;
Das Kind, das sie im Bauch trägt, hat Trisomie 21, Down-Syndrom.
Die nächsten Tage verbringt sie im Bett. Weinend und allein. Egal, wie sie sich
entscheiden wird, denkt sie, sie wird nie wieder glücklich werden - nicht, wenn
sie abtreibt, und nicht, wenn sie das Kind bekommt.;
Nach zwei Wochen geht sie zu der Fruchtwasseruntersuchung, die die
Humangenetikerin ihr empfohlen hat. Sie soll das Ergebnis des Pränatests
bestätigen. Lenz hat Angst, eine Freundin begleitet sie. Weinend liegt sie auf
der Pritsche in der Praxis. Kurz bevor die Ärztin die Nadel ansetzt, überlegt
Lenz noch, sie aufzuhalten. Der Pränatest gilt als sicher, wieso jetzt noch
mehr Risiko eingehen? Sie lässt die Ärztin gewähren.
Als sie wieder zu Hause ist, merkt sie, wie ihr Fruchtwasser in die Hose läuft.
Viel, unkontrollierbar, die ganze Hose ist nass. Panisch ruft sie einen
Rettungswagen. Das ist alles ihre Schuld, denkt sie. Jetzt stirbt das Kind, nur
weil sie nicht wusste, wie sie sich entscheiden soll, weil sie den Beweis der Fruchtwasseruntersuchung
wollte. Wie konnte sie nur so egoistisch sein?;
Ende November, fast auf den Tag genau ein halbes Jahr nach der Diagnose,
betritt Lenz wieder das Krankenhaus. Es ist 7 Uhr morgens, heute soll ihr Sohn
geboren werden. Zusammen mit den Ärzten hat Lenz entschieden, einen
Kaiserschnitt machen zu lassen, weil die Geburt ihres ersten Sohnes schwierig
war. Um 8.59 Uhr kommt Paul auf die Welt, 52 Zentimeter, Trisomie 21.;
Interview mit Christiane Woopen, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates:
sonntaz: Frau Woopen, Sie sind Gynäkologin und Mutter von vier Töchtern. Was
wussten Sie über Ihre Kinder, bevor die geboren wurden?
Christiane Woopen: Ich habe bei jedem Kind die üblichen Vorsorgeuntersuchungen
und einen ausführlichen Ultraschall machen lassen. Wenn ich erfahren hätte,
dass das Kind beispielsweise einen Herzfehler hat, dann wollte ich planen
können, wie man es am besten versorgt, wer die richtigen Ärzte sind, wo ich
entbinde.
Wollten Sie sonst nichts wissen oder war das damals einfach Stand der Technik?
Meine Kinder sind heute zwischen 16 und 22 Jahren alt. Es gab damals bereits
die Chorionzottenbiopsie, bei der ungefähr in der zwölften
Schwangerschaftswoche Plazentagewebe entnommen wird, und die
Fruchtwasseruntersuchung um die 16. Woche, um Besonderheiten bei den
Chromosomen oder Erbkrankheiten festzustellen. Beide habe ich abgelehnt.
Warum?
Mir war klar, dass es mich dauerhaft belastet hätte, wenn es wegen der
Untersuchung zu einer Fehlgeburt gekommen wäre. Diese Tests waren für mich
irrelevant und dafür dann zu risikoreich. Für meinen Mann und mich wäre aus den
Ergebnissen nichts gefolgt.;
Auf das Wissen, ob ihre Kinder Veranlagungen geerbt haben, etwa für genetisch
bedingten Brust- oder Darmkrebs, sollten Eltern keinen Zugriff haben?
Selbstverständlich habe ich großes Verständnis dafür, dass in Familien, in
denen es eine solche Erkrankung gibt, die Angst davor ganz erheblich und
belastend sein kann. Und doch können Eltern daraus meines Erachtens nicht das
Recht ableiten, ihr Kind untersuchen zu dürfen.
Warum nicht?
Weil man es jedem Menschen selbst überlassen muss, ob er seine genetische
Ausstattung kennen möchte. Es gibt ein Recht auf Wissen und eines auf
Nichtwissen. Darüber hinaus gibt es ein Recht auf informationelle
Selbstbestimmung. Das heißt, entscheiden zu dürfen, wer sonst noch informiert
werden darf. Diese Rechte aber würden hinfällig, wenn man schon vor der Geburt
oder im Kindesalter alles untersuchte.
(taz 1./2.3.14 S.20f. - http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=hi&dig=2014%2F03%2F01%2Fa0027&cHash=38002432753544b96843c846ce9726de )
· Noch vor der
Empfängnis könnte neuerdings jedes Paar testen lassen, wie hoch das Risiko ist,
dass sein Nachwuchs an bestimmten Erbleiden erkrankt. Werden künftig Prognosen
aus dem Genlabor mit darüber entscheiden, wer mit wem Kinder zeugt? …
Neben der Thalassämie wurden inzwischen mehr als tausend sogenannte rezessive
Erbkrankheiten beschrieben, die erst dann ausbrechen, wenn sie von beiden
Elternteilen vererbt werden. Statistisch gesehen ist ein gesunder Mensch
Überträger von schätzungsweise mehr als fünf rezessiven Erbleiden.
Das wissen die wenigsten. Manche erfahren es, wenn sie mit einem Partner, der
zufällig das Merkmal für dieselbe Erbkrankheit trägt, ein Kind bekommen und
dieses krank auf die Welt kommt (siehe Grafik Seite 120). Vermutlich 0,5
Prozent aller Neugeborenen in Deutschland haben ein rezessives Erbleiden. Dazu
gehören die Mukoviszidose und Formen geistiger Behinderung.
Mithilfe von neuartigen Gentests können Eltern schon vor der Zeugung klären, ob
sie ein Kind mit einer Erbkrankheit auf die Welt bringen würden. Der Preis, das
komplette menschliche Erbgut zu sequenzieren, wird bald unter die magische
Grenze von 1000 Dollar sinken. Deshalb wird es in den Industriestaaten für
viele potenzielle Eltern bezahlbar, ihr genetisches Profil erstellen zu lassen.
Frauen und Männer mit Kinderwunsch könnten künftig sogar ihre genetische
Verträglichkeit abgleichen, bevor sie sich verlieben.
Die Firma GenePeeks in den USA bietet einen solchen Service seit Kurzem an.
Mögliche Eltern schicken eine Speichelprobe ein. Firmenmitarbeiter untersuchen
das darin enthaltene Erbgut und identifizieren die Merkmale für rezessive
Erbkrankheiten. Dann vereinen sie das genetische Material der Frau und des
Mannes gleichsam im Computer. Um die Durchmischung des Erbguts wie bei einer
richtigen Empfängnis zu simulieren, werden unterschiedliche Szenarien
durchgespielt.
Das Verfahren "erschafft Tausende hypothetische ,digitale Babys'",
teilt die Firma mit. Auf diese Weise "schätzen wir das Krankheitsrisiko
für das künftige Kind eines Paares ab". Bisher hätten sieben Kunden den
Service in Anspruch genommen, zum Preis von 1995 Dollar.
Hans-Hilger Ropers, Direktor am Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik in
Berlin, findet es gut, dass Paare mit Kinderwunsch vorab erfahren können, ob für
ihren Nachwuchs ein erhöhtes Krankheitsrisiko besteht. "Wenn Eltern sich
auf alle bekannten rezessiven Gendefekte testen lassen, dann wird sich die Zahl
der Kinder mit schweren Erbleiden verringern."
Zypern ist eine Art Zukunftslabor für die schöne neue Gentest-Welt. Auf der
Mittelmeerinsel lässt sich am Beispiel der Thalassämie erahnen, wie sich das
Kinderkriegen verändern könnte, wenn irgendwann jeder seine Risiken im Erbgut
kennt. Dass die Krankheit auf Zypern so auffällig oft vorkommt und zwölf Prozent
aller Bewohner das Merkmal dafür tragen, hat mit der Malaria zu tun, die hier
jahrtausendelang wütete.
Der Erreger der Malaria wird von der Anophelesmücke in das Blut übertragen, wo
er sich von Hämoglobin ernährt. Im Laufe von Generationen waren deshalb jene
Menschen im Vorteil und bekamen mehr Nachwuchs, die das Merkmal für Thalassämie
in sich trugen: Von einem Elternteil erhielten sie ein normales Globin-Gen, vom
anderen Elterteil ein mutiertes. Das Blut eines Menschen mit Trägerstatus ist
dann ein Mix und enthält normales und verändertes Hämoglobin. Es kann noch
ausreichend Sauerstoff transportieren und wird zugleich nicht so leicht vom
Malaria-Erreger befallen.
Nicht nur auf Zypern, auch in anderen früheren und aktuellen Malaria-Gebieten
tragen bis heute vergleichsweise viele Menschen das schützende Merkmal für
Thalassämie. Die Kehrseite: Entsprechend hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass
wiederum zwei Träger miteinander Kinder zeugen. Und dann entscheiden die
klassischen Vererbungsregeln, wer das mutierte Gen von beiden Eltern mitbekommt
- daher liegt das Risiko für ihre Kinder bei 25 Prozent.
Früher kam auf Zypern eines von ungefähr 160 Babys mit Thalassämie auf die
Welt. Jedes Jahr waren es zwischen 60 und 80 neue Fälle - was das
Gesundheitssystem mehr und mehr überforderte….
Mittlerweile kommen auf Zypern kaum noch Kinder mit Thalassämie auf die Welt.
Manche Paare trennen sich, andere treiben betroffene Kinder ab, wieder andere
nehmen Adoptivkinder an. …
In Israel, wo die Thalassämie ebenfalls gehäuft vorkommt, haben Mediziner 75 000
Frauen gescreent und mehr als 500 Risikopaare beraten, woraufhin 110 betroffene
Föten gefunden und abgetrieben wurden. Das Aufspüren und Abtreiben eines dieser
Föten hat demnach 63 660 Dollar gekostet. Die medizinische Behandlung
eines Thalassämie-Patienten über einen Zeitraum von 50 Jahren kostet dagegen
knapp zwei Millionen Dollar. Im Mediterranean Journal of Hematology and
Infectious Diseases argumentieren der israelische Arzt Ariel Koren und Kollegen
mit buchhalterischer Kühle: "Die Vermeidung von 45 betroffenen Neugeburten
in einem Zeitraum von zehn Jahren stellt eine Nettoersparnis von 88,5 Millionen
Dollar für das Gesundheitsbudget dar." …
Schon bald könnten solche Tests auch für Menschen Routine werden, die keiner
"Risikopopulation" angehören. Die Tests werden einerseits immer
billiger, zum anderen gibt es, wie sich zeigt, ein Restrisiko: Ein bis zwei
Prozent aller Paare in den westlichen Gesellschaften tragen das Merkmal für
dieselbe rezessive Erkrankung.
(Der Spiegel 41-2014 S.118ff. - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-129568374.html )
· Ein neues
Verfahren gibt Schwangeren risikolos Auskunft über mögliche Erbschäden des
Ungeborenen – in vielen Fällen werden die Kassen die Kosten übernehmen. Ist das
der erste Schritt zu einer Gesellschaft ohne Menschen mit angeborener
Behinderung?;
Es wird Streit geben. Denn es müssen heikle Fragen beantwortet werden. Wir sind
im Begriff, uns zu einer anderen Gesellschaft zu wandeln; zu einem Gemeinwesen,
in dem es Kinder mit angeborenen Behinderungen nicht mehr geben wird. Oder nur
noch selten – wenn sich die Eltern bewusst dafür entscheiden. Wäre das ein
Gewinn, gar ein Segen? Oder ein Schrecken? …
Als Wissenschaftler 1997 erstmals die Erbmoleküle des werdenden Lebens im Blut
von Schwangeren aufspürten – in Bruchstücken zwar, aber gut lesbar –, begann
eine neue Ära in der Diagnostik Ungeborener. Inzwischen können diese
DNA-Stränge Ärzten bereits vor der zehnten Schwangerschaftswoche praktisch jede
genetische Abweichung des Fötus verraten, und das ohne Eingriff in den
Mutterleib. "Nicht invasive Pränataldiagnostik" (NIPD) heißt die
Technik daher. Sie wurde als Erstes zur frühen Erkennung eines überzähligen
Chromosoms 21 (Trisomie 21) eingesetzt, die zum Down-Syndrom führt (ZEIT
Nr. 34/11). Die ersten kommerziellen Tests für die Chromosomenstörung kamen
2011 in den USA auf den Markt. Seit 2012 werden sie in Deutschland eingesetzt.
…
Inzwischen vertreiben US-Hersteller ebenso wie das deutsche Unternehmen
LifeCodexx aus Konstanz erweiterte Mutterblut-Tests: Diese zeigen auch Trisomie
13 (Pätau-Syndrom) oder 18 (Edwards-Syndrom) an sowie Abweichungen bei der Zahl
der Geschlechtschromosomen. Hunderttausende Schwangere auf der ganzen Welt
haben bereits ihr Blut auf diese Weise untersuchen lassen. Damit ist klar, dass
die herkömmlichen Fruchtwasseruntersuchungen als Standardtechnik für die Suche
nach Gendefekten ausgedient haben. Auch bei uns.
Im deutschen Gesundheitssystem steht der Sprung in die Massenanwendung wohl
unmittelbar bevor. Denn es ist absehbar, dass die erste Generation von
LifeCodexx-Bluttests ("Praenatest") dem Leistungskatalog der
gesetzlichen Krankenkassen hinzugefügt wird. Er würde dann für alle Schwangeren
bezahlt werden, bei denen ein erhöhtes Risiko für ein Kind mit Down-Syndrom
besteht. Etwa weil sie älter als 35 Jahre sind, wegen eines auffälligen
Ultraschallbefunds oder verdächtiger Laborwerte. Ebenso, wenn sie bereits
Fehlgeburten erlitten oder eine Schwangerschaft mit Down-Syndrom hatten.
Die Entwicklung dieser Tests – vor allem, weil sie künftig noch weit mehr
angeborene Behinderungen erfassen werden – ist mehr als ein Detail des
medizinisch-technischen Fortschritts. Sie werden dafür sorgen, dass unzählige
Elternpaare durch ihre private Einzelentscheidung eine gesellschaftliche Frage
beantworten: Wollen wir nur noch gesunde Kinder? Wer soll leben?
Doch weder Parlamente noch Bioethiker oder Demonstranten können auf die
Kasseneinführung des Tests Einfluss nehmen. Es handelt sich um einen profanen
Verwaltungsakt, der sich nach Recht und Gesetz vollzieht. Er spielt sich fernab
der Öffentlichkeit ab und tritt in diesem Jahr in seine finale Phase. Die
Entscheidung trifft ein eher verschwiegenes Gremium in der Berliner
Wegelystraße, das kaum ein Krankenversicherter kennt. Der sogenannte Gemeinsame
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) bestimmt darüber, welche
medizinischen Leistungen eine gesetzliche Kasse bezahlen muss. Gerade werden in
der Berliner Expertenrunde die Eckpunkte für eine Studie (im Bürokratendeutsch:
Erprobungsrichtlinie) festgezurrt, deren erfolgreiches Ende – und nichts
anderes erwarten Fachleute – die Kasseneinführung des Praenatests zur Folge
hätte. Bis Ende 2014 haben nach Angaben des Herstellers allerdings bereits 20
Krankenkassen in Einzelfällen die Kosten von mindestens 600 Euro für den Test
übernommen. Nun dürfte er zur Regelleistung werden.
Nachdem schon das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen (IQWiG) den Bluttest positiv bewertet hatte, schob der G-BA im
April des vergangenen Jahres die entscheidende Studie an. Der G-BA-Vorsitzende
Josef Hecken begründet das mit dem Potenzial der neuen Technik,
Fruchtwasseruntersuchungen verzichtbar zu machen. …
Eine Früherkennung des Down-Syndroms als Regelleistung kommt, daran gibt es
kaum Zweifel. Die Untersuchung der fötalen DNA-Fragmente im Mutterblut bietet
medizinisch einfach zu viele Vorteile. Weltweit hat ihr Siegeszug, in
verschiedenen kommerziellen Varianten, schon begonnen. Allein für die
Vereinigten Staaten attestieren Marktkenner dem Verfahren das Potenzial für ein
Milliardengeschäft. Getestet wird zehntausendfach in China, Indien, im Iran und
in Europa. Selbst in Algerien und Burkina Faso wird Blut von Schwangeren
analysiert. Dabei drängt sie die herkömmliche invasive Fruchtwasseruntersuchung
zurück (in Deutschland werden jährlich noch zwischen 30.000 und 60.000 dieser
Eingriffe durchgeführt). Künftig wird sie wohl nur noch eingesetzt, um einen
positiven Blutbefund abzusichern. Denn perfekt ist auch der Praenatest nicht:
In einem von fünf- bis zehntausend Fällen gibt er falschen Alarm.
Gewiss ist, dass er einen gewaltigen Fortschritt in der Diagnostik darstellt.
Aber eben nicht nur. Schon bei seiner Markteinführung hatte der Praenatest
unter deutschen Lebensschützern und im Klerus Proteste entfacht. Die Kritiker
befürchten, das einfache und sichere Verfahren werde zu noch häufigeren
Abtreibungen behinderter Föten führen. Unstrittig ist aber: Die Option einer
einfachen, frühen Untersuchung könnte die Zahl der Spätabtreibungen vermindern
helfen – diese sind für die Eltern oft ein traumatisches Erlebnis. Auch
Fehlgeburten kann der neue Test verhindern, denn die bisherige
Fruchtwasseruntersuchung führt in einem von hundert Fällen zum Abort. …
Die neueste Generation der Tests findet sogenannte Mikrodeletionssyndrome.
Diese Entwicklungsstörungen entstehen durch Verlust einer relativ kleinen
Chromosomenregion; oft fehlen den Patienten nur 0,1 bis 0,2 Prozent der Genbausteine
in ihren Erbmolekülen. Einige Stellen im Genom sind dafür besonders anfällig –
und ziemlich häufig betroffen. Die Krankheitsbilder von Föten und Neugeborenen,
die bei einem solchen Verlust entstehen, kennt die Medizin daher schon lange.
Typisch sind etwa schwere Herzfehler.
Rund ein Dutzend Mikrodeletionssyndrome stehen in den Lehrbüchern. Dazu gehören
Cri du Chat, das Katzenschreisyndrom. Oder das 1p36-, DiGeorge-, Angelman- und
das Prader-Willi-Syndrom. Insgesamt sind solche Störungen recht häufig. Sie
treffen etwa jedes tausendste Neugeborene, jede einzelne ist eher selten. Die
fünf Mikrodeletionssyndrome identifiziert die nächste Generation der Bluttests
ebenso früh wie ein Down-Syndrom.
Soll man untersuchen? Und wie mit der Diagnose umgehen? Durch die neuen Tests
werden sich mehr Eltern vor sehr komplexe Fragen gestellt sehen.
In den USA haben die konkurrierenden Diagnostikunternehmen Natera und Sequenom
die neueste Generation des Bluttests bereits auf den Markt gebracht. Natera
bietet seinen für Mikrodeletionssyndrome aufgerüsteten Panorama-Test auch
deutschen Schwangeren an – und die nutzen ihn bereits: Über das Hamburger
Diagnostiklabor Amedes können Ärzte die Prüfung auf das DiGeorge-Syndrom ordern
(Aufpreis 100 Euro). Auf Verlangen sind weitere Feinuntersuchungen im Angebot –
es genügt etwas Mutterblut.
(Die ZEIT 22.1.15 S.33 - http://www.zeit.de/2015/04/praenataldiagnostik-down-syndrom-krankenkasse/komplettansicht
)
· Ein neues
Verfahren gibt Schwangeren risikolos Auskunft über mögliche Erbschäden des
Ungeborenen – in vielen Fällen werden die Kassen die Kosten übernehmen. Ist das
der erste Schritt zu einer Gesellschaft ohne Menschen mit angeborener
Behinderung? …
Es wird Streit geben. Denn es müssen heikle Fragen beantwortet werden. Wir sind
im Begriff, uns zu einer anderen Gesellschaft zu wandeln; zu einem Gemeinwesen,
in dem es Kinder mit angeborenen Behinderungen nicht mehr geben wird. Oder nur
noch selten – wenn sich die Eltern bewusst dafür entscheiden. Wäre das ein
Gewinn, gar ein Segen? Oder ein Schrecken? …
Als Wissenschaftler 1997 erstmals die Erbmoleküle des werdenden Lebens im Blut
von Schwangeren aufspürten – in Bruchstücken zwar, aber gut lesbar –, begann
eine neue Ära in der Diagnostik Ungeborener. Inzwischen können diese
DNA-Stränge Ärzten bereits vor der zehnten Schwangerschaftswoche praktisch jede
genetische Abweichung des Fötus verraten, und das ohne Eingriff in den Mutterleib.
"Nicht invasive Pränataldiagnostik" (NIPD) heißt die Technik daher.
Sie wurde als Erstes zur frühen Erkennung eines überzähligen Chromosoms 21
(Trisomie 21) eingesetzt, die zum Down-Syndrom führt (ZEIT Nr. 34/11).
Die ersten kommerziellen Tests für die Chromosomenstörung kamen 2011 in den USA
auf den Markt. Seit 2012 werden sie in Deutschland eingesetzt. …
Hunderttausende Schwangere auf der ganzen Welt haben bereits ihr Blut auf diese
Weise untersuchen lassen. Damit ist klar, dass die herkömmlichen Fruchtwasseruntersuchungen
als Standardtechnik für die Suche nach Gendefekten ausgedient haben. Auch bei
uns.
Im deutschen Gesundheitssystem steht der Sprung in die Massenanwendung wohl
unmittelbar bevor. Denn es ist absehbar, dass die erste Generation von LifeCodexx-Bluttests
("Praenatest") dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen
hinzugefügt wird. Er würde dann für alle Schwangeren bezahlt werden, bei denen
ein erhöhtes Risiko für ein Kind mit Down-Syndrom besteht. Etwa weil sie älter
als 35 Jahre sind, wegen eines auffälligen Ultraschallbefunds oder verdächtiger
Laborwerte. Ebenso, wenn sie bereits Fehlgeburten erlitten oder eine
Schwangerschaft mit Down-Syndrom hatten.
Die Entwicklung dieser Tests – vor allem, weil sie künftig noch weit mehr angeborene
Behinderungen erfassen werden – ist mehr als ein Detail des
medizinisch-technischen Fortschritts. Sie werden dafür sorgen, dass unzählige
Elternpaare durch ihre private Einzelentscheidung eine gesellschaftliche Frage
beantworten: Wollen wir nur noch gesunde Kinder? Wer soll leben?
Doch weder Parlamente noch Bioethiker oder Demonstranten können auf die
Kasseneinführung des Tests Einfluss nehmen. Es handelt sich um einen profanen
Verwaltungsakt, der sich nach Recht und Gesetz vollzieht. Er spielt sich fernab
der Öffentlichkeit ab und tritt in diesem Jahr in seine finale Phase. Die
Entscheidung trifft ein eher verschwiegenes Gremium in der Berliner
Wegelystraße, das kaum ein Krankenversicherter kennt. Der sogenannte Gemeinsame
Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) bestimmt darüber, welche
medizinischen Leistungen eine gesetzliche Kasse bezahlen muss. Gerade werden in
der Berliner Expertenrunde die Eckpunkte für eine Studie (im Bürokratendeutsch:
Erprobungsrichtlinie) festgezurrt, deren erfolgreiches Ende – und nichts
anderes erwarten Fachleute – die Kasseneinführung des Praenatests zur Folge
hätte. Bis Ende 2014 haben nach Angaben des Herstellers allerdings bereits 20
Krankenkassen in Einzelfällen die Kosten von mindestens 600 Euro für den Test
übernommen. Nun dürfte er zur Regelleistung werden.
Das Potenzial des Verfahrens ist ungeheuer
Nachdem schon das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen (IQWiG) den Bluttest positiv bewertet hatte, schob der G-BA im
April des vergangenen Jahres die entscheidende Studie an. Der G-BA-Vorsitzende
Josef Hecken begründet das mit dem Potenzial der neuen Technik,
Fruchtwasseruntersuchungen verzichtbar zu machen. …
Eine Früherkennung des Down-Syndroms als Regelleistung kommt, daran gibt es
kaum Zweifel. Die Untersuchung der fötalen DNA-Fragmente im Mutterblut bietet
medizinisch einfach zu viele Vorteile.
Weltweit hat ihr Siegeszug, in verschiedenen kommerziellen Varianten, schon
begonnen. Allein für die Vereinigten Staaten attestieren Marktkenner dem
Verfahren das Potenzial für ein Milliardengeschäft. Getestet wird
zehntausendfach in China, Indien, im Iran und in Europa. Selbst in Algerien und
Burkina Faso wird Blut von Schwangeren analysiert. Dabei drängt sie die
herkömmliche invasive Fruchtwasseruntersuchung zurück (in Deutschland werden
jährlich noch zwischen 30.000 und 60.000 dieser Eingriffe durchgeführt).
Künftig wird sie wohl nur noch eingesetzt, um einen positiven Blutbefund
abzusichern. Denn perfekt ist auch der Praenatest nicht: In einem von fünf- bis
zehntausend Fällen gibt er falschen Alarm.
Gewiss ist, dass er einen gewaltigen Fortschritt in der Diagnostik darstellt.
Aber eben nicht nur. Schon bei seiner Markteinführung hatte der Praenatest
unter deutschen Lebensschützern und im Klerus Proteste entfacht. Die Kritiker
befürchten, das einfache und sichere Verfahren werde zu noch häufigeren
Abtreibungen behinderter Föten führen. Unstrittig ist aber: Die Option einer
einfachen, frühen Untersuchung könnte die Zahl der Spätabtreibungen vermindern
helfen – diese sind für die Eltern oft ein traumatisches Erlebnis. Auch
Fehlgeburten kann der neue Test verhindern, denn die bisherige
Fruchtwasseruntersuchung führt in einem von hundert Fällen zum Abort. …
Die neueste Generation der Tests findet sogenannte Mikrodeletionssyndrome.
Diese Entwicklungsstörungen entstehen durch Verlust einer relativ kleinen
Chromosomenregion; oft fehlen den Patienten nur 0,1 bis 0,2 Prozent der
Genbausteine in ihren Erbmolekülen. Einige Stellen im Genom sind dafür besonders
anfällig – und ziemlich häufig betroffen. Die Krankheitsbilder von Föten und
Neugeborenen, die bei einem solchen Verlust entstehen, kennt die Medizin daher
schon lange. Typisch sind etwa schwere Herzfehler.
Rund ein Dutzend Mikrodeletionssyndrome stehen in den Lehrbüchern. Dazu gehören
Cri du Chat, das Katzenschreisyndrom. Oder das 1p36-, DiGeorge-, Angelman- und
das Prader-Willi-Syndrom. Insgesamt sind solche Störungen recht häufig. Sie
treffen etwa jedes tausendste Neugeborene, jede einzelne ist eher selten. Die
fünf Mikrodeletionssyndrome identifiziert die nächste Generation der Bluttests
ebenso früh wie ein Down-Syndrom.
Soll man untersuchen? Und wie mit der Diagnose umgehen? Durch die neuen Tests
werden sich mehr Eltern vor sehr komplexe Fragen gestellt sehen.
In den USA haben die konkurrierenden Diagnostikunternehmen Natera und Sequenom
die neueste Generation des Bluttests bereits auf den Markt gebracht. Natera
bietet seinen für Mikrodeletionssyndrome aufgerüsteten Panorama-Test auch
deutschen Schwangeren an – und die nutzen ihn bereits: Über das Hamburger
Diagnostiklabor Amedes können Ärzte die Prüfung auf das DiGeorge-Syndrom ordern
(Aufpreis 100 Euro). Auf Verlangen sind weitere Feinuntersuchungen im Angebot –
es genügt etwas Mutterblut. …
So funktioniert der Test:
Die Blutuntersuchung der Firma LifeCodexx ist freiwillig und kostet derzeit
mindestens 500 Euro. Sie wird in Deutschland meist um die 12.
Schwangerschaftswoche herum durchgeführt.
Wenn sich die Frau für den Test entscheidet, muss der Arzt sie zunächst einmal
darüber aufklären, was der Test kann, welche Risiken es gibt und auch, was ein
positives Ergebnis bedeutet. Dann nimmt der Arzt Blut ab, zweimal rund 10
Milliliter, in dem die DNA, die Erbinformation, von Mutter und Kind enthalten
ist. Das Blut wird in ein Labor geschickt, in dem die DNA untersucht wird.
(Die Zeit 22.1.15 S.33 - http://www.zeit.de/2015/04/praenataldiagnostik-down-syndrom-krankenkasse/komplettansicht
)
· Die
Gendiagnostik steht vor einer Umwälzung. Großbritannien erlaubt
Drei-Eltern-Kinder. Wir aber streiten über Bluttests bei Schwangeren. Das ist
absurd. …
Aufgeschreckt hatte sie ein Bericht der ZEIT (Nr. 4/15). Nach den Recherchen
soll künftig ein Test zur Kassenleistung werden, der im Blut von Schwangeren
sehr früh ein Down-Syndrom beim heranwachsenden Kind feststellt. Der sogenannte
Praenatest der Konstanzer Firma LifeCodexx gilt als sanfte Alternative zur bisher
gebräuchlichen Fruchtwasserentnahme bei Risikoschwangerschaften, die zu
Fehlgeburten führen kann. Noch am Erscheinungstag der ZEIT -Ausgabe reagierte
der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA) – er
bestimmt, welche medizinischen Leistungen von den Kassen bezahlt werden – mit
einer "Klarstellung": Es sei ja nichts entschieden. Außerdem nahm der
Ausschuss eine weitere Expertenrunde in Beschlag: Der Deutsche Ethikrat werde
in der Sache um sein Votum gebeten. Dort allerdings löste die Presseerklärung
nur Erstaunen aus. Erstens war man über das Ansinnen des G-BA nicht informiert,
und zweitens hatte der Ethikrat schon 2013 eine Stellungnahme zur
Schwangerendiagnostik per Bluttest vorgelegt. Der G-BA könnte die erbetene
ethische Handreichung also nachlesen. …
Politisch ist eine Blockade der Kassenzulassung nur theoretisch denkbar. Zwar
unterliegen die Entscheidungen des G-BA der Aufsicht des
Bundesgesundheitsministeriums. Doch mit welcher Begründung könnte das
Ministerium von Hermann Gröhe die Zulassung stoppen? Und selbst wenn: Welches
Gericht würde urteilen, dass den Kassenpatientinnen eine Vorsorgeuntersuchung
vorenthalten werden darf, die schneller, präziser und billiger ist, die zudem
ohne Risiko und deutlich früher als bisher durchgeführt werden kann? Das wäre
nicht nur irrational und unethisch, sondern wohl auch rechtswidrig. Selbst eine
Mitunterzeichnerin der parlamentarischen Anfrage, die ehemalige
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und derzeitige Vorsitzende der
Bundesvereinigung Lebenshilfe, die sich für Menschen mit geistiger Behinderung
einsetzt, spricht sich nicht für ein Verbot des Bluttests auf Down-Syndrom aus:
"Solange Fruchtwasseruntersuchungen durchgeführt werden, kann man den
Bluttest nicht verbieten. Wir sind aber gegen Reihenuntersuchungen, wollen eine
Beschränkung auf Risikoschwangere und sicherstellen, dass die Frauen gut
beraten werden."
Während Deutschland eine abgehakte Debatte aufwärmt, gibt es anderswo gute
Gründe für biopolitische Aufregung. Etwa am Dienstag vergangener Woche: Da
votierte das britische Unterhaus mit beeindruckender Mehrheit dafür, die
Zeugung sogenannter Drei-Eltern-Babys künftig zu erlauben. Diese Methode der
In-vitro-Befruchtung soll zur Vermeidung sogenannter mitochondrialer
Krankheiten eingesetzt werden. …
Zwar ist das Erbgut der Mitochondrien überschaubar. Die Gene dienen vor allem
der Zellatmung. Größeren Einfluss auf die Entwicklung des Kindes hat aber das
Eiplasma. Es enthält zwar keine Gene, aber Unmengen Nukleinsäuren (RNA),
molekulare Abschriften aus dem mütterlichen Erbgut. Diese Stoffe kontrollieren
nicht nur die ersten Schritte des werdenden Lebens, sie haben auch Einfluss auf
spätere Genaktivitäten.
Das bedeutet: So gezeugte Kinder werden zwar mit den Genen ihrer leiblichen
Eltern, von Vater und Mutter, zur Welt kommen. Gelenkt werden ihre Erbanlagen
aber wohl nach den Vorgaben aus dem Ei der Spenderin. …
Das Vereinigte Königreich wird sie als erstes Land der Welt erlauben.
Dort hatte es vor wenigen Wochen schon einmal sehr gute Gründe für kritische
Nachfragen gegeben. Ausgerechnet am Heiligen Abend meldete mit Azim Surani von
der Universität Cambridge eine der ganz großen Figuren unter den
Stammzellforschern einen fast historischen Durchbruch. Suranis Team war es
gelungen, beliebige Körperzellen in die Urkeimzellen des Menschen umzuwandeln,
sogenannte primordiale Keimzellen. Aus ihnen entstehen alle Spermien und
Eizellen. Sie bilden die Keimbahn – eine ununterbrochene Zelllinie, in der das
menschliche Erbgut von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Das Unerhörte: Während der Prozedur im Labor können Wissenschaftler nach
Belieben Veränderungen vornehmen – Erbfehler könnten repariert, erwünschte
Genvarianten eingebaut, missliebige Mutationen eliminiert werden. Die
korrigierten Urkeimzellen könnte man den Eltern transplantieren. Ihre Kinder
würden ganz natürlich gezeugt werden. …
Auch in Sachen Bluttest für das Down-Syndrom ist es höchste Zeit, die
biopolitische Gesamtszenerie zu betrachten: Die Analyse der im Blut von
schwangeren Frauen treibenden Erbmoleküle ist für die Diagnostikindustrie nur
ein Übungsfeld. Die Unternehmen arbeiten mit voller Kraft an der Abschaffung
von Mammografie und Co., am ganz großen Business: der Krebsfrüherkennung durch
Blutuntersuchungen. Gelingt dies bei verbreiteten Krebstypen, steht dem Land
ein gewaltiger Umbau in der Gesundheitsvorsorge bevor …
Schon heute mutet die erste Generation von LifeCodexx’ Praenatest
mittelalterlich an. Seit geraumer Zeit bietet die Firma – wie auch die
Konkurrenz in China und den USA – Tests an, die zahlenmäßige Abweichungen
gleich bei einer ganzen Reihe von Chromosomen aufspüren. Auch kleine Verluste
an Erbinformation, selbst wenn sie nur ein Promille des Erbguts betreffen,
können diese Tests entdecken. (Die Zeit 12.2.15 S.29 - http://www.zeit.de/2015/07/schwangerschaft-praenataler-bluttest-down-syndrom
)
· Eine kleine
Menge Blut einer Schwangeren genügt, um das Erbgut des Kindes zu durchleuchten
– was werdende Eltern vor enorme ethische Herausforderungen stellt. …
Aus den Messwerten der Ultraschalluntersuchung und dem Alter der Mutter
errechnet Albig ein Risiko von 1 zu 299 für ein Down-Syndrom. Zahlen, die nicht
mehr sagen als: Wahrscheinlich hat das Mädchen kein Down-Syndrom. …
Die Konzentrationen zweier Bluteiweiße – beta-HCG und PAPP-A – können einen
Hinweis auf das Down- Syndrom liefern. Beide Werte liegen bei Vera Ulrich
außerhalb des Normbereichs. Die statistische Wahrscheinlichkeit für eine
Behinderung ihres Kindes beträgt nun 1 zu 51. Jetzt ist die werdende Mutter
beunruhigt.
Sie könnte sich einer Fruchtwasseruntersuchung unterziehen, um das Genom des
Kindes analysieren zu lassen und Gewissheit zu erlangen. Doch das ist riskant,
wenn der Eingriff nicht von einem erfahrenen Spezialisten ausgeführt wird. Bei
einer von 200 Müttern kommt es danach zu einer Fehlgeburt. In der Zeitung hat
Vera Ulrich von einem neuen Bluttest für das Down-Syndrom gelesen, den die
Konstanzer Firma LifeCodexx Ende August 2012 auf den Markt gebracht hat. 20
Milliliter ihres Blutes genügen dafür, „und die Wahrscheinlichkeit, dass mein
Kind stirbt, ist gleich Null“.
Einziger Nachteil: Mit 825 Euro ist der Test recht teuer. Die Krankenkassen
erstatten die Kosten für den „PraenaTest“ bisher nicht. Doch die hohe
Verlässlichkeit überzeugt die werdende Mutter. Dem Ergebnis kann sie zu
mindestens 97 Prozent trauen, besagen Studien mit über 3500 Frauen. …
(Bild der Wissenschaft 12-2013 S.28 - http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=33516736
)
·
Mukoviszidose-Patienten werden immer
älter. Wie ein Junge mit der Stoffwechselkrankheit erwachsen wurde. …
Mukoviszidose ist eine genetisch bedingte Erkrankung: Sie tritt auf, wenn beide
Elternteile ein mutiertes CFTR-Gen haben und dieses beide vererben. Das
passiert jedes Jahr etwa 200-mal in Deutschland. Die Mutation bringt den Salz-
und Wasserhaushalt der Zellen durcheinander. Als Folge bildet sich zäher
Schleim, der unter anderem die Funktion von Lunge und Bauchspeicheldrüse
einschränkt. Es sind rund 2.000 unterschiedliche Mutationen des CFTR-Gens
bekannt, die zu unterschiedlich schweren Krankheitsverläufen führen können. …
Statistisch betrachtet ist es ein kleines Wunder, dass Philipp Pressel heute
noch lebt. Als die Kinderärztin seinen Eltern im Jahr 1980 die Diagnose
mitteilt, sagt sie einen vernichtenden Satz: "Sie können froh sein, wenn
Ihr Sohn das Kindergartenalter erreicht." Pressel ist zu diesem Zeitpunkt
ein Säugling. 37 Jahre später sitzt er in einer Altbauwohnung in Hildesheim auf
dem Sofa und sagt trocken: "Über das Kindergartenalter bin ich ja nun
langsam hinaus."
Nicht nur er. Pressel ist einer von rund 8.000 Menschen in Deutschland, die mit
Mukoviszidose leben. Die Stoffwechselstörung gehört zu den seltenen Krankheiten
und ist auch unter dem Namen Cystische Fibrose (CF) bekannt. Eine Mutation
sorgt dafür, dass viele Organe zähflüssigen Schleim produzieren, der sie auf
Dauer schädigt. Vor allem die Lunge und die Bauchspeicheldrüse sind betroffen.
Obwohl es für Mukoviszidose-Patienten bis heute keine Heilung gibt, ist ihre
Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten drastisch gestiegen. Als die
Erbkrankheit 1938 erstmals beschrieben wird, sterben die meisten betroffenen
Kinder vor ihrem ersten Geburtstag. 1980, als Pressels Eltern die Diagnose
erfahren, liegt die Kinderärztin mit ihrer pessimistischen Schätzung bereits weit
daneben: Viele Patienten überleben zu dieser Zeit bis ins junge
Erwachsenenalter. …
Dennoch verschlechtert sich Pressels Zustand nach seinem 30. Geburtstag
zusehends. Wegen seiner Infekte muss er immer öfter ins Krankenhaus und
verliert an Gewicht, was ihn weiter schwächt. Die Hustenanfälle kommen in immer
kürzeren Abständen. Er inhaliert nun dreimal täglich, insgesamt über zwei
Stunden. Wie fühlt sich das an, wenn die Lunge so krank ist? "Ungefähr wie
bei einer fetten Erkältung, aber eben dauerhaft", erklärt Pressel. Er
wohnt im zweiten Stock. Irgendwann braucht er eine Viertelstunde, um die Treppe
hochzukommen. Ab Juni 2016 ist Pressel durchgehend auf Sauerstoff angewiesen.
Er hat ein mobiles Gerät für unterwegs, zu Hause steht ein großer Tank hinter
der Tür im Schlafzimmer. …
Seine Lunge ist zu diesem Zeitpunkt in einem lebensgefährlichen Zustand. Als
letzte und drastischste Maßnahme bleibt nur noch eine Lungentransplantation.
Pressel weiß, dass die OP riskant ist, aber er ist entschlossen: Er will ein Spenderorgan.
Ab August 2016 steht sein Name auf der Warteliste von Eurotransplant. Pressel
muss sich nun ständig verfügbar halten. Im September kommt der Anruf: Es gibt
eine geeignete Lunge. Ein Krankenwagen bringt Pressel in die Medizinische
Hochschule Hannover. Er wird fünf Stunden lang operiert. Nach dem Aufwachen
stellt er als Erstes fest, dass er nicht mehr beatmet wird. "Da wusste
ich, dass die Lunge arbeitet", sagt er.
Die Operation liegt inzwischen neun Monate zurück. Pressels Gesicht ist runder
geworden. Er hat zugelegt, jedes Kilo ist für ihn ein Grund zur Freude. Die
neue Lunge hat sich bewährt.
(Die Zeit 1.6.2017 S.35 - http://www.zeit.de/2017/23/stoffwechselkrankheit-mukoviszidose-lebenserwartung-organ/komplettansicht
)
·
Firmen drehen Eltern jede Menge Schnickschnack an, der den Nachwuchs
beschützen soll. …
Atemstillstand, Überhitzung, plötzlicher Kindstod – mit solchen Schlagworten
schüren die Aussteller gezielt Panik bei den Eltern. Denn nur wer Angst hat,
gibt Geld für Produkte aus, die vermeintliche Sicherheit versprechen. Während
das Risiko für ein Neugeborenes, in den ersten Lebensmonaten am plötzlichen
Kindstod zu sterben, bei uns seit Anfang der neunziger Jahre um 90 Prozent
sank, wächst die Furcht vor diesem Schicksalsschlag ins Unermessliche. Im Jahr
1991 fielen dem Sudden Infant Death Syndrome (SIDS) noch 1285 Kinder zum Opfer,
zuletzt waren es 127. Eltern wissen heute, dass sie in der Wohnung nicht
rauchen, das Kind nicht zu heiß einpacken und es zum Schlafen nicht auf den
Bauch legen sollen. Das gilt als halbwegs gesichert. Alles, was noch dazukommt,
ist ziemlicher Hokuspokus. …
Wie wurde aus der Sorge um den Nachwuchs ein Milliardengeschäft? Diese Frage
treibt mich um. Und ich mache mich auf die Suche nach Antworten.
Sie beginnt praktisch gleich mit dem Feststellen der Schwangerschaft, denn auch
Gynäkologen haben die Unsicherheit werdender Eltern als Einnahmequelle
entdeckt. Ich weiß erst seit ein paar Wochen, dass ich ein Kind erwarte, als
mir mein Frauenarzt eine Reihe zusätzlicher Untersuchungen anbietet: eine
Ultraschall-Flatrate, mit der ich mein Ungeborenes bei jedem Arzttermin in 3-D-
und 4-D-Aufnahmen bestaunen kann. Für das Babyfernsehen verlangt er 130 Euro.
Er empfiehlt mir auch, mein Blut auf Antikörper gegen Toxoplasmose (27 Euro),
Zytomegalie (31 Euro) und Ringelröteln (17 Euro) testen zu lassen – die Erreger
könnten dem Fötus schaden. Und schließlich legt er mir – zur Abklärung von
Chromosomenstörungen – das Ersttrimester-Screening (135 Euro) nahe oder
("noch viel zuverlässiger") gleich den Praenatest (399 Euro). …
All diese zusätzlichen Untersuchungen müsste ich natürlich selbst bezahlen. Die
Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht. Sie sind nicht Teil der
Mutterschaftsrichtlinien, in denen der Gemeinsame Bundesausschuss den Umfang
ärztlicher Betreuung während der Schwangerschaft festgelegt hat. Diese sehen
drei Ultraschalluntersuchungen bis zum Geburtstermin vor. In deutschen
Frauenarztpraxen werden Schwangere aber um ein Vielfaches häufiger
durchleuchtet: Laut einer Studie von 2015 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung
bekamen 84 Prozent der Teilnehmerinnen mindestens viermal – meistens häufiger –
einen Ultraschall. 97 Prozent wurden zudem routinemäßig an Wehenschreiber
angeschlossen. Das wird zwar eigentlich nur bei einem auffälligen Befund
empfohlen, Ärzte und Hebammen können es aber jedes Mal abrechnen. Vier von fünf
Schwangeren zahlen außerdem für allerhand zusätzliche Tests. Das Fazit der
Studie: Werdende Mütter in Deutschland sind "überversorgt". Nirgendwo
in Europa würden sie häufiger untersucht als hierzulande. Schwangerschaft und
Geburt, schreiben die Autorinnen, seien kein natürliches Lebensereignis mehr,
sondern ein "wirtschaftliches Event".
Das gesunde Kind wird zur gesellschaftlichen Norm.
Nun könnte man einwenden, dass zu viele Untersuchungen ja nicht schaden. Doch
in Wahrheit ist jeder weitere Test, der die werdenden Eltern doch beruhigen soll,
geeignet, sie noch mehr zu verstören. Das Geschäft mit der Angst führt nicht zu
weniger Angst, sondern zu weiteren potenzierten Ängsten. Oder, wie es in der
Bertelsmann-Studie heißt, "zu einem defizitären, gleichsam pathologischen
Blick auf die Schwangerschaft". Früher waren Schwangere "guter
Hoffnung", heute sehen sie sich und ihr Kind von tausend Gefahren bedroht
und umstellt. Ein Recht auf Nichtwissen bleibt ihnen kaum. …
"Stammzellen aus dem Nabelschnurblut", steht darunter. Weiter hinten
lese ich etwas von "biologischer Gesundheitsvorsorge" und einer
"einmaligen Versicherung für die Zukunft Ihres Kindes". Klingt gut –
und wichtig. Auf der Internetseite des Anbieters Eticur bestelle ich weiteres
Informationsmaterial. Im Anschreiben rät mir der Geschäftsführer Felix Raslag:
"Sichern Sie Ihrem Kind eine gesündere Zukunft." Wer will das nicht?
Kurze Zeit später empfängt mich Herr Raslag in seinem Büro an einer Münchner
Ausfallstraße. Kein Schild an der Tür, nur die Klingel verrät mir, dass ich
hier richtig bin. Im Besprechungsraum hängen riesige Fotos von Babys, diesmal
in Windeln.
Herr Raslag, volles Haar, gebräunte Haut, strahlend weiße Zähne, erklärt mir
das Geschäftsmodell seiner Firma. Eticur ist einer von fünf privaten Anbietern
in Deutschland, die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut von Neugeborenen
einlagern. Das geht so: Eine Hebamme klemmt die Nabelschnur gleich nach der
Geburt ab, punktiert die Vene und fängt das Blut in einem Plastikbeutel auf.
Ein Kurier bringt das Präparat per Eiltransport ins Labor, wo es in
Tiefkühltanks mit flüssigem Stickstoff bei minus 175 Grad eingefroren wird. Mit
den aus dem Blut gewonnenen Stammzellen, so Raslags Versprechen, können diese
Kinder, falls sie später einmal schwer erkranken, besser behandelt werden. Der
Vorteil: "Weil diese Zellen vom eigenen Organismus stammen, stößt der
Körper sie nicht ab." Das Blut für 25 Jahre einzulagern kostet 2.595 Euro.
50 Jahre kosten 3.595 Euro. Seine Kunden, erzählt Raslag, seien vor allem
Akademiker: Ärzte, Anwälte, Architekten. Die Mütter Spätgebärende, im Schnitt
34 Jahre alt. … 16 000 Spenden hat seine Firma bereits eingelagert. Bis
heute wurde noch kein einziges Kind mit den eigenen Stammzellen behandelt. …
Mir dämmert: Nabelschnurblut ist eine Versicherung, für die man heute kräftig
bezahlt, ohne zu wissen, ob sie morgen noch einen Cent wert ist. Warum bloß
lassen sich werdende Eltern auf so was ein? …
(Die Zeit 4.5.2017 S.19 - http://www.zeit.de/2017/19/kinderausstattung-baby-schutz-konsum-angst/komplettansicht )
·
·
GID
125/126 4/98 S.49:
* Prä-Implantations-Diagnostik: Gencheck eines Embryos zugelassen in USA,
Großbrit., Belgien, Niederlande
* folgenschwere Verschiebungen:
a) Indikation für IVF nicht
Unfruchtbarkeit, sondern Wunsch nach einem gesunden Kind
b) Frau wird Abtreibung erspart, aber
sie hat Belastung der IVF
·
GEO
Wissen Sex S.62
- genetische Prä-Implantations-Gen-Diagnostik,
„Ich glaube, daß künftig die meisten Leute die IVF-Technik nicht wählen werden,
weil sie ein Fruchtbarkeitsproblem haben, sondern wegen der Möglichkeit,
Embryonen genetisch zu selektieren;
- Kosten: 1 IVF-Behandlung + Labor = 10000 $
- S.74: Maler Henri de Toulouse-Lautrec wurde wegen angeborener Osteogenesis
imperfecta frühzeitig zum Krüppel; amerik. Präsident Abraham Lincoln vermutet:
Marfan-Syndrom (Gendefekt macht herzkrank)
·
evtl.
bei IVF keine Schwangerschaft angestrebt = „Bedingte Zeugung“;
Embryonenschutzgesetz verbietet PID an totipotenten Zellen; nach dem
derzeitigen Stand der Wissenschaft gelten Zellen nach Abschluß des
Acht-Zell-Stadiums als nicht mehr totipotent;
Indikation: nur bei hohem Risiko für eine bekannte und schwerwiegende,
genetisch bedingte Erkrankung;
keine Indikation: Geschlechtsbestimmung ohne Krankheitsbezug, Alter der Eltern,
spät manifestierende Erkrankungen in der Regel nicht;
PID erfordert assistierte Reproduktion - ist damit eine zusätzliche Indikation
für a.R.;
Embryonen, die nicht transferiert werden, dürfen nicht kultiviert,
kryokonserviert oder anderweitig verwendet werden;
((Down-Syndrom taucht nicht auf))
(Bundesärztekammer: Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie zur
Präimplantationsdiagnostik, Dtsch,. Ärzteblatt 9/2000 S.A-525)
·
PID
ist ein medizinisches Selektionsverfahren, denn es ist ausschließlich
entwickelt worden, um festzustellen, ob ein Embryo vorab definierten
genetischen Anforderungen genügt;
überzählige Embryonen werden produziert;
diskriminierend;
ausschließlich die Maßstäbe und Interessen anderer kommen zur Geltung;
Selektionsspektrum (was gehört dazu???)
(taz 26.5.00)
·
PID
in Europa:
zulässig 10 Länder (GB, DK, NO, S, IT, SP, F, BE, ND, GR
Nein: PORT, ÖST, SCHWEIZ
(Dtsch. Ärzteblatt 9/2000 S. A-507)
·
Belgien
und GB seit 1991
(Spiegel 9/2000 S.211)
·
ein
entscheidender Unterschied zwischen PID und PD besteht für mich in dem Umstand,
daß die PD in der Regel eine JA-NEIN-Entscheidung zu einem einzelnen Kind
darstellt. Dagegen ermöglicht die PID in der Regel eine Auswahl aus einer
größeren Zahl an Embryonen (zur Zeit durch das ESchG beschränkt auf drei).
(Dtsch.Ärzteblatt 17/2000 S.A-1131)
·
an
einem im Reagenzglas gezeugten Embryo wird nach drei tagen in einem
Kulturmedium die Biopsie von einem oder zwei Blastomeren vorgenommen; sie
werden molekulargenetisch untersucht
(Dtsch.Ärzteblatt 9/2000 S.A-505)
·
Bundesgesundheitsministerium
bei der PID wird die Eizelle zunächst nur zu diagnostischen Zwecken künstlich
befruchtet;
ein genetisch kranker Embryo (=Mensch im frühen Stadium seiner Entwicklung)
wird geopfert, um einem unbelasteten Embryo zum Leben zu verhelfen;
(Dtsch.Ärzteblatt 10/2000 S.A-586)
·
BÄK:
von einem schematisierten Indikationskatalog Abstand nehmen;
Eugenik der Nazis war staatlich evrordneter Rassenwahn, Zwang...; Begehren nach
PID freiwilliges Begehren eines Paares aus berechtigter individueller Sorge
heraus, intensiver Beratungsprozeß
(Dtsch.Ärzteblatt 17/2000 S.A-1137)
·
Bei
der PID geht es um eine Zeugung unter Vorbehalt mit der erklärten Absicht, den
Embryo bei pathologischem Befund zu vernichten
(GID 140/2000 S.38)
·
britische
Behörden haben einem Elternpaar verboten, bei der künstlichen Befruchtung das
Geschlecht des Kindes zu wählen
taz 19.10.2000
·
USA
August 2000: erstmals entstand durch künstliche Befruchtung ein Baby nach Maß,
als Organspender für die kranke Schwester;
1 Dutzend Embryonen in der Retorte gezeugt, genetischer Test: Passung von
Gewebemerkmalen, Auswahl des geeignetsten Embryos, Austragen, Geburt eines
Sohnes;
Sekunden nach der Geburt Gewinnung von Nabelschnurblut und Übertragung von
Zellen daraus auf die blutarme Schwester;
erstmals Auswahl aufgrund von Merkmalen, die nicht für das zu gebärende Kind
das Beste sind, sondern für eine andere Person;
Spiegel 41/2000 S.270
·
jede
Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchung ist eine pränataldiagnostische Maßnahme;
die Präimplantationsdiagnostik ist nur im weiteren Sinne ein
pränatalmedizinisches Verfahren, da sie vor Beginn der Schwangerschaft ansetzt;
das englische Kürzel PGD wird bevorzugt (preimplantation genetic diagnosis), da
PID im Englischen schon anders als medizinische Abkürzung belegt ist und der
Hinweis „genetic“ eine Eingrenzung des diagnostischen Verfahrens signalisiert;
der mittels IVF entstandene Embryo befindet sich drei Tage in einem
Kulturmedium, danach erfolgt die Biopsie von einer oder zwei Blastomeren, an
denen die molekulargenetische Untersuchung mittels Polymerase-Kettenreaktion
(PCR) oder Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) vorgenommen wird;
bei der zur Diagnostik entnommenen Blastomere handelt es sich nach dem
8-Zell-Stadium nicht mehr um eine totipotente Zelle;
da das Ergebnis der Gendiagnostik nach etwa 3-8 Stunden vorliegt, bedarf es
keiner Kryokonservierung des in Warteposition befindlichen Embryos;
als Alternative zur PGD wird die Untersuchung des Polkörpers der nicht
befruchteten Eizelle diskutiert, sie läßt lediglich eine indirekte Aussage über
den genetischen Status der Eizelle zu;
von der erfolgreichen Anwendung einer PGD berichteten erstmals Handyside et.al
1992;
Konflikt Embryonenschutzgesetz und §218? Die Tötung eines Embryos in vivo (im
Mutterleib) ist straffrei und rechtswidrig. Die Tötung eines Embryos in vitro
(im Reagenzglas) ist rechtswidrig und strafbewehrt.;
(Dtsch. Ärzteblatt 18/2000 S.A-1213G)
·
Überschrift:
„Baby vor unheilbarer Krankheit bewahrt“
Kind gezielt im Mutterleib auf Erbkrankheiten untersucht worden, jetzt gesund
geboren,
ein Elternteil ist Träger einer vererbbaren unheilbaren Leberkrankheit, vor der
das Kind so bewahrt wurde;
Freie Presse 16.11.2000
·
BK
Schröder:
es müsse zudem diskutiert werden, ob es Gründe für die Zulassung der in vielen
EU-Ländern bereits praktizierten Präimplantationsdiagnostik in Deutschland gibt
(epd-Wochenspiegel 1/2001 S.9)
·
Montgomery
(Marburger Bund) für Verbot der PID (Einstampfen des Debattenpapiers der
Bundesärztekammer); Forschungsministerin Bulmahn befürwortet genetische
Untersuchungen in vitro
(taz 23.2.2001)
·
Ministerin
Däubler-Gmelin gegen PID
(taz 1.3.2001)
·
Bundesgesundheitsministerin
Schmidt für PID
(epd Wochenspiegel 6/2001 S.8)
·
bisher
rund 200 PID-Babys weltweit; 29 Zentren; Test auf 35 Erbkrankheiten möglich;
Verfahren in Brüssel bisher rund 400x durchgeführt, 75 Kinder geboren, 30
Schwangerschaften dauern noch an;
(Spiegel-Reporter 1/01 S.25ff)
·
Diskussionspapier
für die CDU Deutschlands (Rüttgers): „Die CDU lehnt die PID nicht grundsätzlich
ab“.
(Der Spiegel 10/2001 S.46)
·
in
den letzten Jahren sind nur 20 Paare nach Brüssel zur Behandlung gefahren;
Diederich (Lübeck): Das ganze Paket (mit einem Zyklus IVF) kostet 8-10000 Mark.
Bei geschätzten etwa 100 Fällen pro Jahr ist das kein so großes Geschäft.
(GID 143 S.34ff)
·
96%
der Schwerbehinderten werden erst im Laufe ihres Lebens schwerbehindert, etwa
durch einen Unfall
Henri de Toulouse-Lautrec und Frederic Chopin wären durch die PID aussortiert
worden. Der Maler wurde aufgrund seiner angeborenen Osteogenesis imperfecta
(Glasknochenkrankheit) früh zum Krüppel, bei dem Komponisten vermuten die
Wissenschaftler eine Mukoviszidose.
(Broschüre Mukoviszidose und Genet(h)ik, Mukoviszidose e.V.)
·
Humangenetiker
Henn /Saarbrücken (Sachverständiger Enquete-Komm. Bundestag):
für Einsatz der PID in engen Grenzen; hohes Risiko für schwere Erbkrankheiten,
intensive genetische Beratung Pflicht, Anwendung an wenigen nichtkommerziellen
Zentren, mit 50-100 Paaren pro Jahr zu rechnen
(epd-wochenspiegel 26/2001 S.12)
·
stellvertr.
CSU-Vors. Horst Seehofer: PID in engen Grenzen vertretbar;
SPD-Präsidium: PID nach geltender Rechtslage nicht erlaubt,
Embryonenschutzgesetz soll vor Herbst 2002 nicht geändert werden
(epd-wochenspiegel 27/01 S.9)
·
Brüsseler
Klinik, PID im Angebot:
Jedes zehnte Paar, das in Brüssel Rat und Hilfe sucht, kommt aus der
Bundesrepublik
(taz 10.7.01)
·
Bundesärztekammer:
Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik
strenge Grenzen:
sehr restriktiver Einsatz der Methode
Absage an jede Art eugenischer Selektion
Anwendung nur bei anamnestisch stark belasteten Paaren
Pflicht zu ausführlicher Beratung
nur bei hohem Risiko für bekannte und schwerwiegende monogen bedingte
Erbkrankheiten oder Chromosomen-störungen
(keine Indikation für PID sind Geschlechtsbestimmung ohne Krankheitsbezug,
Alter der Eltern, Sterilitätstherapie, spät manifestierende Krankheiten)
Untersuchungen dürfen nur an nicht mehr totipotenten Zellen durchgeführt werden
keine anderweitige Verwendung für nicht übertragene Embryonen zulässig
Prüfung jedes Einzelfalles durch zwei Kommissionen der Ärztekammern (Land und
Bund)
(Dtsch. Ärzteblatt 9/2000 S.A-525)
·
Diskussion
in Frankreich zur Frage der Bewertung von Behinderungen überraschendes
Ergebnis: bis auf die Querschnittsgelähmten haben alle französischen
Behindertenverbände es „als empörend bezeichnet, den Frauen unnötiges Leid
aufzubürden, das die PID ihnen ersparen könnte“;
ähnlich auch Patienten und Eltern der Deutschen Mukoviszidose-Vereinigung in
ihrer Erklärung vom 24.9.2000: „Betroffene Eltern, die einen
Schwangerschaftsabbruch ablehnen, haben nur mit der PID die Chance auf ein
weiteres Kind ohne diese Erkrankung. Der Verein will diese Eltern mit ihren
Sorgen nicht durch ein Verbot der PID alleine gelassen sehen.“
(Das Parlament 8.7.01)
·
Auswertung
der Daten von 26 PID Zentren zwischen 1993 und 2000
886 Paare; 123 Geburten von 162 Kindern;
für jede der Geburten durchschnittlich 74 Eizellen befruchtet, 11 Embryonen
transferiert;
in 132 Fällen zusätzlich invasive pränatale Diagnostik, um PID-Ergebnis zu
überprüfen; dabei 4 Fehldiagnosen entdeckt; 7 weitere Abtreibungen; 9 Föten
wegen Mehrlingsschwangerschaften getötet
(Die Welt 6.4.01)
·
PID
in Frankreich: 7 Kinder geboren, nur bei unheilbaren Krankheiten, eng
definierte Liste
Belgien: 60 Kinder geboren; Kosten 7000 DM
Großbritannien etwa 10 Paare pro Jahr;
Griechenland 4 Fälle 2000
(Mail Kordecki 31.5.01)
·
Deutscher
Ärztetag nicht eindeutig gegen PID, fordert Klärung, ob rechtlich erlaubt;
Bundesvorstand der CDU:PID wird nicht grundsätzlich abgelehnt, es müsse enge
Grenzen geben
(taz 25.5.01)
·
Bischof
Huber:
so könne etwa der „bedachtsame Einsatz“ der umstrittenen vorgeburtlichen
Diagnostik an Embryonen, die im Reagenzglas erzeugt wurden, in vielen Fällen
das menschliche Leben fördern
(epd-wochenspiegel 21/01 S.5)
·
weltweit
etwa 500 Kinder nach PID geboren
(taz 28.5.01)
·
Die
Methode der PID birgt erhebliche Möglichkeiten des Missbrauchs: Stichworte wie
„Eugenik“, „Selektion“ und „Designerkind“ deuten diesen Missbrauch an. Die
Bischofskonferenz der VELKD lehnt zum gegenwärtigen Zeitpunkt angesichts dieser
Missbrauchsmöglichkeiten eine gesetzliche Zulassung der PID ab.
(Stellungnahme der Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen
Kirche Deutschlands zu Fragen der Bioethik 3/2001)
·
Bundestagspräsident
Thierse:
mit Überlegungen zur PID noch nicht zu Ende: so wenig es ein Recht auf ein
gesundes Kind gebe, so wenig gebe es die Pflicht, „sehenden Auges“ ein schwer
behindertes Kind zu gebären
(epd-wochenspiegel/ost24/2001 S. 10)
·
Humangenetiker
Bartram Heidelberg: PID solle auf Fälle beschränkt sein, in denen die Frau
bereits ein behindertes Kind habe oder ein solches abgetrieben habe
(epd-wochenspiegel 24/2001 S.8)
·
französische
Biopolitik: geplantes Gesetz ähnlich wie in Großbritannien: keine Herstellung
von Embryonen nur für Forschungszwecke, aber zulässige Forschung an
überzähligen Embryonen, Zulassung des therapeutischen Klonens, Einberufung
eines Kontrollkommitees;
Geburt des ersten Kindes nach PID vor einem halben Jahr: Indikation: die Mutter
hatte bereits drei Kinder durch eine tödliche Krankheit verloren
(Die Zeit 23.5.01 S.38)
·
noch
2001 wird erstes europäisches „Designerbaby“ zur Welt kommen; in Großbritannien
Kind im Reagenzglas in der Erwartung gezeugt, dass Stammzellen aus seinem
Nabelschnurblut eingefroren werden sollen, um evtl. bei Wiederauftraten der
Leukämie seines 4 Jahre älteren Bruders eingesetzt zu werden; Auslese in Großbritannien
verboten; vorgenommen in Chicago/USA; 2 Versuchsreihen mit je 11 Embryonen,
jetzt Schwangerschaft eingestellt, Kosten etwa 100000 Mark
(taz 19.10.2001)
·
es
ist kosteneffizient, rechnet ein US-Reproduktionsmediziner vor, 2-3000 Dollar
zusätzlich zu den Kosten einer künstlichen Befruchtung zu zahlen, wenn ich
dadurch die Einpflanzung eines Embryos mit Mukoviszidose vermeiden kann, der
später sehr hohe Pflegekosten verursachen würde
(taz 19.10.2001)
·
hier
steht eine Ethik der unbedingten Menschenwürde gegen eine Ethik der
Heilungsinteressen
(Bericht des Diakonischen Werkes der EKD an die EKD-Synode November 2001 S.
13ff)
·
Vorsitzender
der Ethikkommission amerikanischer Reproduktionsmediziner: es sei akzeptabel,
bei künstlicher Befruchtung das Geschlecht des Wunschkindes auszuwählen;
bedeutet ethische Kehrtwende für US-Medizin
(Der Spiegel 41/2001 S.201)
·
Lübecker
Altbischof Kohlwage befürwortet Einsatz von PID bei Vorliegen schwerer
genetischer Vorbelastungen und intensiver Beratung
(epd-wochenspiegel ost 41/2001 S.6)
·
Andrea
Fischer und Margot von Renesse:
ihm Bereich von Fortpflanzung, Schwangerschaft und Geburt können nur solche
ethischen Bewertungen Bestand haben, die weder das vorgeburtliche Leben noch
die Frau, die seiner Entwicklung mit der eigenen Person dient, rechtlich dem
Interesse des jeweils anderen völlig unterwerfen.... zu den Grundregeln unseres
Zusammenlebens gehört es, dass Gesetze niemals über Lebensinteressen des einen
zugunsten des anderen einfach hinweggehen und ihn zum bloßen Instrument eines
fremden Interesses machen dürfen. Niemand kann rechtlich gezwungen werden,
einem anderen sein Schicksal zu opfern, mögen solche Pflichten auch zu bei uns
vorhandenen weltanschaulichen, insbesondere religiösen Traditionen gehören. Das
Gesetz kann solch anspruchsvolle Pflichten weder auferlegen noch mit Sanktionen
erzwingen... Aus ihrer Verantwortung können weder die künftigen Eltern noch die
sie betreuenden Ärzte entlassen werden... Antwort des Gesetzgebers kann sicher
nicht bestehen in einem Katalog kasuistisch aufgezählter Erbkrankheiten, die
das Leben oder Zusammenleben vermeintlich unzumutbar belasten.... Über
menschliches Leben kann nicht ohne weiteres verfügt werden. PID nimmt jedoch
die Verwerfung von geschädigten Embryonen in Kauf. Die Entscheidung darüber, ob
dies hingenommen werden kann, muss der Gesetzgeber treffen... Vorschlag:
Regelung ähnlich wie beim Schwangerschaftsabbruch: Konstruktion „rechtswidrig,
aber straffrei“
(Die Zeit 29.3.01 S.6)
·
künftig
Ausweitung der Indikationen für PID? Positionspapier der Gesellschaft für
Gynäkologie und Geburtshilfe und der Deutschen Gesellschaft für
Reproduktionsmedizin: Sollte künftig bei PID ein Fehler in der
Chromosomenausstattung festgestellt werden, Embryo nicht übertragen;
die überwiegende Mehrzahl aller befruchteten Eizellen (60-80%) ginge in
Abhängigkeit vom elterlichen Alter verloren – Studien sprächen dafür, dass die
falsche Chromosomenausstattung für den Verlust verantwortlich sei;
(GID 146 – 6-7 2001 S. 31)
·
so
kommt doch in größere Begründungsnot, wer bereits vom Zeitpunkt der Befruchtung
an für einen Schutz (des Embryos) argumentiert, der keinerlei Abwägungen mit
anderen Schutzgütern mehr zulässt (Mieth/Tübingen; Bezug auf existierende
Abtreibungspraxis)
(GID 146 – 6-7 2001 S. 11)
·
Ich
bin gegen ein striktes Verbot der PID. Für schwerste Erbkrankheiten sollte sie
zugelassen werden. ... Wir sollten nicht mit Prinzipienreiterei den konkreten
Konfliktfall niederreiten und sagen: wen es trifft, der tut mir Leid.
(Der Spiegel 50/2001 S. 228ff., Interview mit Richard Schröder)
·
Die
Debatte um die PID begann in Deutschland im Jahr 1995. Damals stellte sich ein
Ehepaar an der Universitätsklinik Lübeck vor, das 1990 nach der Geburt ein Kind
infolge einer schweren Mukoviszidose-Erkrankung verloren hatte. Eine daraufhin
erfolgte genetische Diagnostik ergab ein Wiederholungsrisiko von 25%. Das Paar
wünschte sich ein weiteres Kind, ließ jedoch im Laufe der Schwangerschaft eine
Pränataldiagnostik durchführen. Nachdem die Untersuchung eine
Mukoviszidose-Erkrankung ergeben hatte, wurde ein Schwangerschaftsabbruch
durchgeführt. Eine dritte Schwangerschaft endete in gleicher Weise. Vor diesem
Hintergrund ging das Paar den Weg der künstlichen Befruchtung und wünschte die
Durchführung einer PID. Dies wurde von der Ethikkommission der Universität
Lübeck allerdings mit Verweis auf die deutsche Rechtslage abgelehnt.
Für die psychisch belastende Situation dieses Paares und den daraus
resultierenden Wunsch nach Testung des in vitro heranwachsenden Lebens habe ich
Verständnis. Ethik ist meines Erachtens immer nur dann menschlich, wenn sie
nicht abstrakt argumentiert, sondern auch den konkreten Einzelfall mit
einbezieht.
(Online-Forum Präimplatationsdiagnostik 16.02.01 Helga Kühn-Mengel MdB,
SPD-Fraktion)
http://www.bundestag.de/forum/enquete_medizin_archiv/01kuehnmengel.html
·
Stellungnahme
Elisabeth Gosselaar, Interessengemeinschaft Fragiles X e.V.:
Wenn man z.B. schon ein Kind mit dem fragilen - X – Syndrom hat und wünscht
sich ein zweites Kind, weiß aber, dass die Wahrscheinlichkeit, wieder ein
betroffenes Kind zu bekommen, bei 50% liegt, so ist es doch naheliegend, dass
Eltern die PID einer Abtreibung vorziehen... hier spielt man einen erwachsenen,
kranken Menschen gegen einen Zellhaufen aus;
mehr als die Hälfte der Teilnehmer der Bürgergruppe –darunter alle Frauen –
sprach sich in der Abschlusserklärung gegen PID aus
(Deutsches Hygienemuseum Dresden, Bürgerkonferenz: Streitfall Gendiagnostik,
Materialband 26.11.01)
·
Der
Mukoviszidose e.V. als Selbsthilfevereinigung der Eltern und Patienten teilt
die schweren Bedenken gegen eine Zulassung der Präimplantationsdiagnostik
(PID).
Aber: Betroffene Eltern, die einen Schwangerschaftsabbruch ablehnen, haben nur
mit der PID die Chance auf ein weiteres Kind ohne diese Erkrankung. Der Verein
will diese Eltern mit ihren Sorgen nicht durch ein Verbot der PID alleine
gelassen sehen.
(Erklärung des Mukoviszidose e.V. vom 24.9.2000 zur möglichen Einführung der
PID)
·
Familie
Großbritannien; zunächst vier Kinder, eines davon hat Beta-Thalassämie“ (Blutkörperchen
binden nicht genug Sauerstoff, ohne Behandlung Lebenserwartung 10 Jahre, mit
Transfusionen und Medikamenten Chance auf ein paar Jahre mehr); Eltern haben
auf natürlichem Weg 5. Kind gezeugt, in der Hoffnung, dass es ein geeigneter
Knochenmarksspender für Stammzellen sein würde; hat die gewünschten
Eigenschaften nicht; mit PID soll nun ein Embryo ausgewählt werden, der die
gewünschten Spendereigenschaften hat (Chance 1:3); nach der Geburt würden ihm
Stammzellen entnommen und auf das kranke Kind transplantiert; Chance, dass er
völlig gesund wird, liegt bei 90%
(Der Spiegel 2/2002 S.100ff)
·
7.1.5
Von der Untersuchung befruchteter Embryonen ist die getrennte genetische
Untersu- chung der Keimzellen vor der Befruchtung zu unterscheiden.Unter bestimmten
Vorausset- zungen ist diese Untersuchungsmethode ethisch durchaus vertretbar,da
hierbei keine Embry- onen selektiert werden.Allerdings lassen sich auf diese
Weise nur Eizellen untersuchen (Pol- körper-Analyse*),nicht aber
Spermazellen,weil diese hierbei zerstört würden.Die prädikti- ve* Untersuchung
von Eizellen ist ethisch dann vertretbar,wenn es darum geht,die Übertra- gung
einer Erbkrankheit zu verhindern,nicht jedoch,wenn sie dazu dienen
sollte,andere Ei- genschaften und Dispositionen zu selektieren,d.h.der Idee der
Menschenzüchtung Vorschub leisten sollte.
(Verantwortung für das Leben; Eine evangelische Denkschrift zu Fragen der
Biomedizin; Im Auftrag des Evangelischen Oberkirchenrats A.und H.B.der
Evangelischen Kirche A.und H.B.in Österreich erarbeitet von Ulrich H.J.Körtner
in Zusammenarbeit mit Michael Bünker; Wien 2001)
·
„Enquete-Kommission
des Deutschen Bundestages Recht und Ethik der modernen Medizin“ Abstimmung zur
PID: 16 dagegen, 3 dafür
(Die Zeit 28.2.02 S.31)
·
Britische
Behörde genehmigt, dass mit Hilfe von PID ein Kind gezeugt und so ausgewählt
wird, dass es später mit einer Knochenmarkstransplantation das Leben seines
kranken Bruders retten kann (tödliche Blutkrankheit Thalassaemie)
(epd wochenspiegel 9/2002 S. 21)
·
Immer
mehr Ehepaare in Deutschland drängen nach PID; die Rat Suchenden seien weit
davon entfernt, Wünsche nach dem „Designerbaby“ mit bestimmten Eigenschaften zu
äußern, es gehe ihnen um Entscheidungshilfen aus Sorge um die Gesundheit des
Kindes
(epd wochenspiegel 7/02 S.14)
·
Nach
Schätzung des Gesundheitsministeriums pilgern jedes Jahr mehr als 100 Paare
über die Grenze, um ihren in der Petrischale erzeugten Embryo auf schwere
Erbkrankheiten wie Chorea Huntington, Mukoviszidose oder
Duchenne-Muskeldystrophie untersuchen zu lassen
(Spiegel 6/02 S.42)
·
Bestimmte
Merkmale eines Kindes wie Geschlecht, Körpergröße und Augenfarbe könnten von
den Eltern ausgesucht werden.
(epd-wochenspiegel 12/02 S.3)
·
Kardinal
Lehmann: Der Weg zum „Designerkind“ sei nicht mehr weit
(ideaSpektrum 12/02 S.7)
·
Polkörperdiagnose;
eine juristisch unanfechtbare Genprüfung im Reagenzglas setzt sich durch; Test
erfolgt extrem frü: an einer Eizelle, in die erst vor kurzem ein Spermium
eingedrungen ist; das Erbgut von Vater und Mutter hat sich noch nicht
vereinigt, deshalb genießt diese besamte Eizelle auch noch nicht den strengen
Schutz eines Embryos (nach dem deutschen Embryonenschutzgesetz);
Polkörperdiagnostik ist damit eine kaum anfechtbare Variante der umstrittenen
Präimplantationsdiagnostik;
die Polkörper schnürt die Eizelle während ihrer Ausreifung (Zellteilung bei der
Bildung der Eizelle) und nochmals nach dem Eindringen der Samenzelle ab;
enthalten komplette Kopien des Erbmaterials der Eizelle;
weltweit Geburt von mehr als 100 Kindern nach Polkörperdiagnostik; Anwendungen
auch in Deutschland seit 2002: Uniklinik Bonn Chromosomenfehler, Lübecker
Uni-Frauenklinik Mukoviszidose;
(Die Zeit 21.3.02 S.31)
·
Nach
den britischen haben nun auch die australischen Behörden den Eltern todkranker
Kinder die Erzeugung von Designer-Babys erlaubt; Embryos durch künstliche
Befruchtung erzeugen, dann den Embryo mit dem am besten geeigneten Genmaterial
aussuchen; dieses Kind wird ausgetragen, dann der Plazenta Stammzellen
entnehmen, die zur Behandlung der Geschwister verwendet werden; die kranken
Kinder haben schwere Blutkrankheiten, die normalerweise alle tödlich enden
(FR 17.4.02)
·
lesbisches
Paar USA, beide taub, lassen in der Retorte Embryos zeugen (mit Hilfe von
taubem Samenspender), und wählen anschließend die Embryonen aus, die die
Taubheit geerbt haben
(Die Zeit 25.4.02 S.1, 27)
·
üblicherweise
am 3. Tag nach einer künstlichen Befruchtung 1-2 Zellen entnommen;
Untersuchung mit PCR oder FISH;
allgemeine mikroskopische Chromosomenuntersuchung ist nicht möglich;
Fehlerrate: 7-36% bei Einzelgendefekten wie Mukoviszidose oder
Sichelzellenanämie;
genetische Indikationen für PID sind in der Praxis unter anderem:
Muskeldystrophie Typ Duchenne, Hämophilie A (Bluterkrankheit),
Charcot-Marie-Tooth-Krankheit, Beta-Thalassämie (Mittelmeeranämie),
Osteogenesis imperfecta (Glasknochenkrankheit), Retinopathia Pigmentosa,
Sichelzellanämie, Mukoviszidose (Vererbungsrisiko 25 bzw. 50%);
Numerische Chromosomenanomalien meist tödlich, keine Einnistung in die
Gebärmutter oder Spontanabort 6.-12. SSW, alle Monosomien, alle Trisomien außer
13-18-21, aber selbst bei diesen intrauterine Verlustrate 60-80%;
noch 1997 wurden international über 70% aller Präimplantationsdiagnosen an
Polkörpern und nicht an Embryonen bzw. embryonalen Zellen durchgeführt; Auch
bei der Polkörperdiagnostik ist der Selektionsgedanke nicht von der Hand zu
weisen;
weltweit sind bis Mai 2001 693 Kinder nach PID geboren worden;
in den vergangenen 5 Jahren sollen etwa 45 deutsche Paare in Brüssel eine PID
in Auftrag gegeben haben;
(Bundestag Enquete-Kommission Medizin Drucksache 14/9020 S.84f)
·
Eine
diagnostische Variante und ethische Alternative zur PID, die
Polkörperdiagnostik, untersucht sog. Polkörper, die bei zwei asymmetrischen
Reifeteilungen der Eizelle – vor und nach der Befruchtung – entstehen. Diese
enthalten dasselbe genetische Material wie die Eizelle.... in Deutschland die
P. rechtlich zulässig und wird vereinzelt im Rahmen von klinischen Studien
angewendet...
Besteht bei einem Paar die erhöhte
Wahrscheinlichkeit, dass ein krankes oder behindertes Kind geboren würde, so bleibt die Möglichkeit,
dass das betroffene Paar auf ein eigenes leibliches Kind verzichtet. Dies
erscheint als eine harte Konsequenz... diese Möglichkeit wäre aber gegenüber
einem Schwangerschaftsabbruch oder einer Vernichtung des Embryos, der durch
Befruchtung in vitro entstanden ist, ethisch eindeutig vorzugswürdig. Die
Erzeugung von Embryonen „auf Probe“ und die Vernichtung von Embryonen mit einer
nachgewiesenen genetischen Erkrankung steht in klarer Spannung zur christlichen
Wahrnehmung des vorgeburtlichen menschlichen Lebens...
(EKD-Texte 71: Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen, Argumentationshilfe
für aktuelle medizin- und bioethische Fragen, Hannover August 2002, S.9f., 26f)
·
USA:
PID bei Frau mit genetischer Veranlagung für seltene Form von Alzheimer (bricht
schon in jungen Jahren aus, Schwester mit 38 Jahren erkrankt);
(GID 151 4-5/2002 S.29)
·
Uni
Bonn; erstmals vor einer künstlichen Befruchtung Polkörperdiagnostik; gesunde von
anormalen Eizellen getrennt; mit der verwendeten Methode kann die Erfolgsrate
bei der Reagenzglasbefruchtung gerade im Fall älterer Frauen deutlich erhöht
werden; Chromosomenfehler bestimmt; 1 gesundes Mädchen geboren, 5 Frauen noch
schwanger
(GID 151 4-5/2002 S.31)
·
in
den meisten europäischen Ländern – außer in Österreich, der Schweiz und Irland
– sowie in den USA, Israel und einigen asiatischen Ländern ist die PID, z.T.
mit Einschränkungen, zulässig
(Evangelische Frauenarbeit in Deutschland u.a.: Von der Würde und der
Verantwortung von Frauen, Arbeitshilfe, Frankfurt/Main 2002, S.38)
·
Vorsitzender
des Nationalen Ethikrates Simitis: für klare Grenzen der PID ausgesprochen;
möglicherweise akzeptieren, wenn sie beschränkt und an scharfe Bedingungen
geknüpft werde
(epd-Wochenspiegel 2/03 S.6)
·
Bayerischer
Landesbischof Friedrich:
gegen Zulassung der PID (Embryonen
werden getötet „behinderte, kleine Menschen“; Beschränkung auf enge Grenzen
nicht durchsetzbar und kontrollierbar;)
auch die Zulässigkeit der In-vitro-Fertilisation noch einmal überdenken;
(VELKD-Informationen 9.12.02)
·
Bericht
des PID-Komitees derEuropäischen Gesellschaft für Reproduktion und Embryologie;
Daten von 25 Fortpflanzungszentren; 3 Zentren gaben an, per PID eine
Geschlechtsauswahl vorzunehmen
(GID 155/2002-2003 S.29)
·
Kollek:
die entscheidende Frage ist, ob sich die Methode auf solche schweren Schicksale
begrenzen lässt
(GEO Wissen Nr.30: „Die neuen Wege der Medizin“ 2002, S.25)
·
Totipotenz:
Versuche an Schafen, Kaninchen und Schweinen haben gezeigt, dass nach einer
künstlichen Befruchtung der Eizelle bis zum 8-Zell-Stadium mit entnommenen
einzelnen Zellen eine Trächtigkeit und Geburt eines neuen Tieres induziert
werden kann (im 8-Zell-Stadium nur noch mit einer Erfolgsrate von 10 %); mit einer
aus dem 16-Zell-Stadium isolierten Blastomere ist so etwas bislang überhaupt
nicht gelungen; man vermutet, dass auch beim Menschen die Zellen spätestens des
16-Zell-Stadiums sämtlich nicht mehr totipotent sind, bis zum 8-Zell-Stadium
können es jedoch zumindest einige von ihnen sein; auch Zellverbände (z.B.
mehrere Zellen gemeinsam) können „totipotent“ sein, selbst wenn es die einzelne
Zelle nicht ist (z.B. Teilung von frühen Embryonen bis zur Ausbildung des
Primitivstreifens à
eineiige Zwillinge) (10)
·
Als
Präimplantationsdiagnostik wird die genetische Untersuchung von Embryonen
bezeichnet, die wenige Tage alt sind und durch extrakorporale Befruchtung
erzeugt wurden. Für die Übertragung in die Gebärmutter der Frau werden von
mehreren Embryonen diejenigen ausgewählt, bei denen bestimmte
Chromosomenstörungen bzw. Mutationen mit großer Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen werden können. (14)
·
üblicherweise
werden dem Embryo drei Tage nach der Befruchtung, wenn der Embryo aus 6-10
Zellen besteht, ein bis zwei Zellen (Blastomeren) entnommen; ein Viertel der
Zellmasse des Embryos kann zu diesem Zeitpunkt entnommen werden, ohne dass die
Entwicklung des E. langfristig beeinflusst wird;
die molekulargenetische und chromosomale Diagnostik erfolgt je nach
Fragestellung durch verschiedene Varianten der Polymerasekettenreaktion (PCR)
oder die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH); FISH vor allem bei der
Geschlechtsbestimmung (X-Chromosom-gekoppelte genetisch bedingte Erkrankungen)
und der Suche nach chromosomalen Fehlverteilungen;
das Hauptproblem der FISH liegt darin, dass verschiedene Zellen eines Embryos
unterschiedliche Chromosomenmuster aufweisen können (Mosaikbildung); es wurde
gezeigt, dass bei etwa 18 Prozent der Embryonen eine solche Mosaikbildung
vorliegt; das bedeutet, dass in solchen Fällen eine Diagnose einer einzelnen
Zelle einen Schluss auf die Konstitution der übrigen Zellen nicht zulässt (15)
·
Polkörper-Untersuchungen:
Die reife Eizelle (wie auch das Spermium) ist haploid (von gr. haplo =
einfach), sie enthält also jedes Chromosom nur einmal. Um vom diploiden zum
haploiden Zustand zu gelangen, findet in zwei Reifeteilungen eine komplizierte
Sequenz von Chromosomenverdopplung und anschließender Reduzierung statt. Vor
der ersten Reifeteilung verdoppelt sich die DNA jedes Chromosoms, die Zelle
enthält also vier Kopien jedes Gens. Die duplizierten Chromosomen (Chromatiden)
tauschen Abschnitte aus (Rekombination, Crossing over). Dadurch gelangen Gene,
die ursprünglich auf Grund ihrer väterlichen und mütterlichen Herkunft auf
(den) verschiedenen Chromosomen eines Paares lagen, auf ein „neu kombiniertes“
Chromosom, die Erbanlagen werden also durchmischt. Nach diesem Genaustausch
trägt jede der vier Chromatiden eine unterschiedliche Kombination von Varianten
eines Gens (Allelen). Jede der vier entsprechenden Chromatiden ist somit
einzigartig. Bei den beiden Reifeteilungen werden drei der vier Chromatiden in
sog. Polkörper abgegeben. In der ersten Reifeteilung kurz vor dem monatlichen
Eisprung der Frau entsteht der erste Polkörper durch Abschnürung eines
haploiden Satzes von Chromosomen mit je zwei Chromatiden; der Polkörper kann
sich anschließend noch einmal teilen. Die Eizelle behält den anderen haploiden
Chromosomensatz. In der zweiten Reifeteilung erfolgt eine Trennung der
Chromatiden: eine von ihnen bleibt in der Eizelle, während die andere mit dem
zweiten Polkörper abgeschnürt wird. Letzteres geschieht erst nach Eindringen
des Spermiums in die Eizelle. Die Polkörper nehmen an der weiteren Entwicklung
nicht teil und gehen zugrunde; (6f)
Polkörper-Untersuchungen:
eine genetische Untersuchung kann nicht nur an embryonalen Zellen, sondern...
auch an den Polkörpern durchgeführt werden; der erste Polkörper entsteht kurz
vor dem Eisprung und enthält einen der beiden Chromosomensätze der Mutter; der
andere mütterliche Chromosomensatz verbleibt in der Eizelle; aus der
Untersuchung des Polkörpers kann deshalb auch auf bisher aufgetretene Fehler
bei der Chromosomenverteilung geschlossen werden;
Zuverlässigkeit der Ergebnisse mit der bei embryonalen Zellen vergleichbar;
Einsatz der Methode durch ESchG zeitlich begrenzt (nur enges Zeitfenster vor
der Kernverschmelzung);
bei der P.-Diagnostik fehlt die Möglichkeit, chromosomale Veränderungen zu
diagnostizieren, die erst nach der Polkörperbildung auftreten (solche machen
nur <5% aus); die genetische Aussage ist außerdem auf das Erbmaterial der
Mutter beschränkt;
in Deutschland wird die Polkörperdiagnostik an einigen Universitätskliniken
sowie mittlerweile zunehmend auch von privaten Laboratorien angeboten (16)
Die Untersuchung dieser Polkörper ist vom ESchG nicht verboten, weil dessen
Bestimmungen erst von der Kernverschmelzung an greifen. (34)
·
internationale
Erfahrungen PID:
Fehldiagnosen 3-4%;
zur Absicherung der Diagnose in fast der Hälfte der Fälle eine invasive PND
durchgeführt (19)
·
bei
multifaktoriell vererbten Eigenschaften (mehrere Gene beteiligt +
Umwelteinflüsse) würden viele Embryonen zur Untersuchung benötigt; die PID ist
schon aus diesem Grund nicht geeignet zur gezielten Auswahl von Kindern mit
bestimmten multifaktoriell erblichen Merkmalen (z.B. Augenfarbe, Haarfarbe,
Körpergröße, Intelligenz) oder zum Ausschluss multifaktoriell bedingter
Krankheiten (z.B. Diabetes mellitus, psychische Erkrankungen); ein weiterer
Grund ist, dass Gene, die diese Eigenschaften beeinflussen, zum größten Teil
bisher nicht bekannt sind; (20)
·
PID
international (Europa):
gesetzlich erlaubt: 4 Länder,
nicht gesetzlich geregelt und zulässig: 9 Länder,
gesetzlich verboten: 4 Länder
Frankreich: keine Indikationsliste, drei speziell zugelassene Zentren
Großbritannien: keine Indikationsliste, 5 Zentren mit Behandlungsgenehmigung
Niederlande: Status eines Forschungsprojekts, eine Uniklinik;
die Frage der Totipotenz der bei der PID entnommenen Zellen ist in den drei
Ländern kein Diskussionsgegenstand (28f)
·
als
Indikationen für PID werden von Ärzten angegeben:
strukturelle Chromosomenfehler 21,6%,
Chromosomenfehlverteilungen 19,5%,
autosomal rezessiv vererbte Erkrankungen 18,6%,
autosomal dominant vererbte Erkrankungen 16,3%,
X-chromosomal vererbte Erkrankungen 18,8%,
Geschlechtswahl 4,4%
·
geschätzte
Zahlen für mögliche Inanspruchnahme von PID in Deutschland:
a) sehr restriktive Bedingungen (bereits erkranktes Kind geboren): 80-100 Paare
pro Jahr
b) auch Paare, die schon vor der ersten Schwangerschaft von genetischem Risiko
wissen: etwa 600 Paare pro Jahr
c) bei bereits geborenen Kindern mit einer Chromosomenstörung: ca. 5600 (31)
·
gegenwärtig
lassen nach inoffiziellen Schätzungen jährlich etwa 50-100 Paare aus
Deutschland eine PID im Ausland durchführen (32)
·
Um
eine Verlagerung der PND – und im Falle der Zulassung auch der PID – in den
„Service“-Bereich zu vermeiden, muss zur Selbstbestimmung der Eltern die
Bindung an die Zielsetzung des ärztlichen Handelns, an Heilung, Linderung und
Prävention von Krankheit, hinzutreten. (33)
·
(Nationaler
Ethikrat: Stellungnahme „Genetische Diagnostik vor und während der
Schwangerschaft“, 23.1.03, die Seitenangaben beziehen sich auf die
Druckfassung, verschickt am 24.1.03)
·
drei
Zielrichtungen bei PID:
a) Qualitätsprüfung von Embryonen (Auswahl derer, die die besten
Entwicklungschancen haben)
b) Vermeidung genetisch bedingter Aborte (durch Chromosomenstörungen bedingt)
c) Frühdiagnose von Erbkrankheiten
(Die Zeit 23.1.03 S.25)
·
Organisationen
der Ärzte im Bereich der Reproduktionsmedizin fordern nicht mehr Zulassung der
PID, möchten aber Embryonen unter dem Mikroskop „morphologisch“ untersuchen und
aussuchen dürfen; es gibt Juristen, die meinen, dass das ESchG das bei
liberaler Auslegung zulasse
(taz 4.4.03)
·
PID
stellt ein Instrument der Selektion von Embryonen dar, mit dessen Hilfe sowohl
individuelle genetische Risiken als auch allgemeine chromosomale Risiken „für
Einnistung und erfolgreiches Austragen der Frucht identifiziert werden können“;
dem Hinweis auf die Polkörperdiagnostik mit IVF als Alternative für betroffene
Paare können wir uns ... angesichts der mit der P. letztlich auch verbundenen
Intention der Auslese nicht anschließen;
(Diakonie Korrespondenz 02/03: Jeder Mensch ist zum Bild Gottes geschaffen,
März 2003, S.10ff)
·
in
Sheffield/England erstes “Designer-Baby” (erstes menschliches Ersatzteillager)
geboren; Stammzellen des Jungen sollen seinen vierjährigen Bruder von einer
seltenen Form der Blutarmut heilen; ohne diese Therapie würde er höchstens 30
Jahre alt werden; Auswahl eines für diesen Zweck gezeugten Embryos war verboten
worden; Eltern hatten daraufhin in den USA 10 Embryos untersuchen lassen, zwei
wiesen eine Verträglichkeit von 98% (mit Merkmalen des kranken Jungen auf;
wurden der Mutter eingepflanzt, 1 überlebte
(taz 20.6.03)
·
britisches
Berufungsgericht hat Weg zur Zeugung eines Babys frei gemacht, das seinem
kranken Geschwister als Rohstofflieferant dienen soll (Stammzellübertragung aus
dem Knochenmark)
(GID 158 6/7-2003 S.21)
·
Die
ethische Rechtfertigung für eine IVF besteht in der Bejahung des Rechtes auf
ein Kind. Im Falle der PGD (=PID) wird dieses Recht ausgeweitet zu einem Recht
auf ein gesundes Kind unter Einschluss des rechtes auf die Selektion (Tötung)
eines kranken Embryos.
(Eibach, U.: Menschenwürde an den Grenzen des Lebens, Neukirchen-Vluyn 2000,
S.125)
·
Die
Antizipation dieses schweren Konfliktes erfolgt für Eltern (die schon ein
genetisch und auf den Tod hin schwer krankes Kind haben) aus der erlebten
Wirklichkeit
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S. 101)
·
Vorschlag,
dass ein Paar, das eine erbliche Belastung für den eigenen Nachwuchs fürchtet,
doch adoptieren solle... so gut wie unmöglich, weil kein Jugendamt Eltern eines
behinderten Kinde ein weiteres zu Adoption geben würde;
auch der Verzicht auf leibliche Kinder erscheint vielen, die eine PID
grundsätzlich ablehnen, als zumutbare Alternative... Ich habe Zweifel, ob die
Frage der Zumutbarkeit von außen beurteilt werden kann und darf
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.299)
·
bei PID werden aus einem Embryo (8Zellen) 1
oder zwei Zellen entnommen für Untersuchung des Erbgutes;
immer häufiger auch zur Verbesserung der Behandlung von Sterilität eingesetzt
(Auswahl sich gut entwickelnder Embryonen nach IVF); beobachtet:
Schwangerschafts-Erfolgsrate solcher ausgewählter Embryonen nicht besser; ein
möglicher Grund: auch im 8-Zell-Stadium schon Differenzierung der Zellen,
(„nicht mehr ein Haufen gleicher Zellen“); weitere Gründe: Bohren eines großen
Lochs in die Schutzhülle des Embryos erforderlich (nicht nur mechanische
Barriere?), manchmal zwischenzeitlich Tieffrieren der Embryonen, bis
Untersuchungsergebnis vorliegt;
Polkörperchendiagnostik als (ethisch und gesundheitlich unproblematischere)
Alternative?; in Bonn werden solche (erlaubten) Untersuchungen durchgeführt,
getestet wird auf Anomalien bei der Verteilung der Chromosomen 13, 16, 18, 21
und 22
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, Montag, 26. Mai 2003, Nr. 121)
· Großbritannien: PID erlaubt zur
Erkennung schwerer Krankheiten oder von spontan auftretenden
Chromosomendefekten:
Belgien: Gesetz sieht vor: PID zur Vermeidung schwerer Erbkrankheiten zulässig;
Selektion nach nicht-pathologischen Merkmalen gilt als „Eugenik“ und wird
abgelehnt;
Dänemark: Untersuchungen bei Risiko schwerer Erbkrankheiten und zur Vermeidung
chromosomaler Defekte zulässig; Screening auf Chromosomenschäden und
Geschlechtswahl werden abgelehnt
Frankreich: PID nur zur Vermeidung schwerer genetischer Krankheiten erlaubt
(GID 160 Okt/Nov2003 S.30ff)
·
Dänemark:
Ergänzung zum 7 Jahre alten Gesetzt zur künstlichen Befruchtung verabschiedet:
künftig ist es zulässig, dass Eltern selbst bestimmen können, aus welcher von
mehreren künstlich befruchteten Eizellen sich ein Embryo entwickeln soll;
bisher bestand diese Möglichkeit nur, wenn eine Risiko bestand, dass eine
schwere Erbkrankheit weitergegeben wird; konkreter Fall: 5jähriger Sohn schwere
Knochenmarkserkrankung; Hilfe nur noch möglich, wenn ein Geschwisterkind mit
den „richtigen“ Gewebeeigenschaften Knochenmark spendet;
in Norwegen soll das gerade erst verabschiedete Gesetz aus den gleichen Gründen
geändert werden und bisher verbotene Gentests an Eizellen zulässig machen
(taz 2.4.04)
·
mit
Hilfe der Transplantation von blutbildenden Stammzellen in USA vier Kinder mit
Fanconi-Anämie geheilt; Stammzellen aus dem Nabelschnurblut der neugeborenen
Geschwister der erkrankten Kinder gewonnen; Geschwister mit Hilfe von PID
ausgewählt
(GID 162/2004 S.27)
·
Frankreich:
neues Bioethikgesetz: PID soll zulässig sein bei „schweren genetischen
Krankheiten“, auch, um Geschwister auszuwählen als Spender für Nabelschnurblut
(GID 162/2004 S.39)
· Bischof Huber: PID: also kriegen wir
eine Erweiterung der IVF, um dann diese vorgeburtliche Diagnostik anwenden zu
können, ... eine Praxis, die auf dem Grundsatz der Unterscheidung von
lebenswertem und lebensunwertem Leben beruht
(Publik-Forum 16/2003 S.49)
· Im Rahmen einer zweijährigen Chicagoer
Studie haben Reproduktionsmediziner fünf Elternpaaren zu Kindern verholfen, die
als Stammzellspender für ihre erkrankten Geschwister dienen sollen.;
bei Umfragen in den USA gaben 61% an, dass eine PID zu befürworten sei, wenn
damit einem Geschwisterkind geholfen werden soll;
57% sprachen sich gegen eine Anwendung der PID zur Geschlechtsbestimmung aus
(GID 164/2004 S.32)
· Gesetzentwurf der FDP: PID zulassen in
Einzelfällen, aufgrund der genetischen Disposition der Eltern oder eines
Elternteils, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwerwiegende
Erbkrankheit vorliegt, nach Billigung durch eine Ethikkommission
(GID 164/2004 S.45)
· 8 reproduktionsmedizinische Zentren
haben bei der DFG Antrag für ein Forschungsprojekt eingereicht, soll klären, ob
die Erfolgschancen der IVF durch die so genannte Polkörperdiagnostik erhöht
werden kann; dabei wird nicht das Erbgut des Embryos untersucht (in Deutschland
verboten), sondern das Erbgut in den Polkörperchen, die die Eizelle unmittelbar
nach der Befruchtung abschnürt; man würde dann als defekt erkannte Eizellen
nicht implantieren; im Verlauf der Studie sollen über tausend Paare an einem
Screening auf 5 Chromosomen teilnehmen
(GID 163/2004 S.30)
·
in
Großbritannien will ein Hospital in London die Erlaubnis einholen, künstlich
befruchtete Embryonen vor der Übertragung auf die Mutter nach Krebsgenen zu
untersuchen (PID)
(taz 30.7.04)
·
Unis
Marburg, Gießen und Heidelberg;
Befragung von 162 genetischen Hochrisikopaaren und 149 Paaren einer
Kontrollgruppe; 89% der Hochrisikogruppe (73% der Kontrollgruppe) für eine
Legalisierung der PID; 37% der Hgruppe (20% Kgruppe) waren der Auffassung, dass
PID für alle genetischen Erkrankungen zulässig und die Entscheidung über die
Legitimität den betroffenen Familien überlassen werden sollte
(Dtsch. Ärzteblatt 101 Heft 6 S.A327)
·
Behörde
in Großbritannien hat zugelassen, dass unter strengen Auflagen mehrere
Embryonen hergestellt werden, um darunter solche auszuwählen, die geeignete
Knochenmarksspender für erkrankte Geschwisterkinder sein könnten; nach PID der
Mutter einpflanzen
(Freie Presse Chemnitz 27.7.04)
·
einem
5-jährigen Jungen sind in Großbritannien erfolgreich Stammzellen seines einjährigen
Bruders übertragen worden; dieser war als passender Spender gezeugt und als
Embryo ausgewählt worden; lebensbedrohliche Blutkrankheit
Diamond-Blackfan-Anämie; Behandlung (PID) in den USA, da Verfahren damals noch
in GB verboten war
(Freie Presse Chemnitz 29.7.04)
·
erstmals
in Deutschland Kind geboren, bei dem durch Polkörperdiagnostik eine schwere
Erbkrankheit ausgeschlossen werden konnte;
PKD wird zu einem Zeitpunkt durchgeführt, zu dem die Kerne von Ei- und
Samenzelle noch nicht verschmolzen sind – fällt damit nicht (wie ein EMBRYO
nach der Kernverschmelzung) unter den Schutz des Embryonenschutzgesetzes;
Polkörper spalten sich bei den letzten Reifeteilungen bei der Bildung der
Eizelle ab; an ihnen lässt sich nur das mütterliche Erbgut prüfen;
auch bei PKD wird ausgewählt = Selektion;
(Die Zeit 30.9.04 S.39)
·
allein
in Belgien, Dänemark, Großbritannien, Italien, Norwegen und USA nach PID bisher
mindestens 1600 Kinder zur Welt gekommen
(Das Parlament 26.7./2.8.04)
·
Australien
erstmals PID eingesetzt, ohne dass genetische Merkmale getestet wurden;
rhesus-negative Frau kann bei rhesus-positivem Kind Antikörper gegen dieses
Merkmal entwickeln; Frau hatte schon ein Kind mit hämolytischer Anämie geboren;
bei erneuter Schwangerschaft 12 Embryonen getestet, drei rhesus-negative
übertragen
(GID 168/2005 S.34)
·
in
Großbritannien dürfen Embryonen durch PID auch aufgrund eines erhöhten
Darmkrebsrisikos aussortiert werden (bei Eltern mit familiärer adenomatöser
Polyposis FAP), Krankheit wird dominant vererbt (50% Wahrscheinlichkeit)
(GID 167/2004 S.36)
·
Gesetzentwurf
Spanien: unter bestimmten Bedingungen erlaubt, durch künstliche Befruchtung ein
Kind zu erzeugen, das als Spender von Rückenmark (Knochenmark? JK) einem
todkranken Geschwisterkind das Leben retten kann; „Designer-Baby“
(taz 10.2.05)
·
S.12:
Das Recht auf Leben nach Art. 2 Abs. 2 GG besteht nicht absolut ... Gegenüber
unmittelbar nach der Befruchtung existierendem Leben ist die Schutzpflicht (des
Staates) geringer als nach erfolgter Nidation;
Die künstliche Befruchtung durch IvF und die Methode der PID verstoßen nicht
gegen die Menschenwürde des Kindes;
verstoßen (auch) nicht gegen §1 Abs. 1 Nr.2 des ESchG, denn Ziel ist die
Herbeiführung der Schwangerschaft zur Geburt eines Kindes, das nicht mit einem
bestimmten Gendefekt belastet ist;
S.59: Eine Erkrankung ist schwerwiegend, wenn die Krankheit nicht behebbar ist,
also dem Kind entweder nur kurze Überlebenschancen gibt oder schwere oder
irreparable körperliche oder geistige Schäden mit sich bringt;
(Präimplantationsdiagnostik, Bericht der Bioethik-Kommission des Landes
Rheinland-Pfalz, 20.7.1999)
·
Australien PID bereits seit 7 Jahren erlaubt
(GID 165/2004 S.45)
·
Nach Großbritannien erlaubt auch Belgien
„Designerbabys“: Geschwisterkinder werden durch PID im Reagenzglas so
ausgewählt, dass sie nach der geburt lebensrettende Zellen für ein bereits
geborenes, schwer krankes Geschwisterkind liefern können;
in Israel darf PID auch genutzt werden, um das Geschlecht des Wunschkindes
vorab zu bestimmen (nicht nur, wenn geschlechtsgebundene Erbkrankheit
befürchtet wird, auch zur Familienplanung)
(taz 20.5.05)
·
Bayerische Staatsregierung beruft eigenen Ethikrat; der gibt Mitte 2003
seine Empfehlungen zur PID ab; mit überwältigender Mehrheit (10:2) für eine
begrenzte Zulassung der PID, Ministerpräsident Stoiber für Beibehaltung des
PID-Verbots, Information der Öffentlichkeit erst Monate später
(taz 16.1.04)
·
(S.213) W. Lübbe: bei der PID wird nicht nur beim Akt der
Diagnose, sondern auch bei der Selektion selbst kein Embryo getötet; der Akt
der Selektion besteht, anders als im Falle der Abtreibung, in der Unterlassung,
nämlich im Verzicht auf die Implantation; dass eine Frau eine Implantation
jederzeit verweigern kann, ist unstrittig; Verweigerung wird nicht als Tötung
durch Unterlassen bestraft; mir ist nicht einmal eine Position bekannt, die den
Schritt der Verweigerung der Implantation nach durchgeführter IvF mit einer
Begründungs- und Beratungspflicht verknüpfen möchte; wenn eine Frau die
Möglichkeit der PID in Anspruch nehmen möchte, dann tut sie in bestimmter
Hinsicht nichts anderes als das, was wir alle tun, wenn wir jemanden in unseren
Nahbereich zulassen und dabei in Orientierung an den uns zugänglichen
Informationen selektiv vorgehen; an das Diskriminierungsverbot ist unmittelbar
nur der Staat gebunden, Private nicht; niemand ist verpflichtet, au Jahre
hinaus seine private Freiheit aufzugeben, um einem anderen Menschen das Leben
zu retten
(Ethik in der Medizin, Heft 3/2003: Behinderung und Medizinethik)
· Nationale Ethikkommission der Schweiz
plädiert für Genehmigung der PID in zwei Fällen:
a) Paare, bei denen bekannte genetische Risiken für eine schwere Erbkrankheit
bestehen
b) Paare, die wegen Kinderlosigkeit künstliche Befruchtung durchführen lassen
keine Eugenik, keine nicht krankheitsgebundenen Merkmale
(GID 173 Dez05/Jan06 S.38)
· ist es nicht
auszuschließen, dass eines Tages versucht werden könnte,
(von einem Embryo JK) abgespaltene menschliche Zellen auf vorhandene genetische
Defekte zu untersuchen ...
Künftig Genomanalysen an totipotenten embryonalen Zellen durchzuführen, wird
allenfalls dann vertretbar sein, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte damit
gerechnet werden muss, dass das Kind an schwerwiegenden – von §218 a Abs.2 Nr.1
StGB erfassten – genetischen Defekten leiden werde.
(Gentechnologie Chancen und Risiken 6 In-vitro.Fertilisation, Genomanalyse und
Gentherapie; Bericht der gemeinsamen Arbeitsgruppe von BMF und BMJ, J.
Schweitzer Verlag, München 1985, S.40)
· Spanien:
Herstellung so genannter Designerbabys soll unter bestimmten Voraussetzungen
erlaubt werden; als potenzielle Gewebespender für kranke Geschwisterkinder;
aus mehreren im Reagenzglas gezeugten Embryonen werden die ausgewählt, die eine
Veranlagung für eine genetisch bedingte Erkrankung nicht haben und als kompatibler
Gewebespender für ein krankes Geschwisterkind geeignet wären;
rund 150 Familien in Spanien warten auf Zulassung;
in USA, Belgien, Großbritannien bereits zugelassen;
(GID 175 April/Mai 2006 S.57)
· etwa 400 bis
500 Paare in Deutschland, die sich Kinder wünschen,
aber Träger einer bekannten schweren Erbkrankheit sind;
es gehe darum, den großen Schmerz über tote Embryonen im Mutterleib, schwere
und schwerste Behinderungen und großes jahrelanges Leid der Kinderwunschpaare
präventiv zu vermeiden, wo es vermeidbar ist;
über PID könnte die Zahl der erfolgreichen Geburten um mindestens 50%
gesteigert werden (schwere Chromosomenstörungen, die während der
Schwangerschaft vom Körper der Mutter abgestoßen würden, frühzeitig
aussortieren)
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.13)
· USA:
fast die Hälfte aller Fruchtbarkeitskliniken, die PID durchführen, bietet auch
die Möglichkeit der Geschlechtsselektion an;
PID in den USA inzwischen bei jedem 20. Versuch einer künstlichen Befruchtung;
in zwei Dritteln der Fälle Suche nach chromosomalen Abweichungen;
12% zum Ausschluss bestimmter genetischer Erkrankungen;
3% Suche nach Embryonen mit Veranlagung für bestimmte geschlechtsgebundene
Erkrankungen;
42% der Kliniken machen PID auch aus nicht-medizinischen Gründen
(GID 178 10/11-2006 S.43)
· auf der
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
fordern Mediziner eine angepasste Auslegung des Embryonenschutzgesetzes:
Zulassung der Tiefkühlung für Embryonen und (mikroskopische) Auswahl derer, die
die besten Entwicklungschancen haben
(GID 178 10/11-2006 S.43)
·
Interview mit Irmgard Nippert, Studie für die
Friedrich-Ebert-Stiftung über Erfahrungen mit PID in europäischen Ländern; www.zeit.de/2007/05/pid;
erhitzte Debatte um PID; es haben bisher eher die Befürworter der PID recht
behalten;
von unkontrollierter Ausweitung kann keine Rede sein; in Großbritannien
zwischen 1990 und 2004 rund 500 Behandlungszyklen und 100 geborene Kinder;
Frankreich etwa 100 PID-Behandlungen pro Jahr mit 10-20 Geburten;
in Belgien kommt PID inzwischen bei rund 50 monogen bedingten Erkrankungen zum
Einsatz, z.B. Mukoviszidose oder Muskeldystrophien; für spät (oder gar nicht)
ausbrechende Krankheiten nur 1 Test: auf erblichen Brustkrebs;
für einen generellen Babycheck oder die Tendenz zur genetischen Verbesserung
(so genannte Designer-Babys) gibt es auch nach 15 Jahren Erfahrung mit PID
nicht den geringsten Hinweis;
dass Kinder gezielt in die Welt gesetzt werden, um mit ihren Zellen das Leben
eines Geschwisterkindes zu retten, - dieses Verfahren wird nicht wahllos
angewandt, sondern vorsichtig mit Fall-zu-Fall-Entscheidung, Konsultation von
Ethikkommissionen, beschränkt sich auf wenige Fälle;
in Belgien kommen etwa die Hälfte der behandelten Paare aus dem Ausland, vor
allem aus Deutschland; vielleicht ein paar Dutzend im Jahr
(ZEIT 25.1.07 S.37)
·
US-Mediziner Jeffrey Steinberg;
Geschlechtsselektion durch Präimplantationsdiagnostik; Trefferquote 100 %;
Neonlichtmikroskop;
täglich etwa 3 Selektionen, pro Jahr 1000; 18480 Dollar pro Selektion;
ich greife nicht ein, ich wähle nur aus;
S. ist Jude; der Rabbi akzeptiert die Geschlechtswahl, der jüdische Glaube hat
kein Problem damit, der Rabbi sagt nur: „Geht und vermehrt euch.“, er sagt
nicht, wie wir das machen sollen;
60 % der Kunden aus dem Ausland;
(ZEIT 22.2.07 S.37)
·
Norwegen, Fall eines Jungen mit der genetisch
bedingten Erkrankung Thalassämie (rote Blutkörperchen in ihrer Funktion
beschränkt, selbst bei Behandlung verringerte Lebenserwartung); Heilung bisher
nur über Knochenmarkstransplantation möglich; Eltern aus der Türkei möchten ein
zweites Kind zeugen, dessen Knochenmark für eine Spende geeignet ist; Auswahl
über PID; war bisher in Norwegen verboten; in Zukunft soll ein Ethikkomitee
über Einzelfälle entscheiden
(taz 2.2.07)
·
Gerichtsentscheid Berliner Sozialgericht:
die gesetzlichen Krankenkassen müssen nicht für einen im Ausland
durchgeführten, hierzulande jedoch verbotenen Gentest bezahlen; PID wegen der
Befürchtung einer Frau, einen vererblichen Gendefekt an ihre Kinder
weiterzugeben
(taz 8.6.07)
·
in Großbritannien sollen im Reagenzglas gezeugte
Embryonen auf eine genetische Veranlagung für Brustkrebs getestet werden;
Zulassung gilt als sicher; die getesteten Gene führen mit 20 bis 65 %
Wahrscheinlichkeit tatsächlich zur Erkrankung;
Großbritannien bereits genehmigt Gentest als PID, der auf erbliche Disposition
für Schwäche der Augenmuskeln (starkes Schielen); also keinesfalls eine
lebensbedrohliche Beeinträchtigung;
Schweden: erstmals Auswahl eines Embryos für Gewebespende für Geschwisterkind;
Nabelschnurblut-Stammzellen sollen entnommen werden; unheilbare Erkrankung:
Blindheit, Taubheit, vorzeitiger Tod
(GID 182 Juni 2007 S.40)
·
PID führt nach einer belgischen Studie nicht zu mehr
Missbildungen bei den späteren Neugeborenen; allerdings deuten Ergebnisse auf
eine möglicherweise erhöhte Säuglingssterblichkeit hin
(Die Zeit 28.6.07 S.32)
·
niederländische Forscher:
nach PID führten 25 % der Fälle zu einer Schwangerschaft;
ohne PID waren es 37 %;
womöglich schädigt die frühe Zellentnahme manche Embryonen so, dass sie sich
nicht richtig einnisten können
(Spiegel 28/2007 S. 136, GID 183/2007 S.32)
·
(33) 2004 wurden mindestens 222 Mehrlinge im
Mutterleib abgetötet, die durch IvF entstanden waren; „abnormale Entwicklung:
gezielt durch Spritze ins Herz getötet; aber auch unselektiv werden Mehrlinge
entfernt (Befürchtete Schäden für Mutter und Kinder); bei zulässiger PID wäre
Selektion von überlebensfähigen Embryonen vorher möglich
(GID 183/2007)
·
Arbeitsgruppe der Berlin-Brandenburgischen Akademie
der Wissenschaften fordert, PID zuzulassen; Untersuchung verbessert
Schwangerschaftsrate bei IvF;
jährlich sollen knapp 1000 europäische Paare mit Kinderwunsch für eine im
eigenen Land nicht angebotene oder verbotene Behandlung ins Ausland fahren
(PID, Eizellspende)
(GID 184/07 S.34)
·
Jährlich knapp 1000 Fälle in Europa, in denen Eltern
PID in einem Nachbarland durchführen lassen;
Online-Umfrage bei 53 PID-Zentren, 36 haben Behandlung ausländischer Paare
bejaht: Spanien 332 Fälle, Belgien 127, Tschechien 110, Zypern 150;
(Deutsches Ärzteblatt 21.9.07 S. A2558)
·
Haben Gehörlose ein Recht auf gehörlose
Designerbabys? Das sonst so libereale Großbritannien will es ihnen per Gesetz
verwehren. Kritiker halten dies für Eugenik.
es gibt einen Gesetzentwurf, nach dem, wenn ein freiwilliger Gentest (PID) ergibt,
dass ein Embryo ernsthafte genetische Schäden aufweist, dieser ausrangiert
werden muss; von Staats wegen darf nur erbgesunder Nachwuchs zum Zuge kommen;
z.B. anzuwenden im Fall der erblichen Veranlagung zur Gehörlosigkeit
(Spiegel 18-2008 S.154)
·
In Italien dürfen Paare, die mit Erbkrankheiten
vorbelastet sind, im Reagenzglas gezeugte Embryonen vor der Einpflanzung in die
Gebärmutter auf genetische Defekte untersuchen lassen; damit PID nicht mehr
generell verboten (so seit 2003)
(taz 2.5.08)
·
Keine Angst vor dem Designer-Baby
In Großbritannien Zulassung durch das Parlament (mit 179 Stimmen Mehrheit),
dass so genannte „savior siblings“ („Rettungs-Zwillinge“) gezeugt und im Labor
ausgewählt werden dürfen; mehrere Eizellen werden künstlich befruchtet und der
Embryo, der die größte genetische Übereinstimmung mit dem kranken
Geschwisterkind hat, wird in die Gebärmutter der Frau eingepflanzt; nach der
Geburt kann das Kind Zellen aus der Nabelschnur oder aus dem Rückenmark
spenden, mit denen das kranke Geschwisterkind geheilt werden kann;
bei bestimmten Erkrankungen (Leukämie) sind genau kompatible Spender von
Knochenmark nötig;
natürlich instrumentalisiert man ein Kind, wenn man es aus mehreren Embryonen
so auswählt, dass es genetisch zum Geschwisterkind passt; aber es geht
schließlich um Kinder, wie sie auch zufällig hätten zur Welt kommen können;
schon Erfahrungen in GB mit 6 solchen savior siblings; die jetzt erteilte
Genehmigung formuliert enge Grenzen
(taz 21.5.08)
·
Baby als Organspender;
dürfen Eltern mit einem kranken Kind künftig ein „Helfer-Geschwisterchen“
erzeugen lassen, das genetisch zum ersten, kranken Kind passt und Gewebe oder
Organe spenden kann;
(später:) das zweite Kind kann dann z.B. Knochenmark spenden, um das Leben des
ersten zu retten
(Freie Presse Chemnitz 21.5.08)
·
Bei erblich bedingter Brustkrebsgefahr sollen
niederländische Eltern zukünftig unter künstlich gezeugten Embryonen die nicht
von der Erkrankung betroffenen auswählen können
(taz 28.5.08)
·
In England von 1990 bis 2004 rund 100 Kinder nach
PID geboren;
Kind, das künstlich gezeugt und per PID gezielt ausgewählt wurde, um Blut oder
Gewebe zur Übertragung für ein erkranktes Geschwisterkind zur Verfügung
zustellen:
„das Kind würde auf jeden Fall leiden, wenn es seinem Geschwister nicht helfen
könnte und dieses sterben müsste“;
andere Stimme: es macht schon einen Unterschied für das Spenderkind, ob nur
Nabelschnurblut benötigt wird, eine Blutspende ausreicht oder ob häufige
Punktionen des Knochenmarks notwendig sind oder gar größere Operationen
(ZEIT 29.5.08 S.35)
·
Britische Wissenschaftler haben einen neuen
Embryonencheck entwickelt, der es ermöglichen soll, IVF-Embryonen nach allen
bekannten genetisch bedingten Eigenschaften zu untersuchen, die als Krankheit
oder Anomalie gelten; derzeit 15.000 genetisch bedingte „Fehlentwicklungen“
gekannt; Kosten je Test auf 1500 britische Pfund geschätzt;
Methode noch nicht anwendungsreif, Zustimmung der Behörde in GB unklar
(GID Nr.191 – Dez. 2008, S.44)
·
britisches Unterhaus stimmt der Auswahl von Embryonen
zu, um kranke Geschwister zu retten; Ärzte suchen nach künstlicher Befruchtung
den Embryo aus, der einem lebensbedrohlich erkrankten Geschwisterkind am besten
helfen kann; (genetisch passendes) Nabelschnurblut oder Knochenmark können nach
der Geburt übertragen werden
(taz 24.10.08)
·
erstmals in Spanien „Designer-Baby“ geboren; nach
IvF Embryonen ausgewählt, damit das so gezeugte Kind Nabelschnublut spenden
kann für Rückenmarkstransplantation; sechs Jahre alter Bruder hat
Beta-Thalassämie; Heilungschancen 70 bis 90%
(taz 17.10.08)
·
In
London Januar 2009 Mädchen geboren, bei dem durch PID ausgeschlossen worden
war, dass es Trägerin des Brustkrebsgens BRCA1 sein könnte; das Gen ist für
5-10% aller Fälle von Brustkrebs verantwortlich und lässt die Krankheit mit bis
zu 80%iger Wahrscheinlichkeit zum Ausbruch kommen;
(GID 192 Februar 2009 S.27)
·
US-amerikanische
Kliniken werben neuerdings damit, via PID den Teint (Hautfarbe), das
Geschlecht, die Augenfarbe und die Haarfarbe eines Kindes vorherbestimmen zu
können; Hautfarb-Test umstritten – gilt als technisch nicht möglich
(GID 192 Februar 2009 S.27)
·
Umfrage
USA: 42% der befragten 415 Kliniken boten PID für nicht medizinisch begründete
Geschlechtsauswahl an
(GID 192 Februar 2009 S.30)
·
ist es ethisch vertretbar, Kinder als potenzielle
Gewebespender für kranke ältere Geschwister im Reagenzglas zu zeugen und zu
selektieren?
zwischen Ethik der Würde und Ethik des Helfens
(Der Sonntag Sachsen 12.7.09 S.3)
·
Die Ausweitung der Grauzone. Tagtäglich verstoßen
Mediziner hierzulande gegen das Embryonenschutzgesetz. Juristen billigen diese
Praxis – und die Politik schaut weg.
Elternpaar wünscht sich ein zweites Kind. Allerdings hatten sie bereits eine
schwerbehinderte Tochter und wussten, dass ein zweites krankes Kind ihre Kräfte
übersteigen würde. Über den Rudniks schwebte die Diagnose „chromosomale
Translokation“. Bei dieser Erbkrankheit sitzen die Träger der Erbgutes an der
falschen Stelle, meist sind Teile von zwei Chromosomen vertauscht. Betroffene
Menschen können damit in der Regel zwar gut leben (wenn die Translokation „ausbalanciert“ ist, also in der Summe alle
notwendigen Chromosomen-Teile in der Summe in der normalen Anzahl vorhanden
sind JK), aber nur selten gesunde Kinder bekommen.
Die Eltern baten einen Arzt, gesunde Embryonen auszuwählen …
Der Mediziner Stiftler ließ sich nicht davon schrecken, dass eine solche
Präimplantationsdiagnostik (PID) nach herkömmlicher Rechtsauffassung in
Deutschland verboten ist (bis zu drei Jahre Haft) …
Im Falle der Rudniks sowie für zwei weitere Paare mit ähnlicher Diagnose
befruchtete er insgesamt 8 Eizellen, kontrollierte sie mithilfe der PID – und
pflanze keinen einzigen Embryo in den jeweiligen Mutterleib ein., alle Zellen
hatten sich als schadhaft erwiesen, er ließ sie absterben und schüttete sie
anschließend weg …
Stiftler zeigte sich Anfang 2006 selbst an; nach mehrjähriger komplizierter
Rechtssuche – die Staatsanwaltschaft wollte die Anzeige gar erst nicht zur
Verhandlung bringen – übernahm das Berliner Landgericht den Fall und sprach
Stiftler im Mai 2009 frei;
nach Recherchen der ZEIT steht fest: auch in Deutschland werden seit Jahren
Embryonen ausgewählt und einer Qualitätsprüfung unterzogen. In Dutzenden von
Fertilitätspraxen bleiben Embryonen übrig, werden zur späteren Verwendung auf
Eis gelegt oder – in vielen Fällen – vernichtet.;
führende Medizinrechtler interpretieren die alten restriktiven Regelungen (z.B.
Auslegung des Embryonenschutzgesetzes ESchG) neu; manche argumentieren, das
ESchG verbiete gar nicht grundsätzlich die PID, sondern nur den Gencheck kurz nach der Befruchtung; bei der PID
im frühen Stadium werden totipotente
Zellen (die grundsätzlich selbst noch die Fähigkeit haben, sich zu einem
eigenständigen Menschen zu entwickeln) abgetrennt und untersucht, Stiftler dagegen
untersuchte pluripotente Zellen in
einem späteren Stadium (die nur noch unterschiedliche Organe bilden können,
aber die Totipotenz verloren haben); Rechtsprofessorin Frommel hält das für
vergleichbar mit der gängigen vorgeburtlichen Diagnostik (Fruchtwasseruntersuchung)
und deshalb für erlaubt;
Das ESchG erwähnt die PID nicht, weil es diese Technik bei der Verabschiedung
des Gesetzes noch gar nicht gab; das heutige PID-Verbot in Deutschland fußt
lediglich auf einer Auslegung des Gesetzes;
Im Ausland setzt sich zunehmend der so genannte Single-Embryo-Transfer (SET)
durch. Unter mehreren befruchteten Eizellen fahnden die Mediziner nach den
erfogversprechndsten und setzen nur diese in den Mutterleib ein. Die restlichen
(gesunden JK) Embryonen werden eingefroren,
kranke verworfen.;
Medizinrechtler Taupitz: es sein keiner Frau zuzumuten, einen Embryo ohne
Chance auf Entwicklung austragen zu müssen. Im bislang einzigen Prozess in
Deutschland gegen einen Mediziner, der mehr als die drei (vom ESchG) befruchtet hatte, kam das Amtgericht im bayerischen
Wolfratshausen zum gleichen Schluss. Der Richter gab im April 2008 dem Arzt
recht … er argumentierte ganz pragmatisch: Die neue Praxis schone die
behandelten Frauen, schmälere das Risiko von Mehrlingsgeburten und sei auch „im
Interesse der Versichertengemeinschaft“, weil sie Kosten spare.
(Die ZEIT, 16.7.09 S.29f.)
·
in London Januar 2009 ein Mädchen geboren, be idem
durch PID ausgeschlossen worden war, Trägerin des Brustkrebsgens BRCA-1 zu
sein;
das mutierte BRCA-1-Gen ist für 5 bis 10% aller Brustkrebsfälle verantwortlich
und lässt (bei Vorhandensein) die Krankheit mit bis zu 80%iger
Wahrscheinlichkeit zum Ausbruch kommen
(GID Nr.192 2-2009 S.27)
·
Umfrage bei 415 Reproduktionskliniken in den USA:
42% boten PID für nicht medizinisch begründete Geschlechtsauswahl an
(GID Nr.192 2-2009 S.30)
·
vergangene Woche hatte der Bundesgerichtshof in
einem überraschenden Urteil festgestellt, dass die PID entgegen landläufiger
Rechtsauffassung gar nicht verboten sei; aus dem Embryonenschutzgesetz lasse
sich ableiten, dass Embryonen auf schwere genetische Defekte getestet werden
dürften, bevor sie der Mutter eingepflanzt würden
(Spiegel 28-2010 S.15)
·
am 6. Juli 2010 hat der BGH einen Frauenarzt vom
Vorwurf einer Verletzung des ESchG freigesprochen; das Gericht folgte dabei den
Anträgen von Verteidigung und Bundesanwaltschaft;
er hatte 2005 und 2006 bei drei Paaren eine künstliche Befruchtung
durchgeführt; in allen Fällen wies einer der Partner eine genetische Belastung
auf; eine der Frauen hatte bereits eine behinderte Tochter, eine andere drei
Fehlgeburten; der Arzt untersuchte die künstlich befruchteten Eizellen auf
genetische Defekte; die Patientinnen entschieden sich dafür, nur die gesunden
Eizellen zu implantieren;
die Richter: das ESchG sei nicht grundsätzlich gegen Maßnahmen zur Vermeidung
von genetischen Risiken; so ist eine Geschlechtswahl der Samenzelle
ausdrücklich zugelassen, um schwere Erbkrankheiten zu vermeiden;
in Deutschland werden etwa 7.500 Kinder jährlich mit Hilfe der Reproduktionsmedizin
gezeugt; nur in 50 bis 100 Fällen liegen eindeutige Hinweise auf schwere
genetische Risiken vor, nur in diesen Fällen dürfte die PID nunmehr straflos
sein; ausgeschlossen sind z.B. die Auswahl der Augenfarbe oder des Geschlechtes
(Freie Presse Chemnitz 15.7.2010 S.A5; taz 7.7.2010 S.5)
·
Insgesamt, schätzen wir Humangenetiker, wird es in
Deutschland etwa 500 PID-Untersuchungen pro Jahr geben
(Spiegel 28-2010 S.117)
·
Reproduktionsmediziner:
in höchstens 300 Fällen pro Jahr ist PID angezeigt;
in den drei Urteilsfällen lagen sogenannte Translokationen vor, das heißt, bei
einem Elternteil ist ein Stück eines Chromosoms abgebrochen und hat sich an ein
anders angelagert;
PID ist immer dann angezeigt, wenn es bei vorangegangenen Schwangerschaften
schon einen schicksalhaften Verlauf gab;
(taz 13.7.2010 S.6)
·
Im Humangenetischen Institut im Uni-Klinikum Lübeck
werden gerade Mitarbeiter gesucht für den „Aufbau einer Gruppe zur
Präimplantationsdiagnostik“; auch in Regensburg Erprobung;
CDU lotet aus, ob es vielleicht besser sei, strenge Kriterien für die PID
festzulegen, statt mit einem Verbot im Parlament zu scheitern
(Spiegel 40-2010 S.148)
·
Forderung aus der CDU nach einem befristeten Verbot
von Gentests an Embryos bei künstlicher Befruchtung
(taz 14.10.2010 S.1)
·
Moratorium, bis Rechtssicherheit besteht, auch für
SPD denkbar, auch Bundesärztekammer kann sich ein M. vorstellen;
(taz 14.10.2010 S.3)
·
erste PID 1989, britischer Embryologe Handyside;
entnahm einigen drei Tage zuvor künstlich gezeugten Embryonen jeweils 1 Zelle;
Geburt von zwei gesunden Zwillingen;
PID wird heute in rund 60 Ländern weltweit angewandt; in Europa fast
flächendeckend; so praktizieren gerade viele katholische Länder in Europa einen
liberalen Umgang mit dem Erbgutcheck;
(Spiegel 43-2010 S.180)
·
Die PID selektiert nicht nach „lebenswert“ und
„nicht lebenswert“. Sie gibt Auskunft darüber, was lebensfähig ist – und was
todgeweiht. … Schwangerschaften, die tödlich enden würden, gar nicht erst
entstehen lässt;
auch die viel beschworenen Versuche, mit Hilfe von PID angeblich Menschen nach
Maß züchten zu wollen, sind ausgeblieben: Zur Bestimmung von Augen- oder
Haarfarbe taugt PID in Ermangelung des dazu nötigen Wissens schlicht nicht.;,
(taz 25.10.2010 S.12)
·
Befürworter eines Totalverbots der PID im Bundestag;
in einem Ende Dezember veröffentlichten Eckpunktepapier warnten sie davor, dass
PID sozialen Druck auf Eltern behinderter Kinder auslösen könnte, und “eine
Selektion menschlichen Lebens allein aufgrund einer schweren Erkrankung oder
Behinderung wieder in die deutsche Rechtsordnung eingeführt“ werde. In der
gesellschaftlichen Debatte wird diese Position unterstützt von der katholischen
Kirche, von manchen evangelischen Bischöfen …
(Der Sonntag, 16.1.2011 S.2)
·
„Dürfen künstlich gezeugte Embryonen genetisch
getestet werden?“ Beiträge PRO und CONTRA zur Zulassung der PID in
Mitteldeutschen Kirchenzeitungen:
http://www.mitteldeutsche-kirchenzeitungen.de/2010/11/25/durfen-kunstlich-gezeugte-embryonen-genetisch-getestet-werden/
·
Parteitag
der Bundes-CDU; 51,1% für Beibehaltung des NEINS zur PID (denkbar knapp);
Peter Hintze (für Zulassung): PID sei in vielen EU-Ländern erlaubt, von
nirgendwo sei leichtfertiger Missbrauch bekannt; Hubert Hüppe vehement für
Beibehaltung des Verbots, weil sonst ein Dammbruch drohe;
Berliner Gynäkolge Matthias Bloechle, der PID anbietet: „Es gibt Tausende
genetischer Defekte, da kann man nicht blind irgendwelche Erkrankungen
untersuchen. PID ist eine gezielte Diagnostik auf eine gezielte Erkrankung.“;
Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht bietet
eine Übersicht zum Umgang mit PID in Europa. Danach sind die Gentests in
Italien verboten, in Finnland bislang gar nicht gesetzlich geregelt, dafür aber
in Großbritannien bis zum 14. Tag der Embryo-Entwicklung zulässig. In den
meisten Ländern mit PID-Erlaubnis gibt es jedoch Einschränkungen: PID in
Dänemark nur zulässig bei bekanntem erheblichem Risiko der Übertragung einer
schwerwiegenden Erbkrankheit, oder um schwerwiegende Chromosomenanomalien
aufzudecken oder auszuschließen. Seit 2004 ist PID zudem erlaubt, damit ein
geeignetes Spender-Geschwisterkind für ein bereits geborenes, aber todkrankes
Kind geboren werden kann. Ärzte in Dänemark müssen die PID innerhalb eines
Monats einer staatlichen Stelle melden. In Frankreich ist PID nur in
Ausnahmefällen zugelassen: Ein Arzt aus einem multidisziplinären Zentrum für
pränatale Diagnostik muss dazu ein "hohes Risiko der Übertragung einer
besonders ernsthaften, unheilbaren
genetischen Erkrankung" bestätigen. Die Durchführung der PID erfolgt in
Fachzentren für Pränataldiagnostik - nach der Bewertung durch eine
Ethikkommission.
PID hat im europäischen Ausland weder zur Massennachfrage noch zu einer
hierzulande häufig befürchteten Menschenzucht geführt. Nach Angaben der
Europäischen Gesellschaft für menschliche Reproduktion und Embryologie (ESHRE)
wurde PID im Jahr 2007 nach bislang vorliegenden Zahlen europaweit 6.822-mal
durchgeführt. Erfasst wurden dabei Daten aus 17 Ländern, wobei die ESHRE selbst
Zweifel an der Vollständigkeit erhebt. In 3.746 Fällen erfolgte ein
Embryonen-Transfer in den Mutterleib. Knapp die Hälfte dieser Transfers war
erfolgreich, die PID führte in diesen Fällen also zu Schwangerschaften (1.817).
Tatsächlich geboren wurden 898 Kinder.
(taz 17.11.2010 S.02)
·
…
lehnen die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und die Evangelischen
Frauen in Deutschland (EFiD) jede Zulassung der Präimplatationsdiagnostik (PID)
ab ….
PID unterzieht menschliches Leben einer Qualitätskontrolle und unterscheidet
damit letztendlich zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben …
(Pressemitteilung 15.11.2010)
·
zur
Erinnerung:
Bundesärztekammer 24.2.2000:
Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik:
http://baek.de/page.asp?his=0.7.45.3274.3277
·
Theologisch
erscheint es also möglich, aus der grundsätzlichen Ablehnung der PID
unterschiedliche Folgerungen zu ziehen: Entweder das radikale Verbot der PID
oder ihre Zulassung unter streng begrenzten Ausnahmeregeln …;
auch wenn in der Arbeitsgruppe eine große Einmütigkeit darin besteht, dass der
Schutz des werdenden Lebens und der Menschenwürde gewahrt werden muss, bleibt
ein Dissens bei der Betrachtung von Einzelschicksalen …
geht es bei der PID um positive Selektion …
(Studie aus der Evangelischen Kirche von Westfalen 2003 zur
Präimplnatationsdiagnostik: http://www.krause-schoenberg.de/gent_ekvw_studie_pid.html)
·
Jörg
Schäfer (48), Sozialpädagoge, selbst ein Mensch mit Behinderung:
“Meine Mutter, die mich sehr liebt, sagte einmal:’Hätte ich gewusst, dass du
behindert bist, hätte ich dich abgetrieben.“ Wir sind froh, dass es anders
gekommen ist;
Reproduktionsmediziner: Der Laie denkt, das Gebilde, das wir Embryo nennen,
könne perfekt untersucht werden. Das ist aber technisch nicht möglich. Man kann
die häufigsten Erkrankungen diagnostizieren, etwa 200, mehr nicht
(taz 6./7.11.2010 S.14);
Frau, die nach PID ein Kind bekam:
zwei Fehlgeburten, dann Feststellung eines Gendefekts bei der Mutter; weitere Fehlgeburt
nach künstlicher Befruchtung; dann PID, gesunde Tochter geboren
·
Er
sehe "die Gefahr eines Dammbruchs", warnte in seiner
Weihnachtsbotschaft der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, "wenn sich
der Mensch zum Herrn über andere Menschen macht und bestimmt, welches Leben
sich entwickeln darf und welches
nicht." Doch nicht nur der Vorsitzende der Deutschen Katholiken, auch
Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe bot das Fest den willkommenen Anlass, um zur
umstrittenen Präimplantationsdiagnostik (PID) Stellung zu nehmen. In der
Ärzteschaft, glaubt er, habe sich die Stimmung verändert. Er rechnet damit,
dass sich der nächste Ärztetag "für die Zulassung der PID in engen
Grenzen" aussprechen wird. …
eine medizinische Prozedur, von der, je nach Indikation, höchstens 100 bis 200
Paare pro Jahr betroffen sein werden …
Der "Entscheidungsfalle" allerdings, in die Frauen, wie die
Soziologin Silja Samerski in ihrem kürzlich erschienenen gleichnamigen Buch
zeigt, bei der Pränataldiagnostik geraten, entgehen sie auch durch die PID
nicht. Sie müssen sich aktiv zu einem "Risiko"-Embryo im Reagenzglas
verhalten, ihn gegebenenfalls "verwerfen" und damit zum Ausdruck
bringen, dass "solche" Menschen unerwünscht sind. …
Vielleicht erklärt diese Überforderung in Sachen Selbstbestimmung, weshalb auch
der Vizepräsident der Bundesärztekammer und PID-Skeptiker, Ulrich Montgomery,
die Indikationen für eine PID von einer Ärztekommission überwacht sehen will.
Wenn die Ärzte schon, wie sein Kollege Hoppe formuliert, eher Ratgeber als Führer
der Patienten sind, dann beanspruchen sie doch zumindest die Deutungshoheit
darüber, was "krank" und "gesund" ist.
(taz 28.12.2010 S.12)
·
Evangelischer
Landesbischof von Bayern, Johannes Friedrich: die PID überschreite die Grenze
des ethisch Verantwortbaren, Gott allein sei Herr über Leben und Tod, Menschen
dürften sich niemals anmaßen, menschlichem Leben das Lebensrecht abzusprechen
(Der Sonntag, 14.11.2010 S.2)
·
Ratsvorsitzender
der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider: Ich habe persönlich
darum geworben, dass wir nicht einfach den Beschluss des Rates von 2003 (sprach
sich gegen PID aus JK) wiederholen, sondern uns noch einmal mit dem Thema
auseinandersetzen
(Der Spiegel 46-2010 S.32)
·
Der
Deutsche Ethikrat arbeitet derzeit an einer Stellungnahme zur
Präimplantationsdiagnostik (PID) und hat sich zum Ziel gesetzt, diese Anfang
März 2011 vorzulegen. Vor diesem Hintergrund hat sich der Rat am 16. Dezember
2010 in einer öffentlichen Anhörung über die Regulierung und Praxis der PID in
Belgien, Großbritannien und Frankreich sowie über aktuelle Entwicklungen der
genetischen Untersuchung von Embryonen informiert.
Zu Beginn berichtete Luca Gianaroli, Vorsitzender der Europäischen
Fortpflanzungsmedizingesellschaft ESHRE (European Society of Human
Reproduction and Embryology) über den Stand der Entwicklung der PID, soweit
er sich in dem seit über zehn Jahren geführten Register der ESHRE
widerspiegelt. In dem Register werden die Daten aus 57 von etwas über 100
Zentren weltweit gespeichert und ausgewertet. Seit 1999 bis zum letzten
Berichtszeitraum (Behandlungsjahr 2007) wurden ca. 28.000 Behandlungszyklen
durchgeführt und 4.047 Kinder nach einer Untersuchung im Embryonalstadium
geboren. In ca. 99,5 Prozent aller Fälle wurden die zu untersuchenden Zellen am
dritten Tag entnommen. Aufgrund ihres angenommenen Potenzials, sich zu einem
eigenständigen Embryo zu entwickeln, ist dies in Deutschland verboten.
Insgesamt steige jedoch das Interesse, die Untersuchung an Blastozysten, also
etwa am fünften Tag der Embryonalentwicklung durchzuführen. Zu diesem Zeitpunkt
könnten mehr Zellen entnommen werden, die zudem nur zur späteren Bildung der
Plazenta bestimmt seien.
Zur Praxis der PID in Belgien erläuterte der Fortpflanzungsmediziner Paul
Devroey, das Verfahren für die Genehmigung jeder Diagnostik sei schwierig, aber
transparent. Eine PID werde an sieben lizenzierten IVF-Zentren in Kooperation
mit einem humangenetischen Zentrum durchgeführt. Zusätzlich bedürfe sie einer
Beratung des Paares und positiver Evaluation des Falls durch einen
Fortpflanzungsmediziner, einen Genetiker, einen Psychologen sowie bei Bedarf
eines Ethikkomitees. Eine offizielle Liste zugelassener Indikationen gebe es
nicht.
Aus Großbritannien berichtete Emily Jackson, Juristin und Vizevorsitzende der
Fortpflanzungsmedizinbehörde HFEA (Human Fertilisation and Embryology
Authority). Die HFEA ist in Großbritannien für die Vergabe von Lizenzen
zuständig, die Zentren benötigen, um PID anbieten zu können. Sie entscheidet
auch darüber, welche genetisch und chromosomal bedingten Störungen überhaupt
für eine PID zulässig sind. Bei dem Beratungsverfahren werde die Situation des
Paares berücksichtigt und der Rat verschiedener Experten wie Mediziner und
Patientengruppen herangezogen. Bei besonders umstrittenen Diagnosemöglichkeiten
– wie z. B. der Untersuchung auf Brustkrebsrisikogene – werde auch die
Öffentlichkeit verstärkt in den Beratungsprozess einbezogen. Wenn ein Test aber
erst einmal anerkannt sei, könne jedes lizenzierte Zentrum ihn einsetzen, ohne für
jeden Einzelfall eine Genehmigung der HFEA einzuholen.
Patrick Gaudray, Genetiker und Mitglied des Französischen Ethikrates,
erläuterte das französische Modell, bei dem der PID enge Grenzen gesetzt sind,
die nur im Rahmen von Novellierungen des Fortpflanzungsmedizingesetzes geändert
werden können. Derzeit darf die PID nur in drei lizenzierten Zentren
durchgeführt werden und nur bei Familien, die bereits von einer schweren und
unheilbaren genetisch bedingten Krankheit betroffen seien. Eine Liste konkreter
Krankheitsanlagen, die untersucht werden dürfen, gebe es nicht, stattdessen
finde eine Überprüfung jedes Einzelfalles im Rahmen eines festgelegten
Verfahrens statt.
Im Unterschied zu Frankreich lassen Belgien und Großbritannien auch die Suche
nach Chromosomenstörungen zu, die nicht bereits im Genom der Eltern vorliegen,
sondern erst während der Keimzellbildung oder Befruchtung entstehen. Solche
Screening-Untersuchungen wurden nach dem von Gianaroli vorgestellten
aktuellsten ESHRE-Datensatz 2007 in knapp 64 Prozent aller PID-Fälle und damit
sehr viel häufiger eingesetzt als Diagnosen konkret vererbter
Krankheitsanlagen. Devroey, Jackson und Gianaroli betonten jedoch, dass
inzwischen vorliegende Untersuchungen gezeigt hätten, dass durch das Screening
die Geburtenrate entgegen früheren Erwartungen nicht verbessert werde. Deshalb
müsse dieser Ansatz nach wie vor als experimentell gelten, wenngleich es
Hinweise gebe, dass neuere Untersuchungsmethoden künftig bessere Ergebnisse
erzielen könnten.
Ethikratsmitglieder und die zahlreich bei der Anhörung anwesenden Mitglieder
des Deutschen Bundestages stellten den Experten im Anschluss weiterführende
Fragen. Von besonderem Interesse waren dabei die Zahl der für eine PID
verwendeten Embryonen. Diese liegt zumeist deutlich über den vom deutschen
Embryonenschutzgesetz für die Zeugung nach herrschender Auffassung maximal
erlaubten drei Embryonen pro IVF-Zyklus. Weiteres Thema waren die Details des
Entscheidungsprozesses für oder gegen die Untersuchung bestimmter genetischer
Krankheitsursachen. Aufgrund der unterschiedlichen Herangehensweisen an die
Präimplantationsdiagnostik und ihre Bewertung komme es darauf an, so die
Experten, in einem demokratisch legitimierten Verfahren zu einer Entscheidung
zu kommen, die der jeweiligen Gesellschaft und den unterschiedlichen Positionen
gerecht werde.
Weitere Informationen zur Anhörung sind unter http://www.ethikrat.org/veranstaltungen/anhoerungen/praeimplantationsdiagnostik
abrufbar. (http://www.ethikrat.org/presse/pressemitteilungen/2010/pressemitteilung-11-2010)
·
Die
drei großen deutschen Wissenschaftsakademien haben ein eindeutiges Votum für
eine gesetzliche Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) ausgesprochen.
Nach der gemeinsam von der Nationalakademie Leopoldina, der Deutschen Akademie
der Technikwissenschaften (acatech) und der Berlin-Brandenburgischen Akademie
der Wissenschaften vorgelegten Stellungnahme soll die PID nur bei schweren
Erbkrankheiten zulässig sein. In jedem Fall soll eine individuelle Entscheidung
herbeigeführt werden. Zuständig dafür soll eine Kommission sein, der alle
Anträge für eine PID vorzulegen sind …
Nach den Vorstellungen der Expertengruppe soll der Embryonencheck im
Reagenzglas nur bei schweren Erbkrankheiten vorgenommen werden. Ein
"Verdacht allein reicht noch nicht aus" … Um die PID anzuwenden,
müsste in der Familie schon ein schwerer Fall einer genetisch bedingten
Erbkrankheit aufgetreten sein …
Einschränkungen soll es trotz geben: Nicht zum Einsatz kommen soll die PID etwa
um sogenannte Aneuploidien zu verhindern; das sind genetische Störungen, bei
denen die Chromosomenzahl von der Norm abweicht. Die bekannteste davon ist die
Trisomie 21, auch Down-Syndrom genannt …
So ist auch nach dem BGH-Urteil nicht jede PID zulässig. Zum einen befasste
sich das BGH nur mit schweren Erbkrankheiten. Und es stellte in der
Urteilsbegründung auch besonders heraus, dass die PID nur durchgeführt werden
dürfe, wenn die dem Reagenzglasembryo entnommenen Zellen nicht mehr totipotent,
also voll entwicklungsfähig sind. Die Expertengruppe der Wissenschaftsakademien
geht davon aus, dass dies bereits während des vierten Teilungszyklusses der
Fall ist - wenn der Embryo in das 16-Zell-Stadium übergeht …
(taz 21.1.2011 S.18)
·
Dem
ursprünglich deutlich strafferen Zeitplan für die parlamentarischen Beratungen
folgend hat der Vorstand der Bundesärztekammer
im Februar 2011 eine aktuelle Positionsbestimmung auf der Grundlage einer
Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Beirats in Form eines Memorandums (http://baek.de/downloads/Memorandum-PID_Memorandum_17052011.pdf)
vorgenommen, die aufgrund der aktuellen Entwicklungen und der darauf
basierenden veränderten Einschätzung der PID vom ablehnenden Beschluss des 105.
Deutschen Ärztetages aus dem Jahr 2002 abweicht.
Maßgebliche Eckpunkte und Erwägungen dieses Memorandums sind:
+ Die ethische Abwägung spricht für eine Zulassung der PID in engen Grenzen und
unter kontrollierten Voraussetzungen. Unter Gesichtspunkten der Zumutbarkeit
für die Frau und des Entwicklungsstandes des vorgeburtlichen Lebens ist die
In-vitro-Befruchtung mit PID in bestimmten Fällen ethisch weniger problematisch
als eine mit nachfolgendem Schwangerschaftsabbruch. Gegen die Befürchtung eines
Dammbruchs spricht die internationale Erfahrung. Aus ethischer Sicht fallen die
Persönlichkeitsrechte und das Selbstbestimmungsrecht der Frau bzw. des Paares,
ihre Gewissensfreiheit sowie ihre Gewissensverantwortung – auch mit Blick auf
das erhoffte Kind – ins Gewicht.
+ Eine Eingrenzung der Indikationsstellung ist erforderlich. Die PID soll nur
für Erkrankungen durchgeführt werden, für die bei einem Paar ein hohes
genetisches Risiko bekannt ist. Keine Indikationen für PID sind
Geschlechtsbestimmung ohne Krankheitsbezug, höheres Alter der Eltern sowie
reproduktionsmedizinische Maßnahmen im Allgemeinen.
+ Um die Patientenautonomie zu wahren und eine authentische,
verantwortungsbewusste Entscheidung zu ermöglichen, bedarf es umfassender
Information und Aufklärung sowie kompetenter Beratung.
+ Unbeschadet des Erfordernisses, die Belange der Reproduktionsmedizin in einem
umfassend angelegten Fortpflanzungsmedizingesetz zu regeln, sollte eine
Regelung der PID Anlass geben, § 1 Abs. 1 Nr. 5 Embryonenschutzgesetz (ESchG)
dahingehend abzuändern, dass dem Arzt aufgegeben wird, die Zahl der zu
befruchtenden Eizellen so festzulegen, dass das Risiko des Entstehens
überzähliger Embryonen geringer ist als das Risiko, keine ausreichende Anzahl
transfergeeigneter Embryonen zur Verfügung zu haben.
+ Im Fall einer gesetzlich bestimmten Zulassung der PID wäre von der
Bundesärztekammer eine (Muster-)Richtlinie zur Durchführung der PID zu
erarbeiten, insbesondere zum Indikationsspektrum, zur personellen und
apparativen Ausstattung, zur medizinischen und psychosozialen Beratung sowie
zur Festlegung der erforderlichen Zahl danach qualifizierter durchführender
Zentren.
+ Bei den Landesärztekammern wären behandlungsunabhängige PIDKommissionen
einzurichten, die die Qualitätssicherung der PID gewährleisten. Der zuständigen
Kommission wären die einzelnen Behandlungsfälle in anonymisierter Form vorab
zur Beurteilung vorzulegen. Die bei den einzelnen Kommissionen der
Landesärztekammern erhobenen Daten zur Qualitätssicherung wären in einem
zentralen Register in anonymisierter Form zusammenzuführen.
In Anerkennung der umsichtigen und sorgfältigen ethischen Abwägungen, die in
dem Memorandum zur Präimplantationsdiagnostik deutlich zum Ausdruck kommen,
spricht sich der Deutsche Ärztetag angesichts der Notwendigkeit einer
gesetzlichen Regelung für die Zulassung der PID in engen Grenzen und unter
kontrollierten Verfahrensvoraussetzungen aus.
(Beschlussprotokoll des 114 . Deutschen Ärztetages 31.5.-3.6.2011, Beschluss
zur Präimplantationsdiagnostik; http://baek.de/downloads/114Beschlussprotokoll20110608.pdf;
Text des ausführlichen Memorandums der Bundesärztekammer zur
Präimplantationsdiagnostik: http://baek.de/downloads/Memorandum-PID_Memorandum_17052011.pdf)
·
Interview mit Peter Hintze, evangelischer Theologe
und Parlamentarischer Staatssekretär, zur PID;
Für mich ist es eine Christenpflicht, zur Abwendung von Tot- und Fehlgeburten
wie auch zur Abwendung schwerster Schwangerschaftskonflikte aus erblichen
Ursachen die PID zuzulassen
(Der Sonntag, Sachsen, 23.1.2011 S.2)
·
Der Arzt Matthias Bloechle machte als erster Arzt in
Deutschland Gentests an künstlich gezeugten Embryonen (PID);
“Jede Form von Medizin ist ein Eingriff in die Schöpfung“;
Bloechle ist Jahrgang 1962, das älteste von vier Kindern aus einem schwäbischen
Pastorenhaushalt;
Bei jener Patientin aus
Bayern, die sich 2005 an ihn wendet, offenbart sich schnell, was optimal für
sie wäre: ein gesundes Kind. Mitte 20 ist sie erst, hat aber schon vier
Schwangerschaften hinter sich. Und vier Fehlgeburten. Nach der zweiten stellen
die Ärzte bei ihr daheim fest, dass sie einen genetischen Defekt in sich trägt.
Für sie selbst ist das ungefährlich. Aber einem leiblichen Kind, das den Defekt
erbt, nimmt er jede Überlebenschance.
Sie solle es halt lassen, bekommt sie von ihren Ärzten zu hören. Oder
ein Kind adoptieren. Matthias Bloechle spart sich die schlechten Ratschläge. Er
weiß, dass er ihre letzte Hoffnung ist. Seine Praxis ist schon damals weit über
die Berliner Grenzen hinaus bekannt - für ihre Erfolgsraten, aber auch für ihre
Toleranz: Bloechle und seine Kolleginnen behandeln fast jeden Kinderwunsch,
egal ob von verheirateten oder nicht verheirateten oder lesbischen Paaren oder
Singles. Die persönliche Freiheit, sie wiegt schwerer als jede rechtliche
Grauzone. Soll er derjenige sein, der das bisherige Scheitern eines
Lebensentwurfs besiegelt?;
Im Sommer 2010 spricht ihn der Bundesgerichtshof frei. Seither steht die
Republik in dieser Frage kopf - und er unter Beschuss. Der Vorwurf, er, der
Arzt, selektiere, spiele sich zum Entscheider über Leben und Tod auf, hat ihn
getroffen. "Ich entscheide nicht darüber, was lebenswertes Leben ist und was
nicht", sagt er. "Die PID gibt Auskunft darüber, was lebensfähig ist
und was todgeweiht." Anders ausgedrückt: Die PID helfe, Schwangerschaften,
die ohnehin tragisch enden würden, erst gar nicht entstehen zu lassen. Das,
sagt Bloechle, sei der Unterschied zu der in Deutschland erlaubten
Pränataldiagnostik im Mutterleib: "Da sehen Sie plötzlich am Ultraschall,
dass das Kind schwer krank ist, und dann muss entschieden werden, ob das Kind,
das prinzipiell lebensfähig ist, ausgetragen wird oder nicht.“;
Er kann sich nicht vorstellen, dass die radikalen PID-Gegner eine Mehrheit
finden: "Keine Frau würde bei der PID von einem nicht eingepflanzten
Embryo sprechen, keine von einem ungeborenen Kind.“;
Was er jetzt sagt, ist ihm wichtig: "Drei meiner Kinder sind Töchter."
Kunstpause. "Ich möchte nicht, dass die eines Tages vorgeschrieben
bekommen, mit wem, wie, wann und ob sie Kinder bekommen wollen.“
(taz 12./13.3.2011 S.23)
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Text des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 6.7.2010
wegen Verstoßes gegen das Embryonenschutzgesetz (Zulassung der PID): http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=52897&linked=urt&Blank=1&file=dokument.pdf
·
Deutscher
Ethikrat legt Stellungnahme zur Präimplantationsdiagnostik vor
PRESSEMITTEILUNG 03/2011; Berlin, den 8. März 2011
Der Ethikrat stellt darin den Sachstand und die ausschlaggebenden Argumente von
Befürwortern und Gegnern einer Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID)
umfassend dar.
Vor dem Hintergrund aktueller technischer und rechtlicher Entwicklungen
beschreibt der Ethikrat die derzeitige Praxis und die neuen Möglichkeiten der
genetischen Diagnostik an Embryonen. Er geht auf die unterschiedlichen
Positionen und Argumente zum Status und Schutz des Embryos ein und diskutiert
die wichtigsten sozialethischen Aspekte.
Ausgehend von diesen Überlegungen entwickeln die Ratsmitglieder zwei
alternative Vorschläge zu einer gesetzlichen Regelung der PID.
Eine Gruppe von 13 Mitgliedern des Deutschen Ethikrates hält die PID unter
bestimmten Einschränkungen für ethisch gerechtfertigt, weil die PID einen Weg
eröffnet, einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch nach Pränataldiagnostik
gemäß medizinischer Indikation zu vermeiden, und auch Paaren eine Chance auf
Hilfe bietet, die aus genetischen Gründen wiederholte Fehl- oder Totgeburten
erlebt haben. In beiden Fällen sprechen gewichtige Gründe des
Gesundheitsschutzes der Frau für die Zulassung der PID.
Voraussetzung für die Durchführung der PID ist ein hohes medizinisches Risiko.
Dieses liegt vor,
+ wenn bei den Eltern nachweislich eine erbliche Anlage vorhanden ist, die bei
Vererbung auf das Kind zu einer schweren Krankheit oder Behinderung führen
würde und im Falle ihrer Feststellung durch pränatale Diagnostik wegen einer
Gefährdung der körperlichen oder seelischen Gesundheit der betreffenden Frau
Anlass für eine medizinische Indikation zum Schwangerschaftsabbruch wäre,
+ wenn bei den Eltern nachweislich ein hohes Risiko vorhanden ist, eine
Chromosomenstörung oder anderweitige Mutation zu vererben, die eine
extra-uterine Lebensfähigkeit des Embryos ausschließt oder
+ wenn bei den Eltern nach wiederholten Fehlgeburten oder vergeblichen
Behandlungsversuchen der assistierten Reproduktion nach eingehender
medizinischer Abklärung ein hohes Risiko für Reifungsstörungen der Keimzellen
gegeben ist, sodass ein Großteil der entstehenden Embryonen extra-uterin nicht
lebensfähig ist.
Unzulässig und gesetzlich zu verbieten ist die Durchführung der PID nach
Ansicht dieser Ratsmitglieder hingegen
+ zur Feststellung des Geschlechts eines Embryos, es sei denn, diese hat das
Ziel, die Geburt eines Kindes mit einer folgenschweren, geschlechtsgebunden
vererbten genetischen Anomalie zu vermeiden,
+ wenn sie mit dem Ziel der Auswahl eines Embryos für die Spende von Zellen,
Geweben, oder Organen für einen anderen Menschen erfolgen soll,
+ wenn sie ohne eine der oben angeführten Indikationen etwa zur Vermeidung
eines allein wegen des Alters der Frau vermuteten Risikos von
Chromosomenstörungen beim Embryo erfolgen soll und
+ bei spätmanifestierenden Krankheiten.
Die Befürworter einer begrenzten Zulassung der PID empfehlen, dass der
Gesetzgeber diese Kriterien festlegt, jedoch keinen Katalog einzelner
Krankheiten oder Behinderungen aufstellt, bei denen eine PID infrage kommt.
Sie schlagen außerdem bundeseinheitlich festzulegende Verfahrensregeln für die
Durchführung der PID vor. Die Indikationsstellung soll nach Feststellung des
genetischen Risikos und Beratung durch einen Humangenetiker, nach ärztlicher
Beratung durch einen Reproduktionsmediziner und nach psychosozialer Beratung
durch eine nach Schwangerschaftskonfliktgesetz anerkannte Beratungsstelle
gemeinsam durch die an der Beratung beteiligten Experten sowie einen Vertreter
der IVF-Kommission der Landesärztekammer erfolgen.
Die Befürworter dieses Konzepts wollen mit der begrenzten Zulassung der PID einen
Wertungswiderspruch zum bestehenden gesetzlichen Schutzkonzept während der
Schwangerschaft vermeiden.
Eine Gruppe von elf Mitgliedern des Ethikrates vertritt die Auffassung, dass
die Durchführung der Präimplantationsdiagnostik ethisch nicht gerechtfertigt
ist und verboten werden sollte,
+ weil der in vitro gezeugte Embryo aufgrund seiner künstlichen Erzeugung einer
besonderen Verantwortung unterliegt, die es verbietet, ihn zu erzeugen, um ihn
im Falle unerwünschter Eigenschaften zu verwerfen,
+ weil der selektive Blick auf die durch gezieltes menschliches Handeln
erzeugten Embryonen und die Bereitschaft zu ihrer eventuellen Verwerfung die
PID grundlegend von der Situation des Schwangerschaftsabbruchs aufgrund
medizinischer Indikation nach Pränataldiagnostik unterscheidet,
+ weil mit der PID eine embryopathische Indikation wieder eingeführt würde,
also die Erlaubnis, menschliches Leben aufgrund unerwünschter Eigenschaften zu
verwerfen, die aus der Schwangerschaftskonfliktregelung ausdrücklich gestrichen
wurde,
+ weil gravierende Folgen für den Embryonenschutz absehbar sind, insbesondere
indem eine hohe Anzahl von „überzähligen“ Embryonen entstehen würde, von denen
niemand weiß, wie mit ihnen umzugehen wäre,
+ weil eine Begrenzung auf wenige Fallgruppen oder schwere Erkrankungen nicht
einzuhalten ist, vielmehr eine Ausweitung der Indikationen und Anlässe für die
Anwendung der PID absehbar ist, wie dies auch in anderen Staaten, die die PID
zugelassen haben, bereits erfolgt ist,
+ weil die technische Entwicklung chipgestützter Diagnosetechniken einen
breiteren Einsatz der PID für die gleichzeitige Diagnostik einer Vielzahl von
genetischen Abweichungen oder Krankheitsveranlagungen in absehbarer Zeit
wahrscheinlich macht,
+ weil sich der Druck auf genetisch belastete Eltern, die sich keiner PID
unterziehen wollen, und auf Menschen mit Behinderung, insbesondere mit
genetisch bedingten Behinderungen, erhöhen könnte und dies Bemühungen um
Integration und Inklusion zuwiderlaufen würde.
Nach Auffassung der Unterzeichner dieses Votums müssen die Sorgen und Wünsche
von genetisch belasteten Paaren ernst genommen werden. Eine Einführung der PID
rechtfertigen sie aber nicht. Vielmehr ist eine bessere Beratung und
Unterstützung betroffener Paare oder Familien sicherzustellen; ebenso ist zu
prüfen, ob ihre Belastung durch den Einsatz anderer Verfahren gemildert werden
kann.
In einem Sondervotum spricht sich ein Ratsmitglied dafür aus, die PID zur
Identifikation von entwicklungsfähigen Embryonen zu erlauben und dafür eine verbindliche
Indikationsliste zu erstellen.
(Deutscher Ethikrat, Stellungnahme zur Zulassung der PID, 8.3.2011;
Pressemitteilung: http://www.ethikrat.org/presse/pressemitteilungen/2011/pressemitteilung-03-2011;
ausführlicher Text der Stellungnahme: http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/stellungnahme-praeimplantationsdiagnostik.pdf
)
·
Stellungnahme
des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zur
Präimplantationsdiagnostik (PID) vom 15.2.2011;
bleibt der Rat dabei, dass die PID verboten werden sollte;
Wenn sich der Rat der EKD erneut dafür ausspricht, Grenzen der Verfügbarkeit
über menschliches Leben anzuerkennen und die PID zu verbieten, dann geschieht
das in dem Bewusstsein des Dilemmas, dass auch das Verbot der PID anderen
Menschen nicht oder kaum Erträgliches zumuten kann;
Unter den Mitgliedern des Rates gibt es unterschiedliche Meinungen zur
Bewertung von Konstellationen, bei denen die Anwendung der PID nicht die
Funktion hätte, zwischen behinderten und nicht behinderten Embryonen zu
unterscheiden, sondern die Aufgabe, lebensfähige Embryonen zu identifizieren. Die
hier angesprochenen Fälle unterscheiden sich von anderen dadurch prinzipiell,
dass es nicht um die Frage von Krankheit und Gesundheit, von behindert und
nicht behindert, von „lebenswert“ und „nicht lebenswert“ geht, sondern um
Lebensfähigkeit und Lebensunfähigkeit. Nur in diesen Fällen würde die IVF in
Verbindung mit der PID allein dem Ziel dienen, Leben zu ermöglichen. Es gilt
deshalb zu bedenken, ob eine Zulassung der PID mit dem Ziel verantwortbar ist,
lebensfähige Embryonen zu identifizieren. Liegt bei Eltern eine solche
genetische Veranlagung vor, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Embryo
schon während der Schwangerschaft lebensunfähig ist, könnte die Möglichkeit
eingeräumt werden, die PID zuzulassen. Für diese Fälle müssten Verfahren gefunden
werden, die eine angemessene Begleitung und Beratung der Eltern sicherstellen
und einen Missbrauch des eröffneten Weges verhindern. Dieses halten einige der
Mitglieder des Rates für ethisch vertretbar.
Andere machen ihre ablehnende Haltung deutlich: Sie sehen die Gefahr, dass
Leben unterschiedlich bewertet wird. Auch das Leben mit einem noch nicht
geborenen Kind ist ein Leben in Beziehung und insofern wertvoll. Es ist nicht
an uns zu bewerten, was dies werdenden Eltern bedeutet. Zugleich besteht die Sorge
einer späteren Ausweitung der Ausnahme, wie dies bei der Pränatalen Diagnostik
geschehen ist.
Gleichwohl tragen alle Mitglieder des Rates diese Erklärung in wechselseitigem
Respekt für die jeweiligen Überzeugungen gemeinsam.
Der Rat der EKD gibt diese Erklärung im Respekt vor der Freiheit der
Gewissensentscheidung der Einzelnen ab. Er ruft dazu auf, in persönlicher
Verantwortung ein eigenes ethisches Urteil zu bilden.
(Text der Stellungnahme: http://www.ekd.de/presse/pm40_2011_verbot_pid.html
)
·
Ad-hoc-Stellungnahme
18. Januar 2011
Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften in Zusammenarbeit mit
acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und der
Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (für die Union der
deutschen Akademien der Wissenschaften)
“Präimplantationsdiagnostik (PID) – Auswirkungen einer begrenzten Zulassung in
Deutschland“
Wesentliche Empfehlungen
Auf Grund gleichgelagerter Konfliktsituationen für die Frau sollte unter
einschränkenden und definierten Bedingungen eine PID gesetzlich zugelassen und
die damit verbundenen Folgen für den Embryo vom Gesetzgeber der PND (pränatale
Diagnostik, GenDG) und dem Schwangerschaftsabbruch (§ 218 StGB) gleichgestellt
werden. Diese Gleichstellung sollte sich auf eine begrenzte PID-Zulassung an
nicht-totipotenten Zellen des Embryos in vitro beschränken, während
gleichzeitig erhebliche einschränkende Voraussetzungen empfohlen werden. So
darf die Untersuchung nur bei Paaren durchgeführt werden, für deren Kinder
medizinisch-objektiv ein hohes Risiko des Ausbruchs einer bekannten und
schwerwiegenden monogenen Krankheit oder einer erblichen Chromosomenstörung
besteht oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist. Für die
Zulässigkeit der PID sollte keine Altersgrenze für den Krankheitsausbruch
festgelegt werden.
Die PID darf nicht für staatlich oder gesellschaftlich definierte Ziele
verwendet werden, die außerhalb des Wohls des betroffenen Paares liegen. Dieses
Verbot sollte weiterhin gelten für eine Wunschregulierung der Zusammensetzung
genetischer Anlagen von Kindern nach dem Willen der Eltern, für eine
Geschlechtsbestimmung ohne genetischen Krankheitsbezug, für die Nutzung von
Embryonen für Forschungszwecke und für Untersuchungen auf neu entstandene, also
nicht erbliche Chromosomenstörungen (Aneuploidie-Screening). Zudem sollte eine
Sachverständige Stelle benannt werden, die Ausführungsbestimmungen bzw.
Richtlinien zur Durchführung der PID erlässt.
Die PID sollte nur an wenigen dafür von der benannten Sachverständigen Stelle
zugelassenen und regelmäßig kontrollierten Einrichtungen durchgeführt werden
dürfen. Die PID sollte nur durchgeführt werden dürfen, wenn sie auf begründeten
Antrag hin von der benannten Sachverständigen Stelle zugelassen wurde. Neben
einem PID-Gesetz und einer möglichen Änderung des Gendiagnostik-Gesetzes wäre
auch an die Verabschiedung eines Fortpflanzungsmedizingesetzes zu denken.
(Pressemitteilung: http://www.leopoldina.org/de/politik/empfehlungen-und-stellungnahmen/nationale-empfehlungen/praeimplantationsdiagnostik-pid.html?cHash=703d3a797d69b124e11246d2f2ed5e7d&no_cache=1&sword_list[0]=pid;
Text der Stellungnahme: http://www.leopoldina.org/fileadmin/user_upload/Politik/Empfehlungen/Nationale_Empfehlungen/stellungnahme_pid_2011_final_a4ansicht.pdf
)
·
Interview
mit der Bundesfamilienministerin Kristina Schröder zur
Präimplantationsdiagnostik
SPIEGEL: Was hat Sie umgestimmt?
Schröder: Hauptsächlich ein inzwischen schon klassisches
Gedankenexperiment des Harvard-Philosophen Michael Sandel. Dabei geht es um die
Frage, ob man aus einem brennenden Krankenhaus entweder 20 Embryonen in
Petrischalen oder einen einzigen Säugling retten würde. Nicht immer liegt man
mit seiner Intuition richtig, aber wer befruchtete Eizellen für vollwertige
Menschenleben hält, der müsste die Auffassung vertreten, dass es ethisch
richtig wäre, den Säugling liegen zu lassen und die befruchteten Eizellen zu
retten.
SPIEGEL: Wie würden Sie dann Embryonen definieren?
Schröder: Beim Wort Embryo sehen viele vor ihrem geistigen Auge
wahrscheinlich einen Embryo in der zwölften Schwangerschaftswoche. Wir reden bei
der PID aber über Achtzeller. Das muss man sich einfach klarmachen. Diese
Achtzeller haben zwar das Potential zur Menschwerdung - tatsächlich ein Mensch
können sie aber nur werden, wenn sie sich in eine Gebärmutter einnisten. Wenn
man sie bereits als Mensch ansieht, müsste man auch die Spirale und die Pille
danach verbieten - denn auch die verhindern die Einnistung. Und das wäre meiner
Ansicht nach ebenfalls falsch.;
Die Frage, ob jetzt menschliches Leben vor oder nach der Einnistung in die
Gebärmutter beginnt, kann man auch als Christ so oder so beantworten. Für mich
ist es eine Frage der Nächstenliebe, den Paaren zu helfen, die sich ein Kind
wünschen, aber in deren Familien es schwere Erbkrankheiten gibt.;
Die Kommissionen sollten auf jeden Fall nicht nur mit Medizinern besetzt sein,
sondern auch mit Psychologen und Experten aus anderen relevanten Disziplinen.
Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn sich die Kirchen an den PID-Kommissionen
beteiligen würden.;
Ich habe mit vielen Eltern behinderter Kinder die Erfahrung gemacht, dass sie
mit unglaublicher Liebe und bis an die Grenzen ihrer physischen und psychischen
Belastbarkeit ihr Kind pflegen, aber eigentlich nie andere Eltern verdammen,
die sagen, dass sie eine solche Situation nicht ertragen könnten.
durch unseren Antrag ausgeschlossen. Darin ist glasklar geregelt, dass die
Ärzte nur diejenigen Krankheiten testen dürfen, für die eine genetische
Disposition der Eltern festgestellt wurde. Ein verdachtsunabhängiges Screening
ist nicht möglich. Wir wollen ja gerade keinen Embryonen-TÜV.;
SPIEGEL: Was soll mit den überzähligen Embryonen passieren, wenn sie im
Zuge der PID aussortiert werden? Wären die für die Stammzellforschung
interessant?
Schröder: Das würde dem deutschen Stammzellgesetz widersprechen. Im Moment
käme das also gar nicht in Frage.
SPIEGEL: Man kann Gesetze aber auch ändern. Mit diesen Embryonen stünden
der Forschung hochinteressante Modelle von seltenen Erbkrankheiten zur
Verfügung.
Schröder: Ich weiß, dass man darüber diskutieren kann, ob man den Eltern
die Möglichkeit gibt, die befruchteten Eizellen der Forschung spenden zu
dürfen. Ich bin selbst ja auch der Stammzellforschung gegenüber aufgeschlossen.
Aber darum geht es nicht in der aktuellen Debatte.
SPIEGEL: Hätten Sie die PID denn für sich in Erwägung gezogen, wenn bei
Ihrem Nachwuchs ein Risiko bestanden hätte?
Schröder: Das ist eine sehr intime Frage, die ich nur so beantworten
will, dass man nicht alles tun muss, was der Gesetzgeber möglich macht. Das
eigene private Werturteil kann sich von dem unterscheiden, was erlaubt ist.;
… ich habe auch sehr böse Briefe bekommen. Manchmal von Menschen, die selbst
das Glück hatten, zwei oder drei gesunde Kinder zu haben. Von ihnen zu hören,
dass Paare auf Kinder verzichten sollten, wenn das Risiko einer Erbkrankheit
besteht, kommt mir manchmal doch sehr unbarmherzig vor.;
SPIEGEL: Müssen Sie befürchten, dass die Union ihrer Kernwählerschaft zu
viel zumutet, wenn Ihr PID-Antrag durchkommt?
Schröder: Konservativ sein heißt ja nicht, einfach auf seinen Positionen
zu verharren, sondern es heißt, auch Dinge zu verändern, um Werte zu erhalten.
Der Wunsch von Eltern, lebensfähige Kinder bekommen zu können, das ist eines
der konservativsten Anliegen überhaupt.
(Der Spiegel 21-2011 S.26)
·
Der
Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider,
hat den Kirchen einen „moderateren Ton“ in der Debatte um die Zulassung der
Präimplantationsdiagnostik (PID) nahe gelegt.;
Schneider sprach sich für eine Ausnahme vom generellen Verbot der OID aus, wenn
es nicht um die Frage von lebenswertem oder lebensunwertem Leben gehe, sondern
um die Frage der Lebensfähigkeit, so etwa bei der erhöhten Gefahr einer
Totgeburt. „Ich finde, es tut uns Kirchen nicht gut, wenn wir behaupten, etwas
zu wissen, was wir gar nicht wissen können, nämlich wann und wie menschliches
Leben wirklich beginnt.“
(Der Sonntag, Sachsen, 1.5.2011 S.2)
·
Nüchtern
betrachtet, gibt es Erkrankungen, die mit hoher Sicherheit während der
Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt zum Tod führen und durch die PID im
Embryonalstadium ausgeschlossen werden können. Den Eltern nicht die Möglichkeit
zu geben, sich und ihrem Kind dieses Schicksal zu ersparen, ist in diesen
eindeutigen Fällen schlicht unethisch.
(Reproduktionsmediziner Elmar Breitbach in Spektrum der Wissenschaft 14.4.2011:
http://wissenschaft-online.de/artikel/1069198
)
·
Beitrag
Joachim Krause PRO Zulassung der PID
(„Der Sonntag“ (Sachsen) und „Glaube und Heimat“ (Thüringen), 28.11.2010; http://www.krause-schoenberg.de/gent_pid_JK_PRO_kirchenzeitungen-11-2010.htm
)
·
Eine Entscheidungshilfe zur PID für unentschlossene Bundestagsabgeordnete;
Auch für die PID-Befürworter ist der Embryo nicht wertlos. Für sie genießt der
Keimling jedoch keinen absoluten Schutz, sondern nur einen abgestuften. Damit
der Zellhaufen leben kann, braucht er nämlich die Mutter, die ebenfalls Rechte
hat. Erst nach der Einnistung in die Gebärmutter kann der Embryo weiterreifen.
Und selbst zu diesem Zeitpunkt sind die meisten Embryonen nicht
überlebensfähig. Biologen gehen davon aus, dass rund 70 Prozent aller
befruchteten Eizellen während der ersten Wochen wieder absterben – meist ohne
dass die Frau es überhaupt bemerkt.;
Per PID lässt sich die Geburt von Kindern mit Genschäden verhindern. Die Zahl
bestimmter Muskel- oder Stoffwechselkrankheiten würde deshalb zurückgehen.
Insgesamt würde es jedoch nicht weniger Menschen mit einer körperlichen oder
geistigen Beeinträchtigung geben. Von den etwa 1,5 Millionen Fällen schwerer
Behinderung in Deutschland haben nur rund zehn Prozent genetische Ursachen. Und
selbst von diesen lassen sich die wenigsten vor der Geburt diagnostizieren. Die
meisten Behinderungen entstehen bei der Geburt oder später durch einen Unfall.;
Ohnehin ist die Aussicht begrenzt, mithilfe der PID ein Kind zu bekommen. Aus
den weltweit insgesamt 27.000 PID-Verfahren zwischen 1992 und 2007 gingen rund
5.000 Kinder hervor. Die Erfolgsrate liegt damit pro Behandlung bei weniger als
20 Prozent.;
Die meisten Behindertenverbände wie etwa die Lebenshilfe wollen die Genauswahl
im Labor verhindern. Denn auch wer nur wenige Jahre zu leben habe oder ein
Dasein mit schweren Einschränkungen friste, könne glücklich sein. Wer den
Optimismus mancher Menschen erlebt hat, die wissen, dass sie an einer
unheilbaren Krankheit leiden, kann daran nicht zweifeln.
Aber nicht alle Betroffenen – und vor allem nicht alle Angehörigen – lehnen die
PID ab. So pflegen zwar viele Eltern liebevoll und bis zur Erschöpfung ihre
kranken Kinder, möchten aber kein weiteres behindertes Kind. Auch unter den
Behinderten selbst finden sich Gegner und Befürworter, etwa unter den Glasknochenkranken.
Hier gibt es Frauen, die eine PID explizit wünschen, weil sie aus eigener
Leidenserfahrung keinem Kind das gleiche Schicksal aufbürden wollen
(DIE ZEIT 30.6.2011 S.42)
·
„Die Würde in vitro“
Um die Achtung und den Schutz der befruchteten Eizelle, um die es geht, wird
sonst wenig Aufhebens gemacht. Die Hälfte aller befruchteten Eizellen geht ab,
bevor sie sich in der Gebärmutter einnisten können. Das wird vom Menschen weder
verursacht, noch kann es von ihm verhindert und verboten werden. Aber das Sterben
und der Tod dieses menschlichen Lebens, dem menschliche Würde zu eigen sein
soll, werden auch nicht betrauert: keine Reden, keine Klagen, keine Messen …;
Zahllose befruchtete Eizellen gehen ab, weil eine Spirale die Einnistung
verhindert. Hier ist nicht mehr die Natur die Ursache, sondern der Mensch, und
die Zerstörung des menschlichen Lebens und die Antastung der menschlichen
Würde, die in der Zerstörung des menschlichen Lebens liegen soll, könnten
verboten werden. Zwar wird die Verwendung eines Intrauterinpessars, also einer
Spirale, von manchen moralisch verurteilt. Aber ein rechtliches Verbot wird von
niemandem erwogen …;
Auch nach der Einnistung gehen befruchtete Eizellen ab, und die Ursache ist
teils die Natur und teils der Mensch. Ein Fünftel aller befruchteten Eizellen
geht nach der Einnistung von selbst ab, und hier wird manchmal auch getrauert,
nicht über Leben und Würde, aber über die Enttäuschung eines Kinderwunsches.
Außerdem kann die Schwangere den Embryo abtreiben, nachdem sie an einer Beratung
teilgenommen und eine dreitägige Bedenkzeit eingehalten hat. Wieder wird von
niemandem ein Verbot erwogen, das zum Schutz des Lebens und der Würde des
Embryos den Schwangerschaftsabbruch erschweren und die Freiheit der Schwangeren
einschränken würde …
Am Schutz von Leben und Würde des auf natürliche Weise gezeugten Embryos zeigt
sich der Gesetzgeber wenig interessiert …;
Aber ohne Entscheidung geht es nur da, wo die Natur sich überlassen ist. Sich
überlassen lässt sie befruchtete Eizellen vor oder nach der Einnistung abgehen;
sie wählt aus, welche befruchteten Eizellen tauglich und welche untauglich
sind. Wenn die Zeugung nicht mehr natürlich, sondern künstlich geschieht, sind
Entscheidungen unvermeidlich. Die Frau, der die Eizelle entnommen wurde, muss
entscheiden, ob ihr die befruchtete Eizelle eingepflanzt oder nicht
eingepflanzt werden soll. Wird nach der Einpflanzung diagnostiziert, dass die
Geburt eines behinderten Kinds bevorsteht, muss sie entscheiden, ob sie der
Belastung der Behinderung gewachsen ist oder die Schwangerschaft abbrechen
soll. Das Recht lässt beide Entscheidungen ebenso zu, wie es die
Pränataldiagnostik zulässt, die die Entscheidung über Abbruch oder
Nicht-Abbruch vorbereitet …;
Besonders augenfällig werden die Ungereimtheiten im Fall der Frau, die über 35
Jahre alt ist, die nach In-vitro-Fertilisation und ohne
Präimplantationsdiagnostik schwanger wurde und der wie allen über 35 Jahre
alten Schwangeren zur Pränataldiagnostik geraten wird, zu der häufig der
riskante Eingriff der Amniozentese gehört. Dabei wird geprüft, was auch schon
bei der Präimplantationsdiagnostik hätte geprüft werden können - nun aber mit
dem Risiko, dass der Eingriff zum Abbruch der Schwangerschaft eines gesunden
Kindes führt …;
Dazu kommt das Erschrecken darüber, dass der Bereich dessen, was dem Menschen
unverfügbar ist, weil es in der Macht des Schicksals steht oder in der Hand
Gottes liegt, schwindet. Dass Kinderlosigkeit nicht mehr über Paare verhängt
ist, dass Kinder nicht nur in vivo, sondern auch in vitro gezeugt und nicht nur
von der eigenen Mutter, sondern auch von einer anderen Frau ausgetragen werden
können, dass bei Kindern vieles, was immer ein Geheimnis war, nicht mehr ein
Geheimnis ist, sondern diagnostiziert und prognostiziert werden kann und dass
Kinder vorstellbar sind, die designt und geklont sind …;
Dreist ist der Paternalismus, den sich der Gesetzgeber mit allen drei
vorliegenden Regelungsentwürfen anmaßt. Ob er mit dem einen Entwurf die
Präimplantationsdiagnostik überhaupt verbieten oder ob er sie mit den anderen
Entwürfen mehr oder weniger engen Indikationen-Regimen und Kontrollen durch
Ethikkommissionen unterwerfen will - ihn leitet die Vorstellung von
verantwortungslosen Eltern, die es zu gängeln gilt …;
Die Tests, irritierend für den Mann und schmerzhaft für die Frau, die
hormonelle Stimulation, das Absaugen der Eizellen unter Narkose, die Risiken,
die für die Frau mit beidem verbunden sind, die Übertragung der befruchteten
Eizellen, die mehrfache Wiederholung der Prozedur, weil nicht einmal bei einem
Drittel der befruchteten und übertragenen Eizellen eine Schwangerschaft
entsteht und es nicht einmal bei einem Fünftel zur Geburt kommt - all das
nehmen Eltern und nimmt besonders die Frau auf sich, weil sie sich ein Kind
wünschen: nicht ein Designerkind mit blondem Haar und blauen Augen, nicht ein
Kind mit diesem statt jenem Geschlecht, sondern einfach ein gesundes Kind. Ein
Kind, das wie alle Kinder ist und es nicht immer einfach haben wird, Störungen
überwinden und auswachsen muss, vielleicht auch auf die eine oder andere Weise
gezeichnet bleibt, aber letztlich ein erfülltes und glückliches Leben haben
kann. Manche Eltern werden sich nach der Präimplantationsdiagnostik gegen die
Übertragung entscheiden. Aber wer es sich mit der künstlichen Befruchtung so
schwergemacht hat, macht es sich mit der Entscheidung nicht leicht, sondern
trifft sie gewissenhaft und sorgfältig …
(Der Spiegel 23-2011 S.30ff. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-79051505.html )
·
Holländischer Genetiker Geraedts:
(zur Anwendung der PID) In den Niederlanden hatten wir 2008 eine Debatte, ob
wir mit der PID auch genetisch bedingte Krebserkrankungen wie Brustkrebs
diagnostizieren dürfen. 85 Prozent der Bevölkerung haben sich dafür
ausgesprochen. Seither machen wir das, wenn die Paare es wünschen
(taz 8.7.2011 S.3)
·
im Deutschen Bundestag verabschiedeter
„Gesetzentwurf zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik“:
http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/054/1705451.pdf
·
Frankreich: erstes „Rettungsgeschwisterkind“;
Ende Januar ist auch in Frankreich in einem Pariser Vorort ein so genanntes
„Rettungsgeschwisterkind“ zur Welt gekommen. Um für das erste Kind der Familie,
das an der lebensbedrohlichen Beta-Thalassämie leidet, eine/n
StammzellspenderIn zur Verfügung zu stellen, entschieden sich die Eltern für
das präimplantationsdiagnostische Verfahren (PID), bei dem mehrere Embryonen
erzeugt und ihre genetischen Eigenschaften untersucht werden. Auf diese Weise
soll ein Geschwisterkind entstehen, das nicht nur selbst kein Träger der
Erbkrankheit ist, sondern auch genetisch zu dem älteren Kind passt. Im
konkreten Fall soll das Nabelschnurblut des nun geborenen Jungen der
Stammzelltherapie des älteren Bruders dienen. PID für die Erzeugung solcher so
genannter „Rettungsgeschwister“ einzusetzen, ist in Frankreich seit 2006
erlaubt. In Großbritannien, USA, Spanien und Belgien wurde das Verfahren
bereits angewandt.
(Financial Times Deutschland, 08.02.11) (shm) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/205/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
·
Lilly Sophie aus Lübeck ist Deutschlands erstes
PID-Baby;
beide Eltern Anlageträger für die schwere Form des Desbuquois-Syndroms, einer
genetisch bedingten Skelettanomalie, bei der die Kinder meist während der
Schwangerschaft oder kurz nach der Geburt sterben; das Paar hatte bereits drei
Schwangerschaften hinter sich, bei denen der Fötus im Mutterleib gestorben
war;;
Prof. Diedrich: “Wir können den Eltern mit diesem Untersuchungsverfahren kein
gesundes Kind garantieren, aber wir können ihnen die hundertprozentige
Sicherheit geben, dass die befürchtete Erbkrankheit nicht besteht“; schätzt den
Bedarf für PID wegen der strengen Reglementierung in Deutschland auf 200 Fälle
im Jahr
(Freie Presse Chemnitz 17.2.2012 S.B5)
·
zum Ersten Fall von PID in Deutschland (s.o.);
Interview mit Prof. Diedrich;
Warum kam das Paar überhaupt zu Ihnen in die Klinik?
Es folgte eine genetische Beratung in Hannover. Es gibt zwei Möglichkeiten:
Pränataldiagnostik (PND) mit anschließendem Schwangerschaftsabbruch oder eben
die Präimplantationsdiagnostik (PID), also die Untersuchung der Embryonen im
Reagenzglas. Das Paar kam zu uns, weil wir dafür bekannt sind, die
Polkörperdiagnostik zu machen, das heißt, wir können vorab untersuchen, ob die
Eizelle mit dieser Mutation belastet ist. Von den Eigenschaften der Samenzelle
wissen wir natürlich nichts. Wir haben dann noch einmal eine Chromosomen- und
Genuntersuchung durchgeführt und festgestellt, dass der Defekt bei beiden
Eltern auf dem Chromosom 17 sitzt. Das Paar entschied sich für die PID. Dies
dauerte von Oktober 2010 bis März 2011.
Wie viele Embryonen waren für die PID nötig und in welchem Zellstadium befanden
sich die untersuchten Embryonen?
Wir haben insgesamt zehn Eizellen benötigt, sieben davon wurden befruchtet und
sechs haben das Vorkernstadium erreicht. Sie wurden kultiviert und am 14. Tag
untersucht, das heißt im 16-Zell-Stadium, wenn sie nicht mehr totipotent sind,
also nicht mehr das Potenzial haben, sich zu einem Menschen auszubilden. Dabei
kam heraus, dass zwei Embryonen keine Mutationsträger waren, drei trugen eine
Mutation, die Embryonen waren also genauso gesund wie die Eltern, und einer
hatte beide Mutationen;
Ist es nicht mit einem Risiko verbunden, wenn den Embryonen eine Zelle zur
Untersuchung entnommen wird?
Wir haben aus dem Ausland hinreichend Informationen - der letzte Bericht des
PGD-Konsortiums aus dem Jahre 2006 verzeichnet rund 2.000 aufgrund einer
genetischen Erkrankung untersuchte Embryonen. Bei einer Geburtenrate von 26
Prozent pro Zyklus war die Fehlbildungsrate nicht erhöht. Die Erfolgsrate
entspricht der Erfolgsrate nach IVF.;
Sie hatten davon gesprochen, dass das Desbuquois-Syndrom im besprochenen Fall
mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent auftritt. Ist mit 25 Prozent die
vom PID-Gesetz vorgeschriebene "hohe Wahrscheinlichkeit" gegeben?
Wir gehen bei einer 40-jährigen Schwangeren während einer Amnioszentese zum
Ausschluss eines Down-Syndroms von einem Risiko von zwei Prozent aus, das
heißt, es wird eine invasive Diagnostik bei sehr niedrigem Risiko gemacht.
Letztlich müssen die betroffenen Paare entscheiden, ob das Risiko von 25
Prozent für sie hoch ist oder nicht. Wenn Föten bereits wegen einer
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte abgetrieben werden, dann ist das Risiko von 25
Prozent bei einer so schwerwiegenden Indikation wie dem Desbuquois-Syndrom doch
hoch genug, um nach ausführlicher Information des Paares die PID
durchzuführen.;
Es ist kein Unterschied für Sie, im Rahmen der PID sechs Embryonen zu erzeugen,
von denen sicher nur eines, höchstens zwei ein Mensch werden wird?
Wir könnten die PID natürlich auch mit einer einzigen Eizelle durchführen, nur
würden wir die Belastung der Frau, die sich einer künstlichen Befruchtung
unterziehen muss, als viel zu hoch empfinden.
Nach dem Embryonenschutzgesetz dürfen doch eigentlich ohnehin nur drei
Embryonen erzeugt werden?
Wir stützen uns da auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das zu diesem
Zweck auch Ausnahmen zulässt.
Das neue Gesetz sieht vor, dass eine Ethikkommission darüber entscheiden muss,
ob eine entsprechende Indikation so schwerwiegend ist, dass die PID angewendet
werden darf. Das ist in Lübeck geschehen. Wie setzt sich diese Kommission
zusammen?
Sie ist interdisziplinär besetzt und wird von den verschiedenen medizinischen
Fachrichtungen vertreten, es gehören aber auch Juristen, Pflegekräfte und
Vertreter der Krankenhausseelsorge dazu;
Genau genommen bleibt die PID im nun veränderten Embryonenschutzgesetz
grundsätzlich verboten, und nur in Absatz 2 werden Ausnahmen formuliert, für
die es noch keine Rechtsverordnung gibt. Bewegt sich das Klinikum da nicht im
rechtsfreien Raum?
Wir müssen zwei Phasen unterscheiden, die erste nach dem BGH-Urteil, das in
bestimmten Fällen einer schweren genetischen Erkrankung die PID zulässt, die
zweite Phase beginnt mit dem Gesetz, das am 8. Dezember 2011 rechtskräftig
geworden ist. Seither warten wir auf die Rechtsverordnung, die von der
zuständigen Staatssekretärin Ulrike Flach für das Frühjahr angekündigt worden
ist. Die von uns durchgeführte PID fällt in die erste Phase und wird durch das
BGH-Urteil abgedeckt.
(taz 13.4.2012 S.18)
·
Beginn menschlichen Lebens in der Sicht der
Weltreligionen:
Für die christliche Kirche beginnt das Leben mit der Verschmelzung von Ei und
Samenzelle und der dabei stattfindenden Simultanbeseelung. Ab diesem Zeitpunkt
hat das Leben absolute Schutzwürdigkeit, sodass weder Abtreibung noch
Embryonenforschung moralisch legitim sind. Dies ist jedoch eine historisch
vergleichsweise neue Haltung: Bis 1869 vertrat die katholische Kirche in
Anlehnung an Aristoteles und später Thomas von Aquin die Ansicht der
Sukzessiv-Beseelung, wonach der männliche Embryo nach 40 Tagen, der weibliche
nach 80 Tagen beseelt wird, Abtreibung wäre demnach vorher erlaubt.
Jüdischen Gelehrten zufolge tritt die Beseelung eines Embryos 40 Tage nach der
Befruchtung ein. Bis dahin gilt der Embryo nicht als vollwertiger Mensch,
weshalb die Forschung an überzähligen Embryonen aus In-vitro-Fertilisationen in
Israel praktiziert wird. Auch PID ist in Israel erlaubt, doch
Schwangerschaftsabbrüche werden zumindest von orthodoxen Juden abgelehnt.
Im Islam gilt der Embryo ab dem 120. Tag als beseelt. Vorher passiert er
mehrere 40-tägige Entwicklungsstufen: Zuerst das Tropfen-Stadium nutfa, dann
das Blut-Stadium ’alaqa und anschließend das Stadium des „Fleischklümpchens“,
mudga. Vor der Beseelung sind Schwangerschaftsabbruch und auch die Forschung an
Embryonen theoretisch erlaubt. Weil es aber keine zentrale religiöse Instanz
gibt, herrschen viele unterschiedliche Auffassungen über die konkrete
Handhabung. Die Rechtsprechung in islamischen Ländern ist oft restriktiv.
Im Buddhismus beginnt das Leben eines Individuums mit der Empfängnis.
Abtreibung ist bei vielen Gläubigen verpönt, selbst wenn der Fötus durch eine
Vergewaltigung entstanden ist: Auch ein Gewaltakt, so wird argumentiert,
rechtfertige keine Gewalt gegen ein anderes Individuum. Zudem gilt der Schutz
allen Lebens als zentrale ethische Grundhaltung des Buddhismus. Mit diesem
Argument hat die Deutsche Buddhistische Union 2001 in einer Stellungnahme auch
ihre Ablehnung gegenüber verbrauchender Embryonenforschung sowie PID begründet.
Im Hinduismus beginnt das menschliche Leben mit der Empfängnis. Anders als etwa
im Christentum ist das Leben jedoch kein besonders hohes Gut, weil es nicht als
einmalig gilt, sondern zum Kreislauf der Wiedergeburt gehört. Abtreibung wird
kritisiert – jedoch nicht unbedingt, weil der Fötus sterben muss, sondern weil
derjenige, der die Abtreibung vornimmt, aus ungerechtfertigten Motiven handeln
könnte. Die Zerstörung eines Embryos ist unter Umständen erlaubt, wenn sie
einem höheren Wohl dient. Dies erklärte der Geistliche Swami Tyagananda 2004
dem Fachmagazin „nature“.;
die Einnistung als den Zeitpunkt, an dem das menschliche Leben beginnt. „Das
ist doch ein schöner Gedanke“, sagt er, „denn letztlich braucht der Embryo
beides, um sich zu entwickeln: sich selbst, aber auch den Körper der Mutter.“
Doch auch hier finden Kritiker Schwachpunkte, um einzuhaken – mit dem Argument
der numerischen Identität. Nach der Einnistung besteht nämlich noch die
Möglichkeit, dass sich der Embryo teilt und ein Zwilling entsteht. „Im Grunde
verschwindet dabei das erste Sein, die erste numerische Daseinsform, und löst
sich auf in zwei neue Embryos – die nur exis- tieren können, weil der erste
nicht mehr ist“, erläutert Minou Friele das philosophische Problem. Die
Möglichkeit der Zwillingsentstehung ist erst mit der Ausbildung des
Primitivstreifens ausgeschlossen, eines Zellwulstes, der für die
Entwicklungssteuerung des Embryos verantwortlich ist. Das geschieht etwa um den
14. Tag nach der Befruchtung. Der „Fertilisation and Embryology Act“ in
Großbritannien aus dem Jahr 1990 macht deshalb die Ausbildung des
Primitivstreifens – das heißt den 14. Tag nach der Befruchtung – zur Grenze, ab
der mit einem Embryo nicht mehr geforscht werden darf.
(bild der wissenschaft 4-2012 S.25 - http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=32944994
)
· Am 7. Juli
2011 beschloss der Bundestag mit 326 von 594 gültigen Stimmen ein
„Präimplantationsgesetz“ (PräimpG) für die Zulassung der PID unter Auflagen.
Das Gesetz sieht die Aufnahme eines neuen § 3a im Embryonenschutzgesetz (ESchG)
vor.
Danach ist die Durchführung einer PID grundsätzlich strafbar. Nicht
rechtswidrig handelt jedoch ein Arzt, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für das
Auftreten einer schwerwiegenden Erbkrankheit besteht oder wenn das Vorliegen
einer schwerwiegenden Schädigung des Embryos befürchtet wird, die mit hoher
Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führen würde. Eine
Präimplantationsdiagnostik darf nur nach einer medizinischen und psychosozialen
Beratung und schriftlichen Einwilligung der Mutter von fachlich geschulten Ärzten
nach einem positiven Votum einer interdisziplinär zusammengesetzten
Ethikkommission und in für die Präimplantationsdiagnostik lizenzierten Zentren
vorgenommen werden.
(http://www.ivf-bbn.de/fileadmin/downloads/Aktuelles/Deutscher_Bundestag_Drucksache_17.pdf
)
· Hatte man
tatsächlich hoffen dürfen, die Debatte um die Präimplantationsdiagnostik (PID)
sei beendet? Nein, wirklich realistisch war das nicht. Ende vergangenen Jahres
hatte das Parlament sich dazu durchgerungen, die genetische Untersuchung
künstlich gezeugter Embryonen zu erlauben, wenn eine schwere Erbkrankheit, eine
Tot- oder Fehlgeburt droht. Nun hat das Bundesgesundheitsministerium eine Rechtsverordnung
vorgelegt, die praktische Fragen der Anwendung regelt. Sie enthält Bestimmungen
zur Zulassung von PID-Zentren und zur Arbeit der Ethikkommissionen, die jede
PID prüfen müssen.
Prompt hagelt es wieder Kritik und Unterstellungen. Hubert Hüppe, der
Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, erkennt im Entwurf gar die völlige
Freigabe der PID durch die Hintertür. Weil der Entwurf die Zahl der PID-Zentren
nicht begrenzt und die Entscheidungskriterien der Ethikkommissionen nicht
strikt reglementiert. Ebenso möchte Hüppe es Hilfe suchenden Paaren
ausdrücklich verbieten, ihren PID-Antrag im Falle einer Ablehnung in einem
anderen Kinderwunschzentrum erneut zu stellen.
Dabei ist all dies gar nicht nötig. Nach den Erfahrungen aus dem Ausland werden
jährlich allenfalls ein- bis zweihundert Paare für eine PID infrage kommen. Es
wird sich deshalb nur für wenige Zentren rechnen, die erforderliche
Infrastruktur und Expertise aufzubauen. Auch die Befürchtung, die Paare würden
durch die Republik von einem Gremium zum nächsten reisen, ist abwegig. Denn
jede PID ist mit langwierigen Voruntersuchungen sowie einer enorm belastenden
künstlichen Befruchtung verbunden.;
Wer allerdings eine genaue Statistik führt, erhält automatisch eine
quasi offizielle Liste von Leiden, mit denen es sich anscheinend nicht zu leben
lohnt. Genau das aber hatte der Gesetzgeber, um Diskriminierungen zu vermeiden,
nicht gewollt. Über diesen Zielkonflikt kann man durchaus noch einmal streiten.
(ZEIT 9.8.2012 S.31)
· Respekt für
die Eltern
Doch was tun die PID-Kritiker? Sie versuchen, das Votum des Parlaments durch
die Hintertür wieder auszuhebeln. Nachdem sie das Gesetz nicht verhindern
konnten, probieren sie es nun mit Attacken auf die Rechtsverordnung, die bloß
die praktische Umsetzung regelt.;
Man kann dem Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vieles vorwerfen.
Etwa, dass es ein langes Jahr brauchte für diese Verordnung. Etwa, dass auch er
nicht zu lösen vermag, woran Ethikkommissionen gemeinhin kranken: an fehlender
demokratischer Legitimation. Aber ihn für die Inhalte der Rechtsverordnung an
sich anzugreifen und damit deren Ablehnung zu begründen, ist billig. Es ist
nicht Bahrs Schuld, dass die Definition dessen offen bleibt, was eine
schwerwiegende Erbkrankheit sei. Das Parlament hat bewusst auf einen
Krankheitenkatalog verzichtet, weil das Empfinden dessen, was zumutbar sei,
individuell verschieden ist.
Das tatsächliche Verdienst dieser Verordnung geht so fast unter: Sie macht
Menschen, die Leid erfahren haben, nicht erneut zu Bittstellern gegenüber
Ärzten oder Ethikkommissionen. Sondern sie gewährt ihnen Anspruch auf Wissen
und Diagnostik, sofern geltendes Recht eingehalten wird. Es wird nicht mehr von
Dritten bewertet, ob Eltern psychisch wie sozial in der Lage sind, ein
behindertes Kind großzuziehen. Was zählt, ist die Entscheidung der Eltern. Das
zeugt von Respekt.
(taz 13.7.2012 S.12)
· Bei der PID
werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen schon vor dem Einpflanzen in den
Mutterleib auf mögliche genetische Schäden untersucht. Das Gesetz erlaubt eine
solche Diagnostik aber nur, wenn ein oder beide Elternteile die Veranlagung zu
einer schwerwiegenden Erbkrankheit haben oder mit hoher Wahrscheinlichkeit eine
Tot- oder Fehlgeburt droht.
Die Kriterien jedoch, was eine schwerwiegende Krankheit sei, würden durch die
Verordnung nicht festgelegt, schimpfte Singhammer: "Es gibt keine
Definition und keinen inhaltlichen Rahmen". Auf einen Krankheiten-Katalog
allerdings wurde im PID-Gesetz selbst absichtlich verzichtet. Eine individuelle
Abwägung sollte so ermöglicht werden.
(taz 13.7.2012 S.06)
·
Nach
jahrelangen ideologischen Grabenkämpfen billigt der Bundesrat eine
Rechtsverordnung des Gesundheitsministeriums, die die
Präimplantationsdiagnostik in engen Grenzen erlaubt;
Bis zuletzt hatten Bund und Länder nun um die strittigen Details der Verordnung
gerungen. Durchgesetzt haben die Länder ihre Forderung, dass die Zentren, die
die PID anbieten dürfen, keinen automatischen Rechtsanspruch auf eine Zulassung
haben, und zwar auch dann nicht, wenn sie die im Gesetz genannten Vorgaben
erfüllen. Stattdessen muss jedes Zentrum einzeln von dem jeweiligen Bundesland
genehmigt werden - abhängig vom tatsächlichen Bedarf. Die Zahl der PID-Kliniken
soll so begrenzt werden mit dem Ziel, ökonomischen Konkurrenzdruck zwischen den
Einrichtungen um die wenigen Paare oder andere Fehlanreize erst gar nicht
entstehen zu lassen.
Keine Mehrheit fand im Bundesrat dagegen die ursprüngliche Forderung einiger
Länder, dass diese selbst über die personelle Zusammensetzung der Ethikkommissionen
bestimmen können sollen.
Stattdessen bleibt es nun bei dem Passus, der schon ursprünglich in der
Rechtsverordnung vorgesehen war: Erstens wird es keine Begrenzung der Anzahl
der Ethikkommissionen geben. Zweitens müssen die Kommissionen - Stichwort
Qualitätssicherung - bundesweit einheitlich besetzt sein. Und vor allem dürfen
die Mediziner in den Kommissionen nicht von Theologen oder Vertretern von
Behindertenverbänden überstimmt werden können.
Die Beibehaltung dieser Regelung war für Bahr ein unverhandelbarer Knackpunkt:
Zwar sei es richtig, dass die Ethikkommissionen individuell entscheiden
sollten, ob ein Paar eine PID machen lassen dürfe oder nicht. Die
schlussendliche Entscheidung für oder gegen die PID aber sei, so hatte der
Minister deutlich gemacht, aus seiner Sicht eine rein medizinische und keine
moralische. Auch dürfe den Paaren keine psychosoziale Beratung aufgezwungen
werden, sondern lediglich die notwendige medizinische Aufklärung, um
eigenständig entscheiden zu können.
(taz 2./3.2.2013 S.5)
·
Hat
der Mensch das Recht auf ein gesundes Kind? "Nein", sagt Tina Stark,
"das hat er nicht."
Ihre Tochter Maya, rotblond, acht Monate alt, liegt vor ihr auf dem
Wickeltisch. Über dem Kind baumelt ein bunter Holzpapagei. Es ist Dienstag,
Tina Stark muss den Verband des zentralen Venenkatheters ihrer Tochter
wechseln. Sie streift einen Mundschutz über, desinfiziert sich die Hände, zieht
das Pflaster ab, das auf Mayas Brustkorb klebt. "Was wir uns
wünschen", sagt Tina Stark, "ist nicht ein gesundes Kind. Wir
wünschen uns eines, das diese Krankheit nicht hat."
Maya leidet am kongenitalen nephrotischen Syndrom. Ihre Nieren lassen Eiweiße
im Körper ungenutzt passieren. Die Nährstoffe fließen wie Wasser durch das
Kind, deswegen bekommt es nachts Infusionen. Fast ein Dutzend Medikamente und
Nährlösungen braucht Maya, damit sie leben kann. Das An- und Ablegen der
Schläuche dauert täglich vier Stunden. Einen Pflegedienst, der das gut macht,
haben die Starks noch nicht gefunden.
Maya muss zunehmen. Etwa neun Kilo braucht das Mädchen, damit es eine
Spenderniere bekommen kann. Im Moment wiegt es siebeneinhalb. Ohne neue Niere
wird Maya nicht mehr lange leben.
Tina Stark, 35, ist Lehrerin, ihr Mann Andreas, 36, Anästhesist. Als sie mit
Maya schwanger war, hat Tina Stark keine Nackenfalte messen, kein Fruchtwasser
untersuchen lassen. Die Starks sagen: "Wir hätten das Kind in jedem Fall
behalten, also mussten wir auch nichts wissen."
Heute sind sie sich sicher, dass die Erbkrankheit bei keiner
Vorsorgeuntersuchung gefunden worden wäre. Das Syndrom ist sehr selten, in
Deutschland wird eines von 100 000 Kindern damit geboren. Ganz anders
steht es dagegen um die Aussichten der Starks. Bekommen sie wieder ein Baby,
liegt das Risiko, dass es die Krankheit hat, bei eins zu drei. Weil sie das
jetzt wissen, sind sie vor kurzem ins Medizinisch Genetische Zentrum (MGZ) nach
München gefahren.;
Das Verfahren, auf das Tina und Andreas Stark
hoffen, heißt "Präimplantationsdiagnostik" (PID). Ein Embryo wird auf
eine Erbkrankheit untersucht, bevor er der Frau für eine Schwangerschaft
eingesetzt wird. Das kongenitale nephrotische Syndrom könnte so ausgeschlossen
werden.;
Zum Beispiel für Jürgen
Schäfer 41, und seine Frau Carola(*), 42, die gerade im Beratungszimmer sitzen.
Sie sind aus einem kleinen Ort bei Darmstadt angereist. Vor Herrn Schäfer liegt
ein Aktenordner, der Seite für Seite die Geschichte des Ehepaars erzählt.
Drei Jahre lang haben sie versucht, ein Kind zu bekommen. Im vierten Jahr
konsultierten sie ein Kinderwunschzentrum, zweimal unterwarf sich Carola
Schäfer der künstlichen Befruchtungsprozedur. Dann wurde sie schwanger.
In der 14. Woche entdeckte die Ärztin beim Ultraschall einen Knick in der
Wirbelsäule des Kindes. In der 18. Woche wurde Fruchtwasser entnommen. In der
20. Woche war klar: Das Kind trägt eine unbalancierte Translokation auf dem 2.
und dem 16. Chromosom. Es hat schwere organische Schäden. Das Kleinhirn wächst
nicht, das Herz ist zu groß, der Dickdarm fehlt.
Die Ärzte sagten den Eltern: "Sehr wahrscheinlich wird es nicht
überleben." In der 21. Woche wurde die Geburt vorzeitig eingeleitet. Das
Kind kam zur Welt und starb gleich darauf.;
Zurück in ihrem Büro, deutet Elke Holinski-Feder auf ihren Computer. Sie sagt:
"Alle unsere PID-Patienten haben Erfahrungen mit Fehl- oder Totgeburten.
Oder sie leben mit einem schwerbehinderten Kind zu Hause." Sonst wüssten
sie nicht, dass sie genetisch vorbelastet sind.
Der Familie Schäfer wird Holinski-Feder anbieten, eine Analyse auf
Chromosomenveränderungen durchzuführen. Mit Hilfe einer sogenannten
Array-CGH-Diagnostik wird nachgesehen, ob die Chromosomenpaare in der richtigen
Anzahl und Anordnung vorhanden sind. Andere genetische Veränderungen -
Muskeldystrophien, Mukoviszidose oder auch das kongenitale nephrotische Syndrom,
unter dem Maya Stark leidet - werden mit dieser Methode nicht erkannt.
"Es gibt über 16 000 Erbkrankheiten", sagt Holinski-Feder.
"Und wir haben nur ein paar Zellen. Da sind wir froh, wenn wir finden,
wonach wir suchen."
Gerade weil die PID nur zur gezielten Suche nach bestimmten Defekten dient, sei
die Angst vor einer massenhaften Anwendung unbegründet, sagt sie. Nur ein
kleiner Teil aller Behinderungen lasse sich mit Hilfe des Verfahrens verhüten.
Rund 80 Prozent aller Behinderungen entstehen während oder nach der Geburt. Von
den übrigen 20 Prozent werden viele durch Einflüsse während der Schwangerschaft
verursacht, zum Beispiel durch Alkohol. "Der Anteil der genetischen
Erkrankungen liegt vermutlich unter zehn Prozent", sagt Holinski-Feder. Selbst
von denen seien die meisten auf spontane Genmutationen zurückzuführen. "Da
bahnt sich das Schicksal trotz PID seinen Weg." Rund 200 bis 300
Betroffene im Jahr werden Schätzungen zufolge die PID in Anspruch nehmen.
Die künstliche Befruchtung wird die Familie Schäfer etwa 5000 Euro kosten, die
genetische Untersuchung im MGZ noch einmal so viel. Sie werden es selbst zahlen
müssen, die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Kosten zurzeit
nicht.;
Die Zentren für Genetik, in denen die Präimplantationsdiagnostik künftig
vorgenommen werden darf, müssen strenge Auflagen erfüllen. Sie müssen viel
Erfahrung in der Genanalyse besitzen und über die nötige technische Ausrüstung
verfügen. 10 bis 20 Praxen in Deutschland, schätzt Holinski-Feder, dürften
diese Anforderungen erfüllen.
Das Gesetz sieht vor, dass Paare die Methode nutzen dürfen, wenn aufgrund ihrer
genetischen Veranlagung eine schwerwiegende Erbkrankheit beim Kind oder eine
Tot- oder Fehlgeburt wahrscheinlich ist. Einen festen Katalog an Krankheiten
wird es nicht geben. Es werden Ethikkommissionen eingesetzt, die jeden Fall
einzeln entscheiden.
(Der Spiegel 6-2013 S.108ff. - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-90848739.html
)
·
Noch
ist die Natur besser als die Medizin: Die Erfolgsraten einer künstlichen
Befruchtung liegen im Schnitt unter denen der natürlichen Zeugung. Doch auch
das könnte sich bald drastisch ändern, und zwar dank der
Präimplantationsdiagnostik (PID). Bislang wird die genetische Analyse dazu
eingesetzt, Totgeburten oder schwere Behinderungen zu vermeiden. Seit dem
vergangenen Jahr ist dieses Verfahren in Deutschland erlaubt.
Im Ausland wird die PID auch schon genutzt, um die Schwangerschaftsraten bei
der künstlichen Befruchtung zu verbessern – mit beachtlichen Erfolgen: Setzen
die Ärzte bei einer künstlichen Befruchtung nur geprüfte Embryonen in die
Gebärmutter ein, steigt die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit auf bis zu 80
Prozent.
(Die Zeit 11.7.2013 S.31)
· Mehr als
vier von fünf befruchteten Eizellen, schätzen Fachleute, nisten sich nie in der
Gebärmutter ein.
Die wichtigste Ursache für diese Reproduktionsdefizite sind Chromosomenstörungen, sogenannte
Aneuploidien: Hat das werdende Leben in seinen Zellen mehr als die korrekte Zahl
von 46 Chromosomen oder weniger, geht seine Überlebenschance gegen null. Fast
immer liegt das am weiblichen Ei. Schon bei 25-Jährigen ist jede dritte Eizelle
geschädigt, bis zum 45. Lebensjahr fällt der Anteil entwicklungsfähiger Eier
auf unter zehn Prozent. Fehlerhafte Keimzellen des Mannes verschärfen das
Zeugungsproblem überdies: Bei jedem zehnten Embryo mit Chromosomenstörung
stammt der Fehler aus dem Spermium.;
Das neue Erfolgsrezept der Reproduktionsmedizin besteht aus einer
massentauglichen Präimplantationsdiagnostik: Genomanalysen, mit denen die
Entwicklungsmöglichkeit frisch erzeugter Keimlinge überprüfbar wird. So kann
das Oxforder In-vitro-Zentrum nicht allen, aber doch sehr vielen Paaren bereits
ein Kind im ersten Anlauf versprechen. Und – ob mit 24 oder 42 Jahren – das
Alter der Frauen hat fast keinen Einfluss mehr auf die Erfüllung ihres
Kinderwunsches. Das Risiko einer Fehlgeburt, bislang häufig das traurige Ende
der belastenden und teuren Laborzeugung, wird dabei mindestens halbiert.
Derzeit wird in den Genomtests (comprehensive chromosome screening) lediglich
überprüft, ob der Embryo die korrekte Chromosomenzahl besitzt. Dabei wird eine
winzige Menge Erbmaterials in Decodierapparate gespeist. Vorläufig sollen sie
die Erbmoleküle nur oberflächlich lesen (at low coverage, wie Wells es
formuliert) – genug für eine rasche, preiswerte Prüfung.
Weicht die Chromosomenzahl von der Norm ab, werden die betreffenden Embryonen
vernichtet. Ist der Embryo gesund und wird er in den Mutterleib verpflanzt, hat
die Frau besonders gute Aussichten: Große Studien mit belastbaren Zahlen stehen
zwar noch aus, aber nach den bisherigen Erfahrungen werden mindestens 70
Prozent der Patientinnen beim ersten Versuch schwanger – fast dreimal so viele
wie bei einer natürlichen Zeugung.;
Dabei zeigt ein Blick über die Landesgrenzen, in die Niederlande oder nach
England, dass niemand an dem Verfahren mehr vorbeikommt. Sobald seine Effizienz
in der täglichen Praxis zutage tritt, wird auch die deutsche Politik nicht
länger ausweichen können. Wenn Embryonenselektion die Gefahr einer Fehl- oder
Totgeburt drastisch senkt, ist ein Verbot medizinethisch kaum noch vertretbar.
"Frauen muss keine Schwangerschaft auf Probe mehr zugemutet werden",
sagt der Münchner Humangenetiker Udo Koehler, "und vielen Paaren konnte
bislang mit dieser Untersuchung der Wunsch auf ein Kind erfüllt werden."
(Die Zeit 11.7.2013 S.33 http://www.zeit.de/2013/29/gentests-erfolgschance-kuenstliche-befruchtung-connor-levy)
· Interview
mit Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr;
Bahr: Alle Eltern wünschen sich ein gesundes Kind. Aber ich bin sensibler
geworden. Ich wollte mit meinem Wunsch Eltern mit kranken Kindern nicht
diskriminieren, im Gegenteil, wir tun viel zur Unterstützung.
SPIEGEL: Schätzungen zufolge werden aber neun von zehn Kindern, bei denen das
Down-Syndrom diagnostiziert wird, abgetrieben. Was sagt das über unsere
Gesellschaft aus?
Bahr: Heute ist die medizinische Versorgung von Down-Syndrom-Kindern sehr gut
geworden. Niemand muss sich wegen mangelnder Unterstützung gegen ein
behindertes Kind entscheiden. Aber ich akzeptiere, dass es Menschen gibt, die
sich anders entscheiden. Es ist ihr Recht.
SPIEGEL: Hat sich Ihr Blick auf die Präimplantationsdiagnostik als werdender
Vater verändert?
Bahr: Nein. Ich war immer dafür, die PID in sehr engen Grenzen zuzulassen. Aber
vielleicht kann ich mich jetzt besser in Eltern hineinversetzen, die wegen
Erbanlagen schon Tot- oder Fehlgeburten erlebt haben. Insofern fühle ich mich
eher bestärkt.
SPIEGEL: Kritiker sagen, die PID sei der erste Schritt in Richtung
Designerbabys.
Bahr: Die Gefahr sehe ich nicht. Ich habe vor allem die psychische Belastung
für betroffene Eltern im Blick. Ich bin auch dafür, die gesetzlichen Regelungen
für künstliche Befruchtung zu ändern. In Deutschland haben wir sehr enge
Grenzen für das Einsetzen befruchteter Eizellen.
SPIEGEL: Was schlagen Sie vor?
Bahr: In anderen Ländern ist die Erfolgsquote bei der In-vitro-Fertilisation
höher, weil nur entwicklungsfähige befruchtete Eizellen eingesetzt werden.
SPIEGEL: Sie sprechen sich für die Selektion von befruchteten Eizellen aus.
Bahr: Es ist für Frauen eine enorme gesundheitliche und für Paare eine
psychische Belastung, mit mehreren Versuchen zur künstlichen Befruchtung zu
scheitern. Medizinischer Fortschritt darf nicht nur verteufelt werden. Wir
müssen abwägen, wo er Erleichterung bringt.
SPIEGEL: Sie sind Katholik. Hadern Sie bei solchen Forderungen nicht mit Ihrem
Gewissen?
Bahr: Ich weiß, dass meine Kirche das anders sieht. Aber ich möchte die
Erfüllung des Kinderwunsches erleichtern, wenn der medizinische Fortschritt das
möglich macht.
SPIEGEL: Die Politik hat die Lage für die Betroffenen doch erschwert. Heute
übernehmen die gesetzlichen Kassen nur noch bei maximal drei künstlichen
Befruchtungen die Hälfte der Kosten. Warum zahlen Sie nicht einfach für mehr
Versuche?
Bahr: Bevor wir darüber nachdenken, zusätzliche Versuche zu finanzieren, ist es
wichtiger, betroffenen Paaren zu helfen, dass die künstliche Befruchtung
funktioniert.
SPIEGEL: Gibt es ein Recht auf ein Kind?
Bahr: Nein, ebenso wenig wie es das einklagbare Recht auf ein gesundes Kind
oder ein Wunschkind gibt. So bitter das klingt: Es ist nicht die alleinige
Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung, den Kinderwunsch zu finanzieren.
(Der Spiegel 26-2013 S.26ff.)
· Bayern
will eine eigenständige Ethikkommission zum Umgang mit der
Präimplantationsdiagnostik (PID) einsetzen. So solle sichergestellt werden,
dass der Schutz des Lebens bei genetischen Untersuchungen künstlich
befruchteter Embryonen oberste Priorität habe, sagte Gesundheitsministerin
Melanie Huml (CSU).;
Der Freistaat schlägt mit seinem Alleingang einen Sonderweg ein: Die Bundesländer
Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Thüringen
wollen eine gemeinsame Ethikkommission einrichten. Auch Niedersachsen,
Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Bremen, Brandenburg und Hamburg
teilen sich ein Gremium. Huml betonte, dass sich Bayern nicht anschließen
werde.;
Die bayerische Ethikkommission soll aus acht Mitglieder bestehen: vier
Fachärzte aus den Bereichen Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Humangenetik,
Kinder- und Jugendmedizin sowie Psychiatrie und Psychotherapie, ein Ethik- und
ein Rechtsexperte sowie je ein Vertreter für die Wahrnehmung der Interessen von
Patienten und der Selbsthilfe behinderter Menschen.
(taz 13.6.14 S.19)
·
·
Zug-Mörder
Glauchau nach 4 Jahren überführt
DNA-Analyse; zufällige Übereinstimmung 1:31 Millionen
(FP Weihnachten 1999)
·
Sachsen
führt Gen-Datei ein; insgesamt sollen 40000 Personen erfaßt werden
(FP 17.1.2000)
·
Hund
hatte Mann lebensgefährlich verletzt; über DNA des Hundes im Speichel von der
Jacke des Opfers Halter gefunden
(Berliner Zeitung 28.7.00)
·
Genprofil
in der Regel aus Körperzellen, die aus einer Speichel- oder Blutprobe stammen;
dabei sind vor allem die 97% Erbsubstanz interessant, die nicht aus Genen
bestehen; aus diesem Füllstoff lassen sich unverwechselbare Merkmale
herausfiltern; Wahrscheinlichkeit zufälliger Übereinstimmung: 1:100 Mill. -
1:100 Mrd
(Spiegel 30/2000)
·
Mordfall
Adolph: Speichel des Täters an einer Zigarettenkippe am Tatort
(FP 19.4.00, 7.7.2000)
·
Nachweis
an Zellen aus dem mumifizierten Herzen: der 1795 gestorbene Junge war
tatsächlich Ludwig XVII:
(taz 20/21.4.00)
·
Spur
der Kartoffelpest 1845-47
(Spiegel 10/2000 S.204)
·
Mordfall
Adolph: Zigarettenkippe am Tatort gefunden, Speichelprobe mit Polizeidatenbank
verglichen, mit DNA des Täters identisch, DNA-Probe routinemäßig entnommen (saß
wegen schweren Raubes ein)
Freie Presse 7.7.2000
·
beim
genetischen Fingerabdruck werden keine (echten, wirksamen) Gene untersucht;
damit werden bei solchen Untersuchungen keine Informationen gewonnen, die etwa
Aussagen zu gesundheitlichen Fragestellungen ermöglichen;
(Bild der Wissenschaft 4/01 S.80)
·
feinste
Haarschuppen oder Härchen reichen aus;
Strafprozessordnung schreibt vor, dass nur uncodierte Stellen der DNS
analysiert werden dürfen, also der Bereich, der keine Information über Erbgut,
Krankheiten oder individuelle Merkmale trägt;
· aber Kriminalisten hätten auch
Interesse am codierten Bereich: Hinweise über Haut-, Haar- oder Augenfarbe,
Statur des Täters
(Der Spiegel 42/2001 S.60ff)
·
Gendiagnostik Rechtsmedizin; in nichtkodierenden Bereichen der menschlichen Erbsubstanz
(keine GENE) gibt es neben abgeschalteten Pseudogenen eine besondere Form von
DNA-Abschnitten, die sich aus Blöcken repetitiver (=sich wiederholender)
Sequenzen zusammensetzen.; werden je nach Länge als „Minisatelliten“ (Multi-
oder Einzellokus-Systeme mit Repeat-Länge von 15 bis 50 Basen) und
„Mikrosatelliten“ (Short Tandem Repeats, STRs mit Repeatlänge von 2 bis 5
Basen) bezeichnet; aufgrund ihrer einfachen Struktur und kurzen Länge STRs für
forensische DNA-Analyse gerade alten Spurenmaterials beonders gut geeignet; die
genetische Variabilität dieser Systeme beruht auf der tatsache, dass die Anzahl
der Wiederholungen für jeden einzelnen dieser Genorte von Mensch zu Mensch sehr
unterschiedlich ist; Mutationen bleiben hier erhalten, Unterschiede von Mensch
zu Mensch hier um Vielfaches größer als bei funktionell aktiven Genen;
in der DNA-Datei werden die Untersuchungsergebnisse in Form von 16 Zahlen
gespeichert, die den acht untersuchten Genorten zugeordnet werden
(Dtsch. Ärzteblatt 28.1.05 S. A184)
·
wenn man nur die 8 Genorte der deutschen DNA-Analysedatei (DAD) betrachtet, könnte man einen Menschen nicht
eindeutig identifizieren (ganze Erdbevölkerung mit einbezogen); ab 12 Genorten
kann von einem einzigartigen Profil gesprochen werden (nur eineiige Zwillinge
identisch);
Kosten für DNA-Diagnostik in der Kriminalistik in einem Privatlabor eine
Analyse für 100 bis 200 Euro, in Landeskriminalämtern vermutlich höher
(GID 170/2005 S.14)
·
für einen genetischen Fingerabdruck stammen alle
erfassten Teilstücke der menschlichen DNS aus Bereichen, die keine Gene
enthalten; sie sind kurz (short) und bestehen aus einer Grundeinheit, die sich
immer wiederholt (repeat); diese short tandem repeats (STRs) sind von Mensch zu
Mensch verschieden lang, weil die Grundeinheit unterschiedlich oft wiederholt
wird;
in den Laboren der Kriminalbiologen werden acht SRTs analysiert; da das
menschliche Erbgut alle Informationen doppelt enthält (einmal vom Vater, einmal
von der Mutter), besteht das Ergebnis aus 16 Werten; für die
Geschlechtsbestimmung wird zusätzlich ein Merkmalssystem untersucht, das nur in
zwei Varianten vorkommt;
statistische Wahrscheinlichkeit für zufällige Übereinstimmung von acht STRs
unter mehreren Billiarden Menschen nur 1 x zu erwarten;
deutsche Richter fordern eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 99,8%, um eine
Vaterschaft als praktisch erwiesen anzuerkennen;
seit acht Jahren ist es möglich, auch aus alter oder stark geschädigter DNA
genetische Fingerabdrücke zu erzeugen;
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.7)
·
Gendiagnostik-Gesetz verabschiedet;
Genetische Untersuchungen dürfen nur mit Einwilligung der zu untersuchenden
Person und ausschließlich von Ärzten vorgenommen werden.
Erlauben Untersuchungen eine Voraussage über die Gesundheit der untersuchten
Person oder eines ungeborenen Kindes, ist eine Beratung vor und nach der
Untersuchung vorgeschrieben.
Die vorgeburtliche genetische Diagnostik wird auf rein medizinische Zwecke
beschränkt. Bei der Untersuchung dürfen nur Eigenschaften festgestellt werden,
die die Gesundheit des ungeborenen Kindes vor oder (direkt, unmittelbar JK) nach der Geburt beeinträchtigen können.
Zulässig sind vorgeburtliche Untersuchungen etwa auf das Down-Syndrom, aber
nicht pränatale Tests zu Krankheiten, die erst nach Vollendung des 18.
Lebensjahres ausbrechen können.
Auch Vaterschaftstests sind nur zulässig, wenn die zu untersuchende Person
eingewilligt hat.
Ferner dürfen Versicherungsunternehmen von Kunden keine genetischen
Untersuchungen oder Auskünfte über bereits vorgenommene Tests verlangen. Geht
es allerdings um Versicherungssummen ab 300.000 Euro, müssen die Ergebnisse
schon erfolgter Untersuchungen der Versicherung vorgelegt werden.
Arbeitgeber sollen ebenfalls keine genetischen Untersuchungen von Mitarbeitern
fordern dürfen. Auch wird ihnen die Verwendung der Ergebnisse von Tests
untersagt, die in anderem Zusammenhang vorgenommen wurden. Verwenden dürfen sie
Informationen aus Gentests indes, wenn dies aus Arbeitsschutzgründen
erforderlich ist.
(Das Parlament 27.4./4.5.09 S.1ff.)
· IMMER MEHR
TESTBARE KRANKHEITEN
Nach 1993 wuchs die Zahl der Labore, die Gen-Tests anbieten (gelbe Balken).
Inzwischen ist sie stagniert, aber die Zahl der Krankheiten, für die ein
Gen-Test zur Verfügung steht (lila Balken), nimmt weiter zu. Ende Juni 2012
waren es 2687;
GEN-TESTS IN DEUTSCHLAND – WAS SAGT DAS GESETZ?
In Deutschland sind Gen-Tests, die direkt an den Konsumenten verkauft werden,
zwar nicht verboten, die Anforderungen des Gendiagnostik-Gesetzes von 2010 an
Gen-Tests zu medizinischen Zwecken kommen einem Verbot aber ziemlich nahe. So
dürfen nur Ärzte genetische Untersuchungen vornehmen – nach Aufklärung und
schriftlicher Einwilligung der ratsuchenden Person. Bei prädiktiven Gen-Tests
(die beispielsweise Krankheiten vorhersagen) ist eine genetische Beratung
verpflichtend. Dass das Gesetz Lücken hat, zeigt das Beispiel des privaten
Zentrums für Humangenetik bio.logis mit Sitz in Frankfurt am Main, das seit
Juli 2011 eine Analyse von über 100 genetischen Varianten direkt über das
Internet vermarktet. Gründerin ist die Medizin-Professorin Daniela Steinberger.
Der Trick ist: „Der Gesetzgeber sagt nicht ausdrücklich, dass Aufklärung und
Beratung in einem persönlichen Gespräch stattfinden müssen“, sagt der
Mannheimer Medizinrechtler Jochen Taupitz und ergänzt: „Außerdem können
Testwillige bewusst darauf verzichten.“ Es gebe hier noch keine Rechtsprechung,
auf die man sich stützen könne.
(bild der wissenschaft 9-2012 S.20ff)
·
Neugeborenen-Screening in MeckPom
Als erstes Bundesland wird Mecklenburg-Vorpommern im Rahmen des
Neugeborenen-Screenings eine Untersuchung auf die Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose einführen. Mukoviszidose sei
eine der am häufigsten vererbten Stoffwechsel-Erkrankungen in Mitteleuropa,
heißt es zur Begründung….
(GID 215-2012 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/215/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
·
·
Q:
SPIEGEL 13/1996 S.194ff.
- den Gentherapeuten ist bis heute noch kein einziger Heilerfolg geglückt: über
100 Therapieversuche mit 600 Patienten - in keinem Fall konnte das Leiden
behoben oder auch nur gelindert werden
·
Q:
Das Parlament 10.3.95
- Gentherapie angeborener Fehler versucht, gesunde, funktionsfähige satt
kranker Gene in die Zelle einzuschleusen
- zwei andere Verfahren versuchen, zu verhindern, daß das bereits vorhandene
Gen sich ausprägt und Eiweißmoleküle herstellt: kurze synthetische Einzelketten
aus im Prinzip den gleichen Grundbausteinen wie DNA (Oligonukleotide) binden an
bestimmte Abschnitte der Zell-DNA und hindern sie daran aktiv zu werden
* Triplex-Verfahren: Oligonukleotid bindet als "dritter Partner" an
den DNA-Doppelstrang und verhindert Transkription
* Antisense-Verfahren: greift einen Schritt weiter an, ein synthetischer
Gegen-Strang verhindert, daß das m-RNA-Molekül seine Botschaft loswerden kann
·
neue
Krebsstrategien:
a) Selbstmord:
Tumorzellen sind unsterblich, weil bei ihnen wichtige Gene geschädigt sind, die
gefährliche Zellen normalerweise in den Selbstmord schicken (Apoptose); Strategie:
intaktes Gen p53 in Tumorzellen einschleusen
b) Chemotherapie:
gesunde Knochenmarkszellen werden vor der Chemotherapie mit einem Resistenz-Gen
versehen, das sie unempfindlich macht gegen Chemotherapeutika;
(bdw 5/2000 S.72)
·
wird
zusätzliche Erbanlage in eine Körperzelle eingebracht: „somatische
Gentherapie“,
wird ein Gen in eine Keimbahnzelle (Ei- und Samenzellen, Vorstufen davon,
totipotente embryonale Zellen der ersten Entwicklungsstufen) eingeschleust:
„Keimbahntherapie“;
Voraussetzungen für Erfolge:
a) detaillierte Kenntnis der menschlichen Erbanlagen
b) Übertragungssysteme müssen verbessert werden (Mikro-Injektion direkt in den
Zellkern; Liposomen - Kügelchen mit fremdem Erbmaterial durchdringen
Zellmembranen: Elektroporation: Elektroschock öffnet kurzzeitig Membran;
Partikel-Kanone Schrotschuß; nackte DANN in den Körper injizieren; künstliche
Chromosomen 1997; Viren als Gen-Taxis - Integration nach dem Zufallsprinzip,
mögliche Störung von Wirtsgenen
c) Gen muß in der Zelle korrekt und zuverlässig arbeiten
d) Möglichkeiten zur Regulation der Tätigkeit des Gens in der Zelle finden
(VFA: Heilen mit Genen)
·
gezielte
Konstruktion des menschlichen Erbgutes;
Ziele:
a) Heilung, Therapie, was Krankheits- und Leidensdruck voraussetzt
b) Steigerung von Fähigkeiten (enhancement)
(Dtsch. Ärzteblatt 6/2000 S. A-302)
·
Veränderung
des Erbgutes ohne therapeutische Motivation
(Barth, EKD: epd-wochenspiegel 27/2000 S.4)
·
Jens
Reich: ich habe einen weiteren Begriff von Gentherapie. Meiner Ansicht nach
würden die sinnvolleren Gentherapien nicht darin bestehen, im Genom
herumzuarbeiten, ... ein Beispiel wäre, ein wild gewordenes Krebsgen zu hemmen,
ohne gleich das ganze Genom zu ändern
(grün und bündig Juni 2000 S.8f)
·
Gentherapie:
Heilende Gene können mit Hilfe von Genfähren (meist modifizierte Viren) in den
Zellkern gebracht werden.. Dort übernehmen sie die Funktion defekter Gene.
Künftig sollen fehlerhafte Gene in den Keimzellen oder frühen Embryonen
punktgenau gegen die intakte Kopie ausgtauscht werden. Die Reparatur vererbt
sich auf kommende Generationen. Menschen könnten auf diese Weise auch mit
einzelnen zusätzlichen Genen ausgestattet werden.
Künstliche Chromosomen:
Künstliche Menschenchromosomen müssen an den beiden Enden Schutzkappen, so
genannte Telomere, enthalten. In der Mitte benötigen sie eine Ankerstruktur,
das so genannte Zentromer. Zwischen diese Strukturen können künftig Tausende
von Genen geladen werden. Bringt man solche Kunstchromosomen in die Zelle,
werden sie bei den Zellteilungen verdoppelt und an die Tochterzellen
weitergegeben; sie könnten sich auch auf folgende Generationen vererben.
(die Maus Lucy 10/99 hat ein zusätzliches Chromosom; wenn man derzeit ein
einzelnes Gen in fremdes Erbgut einschleust, kann es versehentlich
lebenswichtige Gene lahmlegen)
Der Spiegel 15/2000 S.172ff.
·
neue
Strategie: zusätzliches gesundes Gen + notwendige Regulatorgene in ein
zusätzliches Chromosom einbauen;
weitere Versuche: Stammzellen aus dem Knochenmark eines Patienten entnehmen,
mit Viren im Labor verändern, dann wieder einsetzen;
da bei Übertragung mit Viren oft falsche Zellen erreicht werden oder die
Immunabwehr die Eindringlinge ausschaltet: Überdosis an Viren (so Todesfall
Jesse Gelsinger USA);
(ZDF 16.1.02 Bublath; Gene: zerstörte Hoffnungen?)
·
genveränderte
Mäuse, die ein krebshemmendes Eiweiß im Übermaß produzieren (p53), altern
deutlich schneller;
Sichelzellanämie: bei Mäusen gelungen, das gesunde Gen in das rote Knochenmark
(gemeint sicher: K.-Zellen JK) einzubringen; heilendes Gen nicht natürliche
For, sondern gentechnisch hergestellte Variante (sonst nur bei Ungeborenen
vorhanden))
(GID 150/2002 S.30f)
·
Heilung
von sieben Kindern mit angeborener Abwehrschwäche / Reparatur von
Blutstammzellen / Erfolg auch noch nach 3 Jahren
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. März 2002)
·
zwei
Kinder geheilt, die an angeborener schwerer Immunschwäche litten;
Virus als Gentaxi, funktionierendes ADA-Gen in Blutstammzellen aus dem
Knochenmark der Babys eingebaut, per Injektion zurück
(GID 153, 8-9/2002 S.27)
·
in
Paris Kind nach Gentransfer (Retrovirus) an Leukämie erkrankt, leidet an
angeborener Immunschwäche (SCID); nach Chemotherapie auf dem Weg der Besserung
(GID 154/2002 S. 26)
·
in
Amsterdamer Krankenhaus sollen erstmals gentechnisch veränderte Bakterien im
menschlichen Körper freigesetzt werden; chronische Darmentzündung Morbus Crohn;
Milliarden von gentechnisch veränderten Bakterien schlucken – Mikroorganismen
sollen im Darm als lebnde Arzneifabriken ein entzündungshemmendes Protein
herstellen
(GID 154/2002 S. 29)
·
erneut
Rückschlag für Gentherapie; bei einem zweiten gentherapeutisch behandelten
Patienten in Frankreich Leukämie-ähnliche Erkrankung aufgetreten; Verwendung
retroviral modifizierter Blutstammzellen
(taz 17.1.03)
·
seit
12 Jahren werden klinische Versuche mit der somatischen Gentherapie
durchgeführt; bis heute wurden weltweit rund 4000 Patienten gentherapeutisch
behandelt, etwa 260 davon in Deutschland; bei den meisten dieser Versuche
wurden keine therapeutischen Erfolge erzielt; um Gene in Zellen des Patienten
einzuschleusen, werden als „Vektoren“ meist Viren verwendet, die gentechnisch
so verändert wurden, dass sie ein neues Gen in die Zellen des Patienten
einschleusen können, sie können die Zellen zwar infizieren, sich selbst aber
nicht vermehren und keine Krankheiten verursachen; damit das neue Gen korrekt
funktioniert, müsste es allerdings an der „richtigen“ Stelle eingebaut werden
können, das ist jedoch mit den derzeitigen Techniken nicht erreichbar;
die meisten Gentherapie-Studien zielen mittlerweile nicht mehr auf
Erbkrankheiten, sondern auf andere chronische Krankheiten und
Krebserkrankungen; dabei wird nicht das ursprüngliche Ziel der Gentherapie
verfolgt, Gendefekte zu „reparieren“, sondern therapeutisch wirksame Stoffe im
Körper selbst zu produzieren;
(GID 155/2002-2003 S.33)
·
chinesische
Gesundheitsbehörden lizensierten im Oktober eine Therapie zur Behandlung
bestimmter Tumore im Hals- und Kopfbereich; diese Tumorarten lassen sich in 60%
der Fälle auf eine Veränderung des Gens p53 zurückführen, das (hier) ein unkontrolliertes
Zellwachstum auslöst; bei der Behandlung wird dem Patienten ein therapeutisches
Virus gespritzt („Gendicine“), in das ein gesundes p53-Gen geschleust wurde,
die Viren sollen als Vehikel die rettenden Gene in die kranken Zellen
transportieren; Behandlung kostet 300 €; klinische Studie: dreimal höhere
Heilungsquote im Vergleich zu einer herkömmlich behandelten Vergleichsgruppe
(nur Strahlentherapie)
(Freie Presse Chemnitz 27.11.03)
·
University
of California in San Diego: Alzheimer-Patienten wurden gentechnisch veränderte
Körperzellen direkt ins Gehirn eingepflanzt; Zellen vorher im Labor mit Genen
für Herstellung eines Proteins ausgestattet, das den Zelltod hemmt und Bildung
von Nervenzellen anregt; bei einigen Patienten geistiger Verfall verlangsamt;
verbesserter Stoffwechsel um die transplantierten Zellen herum nachweisbar
(SPIEGEL 17/2005 S.162)
·
zum weltweit ersten Mal haben Mediziner in Frankfurt
/ Main erwachsene Patienten (Männer 25 und 26 Jahre alt) mit gentherapeutischen
Methoden erfolgreich behandelt; angeborene Immunschwäche septische
Granulomatose (in D. etwa 100 Patienten bekannt); zeitlebens Bedrohung durch
Pilz- und Bakterieninfektionen; in blutbildende Stammzellen mit Hilfe von Viren
intakte Kopie des gesunden Gens eingefügt; 50 Tage nach der Genbehandlung waren
bestehende Infektionen beseitigt;
gleicher Eingriff 11 Monate später auch bei einem 5-jährigen Jungen in Zürich;
(Freie Presse Chemnitz 3.4.06, Zeit 6.4.06 S.44)
·
einer der Patienten nach (zunächst) erfolgreicher Gentherapie gestorben (Darmdurchbruch und Blutvergiftung): es ist nicht
ausgeschlossen, dass es einen Zusammenhang mit der Gentherapie gibt (sagt einer
der Leiter der Studie); es könnte aber auch keinen Zusammenhang geben
(taz 5.5.06; Zeit 24.5.06 S.50)
·
Urteil
des Landgerichts München: unverheiratete Väter dürfen die Abstammung des Kindes
ohne Wissen der Mutter genetisch prüfen lassen;
Probe mit Wattestäbchen aus der Wangeninnenseite genügt; Kosten zwischen 400
und 750 Euro; Diagnosesicherheit über 99%;
Bundesregierung will Test im Gesetz nur zulassen, wenn alle Beteiligten
zustimmen;
aber Verwertungsverbot für rechtswidrig erstellte Tests ist derzeit nicht
geplant, wer Gewissheit will, muss dann eben Bußgeld oder Strafe zahlen
(taz 11.7.03; Spiegel 30/2003 S. 21, taz 13.8.03)
·
bei
DNA-Analysen in der Kriminalistik werden zwar nicht-codierende Anteile der
Erbsubstanz untersucht (95%, die keine Gene enthalten); dort werden 8
Abschnitte untersucht
aber das Geschlecht der Testpersonen wird seit Jahren regelmäßig mit erfasst;
auch Hinweise auf die Rasse und auf bestimmte Krankheiten (z.B. numerische
Anomalien in der Chromosomenverteilung) werden erkannt;
in den Niederlanden Gesetz, wonach auch Hinweise auf die Haar-und Augenfarbe
genutzt werden dürften (noch Zukunftsmusik – die Forschung ist noch nicht so
weit
(Der Spiegel 28/2003 S.65; 15/2003 S.78)
·
genetische
Fingerabdrücke werden von „short tandem repeats“ STRs genommen; sich ständig
wiederholende DNA-Abschnitte, bei denen es sich nicht um echte Gene handelt,
sondern um „Genschrott“ ohne Inhalt; Länge etwa 150 Basenpaare;
Rothaarigkeit lässt sich bestimmen
(Bild der Wissenschaft 6/2003 S.34)
·
Vaterschaftstests:
für ein paar hundert Euro kann sich jedermann bei DNA-Testlabors Klarheit über
seine Vaterschaft erkaufen;
wer der Erzeuger ist, lässt sich heute genetisch belegen, wer der Vater ist
steht im Gesetz, der Trauschein gilt praktisch als Vaterschaftsnachweis;
schätzungsweise jedes 10. Kind ist ein Kuckuckskind;
in Deutschland 50000 Tests pro Jahr, 40 Mill.Euro Umsatz; in jedem 4. bis 5.
Fall Kuckuckskind;
DNA Tests Kriminalistik:
DNA-Fingerabdruck: ein Set von 8 Zahlenpaaren, jede der Zahlen im Code steht
für das, was die Genetiker „Short Tandem Repeat“ (STR) nennen, einen Abschnitt
der Erbsubstanz, in dem sich kurze DNA-Sequenzen mehrmals hintereinander
wiederholen – wie oft, das verraten die Zahlen des Fingerabdruck-Codes;
untersucht werden verschiedene STR-Regionen; Wahrscheinlichkeit für eine
zufällige Übereinstimmung bei 2 Personen liegt bei 1 zu 300 Milliarden; Test verraten
nichts über äußere Erscheinung oder gar Persönlichkeit des Täters
(Spiegel 4/2005 S.40ff)
·
erfolgreiche Gentherapie-Studie bei Parkinson: 12
Probanden, bei denen sich Symptome mit herkömmlichen Medikamenten nicht mehr
lindern ließen, das Gen für ein bestimmtes Enzym (ist an der Herstellung eines
Botenstoffs beteiligt) ins Gehirngewebe gespritzt, als Träger
dienten Adenoviren;
bessere Beweglichkeit, Krankheitssymptome um 40% reduziert
(GID 179 Dez06/Jan07 S.32)
·
Gentherapie – schwieriger Neustart;
in Paris heilten Ärzte Kinder mit Gentherapie von der tödlichen erblichen
Immunschwäche SCID; weltweit 20 Kinder therapiert, fast alle von ihnen sind
heute, viele Jahre nach der Therapie, gesund; ein Kind starb an Nebenwirkungen;
Trick: sie entnahmen den Kranken Stammzellen und therapierten diese Zellen im
Labor; Knochenmarksstammzellen – können ein Menschenleben lang Zellen mit den
heilenden Genen produzieren;
im Labor lässt sich vor der Zelltransplantation überprüfen, ob die
Genübertragung gelungen ist;
Allmählich scheint die Gentherapie die Erwartungen, die man seit 20 Jahren an
sie richtet, zu erfüllen
(bdw 3/07 S.26ff)
·
Frankreich: Gentherapie für Kinder mit der
Nervenkrankheit ALD entwickelt; galt bisher als unheilbar; entschärfte Version des HI-Virus als Trojanisches Pferd eingesetzt; korrigiertes Gen ins
Knochenmark erkrankter Kinder geschleust, so sollen fehlerhafte
Erbinformationen ausgetauscht werden; ALD wird durch seltenen Gendefekt auf dem
X-Chromosom verursacht
(taz 2.11.07)
·
Amerikanische
Forscher verhalfen farbenblinden Totenkopfäffchen zum vollen Farbensehen, indem
sie Gene in die Photorezeptorzellen
der Netzhaut pflanzten. Dies zeige, dass es dem Gehirn von Primaten möglich
ist, eine sensorische Fähigkeit neu zu erlernen und zu verarbeiten, und zwar
über die plastische Phase des Gehirns in den ersten Lebensjahren hinaus. Sie
hoffen, die Gentherapie lasse sich auch dazu nutzen, ähnliche Sehfehler beim
Menschen zu behandeln;
die Forscher injizierten ein menschliches L-Opsin-Gen unter die Netzhaut der farbenblinden
Affen
(Die Zeit 17.9.09 S.44; taz 18.9.09 S.18)
·
ENDLICH ERFOLGE DURCH GEN-THERAPIE
Um die Gen-Therapie war es lange still. Gefährliche Nebenwirkungen bremsten den
Einsatz der Methode. Doch Forschern ist es jetzt gelungen, sie sicherer zu
machen.;
GEN-THERAPIE ERFOLGREICH BEI BLUTKRANKHEIT
Die Grafik veranschaulicht, wie französische Ärzte 2007 einen 18-jährigen
Patienten mit einer erblichen Blutkrankheit (Beta-Thalassämie) zu heilen
versuchten: Sie entnahmen dem Knochenmark des jungen Mannes blutbildende
Stammzellen und züchteten diese in einer Zellkultur weiter. Mithilfe von
modifizierten Viren vom Typ Lenti-Virus (zu denen auch das HI-Virus gehört)
übertrugen sie in die kultivierten Zellen das beta-Globin-Gen, das bei dem
Patienten von Geburt an defekt war. Dann zerstörte das Team um die Pariser
Hämatologin Marina Cavazzana-Calvo mittels einer starken Chemotherapie den
größten Teil der blutbildenden Stammzellen im Körper – ein riskanter Schritt.
Erst danach wurden dem Mann die gentechnisch veränderten Stammzellen aus der
Zellkultur eingepflanzt. Sie wuchsen in seinem Knochenmark an und produzierten
mit der Zeit gesunde rote Blutkörperchen. Der Mann leidet heute nur noch unter
geringer Blutarmut und braucht keine Bluttransfusionen mehr. Es muss aber
regelmäßig geprüft werden, ob sich als Nebenwirkung der Gen-Therapie eine
Leukämie gebildet hat.
Ein aktuelles Beispiel in Deutschland ist die weltweit erste
Gen-Therapie-Studie bei Kindern mit der schweren angeborenen Immunkrankheit
Wiskott-Aldrich-Syndrom. Die Studie startete 2006 an der Medizinischen
Hochschule Hannover. Unter Leitung des Leibniz-Preisträgers Christoph Klein
übertrugen die Ärzte bei zehn Kindern erfolgreich die funktionsfähige Version
des Gens in die Blutstammzellen: Bei neun besserten sich die Symptome.
Allerdings entstand bei einem Kind – wie bei den vorausgegangenen
X-SCID-Gen-Therapien – als Nebenwirkung eine Leukämie, die zurzeit behandelt
wird. Bis 2016 werden die Patienten weiter beobachtet.
(bild der wissenschaft 2-2012 S.40ff)
· Vererbbare
Therapie
Lange war der Eingriff in die Keimbahn des Menschen tabu. Jetzt ist er erstmals
gelungen.
Hamburger Kaufleute, so heißt es, spannen den Regenschirm auf, sobald in London
ein Schauer niedergeht. Vielleicht sollten deutsche Ärzte und Politiker
wenigstens einmal in Richtung London schauen. Denn dort braut sich etwas
zusammen, das sich hierzulande als bioethisches Unwetter niederschlagen könnte.
Allen Ernstes verhandeln Wissenschaftler, Ethiker und Politiker seit dem
Frühjahr darüber, ob demnächst Eingriffe in die Keimbahn erlaubt werden sollen.
In der Keimbahn entstehen Ei- oder Samenzellen. Manipulationen an dieser Stelle
können an die Nachkommen vererbt werden. Es geht nicht um Tiere, sondern um
erbliche Veränderungen menschlicher Gene aus medizinischen Gründen.
Im Zentrum der britischen Debatte stehen zwei experimentelle
Fortpflanzungstechniken. Sie sollen zur Verhinderung sogenannter
mitochondrialer Erkrankungen beim Nachwuchs dienen, aber auch zur Behandlung
von Unfruchtbarkeit bei Frauen. Schätzungsweise eines von 200 Neugeborenen hat
genetisch defekte Mitochondrien von der Mutter geerbt. Mitochondrien sind
lebenswichtige Bestandteile unserer Zellen, zuständig für die Energieversorgung
und ausgestattet mit eigenem Erbgut. Sie werden bei der Zeugung nur über die
mütterliche Eizelle weitergegeben. Bei einem von 5.000 Kindern ist der Schaden
so gravierend, dass eine von zahlreichen Erkrankungen entsteht. Manche davon
können tödlich sein. Häufig sind das Gehirn, die Augen und die Muskulatur
betroffen. Heilbar sind diese Leiden nie.
Seit Jahren erkunden Forscher zwei Techniken, die eine Weitergabe defekter
Mitochondrien verhindern sollen. Beim sogenannten Pronukleustransfer wird das
Ei künstlich befruchtet, danach überträgt man die Zellkerne von Ei und Spermium
vor ihrer Vereinigung in die zuvor entkernte Eizelle einer Spenderin mit
gesunden Mitochondrien. Beim Spindel-Chromosomenkomplex-Transfer (ST) werden
die Erbanlagen der Eizelle in ein gesundes Spenderei transferiert. Dieses wird
erst danach mit einem Spermium befruchtet.
Das Ergebnis wäre in beiden Fällen ein Embryo, der zwar die Chromosomen seiner
Eltern besitzt, aber auch einiges an Erbinformationen der Eispenderin. Aus dem
Zellplasma ihres Eis würden nämlich fast alle Mitochondriengenome des Kindes
stammen. Möglicherweise schwerwiegender (in seinem Umfang derzeit kaum
abschätzbar) wäre ein damit verbundener zweiter genetischer Beitrag der
Eispenderin zum Kind: In jeder unbefruchteten Eizelle stecken neben den
Mitochondrien und den mütterlichen Chromosomen auch die Direktiven für die
erste Phase der Embryoentwicklung – Abschriften von Genen, die
Entwicklungsvorgänge regeln. Diese Steuerbefehle im gespendeten Ei nehmen
womöglich entscheidenden Einfluss auf die Ausprägung der Erbinformation des
Nachwuchses. Erst wenn die befruchtete Eizelle die ersten Zellteilungen
absolviert hat, nimmt das neu gebildete Erbgut des Embryos seine Arbeit auf und
steuert die Entwicklung selbst.
In Tierversuchen, auch an Primaten, sind beide Verfahren bereits erfolgreich
erprobt worden. Diese Woche verkünden US-Wissenschaftler im Fachblatt Nature
erfolgreiche Tests mit mehr als hundert menschlichen Eizellen. Forscher um
Shoukhrat Mitalipov von der Oregon Health & Science University in Beaverton
(US-Bundesstaat Oregon) haben mit der ST-Technik frühe Embryos erzeugt und aus
diesen embryonale Stammzellkulturen gewonnen.
Großbritannien könnte als erstes Land eine Keimbahntherapie erlauben.
Nach dem Transfer der Chromosomen konnten die Forscher immerhin drei Viertel
der Eizellen befruchten. Jede zweite Befruchtung führte zu einem normal
erscheinenden Embryo. Schon 2009 hatten die US-Wissenschaftler das
Behandlungsverfahren an Rhesus-Makaken durchgespielt. Damals wurden vier – bis
heute gesunde – Affenkinder geboren. Inzwischen wähnen sich die Forscher »auf
dem Weg zur Gentherapie in der Keimbahn bei erblichen mitochondrialen
Krankheiten«.
Auf dieser Route ist man in Großbritannien offenbar auch jenseits der Labors.
Zwar sind Keimbahneingriffe beim Menschen ebenso verboten wie in Deutschland.
Das Gesetz enthält aber eine Option, nach der das Parlament solche Behandlungen
bei mitochondrialen Leiden künftig erlauben kann. Bereits im März vergangenen
Jahres hatte die britische Regierung die zuständige Aufsichtsbehörde HFEA
(Human Fertilisation and Embryology Authority) mit der Erstellung eines Reports
zur Behandlung durch Eitransfer beauftragt. Der Bericht wurde im April 2011
veröffentlicht. Die Techniken seien geeignet, den Betroffenen zu gesunden
Kindern zu verhelfen, urteilten die Fachleute, mahnten aber weitere Forschungen
an. Einen Teil davon haben die US-Wissenschaftler nun geliefert. Im Juni dieses
Jahres gab auch der britische Nuffield Council on Bioethics grünes Licht:
Mitochondrien trügen nichts zur Persönlichkeit eines Menschen bei, befanden die
Ethiker. Nun hat die HFEA eine öffentliche Debatte über die Anwendung der
Techniken beim Menschen eröffnet. In Umfragen waren zwei Drittel der befragten
Briten dafür.
(ZEIT 25.10.2012 S.40)
· Gentherapie
vor Zulassung
Erstmals könnte in der EU ein gentherapeutisch wirkendes Medikament zugelassen
werden. Glybera mit den Wirkstoffen Alipogen und Tiparvovec wurde zur
Behandlung der Lipoprotein-Lipase-Defizienz entwickelt, einer sehr seltenen,
auf einer genetischen Veränderung beruhenden Krankheit. Bei der Behandlung mit
dem Präparat werden Lipoprotein-Lipase-produzierende Gene mittels eines viralen
Vektors in die Muskelzellen der PatientInnen gebracht.
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/213/kurz-notiert-mensch-und-medizin
· Gentherapie
im Aufwind
Jahrelang galt die Gentherapie als wenig gangbarer, weil zu riskanter und
unzuverlässiger Behandlungsansatz. Nachdem die Europäische Arzneimittelbehörde
(EMA) nun Ende Juli mit Glybera erstmals die Zulassung eines gentherapeutisch
wirkenden Medikamentes für eine sehr seltene Erkrankung befürwortet hat (vgl.
GID 213, S. 32), ist der Behandlungsansatz aber wieder zurück - zumindest auf
der medialen Bühne. So berichten verschiedene Medien in den letzten Wochen von
erfolgreichen Gentherapie-Versuchen an Mäusen: An der Universitäts-Augenklinik
in Tübingen zu der Augenkrankheit Retinitis Pigmentosa und an der University of
Michigan in Ann Arbor zur angeborenen Unfähigkeit, zu riechen, der so genannten
Geruchsblindheit. Auch für weitere Zulassungen ist die Glybera-Entscheidung ein
Signal: 41 Anträge zu gentherapeutischen Verfahren werden nach Auskunft von
Marisa Papaluca, bei der EMA Leiterin der Abteilung für die wissenschaftliche
Beurteilung, derzeit von der Behörde bearbeitet. (www.dradio.de, 01.08.12; taz
und Spiegel Online, 03.09.12; www.swr2online.de, 22.09.12) (uw)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/214/kurz-notiert-mensch-und-medizin
· Künftige
Gentherapien könnten nicht nur Defekte im Erbgut heilen, sondern auch Aids.
Weil sie so präzise sind, versprechen sie zudem weniger Nebenwirkungen; …
Viel zu oft hat man solche Geschichten schon gehört – Todesfälle, Blutkrebs,
schwere Nebenwirkungen bei Heilversuchen mit der Gentherapie. Doch trotz der
Zwischenfälle ist das Heilen mit Genen – eine Behandlung, bei der genetische
Defekte durch die Übertragung intakter Erbanlagen korrigiert werden – eines der
großen Ziele in der modernen Medizin. Im Prinzip funktioniert dieser Ansatz
auch. Gefahr droht nicht durch die therapeutischen Gene, sondern durch die
Methoden, mit denen sie in die Zellen der Patienten geschleust werden.
"Für den Transport des heilenden Gens in die Zelle werden umgebaute Viren
benutzt", sagt Toni Cathomen, Direktor am Institut für Zell- und
Gentherapie (IZG) des Uniklinikums Freiburg. Diese Genfähren, sogenannte
Vektoren, klinken sich mitsamt ihrer heilsamen Fracht im Genom der Zellen ein.
Ein grobschlächtiges Verfahren, bei dem das therapeutische Gen blind an einem
zufälligen Ort im Erbgut des Patienten landet. Geschieht das an der falschen
Stelle, kann zufällig ein Krebsgen aktiviert werden. Schon lang suchen die
Gentherapeuten daher nach Alternativen. "Wir wollen weg von den
Vektoren", sagt Cathomen.
Seit zwei Jahren erobert ein neues Verfahren die Labore. Eine Technik, mit der
Wissenschaftler beliebige Veränderungen der Erbinformation vornehmen können –
punktgenau und hocheffizient. Sie ist einfach, robust und billig und hat sich
in der biologischen Grundlagenforschung in weniger als einem Jahr etabliert. …
Das komplizierteste an der Technik ist ihr Name: Crispr/Cas9.
Von "Genome-Engineering" oder "Genome-Editing" sprechen
Wissenschaftler bei dieser direkten Art der Genmanipulation: Die kodierte
Information lässt sich direkt an ihrem Platz im Erbgut bearbeiten, ohne dass
die natürliche Umgebung im Erbmolekül zerstört wird. Jeden einzelnen Buchstaben
im Genom sollen Therapeuten mit dieser hochpräzisen Methode bearbeiten können.
Das Verfahren verwirklicht die ideale Gentherapie. Defekte Gene werden nicht
ersetzt wie bisher – sondern buchstäblich geheilt.
Nicht alle ersten Erfolge mit der neuen Technik ernten allerdings
uneingeschränkte Zustimmung. Anfang Februar stellten chinesische Forscher Affen
vor, die nach Genome-Engineering geboren worden waren. Die Forscher hatten
befruchtete Eizellen vor der ersten Teilung benutzt und deren Erbgut mit dem
neuen Verfahren bearbeitet. Die Tiere tragen die Modifikation in allen
Körperzellen und vererben sie auch – eine klassische Keimbahnveränderung, bei
Primaten bislang extrem schwierig und nur wenige Male erfolgreich durchgeführt.
Mit Crispr/Cas9 gelang das ethisch heikle Unterfangen auf Anhieb – der Weg zum
genetisch modifizierten Menschenbaby ist damit zweifellos ein Stück kürzer
geworden.
Das Werkzeug dafür besteht aus zwei Teilen, einem Nukleinsäuremolekül (RNA) und
einem Eiweiß namens Cas9. Bringt man beide in eine Zelle, klammern sie sich
aneinander. "Und dann passiert die Magie", sagt der Doktorand
Maximilian Müller, der die Methode in Freiburg testet. Die RNA steuert eine
bestimmte Stelle im Genom an. Ihr Ziel besteht aus einer Folge von 12 bis 20
Nukleotiden im Labyrinth der 3 Milliarden Bausteine, aus denen das menschliche
Genom besteht.
Welche Stelle im Erbgut das System ins Visier nimmt, kann man vorher
einstellen. Dazu muss man einen bestimmten Abschnitt auf der RNA so ändern,
dass er der Stelle im Genom entspricht, die angesteuert werden soll. "Das
dauert vielleicht drei Tage", sagt Müller. Einmal am Ziel im Erbgut
angelangt, kann Cas9 bewirken, dass einzelne Bausteine eines Gens ausgetauscht
oder entfernt werden – und neue eingefügt. Das System ist fähig, den
bestehenden Informationen einer Erbanlage einen neuen Sinn zu geben. Oder das
Gen zu zerstören.
Crispr funktioniert in praktisch jedem Modellorganismus – in Hefen,
Fadenwürmern oder Zebrafischen, ebenso in Mäusen, in Reispflanzen oder menschlichen
Zellen. Die Forscher können einzelne Gene bearbeiten oder mehrere auf einmal.
Und selbst Bakterien kann man damit angreifen. …
Welches Leiden die Unternehmen tatsächlich im Blick haben, ist in der Branche
kein Geheimnis: Wem es gelingt, Aids zu heilen, der wird Geschichte schreiben.
"Sehr viele Leute arbeiten daran, wir auch", sagt Toni Cathomen. Dass
HIV-Infektionen für eine gezielte Gentherapie infrage kommen, weiß man seit
2008, als der Amerikaner Timothy Ray Brown in Berlin durch eine Knochenmarkstransplantation
von dem Virus befreit werden konnte (ZEIT Nr. 29/10). Das Knochenmark stammte
von einem Spender, dem HIV kaum etwas anhaben kann, weil er einen Defekt im Gen
CCR5 trägt. Seinen Zellen fehlt deshalb an der Oberfläche ein Protein, das dem
HI-Virus als Andockstelle dient. Menschen mit dem CCR5-Defekt können vom
Erreger nicht oder nur schlecht befallen werden. Die Übertragung dieses
"defekten" Knochenmarks machte auch Timothy Ray Brown immun; HIV
verschwand aus seinem Körper.
Die Suche nach einem geeigneten Spender mit dem schützenden Gendefekt ist nur
selten erfolgreich. Leichter könnte es sein, HIV-Infizierte mit eigenen Zellen
zu heilen. Dazu müssten die Gentherapeuten ihnen Knochenmark entnehmen, das
CCR5-Gen zerstören und die nun immunen Zellen wieder übertragen. Bis ein erster
Patient so geheilt werden kann, dürfte es mindestens fünf Jahre dauern, eher
zehn. Dass es funktionieren wird, dafür stehen die Chancen aber gut. Ein
Großteil der Prozedur ist erprobt. "Wir wissen, wie man Knochenmark entnimmt,
wie wir die Zellen kultivieren und wie lange. Und wir wissen, wie wir die
Zellen zurück in den Patienten bringen", erklärt Cathomen. Auch bei der
Genmanipulation selbst sehe es gut aus. Schließlich müsse man "nur ein Gen
kaputt schneiden", sagt der Freiburger Forscher. …
Schon im Mai 2013 hat sein Team mit Crispr/Cas9 in kultivierten Zellen jenes
Gen repariert, das bei Zystischer Fibrose mutiert ist. "Das Gleiche machen
wir jetzt für eine Erbkrankheit der Leber", sagt Clevers.
(Die ZEIT 23.10.14 S.38 - http://www.zeit.de/2014/44/gentherapie-aids-heilung-nebenwirkungen/komplettansicht
)
·
GENEHMIGUNG Erste Gentherapie gegen Erblindung
Erstmals ist in den USA eine Gentherapie gegen eine bestimmte Form der
Erblindung zugelassen worden. Mit der Therapie könne bei Kindern und
Erwachsenen ein erblicher, durch eine Genmutation ausgelöster Verlust des
Sehvermögens behandelt werden, der in Erblindung enden kann, teilte die
US-Arzneimittelbehörde FDA mit. In den Vergangenen Monaten hatte die FDA Schon
zwei weitere Gentherapien zugelassen, beide zur Krebsbehandlung. Die neue
Zulassung bezeichnete FDA-Chef Scott Gottlieb als „Meilenstein“. „Gentherapie
wird eine Stütze in der Behandlung und vielleicht auch der Heilung von vielen
unserer Schlimmsten und hartnäckigsten Krankheiten sein. Wir sind an einem
Wendepunkt bei dieser neuen Therapieform.“
(Freie Presse Chemnitz 2.1.18 S.A4)
·
·
Bewertung:
wie konventionelle Therapie, prüfen, ob die Methode sicher ist, ob die
Verhältnismäßigkeit gewahrt wird und der Patient nach Aufklärung frei zustimmt
(Der Mensch: sein eigener Schöpfer?, Wort der (katholischen) Deutschen
Bischofskonferenz zu Fragen von Gentechnik und Biomedizin 7.3.2001)
·
Gentherapie
für Bluterkrankheit Hämophilie B
bei weltweit rund 80000 Betroffenen ist das Gen für den Blutgerinnungsfaktor IX
defekt. Mit Hilfe des so genannten Adeno-associated Virus (AAV) als Genfähre
wurde ein intaktes Gen in die Skelettmuskelzellen der Patienten eingeschleust –
mit Erfolg: sechs von 9 Testpersonen in den derzeit laufenden klinischen
Studien bilden seitdem anhaltend den Faktor IX; die Konzentration des Faktors
IX im Blut ist für einen nachhaltigen therapeutischen Erfolg noch zu gering
(Bild der Wissenschaft 4/2001 S.8)
·
Unbeabsichtigte
Verschleppung durch Gentherapie
Bei einem Patienten, der sich einer Gentherapie unterzogen hatte, entdeckten
Wissenschaftler der Stanford-Universität bei Kontrolluntersuchungen Spuren des
als Gentaxi verwendeten Virus in der Samenflüssigkeit; Die Experten halten das
Risiko, daß gentherapeutisch behandelte Patienten unbeabsichtigt fremdes
Erbmaterial an ihre Nachkommen weitergeben könnten, für eher gering. Männliche
Patienten werden grundsätzlich dazu angehalten, Kondome zu verwenden
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07. Januar 2002, Nr. 5, Seite 34)
·
Versuche
zur Herstellung eines Präparates für Hämophilie-B-Kranke (COAGULIN B); mit
Adenoviren Gerinnungsfaktoren produzierende Gene in Muskelzellen geschleust; in
der Samenflüssigkeit (nicht in den Samenzellen) eines Probanden Gensequenzen
des Adenovirus gefunden
(taz 1.2.02)
·
Gentherapie
gegen Parkinson;
USA; ein Gen zur Ankurbelung des Stoffwechsels in bestimmte Hirnregionen
eingebracht; mithilfe eines „entschärften“ Virus; bei 9 von 12 Patienten
Verbesserung der Symptome
(GID 185 Dezember 2007 S.29)
·
erste
Erfolge bei erblichen Erblindungen und anderen Augenkrankheiten erzielt;
mit Virenbestandteilen als Gen-Fähren injizierten Mediziner den Patienten die
korrekte Version dess Gens unter die Netzhaut, die Pigmentzellen konnten
daraufhin das korrekte Sehpigment herstellen; vor allem jüngere Patienten
profitierten davon (8-11 Jahre); Ergebnisse nach 1 Jahr weiter stabil
(taz 4.7.2010 S.18)
·
erstmals
konnte einem an der erblichen Blutkrankheit Beta-Thalassämie leidenden
Patienten mittels einer Gentherapie geholfen werden;
ein 18-jähriger Patient erhielt Blutstammzellen, bei denen das fehlerhafte Gen
(nicht genügend Produktion von Hämoglobin) ersetzt worden war. Die
Blutstammzellen kamen von dem Patienten selbst, um das neue Gen in die Zellen
einzuschleusen, nutzen die Forscher eine von dem AIDS-Virus abgeleitete
Gen-Fähre;
Patient muss seit über 2 Jahren keine Bluttransfusion mehr erhalten;
es sei noch nicht ganz sicher, ob nicht ein „bösartiger“ Nebeneffekt eintrete
(taz 17.9.2010 S.18)
·
·
das
Unterlassen einer K. sei unter Umständen „verwerflich“, wenn man damit
Generationen von der Bluterkrankheit heilen könne (evangelischer
Theologieprofessor Neutestamentler Heidelberg Klaus Berger)
(epd-wochenspiegel 26/2000 S.7)
·
(Erbkrankheit
theoretisch zu heilen, indem alle kranken Zellen repariert werden);
Die Therapie der Keimbahn dagegen müßte nur an einer von vielen Keimzellen
gelingen, die zudem noch kein Embryo mit seinem Lebensrecht ist, so daß eine
mißlungene Operation keine Tötung eines Organismus, sondern nur die mißlungene
Benutzung einer einzelnen Zelle darstellt;
K. derzeit noch im tierexperimentellen Stadium; man kann prognostizieren, daß
sie einmal technisch einfacher und sicherer werden könnte als jede
Körperzelltherapie;
gentechnisch veränderte Merkmale können heute schon bei Mäusen durch ein
Stoffwechselsignal angeschaltet werden: so könnte theoretisch ein Mensch bei
einem Merkmal, das sich erst im Erwachsenenalter ausprägen muß, selbst
entscheiden, ob er der in der Keimbahn seiner Eltern vorbereiteten
Genveränderung für deine Person zustimmen möchte oder nicht;
(Jens Reich: Blätter für deutsche und internationale Politik, 11/99 S.1353ff)
·
der
evangelische Theologieprofessor Klaus Berger (Heidelberg) befürwortete
Eingriffe in die menschliche Keimbahn, wenn es um lebensverkürzende schwere
Erbkrankheiten wie Mukoviszidose oder Bluterkrankheit gehe;
(epd-Wochenspiegel 51/52/2000 S.8)
·
verbietet
sich aus drei Gründen:
nicht ausgereift, zu hohes Risiko
zur Entwicklung ist verbrauchende Embryonenforschung nötig
Gefahr des Missbrauchs zur Menschenzüchtung
(Der Mensch: sein eigener Schöpfer?, Wort der (katholischen) Deutschen
Bischofskonferenz zu Fragen von Gentechnik und Biomedizin 7.3.2001)
·
USA
gelungen, zwei entscheidende Bausteine von Chromosomen zu klonieren:
Zentromere, die bei der Zellteilung die für die Weitergabe der verdoppelten
Chromosomen an die Tochterzellen sorgen, und Telomere, die beide Enden eines
Chromosoms abschließen; zwischen diese Bausteine neue Erbgut eingebaut und
künstliche Chromosomen geschaffen, die allerdings nur 1/20 so groß sind wie das
kleinste natürliche menschliche Chromosom
(GEO Wissen Nr.30: „Die neuen Wege der Medizin“ 2002, S.130ff)
· Zwei
Mütter, Vater, Kind;
Leitlinien des Gesundheitsministeriums, Großbritannien: Kinder könnten das
Licht der Welt erblicken, die zwei genetische Mütter haben;
Behandlung von angeborenen Defekten des mitochondrialen Erbguts (Blindheit,
Herzerkrankungen, Demenz);
theoretisch gibt es eine Lösung: kurz nach der Befruchtung wird das mütterliche
und väterliche Erbgut aus der defekten Eizelle entnommen und in die entkernte
Ei-Zell-Hülle einer gesunden Spenderin mit gesunder Mitochondrien-DNA
übertragen; der Embryo besitzt dann das Erbgut von einem Vater und zwei
Müttern;
das Verfahren verletzt ein Tabu der Reproduktionsmedizin: Es greift in die
Keimbahn ein, die veränderte DNA wird weiter vererbt (bei natürlicher
Fortpflanzung)
(Die Zeit 4.7.2013 S.31)
·
·
Q:
Das Leben ist eine Gabe Gottes, Kassel 1990
- S.34: Herbizidresistenz: Problem der unbekannten Stoffwechselprodukte bei
Aufnahme und Abbau durch Tiere und Pflanzen
- S.36: ökologische Gleichgewichte geraten durch Freisetzungen evtl. aus den
Fugen (Geschwindigkeit evolutionärer Prozesse weit übertroffen, natürliche
Gegenspieler?)
- S.44: Freisetzung von GVO: Umweltbereich: Abbau von Schadstoffen, Beseitigung
von Schwermetallen, biologische Schädlingsbekämpfung
·
Q:
TV "Herren der Schöpfung" 25.3.93
- Petunienversuch Köln 1990: wenige Petunien sollten weiß blühen (springende
Gene?); fast alle waren weiß!; Leiter des Versuchs: "Das verstehen wir
überhaupt nicht."
·
Q:
Besuch AGU bei KWS (Kleinwanzlebener Saatzucht Tochterfirma PLANTA, Wetze bei
Goslar) 11.10.93
- Basta-Resistenz-Gen ist in Rhizomania-Rüben aus züchterischen Gründen drin
(neben Antibiotikum-Resistenz notwendig als Marker-Gen, um veränderte Pflanzen
erkennen und selektieren zu können), seit 1991 gibt es Methoden grundsätzlich
ohne Resistenz-Gen, aber bisher nicht für Zuckerrüben
- Virushüllen-Produktion: nicht vergleichbar mit Impfung, Pflanzen haben kein
Immunsystem!
·
Q: Barabara Weber, Öko-Inst. Freiburg 9/93
- Niedersachsen: ausgerechnet die normalen Hanfpflanzen, die den Pollenflug der
Zuckerrüben bremsen sollten, wuchsen nicht so schnell wie vorgesehen
- drei neue Gene:
* Hüllprotein des Rübenadernvergilbungsvirus
* Resistenzgen gegen Antibiotikum Kanamycin (Verwendung auch in der Tier- und
Humanmedizin)
* Resistenzgen gegen Totalherbizid BASTA
- unerwünschte Verbreitung möglich? - kreuzbar mit anderen Kulturformen sowie
Wildform, Aufnahme der veränderten Gene durch Bodenmikroorganismen (dort auch
Krankheitserreger), Verunkrautungspotential der Zuckerrübe: Samen bleiben 10 a
keimfähig, aus Rübenstücken können sich ganze Pflanzen regenerieren, Z-Rüben
sind bedingt winterhart
·
(Ohne
Quelle: eigene Zusammenstellung JKrause etwa 1996)
Kritische Begleitung von Freisetzungsversuchen gentechnisch veränderter
Pflanzen
0. in OECD-Ländern von 1986 bis 1992 850 Freisetzungsversuche auf 1106
Versuchsflächen; 73% davon (618 total) in USA und Kanada, in Deutschland bis
1992: 2 Versuche (BAYERN: Gentechnik S. 126; BMfG: Gentechnik S.18)
1. Grundsätzliche Anfragen:
- Fragen nach dem Sinn und Ziel zu stellen und nach der Verantwortbarkeit der
eingesetzten Mittel;
Sind die Versuche überhaupt not-wendig?
Welche "Not" soll damit "gewendet" werden?
Ist weitere Produktivitätssteigerung plausibel, da ohnehin in der EU und
Deutschland Überschußproduktion in der Landwirtschaft?
- Begründung fragwürdig?:
* Argument dafür: krankheitsresistente Pflanzen züchten, um Chemikalieneinsatz
drastisch zu verringern, damit ökologische Belastungen verringern -
Chemiefirmen würden sich damit selbst bedeutenden Markt beschneiden!;
es werden aber mehrheitlich gar nicht krankheits- sondern herbizidresistente
Pflanzen in Freisetzungsversuchen getestet (international bis 1993: 58% aller
Freilandversuche - BAY S.128) bzw. auch patentrechtlich geschützt (neue Märkte
schaffen, Abhängigkeiten der Saatgut-Käufer von bestimmten Chemikalien
programmiert?);
erreichte Resistenzwirkungen wahrscheinlich nur kurzfristige Lösungen:
Schadorganismen passen sich schnell an
- Argumente dafür: Leistungssteigerung, Kostenminderung -
nach Auswirkungen auf Märkte, Agrarstruktur, Landschaft, Pflanzengesundheit,
Produktqualität, Verbraucherakzeptanz wird selten gefragt
- Argument dafür: Hunger in der Dritten Welt verringern -
das Hungerproblem ist in erster Linie ein Problem mangelnder Beschäftigung und
Kaufkraft der Armen und nicht ein Problem global fehlenden
Nahrungsmittelangebots
2. Risiken für Landwirtschaft (agrarsoziale Bedenken)
- Weg weg von der bäuerlichen Produktion hin zur industriellen Landwirtschaft,
zum Bioreaktor; Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen
Lebensgrundlagen wird behindert
- Arbeitsplätze in der Landwirtschaft gehen verloren;
- "Gentechnologie ... ist für die Entwicklung einer flächendeckenden,
sozial- und umweltverträglichen Landbewirtschaftung nicht notwendig"
(Studie des Aussschusses für den Dienst auf dem Lande der EKD - 1994:
"Bio- und Gentechnologie in der Landwirtschaft")
- Entstehen von Monopolen in Züchtung und Landwirtschaft wird begünstigt,
Abhängigkeit der Landwirte und kleinen Zuchtbetriebe von großen multinationalen
Saatgut- und Agrokonzernen (BAY S.79)
3. Risiken durch Gentechnik
- Gentransfer / Auskreuzen (Übergehen der neuen Eigenschaften durch natürliche
Vermehrungsmechanismen wie z.B. Pollenflug; Transfer der rekombinanten DNA
durch Befruchtung) auf verwandte Kulturformen und Wildkräuter sowie auf
Bodenmikroorganismen (Übertragung auf nicht-sexuellem Weg);
- Verwilderungsgefahr: unerwünschte, nicht rückholbare Ausbreitung der
gentechnisch erzielten Eigenschaften schwer kalkulierbar (z.B. ungewollte
Resistenz von Wildpflanzen, Entstehung neuer robuster Unkräuter, d.h. Pflanzen,
die ohne menschliche Pflege überlebensfähig sind und sich im Ökosystem schnell
durchsetzen)
- mögliche nicht gewollte Folgen (auf Wohlbefinden und Gesundheit von Menschen
und Tieren, z.B. Allergien, toxische Wirkungen) durch Inhaltsstoffe in
Produkten aus gentechnisch veränderten Pflanzen; oft mehrere Gene verändert,
Veränderung eines Gens kann mehrere Wirkungen haben
- Patentierung:
Sortenschutz mit seinem "Landwirteprivileg" wird ausgehebelt
(Erntegut von geschützten Sorten darf erneut zur Aussaat verwendet werden),
"Züchtervorbehalt" gefährdet (geschützte Sorten dürfen bisher frei
zur Weiterzucht verwendet werden)
Landwirtschaft ist auf Hochleistungs-Saatgut und die dafür maßgeschneiderten
"Hilfsstoffe" (z.B. bestimmte Pestizide) alternativlos angewiesen,
besonders Dritter Welt drohen neue Abhägigkeiten und schwer tragbare
Lizenzgebühren
4. veränderte Gene bei Freisetzungsversuchen
4.1. Schädlingsresistenz
a) Bakterienart bacillus thuringiensis produziert Eiweißstoffe, die für
bestimmte Fraßschädlinge (z.B. Schmetterlingsraupen und Fliegenlarven) giftig
sind; Gene für diese Toxine in Nutzpflanzen übertragen; zusätzlich
Regulations-Sequenzen, damit das Bakteriengift nur bei Fraßbefall produziert
wird; erhöhte Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingsbefall nachgewiesen;
unklar, ob Schädlinge Resistenzen entwickeln
b) gentechnische Strategie gegen Virusbefall: Beobachtung, daß Pflanzen, die
mit einer vergleichsweise harmlosen Virus-Variante infiziert sind, gegen
stärker pathogene Formen derselben oder verwandter Viren resistent sind;
entscheidender Faktor für diesen Schutzmechanismus ist das Hüllprotein des
Virus; Gen zur Herstellung dieses Hüllproteins wird gentechnisch in
Nutzpflanzen eingebracht; Anwendung z.B. gegen Rhizomania
(="Wurzelbärtigkeit") der Zuckerrübe
4.2. herbizidresistente Pflanzen
Resistenzgene gegen Herbizide werden auf Nutzpflanzen übertragen; stammen aus
Mikroorganismen, die entweder Herbizide abbauen können oder selbst herbizide
Substanzen produzieren und sich vor den eigenen Stoffwechselprodukten schützen
müssen;
4.3. Pflanzen mit verbesserten Qualitätseigenschaften
nachwachsende Rohstoffe; z.B. Stärke aus Kartoffeln für Papierherstellung,
Chemikalien, Pharmazeutika, Klebstoffe, Textilbereich, Kunststoffe; natürliche
Kartoffel enthält zwei Stärkekomponenten: Amylose und Amylopektin, Trennung
schwierig; Ziele der Gentechnik: nur noch eine Stärkekomponente (95%
Amylopektin erreicht) und gleichzeitig weniger aber größere Knollen (15-30%
mehr Trockenmasse erreicht)
·
Q:
Das Leben ist eine Gabe Gottes, Kassel 1990
- Ziele der Genübertragung bei Pflanzen:
* Ertragssteigerung
* Qualitätsverbesserung (Anpassung von Nährstoffgehalt, Stärke, Zucker,
Fettsäuren, Wirkstoffen, Haltbarkeit an industrielle Verwertung bzw.
Verbraucherwünsche)
* Resistenzerwerb (Umweltfaktoren wie Kälte, Dürre, hoher Salzgehalt,
Schädlinge, Herbizide)
·
Q:
HH Böhm:
- Einspruch gegen Freisetzungsversuche weniger wegen der ökologischen Risiken
als wegen der langfristigen sozio-ökon. Folgen für die Landwirtschaft
·
Q:
taz 18.3.96:
- mit Gen der Paranuß neu-gestylte Sojabohnen (Ziel: Aminosäuren Methionin und
Zystein fehlen der Sojabohne; Gen der Paranuß implantiert, das Eiweiß
herstellt, beide AS im Protein 2s-Albumin enthält): starke allergische
Reaktionen bei Hauttests
·
Q:
Spiegel 12/96 S.104ff.
- in letzter Zeit häufen sich Indizien dafür, daß sich manipuliertes Erbgut
leichter in der Umwelt verbreitet als bisher angenommen:
* Dänemark: in Raps eingebaute Gene können leicht auf verwandte Wildpflanzen
überspringen (Basta-Resistenz Hoechst); Raps ist eine Kreuzung aus Rübsamen und
Kohl, läßt sich leicht rückkreuzen: schon nach zwei Generationen erhielten die
Forscher fortpflanzungsfähige Rübsamen-Wildpflanzen, die die Basta-Resistenz
vom Raps geerbt hatten; evtl. könnten auch alle Kohlsorten über Pollen
"angesteckt" werden...
* Schottland: Rapspollen können noch in zweieinhalb km Entfernung andere
Pflanzen befruchten
·
Q:
FP 21.2.96
- erster Gent.-Test auf Sachsens Feldern - Gaußig südwestlich von Bautzen
- Firma Hoechst Schering AgrEvo GmbH will herbizidresistente Zuckerrüben, Mais
und Raps pflanzen
·
Q:
taz 6./7.4.96
- * EU-Kommission läßt genmanipulierte Soja in Europa zu, ohne Kennzeichnung
* resistent gegen Totalherbizid "Round Up" des US-Multis Monsanto
* in den USA sollen 10% der Anbaufläche mit dieser Sojasorte besät werden
* Öl muß auch nach der geplanten Novel-Food-Richtlinie nicht gekennzeichnet
werden, da veränderte Erbinformation im Öl nicht nachweisbar
·
Q:
Sachstandsbericht Dr. Kordecki AGU-Sitzung Müritzsee 4.-6.3.96
- Patentierung:
* zur Zeit drei Patente beim EPA auf Säugetiere erteilt
* Patentierungsrichtlinie EU: am 1.3.95 erster Entwurf der Kommission vom
Europ. Parlament abgelehnt
* jetzt Veränderungen:
a) Keimbahntherapie beim Menschen
ausgeschlossen
b) Landwirteprivileg (Weiterzucht für
Nutzung im eigenen
Betrieb) auch für Tiere
c) klare Grenze soll gezogen werden
zwischen Erfindungen
(patentierbar) und Entdeckungen
(nicht p.);
keine Patentierung von Menschen und
Teilen des menschl.
Körpers
aber sehr unscharf formuliert!
- Novel-Food- Verordnung:
* Zulassung neuartiger Lebensmittel und Lebensmittelzutaten
* BRD im Ministerrat gegen vorliegenden Entwurf, da Kennzeichnung nicht
ausreichend
* EU-Kommission hat vor wenigen Tagen erstmals in Europa eine gentechnisch
veränderte auch für die Lebensmittelproduktion relevante Nutzpflanze zum Anbau
freigegeben: "Basta"-resistenter Raps (belgische Firma Plant Genetic
Systems); statt vorgesehener Kennzeichnung "manipuliert zur
Herbizidresistenz" nur Aufschrift "herbizidresistent"; (Brief
Hennig/Bayern:) es ist schwer zu begreifen, daß Vermarktung ermöglicht wird,
obwohl andernorts in Europa noch Sicherheitsrisiken der Freisetzung an Gen-Raps
erforscht werden
·
ZDF 10.5.98 „Machtspiele“ (MONSANTO)
* 1997 USA: 12,2 Mio ha gent. Veränderte
Kulturpflanzen (bei Mais 14%, Soja 20%, Baumwolle 21%, Raps 42%) - Deutschland
gesamt 12 Mio ha Ackerfläche!
* MONSANTO-SLOGAN: Food-health-hope, in Grün/Gold (aus grün mach Gold!)
* Technik: Beschuss von
Pflanzenteilen ais speziellen Patronen mit Goldstaub-Partikeln, fremde Gene
drauf, Blatt wird nach Beschuss zerteilt, wächst dann auf Nährboden mit
Antibiotika
* Motto des Konzern-Chefs: „A good plan violently (brutal, leidenschaftlich,
ohne Zögern) executed now is better than a perfect plan next week.“
* ein Ziel: 2003 farbige Baumwolle
·
taz
12.8.98:
Störfall Kartoffel: gentechnisch veränderte Kartoffeln bei Verfüttern an
Ratten: Wachstumsstörungen und Schädigung Immmunsystem
·
bild
der wissenschaft 8/98, S.102:
Pflanzen gentechnisch sterilisieren: in zweiter Generation nicht mehr
keimfähig;
Ziel: keine unerlaubte Nachzucht
Gefahr: Übertragung der Sterilität durch Pollenflug auf andere Sorten (das wäre
der große Unfall der Gentechnik!)
·
taz
6./7.6.98:
Antibiotikaresistenzen; Forschungsergebnisse Deutschland: Bakterien übernehmen
Resistenzgene aus gentechnisch veränderten Pflanzen
·
Spektrum
der Wissenschaft, 5/98 S.96:
Mais- oder Hirsezünsler in Europa beheimatete Schmetterlingsart, bedeutendster
Maisschädling, Bt-genmanipulierte Pflanzen als GIFT, Population müßte um 98%
reduziert werden, nach bisherigen
Erfahrungen USA nur 90% Wirkungsgrad erreicht, bisher bilden 1-5% der Pflanzen
das Gift nicht
·
Publik-Forum
1/98 S.10
* niedersächsisches Landesamt für Ökologie: gentechnisch veränderter Raps gibt
seine Eigenschaften an andere Pflanzen in der Umgebung weiter
* Eidgenössische Forschungsanstalt für Agrarökologie und Landbau: Bt-Genmais
macht nicht nur Schädlingen, sondern auch Nützlingen (Fraßfeinde des
Maiszünslers) den Garaus
·
GID
128 8/98 S.5
gentechnisch veränderte Zitterpappel in Schleswig-Holstein blüht bereits im
dritten Jahr (normal: erst nach 7-14 J.); Gen verursacht u.a. Kleinwuchs
·
GID
128 8/98 S.13
- MONSANTO
Sojafelder ROUNDUP-Resistenz: 10-30% weniger Herbizide
Forschung „zweite Generation“: Raps mit veränderter Fettsäurezusammensetzung
oder Baumwolle, die blauen Farbstoff für Jeans selbst bildet
- Europäer könnten (teurere) gentechnikfreie Soja für 1999er Ernte bestellen
- Anbauflächen gentechnisch veränderter Pflanzen USA (ha 1998)
Soja 40%, Mais 30%, Baumwolle 43%, Kartoffeln 5%, Raps (Kanada) 40%
·
BMU
Umweltgutachten 1998 Kurzfassung S.33
herbizidresistente Pflanzen lassen weder nennenswerte wirtschaftliche Vorteile
noch erhebliche ökologische Veränderungen erwarten;
Beobachtung der Auskreuzung auf Wildarten trotzdem über die gesetzlich
vorgeschriebene Versuchsbeobachtung hinaus gefordert;
der Zustand der relativen Unbedenklichkeit könnte sich schon bald ändern, wenn
in Zukunft Fremdgene eingesetzt werden sollten, die mehr umweltrelevante
Eigenschaften ausweisen und ein Überleben unter extremen Umweltbedingungen wie
Hitze, Kälte, Trockenheit, Nährstoffmangel oder Salzstress ermöglichen. Solche
transgenen Pflanzen oder die ihnen vermittelten Eigenschaften werden sich
erfolgreich einbürgern und ausbreiten
·
UBA
fordert seit Jahren Verzicht auf Antibiotika-Resistenzgene in Pflanzen; das
Robert-Koch-Inst. hat sich dieser Position angeschlossen;
Schädlingsresistenzen oder Widerstand gegen Umweltstressoren wie Kälte,
Trockenheit, salz evtl. Verbesserung der Überlebensfähigkeit von Pflanzen in
der natürlichen Umwelt;
BT-Mais: zwar Rückgang des Zünsler-befalls um 90%, aber trotzdem Einsatz von
Insektiziden gegen andere Mais-Schädlinge;
Maispflanzen scheiden Toxin in wesentlichen Mengen über die Wurzeln aus; könnte
erhebliche Auswirkungen auf Boden-Organismen und - funktionen haben(UBA
Jahresbericht 1999 S.80ff.)
·
Weniger
Spritzmittel?
(Tappeser: GID 137/99 S.25)
·
Grüne
G. bringt den Bauer keinen Profit
(Strodthoff: Kreuzschnabel 8-Nov./99 S.19)
·
Juli
1999 empfahl US-amerikanische Tochter der Deutschen Bank, sich von Aktien an
gentechnik-Unternehmen zu trennen; Grund: Ablehnung von Gen-Food durch den
Verbraucher
(Ökologie und Landbau 1/2000 S.24)
·
Deutscher
Bundestag, Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
(DS14/1716 vom 4.10.99):
Bericht stellt ausdrücklich fest, daß ein flächendeckender Wandel zu einer
nachhaltigen Landwirtschaft von zentraler Bedeutung für eine dauerhafte
Erhaltung der Biodiversität wäre. Die Prinzipien des ökologischen Landbaus
könnten hierbei wichtige Leitlinien liefern.
(Forum 58 Januar 2000 S.55)
·
agrobacterium
tumefaciens - neues Gen wird irgendwo eingebaut, stört manchmal die Wirkung
anderer Gene
(arte 9.5.00 Archimedes)
·
Reis
für Allergiker
Story dazu GID 123/Dez.97/S.14f.
·
Rolf
Jähnichen, Landwirtschaftsminister Sachsen, kritisiert Form der Genzüchtung
grundsätzlich für gentechnische Forschung in der Landwirtschaft;
kritisch zur Züchtung herbizidresistenter Nutzpflanzen;
Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel würde letztlich wieder ansteigen;
sein Haus wird sich an Freilandversuchen dieser Art nicht beteiligen
(FP 30.12.97)
·
Saatgutunternehmen
KWS produziert ungewollt doppelt-resistente Rüben (gegen LIBERTY und ROUNDUP
resistent); Pollenflug im Gewächshaus?
GID 142 10-11/2000 S.15
·
24.8.2000
Inkrafttreten der neuen europäischen Bio-Verordnung für Lebensmittel;
jetzt neben Regelungen für pflanzliche Nahrungsmittel auch Mindeststandards für
Tierhaltung;
Gentechnik ist in BIO-Produkten untersagt
GID 142 10-11/2000 S.41
·
der
Anteil gentechnisch veränderter Pflanzen am Weltmarkt wird für das Jahr 2000
auf 10% geschätzt
Das Parlament 22.9.2000
·
Bacillus
thuringiensis (Bt): inzwischen kennt man über 300 Stämme, die unterschiedliche,
gegen ganz bestimmte Insektenlarven gerichtete Toxine produzieren
Dtsch. Ärzteblatt 28-29/2000 S.A1971
·
„Die
Behörde ist im Verfahren an die Genehmigungsvoraussetzungen des § 16 Abs. 1
GenTG gebunden. Im Rahmen dieser gesetzlichen Bestimmung sind allgemeine,
politische, ethische, religiöse, soziale, sozioökonomische, ökonomische,
psychologische oder gesellschaftliche Gesichtspunkte nicht zu berücksichtigen.“
Robert-Koch-Institut Berlin, Bescheid zum Antrag der Deutschen Saatveredlung
Lippstadt-Bremen GmbH ... auf Genehmigung von Freisetzungen ... mit
gentechnisch veränderten Rapspflanzen ... am Standort Planitz ... (9.8.1996)
·
Gensoja
als Futterersatz für das verpönte Tiermehl?
“... keine Lösung ... Hier würden wir von einem Risiko ins nächste schlittern.“
Präsident des Bundesamtes für Naturschutz, Hartmut Vogtmann
Taz 12.12.2000
·
Gentechnisch
veränderte Mikroorganismen Einsatz in der Landwirtschaft
Gentechnik-Nachrichten Spezial Nr.5 (25.10.2000 Mail Kordecki)
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Beatrix
Tappeser: (S. 10f. Herbizide) die alten Herbizide sind ökologisch und
gesundheitlich als viel problematischer einzustufen als die so genannten
modernen Herbizide... der unbestreitbare Fortschritt in der industrialisierten
Landwirtschaft der letzten zehn Jahre, bestimmte veraltete, sehr problematische
Herbizide ausgemustert zu haben...
Dokumentation Heinrich-Böll-Stiftung Nr.5: Grüne Gentechnologie, Mai 2000, S.
·
erstmals
das komplette Erbgut einer Pflanze entschlüsselt: Kraut namens Ackerschmalwand
(Der Spiegel 51/2000 S.239)
·
Inst.
für Pflanzengenetik Gatersleben: gelungen, Spinnengene in das Erbgut von Tabak-
und Kartoffelpflanzen zu schleusen, Eiweiße, aus denen die Tragfäden bestehen,
(Berliner Zeitung, Wissenschaftsbeilage, 31.1.2001)
·
Malaysia:
Gummibaum, der menschliches Eiweiß herstellt, Gen für ein menschliches
Bluteiweiß, das auf Intensivstationen verwendet wird, Kautschuk ist nach
Abtrennung des Eiweißes an die Gummiindustrie verkäuflich
(taz 23.2.01)
·
2000:
44 Mill. Hektar gentechnisch veränderte Pflanzen weltweit angebaut; = + 11%
gegenüber 1999;
1996 erstmals Anbau, 6 Länder; 2000 13 Länder;
74% herbizidtolerant, 19% insektenresistent, 7% beides
(GID 144 S.18)
·
Entwicklungsprogramm
der UN (UNDP) Bericht 2001
Probleme der Menschheit können dramatisch gemindert werden durch konsequente
und entwicklungsorientierte Nutzung neuer Technologien ... bis zur genetischen
Optimierung der Landwirtschaft;
Potenzial der Biotechnologie riesig, Tropenkrankheiten bekämpfen, Einsatz bei
Schwierigkeiten von Ackerbau und Viehzucht, höhere Erträge und größerer
Nährwert,
(taz 11.7.01)
·
US-Umweltschutzbehörde
EPA empfiehlt den amerikanischen Landwirten seit einiger Zeit, mindestens 20%
ihrer Anbaufläche mit herkömmlichen Sorten zu bestellen, damit sich Insekten,
die nicht gegen Bt-Proteine resistent sind, weiterhin entwickeln können;
Monsanto meistverkauftes Herbizid ROUNDUP Branchenführer: Hälfte des Umsatzes
im vergangenen Jahr- 2,6 Mrd. $;
Bt-Baumwolle wird bis zur Ernte nur
zweimal besprüht, herkömmliche Baumwolle achtmal;
Roundup ist biologisch nicht so gut abbaubar, wie der Konzern behauptet;
durchschlagendes Argument in der Öffentlichkeit zugunsten der Biotechnologie:
weniger Pestizide im Essen. (Monsantos Strategie: den Verbraucher davon
überzeugen, dass der Verzehr gentechnisch veränderter Lebensmittel weniger
schädlich sei als der Verzehr von Nahrungspflanzen, die mit Herbiziden besprüht
wurden);
Entwicklung einer transgenen Pflanzensorte kostet 200 bis 400 Millionen Dollar
und dauert zwischen 7 und 10 Jahren
(taz 10.7.01 Beilage Le Monde diplomatique S.10)
·
Trefferquote
beim Einbau fremden Erbgutes in Pflanzenzellen gering: 1:10000;
nach Angaben des Herstellers schneller Abbaubarkeit von Glyphosat im Boden und
die Unmöglichkeit der spontanen Resistenzbildung bei Unkräutern postuliert –
beide Angaben sind inzwischen widerlegt: die Halbwertzeit im Boden kann Jahre
betragen, und das Auftreten resistenter Unkräuter wurde inzwischen auch von der
Industrie bestätigt;
Entgegen den Zielvorgaben von Wissenschaft und Industrie hat die schnelle
Kommerzialisierung von transgenen Nutzpflanzen der ersten Generation keinen
nachgewiesenen ökologischen Vorteil erbracht; ob ökologische Nachteile durch
gentechnisch induzierte Antibiotika-, Herbizid- oder Insektizid-Resistenzen
auftreten, wurde nicht ausreichend erforscht;
(Nahrungsmittel zwischen Natur und Retorte, GSF München 2000, S. 64ff.)
·
sowohl
bei Agrobakterium als auch bei der Genkanone steigt die Erfolgsrate selten über
1:10000 pro Zelle
(EIBE Informationseinheit 9, 2000, S.3)
·
Präsident
des Bundesamtes für Naturschutz fordert Verbot der grünen Gentechnik in der
Landwirtschaft
(taz 1./2.9.01)
·
Durchbruch
bei Genpflanzen;
Uni Münster und Uni Freiburg,
bisher Gefahr: unkontrollierte Weitergabe von gentechnisch verändertem Erbgut
über Pollenflug (Zellkerne männlicher Zellen);
jetzt: Veränderung des Erbguts nicht in den Zellkernen, sondern in
Chloroplasten (tausende in jeder Zelle, außerhalb des Zellkerns, werden nur von
der „Mutterpflanze“ an die Frucht oder den Samen weitergegeben und sind in
männlichen Pollen nicht enthalten); Methode: neue Gene auf Goldkügelchen
aufgebracht und in Chloroplasten „geschossen“;
jetzt erreicht: genügend hohe Konzentration der gentechnisch neu produzierten
Stoffe auch in Früchten von Tomaten (bisher vor allem nur in Blättern)
(taz 3.9.01)
·
Mais-Pollen
– Einfluss auf Larven des Monarch-Falters
neue Studien, Risiko kleiner als angenommen, Larven müssten Pollenmengen
aufnehmen, die in der Natur selten vorkommen
(AP 27.8.01)
·
China:
Gene aus Pflanzen, die auf stark salzbeeinflussten Standorten wachsen (z.B.
Mangroven) erfolgreich in Tomaten, Auberginen, Chili eingepflanzt; weitere
Vorhaben: Reis und Wein
(AGNET 11.7.01)
·
Bericht
der EU-Kommission: genetisch veränderte Pflanzen für menschliche Gesundheit und
Umwelt weitestgehend ungefährlich; gelte auch für aus ihnen gewonnene
Lebensmittel; wegen genauerer Techniken und strengerer amtlicher Überwachung
Produkte wahrscheinlich sogar sicherer als konventionelle Pflanzen und
Lebensmittel; Ergebnis von 400 Projekten zur Biosicherheit über 15 Jahre
(dpa Oktober 2001)
·
2001
wurde weltweit auf 50 Mill. Hektar GVO-Pflanzen ausgesät (+ 6 Mill. ha
gegenüber 2000);
USA: bei Baumwolle und Soja 2001 deutlich mehr transgenes Saatgut; den meisten
Farmern bringen die herbizid- und insektenresistenten Sorten offenbar zählbare
Vorteile; anders bei Mais in USA – hier stagnieren die bestellten Flächen
(TransGen-Informationsdienst 23/ 22.10.01)
·
Salztoleranter
Gentech-Raps mit guten Erträgen
wachsen bei 200 MilliMol Kochsalz, die jede normale Nutzpflanze abtöten (zum
Vergleich: Meerwasser hat 530 MilliMol)
(Berliner Zeitung 17.10.01)
·
einige
wenige große Konzerne beherrschen den weltweiten Saatgutmarkt;
knapp zwei Dutzend dominieren 50% des globalen Saatgutmarktes, darunter
Monsanto, Pioneer und Novartis
(GID 147 – 8-9 2001 S. 19)
·
93
% der US-Amerikaner fordern Kennzeichnung von gentechnisch veränderten
Nahrungsmitteln; 57 % würden diese dann eher nicht kaufen;
68 % der Sojabohnen in USA gentechnisch verändert – im Vorjahr waren es noch
54%
(GID 147 – 8-9 2001 S. 18)
·
Gentech-Tomaten
in USA gezüchtet, die problemlos auf salzhaltigen Böden wachsen können, bei
Salzgehalten, die normalerweise jedes Wachstum ausschließen; Salzabbau wurde
mit nur einem Gen in Gang gesetzt, das aus der Ackerschmalwand stammt;
(GID 147 – 8-9 2001 S. 15)
·
Anbau
von Gentech-Soja steigert Pestizideinsatz;
Daten des US-Landwirtschaftsministeriums, beim Anbau von Roundup-Ready-Soja
Herbizideinsatz durchschnittlich 11,4% höher als beim Anbau konventioneller
Sorten,in einigen Fällen sogar bis30% höher, außerdem mit RRSoja ein 5-10%
niedrigerer Ertrag erzielt
(GID 146 – 6-7 2001 S. 19)
·
„Goldener
Gen-Reis für die Armen“;
Interview mit dem Miterfinder Potrykus (ETH Zürich); kein Allheilmittel;
200-300 Gramm täglich reichen, um Tagesbedarf an Vitamin A zu decken; derzeit
wird die neue Eigenschaft auf lokale Reissorten übertragen, wird in 5 Jahren
die Bauern vor Ort erreichen; es wird Tausende lokale Sorten geben; 70 Patente
genutzt, Einigung mit den Patentträgern: erst wenn ein Landwirt mehr als 10000
Dollar pro Jahr verdient, werden Lizenzgebühren verlangt, ansonsten Anwendung
kostenlos; ausschließlich mit öffentlichen Mittel entwickelt (statt 100
Millionen Dollar, wie oft fälschlich behauptet, nur 2,6 Millionen); P. ist
nicht glücklich, dass nun Industrie mit im Boot sitzt; Greenpeace Opposition
grundsätzlich, sachlich nicht zu begründen;
technisch: 2 Gene aus Narzissen, eines aus einem Bakterium übertragen, Reis
stellt selbst Provitamin A her, goldgelbe Färbung des Reiskorns als Nebeneffekt
(Natur&Kosmos 11/2001 S.58ff.)
·
Durchbruch
in der Gentechnik der Pflanzen in Münster und Freiburg: neue Proteine in hoher
Konzentration in Früchten von Tomaten; können trotz ihrer
Fortpflanzungsfähigkeit die veränderten Gene nicht unerwünscht über Pollen
weiter geben; neues Erbgut wurde nicht in Zellkern, sondern in Chloroblasten
der Zellen eingeführt (C. sind kleine Zellorganellen mit eigener DNS außerhalb
des Zellkerns, die zu Tausenden in jeder Zelle arbeiten); Erbgut dieser
Bausteine wird nur von der „Mutterpflanze“ (über weibliche Zellen) an Frucht
oder Samen weitergegeben und ist in männlichen Pollen nicht enthalten; können
also über Pollenflug nicht weiter verbreitet werden
(GID 148 – 11/12-2001 S. 15)
·
US-Forscher
haben weit entfernt von Genmais-Anbaugebieten künstlich verändertes Erbgut in
traditionellen Maissorten gefunden...
Entdeckung fremder Gene in Pflanzen aus dem mexikanischen Bergland...
Bt-Gene und RoundupReady-Resistenz-Gene
(taz 30.11.01)
·
weltweit
2001 gentechnisch veränderte Pflanzen auf 52,6 Mill. ha angebaut (+19%
gegenüber Vorjahr); Ausweitung vor allem in (Entwicklungs)Ländern des Südens
(Verdopplung der Fläche gegenüber Vorjahr);
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Januar 2002, Nr. 9, Seite 38)
·
Positive
Bilanz des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen durch ISAAA/USA
(Global Review of Commercialized Transgenic Crops: 2000", by Clive James
ISAAA Briefs No. 23-2001)
·
Bauernverband
führte Forum zur grünen Gentechnik in Deutschland durch;
“diffuse Ängste“; Umfrage in der EU Dez. 2001: 71% gegen gentechnisch
veränderte Lebensmittel, 60% befürchten negative Umweltauswirkungen;
40 Mill t Ölsaaten wie Raps und Soja jährlich nach Europa importiert, zumindest
teilweise gentechnisch verändert; 50-60% der Futtermittel inzwischen mit
verändertem Soja versetzt; USA und Argentinien Anbaufläche von Gensoja auf 74
bzw 99 % der gesamten Anbaufläche
(taz 28.2.02)
·
2001
+ 19% weltweite Anbaufläche gentechnisch veränderter Pflanzen im Vergleich zu
Vorjahr; 52,6 Mill ha; Zahl der nutzenden Landwirte von 3,5 auf 5,5 Mill
gestiegen;
USA: Landwirte 1996 bis 2001 bei gentechnisch verändertem Mais Verluste
(Erträge nicht wie erwartet gestiegen, Export schwierig)
(GID 150/2002 S.20)
·
2002
werden in D. auf rund 1600 Hektar 50 Tonnen Genmais ausgebracht; für drei der
Genmaislinien gibt es eine Zulassung als Lebensmittel, alle anderen können als
Futtermittel verbraucht werden
(taz 26.4.02)
·
vier
Fünftel der Konsumenten in Europa wollen keine genmanipulierten Lebensmittel im
Einkaufswagen; bei Testkäufen greifen sie die Gennahrung oft trotzdem, sofern
sie billiger ist
(Die Zeit 25.4.02 S.18)
·
Studie
USA (von gentechnikfreundlichen Institutionen gefördert): durch mod.
Biotechnologie mehr geerntet, mehr verdient, Pestizidverbrauch um 80000 Tonnen
verringert;
Studie des US-Landwirtschaftsministeriums: „handfeste“ Vorteile für Farmer,
Einkommen gestiegen, Pestizideinsatz verringert
(GID 153, 8-9/2002 S.17)
·
Ziel:
Pflanzen hitzebeständig machen; in Genom der Ackerschmalwand ein Extra-Gen
eingebracht, das die Xantophyll-Synthese anregt; Pflanzen bei 2 Wochen 40 Grad
Temperatur grüner und gesünder als unveränderte Exemplare
(bild der wissenschaft 10/02 S.9)
·
weltweit
bislang über 10000 Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderte Pflanzen
gemeldet; Anbaufläche 2001 weltweit 52,6 Mill Hektar; davon Soja 63%, Mais 19%,
Baumwolle 13% Raps 5% (=99%); 77% der Pflanzen herbizidresistent;
Glyphosat und Glufosinat wirken auch gegen Boden-Mikroorganismen;
(Ökologie und Landbau, 4/02 S.32ff)
·
Interview
Künast; nicht endlos JA-Nein-Debatte führen: der Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen findet derzeit bereits auf 50 Mill Hektar statt; Kennzeichnung muss
kommen, mit so niedrigen Werten für zugelassene gentechnische Verunreinigungen
wie nur irgend möglich, auch Abstands- und Haftungsregelungen fehlen noch; ich
will Wahlfreiheit für Verbraucher und Landwirte sichern
(taz 17.9.02)
·
Lebensmittel
aus gentechnisch verändertem Mais von Monsanto seien für VerbraucherInnen
ebenso sicher wie Produkte aus konventionellen Maislinien – zu diesem Ergebnis
kam eine weitere wissenschaftliche Begutachtung durch den Lebensmittelausschuss
der EU;
die Industrie rechnet damit, dass die kommerzielle Nutzung von
Gentechnik-Weizen ab 2005 stattfinden könnte;
schon für 2003 war die Einführung herbizidresistenten Sommerweizens in Kanada
geplant gewesen;
(GID 152/2002 S.14, 17)
·
einer
von 1000 Deutschen leidet an Zöliakie (Verdauungsstörung, die auf Gluten
reagiert); seit drei Jahren wird in Deutschland daran geforscht, das
Gluten-Eiweiß auszuschalten oder “umzupolen“, das in allen Getreidesorten
vorkommt
(GID 152/2002 S.19)
·
gentechnisch
veränderte Bt-Sonnenblumen geben ihre neuen Gensequenzen an verwandte
Wildpflanzen weiter; Nachkommen zeigten außerdem eine 50%ige Steigerung der
Samenproduktion
(GID 154/2002 S.15)
·
Bt-Mais
in Spanien; Der Bt-Mais ist für die Bauern attraktiv, weil er durch mehr Ertrag
und eingesparte Spritzmittelkosten zusätzlichen Gewinn verspricht. Eine jüngst
erschienene Studie des britischen Agrarberaters Graham Brookes über den Anbau
von Bt-Mais in Spanien beziffert die Einkommenssteigerung der Landwirte auf
durchschnittlich 150 Euro pro Hektar im Vergleich mit herkömmlichem Mais. Auch
aus ökologischer Sicht zeigt der spanische Bt-Mais, entgegen der Befürchtungen
von Umweltschutzverbänden, bislang keine Nachteile. Der Ökologe Ramón Albajes
von der Universität Lleida untersucht in den Maisfeldern von Lérida, ob das Bt-Gift
in den Pflanzen neben dem Maiszünsler auch anderen Insekten schadet.
"Unseren Forschungen nach gibt es keine entscheidenden Risiken für die
Natur", sagt er. Für die Sorge, der Maiszünsler könnte gegen das Bt-Gift
resistent und damit zu einem noch gefährlicheren Schädling werden, fand Albajes
im Feld ebenfalls noch keine Bestätigung. Graham Brookes zufolge berichten
Bauern sogar von positiven Umweltfolgen des Bt-Maises. Beim Einsatz
herkömmlicher Spritzmittel würden nicht nur Maiszünsler, sondern auch viele
Nützlinge vernichtet. Das führe dazu, dass der Mais stärker von Spinnmilben
befallen wird, denen die Bauern dann mit einer weiteren Giftdusche zu Leibe
rücken. Durch den Anbau des Bt-Maises können diese Belastungen für die Umwelt
vermieden werden.
(Berliner Zeitung,04.10.02)
·
USA
fordern von Europäern, ihr Moratorium für den Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen zu beenden;
Dem könne man keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über mögliche
Gesundheitsgefahren entgegenstellen, meint EU-Verbraucherkommissar David Byrne.
Wir können dieses Moratorium nicht ewig halten, es ist Zeit, sich zu bewegen..
Auch EU-Umweltkommissarin Wallström befand, das Moratorium sei illegal und
ungerechtfertigt.
... gilt in Amerika die Devise: Die Grüne Gentechnik ist sicher – jedenfalls so
lange, bis irgendwo etwas passiert. In Europa dagegen herrscht der
Vorsorgegedanke: So lange nicht ganz sicher ist, dass nichts passieren kann,
wird die Technik verboten.
(Die Zeit 19.9.02 S.33)
·
Europaparlament
hat am 21.11. mit großer Mehrheit einem Strategiepapier der EU-Kommission
zugestimmt: darin wird auch die Aufhebung des seit mehr als vier Jahren
bestehenden EU-weiten Zulassungsstopps für gentechnisch veränderte Organismen
bis zum Ende 2003 gefordert;
wirtschaftspolitischer Sprecher der SPE-Fraktion: wir können uns nicht weiter
wie bisher aus ideologischen Gründen von der technologischen Entwicklung
abkoppeln und uns von gezielt geschürten Kampagnen unter Druck setzen lassen.
(Das Parlament 9./16.12.02)
·
Forscher
aus USA und Korea haben eine Reissorte so verändert, dass sie ihre Erträge auch
unter Kälte, Trockenheit und Salzwasserbedingungen hält; hoffen, durch
Kreuzungen mit lokalen Sorten auf 20% Ertragssteigerung; ein Zucker (Trehalose)
konserviert bereits unter natürlichen Bedingungen die Pflanzenzellen bei
Stress; jetzt zwei zusätzliche Trehalosegene eingebaut, dazu ein Schaltergen,
das die Zuckerproduktion erst anlaufen lässt, wenn die Pflanze wirklich unter
Stress steht; es wird also keine artfremde Eigenschaft eingebaut, sondern ein
bereits vorhandener Zucker mit konservierenden Eigenschaften in einer
wesentlich höheren Konzentration erzeugt; eine Erfindung, die durchaus in
vielen Gegenden dem Reisanbau zu wesentlich höheren und konstanteren Erträgen
verhelfen könnte;
die Forschungsergebnisse sollen öffentlich zugänglich sein und nicht an einen
Saatgutkonzern verkauft werden
(taz 27.11.02)
·
in
der mexikanischen Wüste gibt es einen Überlebenskünstler, einen Moosfarn, der
extreme Trockenheit überlebt; Ursache, Gen, das den Zucker Trehalose herstellt;
schützt wie bei Hefe die Pflanze vor dem Trockentod; mexikanische Forscher
haben neues Gen erfolgreich in die Ackerschmalwand eingebaut; vertrocknen
lassen, nach 2 Wochen wieder normal lebensfähig;
(aol-newsbote, 10.12.02)
·
Australien
gentechnisch verändertes Gras entwickelt, das bei bis zu 95% von betroffenen
Allergikern keinen Heuschnupfen auslösen soll; in Pollen Gehalt der beiden
Hauptallergene um die Hälfte reduziert
(GID 155/2002-2003 S.22)
·
BERLIN,
10. Dezember. Nach den jüngsten Beschlüssen der EU zum Umgang mit gentechnisch
veränderten Nahrungsmitteln drängen CDU und CSU im Bundestag auf eine zügige
Markteinführung von Gen-Food in Deutschland. Das bestehende Moratorium für die
Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) müsse
„schnellstmöglich“ aufgehoben werden, heißt es in einem Antrag zur
Biotechnologie, den die Unionsfraktion nächste Woche beschließen will. In dem
Papier, das der Berliner Zeitung vorliegt, spricht sich die Union ferner für
die Nutzung gentechnisch veränderter Tiere aus, so lange „ethische Aspekte“
dabei berücksichtigt werden.
(Berliner Zeitung, 11.12.02)
·
Der
Anbau gentechnisch veränderter Kulturpflanzen wie Mais, Soja und Raps in den
USA und Kanada war in den letzten sechs Jahren ein wirtschaftliches Desaster.
Studie von Bioland-Organisation und Greenpeace; Ernten nicht höher ausgefallen,
Saatgutkosten aber gestiegen, immer mehr Unkräuter gegen Spritzmittel
resistent;
(bild der wissenschaft 12/2002 S. 11)
·
„Verunreinigung“
durch Gensoja in Brasilien; Aktivistin für Gentechnikfreiheit: Mais ist eine
Pflanze mit einer offenen Befruchtung über Bestäubung, die hier in vielen
Varietäten wächst, wenn wir hier illegalen Genmais angepflanzt hätten, wäre das
eine irreversible Katastrophe;
Soja kommt aus Asien, hat in Brasilien keine wilden, nahe verwandten Sorten,
Soja hat geschlossene Befruchtung (Bestäubung nur sehr selten), Verunreinigung
könnte völlig reversibel gemacht werden
(taz 28.3.03)
·
Antrag
der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag: Bundesregierung soll sich für die
unverzügliche Aufhebung des seit 1999 bestehenden de-facto-Moratoriums für alle
Neuzulassungen von gentechnisch veränderten Lebensmittel auf EU-Ebene
einsetzen;
den ursprünglichen Bedenken und Argumenten gegen die Zulassung sei mittlerweile
die Grundlage entzogen
(Das Parlament 14./22.4.03 S.6)
·
Baumwolle,
die durch gentechnische Veränderungen gegen Schädlinge resistent ist
(Bt-Baumwolle gegen Baumwollkapselwurm); in Indien in einer Feldstudie
untersucht; kann in den Tropen weitaus höhere Erträge bringen als herkömmliche
Sorten; Ernte fiel um 80% höher aus; trotz höherer Kosten für Saatgut konnten
Bauern ihre Einkünfte verfünffachen; mögliche Ursache für bessere Befunde als
in USA oder Kanada: dort werden nur 12% der Ernte vom Kapselwurm vernichtet, in
Indien und anderen tropischen Ländern 50-60%
(Bild der Wissenschaft 5/03 S.12)
·
weltweit
werden derzeit mehr als 22 Millionen Hektar der landwirtschaftlich genutzten
Fläche ökologisch bewirtschaftet und zertifiziert
(zum Vergleich: derzeit erfolgt Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen
weltweit auf über 50 Mill. ha; JK)
(Ökologie&Landbau 2/2003 S.41)
·
Indien:
„Protato” gentechnisch veränderte Kartoffelsorte (ein Gen des Amaranth
eingeführt); enthält ein Drittel mehr Proteine als herkömmliche Kartoffeln;
kommerzieller Anbau wird wahrscheinlich innerhalb von 6 Monaten zugelassen
werden; Kartoffel soll an staatlichen Schulen kostenlos Millionen von Kindern
zur Verfügung gestellt werden; Kartoffel Billiger im Vergleich zu
Hülsenfrüchten
(taz 12.6.03)
·
Japan:
gentechnisch veränderter Reis soll Insulinproduktion des Körpers bei
Diabetespatienten anregen und Insulin-Spritzen überflüssig machen; soll in 1-2
Jahren auf den Markt kommen
(GID 158 6/7-2003 S.14)
·
Kontrolle
der Samenkeimung durch eine „Zwei-Komponenten gentechnische Veraenderung“
Kanadische Forscher haben ein gentechnisches Verfahren entwickelt, welches die
ungewollte Weitergabe von Transgenkonstrukten ueber Generationen hinweg
verhindern soll. Die Wissenschaftler der "Agriculture and Agri-Food
Canada" setzten Tabakpflanzen ein "Seed lethal"-System (SL) ein,
das Samen der Pflanze keimungsunfaehig macht. Das SL-System aus Erbanlagen des
Bodenbakteriums Agrobacterium tumefaciens, wird dabei durch eine Bindungsstelle
fuer einen Repressor ergaenzt. Repressoren besitzen spezifische Bindungsstellen
an der DNA und verhindern dadurch das Ablesen eines bestimmten DNA-
Abschnittes. Das entsprechende Repressorgen aus dem Bakterium Escherichia coli
wurde in eine zweite GV-Tabaklinie eingefuegt. Anschließend wurden durch
Kreuzen beide Genkonstrukte in einer GV- Pflanze vereinigt. Diese transgenen
Pflanzen selber bleiben fortpflanzungsfaehig. Beim Auskreuzen werden die Gene
mit hoher Wahrscheinlichkeit voneinander getrennt. Der Repressor wird nicht
mehr hergestellt. Somit wird das SL-System aktiv, und die Pflanzen produzieren
sterile Samen
(gentechnik nachrichten 42 Mai 2003)
·
Bei
Fürstenfeldbruck wird eine neue Genkartoffel angepflanzt, die der
Altersblindheit vorbeugen soll;
BALTICA, kleinwüchsige rötliche Minikartoffeln; 5 Universitäten und 2
Forschungsinstitute beteiligt, 11 Mill. Euro bisher;
das in der Kartoffel natürlicherweise vorhandene Carotinoid Zeaxanthin wird
nicht mehr abgebaut, sondern vielmehr angereichert;
soll nun die Schöpfung bereichern, indem ihr Verzehr im alternden
Menschenkörper allerlei Oxidationsprozesse verzögert, also verschleißbedingte
Stoffwechselstörungen, möglicherweise gar der Krebsvorbeugung dient und, vor
allem, der sogenannten Altersblindheit einen Riegel vorschiebt.;
drei Großforschungsprojekte beitragen, die die rot-grüne von der schwarz-gelben
Bundesregierung übernommen hat. Neben der Kartoffel, die das Augenlicht
erhalten soll, entwickeln Wissenschaftler mit Steuergeldern Multifunktionskarotten,
die, mit einem manipulierten Carotinoidmix wiederum Krebs und Altersblindheit
vorbeugen könnten; als nette Dreingabe entfaltet das Gemüse sogar eine
"Sonnenschutzwirkung wie Sonnencreme", sagt Rudolf Straub. Ein
weiteres Projekt soll Raps die eigentlich Fischölen innewohnenden segensreichen
Fettsäuren einhauchen; der Raps mit dem optimerten Ölmix beugt, einem
Medikament gleich, Herz- und Kreislauferkrankungen vor. Schließlich arbeiten
Wissenschaftler auch an einem segensreichen Gengetreide für Menschen, die auf
die natürlichen Kleberbestandteile des Korns mit der Darmkrankheit Zöliakie
reagieren und deshalb zeitlebens auf allerlei bröseligen Brotersatz aus Reis
oder Mais zurückgreifen müssen
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 3. März 2003, Nr. 13, Seite M1,
Münchner Seiten)
·
Antrag
der CDU/CSU im Bundestag (15/1216): grüne Gentechnik erforschen und einsetzen,
um weltweite Ernährungssituation zu verbessern
(Das Parlament 7.7.03)
·
Greenpeace:
Soja als Eiweißfutter (Ersatz seit BSE Krise 2000): 60-70% gentechnisch
verunreinigt;
2002 58,7 Mill. Ha gentechnisch veränderte Pflanzen weltweit (62% Soja; 21%
Mais; 12% Baumwolle; 5% Raps);
International Council of Science (ein Club von Forschungsgesellschaften aus
über 100 Ländern) legte im Juni 2003 eine Studie vor: die derzeit verfügbaren
Gen-Lebensmittel sind so sicher oder so unsicher wie herkömmliches Essen;
(Die Zeit 3.7.03 S.28)
·
EU-Kommission
Studie zu Ernteerträgen, Pestitzideinsatz und finanziellen Auswirkungen des
Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen in den USA veröffentlicht: „Die
berücksichtigten Untersuchungen lassen keine abschließende Beurteilung der
Vorteile des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen auf der –hier
untersuchten – Ebene der landwirtschaftlichen Betriebe zu.“
(GID 159 7/8-2003 S.9)
·
„Terminator-Technologie“:
verhindern, dass Saatgut in der nächsten Generation keimfähig ist;
GURT: genetic use restriction technologies;
a) in Pflanzen wird ein Gen eingebaut, das nach Zugabe einer chemischen
Substanz wirksam wird und ein Gift bildet, das die Samen am Keimen hindert
b) Samen werden durch gentechnischen Eingriff von vornherein keimunfähig
gemacht (ein Unterbrecher-Gen wird hinter einen Promotor eingebaut, der zur
Zeit der Keimung aktiv ist; dazu noch zwei weitere zusätzliche Gene); durch
Zugabe einer organischen Substanz wird die Blockade gelöst und die Keimung ist
wieder möglich
(GID 159 7/8-2003 S.28)
·
USA:
40 Mill. ha der Ackerfläche (fast die Hälfte des gesamten Farmlandes) mit
gentechnisch veränderten Pflanzen bestellt
(SPIEGEL ONLINE 9.7.2003)
·
Staatssekretär
Catenhusen (Forschungsministerium): bisher gibt es für Gesundheitsrisiken für
den Verbraucher keine Belege; Risiken eher im ökologischen als im
gesundheitlichen Bereich
(Die Zeit 9.10.03 S.38)
·
Erbgut
eines insektenvernichtenden Bakteriums entschlüsselt; könnte zu einer
großflächigen Insektenvernichtung beitragen
(taz 6.10.03)
·
Brasilien
hat auf Druck der Sojabauern Anbau von gentechnisch verändertem Soja zunächst
für 1 Jahr erlaubt; Bauern begründen dies mit bis zu einem Drittel geringeren
Anbaukosten
(taz 29.9.03)
·
Britische
Großstudie: herbizidresistenter Ölraps, -Mais und –Zuckerrüben untersucht; im
Fall von Raps und Rüben werden Unkräuter viel stärker verdrängt als im
konventionellen Vergleichssystem; beim Mais dagegen ist eine spätere Anwendung
des Spritzmittels möglich, was netto geringere Umweltwirkung bringt
(taz 17.10.03)
·
zur
gleichen Studie:
bei Sommerraps und Zuckerrrüben deutliche Abnahme der Artenvielfalt; bei Mais
Ansteigen der Vielfalt (Vergleich war aber konventioneller Anbau mit
Atrazin-Einsatz als Herbizid)
(Gentechnik-Nachrichten Extra-Ausgabe 10/03)
·
in
Pillnitz bei Dresden (und Quedlinburg) Freilandversuche mit genetisch
veränderten Apfelbäumen (20 Jahre, 10000 Bäume) vom
Verbraucherschutzministerium untersagt
(Freie Presse Chemnitz 25./26.10.03)
·
Untersuchung
in 10 US-Bundesstaaten: jeder 5. Landwirt hält beim Anbau von Bt-Mais die
Vorgabe nicht ein, einen Teil der Flächen mit normalem Mais zu bepflanzen
(Vermeiden der Durchsetzung von Bt-resistenten Insekten-Populationen
(taz 12.9.03)
·
in
einer südafrikanischen Pflanze Gen für Trockenresistenz gefunden, in
Ackerschmalwand übertragen, überlebte Trockenphase von 16 statt normalerweise
von nur 12 Tagen
(GID 160 Okt/Nov2003 S.18)
·
Uni
Bonn; Grünalgen werden auf Schwefeldiät gesetzt; Entzug des Schwefels in der
Nahrung führt u.a. zur Aktivierung der Hydrogenase, die Alge produziert dann
über einen Zeitraum von 6 Tagen Wasserstoff; genveränderte Grünalgen:
Hydogenase-Gen mehrfach eingebracht; eine der gentechnisch veränderten Algen
produzierte dreifache Wasserstoffmenge; 1 Kubikmeter Algenkultur: 7,45 kWh pro
Tag Wasserstoffproduktion; über Brennstoffzellen (Wirkungsgrad 40%, 300
Betriebstage) könnten daraus jährlich 870 kWh Strom und Wärme erzeugt werden;
für ein Privathaus mit 4 Personen zur Eigenversorgung 5-7 Kubikmeter
Algenkultur ausreichend
www.botanik.uni-bonn.de/physbiopla/happed.html
(Energiedepesche März 2002 S.38)
·
weltweit
7 Mill Bauern, die gentechnisch veränderte Nutzpflanzen anbauen, davon wirtschaften
85% auf kleiner Fläche in Entwicklungsländern
(GID 162/2004 S.19)
·
dass
alle „fremd“ und „künstlich“ eingebrachten Gene, z.B. auch die Resistenzgene,
aus der Natur kommen, sie wurden z.B. in Bodenbakterien gefunden, es sind also
keine neu konstruierten Gene
(Bublath: Die neue Welt der Gene, München 2003, S.189)
·
Markergene
mit Antibiotikaresistenz überflüssig?
Aart van Bel und Michael Knoblauch vom Institut für Botanik der Universität
Gießen haben dieses als Mikroinjektion bezeichnete Verfahren nun durch eine
Reihe von technischen Kunstgriffen wesentlich verbessert. Die Gießener Forscher
injizieren das zur Genmanipulation verwendete Erbmaterial nicht wie üblich in
Protoplasten, also "nackte" Zellen, sondern in Zellen mit Zellwand.
Das erleichtert die Regeneration ganzer Pflanzen. Für die Injektion verwenden
sie speziell geformte Kapillaren mit äußerst feiner Spitze. Die Mündungsweite
der Kapillaren, mit denen man Gene in tierische Zellen injiziert, ist zehnmal
so groß. Außerdem haben die Forscher einen Druckgenerator entwickelt, der
verhindert, daß die Zellen nach dem Einstechen der Kanüle Druck verlieren und
einen Teil ihres Zellinhaltes in die Kanüle pressen. Pflanzliche Zellen haben,
anders als tierische, einen hohen Innendruck. Sie platzen normalerweise wie ein
Luftballon, wenn sie angestochen werden. Den Erfolg der Mikroinjektion
verfolgen van Bel und Knoblauch mit zwei Farbstoffen, die zusammen mit der
Erbinformation in die Zelle injiziert werden. Einer der beiden Farbstoffe
markiert die neuen Gene und zeigt, was nach der Injektion mit ihnen geschieht.
Der zweite verteilt sich in der ganzen Zelle und hilft, die manipulierten
Zellen später wiederzufinden. Deshalb kann man auf das Markergen verzichten.
Die Mikroinjektion könnte demnach etliche der Bedenken zerstreuen, die von
Gegnern der grünen Gentechnik vorgebracht werden. hka.
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10. März 2004, Nr. 59, Seite N2)
·
1996
säten Farmer in den USA die ersten gv-Pflanzen aus; Anbaufläche 2002 58,7 Mio.
Hektar (entspricht mehr als der 1,5-fachen Gesamtfläche Deutschlands); ¾ der
2002 ausgesäten gv-Pflanzen besitzen Herbizidresistenz; 17% Insektenresistenz
durch Bt-Toxin; weitere 8% Kombination aus Herbizidresistenz und
Insektenresistenz;
EU importiert jährlich etwa 30 Mio Tonnen Soja und Sojaschrote; der Anteil von
Sojaschroten mit einem GVO-Anteil unter 1% an der Gesamteinfuhr in die EU
beträgt ca. 5%;
bei der Sicherheitsbewertung von Lebensmitteln aus gv-Pflanzen hat sich
weltweit das Konzept der „Substanziellen Äquivalenz“ durchgesetzt; vereinfacht
wird dabei das GVO-Lebensmittel unter zwei Blickwinkeln untersucht:
a) das zusätzlich gebildete Protein wird bewertet (Verträglichkeit – nach
ähnlichen Verfahren wie bei der Prüfung von Zusatzstoffen; schädliche Einwirkungen
beim Verfüttern an versuchstiere?; heute ist es auch möglich, bei einem neu in
die Nahrung eingeführten Protein abzuschätzen, ob es Allergien auslösen kann)
b) Überprüfung, ob der übrige Teil des Lebensmittels mit einem vergleichbaren,
bekannten und erfahrungsgemäß sicheren Produkt übereinstimmt;
Stimmen gentechnisch verändertes und konventionelles Produkt im Rahmen der
natürlichen Schwankungsbereiche überein, sind sie substanziell äquivalent und
gelten beide gleichermaßen als sicher. ... In der Zulassungspraxis orientieren
sich Behörden und Expertengremien weitgehend am Konzept der Substanziellen
Äquivalenz. Es hat sich aus ihrer Sicht bewährt. Obwohl seit Jahren gv-Pflanzen
in vielen Ländern angebaut und zu Lebensmitteln verarbeitet werden, sind bisher
keine offenkundigen gesundheitlichen Schäden beobachtet worden. Danach sind im
Vergleich zu herkömmlichen Produkten keine besonderen Risiken erkennbar
(Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Diskurs
Grüne Gentechnik, Broschüre 2003)
·
Bei
neuen Pflanzen stehen sich solche mit Input- und Output-Eigenschaften
gegenüber. Erstere beziehen sich auf die agronomischen Eigenschaften, zum
Beispiel Insekten-, Herbizid-, Virus- und Pilz-Resistenzen.
Output-Eigenschaften beziehen sich auf die Qualität des Ernteproduktes:
veränderter Gehalt an bestimmten Fetten, Vitaminen usw.
(Gen-ethisches Netzwerk, Faltblatt 5/2004: Zukunftsmusik)
·
Gensoja-Anbau
in Brasilien; „Im Vergleich zum herkömmlichen Anbau spare ich ein Drittel der
Produktionskosten“ sagt der Landwirt ...; Einmal im Jahr spritze er seine
Felder mit dem Monsanto-Pflanzengift ROUNDUP. Noch wird es besser mit dem
Unkraut fertig als herkömmliche Herbizide, die bereits drei- oder viermal
angewendet werden müssen;
Argentinien: auf dem Land floriert die Wirtschaft dank dem Geschäft mit
genetisch manipulierten Sojabohnen, kurbelt die Wirtschaft des ganzen Landes an
(2003 40% der gesamten Exporterlöse durch Soja); Bauern geben für Produktion
Pesos aus und verkaufen Soja für Dollar, Einkünfte verdreifacht; BSE-Krise in
Europa, die zum verbot der Verfütterung von Tiermehl (als Eiweißlieferant)
führte, ließ die weltweite Soja-Nachfrage explodieren
(taz 26./27.6.04)
·
Knapp
die Hälfte des Importsojas (in D.) ist gentechnisch verändert
(Die Zeit 24.6.04 S.22)
·
Gentechnik
im Weinbau
deutsches Institut für Rebenzüchtung in Siebeldingen arbeitet an der
Entwicklung von transgenen Reben, die dem Mehltau und der durch Viren
verursachten Reisigkrankheit widerstehen; erste 50 Flaschen in der Bayerischen
Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Anfang 2004 abgefüllt
Kanadische Winzer hantieren mit Frostschutzgenen
(bdw 2/2004 S.24ff)
·
In
Kalifornien soll erstmals Gentech-Reis zur Produktion von Medikamenten
großflächig angebaut werden; Reispflanzen mit zwei menschlichen Genen
ausgestattet: in den Körnern produzieren sie die Substanzen Lactoferrin und
Lysozym, normalerweise sind diese beiden antibakteriellen Wirkstoffe in der
Muttermilch zu finden, sie schützen Kleinkinder vor Infektionserkrankungen wie
z.B. Durchfall, Mittelohrentzündungen oder Meningitis;; Arzneistoffe sind noch
nach dreijähriger Lagerzeit wirksam ohne Kühlung (wichtig für
Entwicklungsländer); Erlaubnis zum Anbau auf 50 Hektar war schon erteilt, jetzt
soll doch erst ein Genehmigungsverfahren mit öffentlicher Beteiligung
stattfinden
(taz 7.5.04)
·
Erhöhter
Pestizidverbrauch beim Einsatz gentechnisch veränderter Pflanzen in den USA;
Untersuchung für die Jahre 1996 bis 2003 (zunächst Reduktion, seit 2001
Zunahme)
(GID 161/2004 S.18)
·
Uni
Würzburg: mit Hilfe von sterilen Pollen soll unkontrollierte Ausbreitung
gentechnisch veränderter Pflanzen verhindert werden; bei Tomaten und Tabak
gelungen, ein Enzym auszuschalten
(taz 12.11.04)
·
Papier:
„Grüne Gentechnik taugt nicht zur Hungerbekämpfung“ Juli 2004
www.brot-fuer-die-welt.de/druckversion/2730_DEU_Druckversion.htm
·
Maiswurzelbohrer,
Schädling aus USA, über Belgrad eingeschleppt (Kosovokrieg), inzwischen im
Elsass angekommen, vier Kilometer vor der deutschen Grenze; gentechnisch
veränderter Bt-Mais gegen den Käfer wird seit letztem Jahr in den USA angebaut
(taz 23.8.04)
·
Gensoja-Anbau
in Brasilien, Farmerin: Soja bringt schnelles Geld und macht viel weniger
Arbeit als Ökolandbau
(taz 16./17.10.2004)
·
Agrochemiekonzerne
sollen zwischen 1997 und 1999 für 18 Mrd US$ Saatgutfirmen aufgekauft haben;
das Resultat ist, dass die vier größten Agrochemiekonzerne auch die größten
Saatgutkonzerne sind: DuPont, Monsanto, Syngenta, Bayer;
weltweit nehmen GV-Pflanzen derzeit etwa 5% der landwirtschaftlichen
Anbaufläche ein;
weltweit auf dem Markt befinden sich folgende GV-Pflanzen: Raps, Reis, Mais,
Soja, Baumwolle, Kürbis, Papaya, Zuckerrübe, Kartoffeln, Tomaten, in der
Entwicklung befinden sich: Äpfel, Bananen, Mango, Ananas. Gerste, Süßkartoffel;
Bt-Pflanzen: Bt-Gen bisher in den Zellkern der Nutzpflanzen eingeführt, jetzt
in der Forschung: Einführung in Chloroplasten – toxisches Eiweiß wird dann nur
in den Pflanzenteilen ausgeschüttet, wo es benötigt wird, Gefahr der
Auskreuzung wird reduziert, da sich Gene der Chloroplasten (nur) durch die
Eizelle und nicht über die Pollen vererben;
niederländische Studie zum tatsächlichen Herbizideinsatz bei Verwendung von
GV-Pflanzen in den USA: Ergebnisse variieren zwischen Rückgang um 40% und
Anstieg von 7%; Studie der Landwirtschaftsbehörde der USA: bei GV-Soja in den
Jahren 1997 und 1998 Rückgang des Herbizideinsatzes um 10%;
China, Indien, Argentinien: höheres Nettoeinkommen von Kleinbauern beim Anbau
von Bt-Baumwolle; in Sambia nur kurzfristig Kostenvorteil
(Welthungerhilfe: Grüne Gentechnik, Chancen und Risiken ...; Mai 2004)
·
Risikoforscher
Ortwin Renn:
Die Ablehnung der Grünen Gentechnik hat wenig mit dem Glauben zu tun, man werde
nach dem Genuss einer modifizierten Tomate tot umfallen. Das Nein der Gegner
speist sich aus der Furcht vor unabsehbaren Späteffekten, Zweifeln am
gesellschaftlichen Nutzen, Angst vor der Irreversibilität der Veränderungen,
Aversion gegen die menschliche Hybris und dem allgemeinen Verdacht gegen
Konzerninteressen. Aufklärungskampagnen laufen ins Leere - wo Vertrauen fehlt,
fordert der Verbraucher „Nullrisiko“.
(Die Zeit 13.5.04 S.36)
· USA: Einführung gent. veränderter
Nutzpflanzen hat zu gesteigertem Verbrauch an Pestiziden geführt; bei
BT-Insektenresistenz Reduktion der Spritzmittel um 5%, bei Herbizidtoleranten
Pflanzen Anstieg um 5%; hier werden zudem neue Unkräuter bedeutsamer, oder die
alten Unkräuter entwickeln Resistenzen
(GID 167/2004 S.21)
·
seit 1987 wird die so genannte biolistische
Transformation („Genkanone“) verwendet; kleine Gold- oder Wolframpartikel
werden mit einer DNA-Lösung benetzt, in eine Druckkammer gebracht und im Vakuum
mit hoher Geschwindigkeit auf Pflanzenzellen „geschossen“; Partikel verbleiben
in der Pflanzenzelle; DNA löst sich von den Trägerpartikeln und kann in den
Zellkern eindringen; so gelang erstmalig Transformation von wichtigen
einkeimblättrigen Pflanzen (1988 Reis, 1990 Mais, 1992 Weizen)
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.7)
·
„moralische Codes“ der Kontrahenten, die verhindern,
dass es zum gegenseitigen Verstehen kommen kann: Fokussieren die einen ihre
Bejahung der Technologie mit Argumenten aus den Bereichen Gesundheit, Vernunft
und Wohlstand, so tun dies ihre Kritiker mit spezifischen Vorstellungen von
Natur, Macht und Gefährdung; ...
Wenn zwischen den Beteiligten Übereinstimmung darin besteht, dass durch
verantwortungsbewussten Einsatz moderner Technologien die Ernährung gegenwärtig
lebender und nachkommender Generationen sicher gestellt werden soll, dann ist
anhand sachlich allgemein nachvollziehbarer Gründe zu klären, ob (auch) die
Grüne Gentechnik ein geeignetes mittel ist dieses Ziel zu erreichen. Daran mag
sich die Klärung der Frage anschließen, ob diese Technologie weltweit und
überall in derselben Weise zur Anwendung kommen soll.
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.13f.)
·
Pflanzenbiotechnologie: Eingriff unserer Vorfahren
in die natürliche Evolution (durch Auswahl und Züchtung JK); beim Weizen
stiegen die Erträge von mageren 300 Kilogramm
pro Hektar auf durchschnittlich über 7 Tonnen (7000 Kilogramm);
die Produktionssteigerung ruhte im 20.Jahrhundert gleichmäßig auf den drei
Säulen Züchtung, Agrochemie und Agrartechnik.
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.18)
·
praktisch alle wichtigen landwirtschaftlichen
Nutzpflanzen und insgesamt mehr als 150 verschiedene Pflanzenarten sind –
zumindest im Stadium der Forschung – bereits erfolgreich gentechnisch modifiziert
worden
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.27)
·
USA seit 1994 zugelassen: gentechnisch veränderte
Rapssorte mit 40% Laurinsäure im Samenöl; diese Fettsäure kommt im
konventionellen Raps so gut wie nicht vor; kann in der Industrie zur
Herstellung von Detergenzien z.B. für Haarwaschmittel, aber auch im
Nahrungsmittelsektor für die Schokoladenherstellung verwendet werden; Gen aus
dem kalifornischen Lorbeerbaum übertragen; 2000 Anbau auf 70.000 Hektar
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.41)
·
Im Jahr 2000 wurde in den USA durch den Anbau von
gentechnisch verändertem Soja, Raps, Baumwolle und Mais der Verbrauch von
Pflanzenschutzmitteln schätzungsweise um 20.000 Tonnen reduziert;
in China konnten im Jahr 2001 durch den Anbau transgener Pflanzen 78.000 Tonnen
Pflanzenschutzmittel (PSM) eingespart werden – entspricht einer Abnahme um 25%;
Indien Anbausaison 2001/2002: bei Bt-Baumwolle PSM-Reduzierung teilweise 70%;
Erträge im Durchschnitt um 80% gestiegen;
Einführung herbizidtoleranter Kulturpflanzen in USA: Fläche mit einer
pfluglosen bzw. reduzierten Bodenbearbeitung konnte um 35% ausgedehnt werden;
Bodendecker; ohne diese neuen Anbaumethoden würden in den USA durch
Niederschläge und Windverwehungen jährlich ca. 1 Milliarde Tonnen mehr Erde von
den Feldern abgetragen werden; Einsparung von 1,2 Milliarden Litern Treibstoff
für verminderte Bodenbearbeitung
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.47f)
·
China: Reis gegen Insektenbefall genetisch
verändert; drei Testläufe über zwei Jahre; Bauern erhielten das Saatgut zum
selben Preis wie konventionelles; Erprobung unter Alltagsbedingungen; bei
Aussaat, Bewässerung, Pestizideinsatz keinerlei Hilfe-Hinweise durch
Genforscher, Entscheidung trafen Bauern nach Gespür und Erfahrungen; 6-9%
höherer Ertrag; Pestizideinsatz: 2 kg je Hektar – konventionelle Kollegen 7x so
häufig gespritzt, zehnfach höherer Verbrauch; China nun bereit, als erstes Land
der Erde den kommerziellen Anbau von GM-Reis zu erlauben
(Die Zeit 4.5.05 S.40)
·
EU-Kommissarin für Landwirtschaft: „Die Möglichkeit
von offiziellen genfreien Regionen gibt es im EU-Recht zur Zeit nicht“
(taz 8.4.05)
·
niederländische Studie zu tatsächlichem
Herbizideinsatz bei Verwendung von gentechnisch veränderten Sojapflanzen in der
USA; zwischen Rückgang der Herbizidmenge um 40% und Anstieg um 7%; Studie in
den USA: 1997 und 1998 Herbizideinsatz um 10% gesunken; ...
Studien in China, Indien und Argentinien zeigen ein höheres Nettoeinkommen von
Kleinbauern, die Bt-Baumwolle anbauen (geringere Kosten für
Pflanzenschutzmittel, Dünger und Arbeitskräfte)
(BRIEFE zur Orientierung im Konflikt Mensch-Erde, Wittenberg, Nr.74/2005 S.T4,
T10)
·
Udo Pollmer, Lebensmittelexperte:
die Alternative zur Gentechnik in der Pflanzenzüchtung sind künstliche Gene aus
dem Atomkraftwerk; Mutationszüchtung vor der Gentechnik: ein Sack Getreide
wurde ins Atomkraftwerk gefahren und bestrahlt, damit Missbildungen entstanden;
davon waren vielleicht 2 Pflnazen zu gebrauchen; sie wurden dann in normale
Sorten eingezüchtet, das waren künstliche Gene aus der Atomwirtschaft, so
wurden alle Nutzpflanzen verändert; Mutationszüchtung wird nicht mehr
angewandt, aber ohne Gentechnik kehrt die Mutationszüchtung zurück; ist zwar
aufwändiger für die Saatgutindustrie, aber es gibt keinerlei rechtlichen
Rahmen, man muss keine Experimente mit Ratten durchführen ...; auch Biobauern
sind auf Sorten mit künstlich im AKW erzeugten genen angewiesen (Resistenzgene
gegen neue Krankheiten und Schädlinge);
auch normale Kreuzungen können gefährlich sein, es muss für alle
Züchtungsmethoden vergleichbare Maßstäbe geben, nicht nur für die Gentechnik
(taz 23.6.05)
·
Mutationszüchtung ist nur eine von vielen Möglichkeiten,
genetische Variationen zu erzeugen, Erbgut wurde auch durch Hitze, Kälte oder
Chemikalien verändert; Mutationszüchtung und klassische Verfahren simulieren
nur natürliche Prozesse
(taz 25./26.6.05)
·
Uni Würzburg; Versuche, um zu verhindern, dass sich
gentechnisch veränderte Pflanzen durch Auskreuzungen unkontrolliert verbreiten;
für Tomaten und Tabak Verfahren entwickelt, mit dem die Pollen gezielt
sterilisiert werden, in den männlichen Blütenteilen gibt es eine spezialisierte
Zellschicht, deren einzige Aufgabe es ist, die heranwachsenden Pollen mit
Nährstoffen zu versorgen; in dieser Zellschicht ist das Enzym Invertase aktiv;
Invertase wurde so verändert, dass sie – nur in dem gewünschten Bereich – nicht
mehr funktioniert, Pollen reifen nicht mehr, Impotenz, neue Methode soll jetzt
an Raps und Weizen getestet werden
(bdw 2/2005 S.6)
·
Im Elsass soll genveränderter Wein angepflanzt werden, Erlaubnis vom
Pariser Landwirtschaftsministerium erteilt, Experiment über vier Jahre, Schutz
vor der Reisigkrankheit (Viruserkrankung, die von Fadenwürmern in der Erde
übertragen wird
(taz 9./10.7.05)
·
in Guinea (Westafrika) begann vor 5 Jahren eine leise Revolution;
Reis der neuen Sorte NERICA (Kreuzung von asiatischen Hochleistungssorten mit
robusten afrikanischen Reispflanzen) erzielte Ertragssteigerungen bis zu 250%,
selbst ohne teure Pflanzenschutzmittel, Kunstdünger oder Bewässerungssysteme
(Züchtung offenbar ohne Gentechnik JK);
“Golden Rice“: Angesichts der Mangelernährung (Vitamin A) sieht FAO-Direktor Jacques
Diouf in diesem Reis „den möglicherweise bedeutsamsten Durchbruch in der
Gentechnik“;
für die bereits sehr hochentwickelte Landwirtschaft in Industrieländern
verspricht die Gentechnik weniger Produktivitätsgewinn
(Das Parlament 12.1.04 S.11)
·
Der Markt, der bisher weitgehend an Deutschland vorbeigeht, ist
groß: Nach Angaben von Bayer-Crop-Science-Chef Friedrich Berschauer entfallen
bereits rund 5 Milliarden Euro des 30 Milliarden Euro ausmachenden Umsatzes der
Pflanzenschutzbranche auf die grüne Biotechnologie (einschließlich Saatgut).
Der weltweite Marktanteil von gentechnisch verändertem Saatgut liegt nach
Verbandsangaben bei rund 16 Prozent. Die Steigerungsraten beim Anbau liegen
jährlich zwischen 10 und 20 Prozent. Weltweit werden bereits mehr als 80
Millionen Hektar mit gentechnisch verändertem Saatgut angebaut, und zwar
weitgehend außerhalb Europas. Rund 80 Prozent der Anbauflächen liegen in den
Vereinigten Staaten und Argentinien.
(FAZ 18.10.05 S.22)
·
Italienische Forscher fanden bei
Fütterungsversuchen mit Schweinen Bruchstücke des synthetischen Gens der
Gentech-Maissorte MON810 aus dem Hause Monsanto in Blut, Leber, Milz und
Nieren. Jetzt stellt sich die Frage, welche Auswirkungen synthetische DNA aus
gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln auf Mensch und Tier haben
könnte.
(E-Mail Von: GeNPost liste@gen-ethisches-netzwerk.de)
·
S.27f:
2005 in Sachsen auf 8 Flächen = 64 Hektar Anbau von gentechnisch verändertem
Mais;
Maiszünsler vernichtet weltweit 7% der Maisernte (Bohrfraß); in einzelnen
Gebieten Deutschlands Verluste bis 30%
(Gentechnik – genial oder gefährlich? Sächsisches Staatsministerium für Umwelt
und Landwirtschaft 2005)
·
S.8:
1994 mit der „Flavr Savr – Tomate“ erste gentechnisch veränderte Pflanze auf
dem Markt, derzeit dürfen weltweit über 100 verschiedene gentechnisch
veränderte Nutzpflanzen in Verkehr gebracht werden
(Gentechnik – genial oder gefährlich? Sächsisches Staatsministerium für Umwelt
und Landwirtschaft 2005)
·
Gentechnikmoratorium Schweiz:
Initiativtext für die Aufnahme in die Bundesverfassung:
“Die schweizerische Landwirtschaft bleibt für die Dauer von fünf Jahren nach
Annahme dieser Verfassungsbestimmung gentechnikfrei. Insbesondere dürfen weder
eingeführt noch in Verkehr gebracht werden:
a) gentechnisch veränderte vermehrungsfähige Pflanzen, Pflanzenbestandteile und
Saatgut, welche für die landwirtschaftliche, gartenbauliche oder
forstwirtschaftliche Anwendung in der Umwelt bestimmt sind;
b) gentechnisch veränderte Tiere, welche für die Produktion von Lebensmitteln
und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen bestimmt sind.“
(GID 172 Okt/Nov05 S.49)
·
Australien; über 10 Jahre Forschung, um Erbsen
gentechnisch resistent zu machen gegen Erbsenkäfer; nicht nur Insekten wird der
Garaus gemacht; beim Verfüttern an Mäuse: Immunsystem reagiert stark; Einatmen
von Erbsenmehl-Aerosol: viele Mäuse erkrankten an Lungenentzündung; eine
Erklärung: bei den heutigen Verfahren werden synthetische genetische Konstrukte
an zufälliger Stelle in ein unbekanntes Genom integriert; gentechnisch
veränderte Pflanzen bilden mitunter Stoffe, mit denen niemand gerechnet hat;
das Anti-Käfer-Gen, das die Erbsen für Käferlarven unverdaulich macht, stammte
aus einer für Säugetiere gut verträglichen Bohnensorte; die Zellen der Erbsen
jedoch produzierten den Abwehrstoff der Bohnen in einer leicht veränderten Form
(es werden einige andere Zuckermoleküle an das Eiweißmolekül angehängt als in
der Bohnenzelle);
(Der Spiegel 50/2005 S.158; taz 25.11.05)
·
Januar 2005: Bangladesh (Agrarministerium und Bangladesh Rice
Research Institute teilen mit, dass eine lokal entwickelte Reissorte
gentechnisch verändert worden sei (Produktion von Beta-Karotinoiden, Vorstufe
von Vitamin A = „Golden Rice“); Zulassungserteilung für Anbau wird erwartet
(GID 172 Okt/Nov05 S.26)
·
S.38:
Haftung für Schäden durch gentechnisch veränderte Organismen:
a) Personen- und Sachschäden –
hier haftet der Betreiber, Höchstbetrag 85 Mill Euro, muss Deckungsvorsorge
treffen;
b) wirtschaftliche Nutzungsbeeinträchtigungen -
wenn z.B. die Ernte des Nachbarn verunreinigt ist, unverkäuflich wird; auch
wenn der potenzielle Verursacher alle Vorsorgemaßnahmen getroffen hat
(Abstände, Reinigung der Maschinen), haftet er, wenn der Verursacher nicht zu
ermitteln ist, haften alle GVO-Anbauer in der Umgebung
(Gentechnik – genial oder gefährlich? Sächsisches Staatsministerium für Umwelt
und Landwirtschaft 2005)
·
Indien: Prototyp einer gentechnisch veränderten
Kartoffel „made in India“: Protato (nicht Schädlingsresistenz, sondern höherer
Nährwert); Gen aus der Amaranth-Pflanze übertragen; 45% höherer Proteingehalt
als normale Kartoffeln; Pflanze patentiert, aber zur Nutzung für jedermann
freigegeben;
Alternative Hülsenfrüchte (enthalten viel mehr Proteine als Kartoffeln)? –
Institutsdirektor: „sind für die Armen schlicht zu teuer!“
Untersuchungen eines Stuttgarter Forschers zu gentechnisch veränderter
Baumwolle: Ertrag bei Feldversuchen stieg auf 150 untersuchten indischen Farmen
im Durchschnitt um 80%;
Banane ist mit 40 Mill Tonnen Jahresproduktion Indiens wichtigste Nutzpflanze;
nur ungeschlechtliche Vermehrung möglich; kann Schädlingen (Pilzen) kaum etwas
entgegen setzen; auf konventionellem züchterischem Weg lassen sich Bananen kaum
verändern; Gentechnik soll genutzt werden, um schädlingsresistente Banane zu
entwickeln
(bdw 10/05 S.18)
·
Brasilien als Agrarexporteur; Johanna Döbereiner gelang es vor 30 Jahren,
ein Bakterium zu finden, dass sich mithilfe des Blattgrüns in den
Pflanzen-Zellen gierig den Stickstoff aus der Luft holt; Bakterium mit
Sojasamen zusammengebracht Erträge wie bisher ohne ein Gramm Dünger!;
Nominierung für Nobelpreis;
Brasilien Marktführer beim Export von Soja, 20 Mill. Tonnen = 10 Mrd. Dollar
pro Jahr, allein 2001 Anbaufläche um 50% erhöht, 2015 sollen 32 Mill. Tonnen
Soja verschifft werden (Europa verlangt seit BSE nach Tierfutter aus Soja);
Soja mal mit, mal ohne Gentechnik;
Brasilien nutzt heute rund 40% mehr Ackerfläche als vor 20 Jahren, holt
außerdem 150% mehr Ernte als früher aus dieser Fläche;
eine Tonne Zucker produzieren sie für 160 Dollar, in Europa kostet es das
Dreifache;
(Zeit 4.5.06 S.36ff)
·
im Iran dürfen als erstem Land gentechnisch
veränderte Reispflanzen angebaut werden (2005 500 bis 1000 Bauern); Reis hat
ein für Schädlinge giftiges Bt-Gen
(taz ?? 2006)
·
„grüne Biotechnologie“ (sicher bisher ohne
Gentechnik JK) in China; Ertragsoptimierung von Nutzpflanzen;
Reiserträge in China haben sich von etwa 5,7 Milliarden Tonnen 1950 auf 19,47
Milliarden Tonnen im Jahr 2000 vervierfacht (dafür 2004 Welternährungspreis an
Direktor des Zentrums für Hybridreis);
Chinas Landwirtschaft profitiert doppelt von der Genmanipulation. Eine
Massenreissorte ist im Versuchsstadium für den Reisstängelbohrer, dessen Larven
die Pflanze von innen auffressen, ungenießbar geworden. Dadurch wuchsen die
Ernteerträge um 6-9 Prozent. Gleichzeitig verringerte sich der Bedarf an
Pestiziden.
“Auch in China regeln Vorschriften, was die Biotechniker dürfen und was nicht“
(bdw 10/06 S.98)
·
Golden Rice für Indien; wird 2007 in Indien
getestet; Marktreife in ca. 5 Jahren;
Ökonom: Vitamin-A-Mangel ließe sich dadurch um maximal 60% reduzieren, das ist
deutlich besser als bisherige Hilfen (z.B. Vitaminpillen); jährlich bis zu
40.000 tote Kinder weniger; zwar sinkt der Beta-Carotin-Gehalt durch Lagerung
und Kochen (bis zu 80% Verlust); aber die übrigen 20% würden trotzdem helfen
(Focus 43/2006 Perspektiven)
·
in Spanien Anbauversuche (noch keine Vermarktung);
dabei sollen NICHT gentechnisch veränderte Zitronenbaum-Reiser (Äste) auf einen
gentechnisch veränderten Stamm gepfropft werden;
die Pflanze muss nach EU-Recht als gentechnisch verändert gekennzeichnet
werden, aber ob auch die Frucht als Genprodukt gekennzeichnet werden muss, ist
nicht ganz klar
(taz 13.10.06)
·
BASF will 2007 in Brandenburg gentechnisch
veränderte Kartoffeln für Stärkeproduktion anbauen lassen; rechnet mit
EU-Zulassung für Sorte „Amflora“ noch 2006;; Kartoffel enthält fast
ausschließlich nur eine Stärke-Art (Amylopektin)
(taz 27.10.06)
·
in Deutschland (2006? JK) Anbau von 950 Hektar
gentechnisch veränderte Pflanzen: Erbsen, Kartoffeln, Sommergerste
(taz 15.9.06)
·
USA Forschungsprogramm für Biokraftstoffe; 250 Mill
$; Ziel: 2030 mindestens 30% der für Transporte notwendigen Energie aus
Biokraftstoffen
(GID 177 8/9-2006 S.22)
·
dänische Wissenschaftler haben ein System in
Pflanzen eingebaut, mit dem sich diese selbst mit Stickstoff versorgen können
(GID 177 8/9-2006 S.22)
·
beim Einsatz der „Genkanone“ zur Einführung neuer
Gene in Pflanzenzellen nehmen nur einige wenige von mehreren tausend Zellen das
fremde Gen auf;
bei Verwendung von agrobacterium landen die neuen Gene in 35 bis 58% der Fälle
innerhalb funktionierender gensequenzen
(GID 178 10/11-2006 S.38ff)
·
Versicherungswirtschaft in Deutschland sieht in der
nächsten Zeit keine Möglichkeit, die Gefahren der Agro-Gentechnik zu
versichern; Gründe: fehlende praktische Erfahrungen bei der Koexistenz,
Erprobungsanbau (streng kontrolliert und kleine Flächen) nicht 1:1 übertragbar;
diese derzeitige Regelung sei aber nicht so zu verstehen, dass sich „die
Versicherungswirtschaft“ dauerhaft der Versicherung von Gentechnikrisiken
verschließen werde“
(GID 178 10/11-2006 S.56)
·
Bundestag:
derzeit etwa 373.000 Hektar Maisanbaufläche vom Maiszünsler befallen (gesamt:
1,7 Millionen; d.h. 22% befallen); befallene Fläche 1999: 387.000 Hektar
(GID 179 12-2006,1-2007 S.22)
·
Die
Gentechnik erobert den Weinbau. Sie macht das Getränk milder und schützt die
Reben - ist aber umstritten.
Der Präzedenzfall heißt ML01 und stammt aus den USA: Hinter diesem Kürzel
verbirgt sich die erste gentechnisch veränderte Weinhefe, die von der
US-Kontrollbehörde FDA für den kommerziellen Einsatz zugelassen worden ist. In
diesem Jahr werden erstmals Weine auf den Markt kommen, bei denen die Gärung mit
ML01 unterstützt wurde. Für die Verbraucher in Amerika ist das allerdings kaum
erkennbar. Denn in den USA müssen die zugehörigen Weinflaschen nicht extra
gekennzeichnet werden.
Nun fürchten Winzer weltweit hitzige Diskussionen über Gen-Wein. Als erstes reagierte
das Australian Wine Research Institute, ein Sprachrohr der australischen
Weinindustrie. Es gab mit Hinweis auf ML01 eine Erklärung heraus, dass bei der
Herstellung australischer Weine vorläufig keine gentechnisch veränderten
Organismen eingesetzt würden.
Von der Sorge ums Image abgesehen ist ML01 für Winzer durchaus interessant.
"Mit der transgenen Hefe ML01 spart man Zeit bei der Weinbereitung"
,sagt Manfred Großmann, Leiter des Fachbereiches Mikrobiologie der
Forschungsanstalt Geisenheim. Denn ML01 vergärt nicht nur wie die natürlichen
Weinhefen der Gattung Saccharomyces cerevisae den Fruchtzucker im Most zu
Alkohol. Sie wandelt zugleich Apfel- in Milchsäure um, wodurch der Wein runder
und weniger sauer schmeckt. ...
Nicht nur die Weinhefen drohen sich durch die Gentechnik zu verändern. Seit
Jahren arbeiten weltweit Forschergruppen daran, auch Weinstöcke zuoptimieren.
Die meisten Versuche zielen darauf ab, die Pflanzen gegen schädliche Pilze
resistent zu machen. In Würzburg und Siebeldingen wachsen seit 1999 auf kleinen
Versuchsflächen Riesling-Reben, die in ihrem Erbgut Gene aus Gerstenpflanzen
tragen. Diese transgenen Weinstöcke produzieren in ihren Blättern Eiweißstoffe,
die sie vor dem Befall von Mehltau-Pilzen schützen. Die Langzeitversuche laufen
bis 2009, dann sollen die transgenen Pflanzen gerodet und vernichtet werden.
Bis dahin studieren die Forscher, ob sich die neuen Gene auf den Geschmack des
Weines auswirken und inwieweit die transgenen Weinstöcke ihre Umwelt
beeinflussen.
(Berliner Zeitung, 30.08.2006)
·
Weitgehend
unbeachtet von der Öffentlichkeit nutzen Pflanzenforscher und -züchter derweil
erfolgreich neu-modische Verfahren jenseits
der umstrittenen Grünen Gentechnik. "Smart Breeding" - "clevere
Züchtung"- heißt das Schlagwort.
Und dabei werden durchaus Hightech-Methoden
verwendet, auch molekularbiologische, die sich letztlich der
Gentechnik bedienen. Die Züchter bauen
aber keine neuen Gene in ihre Pflanzen ein,
sondern nutzen die gentechnischen Methoden, um aus ihren Kreuzungen schnell die vielversprechendsten
herauszusuchen; von MONSANTO eingeführt
(Süddeutsche Zeitung,10. August 2006, Nr. 183, Seite 18, Wissen
·
US-Forscher Charles Arntzen; zunächst Versuche mit
der „Impfbanane“; es ist nicht gelungen, ein als Antigen wirkendes Protein in
der Banane auszubilden; ab 1998 Versuche mit Kartoffeln, diese „Biofabrik“
produzierte erfolgreich Impfstoffe gegen Cholera-Bakterien sowie den
Durchfall-Erreger Norwalk-Virus, klinische Versuche erfolgreich, Problem:
Knolle musste roh verzehrt werden, Kochen zerstört Impfstoff; heute ist die
Tabakpflanze das Idealgewächs des Forschers, seit 4 Jahren Züchtung von
genetisch veränderten Tabakpflanzen, produzieren Impfstoffe gegen Cholera,
Hepatitis C sowie pathogene E.coli-Stämme, auch gegen Pestverursacher und
Ebola-Virus, erste Versuche an Mäusen erfolgreich; Anwendung: der Patient
bekommt eine handelsübliche Tablettenkapsel,mit dem getrockneten Pflanzensaft
(bdw 2/07 S.110)
·
Debatte
im Bundestag zur Regierungserklärung Klimaschutz;
EU-Beschluss: bis 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 20% gesenkt werden,
die Energieeffizienz um 20% gesteigert werden und der Anteil der erneuerbaren
Energien am Primärenergieverbrauch soll auf 20% gesteigert werden;
Reiche (CDU): Biomasse-Pflanzen müssen leistungsfähiger sein; grüne Bio- und
Gentechnologie unverzichtbar;
(Das Parlament 30.4.07)
·
Bienensterben
in USA und Deutschland;
Deutscher Berufsimkerbund (DBIB): „wichtigste Ursachen: Pestizide und Einsatz
von Gentechnik“;
USA: Bestäubungsindustrie; 1,2 Millionen Bienenvölker werden jährlich nach
Kalifornien transportiert, um Mandel- und Obstplantagen zu bestäuben; die
Wanderimker sind wenig am Honig interessiert, ihr Geld verdienen sie mit
Prämien pro Volk; Honig ist kaum verkäuflich, weil viele Pestizide eingesetzt
werden und die Bienen vorbeugend mit Antibiotika behandelt werden;
deutsche und amerikanische Ursachen-Forscher: als Hauptverursacher gelten
Varroa-Milbe und Bakterien, Viren oder Pilze; Elektrosmog und gentechnisch
veränderte Organismen sind „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als
Ursache auszuschließen“;
(ZEIT 24.5.07 S.39; taz 25.5.07)
·
Bioenergie
fördert Gentechnik;
für Landwirte sind Bioenergien ein gutes Geschäft: Landet ihr Mais im Tiertrog,
bekommen sie rund 400 Euro je Hektar, geht er in die Biogasanlage, sind es
tausend Euro;
lange Zeit waren 70% der Deutschen gegen Gentechnik in der Landwirtschaft; das
Meinungsforschungsinstitut Allensbach hat jüngst ermittelt, dass nun knapp 70%
der Deutschen für Genmais sind, wenn daraus Ökostrom wird
(taz 28./29.4.07)
·
gentechnisch
veränderte Soja in Argentinien;
16 Millionen Hektar; seit 2000 verdoppelt; 42 Millionen Tonnen; fast alles
stammt aus genmanipuliertem Saatgut (Roundup Ready von Monsanto);
Direktsaatverfahren: stracks (ohne Pflügen) in den frisch geernteten
Stoppelacker eingedrückt;
die Sojabohne hat Reichtum gebracht;
mit der Verdopplung der Getreideproduktion hat sich der Verbrauch von
Pflanzenschutzmitteln verdoppelt und der von Dünger verfünffacht – in 15
Jahren;
Vertreter einer kritischen Umweltorganisation: Es gibt einen Konsens in der
Wissenschaft darüber, dass transgene Soja die menschliche Gesundheit nicht
beeinträchtigt
rund 500 US-Dollar Verdienst pro Hektar, doppelt so viel wie mit Viehzucht;
30-35 Tonnen je Hektar;
(ZEIT 19.4.07 S.32)
·
Forschungsleiter
des Nahrungsmittel-Multis Nestle (Werner Bauer): Wir werden in Europa vorerst
kein Genfood vermarkten, wenn es der Konsument nicht will, werde ich es ihm
nicht servieren
(Spiegel 14/2007 S.78)
·
gentechnisch veränderter Reis mit neu eingefügten
Proteinen zur Bekämpfung von Durchfallerkrankungen darf im US-Bundesstaat
Kansas auf gut 1000 Hektar angepflanzt werden;
in St. Louis/ Missouri Versuch, Süßkartoffeln gentechnisch so zu verändern,
dass sie unempfindlich gegen bestimmte Viren sind; Nahrungsmittel in Afrika;
gentechnisch veränderte Süßbananen sollen von Belgien nach Uganda importiert
werden, um dort Freilandversuche durchzuführen; Pflanzen sollen resistent sein
gegen eine Virus- und eine Bakterienkrankheit; Erwartung: deutlich weniger
Verluste durch Schädlinge und Krankheiten (derzeit bis 50%); Bananen werden in
80 Ländern angebaut und sind die am vierthäufigsten konsumierte Nahrungspflanze
der Welt
(GID 182, Juni 2007, S.22f.)
·
(96)
Anteil der Bevölkerung, der gentechnisch veränderte Lebensmittel befürwortet
lt. Eurobarometer 58.0/2002: Spanien 74 %, Großbritannien 63, Deutschland 48,
Griechenland 24;
Forsa-Umfrage 2004: Würden Sie gentechnisch veränderte Nahrungsmittel kaufen?
JA 29 %, NEIN 68 %
(Spiegel spezial „Besser essen besser leben“ 5/2005)
·
Grüne Gentechnik – im Dschungel der Vorurteile
Daten 2006:
102 Millionen Hektar weltweit; entspricht knapp 8% der landwirtschaftlich
genutzten Fläche weltweit;
10,3 Millionen Bauern in 22 Ländern;
90% der Bauern, die auf Gentechnik setzen, sind Kleinbauern in
Entwicklungsländern;
Länder: USA, Argentinien, Brasilien, Kanada, Indien, China;
Pflanzen: vorrangig Soja, Mais, Baumwolle, Raps;
zwei Konzepte:
A) Herbizidresistenz 68% Soja, Mais, Raps, Baumwolle
B) Insektenresistenz: 19% Baumwolle, Mais
Rest überwiegend Pflanzen mit beiden Eigenschaften;
Schäden für den Verbraucher waren in der Praxis bislang nicht festzustellen;
grüne Gentechnik beeinträchtigt die Umwelt auf jeden Fall nicht so stark wie
die konventionelle Landwirtschaft mit ihrem massiven Einsatz von Insektiziden;
Bundesamt für Verbraucherschutz ... (BVL) hat im April 2007 Monsanto den
Verkauf von Saatgut der Maissorte MON810 vorerts untersagt; Monsanto muss
Monitoring-Plan vorlegen (Konzern muss während des Anbaus Untersuchungen
durchführen z.B. über den Verbleib des Bt-Toxins in der Umwelt und dessen
Auswirkungen auf Nicht-Ziel-Organismen, erst wenn BVL Plan akzeptiert hat, darf
Monsanto wieder genverändertes Saatgut verkaufen; die Einschränkung gilt auch
für die Bt-Maissorten, die andere Firmen in Lizenz auf Monsantos Patent
produzieren; Begründung des Verbots z.B. wegen des Nachweises, dass das Bt-Gift
nicht nur den Maiszünsler tötet, sondern im Boden auch Trauermückenlarven
schädigt;
unerwartet, dass das Bt-Konzept bis heute gehalten hat und sich keine
Resistenzen beim Maiszünsler entwickelt haben; Konzept: A) Hochdosis (sofortige
Tötung) B) in den USA müssen bis zu 50% der Fläche mit normalem Mais bestellt
werden, in Deutschland bei Flächen über 5 Hektar 20% konventioneller Mais;
bislang werden längst nicht alle Toxine des Bacillus thuringiensis genutzt;
weitere Bakterien sollen genutzt werden;
90% aller gentechnisch veränderten Pflanzen weltweit tragen
Monsanto-Technologie;
in Kanada und USA dominiert BayerCropScience (Leverkusen) unter dem Namen
LibertyLink die Herbizidtoleranz bei Raps;
in Deutschland ist bisher keine herbizidresistente Pflanze zugelassen;
die genveränderten Agrarpflanzen haben den Einsatz von Herbiziden tatsächlich
um bis zu 40% sinken lassen (Marländer, Institut für Zuckerrübenforschung, Uni
Göttingen);
konservierende Bodenbearbeitung: Landwirte verzichten auf den Pflug, lassen
Stängel und Pflanzenreste nach der ernte auf dem Acker, schützende Deckschicht
verringert Erosion, bindet mehr organische Substanz im Boden;
in USA Unkräuter mit Resistenzen gegen Totalherbizid Glyphosat; Monsanto
entwickelt nun Nutzpflanzen, die gegen ein zweites Herbizid resistent sind
(Dicamba);
in Feldern mit herbizidtolerantem Raps verminderte sich Artenvielfalt von
Unkräutern und Insekten um mindestens 30%;
smart breeding: herkömmliche Züchtung neuer Eigenschaften, aber schnellere
Selektion der gelungenen Exemplare mit Hilfe von Gentechnik
(molekulargenetische Methoden);
Golden Rice: 2005 kreierten die Forscher einen Reis, der eine praxistaugliche
Menge an Beta-Karotinen bildet (Vorstufe von Vitamin A; Mangelernährung bei
Kindern in Entwicklungsländern); Einwand bleibt: kuriert wird lediglich das
Symptom, nicht die Ursache – Armut. Der Bedarf an Vitamin A ließe sich nämlich
durch viele Lebensmittel decken, die aber unerschwinglich teuer sind;
“keine Toten und keine neuen Allergien“; es ist nirgends ein Fall dokumentiert,
wo Verbraucher durch die Grüne Gentechnik einen Nachteil gehabt hätten (Buhk,
Bundesamt für Verbraucherschutz BVL);
in Kanada stießen die Tester auf Raps-Pflanzen, die zwei Herbizidresistenzen
aufwiesen, kein Hersteller produziert sie so, müssen durch wilde Kreuzungen
entstanden sein
(bdw 8/2007 S.44ff)
·
der Westliche Maiswurzelbohrer ist der größte
Maisschädling in den USA und Teilen Osteuropas; USA: für Insektizide und
Ernteausfälle 1 Mrd. Dollar Schäden pro Jahr;
Käfer jetzt erstmals in Baden-Württemberg gefunden; wahrscheinlich über
Flughafen Lahr eingeschleppt;
5-8 mm groß; Weibchen legt im Sommer bis zu 1000 Eier etwa 30 cm tief in die
Erde um Maiswurzeln herum; kalte Winter mit Temperaturen unter minus 10 Grad
überleben die Eier nicht;
Fruchtwechsel kann den Schädling ausrotten bzw. unter Kontrolle halten
(taz 26.7.07)
·
Agrargenossenschaft Radeburg (bei Moritzburg) hat
auf 37 ha gentechnisch veränderten Mais der Sorte MON810 angebaut;
in vergangenen Jahren hat der Maiszünsler 5 bis 10 % der Maisbestände
vernichtet;
Mehrkosten: 20 Euro mehr für das Saatgut je Hektar; wird durch Mehrerträge
locker ausgeglichen
(Freie Presse Chemnitz 21./22.7.07)
·
(5) Maiszünsler-Bekämpfung durch Einhalten der
Fruchtfolge (der Zünsler überwintert auf den Feldern und benötigt im Folgejahr
dieselbe Frucht, wieder Mais), das Häckseln und tiefe Umpflügen;
2007 Anbau Bt-Mais: Frankreich 19.000 ha, Spanien 60.000 ha;
(9) MONSANTO-Mais LY038 soll mit höherem Anteil an der Aminosäure Lysin die
Futterqualität verbessern;
Syngenta-Mais 3272: dessen neue hitzestabile Amylase soll die Herstellung von
Ethanol aus Mais (Biogas) erleichtern;
(28) in Australien Freisetzung von gentechnisch verändertem Weizen: soll mit
weniger Wasser wachsen können
(GID 183/2007)
·
seit
März 2007 in Sachsen-Anhalt auf einer Versuchsfläche Anbau von gentechnisch
veränderten Erbsen, die gegen bestimmte Infektionskrankheiten gerichtete
Antikörper produzieren; sollen, ins Futter von Schweinen gemischt, ein idealer
Eratz für Antibiotika sein, die seit 2006 nicht mehr vorbeugend gegeben werden
dürfen
(Ökotest 5/07 S.50)
·
Testergebnis:
Babynahrung von Milupa und Humana enthält Gen-Soja-Anteile von 0,1 bis 0,2 %;
USA Anteil Gensoja inzwischen über 90%; Argentinien 98%;
(Ökotest 10/2007 S.23, 28ff)
·
Novelle
des Gentechnikgesetzes :
Verbraucher können in Zukunft erfahren, ob Tiere mit gentechnisch verändertem
Futter gefüttert wurden; in Milch, Fleisch nicht nachweisbar; Bauern, die kein
gv Futter einsetzen, können das dem Verbraucher durch die Kennzeichnung als
„gentechnikfrei“ mitteilen;
Christel Happach-Kasan (MdB FDP): im Oderbruch richtet der Maiszünsler durchaus
Schäden an, das Brandenburgische Landesamt für Verbraucherschutz ... hat
festgestellt, dass dort der Bt.Mais-Anbau finanzielle Vorteile gebracht hat;
beim Bt-Mais hat sich herausgestellt, dass sie einen geringeren Gehalt an
Pilzgiften haben als herkömmliche Sorten (in Mexiko treten durch solche
Pilzgifte vermehrt Fehlgeburten auf);
(Das Parlament 22.10.07)
·
Firma
Südwestsaat GbR in Rastatt (BaWü) ist es gelungen, mit konventionellen Methoden
eine Maissorte mit einer Resistenz gegen den Maiswurzelbohrer zu entwickeln;
die Resistenz liegt auf mehreren Genen verteilt; Wirkung vermutlich durch
antibiotische Ausscheidungen an den Wurzeln
(GID 184/07 S.25; http://www.saaten-union.de/index.cfm/nav/407/article/3201.html
)
·
Bayer
Crop Science entwickelt intensiv Saatgut und Pflanzenschutzmittel für die
Agrotreibstoffpflanze Jatropha; Samen bestehen zu mehr als 30% aus Öl; Bayer:
Gefahr einer Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln bestehe allerdings nicht,
da J. so genügsam sei, dass sie auch auf Böden wachse, wo Lebensmittel nicht
gedeihen würden; Anbau auf Grenzertragsböden Chance für Landwirte
(taz 22.1.08)
·
BAYER
stattet Sojapflanzen mit Resistenz gegen 3 verschiedene Herbizide gleichzeitig
aus: Glyphosat (Monsanto Basta), HPPD-Hemmer und das firmeneigene Liberty
(Gluphosinat)
(GID 185 Dezember 2007 S.21)
·
Anteil Anbaufläche gentechnisch veränderter Pflanzen weltweit 2007: Soja 64%, Baumwolle 43%, Mais 24%, Raps 20%;
indische Bauern ernteten dank der
Bt-Baumwolle ein gutes Drittel mehr; im Schnitt zahlten sie 41% weniger für
Pflanzenschutzmittel; ihr Gewinn sei trotz höherer Saatgutpreise um fast 70%
gestiegen (Terry Raney, FAO);
nur 4 Pflanzen (Baumwolle, Mais, Raps und Soja) und 2 gentechnisch eingefügte
Eigenschaften (Insektenresistenz und Herbizidtoleranz) machten bislang über 99%
aller Gentech-Gewächse aus;
(Der Spiegel 17-2008 S.150ff.)
·
BASF will seit 8 Jahren gentechnisch veränderte
Kartoffeln „AMFLORA“ (nur noch Produktion einer Stärkeart in den Zellen,
Einsatz für technische Zwecke) anbauen; droht jetzt mit einer Klage beim
Europäischen Gerichtshof wegen Untätigkeit der EU (bisher keine Entscheidung über
Zulassung);
20-30 Millionen Euro jährlich könnten mit den Lizenzen verdient werden, Europas
Stärkeindustrie und Landwirte hoffen auf zusätzliche Erlöse von rund hundert
Millionen Euro;
BASF hat in den letzten 10 Jahren 1 Milliarde Euro in Forschung und Entwicklung
gentechnisch veränderter Pflanzen gesteckt, für AMFLORA allein zweistelliger Millionenbetrag;
der Markt für Pflanzen des neuen Typs wird von BASF auf 50 Mrd. Dollar im Jahr
2025 geschätzt;
(DIE ZEIT 24.4.08 S.35)
·
Chinesische Forscher haben ein Gen im Reis entdeckt, das mehrere zentrale Eigenschaften wie den Ertrag
steuert, auch Höhe der Pflanzen,
Blühzeit
(taz 6.5.08)
·
Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen
Bundestag (TAB):
These von der Wirtschaftlichkeit transgener Pflanzen wird bezweifelt, Nutzen ist nicht eindeutig erwiesen; die
meisten dazu durchgeführten
Untersuchungen seien extrem unsicher; Ergebnisse wegen lokaler Spezifika nicht
übertragbar; meist zu kleine Stichproben;
(taz 29.4.08)
· Interview
mit Philip von dem Bussche, Vorstandssprecher beim niedersächsischen
Saatgutzüchter KWS;
Dem Hunger auf der Welt kann man nicht nur mit Gentechnik begegnen, das wäre
Unsinn. Hunger ist nicht nur ein Züchtungsproblem, sondern ein Problem der
Verteilung, eine ökonomische, eine politische Frage;
sind die Anforderungen an uns als Pflanzenzüchter schnell beschrieben: unsere
neuen Pflanzensorten müssen Jahr für Jahr etwa 2% Ertragszuwachs bringen;
wenn es nichts zu verteilen gibt, hilft mehr Verteilungsgerechtigkeit leider
auch nicht weiter
(ZEIT 30.4.08 S.44)
· Bt-Baumwolle;
Anbaugebiete in USA (Mississippi und Arkansas); Larven des Baumwollkapselbohrers,
die mit Bt-Toxin gefüttert wurden, vertrugen zwischen 50 und 1000 mal mehr von
dem Gift als solche, die nie damit in Berührung gekommen waren; ab einer zehnfach erhöhten
Dosis (die vertragen wird ? JK) sprechen Forscher von Resistenz; erster
Nachweis einer im Freiland entstandenen Resistenz gegen das Bt-Gift einer
transgenen Pflanze
(bdw 5-2008 S.7)
· Maisschädling
Maiswurzelbohrer 2007 erstmals in Deutschland an 8 Standorten
in Süddeutschland gesichtet; in USA seit 1950er Jahren – verursacht Kosten von
1 Mrd US-$ pro Jahr; in Europa erstmals 1992 Region um Belgrad (vermutlich mit
Nahrungsmitteltransporten der US-Truppen eingeschleppt; besonders betroffen
inzwischen Ungarn, Rumänien, Slowenien; Weibchen legen im Spätsommer Eier an
Maiswurzeln ab, im nächsten Frühjahr fressen Larven an den Wurzeln;
Saaten-Union aus Isernhagen bei Hannover hat jetzt gentechnikfrei eine
resistente Maissorte züchten können; seit 2002 Feldversuche in Ungarn; 2010
Zulassung?;
bei Vergleichssorten 50-100% Schäden, bei der neuen Sorte nur geringer Befall;
Wirkung durch antibiotische Ausscheidungen an den Wurzeln
(Saaten-Union GmbH Isernhagen; 26.9.07, renate.wegert@saaten-union.de)
· In
Baden-Württemberg wurden 2007 starke Ernteausfälle durch den Westlichen
Maiswurzelbohrer verzeichnet; um die Fundstellen mussten 2008 eine Befalls- und
eine Sicherheitszone eingerichtet werden
(ZEIT 21.5.08 S.37)
· In
Deutschland militanter Protest gegen die Forschung an gentechnisch veränderten
Pflanzen; damit befestigen die Kritiker das, was sie beklagen:
da sich Forschungsinstitute kaum noch an neue Versuche wagen, wird die
Monopolstellung jener Unternehmen noch gefestigt, die heute die Regeln des
Marktes bestimmen;
da die Versuchsfelder zerstört werden, bleibt jene Forschung aus, die zu
besseren als den heute kritisierten Pflanzen führen könnte;
wir haben die Technik per se verdammt, bevor wir ihre Optionen nachhaltig
geprüft haben
(ZEIT 21.5.08 S.33)
· Bienensterben
am Oberrhein; Vergiftung durch das chemische Pflanzenschutzmittel Clothianidin;
soll den Maiswurzelbohrer bekämpfen; wird der Beize zugemengt, mit der
Saatgutfirmen die Körner für die Maissaat behandeln und derart gegen den
Bösewicht „impfen“ (giftig machen); wahrscheinlich zu wenig Haftmittel
zugegeben, sodass sich Teile des Giftstoffes als Abriebstaub lösten;
Sä-Maschinen arbeiten z.T. mit Luftdruck;
(Alternative: gentechnisch veränderter Bt-Mais JK)
(Das Parlament 9./16.6.08)
· Gentechnisch
veränderte Pflanzen sollen Impfstoffe produzieren; derzeit werden 29 solcher
Medikamente in klinischen Studien getestet (wohl weltweit JK); bei Anbau im
Freiland Auskreuzen der Eigenschaft verhindern: Containment (räumliche
Abgrenzung von anderen Pflanzen) oder Confinement (ökologische Abgrenzung: nur
Pflanzen anbauen, die in dieser Gegend sonst nicht vorkommen, sich selbst
bestäuben oder sich durch gentechnische Eingriffe nicht mehr fortpflanzen
können = „Terminator-Technologie“); Gefahr bei der Bildung von (fremden,
zusätzlichen) Proteinen in Lebewesen: Nicht alle diese Proteine werden einheitlich
gebildet. Wie sie letztlich aussehen, hängt von den Produktionsbedingungen ab,
also Temperatur, Licht oder Ernährung der Pflanzen; Unterschiedliche Formen der
Proteine können wiederum Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Medikaments haben
(taz 20.6.08)
· Sojabohne;
stammt ursprünglich aus Asien;
USA mehr als 85 Millionen Tonnen pro Jahr, Brasilien 50, Argentinien 38;
90% werden an Tiere verfüttert;
(ZEIT 26.6.08 S.22)
·
USA:
jeder Liter Biotreibstoff mit 15 Cent staatlich subventioniert; die meisten Bundesstaaten
haben Mindestmengen für Beimischung
von Ethanol verordnet (10 bis 20%); Farmer fährt mit 85% Ethanol im Benzin,
sämtliche US-Hersteller liefern
dafür modifizierte Automodelle, vier kompatible japanische Autos, kein einziger
geeigneter europäischer Wagen;
gentechnisch veränderte Maissorten liefern bis zu einem Fünftel höhere Erträge
(ZEIT 26.6.08 S.13ff.)
· Züchtung des
gentechnikfreien Gentech-Apfels;
Dresden-Pillnitz;
in das Erbgut eines Apfelpflänzchens wurde ein Gen der Birke eingebaut; dieses
gaukelt dem Pflänzchen vor, es wäre bereits erwachsen; folglich treibt es
bereits im Alter von wenigen Wochen Blüten; damit können im Abstand von nur
einem Jahr immer neue Kreuzungsschritte durchgeführt werden (das wäre bei
normalen Apfelbäumen erst möglich, wenn sie nach einigen Jahren erstmals
blühen); die Forscher hoffen, bekannte Resistenzgene etwa gegen die
Bakterienkrankheit Feuerbrand auf diese Weise künftig schneller in ertragreiche
Apfelsorten einkreuzen zu können; wenn das Ziel erreicht ist, soll das
Frühblüher-Gen (aus der Birke) einfach wieder aus der Apfelsorte herausgekreuzt
werden; das Ergebnis wäre ein Apfelbaum, der zwar durch Genmanipulation
entstand, am Ende aber (wieder) gentechfrei ist; „die besten Resistenzgene
finden wir im Apfel selbst“, dann müssen wir dieses Apfel-Gen nur in andere
Apfelsorten einbauen
(Der Spiegel 50/2008 S.164ff)
· seit 2008
werden in den USA in größerem Umfang Zuckerrüben angebaut, die gegen das
Herbizid Roundup (Monsanto) resistent sind;
KELLOGS verwendet solchen Zucker;
US-amerikanische Verbraucherorganisationen rufen zum Boykott von gentechnisch
verändertem Zucker (? JK) auf;
die nach Europa exportierten Produkte von Kellogs seien frei von Zutaten aus
gv-Rohstoffen, weil die öffentliche Akzeptanz dort geringer sei als in den USA
(GID Nr.191 – Dez. 2008, S.30)
· Das
katholische Bistum Magdeburg hat angekündigt, seine Beteiligung am Biopark in
Gatersleben aufzugeben. „Es kann nicht die Aufgabe der katholischen Kirche
sein, die grüne Gentechnik voranzutreiben“, so Bistumssprecher Lazar … die
kircheneigene GeroAG hatte sich im Jahr 2005 mit einem Tochterunternehmen, der
Futura GmbH, mit 49% am Biopark Gatersleben beteiligt …
3 Millionen Euro hat die Futura GmbH bislang in den Biopark investiert,
zusätzliche 13 Millionen stammten aus Fördermitteln der Landeskasse.
Die Verträge laufen noch bis 2022, deshalb ist ein Ausstieg der katholischen
Kirche nur möglich, wenn ein Käufer gefunden wird, der alle Verpflichtungen der
Futura GmbH übernimmt
(GID Nr.191 – Dez. 2008, S.52)
·
„Genmarkergestützte
Züchtung“;
ist keine Gentechnik im eigentlichen Sinn, sondern konventionelle
Pflanzenzüchtung, die auf Erkenntnissen der Genforschung beruht. Statt die
Fähigkeiten einer Pflanze nur von außen zu beurteilen, suchen Forscher im
Erbgut gezielt nach nützlichen Eigenschaften, um die Züchtung neuer Sorten zu
verbessern … schon im Labor lässt sich erkennen, ob eine Pflanze ein bestimmtes
Gen besitzt, das ihr eine bestimmte Fähigkeit verleiht … Ist das der Fall, kann
sie zur Züchtung eingesetzt werden, ohne vorher aufwändig getestet werden zu
müssen (Eigenschaften normalerweise erst
an der erwachsenen Pflanze ausgeprägt und zu erkennen JK)
(ZEIT-Wissen Heft 1/2009, S.13)
·
Australien;
erneut Freisetzung von gentechnisch verändertem Weizen genehmigt;
50 verschiedene Sorten, die aufgrund einer gentechnischen Veränderung eine
Trockenheits-Toleranz besitzen sollen; in den vergangenen Jahren sollen die
gentechnisch veränderten Weizenpflanzen Mehrerträge von bis zu 20% erbracht
haben
(GID 189 August 2008 S.24f)
·
Uni
Wien; Fütterungsversuche mit gentechnisch verändertem Mais MON810 und NK603;
deutliche Hinweise darauf, dass das die Fruchtbarkeit von Mäusen
beeinträchtigen kann; erst in der dritten Generation sind laut Studie zum
ersten Mal „statistisch signifikante“ Unterschiede bei der Anzahl der
Nachkommen aufgetreten (im Vergleich zu einer Kontrollgruppe); auch in der 4.
Generation weniger Nachkommen; Experten halten es für dringend erforderlich,
diese ersten Ergebnisse durch weitere Studie abzusichern
(taz 14.11.08)
·
Ist
genmanipuliertes Saatgut schuld am Selbstmord Tausender indischer Bauern?
Forscher des unabhängigen International Food Policy Research Institute (IFPRI):
die Selbstmordrate indischer Bauern bewegt sich seit vielen Jahren auf nahezu
konstantem Niveau, unabhängig davon, wie viel
konventionelle oder manipulierte Baumwolle sie anpflanzten;
die ab 2002
·
eingeführten
Gensorten gedeihen jetzt auf rund 80% aller Anbauflächen und haben offenbar
nicht zu einer Epidemie von Selbsttötungen geführt; Ursache des Pflanzer-Elends
seien vielmehr Dürren und miserable Bewässerungsanlagen, vor allem aber der
Mangel an staatlicher Unterstützung, etwa in Formbilliger Kredite;
insgesamt, so resümierten die IFPRI-Forscher, sei die Gen-Baumwolle für Indien
und seine Bauern sogar ein Erfolg; das Land habe seine chronisch schwache Ernte
innerhalb von 5 Jahren fast verdoppeln und sich vom Baumwoll-Importeur zum
zweitgrößten Exporteur wandeln können; die Einkommen der meisten Landwirte
hätten sich dabei positiv entwickelt; ihr Verbrauch an Pestiziden habe wegen
der schädlingsresistenten Pflanzen um ein Drittel abgenommen;
Grafiken: Entwicklung von 1998 bis 2006 für die Selbstmordrate (schwankt
zwischen 16.000 und 18.000 pro Jahr) und die Anbaufläche gentechnisch
veränderter Baumwolle (Anstieg von 0 2002 auf 4 Millionen Hektar 2006)
(Spiegel 47/2008 S.156)
·
80%
aller weltweit geernteten Genpflanzen landen im Futter;
(taz 26.9.08)
·
Maiszünsler
in Deutschland;
der Schmetterling stammt aus den wärmeren Regionen Europas und wurde um 1910 in
die USA eingeschleppt;
hat in Deutschland wenig natürliche Feinde;
in D. 2005 etwa 370000 ha befallen, das entsprach 22 % der gesamten
Maisanbaufläche;
Ausbreitung inzwischen bis zur Ostseeküste;
jährlicher Schaden 11-12 Mill. Euro
(Internetseite www.transgen.de 2.10.08)
·
Anbauflächen
in Millionen Hektar:
Fläche für biologischen Ackerbau: 2000 weltweit 7,5, Europa 3; 2007 Welt 30,5,
Europa 7
Fläche für gentechnisch veränderte Kulturpflanzen: 1996 Welt 1,7; 2007 Welt 114
(National Geografik: Planet Erde 2008, S.46f.)
· in
namentlicher Abstimmung hat der Bundestag am 13.5.09 entschieden, den Antrag
der Grünen, den Anbau von genverändertem Mais zu stoppen (!6/11919) abzulehnen
– von 502 anwesenden Abgeordneten stimmten 391 (78%
JK) für die in einer Beschlussvorlage des Landwirtschaftsausschusses (16/12841)
empfohlene Ablehnung des Antrages; 78 lehnten ab, 33 Enthaltungen;
das im Antrag geforderte Anbauverbot für die genveränderte Maissorte MON 810
hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner indes schon am 14.April 2009
verhängt
(Das Parlament 18./255.09 S.10)
· auf Kuba
werden gentechnisch veränderte Maispflanzen getestet, im dortigen staatlichen
Zentrum für Gen- und Biotechnik entwickelt; giftig für den wichtigsten Schädling auf dem Inselstaat, eine Mottenart; produzieren ein Gift des Bacillus
thuringiensis (FR-Bt1), zunächst Anbau auf 50 ha
(GID 193 April 2009 S.25)
· im März 2009
hat die EU-Kommission den Import des von Bayer Crop Science entwickelten
gv-Raps T45 zugelassen; ist resistent gegen das Breitbandherbizid Glufosinat (soll von der EU höchstwahrscheinlich vom Markt genommen werden)
(GID 193 April 2009 S.42)
· grundlegender
Artikel über MONSANTO;
USA derzeit bei Mais 80%, bei Soja 92%, bei Baumwolle 86% aller Pflanzen
gentechnisch verändert;
Spritzmittel ROUNDUP trug 2008 noch rund ein Drittel zum 6-Milliarden-Dollar-Gewinn des Konzerns bei;
zusammen mit der BASF will Monsanto Pflanzen erforschen, die selbst bei
Trockenheit oder Kälte hohe Erträge liefern;
(ZEIT 26.3.09 S.28)
· Verbot von
MON 810 durch Landwirtschaftsministerin in Deutschland;
zehn Forschungsinstitute protestieren in einer gemeinsamen Erklärung gegen das Genmais-Verbot (u.a. Deutsche Akademie der Naturforscher
Leopoldina, Deutsche Forschungsgemeinschaft, Fraunhofer Gesellschaft,
Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, Leibniz-Gemeinschaft,
Max-Planck-Gesellschaft, Wissenschaftsrat)
(taz 20.4.09 S.6)
· US-Regierung
Kritik am deutschen Anbauverbot für Mon 810;
der deutsche Kurs zerstöre das Vertrauen in staatliche Zulassungsverfahren für
Lebensmittel jeder Art, sowohl die zuständigen US-Behörden als auch die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa hätten Mon 810 mehrfach
überprüft, sie seien zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass von dem
schädlingsresistenten Mais keinerlei Gefahr ausgehe
(Spiegel 19-2009 S.20)
· das
Landwirtschaftsministerium in München hat einen zehnjährigen Langzeitversuch
unter anderem mit MON 810 auf 5 Staatsgütern vorzeitig abgebrochen – ein Versuchsjahr fehlt noch
(taz 23.4.09 S.02)
· 2008
erreichten gentechnisch veränderte Rüben in den USA einen Marktanteil von 59%,
obwohl sie erst zwei Jahre zuvor eingeführt worden waren;
Andreas Graner, Direktor des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und
Kulturpflanzenforschung in Gatersleben (IPK): berichtet von Studien, wonach auf
Genmais-Äckern die Artenvielfalt sogar höher sei, weil gezielt (nur) der
Maiszünsler bekämpft werde. „Wenn Sie spritzen, sind viel mehr
Organismen betroffen … Es gibt keine fachlichen Gründe für ein Verbot.“
(Freie Presse Chemnitz 15.4.09 S.4)
· Landwirtschafts-Ministerin
Aigner erlaubt Anpflanzung von Gen-Kartoffeln der Sorte AMFLORA zu Forschungszwecken
auf 20 Hektar; von der Amflora-Kartoffel des
BASF-Konzerns gehe „keine Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt
aus“, erklärte Aigner;
(Freie Presse Chemnitz 28.4.09 S.6)
· auf einer
Fläche von 2700 Quadratmetern wird in Zabeltitz in Sachsen (auch nach dem
Verbot der Maissorte Mon 810) ein herbizidresistenter Mais des Herstellers Pioneer ausgesät
(Freie Presse Chemnitz 28.4.09 S.6)
· seit dem
ersten deutschen Freisetzungsversuch 1990 … hat es in kaum einem anderen Land
so viel, so gute und so kritische Risikoforschung gegeben wie hier. Ihre
Ergebnisse indes werden oft schlicht nicht zur Kenntnis genommen …
Aber manchmal wird die Forschung auch gerade deshalb ignoriert (oder
diskreditiert), weil sich beim genauen Hinsehen viele Ängste als unbegründet
werweisen, Einwände im Wandel der Technik gegenstandslos wurden …
Dabei wäre genau das umgekehrte Signal richtig: Forschung für die besseren
Pflanzen von morgen, Konkurrenz für Monsanto …
(ZEIT 23.4.09 S.12)
· 2 Millionen
Tonnen Kartoffelstärke produzieren Europas Landwirte im Jahr;
25 Millionen Euro Lizenzgebühr im Jahr verspricht sich BASF von AMFLORA;
die Industriekartoffel Amflora wurde in Schweden entwickelt, auf Wunsch der
europäischen Stärkeindustrie; Biologen haben das Gen für die Amylosesynthese einfach noch einmal umgekehrt in das Erbgut der Pflanze eingebaut. Das
Gen und sein Spiegelbild inaktivieren sich gegenseitig;
Swedish Board of Agriculture 2004 zu Amflora: „Kein Risiko“.
Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde Efsa 2005: „Es gibt keinen Hinweis
darauf, dass Amflora negative Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und
Tier oder die Umwelt haben könnte.“
Biologische Bundesforschungsanstalt in Braunschweig: „Unbedenklich.“
die EU-Kommission wartet nun auf ein drittes Gutachten der Efsa, nachdem die
Behörde schon zwei Mal grünes Licht gegeben hat;
in den USA sind 70 gentechnisch veränderte Pflanzen kommerziell zugelassen; in
Europa nur eine (Mon 810-Mais);
(ZEIT 19.3.09 S.33)
· vergangene
Woche hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) erneut eine
Unbedenklichkeitsbescheinigung für die gentechnisch veränderte Stärke-Kartoffel
AMFLORA der BASF ausgestellt; negative Auswirkungen auf die menschliche
Gesundheit und die Umwelt seien den derzeitigen Erkenntnissen zufolge unwahrscheinlich“;
mehrheitlich meinte das Gremium, es bestehe keine Gefahr für die Übertragung
des Antibiotikums-Resistenz-Gens von der Kartoffel auf Bakterien; zwei
Wissenschaftler im Gremium: zwar „unwahrscheinlich, aber Folgen bislang unabsehbar“
doch angesichts der EU-weiten Widerstände gegen Gentech-Pflanzen (in den
letzten Jahren keine Mehrheiten im Ministerrat erreicht) wird die EU-Kommission
die Amflora-Zulassung nicht weiter betreiben;
(taz 19.6.09 S.18)
· BUND:
deutsche Landwirte verfüttern jährlich 5 Millionen Tonnen Soja an ihre Tiere
(taz 9./10.5.09 S.19)
· Bundesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat Freilandversuche mit
gentechnisch veränderten Kartoffeln genehmigt; 2009 bis 2012 Anbau in
Mecklenburg-V. und Sachsen-A.; eine soll einen Impfstoff gegen Kaninchenseuche
erzeugen, die andere Eiweißproduktion für Bauchemie und
Waschmittelindustrie
(taz 9./10.5.09 S.07)
· BASF und
MONSANTO haben Maispflanzen entwickelt, die angeblich nur wenig Wasser
benötigen; Gen aus dem Bakterium Bacillus subtilis (cspB-Gen) hilft, lange Trockenperioden zu überstehen; von 2012 an sollen Bauern den
trockentoleranten Mais anbauen können
(taz 12.6.09 S.18)
· von weltweit 114 Millionen Hektar
Anbaufläche für gentechnisch veränderte Pflanzen 2007 befanden sich 49 Mill. ha
in Schwellen- und Entwicklungsländern;
in Indien hat 2008 der Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle um 20%
zugenommen (auf knapp 7 Mill. ha = drei Viertel der Anbaufläche);
Unkräuter verursachen weltweite Ernteverluste von 14%; Insekten etwa 15% und
Pilze etwa 13%;
erhebliche Vorteile gegenüber klassischen Anbaumethoden zeigen sich z.B. in
Indien bei der Verwendung von Bt-Baumwolle: reduzierte Anwendung von
Insektiziden, höhere Ernteerträge und höhere Einkommen der Landwirte;
Trockentoleranz als Ziel: weltweit müssen knapp 80% der Agrarflächen regelmäßig
bewässert werden; 80% des Weltwasserverbrauchs; mit Gentechnik im Labor schon
Erfolge; in drei bis 7 Jahren Marktreife;
“Öko-Gentechnik“ (!?) = transgene Pflanzen, die einen integrierten Pflanzenschutz
ohne Umweltbelastung aufweisen;
(Beitrag von Frank Kempken; Uni Kiel)
weltweit 2006 rund 30,4 Mill. ha weltweit unter zertifizierter ökologischer
Bewirtschaftung
(Aus Politik und Zeitgeschichte; 6-7/2009 Welternährung, S.22ff., 29)
· (22.07.2009) Das derzeit in
Deutschland geltende vorläufige Anbauverbot für gentechnisch veränderten Mais
MON810 wird von der Zentralen Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS) als
"wissenschaftlich nicht begründet" erachtet. Das nach dem Gentechnik-Gesetz
zuständige Expertengremium hatte sich erneut mit der Umweltsicherheit von
MON810-Mais beschäftigt.
(info@trangen.de)
· in Schweden werden in Gebieten mit
häufig vom Frühjahrshochwasser überschwemmten Wiesen jährlich mehrere tausend
Hektar wegen des massiven Auftretens von Mücken Spritzungen aus der Luft mit
dem Bekämpfungsmittel BTI (Bacillus thuringiensis israelensis) durchgeführt;
aus Bakterien gewonnen, Verfahren auch in Deutschland in den Rheinauen üblich;
Untersuchungen in Südfrankreich zeigte jetzt, dass das Bakterium (sein Gift JK)
nicht so selektiv ist wie behauptet und dass neben den Larven der Schnaken auch
andere Zweiflügler getötet werden; die Studie weist auch auf das Risiko der
Entwicklung von Resistenzen gegen BTI hin
(taz 20.7.09 S.9)
· Forscher in Frankreich haben
herausgefunden, dass vier getestete ROUNDUP-Varianten (Totalherbizid von
MONSANTO) Zellen aus menschlichen Nabelschnurvenen binnen 24 Stunden töten
(auch in geringen Konzentartionen, wie sie regelmäßig als Rückstände in
Lebensmitteln oder Tierfutter vorkommen); dafür machen die Forscher nicht den
Hauptwirkstoff Glyphosat verantwortlich, sondern Zusatzstoffe wie Tallowamin
(verändern die Durchlässigkeit der menschlichen Zellen und verstärken die
Giftigkeit von Glyphosat);
MONSANTO: österreichische Zulassungsbehörde Ages meint, dass sich Ergebnisse
wie die aus dieser Studie (Versuche mit isolierten Zellen) kaum auf komplexe
Organismen wie Menschen übertragen lassen;
Bundesagrarministerium bat schon im Herbst 2008 Hersteller von ROUNDUP, auf
Tallowamin als Beistoff zu verzichten
(taz 7.7.09 S.8)
· Interview mit Kumi Naidoo, neuer Chef
von Greenpeace International;
Frage: Die Gentechnik hat den „Goldenen Reis“ hervorgebracht, der unterernährte
Kinder mit Vitamin A versorgen und vor der Erblindung bewahren könnte. Was hat
ein afrikanischer Greenpeace Chef dagegen?
Antwort: Über diese Frage habe ich ein ganzes Wochenende lang nachgedacht. Ich
habe keine naturwissenschaftliche Erfahrung, und deshalb will ich auch alle
unsere wissenschaftlichen Positionen noch einmal untersuchen. Wir müssen
sichergehen, keine neue, richtige Entwicklung zu verpassen.
(Spiegel 49-2009 S.147)
· zwei US-Farmer reisen durch
Deutschland, US-Botschaft hat Reise organisiert;
zeigen Statistiken: Genmais mit eingebautem Gift gegen einen Schädling habe
2006 in den USA die Produktionskosten um 324 Millionen Dollar gesenkt, Rund 290
Millionen Kilogramm Pestizidwirkstoffe seien dank Gentechnik vermieden worden;
ein Mitarbeiter der Grünen Bundestagsabgeordneten Ulrike Höfken zitierte eine
Studie, nach der in den USA nicht weniger, sondern rund 145 Millionen Kilogramm
mehr Unkrautvernichtungsmittel eingesetzt wurden (und wie sieht es bei Schädlingsbekämpfungsmitteln aus ? JK)
(taz 21./22.11.09 S.07)
· Deutsche Pflanzengenetiker (UNI Halle)
haben den bei einigen Maissorten verlorengegangenen Duftabwehrmechanismus mit
Hilfe von Gentechnik wieder „eingebaut“. Dieser „Hilferuf“ lockt Feinde von
Wurzelschädlingen an … Folge des Verlustes dieser Fähigkeit (durch züchterische
Auslese) seien enorme Ernteausfälle durch den Maiswurzelbohrer in Nordamerika;
der Duftstoff (E-beta-Caryophyllen EßC) werde auch im Wurzelbereich produziert,
locke Nematoden an, winzige Würmer, die die schädlichen Larven des
Maiswurzelbohrers vernichteten;
Freilandstudien: 60% weniger Maiswurzelbohrer, weniger Wurzelschäden;
handelübliche Insektizide wirkten nicht besser
(taz 7.8.09 S.18, bild der wissenschaft 11-2009 S.10)
· Nina Fedoroff kämpft im Auftrag von
US-Außenministerin für die globale Verbreitung der Gentechnik;
Zeit: Die Mehrheit der Gentechnikkritiker richtet sich weniger gegen die
Forschung als gegen die Macht über Bauern und Wissenschaft, die der Besitz von
Patenten großen Konzernen verleiht.
Fedoroff: An dieser Macht sind weniger die Patente schuld als die Obsession,
alles kontrollieren zu wollen. Wir haben einen derart komplizierten Test- und
Genehmigungsapparat hervorgebracht, dass jetzt die einzigen Organisationen, die
das Geld für die notwendigen Verfahren aufbringen können, die großen Konzerne
sind. Eine Tragödie! …
Die Firmen sind nicht so schlimm, wie man sie immer darstellt, sie haben Kunden
und ein Image zu verlieren …
Zeit: Ohnehin meinen viele, zumindest die derzeitigen GVO (gentechnisch
veränderten Organismen) passten eher als Rationalisierungstechnologie in
kapitalintensive Agrarsysteme auf großen Landflächen als auf
kleinbäuerliche Strukturen ärmerer
Länder.
Fedoroff: Komischerweise sind 90 Prozent der 13 Millionen Farmer in
Entwicklungsländern, die GVO anpflanzen, Kleinbauern. Besonders bei Baumwolle
sind die Zuwachsraten rasant. Oft hat sich die Ernte fast verdoppelt.
(Die ZEIT, 13.8.09, S.29)
· (S.22ff) in Indien hat der Anbau
gentechnisch veränderte Baumwolle 2008 um 20% gegenüber dem Vorjahr zugenommen
(jetzt 7 Millionen Hektar);
2008 wurde in Indien bereits 3 Viertel der Baumwollproduktion mit transgenen
Bt-Sorten erzielt;
(S.29) 2006 rund 30,4 Millionen Hektar weltweit unter zertifizierter
ökologischer Bewirtschaftung; globaler Markt auf 38,6 Mrd. US-Dollar beziffert
(Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zu „Das Parlament“, Heft 6-7/2009,
Welternährung)
· Zehntausende Bauern in Indien hätten
sich in den vergangenen Jahren aus wirtschaftlichen Gründen das Leben genommen
…
der indische Landwirtschaftsexperte Surinder Sud beurteilt in einem gerade
erschienenen Buch die hohe Selbstmordquote der indischen Bauern als neues
Phänomen und führt sie auf Ernteausfälle nach ausgebliebenen Monsunregen und
Kreditaufnahmen für Brunnen zurück
(Die Zeit 1.10.09 S.27)
· in Kuba
werden gentechnisch veränderte Maispflanzen getestet, in einem staatlichen
Zentrum entwickelt;
giftig für den wichtigsten Schädling des Inselstaates, die
Mottenart Spodoptera frugiperda; Pflanzen produzieren ein Gift des
bodenlebenden Bakteriums Bacillus thuringiensis (FR-Bt1)
(GID Nr.193 4-2009 S.25)
· US-Gentechnikkonzern
Monsanto hat die Zulassung einer gentechnisch veränderten Maissorte beantragt,
die trockenresistent ist
(GID Nr.193 4-2009 S.26)
· USA; durch
gentechnische Eingriffe ist es gelungen, bei BAUMWOLLE ein Gift im Samen der
Pflanze unschädlich zu machen, es führt bei Menschen und manchen Tieren zu
Herz- und Leberschäden, Rinder können dagegen die Presskuchen gut verdauen; damit wäre
Baumwolle als Nahrungsmittel für Menschen nutzbar; bereits die jetzt weltweit
angebaute Baumwolle enthält genug Proteine, um damit 500 Millionen Menschen
ernähren zu können;
(taz 4.12.09 S.18)
· Suche nach
Ursache für das weltweite Massensterben der Bienen in den letzten Jahren;
US-Forscher: Eiweiß-Produktion bei den Bienen ist durch Viren gestört;
Ribosomen werden durch sie zur Herstellung viraler Proteine
gezwungen, das schwächst die Immunabwehr der Bienen
(bild der wissenschaft 12-2009 S.13)
· (Seite 9)
rund 20 km2 Land benötigt ein Jäger und Sammler für seine Ernährung,
heute reicht eine solche Fläche, um mehr als 9000 Menschen satt zu machen;
(14) Weizenerträge in Deutschland (dt/ha): um 1800 10,3; 1930 18,4; 2000 bis
2007 im Mittel 74,3 – Spitzenerträge 120;
Die Steigerung der Erträge geht mit deutlichen Verbesserungen ackerbaulicher
Produktionstechniken wie Bodenbearbeitung, Düngung oder Pflanzenschutz einher.
Hohe Erträge sind jedoch nur mit modernen leistungsfähigen Sorten zu erzielen.
25 bis 35% … hat die Züchtung zum Ertragsfortschritt beigetragen.;
(19) Seit vielen Jahren verändert der Mensch das Erbgut von Pflanzen freilich
auch auf andere Weise: Durch Bestrahlen oder den Einsatz bestimmter Chemikalien
lassen sich Veränderungen im Erbgut hervorrufen (Mutationen), die zu neuer
Variation führen. Die Fusion zellwandloser isolierter Zellen (Protoplasten)
ermöglicht es zudem, die Gene nicht kreuzbarer Arten zu kombinieren. All diese
Verfahren stellen Eingriffe in das Genom einer Pflanze dar. Die Gentechnik ist
nur ein weiteres Verfahren zur Veränderung des Erbguts einer Pflanze, mit
dessen Hilfe sich gezielt genetische Variation erzeugen lässt. So können vor
allem monogen vererbte Eigenschaften zielgerichtet übertragen werden – ohne die
Begleitung durch unerwünschte Nebeneffekte. Grundsätzlich neu ist zudem, dass
mit gentechnischen Verfahren auch Erbgut von nicht verwandten Organismen in
Pflanzen eingeführt werden kann.;
(26) Molekulare Marker zur Beschleunigung der Züchtung:
Mit modernen Verfahren der Biotechnologie lassen sich Gene gleichsam sichtbar
machen und genetische Fingerabdrücke oder Genkarten erstellen, die zeigen, auf
welchem Chromosom und an welcher Stelle sich ein Gen befindet. Man kann mit
molekularbiologischen Verfahren auch bestimmte Abschnitte des Erbguts gezielt
markieren und erkennbar machen. Dadurch wird es beispielsweise möglich,
frühzeitig zu erkennen, ob Pflanzen ein erwünschtes Allel tatsächlich
enthalten;
(29) verschiedene Arten des Gentransfers:
a) Transformation mit Agrobacterium tumefaciens (veränderte
Agrobacterium-Kulturen infizieren Pflanzen oder Gewebe)
b) Druckluft-Genkanone (Metallpartikel werden mit DNA beladen und in Zellen
bzw. Gewebe „geschossen“)
c) Protoplasten-Transformation (Zugabe von DNA zu Pflanzenzellen ohne Zellwand,
Regeneration ganzer Pflanzen);
Inzwischen hat sich der Gentransfer mit der bakteriellen Genfähre für die
meisten Kulturpflanzen zu einem Routineverfahren entwickelt. Nur bei den
Getreidearten wird vorwiegend die „Genkanone“ angewandt, doch auch hier setzt
sich der Gentransfer mit Hilfe der Agrobakterien immer mehr durch. Da die
Effizienz der Transformation allerdings recht gering ist, werden die Zielgene
in der Regel zusammen mit einem Selektionsmarker in die Pflanzenzelle
eingeführt.
Bei allen Verfahren wird die fremde DNA durch nicht-homologe (illegitime)
Rekombination in das pflanzliche Genom integriert: Das Transgen wird an nicht
vorhersagbaren Stellen des pflanzlichen Erbguts eingebaut. Dies kann die
Ausprägung der gewünschten Eigenschaft nachteilig beeinflussen und darüber
hinaus unerwünschte Mutationen auslösen.;
(31) Plasidentransformation
wenige Erbinformationen befinden sich nicht im Zellkern, sondern in Plastiden
und Mitochondrien; Plastiden werden bei den meisten Nutzpflanzen nur mütterlich
vererbt; wenn dort eine neue Eigenschaft „eingebaut“ ist, wird die Ausbreitung
über Pollen minimiert;
(32) Um nach einer Genübertragung aus einer Vielzahl von Zellen diejenigen
herauszufinden, die das fremde Gen tatsächlich in ihr Erbgut aufgenommen haben,
überträgt man gleichzeitig ein zusätzliches Markergen. Derzeit sind etwa 50
Markergene bekannt … Visuelle Marker zählen dazu, fluoreszierende Proteine zum
Beispiel, die im Mikroskop beobachtet werden können. Als positive
Selektionsmarker bezeichnet man solche, die es der transformierten Zelle
ermöglichen, auf Medien zu wachsen, die für unveränderte Zellen keine
hinreichende Nährstoffversorgung bieten oder toxische Substanzen wie
Antibiotika oder Herbizide enthalten. Tatsächlich werden Markergene, die eine
Resistenz gegen Antibiotika oder Herbizide enthalten, häufig verwendet. …
Der völlige Verzicht auf Markergene hat sich als außerordentlich aufwendig
erwiesen. Denn wenn alle Zellen in einem Gewebeverband die Möglichkeit haben,
zu einer Pflanze heranzuwachsen, nutzen zuerst die unbeeinträchtigten Zellen
diese Chance und hemmen zugleich die Regeneration benachbarter Zellen.
Offensichtlich geht die Aufnahme eines Transgens mit einer Einschränkung des
Regenerationsvermögens einher – in aller Regel jedenfalls regenerieren ohne ein
Selektionsmittel nur die unveränderten Zellen.;
(39) Ziele bei der Züchtung gentechnisch veränderter Pflanzen:
Das Streben der Forscher geht … in fünf Richtungen:
Zum einen versucht man, Pflanzen besser zu wappnen gegen Krankheiten oder
Schädlinge, Hitze oder Kälte, Trockenheit oder salzige Böden, kurz gegen
Stressfaktoren der unterschiedlichsten Art.
Um die unliebsame Konkurrenz der Unkräuter auszuschalten und damit die Erträge
zu sichern, werden Nutzpflanzen zudem mit gentechnischen Verfahren
widerstandsfähig gemacht gegenüber bestimmten Herbiziden.
Zum dritten will man Pflanzen so ausstatten, dass sie besonders hochwertige
Nahrungs- und Futtermittel liefern und dazu beitragen, mangelhafte Ernährung zu
vermeiden.
Pflanzen dienen indes nicht nur zur Ernährung, sondern seit alter Zeit auch als
Heilpflanzen; nun will man sie gezielt dazu anregen, pharmazeutisch
interessante Substanzen, z.B. pflanzliche Impfstoffe, zu erzeugen.
Nicht zuletzt produzieren Pflanzen auch Rohstoffe verschiedenster Art – und
auch diese Fähigkeit lässt sich mit Hilfe der Gentechnik steigern, abwandeln
und optimieren.;
(41) Bacillus thuringiensis (Bt)
Dieses Bakterium ist in der Natur weit verbreitet und hat sich auf
Insektenlarven spezialisiert, die an Pflanzen parasitieren. Es produziert ein
Eiweiß, das sogenannte Bt-Toxin, das für einige parasitische Insektenlarven
giftig ist, andere Lebewesen jedoch nicht schädigt.;
(44) Totalherbizide
relativ schnell abbaubare und damit vergleichsweise umweltverträgliche
Wirkstoffe, die zentrale Stoffwechselwege aller Pflanzen blockieren;
Toleranz gegenüber Herbiziden lässt sich auf zweierlei Weise erzielen. Eine
Strategie nutzt den Weg der Entgiftung, indem das eingesetzte Herbizid im
Stoffwechsel der Pflanze in einen ungiftigen Metaboliten (ein ungiftiges
Stoffwechselprodukt JK) überführt und die Pflanze so geschützt wird.
Die zweite setzt hingegen auf ein geeignetes Enzym, das nach der Genübertragung
eben jenen Schritt im Stoffwechsel übernimmt, der durch das Herbizid gehemmt
wird. Der erste Weg wird beispielsweise bei der Entgiftung des Wirkstoffs
Glufosinat beschritten. Glufosinat, enthalten in einem Totalherbizid mit dem
Handelsnamen BASTA, bewirkt die Hemmung eines Schlüsselenzyms der Pflanzen, der
Glutamin-Synthesase, die im pflanzlichen Stickstoff-Stoffwechsel für die Glutamin-Synthese
und Entgiftung von Ammoniak zuständig ist. Wird diese Entgiftung unterbrochen
oder gehemmt, erleiden die Zellen massive Schäden und die Pflanze stirbt ab. In
der Natur wird Glufosinat von dem Bodenbakterium Streptomyces spec. gebildet,
das zu seinem eigenen Schutz auch das sogenannte PAT-Enzym
(Phosphinothricin-N-Acetyl-Transferase) produziert, das den Wirkstoff sehr
spezifisch in eine biologisch unwirksame Form überführt. Führt man das dafür
zuständige Gen in Pflanzen ein, verleiht es auch ihnen eine zuverlässige
Resistenz gegen Glufosinat.
Der zweite Weg wird genutzt, um Nutzpflanzen tolerant gegenüber dem
Totalherbizid Glyphosat zu machen. Glyphosat, der Wirkstoff der Herbizids
ROUNDUP, wird vor allem über die Blätter aufgenommen und in Spross und Wurzel
verteilt. Glyphosat hemmt ein Enzym, die EPSP-Synthase
(5-Enolpyruvylshikimat-3-phosphat-Synthase), dem bei Pflanzen eine
Schlüsselfunktion für die Synthese aromatischer Aminosäuren zukommt. Können
diese lebenswichtigen Aminosäuren nicht gebildet werden, stellt die Pflanzen
das Wachstum ein und stirbt schließlich ab. Verglichen mit vielen anderen
Herbiziden gilt Glyphosat als umweltfreundlich: Es ist biologisch relativ
schnell abbaubar und für Mensch und Tier nicht toxisch, weil diese den betroffenen
Syntheseweg, den sogenannten Shikamatweg, gar nicht besitzen.
Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Nutzpflanzen mit einer gentechnisch
vermittelten Toleranz gegenüber dem Wirkstoff Glyphosat, unter anderem
Zuckerrüben, Raps, Soja, Baumwolle und Mais. Sie alle enthalten ein Gen aus dem
weit verbreiteten Bakterium Agrobacterium tumefaciens, das den Bauplan für eine
leicht abgewandelte EPSP-Sythase bereitstellt. Dieses bakterielle Enzym ist
gegenüber Glyphosat unempfindlich, kann aber im Stoffwechsel die Funktion des
pflanzlichen Enzyms übernehmen, sodass die gentechnisch veränderten Pflanzen
eine Behandlung mit Glyphosat ohne größere Schäden überstehen.;
Von den weltweit 125 Millionen Hektar, auf denen 2008 gentechnisch modifizierte
Nutzpflanzen angebaut wurden, waren mehr als 75 Millionen Hektar mit herbizidtoleranten Pflanzen
besetzt … ist die mit Abstand häufigste Eigenschaft gentechnisch veränderter
Pflanzen;
(49) Pharmazeutisch relevante Inhaltsstoffe - von gentechnisch veränderten
Pflanzen hergestellt;
Herstellung von Antigenen als Impfstoffe, um Immunantwort des Organismus zu
provozieren;
in jüngster Zeit konnte für eine Reihe unterschiedlicher Antigene – etwa das
Hepatitis-B-Virus-Oberflächenantigen, das Norwalkvirus-Kapsidprotein oder das
Choleratoxin – gezeigt werden, dass sie sich nicht nur in Pflanzen herstellen
lassen, sondern dass der Verzehr des transgenen Pflanzenmaterials auch eine
Antwort im Immunsystem hervorruft;
(52) Nachwachsende Rohstoffe
Züchter bemühen sich seit Jahren um die Entwicklung von Kartoffeln, die
vorzugsweise nur eine (der zwei in Kartoffeln gebildeten) Stärkeart
produzieren, vorzugsweise Amylopektion, das als Rohstoff für Kleister und
Bindemittel wirtschaftlich ist …
Durch den Einsatz der Antisense-Strategie ist es nun gelungen, die Bildung von
Amylose (der unerwünschten Stärkeart) in Kartoffeln drastisch zu vermindern:
Ein Stärke-Synthasegen, das an der Produktion von Amylose beteiligt ist, wird
ausgeschaltet, indem man eine Kopie dieses Gens in umgekehrter Orientierung
(Antisense) in eine zur Stärkeproduktion geeignete Kultursorte einführt.
Dadurch stellen die transgenen Kartoffelknollen nur noch weniger als ein
Fünftel der ursprünglichen Menge an Amylose her – das Amylopektion kann nun
leichter gereinigt werden. …
Spinnseide beispielsweise kann (noch in der experimentellen Phase) von
transgenen Tabak- und Kartoffelpflanzen produziert werden;
(67) Gefahren durch Antibiotika-Resistenzgene?
Horizontaler Gentransfer von anderen Organismen in Bakterien;
Bakterien haben verschiedene Verfahren zum Austausch von Erbinformationen
entwickelt: die Transformation (Aufnahme von DNA aus der Umgebung), die
Transfektion ((Aufnahme von DNA über Viren) und die Konjugation (Aufnahme von
DNA aus einem Bakterium derselben oder einer anderen Art über eine
Cytoplasmabrücke);
Der horizontale Gentransfer unter Beteiligung von Transgenen aus gentechnisch
veränderten Pflanzen ist also ein rein hypothetischer Prozess, der trotz
zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen bisher unter naturnahen Bedingungen
noch nie beobachtet werden konnte; in Laborexperimenten unter sehr artifizellen
Bedingungen Frequenz von etwa 10-13 beobachtet, also in einem von 10
Billionen Fällen (besonders aufnahmefreudige Bakterien eingesetzt und reine DNA
verwendet), unter natürlichen Bedingungen sollte die Übertragungsfrequenz
geringer als 10-20 sein);
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines Gentransfers aus Pflanzen auf Bakterien
sehr gering ist, so ist er nicht gänzlich auszuschließen. Die meisten
Antibiotika-Resistenzgene, die zur Selektion transgener Pflanzen verwendet
werden, kommen in der Natur sehr häufig vor;
(68) Die Zahl der Unkrautarten, die gegenüber konventionellen Herbiziden
resistent sind, liegt deutlich höher als die jener Arten, die gegen Glyphosat …
unempfindlich geworden sind.;
(72) Betriebswirtschaftliche Aspekte
Der rasche weltweite Anstieg des Anbaus transgener Pflanzen lässt vermuten,
dass die Landwirte von der Anwendung der Technologie wirtschaftlich
profitieren;
in den USA hat die Herbizidtoleranz zu einer geringfügigen Reduktion in der
eingesetzten Herbizidmenge geführt. In Argentinien und Brasilien hingegen wurde
der Herbizideinsatz durch die transgene Technologie deutlich ausgedehnt. Dafür
wurde die Intensität der Bodenbearbeitung zurückgefahren, mechanisch
Unkrautbekämpfungsmethoden durch Glyphosat-Anwendung ersetzt, oft
Direktaussaat: Böden werden gar nicht mehr bearbeitet;
USA finanziell kaum Unterschiede, aber Entscheidung für trangene Sorten wegen
vereinfachter Unkrautbekämpfung;
in Argentinien auf nur etwa 1/3 der Sojafläche formal gekauftes Saatgut;
Zusatzgewinn durch neue Technologie von durchschnittlich 23 US-Dollar je Hektar
besonders bei Bt-Baumwolle wird teilweise mehr als die Hälfte der sonst
üblichen Insektizidmenge eingespart; in Indien im Durchschnitt
Ertragssteigerungen um mehr als 30%; das Beispiel Bt-Baumwolle zeigt, dass die
Gentechnik durchaus auch für den Kleinbauernsektor geeignet ist;
(79) Die Gentechnik darf nicht als Allheilmittel für die Probleme in
Entwicklungsländern missverstanden werden, sondern kann nur Teil einer
breiteren Entwicklungsstrategie sein.
(90) Weder Teufelszeug noch Wundermittel
Mehr als zwei Jahrzehnte Erfahrung mit dem Anbau gentechnisch veränderter
Sorten zeigen: Die von Kritikern postulierten negativen Folgen für Umwelt, Tier
und Mensch sind in keinem Fall eingetreten …
Bei der Bewertung der Grünen Gentechnik werden freilich häufig unerwünschte
Effekte ins Feld geführt, die gar nicht für gentechnisch veränderte Pflanzen
spezifisch sind, sondern die moderne Landwirtschaft generell kennzeichnen (z.B.
Entwicklung resistenter Unkräuter …); Schutzrechte und Monopole, ökonomische
Nachteile für ärmere Länder und Beeinträchtigungen jener Landwirte, die
gentechnisch veränderte Pflanzen nicht nutzen wollen oder können … nicht die
Technik an sich ist gut oder böse, sozial, gerecht oder unmoralisch – diese
Kategorien betreffen allein den Umgang mit ihr. Das gilt für die Gentechnik
genauso wie für andere Techniken auch. Betrachtet man aber jene Sorgen und Ängste,
die sich tatsächlich ganz speziell auf die Grüne Gentechnik und ihre Folgen
beziehen – die unkontrollierte Ausbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen
zum Beispiel, die Übertragung der neu eingeführten Gene auf andere Organismen
des Lebensraumes oder die Zunahme von Antibiotika-Resistenzen – so belegen die
bisherigen Ergebnisse der Forschung unzweifelhaft: Diese spezifischen Risiken
sind mit entsprechenden Maßnahmen und Sicherheitsstandards durchaus
beherrschbar. Die Furcht vor unabsehbaren Folgen gentechnischer Veränderungen
an Pflanzen hat sich als überzogen erwiesen.;
(93) Gentechnische Methoden gelten derweil in fast allen Bereichen der
Lebenswissenschaften für unverzichtbar, seien es Botanik oder Zoologie,
Mikrobiologie oder Medizin, Landwirtschaft oder Umweltwissenschaften. Sie
erlauben zuvor ungeahnte Einblicke in das Zusammenwirken der Gene bei der
Entwicklung der Lebewesen und bei der Evolution der Arten. Die Forderung nach
„gentechnikfreien Zonen“ ist – von den wirtschaftlichen Realitäten einmal ganz abgesehen
– deshalb eine groteske Verkennung der tatsächlichen Verhältnisse in der
Wissenschaft.
(Deutsche Forschungsgemeinschaft: Grüne Gentechnik, Wiley-Verlag Weinheim,
2010)
· (23.12.2009)
Die Unternehmen Monsanto und Dow Agro Science wollen einen gemeinsam
entwickelten gentechnisch veränderten "Super-Mais" in den USA auf den
Markt bringen. 2010 soll die Anbaufläche dort bereits 1,6 Millionen Hektar
betragen. Der Mais mit dem Markennamen SmartStax besitzt Resistenzen
gegen zahlreiche Schädlinge sowie gegen zwei Herbizid-Wirkstoffe.
Der SmartStax-Mais
(MON89034 x TC1507 x MON88017 x DAS-59122-7) ist eine Kreuzung verschiedener
gv-Maislinien und besitzt mehrere neue, gentechnisch vermittelte Merkmale: Er
produziert sechs verschiedene Varianten des Bt‑Proteins, die gegen die
wichtigsten Schädlinge im Maisanbau gerichtet sind, darunter Insekten wie den
Maiszünsler und Käfer wie den Maiswurzelbohrer. Dazu kommen Resistenzen gegen
zwei Wirkstoffe zur Unkrautbekämpfung: Glyphosat (Roundup) und
Glufosinat (Liberty).
Inzwischen haben mehrere aus Sicht der USA wichtige Agrarexportländer wie
Australien, Neuseeland, Japan, Korea und Taiwan den Import von SmartStax-Mais
erlaubt. Damit ist die Nachfrage nach dem neuen Mais in den USA sprunghaft
gestiegen. Die beiden Unternehmen Monsanto und Dow Agro Science planen, SmartStax-Saatgut
bereits zur kommenden Anbauperiode auf den Markt zu bringen. Sie rechnen mit
einer Anbaufläche von mindestens 1,6 Millionen Hektar.
(http://www.transgen.de/aktuell/1144.doku.html
)
· BASF-Tochterfirma Plant Science und
Saatgutunternehmen KWS Saat AG gaben Kooperation bekannt; Ziel sei Entwicklung
von Zuckerrüben mit einem Mehrertrag von 15%; sollen höhere Zucker- und
Energieerträge liefern und widerstandsfähiger gegen Trockenheit sein; 2020
sollen die neuen Sorten zur Verfügung stehen; KWS ist globaler Marktführer bei
Zuckerrrübensaatgut
(taz 21.1.2010 S.18)
· Indische Forscher haben gentechnisch
veränderte Tomaten gezüchtet, die bis zu 45 Tage fest bleiben und sich somit
besser lagern lassen; Unterdrückung von zwei Enzymen, die bei der Reifung der
Tomaten vermehrt auftreten;
schnelles Weichwerden von Obst und Gemüse soll dazu führen, dass 35 bis 40% der
indischen Ernte verloren gehen;
(taz 5.2.2010 S.18)
· sieben
Aktivisten reißen in Mecklenburg die Genkartoffel Amflora von BASF aus; der
Konzern schickt Polizisten und 30 Mitarbeiter; Feld teilweise zerstört;
Amflora ist in EU-Europa zum Anbau zugelassen;
BASF: die Nutzung der Kartoffel bringt gesamtwirtschaftliche Mehreinnahmen von
ein- bis zweihundert Millionen Euro jährlich;
(taz 30.7.2010 S.8, 10./11.7.2010 S.2)
· Klage soll
den von der EU-Kommission genehmigten kommerziellen Anbau der Genkartoffel
AMFLORA stoppen;
könnte die Gesundheit gefährden; der Kartoffel wurde auch ein Gen eingepflanzt,
das sie gegen die Antibiotika Kanamycin und Neomycin unempfindlich macht; diese
sogenannten Marker waren notwendig, um Amflora-Zellen im Labor von normalen
Kartoffeln zu unterscheiden; Kritiker befürchten aber, dass sich die
Antibiotika-Resistenz auf Bakterien überträgt;
Aktivisten begründen: Freisetzungs-Richtlinie der EU verbietet seit 2004
Genpflanzen mit Antibiotika-Resistenz-Markergenen; Allerdings geht das nicht so
eindeutig aus der Richtlinie hervor. Artikel 4 schreibt zwar vor, solche Marker
bis 2004 vom Markt zu verbannen, das gilt dem Wortlaut nach aber nur für
Marker, „die schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder die
Umwelot haben können.“. Genau das bestreiten EU-Kommission und BASF jedoch.
„Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA und andere
Institutionen haben Amflora überprüft und sie für sicher erklärt“, sagte
Kommissionssprecher Vincent der taz. So sei es extrem unwahrscheinlich, dass
sich das Resistenzgen auf ein Bakterium überträgt. Es komme auch jetzt schon in
Boden, Menschen und Tieren vor. Außerdem hätten die betroffenen Antibiotika nur
geringe Bedeutung für die Medizin.
(taz 12./13.5.2010 S.9)
· Chemiekonzern
BASF hat Zulassung für eine weitere Gentechkartoffel in Europa beantragt; die
neue Pflanze heiße AMADEA und liefere wie die bereits zugelassene Sorte AMFLORA
reine Amylopektionstärke; das Unternehmen prüfe auch, ob die neue Knolle im Unterschied zu AMFLORA auch in der Lebensmittelbranche eingesetzt werden kann;
(taz 1.9.2010 S.8)
· Nachdem auf
schwedischen Äckern, auf denen die BASF-Kartoffel AMFLORA angebaut war, auch
Pflanzen der nicht zugelassenen Sorte AMADEA entdeckt wurden, hat
Mecklenburg-Vorpommern die Nutzung der in MeckPomm angebauten AMFLORA-Kartoffeln
voresrt gestoppt; Verdacht auf Verunreinigungen müsste erst geklärt werden
(taz 9.9.2010 S.8)
· Anmerkungen
zum Flyer Nr. 18 aus der Reihe „Akzente“ der Ev. Kirche von Westfalen „Verzicht
auf Amflora“
+ Grundsätzlich
richtig finde ich die Begrenzung der vorliegenden Stellungnahme auf den
konkreten „Einzelfall“, auf die gentechnisch veränderte Kartoffelsorte AMFLORA
mit den eingebauten Antibiotika-Resistenzmarkern.
+ Zentrale Forderung in der Stellungnahme ist, dass „auf Anbau und Einsatz der
gentechnisch veränderten Kartoffeln mit diesem Resistenzmarker verzichtet
werden sollte“. Gemeint ist konkret ein Antibiotika-Resistenzmarker, der die
Pflanzen im züchterischen Selektionsprozess gegen die Antibiotika Kanamycin und
Neomycin resistent macht.
Damit ist die Verzichtsforderung aber auch in der Schwerpunktsetzung vorrangig
auf das Vorhandensein dieser Antibiotika-Resistenzmarker begründet. Was würde
es bedeuten, wenn gentechnisch veränderte (AMFLORA-)Kartoffeln, die vorrangig
die Stärkeart Amylopektin erzeugen, OHNE Antibiotika-Resistenzmarker gezüchtet
und eingesetzt werden?
+ Mir liegen Antragsunterlagen der BASF Plant Science GmbH aus dem Jahre 2007
vor.
Damals sollten an zehn Standorten in Deutschland, unter anderem in
Nerchau-Golzern in Sachsen, Freisetzungsversuche mit verschiedenen gentechnisch
veränderten Kartoffel-Sorten durchgeführt werden.
+ Zum einen handelte es sich um Zuchtlinien mit verändertem
Stärke-Stoffwechsel, analog zu AMFLORA (der Sorten-Name taucht in dem Dokument
nicht auf). Dabei werden – jeweils mit der gleichen Zielstellung, die
Produktion der unerwünschten Stärkeart Amylose zu unterbinden - drei
unterschiedliche gentechnische Veränderungen vorgenommen, jeweils mit dem Ziel,
spiegelbildliche Kopien von Erbgut „abzulesen“; in der Folge der Nutzung dieser
Antisense-Technik wird in der Kartoffel 1 bisher vorhandener Eiweißstoff nicht
mehr gebildet (es wird also kein neues, bisher nicht vorhandenes Protein
zusätzlich hergestellt).
+ In einer weiteren Anwendung sollten 2007 Kartoffeln getestet werden, bei
denen eine ganz andere Eigenschaft zusätzlich eingebaut worden ist: Das Gen aus
einer Wildkartoffel wurde zusätzlich eingebaut, um der gentechnisch veränderten
Kartoffel zusätzlich eine neue Eigenschaft zu verleihen: eine Resistenz gegen
eine wichtige Kartoffelkrankheit, gegen den Pilz Phytophtora infestans, den
Erreger der Kraut- und Knollenfäule.
Diese Zielstellung ist eine völlig andere als bei AMFLORA. Hier würden manche
der dort verwendeten kritischen Argumente NICHT greifen (z.B.: „Stärkeindustrie
braucht das nicht“).
+ Hochinteressant ist aber vor allem, dass in dem BASF-Antrag von 2007
ausgesagt wird, dass „alle (hier aufgeführten) gentechnisch veränderten
Kartoffellinien das ahas Gen (acetohydroxyacid synthase oder acetolactate
synthase) enthalten … Die Expression des Gens vermittelt in Gewebekultur eine
Toleranz gegen den herbiziden Wirkstoff Imazamox und dient als
Selektionsmarker.“
Hier wurden also unter anderem AMFLORA-analoge Stärkekartoffeln gezüchtet, die
die umstrittenen Antibiotika-Resistenzmarker gar nicht enthalten!
Gegen diese Züchtungen, die offenbar auch 2007 schon anbaureif waren, geht aber
die zentrale Argumentationslinie der Stellungnahme völlig ins Leere.
+ Noch ein Hinweis zu einem ganz anderen Gesichtspunkt:
In der Stellungnahme wird unter Punkt 3.4. auf „Gentechnikfreie Alternativen“
verwiesen. Benannt werden „herkömmlich gezüchtete“ oder „herkömmliche“
Stärkekartoffeln als Alternative zu den gentechnisch erzeugten Varianten.
“Herkömmliche Züchtung“ – das klingt völlig harmlos und vertraut. Meiner
Ansicht nach ist aber auch hier kritische Distanz notwendig.
In einer Pressemitteilung der Fraunhofer-Gesellschaft wird eines der
verwendeten Verfahren beschrieben (andere sind mir nicht bekannt): http://www.fraunhofer.de/presse/presseinformationen/2009/12/super-kartoffel.jsp.
Beim „Tilling“ werden die Pflanzenzellen aggressiven Chemikalien ausgesetzt,
die das Erbgut durcheinanderbringen und Mutationen hervorrufen. Das geschieht
praktisch im Schrotschussverfahren, ungezielt, und was herauskommt, unterliegt
wohl im Wesentlichen Zufallskriterien (ein anderes Verfahren, das in der
„herkömmlichen“ Pflanzenzüchtung oft eingesetzt wird, ist die hochdosige
Bestrahlung der Zellen durch Röntgenstrahlen oder radioaktive Substanzen nach
dem Motto: „Mal sehen, was herauskommt“). Im hier berichteten konkreten Fall
der Züchtung einer stärkeoptimierten Kartoffel hat man 2748 Mutationsversuche
durchgeführt, von denen einer eine Kartoffelpflanze hervorbrachte, die
vorrangig das gewünschte Amylopektin erzeugt. „Die Amylose-Gene sind
ausgeschaltet“ – es handelt sich also um das gleiche Endergebnis wie bei der
AMFLORA-Kartoffel (abgesehen von den Markergenen).
1. Was passiert, wenn solche – nicht mit gentechnischen Methoden, aber doch in
ihrer Erbsubstanz, d.h. genetisch veränderten – Kartoffeln auf dem Acker
wachsen, in die Nahrungsketten gelangen ? Haben wir dann nicht ähnliche Verunreinigungsprobleme
wie sie für AMFLORA kritisch diskutiert werden?
2. Ist es nicht verharmlosend, hier von „herkömmlichen“ oder „herkömmlich
gezüchteten“ Pflanzen zu sprechen. Ihr Erbgut wird durch massive Eingriffe von
außen (Chemikalien oder Strahlung) gestört und durcheinandergebracht
(Mutationen) in der Hoffnung, dass irgendwo auch von uns gewünschte nützliche
Veränderungen auftreten. Die Pflanze ist durch die Mutation genetisch eine
andere als ihre Artgenossen. Und woher wissen wir, ob nicht auch an einer
zweiten oder dritten Stelle im Erbgut – unerkannt - Veränderungen eingetreten
sind, die Probleme bedeuten könnten?
An Rückmeldungen zu
diesen Überlegungen bin ich sehr interessiert.
(Joachim Krause, krause.schoenberg@t-online.de )
· Österreich
zieht Studie über Langzeitfolgen von gentechnisch verändertem Mais zurück;
die Studie 2008 hatte großes Aufsehen erregt, da einige der mit gentechnisch
verändertem Mais gefütterten Mäuse weniger Nachkommen zur Welt brachten;
bereits im Oktober 2009 hatte die österreichische Regierung bei der
EU-Kommission erklärt, dass es den mit der Studie beauftragten Wissenschaftlern
nicht gelungen sei, eine „zufrieden stellende statistische Auswertung der
Daten“ vorzulegen, eine solche werde auch nicht mehr erwartet;
Mäuse waren mit einer Diät gefüttert worden, die
zu einem Drittel aus gentechnisch verändertem Mais NK603xMON810 bestand
(www.transgen.de/aktuell/1167.doku.html
gelesen 29.3.2010)
· 60 militante
französische Umweltschützer haben 70 genveränderte Rebstöcke des nationalen
Instituts für landwirtschaftliche Forschung zerstört
(taz 17.8.2010 S.8)
· sechs
Zerstörer eines Feldes mit gentechnisch veränderten Weizenpflanzen in
Gatersleben müssen sich vor Amtsgericht Aschersleben verantworten; Schaden 245.000
Euro; Landgericht hatte sie schon zu Schadenersatz von 142.000 Euro verurteilt;
Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg kassiert
(taz 29.9.2010 S.8)
· Landgericht
Gießen hatte einen der bekanntesten Gentechnikgegner Deutschlands zu einer
6-monatigen Gefängnisstrafe verurteilt;
hatte 2006 mit 3 Mitstreitern gentechnisch veränderte Gerste auf einem
Versuchsfeld der Giessener Universität
zerstört; er trat jetzt die Strafe an
(taz 23.9.2010 S.9)
· Bundesverfassungsgericht
Karlsruhe erklärt in einem Urteil die im deutschen Gentechnikgesetz getroffenen
Regelungen für verfassungskonform;
klargestellt, dass der Einsatz von Gentechnik in der
Landwirtschaft „grundsätzlich zugelassen ist und nach dem Willen des
Gesetzgebers möglich bleiben soll“; Weil diese Technik aber „in die elementaren
Strukturen des Lebens eingreift“ und sich die Folgen solcher Eingriffe –„wenn
überhaupt“ – nur schwer rückgängig machen lassen, trifft den Gesetzgeber nach
Auffassung des Gerichts eine besondere Schutz- und Sorgfaltspflicht „für
wichtige Werte von Verfassungsrang wie des Lebens und der Gesundheit von
Menschen und der Umwelt“
(Freie Presse Chemnitz 25.11.2010 S.4)
· Genbank in
Gatersleben; minus 15 Grad Celsius, rund 27.000 Weizensorten, im Kühlraum
bleibt ein Weizenkorn 50 Jahre lang keimfähig, dann muss es erneut ausgesät
werden; viele Tausend Pflanzensorten pro Jahr werden auf
kleinen Parzellen im Freiland aufgefrischt (Handverlesene Kontrolle bei der
Ernte, damit keine unerwünschten Kreuzungen dabei sind);
2008 zerhackten sechs Aktivisten symbolisch genmanipulierte Weizenpflänzchen
auf dem Gaterslebener Acker; IPK forderte 200.000 Euro Schadenersatz; Urteil,
so milde, dass es fast an einen Freispruch grenzt: maximal 30 Tagessätze á 20
Euro je Angeklagten (zwischen 200 und 600 Euro)
(Der Spiegel 48-2010 S.154; taz 26.11.2010 S.08)
·
Die
europäische Lebensmittelbehörde EFSA befürwortet die Zulassung eines
gentechnisch veränderten Mais, mit acht zusätzlich
eingefügten Genen. Der Mais mit der Markenbezeichnung „SmartStax“, der in der
EU als Lebens- und Futtermittel zugelassen werden soll, produziert sechs
verschiedene Bt-Insektengifte. Zudem ist er gegen zwei Unkrautvernichtungsmittel
resistent gemacht worden. Er wurde von den Firmen Monsanto und Dow AgroSciences
durch Kreuzung verschiedener gentechnisch veränderter Pflanzen entwickelt. Auf
diese Weise hergestellte Gen-Pflanzen werden auch als „Stacked Events“
bezeichnet. In den USA und Kanada ist SmartStax bereits für den Anbau
zugelassen.
Die EFSA hat sich für die Zulassung von SmartStax ausgesprochen, ohne Tests zur
Überprüfung der gesundheitlichen Risiken der Pflanzen mit dieser Genkombination
zu verlangen. Sie stützt ihre Empfehlung im Wesentlichen auf die
Risikobewertung der Ausgangspflanzen, die für die Kombinationskreuzungen
verwendet wurden.
(http://www.testbiotech.de/node/422
)
·
AVEBE
und BASF Plant Science starten F&E-Kooperation für gentechnisch optimierte
Amylopektinstärke-Kartoffeln
- Ziel ist eine nachhaltigere Produktion von Stärkekartoffeln und
Stärkeverarbeitung
- Gemeinsame Entwicklung von pilzresistenten Amylopektinstärke-Kartoffeln für
europäische Landwirte
Der Kartoffelstärkeproduzent AVEBE, Foxhol, Niederlande und das
Pflanzenbiotechnologie-Unternehmen BASF Plant Science, Limburgerhof,
Deutschland, haben heute (14. Dezember 2010) eine Forschungs- und
Entwicklungskooperation im Bereich Pflanzenbiotechnologie angekündigt. Die
Unternehmen bündeln ihre Kompetenzen in der biotechnologischen Entdeckung sowie
in der Züchtung gentechnisch veränderter Kartoffeln mit dem Ziel, Landwirten
moderne und pilzresistente Stärkekartoffelsorten zur Verfügung zu stellen. Sie beginnen
mit der Entwicklung einer Amylopektinstärke-Kartoffel,
die gegen die Kraut- und Knollenfäule resistent sein wird. Die Kraut- und
Knollenfäule stellt für Landwirte in Europa ein großes Problem dar. Die
Unternehmen erwarten, dass die ersten Sorten ab 2019 auf dem Markt verfügbar
sein werden.
(BASF Newsletter, 14.12.10)
·
Trockenheit
in Indien – 17.000 Bauern begehen Selbstmord
Nach der schlimmsten Trockenheit seit Jahrzehnten haben sich in Indien 17.368
Landwirte das Leben genommen
(kein Bezug auf Gentechnik-Anwendung JK)
(taz 18.1.2011 S.10)
· Prof.
Reinhard Szibor: „Gentechnik und Kirche: Angstdebatte mit vielfach widerlegten
Behauptungen“
Interview und ausführliches Memorandum
(Der Sonntag, Sachsen, 30.10.2011; Memorandum – www.krause-schoenberg.de/gent_Prof_Szibor_Interview_Gruene_Gentechnik_30-10-2011.htm
)
· Chemiekonzern
BASF und Nahrungsmittelkonzern Cargill wollen gemeinsam Produkte mit
gentechnisch verändertem Rapsöl entwickeln; Das Rapsöl enthalte größere Mengen
der als lebensnotwendig geltenden Omega-3-Fettsäuren; Ziel sind Nahrungsmittel, die das neue Öl enthalten
(Freie Presse Chemnitz 3.11.2011 S.6)
· deutscher
Chemiekonzern BASF hat Zulassung einer gentechnisch veränderten Kartoffelsorte
beantragt;
Sorte FORTUNA soll als Lebensmittel für Menschen und als Futtermittel für Tiere
genutzt werden;
Forschung seit 2003, 6 Jahre in Feldversuchen getestet;
soll 2024 oder 2015 auf den Markt kommen;
gentechnisch Schutz gegen die Kraut- und Knollenfäule eingebaut
(Freie Presse Chemnitz 1.11.2011 S.6; taz 1.11.2011 S.2)
· gentechnisch
veränderte Kartoffelsorte FORTUNA (BASF);
Ein Ausbruch der Kartoffelfäule kann auch heute bis zu 15% der Ernte kosten.
Darum setzen Bauern Pflanzenschutzmittel gegen die Fäule ein. In Deutschland
fahren sie in der Anbausaison bis zu 16-mal mit der Giftspritze aufs Feld.
Biobauern bekämpfen Phytophthora mit umweltbelastenden Kupferverbindungen. ;
bei FORTUNA wurden zwei Gene aus einer mexikanischen Wildkartoffel in eine zur
Pommes-Herstellung beliebte Kultursorte eingebaut. Die Übertragung der
natürlichen Resistenzen auf ertragreiche Kultursorten hatten Züchter zuvor 50
Jahre lang vergeblich versucht.
(DIE ZEIT 10.11.2011 S.41)
· erstmals
haben chinesische und US-amerikanische Forscher aus gentechnisch verändertem
Reis menschliches Albumin (HSA) gewonnen; das Eiweiß reguliert die
Flüssigkeitsverteilung zwischen Blut und Körpergewebe, zudem übernimmt es im
Blut den Molekültransport;
in der Medizin ist HSA Bestandteil von Impfstoffen und Medikamenten, die bei Leberkrankheiten, in der Dialyse oder bei schweren
Verbrennungen zum Einsatz kommen;
bislang konnte das Eiweiß nur aus dem Blutplasma menschlicher Spender gewonnen
werden und war daher notorisch knapp;
nun sei es gelungen, 2,75 Gramm HSA aus einem Kilogramm Reis zu produzieren –
kosteneffizient ist die Erzeugung bereits bei 0,1 Gramm Albumin je Kilogramm
Reis
(Freie Presse Chemnitz 7.11.2011 S.1)
· Die
französische Justiz hat das Anbauverbot für Genmais kassiert, das die Regierung
vor dreieinhalb Jahren verhängt hatte. Das Landwirtschaftsministerium habe
nicht beweisen können, dass der Genmais ein besonderes Risiko für
die Gesundheit oder die Umwelt bedeute, so der Staatsrat als oberstes
Verwaltungsgericht. Der Europäische Gerichtshof hatte Frankreich im September
aufgefordert, sein MON-810-Anbauverbot auf eine neue juristische Grundlage zu
stellen. (afp)
(taz 29.11.2011 S.2)
· Mit einer
Vergleichszahlung von mehr als einer halben Milliarde Euro an amerikanische
Reisbauern will Bayer CropScience einen jahrelangen Rechtsstreit um
gentechnisch veränderten Reis beenden.;
Bayer CropScience bietet allen US-Landwirten, die zwischen 2006 und 2010
Langkornreis angebaut haben, eine außergerichtliche Einigung an. Dafür stünden
bis zu 750 Millionen Dollar bereit, das sind derzeit rund 516 Millionen
Euro. Die betroffenen Bauern haben nun 90 Tage Zeit, ihre Ansprüche geltend zu
machen;
Bayer CropSciene hatte durch den Kauf einer US-Firma, die den Genreis testweise
angepflanzt hatte, auch die Verantwortung für deren Produkte übernommen. 2005
waren Spuren davon in Lieferungen von kommerziellem Langkornreis aus dem Süden
der USA entdeckt worden. Die Europäische Union verhängte daraufhin
Importbeschränkungen für amerikanischen Reis, obwohl der Reis als unbedenklich
eingestuft worden war. Wegen der Einnahmeausfälle verklagten Bauern, Händler
und Unternehmen Bayer CropScience deshalb auf Schadensersatz
(taz 4.7.2011 S.9)
· Bei der
Erforschung neuer Weizensorten will der Chemiekonzern Bayer in den kommenden
Jahren auf Gentechnik verzichten. Das Unternehmen wolle Weizensorten
entwickeln, die Hitze und Trockenheit besser aushalten können, ohne dabei
gentechnische Veränderungen vorzunehmen, so die Agrarchemiesparte. Durch die
Verwendung spezieller Zuchttechniken, die es Züchtern ermöglicht, eine Vielzahl von Samen nach gewünschten Eigenschaften wie
Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit zu untersuchen, könne der Konzern neue
Sorten schneller entwickeln
(taz 30.11.2011 S.8)
· Feldzerstörungen
erreichen offenbar neue Qualität;
Täter zerstören in Mecklenburg und Sachsen-Anhalt Gentech-Pflanzen - und halten
Polizei zufolge einen Wächter in Schach;
An beiden Orten gingen die Täter nach Polizeiangaben arbeitsteilig und sehr professionell vor. Gemeinsam ist den Taten auch, dass sie sich gegen
Freilandversuche im Auftrag der Universität Rostock richteten. Die ausführenden
Firmen teilten mit, die Hochschule habe dort Kartoffeln zur Herstellung eines
Impfstoffs und von Bioplastik sowie einen pilzresistenten Weizen getestet. Der
Schaden betrage mindestens 350.000 Euro
(taz 12.7.2011 S.7; taz 15.7.2011 S.19)
· „Ökoterror .
Die Gegner der grünen Gentechnik werden gewalttätig“
Es ist fast ein Ritual: Auf die Aussaat folgt der Angriff. Wann immer jemand in
Deutschland gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut, werden Felder zerstört.
Gentechnikgegner reißen Getreide und Kartoffeln aus der Erde oder zertrampeln
den Acker. Sie zerstören damit nicht nur einen Teil der Ernte oder ein paar
Quadratmeter Anbaufläche: Weil die meisten Aussaaten offene wissenschaftliche
Fragen beantworten sollen, vernichten die Aktionen die Arbeit von Jahren.
Anfang vergangener Woche wurden in Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt
zwei Versuchsstandorte zerstört. Der Schaden wird auf jeweils 250.000 Euro
geschätzt.
Diesmal nahm die Auseinandersetzung jedoch eine neue, eine gewalttätige
Dimension an. Die Angreifer waren vermummt und bewaffnet. Sie drohten den
Sicherheitskräften am Feldrand mit körperlicher Gewalt, erzwangen die
Herausgabe von Handys und Akten. Die Anzeige lautet nicht nur auf
Landfriedensbruch und Sachbeschädigung, sondern auf räuberische Erpressung.;
Dass es gerade sie (universitäre Einrichtungen) traf, ist neben der erschreckenden
Bereitschaft zur Gewalt das zweite bemerkenswerte Detail der aktuellen
Überfälle. Fast alle Universitäten haben sich mit ihren Experimenten wieder ins
Gewächshaus zurückgezogen, wo sie Grundlagenforschung an Modellpflanzen
betreiben. Es ist den Gegnern gelungen, die unabhängige akademische Forschung
an gentechnisch veränderten Nutzpflanzen von deutschen Feldern zu vertreiben. Nun werden offenbar gezielt die letzten universitären
Pflanzengenetiker im Freiland attackiert.
Die Eskalation zeigt zunächst: Viel zu lange hat der Rechtsstaat die Attacken
auf die Forschungsfreiheit als Kavaliersdelikte behandelt. Den Tätern fehlt,
das zeigen die Bekennerschreiben, jegliches Unrechtsbewusstsein
(DIE ZEIT 21.7.2011 S.29)
· Interview
mit Prof. E.-L. Winnacker;
Was wäre
der GAU der Grünen Gentechnik? Eine Art Superunkraut, das die Welt überwuchert?
Eine Störung des natürlichen Gleichgewichts? Die Verbreitung von Genen zwischen
Nutzpflanzen und anderen Pflanzen? Das Auftreten unbekannter Allergien? All das
und vieles mehr ist in Hunderten von Umweltverträglichkeitsprüfungen intensiv
untersucht worden, ohne dass es bisher einen einzigen ernst zu nehmenden
Hinweis darauf gibt, von gentechnisch veränderten Pflanzen gingen besondere
Risiken für Mensch und Umwelt aus.;
Im Glauben, beim Einsatz der Grünen Gentechnik jede Vermischung vermeiden zu
müssen, hat der Gesetzgeber Regeln für den Anbau eingeführt. Sie schreiben
definierte Mindestabstände zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten
Pflanzen und solchen mit konventionellen Pflanzen vor. Je nach Feldfrucht sind
es zwischen 150 und 300 Meter. Einen zuverlässigen Schutz kann jedoch auch das
nicht gewährleisten. Selbst wenn etwa die relativ schweren Maispollen vom Wind
in der Regel nicht allzu weit getragen werden, können Bienen mit ihrer
Pollenfracht solche Distanzen mit Leichtigkeit überwinden.;
Viele Aspekte der grundsätzlichen Kritik an der Weiterentwicklung der Landwirtschaft werden fälschlicherweise mit der Gentechnik verknüpft. Die Gefährdung
der Biodiversität, die Förderung großagrarischer Strukturen auf Kosten
kleinräumiger Landwirtschaft, die fehlende Weiterentwicklung ökologischer
Anbaumethoden – all das wird der Gentechnik zur Last gelegt, obwohl hier
ursächlich keine Zusammenhänge bestehen. Es bedarf ganz offenbar eines
Sündenbockes. Und nichts bietet sich dafür besser an als die Grüne Gentechnik.;
Wer den Welthunger nur für ein Verteilungsproblem hält, argumentiert zynisch.
Natürlich gibt es Verteilungs- und Zugangsprobleme, aber es gibt auch einen
echten Mangel an Lebensmitteln, verursacht durch Klimawandel, die wachsende
Weltbevölkerung und den zunehmenden Wohlstand in den Schwellenländern.
(DIE ZEIT 10.11.2011 S.41)
· Es gibt sie
schon, die Wunderpflanze. Sie kann Menschen vor Blindheit bewahren, vor
Mangelernährung, vor dem Hungertod. Golden Rice heißt sie, der Name ist im
eigentlichen wie im übertragenen Sinn treffend. Die Reiskörner sind gelb, denn
die Pflanze produziert Carotin, das lebensnotwendige Provitamin A. An
Vitamin-A-Mangel sterben täglich weltweit 6.000 Menschen. 250 Millionen
Vorschulkinder leiden unter der Mangelernährung, 250.000 Kinder pro Jahr
erblinden, die Hälfte von ihnen stirbt ein gutes Jahr später.
Doch der rettende Reis hat ein Akzeptanzproblem. Die Menschen in den
Entwicklungsländern sind strahlend weiße Körner gewohnt, gelben trauen sie
nicht so recht. Vor allem aber ist Golden Rice eine gentechnisch veränderte
Pflanze. Seine segensreiche Eigenschaft hat ihm der heute emeritierte Schweizer
Professor Ingo Potrykus eingebaut. Darum wird die Pflanze von Gentechnik-Kritikern bekämpft, die auch in Ländern wie China und Indien an Einfluss gewinnen.
Das Argument dort: Warum sollten Menschen in Entwicklungsländern essen, was die
Deutschen mehrheitlich nicht auf dem Teller haben wollen – Gen-Food?
(DIE ZEIT 16.6.2011 S.26)
· mindestens
925 Millionen Menschen hungern, und 578 Millionen davon leben in Asien und
ernähren sich vorwiegend von Reis;
das International Rice Research Institute IRRI hat schon einmal die Menschheit
vor einer Katastrophe bewahrt; zu Beginn der 1970er Jahre; Hochertragssorte
entwickelt (IR8), mit der der Ernteertrag bei Reis verdoppelt werden konnte;
Grüne Revolution; innerhalb von 40 Jahren stieg die Reisproduktion von 318 auf
über 700 Millionen Tonnen; mehr als die Hälfte der über tausend neuen
Reissorten stammen aus den Labors von IRRI;
vor kurzem eine Sorte entwickelt, die besonders für Hochwassergebiete wie
Bangladesh geeignet ist, sie kann Überschwemmungen überstehen und selbst unter
Wasser mehr als 2 Wochen überleben; die Züchter setzen auf gentechnisch
modifizierten Reis;
Dobermann (Dr. Rice) will noch in diesem Jahr den genetisch modifizierten „Golden Rice“ auf den philippinischen Markt bringen
(Der Spiegel 38-2011 S.108)
·
Was die Etiketten verstecken -
"Ohne Gentechnik" bedeutet oftmals doch "mit", denn die
Kennzeichnungspflicht ist lückenhaft;
Immer wieder spricht sich in Umfragen eine deutliche Mehrheit der Deutschen
gegen die Anwendung von Gentechnik aus. Viele dürften sie für eine exotische
Nischentechnologie halten, auf die man in Landwirtschaft und
Nahrungsmittelproduktion genauso gut verzichten könnte. Schließlich scheint im
Lebensmittelregal nichts davon anzukommen. Dem widersprechen Schätzungen von
Experten: 50, 60 oder gar 80 Prozent aller Artikel in einem typischen Supermarkt
seien bei irgendeinem Herstellungsschritt mit der Technologie in Berührung
gekommen;
in Wahrheit weiß es niemand so richtig. »Dazu haben wir keine Angaben«, sagt
der Sprecher von Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner und fügt hinzu:
Eine Analyse müsse wohl ganz unten beginnen, »also bei Vitaminen, Zucker,
Milch, Tierfutter...«;
Als Konsequenz aus dem Honigurteil des EuGH könnte die Auswahl schrumpfen. Der
Nulltoleranzidee folgend, hatten die Luxemburger Richter im Sinne eines
Augsburger Imkers geurteilt: Enthält Honig auch nur einen einzigen Pollen einer
hierzulande nicht zugelassenen, genveränderten Sorte, dann darf er ohne eigene
Zulassung nicht verkauft werden. Nichts zu tun hat das Urteil mit
Gesundheitsrisiken (darauf gab es keine Hinweise) und der Möglichkeit, dass der
Pollen sich noch verbreiten könnte (kann er definitiv nicht);
Keine einzige genetisch veränderte Speisesorte besitzt derzeit diese Zulassung,
nur eine Industriefrucht. Es ist die Kartoffel Amflora, die allerdings nur für
die chemische Industrie angebaut werden soll;
Die Käsetheke – Aus Milch kann erst Käse werden, wenn das Milcheiweiß aus der
restlichen Flüssigkeit ausfällt. Dieser künstlichen Verdauung half man früher
mit natürlichen Verdauungssäften auf die Sprünge, mit dem Magensaft von Kälbern
(Lab), der das Enzym Chymosin enthält. Inzwischen wird dieses überwiegend
synthetisch erzeugt, und zwar mithilfe genetisch veränderter Mikroben;
Als Produktionshilfsstoff muss Lab nicht in der Zutatenliste auftauchen. Diese
Stoffe stammen auch bei anderen Lebensmitteln – vor allem industriell erzeugten
– oft aus weißer Gentechnik;
Die Fleischtheke – Beim Kauf von Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch springt
bei manchen Verpackungen wie auch bei Milchprodukten das Siegel »Ohne Gentechnik«
ins Auge. Mit diesem Etikett wollte die Bundesregierung mehr Transparenz
schaffen, doch die Kennzeichnung ist umstritten, weil sie Ausnahmen zulässt: So
dürfen Rinder bis zu 12 Monate vor ihrer Schlachtung mit transgenen Pflanzen
gefüttert werden. Bei Schweinefleisch sind es vier Monate, bei Hähnchen zehn
Wochen Karenzzeit.
Jederzeit dürfen Fleisch-, Milch- und Eierlieferanten zudem Zusatzstoffe ins
Futter mischen, die aus dem Bioreaktor stammen, um Ernährungsmängel bei der
Mast auszugleichen. Zufällige Verunreinigungen des Futters mit zugelassenen und
als sicher befundenen Gentechniksorten, etwa mit importierter Soja, werden bis
zu einer gesetzlich festgelegten Grenze von 0,9 Prozent toleriert. Hinzu kommt,
dass alle Nutztiere mit gentechnisch erzeugten Medikamenten und Impfstoffen fit
gehalten werden dürfen. Somit können an der Fleischtheke und im Milchregal
nicht nur die grüne und die weiße, sondern auch die »rote Gentechnik« vertreten
sein;
Eine Viertelmillion verschiedener Produkte stehen in deutschen
Lebensmittelgeschäften, jedes Jahr kommen Zehntausende hinzu;
Dennoch bleibt Spielraum für Ungewissheit. Jährlich führt die EU 35 Millionen
Tonnen Soja ein, doch eine absolute Trennung zwischen transgenen und anderen
Bohnen ist bei der Verarbeitung nicht möglich (in solchen Fällen greift die
0,9-Prozent-Regel). Daher finden sich auch in als »gentechnikfrei« deklarierten
Produkten sehr geringe Mengen gentechnisch veränderter Soja – bundesweit. 2008
war bereits gut ein Viertel der Nahrungsmittel betroffen.
Die Getränkeecke – Vom herkömmlichen Saft bis hin zum exotischen
Fruchtsaftgetränk, oft wird die Natürlichkeit betont. Doch auch bei ihrer
Herstellung kann Gentechnik eingesetzt worden sein. Etwa beim Auspressen der
Früchte, wenn mittels Enzymen die Zellwände zerstört werden, um mehr Saft aus
Apfel, Traube und Co. herauszupressen. Die Enzyme Pektinase, Cellulase oder
Xylanase können allesamt von gentechnisch veränderten Mikroben stammen.
Zusätzlich werden Amylasen eingesetzt, um trübe Säfte klar werden zu lassen.
Auch Vitamin C ist nicht immer natürlichen Ursprungs. Es wird in unbekanntem
Maße bereits kommerziell von transgenen Mikroorganismen hergestellt. Die
Vitamine B2 und B12 stammen sogar fast ausschließlich von Gentechnik-Bakterien.
Vitamin E wird oft aus genetisch veränderter Soja gewonnen;
Die süße Quengelware – Schokoriegel, Bonbons und Eiscreme enthalten Zucker, der
oft aus Zuckerrüben hergestellt wird. Die Pflanze ist 2009 weltweit auf mehr
als 4,3 Millionen Hektar angebaut worden, 11 Prozent davon waren genetisch
verändert. In der EU ist das nicht erlaubt, der Import von gv-Rüben aus
Nordamerika – ihr Anteil beträgt dort 95 Prozent – hingegen schon. Einige
US-Produkte mit Gen-Süße finden sich daher auch in deutschen Supermärkten. Sie
müssen allerdings gekennzeichnet werden – unabhängig davon, ob genveränderte
Stoffe der Rübe im Endprodukt nachgewiesen werden können;
(Die Zeit 15.9.2011 S.49 - http://www.zeit.de/2011/38/Gentechnik-Kennzeichnung
)
·
rund
1 Million Tonnen Glyphosat (z.B. in „Roundup“) wurden 2010 weltweit verkauft;
2 Milliarden Dollar Umsatz hat Monsanto 2010 allein mit Roundup gemacht;
USA: 9 von 10 Sojabohnen und die meisten Maispflanzen stehen im
Glyphosat-Regen;
in Deutschland ist die Chemikalie Bestandteil von 69 Pflanzenschutzmitteln;
ob von Glyphosat Gefahr ausgeht, ist noch strittig
(der Spiegel 25-2011 S.118)
·
Die
Bundesregierung hält die Zulassung des weltweit am meisten verkauften
Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat trotz neuer Hinweise auf mögliche Gefahren
für gerechtfertigt. Die Untersuchungen, die Risiken etwa für Embryonen
nahelegen, würden von unrealistischen Bedingungen ausgehen, heißt es in einer
der taz vorliegenden Antwort des Agrarministeriums auf eine Kleine Anfrage des
Grünen-Bundestagsabgeordneten Harald Ebner.;
haben vor allem die Grünen in den vergangenen Wochen auf Studien beispielsweise
des argentinischen Medizinprofessors Andrés Carrasco am Forschungsinstitut
Conicet in Buenos Aires hingewiesen. Er hatte Frosch- und Hühnerembryonen dem
Pestizid ausgesetzt und danach Missbildungen festgestellt.
Doch nach Meinung der Bundesregierung, die im Auftrag der EU Daten über
Glyphosat sammelt, ist das kein Beweis dafür, dass die Chemikalie gesundheitsschädlich
ist. Denn die Argentinier hatten die Tierembryonen direkt in ein
Glyphosat-getränktes Bad getaucht oder ihnen die Substanz gespritzt - die
schützende Plazenta wurde also umgangen. Das Agrarministerium schreibt deshalb,
die Versuche hätten unter "extrem unphysiologischen Bedingungen"
stattgefunden. Die Studien berücksichtigten auch nicht, dass Säugetiere Stoffe
anders verarbeiten als Reptilien und Vögel.
Die Regierung versucht auch den Vorwurf zu entkräften, sie wisse schon seit
Jahren von besorgniserregenden Studien über Glyphosat. Zwar sei in diesen
Untersuchungen "über vereinzelte Befunde am Herzen berichtet" worden
- aber nur "nach Verabreichung von unrealistisch hohen Dosierungen";
Positiver bewertet die Regierung Analysen des französischen Molekularbiologen
Gilles-Eric Séralini. Er hatte menschliche Zellen Glyphosat ausgesetzt. Viele
starben ab. Das ist auch für das Agrarministerium ein Hinweis auf
"toxische Wirkungen" von Glyphosat-haltigen Mitteln - auch wenn das
Problem offenbar nicht von dem Wirkstoff, sondern von Beistoffen wie dem
Netzmittel Tallowamin verursacht worden seien. Doch aus "Erfahrungen am
Menschen auf Basis des jahrzehntelangen Einsatzes glyphosathaltiger Herbizide
oder aus epidemiologischen Studien" ergäben sich keine Hinweise auf Gefahr
für Menschen
(taz 7.10.2011 S.9)
·
Vandana
Shiva kritisiert den Gentech-Giganten Monsanto. Der Anbau ursprünglicher
Baumwolle sei unmöglich geworden. Das Saatgutmonopol habe 250.000 Bauern in den
Selbstmord getrieben;
Wenn Sie in ein Saatgutgeschäft im Bundesstaat Kerala gehen, werden Sie dort
nur Gentech-Baumwolle unter den verschiedenen Markennamen von Firmen finden,
die der US-Hersteller Monsanto aufgekauft hat. Die Bauern müssen die
Gentech-Baumwolle kaufen, weil nichts anders mehr angeboten wird.;
Hat die Einführung der Gentechnik den Bauern geschadet?
Wegen des Saatgutmonopols haben sich 250.000 Bauern in Indien umgebracht. Die
Suizide häufen sich in den Baumwollregionen, besonders seit der Einführung der
Gentech-Baumwolle im Jahr 2002. Damals sind die Kosten für Saatgut drastisch
gestiegen. Deshalb machen die Bauern Schulden, die sie oft nicht mehr bedienen
können - viele bringen sich dann um;
Die Konzerne sagen, Gentech-Saatgut sei teurer, aber dafür verschaffe es den
Bauern höhere Gewinne.
Nirgendwo hat die Gentechnik den Ertrag einer Pflanze erhöht. In Indien haben
sie versprochen, dass Gentech-Pflanzen 1.500 Kilogramm pro Acre (0,4 Hektar)
bringen. Und jetzt mussten sie zugeben: Es sind 400 bis 500 Kilogramm. Unseren
Daten zufolge sind es nur 300 bis 400 - im Durchschnitt.
(taz 2.9.2011 S.4)
·
Die Biotech-Lobbygruppe ISAAA (International Service
for the Acquisition of Agri-biotech Applications) berichtet, dass es in China
große Fortschritte bei der Entwicklung gentechnisch veränderter (gv) Weizenlinien
gebe. Bei einem Treffen des Programms „Abiotic-tolerant GM Wheat New Variety
Development“ in der Akademie für Agrarwissenschaften von Shijiazhuang, das
bereits im Juni mit mehr als 60 TeilnehmerInnen stattfand, habe der leitende
Wissenschaftler des Programms, Youzhi Ma über den Fortschritt des Projekts
berichtet. „Viele trockentolerante gentechnisch veränderte Weizenlinien sind in den vergangenen zwei Jahren entwickelt worden. Die Gene, die bei der
gentechnischen Veränderung genutzt werden, stammen aus Soja und Weizen. Die
geistigen Eigenzumsrechte liegen bei uns selbst.“ Bisher seien 46
gv-Weizenlinien in Pilotversuchen ausprobiert worden. Vier Linien seien im
Anschluss auch im Freiland getestet worden.
(http://news.agropages.com, 23.06.11) (pau) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/208/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel)
· Das nächste
EuGH-Urteil: Nationale Anbauverbote für Gentechnik-Mais MON810 nur bei
"offensichtlicher Gefahr";(08.09.2011)
EU-Mitgliedsstaaten können EU-weit zugelassene Gentechnik-Pflanzen nur
verbieten, wenn die "Gesundheit von Mensch und Tier oder die Umwelt
offensichtlich gefährdet sind". Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in
einem heute verkündeten Urteil enge Grenzen für nationale Alleingänge gesteckt. Danach dürften sich die von den Regierungen in Deutschland und
Frankreich verfügten Anbauverbote für gentechnisch veränderten Bt-Mais MON810
kaum aufrecht erhalten lassen. Für deren Überprüfung sind nationale Gerichte
zuständig.
(http://www.transgen.de/aktuell/1639.doku.html
)
·
In einem Gewächshaus des Fraunhofer Instituts für
Molekularbiologie und angewandte Ökologie in Aachen wachsen gentechnisch
veränderte (gv) Tabakpflanzen, in denen Medikamente gegen die Immunschwäche HIV
produziert werden sollen. Die Wirksamkeit dieser Medikamente wird nun am
Klinischen Forschungszentrum der Universität von Surrey (Großbritannien) in
einer Studie getestet. Nach Darstellung der online-Ausgabe der britischen
Tageszeitung Guardian sei das Besondere an dieser Forschung jedoch der
Nachweis, dass die so genannten monoklonalen Antikörper überhaupt in Pflanzen
produziert werden könnten. Die beteiligten Wissenschaftler erhoffen sich eine
deutlich verbesserte und effizientere Herstellung der Stoffe. Der Koordinator
des Projekts, Julian Ma von der T. Gearge Universität in
London, betont die Bedeutung der Zulassung für klinische Studien. Diese sei
eine Anerkennung, dass es möglich sei, mo¬no¬klonale Antikörper in Pflanzen mit
der gleichen Qualität herzustellen wie über die bekannten konventionellen
Produktionswege. Die Entwicklung des HIV-Impfstoffs ist Teil des von der
Europäischen Union geförderten Projektes Pharma Planta.
(Guardian online, 19.07.11)
(pau) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/207/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
)
· EU:
Nulltoleranz gefallen
Nach jahrelangem politischen Gezerre hat sich die Gentech-Lobby in Brüssel
durchgesetzt. In der EU werden in Zukunft Spuren nicht zugelassener
gentechnisch veränderter Organismen (GVO) in Futtermitteln toleriert. Das hat
die Europäische Kommission am 24. Juni entschieden. Umgesetzt wird die Regelung
in Form eines Grenzwertes von 0,1 Prozent, der nur auf Futtermittel angewendet
wird. Die Nachrichtenagentur Reuters behauptet, es gebe in der EU auch eine
Mehrheit für einen entsprechenden Grenzwert für Spuren von in der EU nicht zugelassenen GVO in Lebensmitteln, die Kommission plane jedoch nicht, einen Vorschlag
in dieser Sache vorzulegen. Welche Länder diese Mehrheit bilden oder was die
Basis dieser Behauptung ist, dazu schweigt die Nachrichtenagentur.
(Reuters, 24.06.11; siehe dazu auch das MEMO/11/451 vom 24.06.11 der
EU-Kommission, http://ec.europa.eu) (pau) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/207/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
)
· Eine dem US-Landwirtschaftsministerium
nachgeordnete Behörde hat einen neuen gentechnisch veränderten Mais des
Schweizer Saatgut- und Chemiekonzerns Syngenta zugelassen. Der Mais mit der
Bezeichnung 3272 produziert das Enzym Alpha-Amylase, das eine spätere
Verarbeitung der geernteten pflanzlichen Rohstoffe zu Ethanol erleichtern soll.
Das Enzym zersetzt Stärke zu Zucker.
(USDA-APHIS, www.aphis.usda.gov; NAMA PM, www.namamillers.com; FoE-US PM,
www.foe.org; alle 11.02.11) (pau) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/204/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
)
· Ein neuer Schädling: Der
Maiswurzelbohrer ist kaum zu stoppen
In den europäischen Maisanbaugebieten müssen sich die Landwirte auf einen neuen
Schädling einstellen. Auch in Deutschland ist der Maiswurzelbohrer angekommen,
seit 2007 zunächst in Süddeutschland, 2010 auch in Nordrhein-Westfalen. 2011
hat sich in Baden-Württemberg die Zahl der in den aufgestellten Fallen
gefundenen Käfer verfünffacht. Der Schädling in ist der Oberrheinebene
inzwischen großflächig verbreitet. Das Ziel, ihn auszurotten und seine
Ansiedlung zu verhindern, ist nicht mehr erreichbar. Nun gilt es, geeignete
Bekämpfungsstrategien zu finden. Doch das scheint schwierig, denn die ideale
Lösung gibt es nicht.
Eine optimale Bekämpfungs-Strategie gibt es derzeit nicht.
+ Fruchtwechsel: Wenn nicht mehr Mais auf Mais angebaut wird, kann man damit
zwar den Befall deutlich reduzieren. Ausrotten lässt sich der Schädling allein
durch Fruchtwechsel nicht. Ein Teil der Käfer-Eier überlebt auch zwei Jahre im
Boden oder wird an anderen Pflanzen abgelegt. Einige Larven fressen auch an
bestimmten Gräsern und sind daher nicht auf Maispflanzen angewiesen.
+ Beizen des Saatguts. Die Maiskörner werden vor der Aussaat mit bestimmten
Insektiziden umhüllt, die gegen die Käferlarven wirksam sind. 2008 hatten die
Behörden in Baden-Württemberg eine hoch dosierte Beizung verbindlich
vorgeschrieben. Da in einigen Fällen die Beize unsachgemäß aufgebracht worden
war, entstanden bei der Aussaat Stäube, die auf Blüten anderer Pflanzen verfrachtet
wurde. Da der Beiz-Wirkstoff für Bienen giftig ist, kam es am Oberrhein
zu einem Bienensterben. Die Zulassung der Beiz-Wirkstoffe (Neonicotinoide, z.B.
Clothianidin) wurde ausgesetzt.
+ Chemische Bekämpfung durch Insektizide. Gegen die Larven können Bodeninsektizide
ausgebracht werden, die jedoch andere Bodenlebewesen schädigen können. Möglich
ist auch, den Käfer während der Hauptflugzeit durch Insektizide zu bekämpfen.
Da zu diesem Zeitpunkt die Maispflanzen recht hoch sind, sind teure
Spezialfahrzeuge erforderlich.
+ Gentechnisch veränderter Mais. In den USA werden schon seit einigen Jahren
gv-Maissorten angebaut, die vor allem in ihren Wurzeln eine bestimmte Variante
des Bt‑Proteins bilden, die gezielt gegen den Maiswurzelbohrer gerichtet
ist.Das Konzept ist von dem auch in Europa zugelassenen gv-Mais MON810 bekannt,
bei dem das Protein gegen den Maiszünsler, einen Schmetterling, wirkt. In
Europa ist die Zulassung von Bt-Mais mit Wurzelbohrerer-Resistenz zwar
beantragt, eine Zulassung jedoch noch nicht in Sicht. In Deutschland hat sich
ein großes, öffentlich gefördertes Forschungsprojekt damit beschäftigt, ob ein
Anbau dieser Bt-Mais-Variante schädliche Auswirkungen auf Umwelt und
Biodiversität haben könnte. Untersucht wurde vor allem, ob es negative Einflüsse
auf das Bodenleben gibt.
(http://www.transgen.de/anbau/btkonzept/992.doku.html
)
·
Baumwollanbau
in Indien: Über 90 Prozent mit
Gentechnik - Deutlich weniger Insektizide;
(28.07.2011) In Indien hat sich gentechnisch veränderte Baumwolle weitgehend
durchgesetzt. Nach Angaben der Regierung in Neu Dehli wird 2011 eine Fläche von
9,8 Millionen Hektar damit bewirtschaftet. Acht Jahre nach der Markteinführung
entfallen fast neunzig Prozent der indischen Baumwollproduktion auf gv-Sorten.
Die Landwirte können mit ihnen deutlich höhere Erträge bei geringerem
Insektizideinsatz erzielen. Dadurch sind die vor allem bei Kleinbauern
verbreiteten Vergiftungen zurückgegangen.
Mit einer Gesamtfläche von nunmehr 11,1 Millionen Hektar ist Indien der
weltweit größte Baumwollerzeuger. Wie bisher in jedem Jahr seit der
Markteinführung 2002 ist auch 2011 der auf gentechnisch veränderte Sorten
entfallende Anteil erneut auf nunmehr knapp 90 Prozent (9,85 Millionen Hektar)
gestiegen, ein Zuwachs von zwei Prozent (0,5 Mio ha) gegenüber 2010.
Gleichzeitig legte die in Indien produzierte Gesamtmenge an Baumwolle um mehr
als 30 Prozent zu.
Baumwolle wird in Indien überwiegend von Kleinbauern angebaut, die eine Fläche
bis zu drei Hektar bewirtschaften. Gerade sie können mit schädlingsresistenten
Bt-Baumwollsorten ihre wirtschaftliche Situation deutlich verbessern, wie eine
von dem Göttinger Agrarökonom Matin Qaim zwischen 2002 und 2009 in Indien
durchgeführte repräsentative Studie ergab.
Zwar müssen die Bauern für gv-Sorten weit mehr als das Doppelte bezahlen wie
für konventionelles Saatgut. Da gv-Baumwolle durch das in der Pflanzen
gebildete Bt Protein über die ganze Vegetationsperiode gegen die wichtigsten
Schädlinge geschützt ist, lag jedoch der Ernteertrag um durchschnittlich 37
Prozent höher. Auch die Kosten für die chemische Schädlingsbekämpfung sanken um
40 Prozent. Unter dem Strich erzielten indische Kleinbauern durch Bt-Baumwolle
pro Hektar einen durchschnittlichen Mehrgewinn von 135 US-Dollar.
In einer weiteren, gerade erschienenen Studie nach haben Qaim und sein
pakistanischer Kollege Shazad Kouser den Insektizideinsatz im indischen
Baumwollanbau und ihre Folgen für den Zeitraum zwischen 2002 und 2008 genauer
untersucht. Demnach ist mit zunehmendem Anbau von Bt-Baumwolle der Gebrauch von
Insektiziden um 50 Prozent zurückgegangen, bei der Gruppe der besonders
giftigen Insektizide sogar um 70 Prozent.
Gerade Kleinbauern können es sich oft nicht leisten, Insektizide sachgemäß
aufzubringen: Sie verwenden Handspritzen, es fehlt an Schutzkleidung und sie
greifen oft zu billigen, besonders toxischen Mitteln. Dadurch sind gerade
Kleinbauern von den gesundheitlichen Folgen des Insektizideinsatzes auf ihren
Baumwollfeldern betroffen. Die Auswertung der Daten, so Qaim und Kouser,
"zeigt klar, dass mit Bt-Baumwolle die Zahl der Vergiftungen durch
Insektizide bei den Kleinbauern in Indien zurückgegangen ist." Wenn man
die inzwischen gestiegene Anbaufläche berücksichtige, werden durch Bt-Baumwolle
"vorsichtig geschätzt" jährlich 2,3 Millionen Fälle von
Insektizid-Vergiftungen vermieden.
Qaim und Kouser weisen darauf hin, dass Bt-Baumwolle nicht in jedem Fall das
einzige Mittel sei, um die Insektizidmengen zu reduzieren. In einigen Regionen
werde mehr gespritzt als nötig. Zudem fehle es den indischen Landwirten oft an
Wissen und Erfahrung, um Konzepte des integrierten Pflanzenschutzes anzuwenden.
(http://www.transgen.de/aktuell/1632.doku.html )
·
Kritische
Auseinandersetzung mit dem „Fall Percy Schmeiser gegen MONSANTO“
(http://gute-gene-schlechte-gene.de/mythen-und-legenden-teil-2/#more-480
)
·
Kritische
Auseinandersetzung mit dem Thema „Anbau gentechnisch veränderter Baumwolle in
Indien und Selbstmorde von Bauern“
(http://gute-gene-schlechte-gene.de/mythen-und-legenden-teil-3/#more-486
)
· „Unsere Gier
nach Futter“
Das Beispiel Soja: Wie Europas Appetit auf Fleisch globale Umweltschäden
verursacht;
Das Feld ist abgeerntet, doch knapp über dem Boden hängen an den
abgeschnittenen Stängelresten noch einzelne braune Hülsen. Jede enthält bis zu
fünf Sojabohnen. »Der Schotenansatz war etwas zu niedrig für den Mähdrescher«,
sagt Dieter Trautz , »daran müssen wir noch arbeiten.« Auch die
Beregnungsanlage, die den Wassermangel in der sensiblen Blütezeit verhindern
soll, geht erst nächstes Jahr in Betrieb. Dann seien bis zu drei Tonnen
Soja-Ertrag pro Hektar möglich, ist der Agrarwissenschaftler Trautz überzeugt –
nicht weniger als in den USA.
Das abgeerntete Feld ist Teil eines Forschungsprojekts der Hochschule Osnabrück
. So weit nördlich wurde Soja noch nie zuvor angebaut. Die proteinreiche
Hülsenfrucht stammt ursprünglich aus China. Eigentlich benötigt sie Wärme und
kurze Tage zum Aufblühen, beides zusammen kann Norddeutschland nicht bieten.
Doch mit gezielter Züchtung, cleverer Anbautechnik und etwas Unterstützung
durch den Klimawandel könnte Soja einen Erfolgszug in Deutschland antreten –
wie der Mais, eine ursprünglich tropische Pflanze.
Obwohl Mais und Soja botanisch völlig unterschiedlich sind, haben beide ähnlich
reizvolle Eigenschaften: Sie kommen mit ärmeren Böden zurecht, die für den
Anbau von Weizen oder Gemüse ungeeignet sind. Und beide dienen vor allem als
Kraftfutter in der Massentierhaltung. Doch als Eiweißlieferant ist Soja dem
besonders stärkehaltigen Mais weit überlegen. Der Grund: Auf dem Weltmarkt ist
Soja so billig, dass es zu 40 Prozent niedrigeren Kosten denselben
Energiegehalt liefert wie Getreide. Außerdem eignet sich proteinreiches Futter
am besten zur Erzeugung von magerem Fleisch. Und das ist besonders begehrt.
Deshalb ist der Eiweißbedarf im Lauf der vergangenen Jahrzehnte massiv
gestiegen: Lag der Getreideanteil im Kraftfutter vor 50 Jahren noch bei 80
Prozent, ist er inzwischen unter 30 Prozent gesunken. Rinder, Schweine und
Hühner werden nun vor allem mit importiertem Sojaschrot gefüttert.
Gleichzeitig werden in Europa aber kaum noch Eiweißpflanzen angebaut.
Einheimische Hülsenfrüchte wie Erbsen, Ackerbohnen oder Lupinen sind teurer und
als Tierfutter nicht so gut geeignet wie Soja. Die Sojabohne hingegen wird in
Europa einzig in Italien und Rumänien in größeren Mengen geerntet. Die EU deckt
ihren Bedarf an Eiweißpflanzen zu 80 Prozent aus Importen. Diese »Eiweißlücke«
der Europäer stellt ein massives globales Problem dar.;
Und in Europa fehlen heute die Hülsenfrüchte (Leguminosen). Früher waren die
Leguminosen sehr wichtig, weil sie Stickstoff aus der Luft aufnehmen und im
Boden lagern. Das erspart Mineraldünger – und verbessert nebenbei die
Klimabilanz. So könnten Leguminosen den Ausstoß an Treibhausgasen um fast zwei
Drittel senken. Bloß werden sie heute kaum noch berücksichtigt, wenn es um die
Abwechslung verschiedener Pflanzen auf einem Feld geht, der sogenannten
Fruchtfolge.
Weil Leguminosen in Europa nur noch auf drei Prozent der Agrarflächen angebaut
werden, in Deutschland sogar nur noch auf einem Prozent, müssen jährlich 40
Millionen Tonnen Soja als Viehfutter importiert werden. Das beansprucht rund 20
Millionen Hektar in Übersee, ein Zehntel der gesamten Agrarfläche der EU!
»Unsere Tierproduktion basiert auf Fernfütterung«, kritisiert der grüne
Europaabgeordnete Martin Häusling , »das ist ein unhaltbarer Zustand.«;
Wie das gehen könnte, hat das französische Umweltministerium vorgerechnet: Es
lohne sich volkswirtschaftlich, billig importierte Soja durch teurere heimische
Leguminosen zu ersetzen. So entsprächen die Einsparungen, wenn man auch
Düngemittel und Treibhausgasemissionen berücksichtige, einem Betrag von 34
Millionen Euro pro Jahr. Das Landwirtschaftsministerium förderte daraufhin den
Anbau von Eiweißpflanzen mit 40 Millionen Euro – und prompt verdoppelte sich die
Anbaufläche.;
Ähnlich wie die Argentinier und die US-Amerikaner – die beiden anderen Länder
im Trio der weltgrößten Soja-Exporteure – bauen inzwischen auch die Brasilianer
zu 70 Prozent genveränderte Soja an. Nur noch zwei Verladeterminals können
gentechnikfreie Soja getrennt behandeln;
(Die Zeit 15.12.2011 S.47f. - http://www.zeit.de/2011/51/Soja
)
· Die
Datenbank transgen führt rund 90 Nutz-Pflanzen-Arten auf, an denen
bereits gentechnische Veränderungen vorgenommen wurden
(http://www.transgen.de/datenbank/pflanzen/
)
· Gensojaanbau
in Argentinien, Brasilien und Paraguay 2011 mit 116 Millionen Tonnen;
Paraguay 3 Viertel der gesamten Nutzfläche
Gensojaanbau; vor 2 Jahren wuchs hier die landwirszchaftliche Produktion um
sagenhafte 50%
(taz 30.5.2012 S.4)
· Interview
mit BASF-Vorstand Stefan Marcinowski;
ZEIT: Zu Beginn des Jahres hat die BASF angekündigt, ihre
Pflanzenbiotechnologie nach Amerika zu verlegen. Haben Sie mit diesem Geschäft
eigentlich jemals Geld verdient?
Marcinowski: Bisher nicht. Wir haben ja noch gar keinen Umsatz gemacht, außer
mit der Stärkekartoffel Amflora.
ZEIT: Und wie viel hat die BASF investiert?
Marcinowski: Seit 1997 sind rund 1,3 Milliarden Euro in die grüne Gentechnik
geflossen.
ZEIT: Da muss man sich wundern, dass Sie überhaupt noch weiter darauf setzen.
Marcinowski: Im Gegenteil. Wir stehen alle hinter diesem Forschungsgebiet –
wissend, dass sich unsere finanziellen Erwartungen wohl erst in der zweiten
Hälfte des Jahrzehnts erfüllen. Dann kommt das trockentolerante Saatgut auf den
Markt, das wir mit dem amerikanischen Monsanto-Konzern zusammen entwickeln. Die
Bauern in den USA und Lateinamerika warten sehnlich darauf. Und bei Mais, Soja
und Baumwolle, die Schadinsekten widerstehen, erreichen die Züchter dort schon
heute eine Marktdurchdringung von fast 100 Prozent.
ZEIT: Baumwolle und Soja werden in Europa so gut wie nicht angebaut, und über
Trockenheit können wir auch nicht klagen – was fehlt Europa eigentlich, wenn
Sie jetzt abwandern?
Marcinowski: Wir haben Produkte speziell für Europa entwickelt, stärkereiche
Industriekartoffeln oder Speisekartoffeln, die resistent gegen die Kraut- und
Knollenfäule sind – das werden wir künftig sein lassen. Einzig die laufenden
Anträge auf Zulassung in Europa verfolgen wir weiter und werden dazu auch noch
einige Freisetzungsversuche in Europa durchführen. Fakt aber ist: Die
europäische Landwirtschaft nimmt am Fortschritt nicht mehr teil. Es ist bitter,
wenn eine Technologie, die vor 25 Jahren in Europa erfunden wurde, hier keine
Anerkennung findet.
(Die Zeit 26.4.2012 S.39)
· Umfrage
FORSA für Bundeslandwirtschaftsministerium: 83% der Deutschen lehnen
gentechnisch veränderte Lebensmittel ab
(Der Spiegel 25-2012 S.42)
· USA: Neue
gv-Pflanzen
Im Dezember hat das US-Landwirtschaftsministerium die unbeschränkte Zulassung
für zwei neue gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen des US-Gentech-Konzerns
Monsanto bekannt gegeben. Dabei handelt es sich um eine gv-Sojasorte, die
Omega-3-Fettsäuren produziert (MON87705) und einen gv-Mais, der über eine
gentechnisch vermittelte Trockentoleranz verfügen soll (MON87460).
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/210/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
· Die
Datenbank transgen führt rund 90 Nutz-Pflanzen-Arten auf, an denen bereits
gentechnische Veränderungen vorgenommen wurden
(http://www.transgen.de/datenbank/pflanzen/
)
· Gentechnisch
veränderte Lebensmittel könnten zu Veränderungen im Körper führen - neue
Hinweise darauf liefert jetzt eine Studie aus Norwegen. Dort wurden Mäuse und
Lachse mit genmanipuliertem Mais und Soja gefüttert. Die Tiere wurden daraufhin
fetter als ihre Artgenossen, die die gleiche Menge konventionelles Futter
bekamen. Beunruhigt zeigen sich die Wissenschaftler allerdings auch darüber,
dass die Gene aus den Futterpflanzen überhaupt in den Organen der Tiere
nachweisbar waren.;
Der Knackpunkt: Krogdahl vermutet, dass manipulierte Gene genauso in den Körper
übergehen wie konventionelle. "In unserer Studie haben wir herausgefunden,
dass etwa 1 Prozent der Gene gefressener Pflanzen aus dem Darm in den Körper
übergehen. Wir erwarten dasselbe für manipulierte Gene", sagt die
norwegische Ernährungswissenschaftlerin. Aus Sicht Krogdahls und ihrer Kollegen
besteht deshalb dringend weiterer Forschungsbedarf.
(taz 21.8.2012 S.08)
· Wir
Versuchstiere
Nach der jüngsten Rattenstudie: Wie gefährlich ist Genmais?
Ob Sprossen oder Erdbeeren, Nahrung darf nicht krank machen. Deshalb stehen
neben anderem auch Genfood und Pestizide unter Beobachtung. Als im September
eine französische Langzeitstudie herbizidtoleranten Genmais der Sorte NK603 und
den zugehörigen Unkrautvernichter Roundup angeblich als Krebserreger entlarvte,
galt das als Sensation. In den Medien erschienen Schreckensbilder von Ratten
mit großen Krebsbeulen.
Ein Fehlalarm, ausgelöst von Gilles-Eric Séralini von der Universität Caen. Die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, das deutsche Bundesinstitut für
Risikobewertung sowie das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit bescheinigen der Sensationsstudie inzwischen unisono
eklatante Mängel, die keine fundierten Aussagen über die Krebsursache zulassen.
So waren die Versuchsgruppen mit je zehn Tieren zu klein für eine
aussagekräftige Statistik. Séralini ignorierte internationale Standards. Vor
allem aber sind seine Laborratten von Natur aus sehr krebsanfällig. Etwa drei
von vier entwickeln spontan Tumoren. Séralini ermittelte ähnlich hohe
Krebsraten. Waren nun erbliche Effekte die Ursache? Oder Genmais und Herbizid?
Diese zentrale Frage wird in der Studie gar nicht diskutiert. Das ist
hanebüchen. Ebenso wie die halbseidenen Erklärungen dafür, dass hohe Dosen
Genmais/Herbizid teils weniger Tiere erkranken ließen als niedrige Dosen.
Séralini bekämpft die Pflanzengentechnik seit Jahren als sogenannter
Gegengutachter.
(Zeit 11.10.2012 S.39)
· Maisfeldern
droht Gefahr durch Käfer;
Maiswurzelbohrer jetzt auch im Freistaat entdeckt;
Ein in Sachsen bisher unbekannter Schädling könnte künftig Maisfelder befallen;
bei einer Routinekontrolle wurde erstmals der Westliche Maiswurzelbohrer
nachgewiesen, Kontrolleure fanden eine Käfer dieser Art auf einem Rastplatz
südlich von Dresden; Fahrzeuge hatten ihn vermutlich aus einem der befallenen
Gebiete in Tschechien oder Ungarn eingeschleppt;
Der Westliche Maiswurzelbohrer gilt als gefährlichster Maisschädling weltweit
und war erstmals 1992 in Europa aufgetreten
(Freie Presse Chemnitz 22.9.2012 S.2)
· Gentechnik
kapituliert vor Getier
LANDWIRTSCHAFT Eigentlich sollte genveränderter Monsanto-Mais nicht vom
Maiswurzelbohrer befallen werden. Doch der Schädling hat Resistenzen entwickelt
Der 1-Milliarde-Dollar-Käfer ist zurück: In mindestens vier Staaten der USA
fressen sich Larven des Maiswurzelbohrers wieder durch die Wurzeln von
Maispflanzen aus den Laboren von Monsanto. Nur neun Jahre nach der
Markteinführung der transgenen Maissorte MON 863 haben die Schädlinge eine
Resistenz gegen das von der Pflanze produzierte Gift entwickelt.
Der Westliche Maiswurzelbohrer, der im erwachsenen Zustand 3 Millimeter groß
wird, ist der Albtraum eines jeden Maisbauern. Als Larven zerstören die Tiere
die Wurzeln der Maispflanzen, wodurch die Pflanzen austrocknen und abbrechen.
Die ausgewachsenen Käfer fressen an den Blättern und an den Härchen des
Maiskolbens weiter. Die Schäden durch Ernteausfälle und die Kosten für
Insektizide betrugen in manchen Jahren 1 Milliarde Dollar.;
Dagegen hatte Monsanto den Bauern Abhilfe versprochen. Seine Maissorte, in die
ein Gen der Bakterie Bacillus thuringiensis eingebaut ist, produziert
ein giftiges Protein namens Cry3Bb1, das die Insekten bekämpfen soll. Dadurch
soll der Einsatz von Pflanzengiften überflüssig werden und der Ertrag steigen.;
Vor einem Versagen der Wirksamkeit warnte als Erstes die Iowa State University:
Im vergangenen Jahr berichtete sie, dass Maiswurzelbohrer Resistenzen gegen den
Monsanto-Mais entwickelt haben. In diesem Jahr sind die Schädlinge noch stärker
aufgetaucht - und zugleich einen Monat früher als zuvor: in Illinois, in Iowa,
in Nebraska und in Minnesota. Im Cass County, 320 Kilometer südwestlich von
Chicago, fand Insektenforscher Michael Gray schon Anfang Juni eine "enorme
Zahl" von Schädlingen im transgenen Mais.
Auf Anfrage der taz äußerte sich Monsanto nicht zu den Resistenzen. Gegenüber
Bloomberg-News erklärte eine Sprecherin des Konzerns, es handele sich um eine
"einzigartige Situation, in der die umgebenden Felder wenig oder gar
keinen Schaden haben". Sie wies auch darauf hin, dass "weniger als
0,2 Prozent" der mit dem transgenen Mais bebauten Fläche befallen seien.
Doch Fachleute befürchten, dass die Resistenz weiter wachsen wird. Dafür sind
die Bauern mitverantwortlich. Die Resistenzen sind in Anbaugebieten
aufgetaucht, wo "ziemlich genau das geschah, was vermieden werden
sollte", sagt der auf Maiswurzelbohrer spezialisierte Insektenforscher Joe
Spencer von der Universität Illinois. Die Bauern haben jahrelang immer wieder
ausschließlich Mais auf ihren Feldern angebaut, statt ihn mit anderen Pflanzen
zu alternieren, um den Lebenszyklus von Maiswurzelbohrern zu unterbrechen. Joe
Spencer vermutet auch, dass Bauern an der Größe der "Refugien" in
ihren Feldern gespart haben könnten. Diese Flächen mit konventionellem Mais
inmitten von Feldern mit transgenem Mais sind nötig, damit genügend
herkömmliche Maiswurzelbohrer überleben. Diese sollen sich mit resistent
gewordenen Tieren fortpflanzen, um so generelle Resistenz zu verhindern. Denn
wenn eine Resistenz erst einmal etabliert ist, gibt es keinen Weg zurück. So
sind heutige Generationen von Maiswurzelbohrern immer noch resistent gegen
Insektizide, die längst nicht mehr eingesetzt werden.
Ursprünglich hatte die Umweltbehörde EPA verlangt, dass 20 Prozent der
Anbaufläche für Refugien reserviert werden. Doch in diesem Frühjahr erklärte
das Journal of Economic Entomology, dass sie 50 Prozent der
Anbaufläche betragen müssen.
(taz 13.7.2012 S.09)
· GRAFIK:
Umstrittene Saat;
In Deutschland und Teilen Europas bremst eine weit verbreitete Skepsis die
Ausbreitung der grünen Gentechnik. In anderen Weltregionen wächst der Anteil
gentechnisch veränderter Sorten rasant. Auf mehr als 160 Millionen Hektar bauen
Landwirte die neuen Sorten an.
Wir zeigen den Anteil der zehn erfolgreichsten Gentech-Pflanzen auf den
weltweiten Ackerflächen – bei Soja und Mais beträgt der Anteil schon drei
Viertel. Der größte Produzent gentechnisch veränderter Pflanzen sind die USA.
auf 11% der globalen Ackerfläche wachsen gentechnisch veränderte Pflanzen;
Anbaufläche 2011 in Millionen Hektar: USA 69, Brasilien 30, Argentinien 24,
Indien 11, Kanada 10;
eingebaute Eigenschaften: Insektenresistenz 15%, Herbizidresistenz 59%,
Insekten- plus Herbizidresistenz 26%;
Anteil von gentechnisch veränderten Pflanzen weltweit bei einzelnen
Nutzpflanzen: Soja 73%, Mais 31%, Raps 25%, Baumwolle 74%, Zuckerrüben 10%
(ZEIT 16.8.2012 S.34)
· Kein gutes
Feld für Gen-Forscher
LANDWIRTSCHAFT Ackerbesetzungen und Negativimage beim Verbraucher: Gentechnik
in Deutschland hat es schwer. Dennoch wollen Konzerne nicht auf diese
Technologie verzichten
So hat beispielsweise Monsanto die Genehmigung, bis Oktober nächsten Jahres auf
drei Standorten jeweils bis zu 5.000 Quadratmeter gentechnisch veränderte
Zuckerrüben freizusetzen. Die Universität Rostock darf bis Ende 2016 auf 3.000
Quadratmetern gentechnisch veränderten Tabak der Sorte "Petit Havana"
anbauen.;
Im sachsen-anhaltinischen Üplingen haben die Gentechnik-Gegner gewonnen. Der
Schaugarten, in dem seit 2008 auf 15.000 Quadratmetern Fläche vor allem
gentechnisch veränderte Pflanzen gezeigt werden, wird in diesem Jahr nicht
beackert und bleibt geschlossen. "Grund dafür sind die restriktiven
politischen Rahmenbedingungen und kriminelle Feldzerstörungen in
Deutschland", teilt der Betreiber BioTechFarm mit.;
Ausgerechnet nach der griechischen Schicksalsgöttin hat BASF ihre neueste
Kartoffelkreation benannt: Fortuna soll resistent sein gegen Kraut- und
Knollenfäule, eine Erkrankung, die vor allem bei anhaltend feuchter Witterung
auftritt. Arbeitete der Konzern in der Vergangenheit mit Amflora noch an einer
Kartoffelsorte, die nur industriell verwendet werden sollte, geht er mit
Fortuna einen Schritt weiter: Die Gentechnik-Kartoffel soll in Form von Pommes
Frites auf dem Teller landen. Die Resistenzgene stammen von einer
südamerikanischen Kartoffelsorte. Versuche, sie mittels Züchtung in europäische
Sorten einzukreuzen, seien laut BASF erfolglos geblieben.
(taz 20.7.2012 S.04)
· Ratten-Studie zu Gentechnik-Mais:
Einhellige Ablehnung durch die Behörden für Lebensmittelsicherheit (04.10.2012) Die in Deutschland und
in der EU für die Lebensmittelsicherheit zuständigen wissenschaftlichen
Behörden haben die aktuelle Ratten-Studie französischer Wissenschaftler zu
gentechnisch verändertem Mais NK603 einhellig abgelehnt. Kritisiert werden vor
allem methodische Mängel, ein unzureichendes Versuchsdesign sowie Fehler bei
der Interpretation der Ergebnisse. So hält das Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR) die Schlussfolgerungen der Autoren um Gilles-Eric
Séralini für "nicht nachvollziehbar". Noch deutlicher die Europäische
Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA): Die Studie genüge "nicht
wissenschaftlichen Ansprüchen".
http://www.transgen.de/aktuell/1690.doku.html
· Gentechnik-Mais gegen
Maiswurzelbohrer: In den USA immer mehr
resistente Schädlinge - Aktuelle Fangzahlen aus Deutschland (06.09.2012) Gentechnisch veränderter
Mais mit einer Resistenz gegen den Maiswurzelbohrer verliert in einigen
Anbauregionen der USA zunehmend seine Wirksamkeit. Das hat die US-amerikanische
Umweltbehörde EPA in einer aktuellen Stellungnahme eingeräumt. Wissenschaftler
hatten vor einiger Zeit vor einem großflächigen Anbau von gentechnisch
verändertem Mais ohne Fruchtwechsel gewarnt. - Inzwischen hat sich der
Schädling auch in Süddeutschland etabliert. Trotz rigider Bekämpfungsmaßnahmen
konnte er bisher nicht ausgerottet werden. In den betroffen Regionen in
Niederbayern und am Oberrhein sind in diesem Jahr ähnlich viele Käfer in die
aufgestellten Fallen gegangen wie im Vorjahr.
<http://www.transgen.de/aktuell/1685.doku.html>
·
Forscher
der Universität Göttingen belegen positive Auswirkungen des Anbaus von
Genpflanzen
(pug) In einer Langzeitstudie hat der Göttinger Agrarökonom Prof. Dr. Matin
Qaim mit seinem Team die wirtschaftlichen und sozialen Aspekte von Gentechnik
in Entwicklungsländern untersucht. Die Wissenschaftler der Universität
Göttingen haben dabei unter anderem erforscht, welche Effekte der Anbau von
gentechnisch veränderter Baumwolle (sogenannter Bt-Baumwolle) in Indien auf die
lokale ländliche Bevölkerung hat. In Indien wird Baumwolle überwiegend von
Kleinbauern auf Flächen von weniger als zwei Hektar angebaut. Die
Bt-Technologie macht die Pflanze resistent gegen bestimmte Schadinsekten. Die
Göttinger Wissenschaftler fanden heraus, dass die Technologie den Kleinbauern
erheblich nützt und sich positiv auf deren Erträge und Einkommen auswirkt. Die
Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings
of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.
Anders als frühere Studien zum Thema, die fast alle auf nur ein- oder
zweijährigen Daten beruhten, wurden von Prof. Qaims Team repräsentative Daten
von indischen Bauern über einen Zeitraum von sieben Jahren erhoben und
ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass Bt-Baumwolle den Einsatz chemischer
Insektizide deutlich reduziert hat. Außerdem sind die Erträge im Vergleich zu
konventioneller Baumwolle um durchschnittlich 24 Prozent höher. Trotz des
teureren Saatguts erzielen die Baumwollbauern mit der Bt-Technologie um 50
Prozent höhere Gewinne.
„Anders als vielfach vermutet sind diese Vorteile im Zeitablauf sogar
tendenziell weiter angestiegen“, sagt Jonas Kathage, Erstautor der Studie.
„Befürchtungen von Kritikern, die Gentechnik würde eine zunehmende Ausbeutung
der Bauern durch Großkonzerne zur Folge haben, können wir mit unseren
langjährigen und umfangreichen Daten widerlegen.“ Im Verlauf der Studie sind
zahlreiche neue und weiter verbesserte Bt-Sorten auf den Markt gebracht worden,
die auf unterschiedliche Bedingungen zugeschnitten sind. „Resistenzen gegen die
Bt-Technologie in Schädlingspopulationen sind in Indien bisher nicht
nennenswert aufgetreten“, so Kathage.
Die Bt-Technologie hat für die Kleinbauernhaushalte auch zu einer Erhöhung des
Lebensstandards beigetragen. Hierfür wurden von den Göttinger Wissenschaftlern
umfangreiche Konsumdaten ausgewertet. Inzwischen sind laut Studie über sieben
Millionen Kleinbauern in Indien auf die neue Technologie umgestiegen. Bt-Sorten
wurden 2011 auf rund 90 Prozent der gesamten indischen Baumwollfläche angebaut.
„Diese Ergebnisse sind nicht ohne weiteres auf andere gentechnisch veränderte
Pflanzen und Länder übertragbar“, sagt Prof. Qaim, Leiter der Studie vom
Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung. „Trotzdem unterstreichen
sie die großen Potenziale der Gentechnik für nachhaltige ländliche Entwicklung.
Die meisten Vorurteile gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft haben sich
bisher nicht bestätigt.“
Originalveröffentlichung: Kathage, J., Qaim, M. (2012): Economic impacts
and impact dynamics of Bt (Bacillus thuringiensis) cotton in India. Proceedings
of the National Academy of Sciences (PNAS). Doi: 10.1073/pnas.1203647109
(published online)
http://www.uni-goettingen.de/de/3240.html?cid=4225
· Neues Bt-Toxin
ForscherInnen der Clemson Universität im US-Bundesstaat South Carolina,
der Universität von Melbourne (Australien) und des Max-Planck-Instituts für
chemische Ökologie in Jena haben bekannte Bt-Toxine modifiziert, um so die
Probleme mit der zunehmenden Resistenz von Schädlingen in den Griff zu
bekommen. Bt-Toxine, die ursprünglich aus dem bodenlebenden Bakterium Bacillus thuringiensis kommen, werden in der Landwirtschaft gegen
Insekten eingesetzt, die durch Fraß Schäden an Nutzpflanzen verursachen. In die
gentechnisch veränderten Pflanzen werden die für die Bt-Toxine kodierenden
Gensequenzen aus dem Bakterium eingebaut. Der massive Einsatz dieser Pflanzen
hat die Entwicklung von resistenten Insekten befördert. (Tabashnik et al.
(2011): Efficacy of genetically modified Bt toxins against insects with
different genetic mechanisms of resistance, Nature biotechnology online,
09.10.11) (pau)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/209/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
·
Bayer
baut Weizenzucht-Zentrum in Gatersleben
Der deutsche Agrar- und Gentechkonzern Bayer CropScience will in
Gatersleben (Sachsen-Anhalt) sein Weizenzucht-Zentrum für Europa aufbauen. Bis
zu 40 Mitarbeiter sollen „Weizensorten mit höherem Ertrag und verbesserten
Eigenschaften“ entwickeln, wie der Konzern Anfang Dezember bekanntgab. Bayer
CropScience wird in den Biotechnologiepark einziehen, der in unmittelbarer
Nachbarschaft zu dem Institut für Kulturpflanzenforschung liegt. Dort ist auch
die Genbank Gatersleben angesiedelt, eine der bedeutendsten Sammlungen
genetischer pflanzlicher Ressourcen weltweit. „Die Ansiedlung von Bayer
Crop-Science (...) bedeutet eine substanzielle Stärkung der Grünen
Biotechnologie in Sachsen-Anhalt“, kommentierte die Ministerin für Wissenschaft
und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt, Birgitta Wolff. „Diese Technologie
stellt einen wichtigen Schwerpunkt bei der weiteren wirtschaftlichen
Entwicklung des Landes dar.“ (PM Bayer CropScience,
01.12.11, www.bayer.com) (pau)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/209/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
· USA:
Gv-Äpfel reif für den Markt?
Einem Bericht der New York Times zufolge will die US-Firma Okanagan Specialty
Foods gentechnisch veränderte (gv) Äpfel auf den US-amerikanischen und den
kanadischen Markt bringen. Die Äpfel könnten eines der ersten gv-Produkte sein,
die Konsumentinnen und Konsumenten unverarbeitet zu sich nehmen. Zwar gebe es
in den USA bereits seit den 1990er Jahren gentechnisch veränderte Lebensmittel,
diese seien allerdings eben im Normalfall prozessiert. Die Vereinigung der
Apfelindustrie des Landes U.S. Apple Association hat sich gegen die Einführung
ausgesprochen. Sie glaube zwar nicht, dass die gentechnische Veränderung
gefährlich sei, die Äpfel könnten allerdings das Image der Frucht als gesundes
und natürliches Essen gefährden. Die gentechnische Veränderung soll dafür
sorgen, dass die Äpfel deutlich langsamer braun werden, ein Prozess, der durch
das Enzym Polyphenoloxidase ausgelöst wird. Dessen Produktion wird in den
gv-Äpfeln unterdrückt. (New York Times online, 12.07.12, www.nytimes.com) (pau)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/213/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
· Grüne
Gentechnik in der Schweiz
Das Nationale Forschungsprogramm 59 (NFP 59) der Schweiz mit dem Titel „Nutzen
und Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen“ sollte ermitteln, was diese
Pflanzen zu einer nachhaltigen Landwirtschaft in der Schweiz beitragen können.
Gleichzeitig ist in dem Land ein Moratorium in Kraft, das die kommerzielle
Nutzung von gv-Pflanzen in der Schweiz untersagt. Die Pressemitteilung des
Schweizerischen Nationalfonds (SNF) zum Ende des NFP 59 lautet schlicht „Grüne
Gentechnik in der Schweiz: Risiken gering, Potential nicht genutzt“. Abgesehen
von dem Titel ist es mit der Kürze aber auch schon vorbei. Der Streit um das
Für und Wider der Agro-Gentechnik wird mit den Ergebnissen der Untersuchungen
aus den letzten gut sechs Jahren nicht vorüber sein. Zu unterschiedlich fallen
die Bewertungen dieser Ergebnisse aus. Nach Darstellung des SNF konnten keine
Risiken, weder für die Umwelt, noch für die Gesundheit von Menschen
festgestellt werden. „Wo im Anbau von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen
unerwünschte Effekte auftreten, sind diese nicht eine Folge der Gentechnik
selbst. Vielmehr sind sie auf mangelhafte landwirtschaftliche Praktiken
(beispielsweise Monokulturen) zurückzuführen“, heißt es in der
Pressemitteilung. Ein Vorteil des Anbaus gentechnisch veränderter Pflanzen in
der Zukunft könnte sein, dass diese möglicherweise besser mit steigendem
Schädlingsdruck zurechtkommen könnten. Auch der Anbau von gv-Pflanzen mit
mehreren neu eingebauten Eigenschaften - „denen zum Beispiel weder Herbizide
oder Pflanzenschutzmittel noch gewisse Krankheitserreger etwas anhaben können“
- könnte sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Gentech-Pflanzen
auswirken. Die WissenschaftlerInnen des NFP 59 kommen unter anderem zu dem
Schluss, die gentechnisch veränderten Pflanzen sollten „in den Dienst einer
nachhaltigen Landwirtschaft“ gestellt werden. Die schweizerische arbeitsgruppe
gentechnologie (sag) kommt in ihrer Bewertung des NFP 59 zu ganz anderen
Schlüssen: „Die Ergebnisse des NFP 59 stellen die Erwartungen in den Nutzen
gentechnisch veränderter Pflanzen für die Schweizer Landwirtschaft und die KonsumentInnen
in Frage.“ Die Ergebnisse des Forschungsprogramms hätten die befürchteten
„negativen Einflüsse auf die Umwelt“ nur punktuell relativieren können. Auch
nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des NFP 59 sieht der Schweizerische
Bauernverband „nach wie vor keine überzeugenden Gründe, den Anbau von
gentechnisch veränderten Pflanzen zuzulassen“. Unterdessen hat im Nationalrat
des Landes die Abstimmung über die Fortsetzung des Moratoriums für die
kommerzielle Nutzung von gv-Pflanzen im Sinne der Gentech-Kritikerinnen und
-Kritiker stattgefunden: 112 Stimmen für die Verlängerung, 64 dagegen, 4
Enthaltungen. Damit ist die Verlängerung des Moratoriums bis 2017 beschlossene
Sache. (www.nfp59.ch; www.svp-usp.ch; www.gentechnologie.ch) (pau)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/214/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
·
Ein streitbares Plädoyer FÜR den
Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft aus christlicher Motivation
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit dieser Mail möchte ich Sie zum Besuch meiner Website http://www.gen1-28.de/ einladen. Sie
beschäftigt sich mit dem Spannungsfeld „Kirche und Grüne Gentechnik“. Das ist
im Moment noch wie Feuer und Wasser, so wie es noch vor 20 Jahren mit der Roten
Gentechnik war. Inzwischen sind auch in unserer Kirche fast alle dafür,
Menschenleben mit gentechnisch hergestellten Medikamenten zu retten bzw. die
Lebensqualität von Patienten zu verbessern. So wird es auch bei der Grünen
Gentechnik kommen, aber gegenwärtig stemmt sich vor allem meine evangelische
Kirche noch gegen die Entwicklung. Unsere Kirchen bestimmen die Politik in Deutschland
wesentlich mit und deshalb können wir nicht wieder so lange warten, bis der
Stimmungswandel quasi von selbst eintritt. Bis dahin würden die relevanten
Wissenschaftler aus Deutschland abgewandert sein und es würden einfach zu viele
Menschen in der 3. Welt verhungern. So ein Unheil ist nicht wieder gut zu
machen und das Vorsorgeprinzip gebietet prognostisches Handeln. Gegenwärtig
stirbt ja im statistischen Mittel alle 6 sec ein Mensch an Hunger oder
Fehlernährung. Mit der Bevölkerungszunahme und dem Klimawandel werden es mehr!
Meine Kirche sieht die Ursachen der Probleme ausschließlich in politischen
Gründen, wie der Verteilungsungerechtigkeit, Nahrungsmittelspekulation usw.
Aber für die Wissenschaft ist auch klar, dass Hunger nicht ausschließlich ein politisches
Problem ist, sondern die Ursachen liegen gleichermaßen in der Unterproduktion,
mangelnder Ertragssicherheit und unzureichender Lebensmittelqualität (wie
Vitaminmangel etc.). Entgegen der von den Kirchen verbreiteten Meinung kann
Grüne Gentechnik nicht nur zur Milderung des Hungerproblems in der 3. Welt
beitragen, sondern sie kann auch bei der Entwicklung der heimischen
Landwirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit helfen.
Auf meiner Website wird unter der Rubrik Dokumente beleuchtet, welche grob falschen
Vorstellungen in der EKD zur Pflanzen-Gentechnologie kultiviert werden. Bei
ihrem gut gemeinten, aber doch fatalen Bestreben, die Grüne Gentechnik als die
vermeintliche Inkarnation des Bösen zu ächten, verstößt die EKD in blindem
Eifer sogar gegen das 8. Gebot und beschädigt ihre eigenen Grundfesten. Unter
dem Button Briefe kann man Briefe lesen, die an führende Persönlichkeiten der
Kirche geschrieben worden sind (und in einigen Fällen auch deren Antworten).
Ferner finden sich in der Rubrik Aufsätze Links zu Schriften, die einige Mythen
der Antigentechnik-Bewegung durchleuchten. In der Kommentierung wird durch
Wiedergabe eines Zitats von Frau Dipl.-Ing. agr. Siegrun Höhne
(Umweltbeauftragte der Ev. Landeskirche Anhalts) zugleich gezeigt, mit welchen
neuen Einsichten die EKD ohne Gesichtsverlust den überfälligen Kurswechsel
einleiten könnte. Mit den Rubriken Links und Hinweise wird auf wichtige
Websites und Bücher hingewiesen. Natürlich kann man unter Kontakt auch seine
eigene Meinung kundtun.
Bei seiner Jahrestagung im Herbst 2013 in Düsseldorf will das Kirchenparlament
"Welternährung und nachhaltige Landwirtschaft" als ein
Schwerpunktthema beraten. Vielleicht können wir ja bis dahin per Diskussion
klären, dass eine befriedigende Welternährung und nachhaltige Landwirtschaft
keinesfalls durch Verzicht auf innovative Pflanzenzucht und maßvollen und
wissenschaftsbegleiteten Einsatz von Agrochemie zu bewerkstelligen sind,
sondern dass im Gegenteil diese Ziele nur mit der Wissenschaft und nicht gegen
sie erreicht werden können.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Reinhard Szibor
· Das Nationale
Forschungsprogramm 59 (NFP 59) der Schweiz mit dem Titel „Nutzen und Risiken
gentechnisch veränderter Pflanzen“ sollte ermitteln, was diese Pflanzen zu
einer nachhaltigen Landwirtschaft in der Schweiz beitragen können. Gleichzeitig
ist in dem Land ein Moratorium in Kraft, das die kommerzielle Nutzung von
gv-Pflanzen in der Schweiz untersagt. Die Pressemitteilung des Schweizerischen
Nationalfonds (SNF) zum Ende des NFP 59 lautet schlicht „Grüne Gentechnik in
der Schweiz: Risiken gering, Potential nicht genutzt“. Abgesehen von dem Titel
ist es mit der Kürze aber auch schon vorbei. Der Streit um das Für und Wider
der Agro-Gentechnik wird mit den Ergebnissen der Untersuchungen aus den letzten
gut sechs Jahren nicht vorüber sein. Zu unterschiedlich fallen die Bewertungen
dieser Ergebnisse aus. Nach Darstellung des SNF konnten keine Risiken, weder
für die Umwelt, noch für die Gesundheit von Menschen festgestellt werden. „Wo
im Anbau von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen unerwünschte Effekte
auftreten, sind diese nicht eine Folge der Gentechnik selbst. Vielmehr sind sie
auf mangelhafte landwirtschaftliche Praktiken (beispielsweise Monokulturen)
zurückzuführen“, heißt es in der Pressemitteilung. Ein Vorteil des Anbaus
gentechnisch veränderter Pflanzen in der Zukunft könnte sein, dass diese
möglicherweise besser mit steigendem Schädlingsdruck zurechtkommen könnten.
Auch der Anbau von gv-Pflanzen mit mehreren neu eingebauten Eigenschaften -
„denen zum Beispiel weder Herbizide oder Pflanzenschutzmittel noch gewisse
Krankheitserreger etwas anhaben können“ - könnte sich positiv auf die
Wirtschaftlichkeit der Gentech-Pflanzen auswirken. Die WissenschaftlerInnen des
NFP 59 kommen unter anderem zu dem Schluss, die gentechnisch veränderten
Pflanzen sollten „in den Dienst einer nachhaltigen Landwirtschaft“ gestellt
werden. …
(GID 214-2012 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/214/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel )
·
Grüne
Gentechnik: Anbauflächen für gentechnisch veränderte (gv) Nutzpflanzen steigen
weltweit im Jahr 2012 auf 170 Millionen Hektar - Zuwachs vor allem in Brasilien
Im vergangenen Jahr sind weltweit erneut mehr gentechnisch veränderte Pflanzen
ausgebracht worden als 2011. Die Anbauflächen stiegen um zehn auf nunmehr 170
Millionen Hektar. Die größten Zuwächse gab es in Brasilien. Erstmals wurden
2012 in Schwellen- und Entwicklungsländern mehr gentechnisch veränderte
Pflanzen angebaut als in den Industrieländern. Nach Angaben der
Agrobiotech-Agentur ISAAA nutzten weltweit 17,3 Millionen Landwirte Produkte
der Grünen Gentechnik.
Der ISAAA-Bericht erwartet in den nächsten drei Jahren die Markteinführung
neuer gv-Pflanzen wie gv-Zuckerrohr oder neue gv-Sojabohnen mit einem erhöhten
Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. Auch der Golden Rice mit erhöhtem
Vitamin-A-Gehalt soll in Kürze zunächst auf den Philippinen verfügbar sein.
Gv-Weizen könnte ab 2020 kommerziell erhältlich sein.
weiter lesen <http://www.transgen.de/aktuell/1706.doku.html>;
<http://www.transgen.de/anbau/eu_international/531.doku.html>
·
Microsoft-Gründer
Bill Gates und der mexikanische Milliardär Carlos Slim haben neue Labore für
das International Maize and Wheat Improvement Center (Cimmyt) finanziert, das
maßgeblich an der "grünen Revolution" in den 60er-Jahren beteiligt
war. Das östlich von Mexiko-Stadt gelegene Agrarforschungszentrum beschäftigt
sich mit der Verbesserung des Saatguts für den Mais- und Weizenanbau. Dabei
geht es inzwischen auch immer mehr um genetische Modifikationen, etwa um das
Saatgut unempfindlicher gegen Trockenheiten zu machen. Gentechnisch veränderte
Sorten seien aber noch nicht ausgeliefert worden,
(taz 15.2.2013 S.12)
·
Überschwemmungstoleranter
Reis.
Für die Hälfte der Weltbevölkerung ist Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel.
Der größte Teil der weltweit produzierten Reismenge wird in Asien geerntet und
konsumiert. In Teilen Asiens kommt es durch Überschwemmungen regelmäßig zu
großen Ernteverlusten - ein Problem, das sich im Zuge des Klimawandels noch
verschärfen könnte. Am Internationalen Reisforschungsinstitut ist es gelungen,
Reissorten zu züchten, die längere Überschwemmungen überstehen.
(http://www.pflanzen-forschung-ethik.de/konkret/reis.html
; http://www.pflanzen-forschung-ethik.de/bayern/aktuelles.html
)
·
Kraut- und Knollenfäule bei Kartoffeln – Wettlauf mit einem Erreger
Phytophthora infestans, der Erreger der Kraut- und Knollenfäule hält weltweit
Landwirte, Pflanzenzüchter und -forscher in Atem (in Europa bis zu 80%
Ertragsausfälle, Schäden 1 Milliarde Euro pro Jahr). Der extrem
anpassungsfähige kleine Algenpilz begegnet neuen resistenteren Kartoffelsorten
mit neuen Erregertypen, die die Resistenz immer wieder durchbrechen. Ein
Wettlauf zwischen Pflanzenabwehr und Erreger, den Wissenschaftler aus
Wageningen nun mit Hilfe der Gentechnik gewinnen wollen. Sie haben Kartoffeln
entwickelt, in die Resistenzgene aus Wildkartoffeln eingeschleust wurden. Das
Besondere: Die Kartoffeln enthalten nur Erbmaterial aus Kartoffeln.
Cisgene Kartoffel: Ein Weg zur
dauerhaften Resistenz?
Um schneller und flexibler auf den Erreger reagieren zu können, arbeiten
Wissenschaftler der Universität Wageningen in den Niederlanden seit mehreren
Jahren an einem Ansatz, Resistenzgene aus Wildkartoffeln mit Hilfe der
Gentechnik in vorhandene Sorten zu übertragen. Es könnten etwa 15 Jahre gespart
werden – und die jeweilige Kartoffelsorte bliebe erhalten.
Da im Genpool von Kartoffeln Resistenzgene vorhanden sind, haben sich die
Wageninger Wissenschaftler für einen so genannten cisgenen Ansatz entschieden.
Das heißt, die gentechnisch veränderten Kartoffeln sollen nur kartoffeleigene
Gene enthalten - im Unterschied zu transgenen Pflanzen, in die Gene anderer,
nicht mit ihnen kreuzbarer Pflanzenarten oder sogar Gene aus anderen
Organismen, etwa Bakterien, übertragen wurden. Es wird auch kein Markergen wie
zum Beispiel ein Antibiotikaresistenz-Gen eingesetzt, um die erfolgreich
transformierten Pflanzen zu erkennen. Als Marker dient allein die Resistenz
gegen die Kraut- und Knollenfäule selber. Alle Pflanzen, die resistent zu sein
scheinen, werden daraufhin untersucht, ob sie die übertragenen Resistenzgene
auch wirklich enthalten.
Um eine frühzeitige Überwindung der Resistenz zu verhindern, sollen jeweils
mehrere Resistenzgene – bis zu vier – aus verschiedenen Wildkartoffel-Arten
übertragen werden. Dazu müssen die Wissenschaftler in einem ersten Schritt
genügend Resistenzgene ausfindig machen und ihre Funktion in dem komplizierten
Infektionsweg herausfinden.
Darüber hinaus wird angestrebt, ein Resistenzmanagement für den Anbau
einzurichten. So soll es nicht nur verschiedene Kombinationen von
Resistenzgenen in verschiedenen Sorten geben, auch der Anbau soll räumlich und
zeitlich wechseln.
Erste Freisetzungen mit Phytophthora-resistenten Kartoffeln fanden 2008 statt.
Die Kartoffeln enthielten zunächst nur ein Resistenzgen und zusätzlich auch
noch ein Markergen. 2009 wurde ein erster Feldversuch mit Kartoffeln, die
kombinierte R-Gene und kein Markergen mehr enthielten, gestartet. Freisetzungen
fanden von 2010 bis 2012 auch in Belgien statt. Ein weiterer auf vier Jahre angelegter
Freisetzungsversuch in Irland wurde 2012 begonnen.
(http://www.pflanzen-forschung-ethik.de/konkret/kartoffeln.html
)
· Gentechnik im Biomarkt
Das ZDF-Verbrauchermagazin "Wiso" hat diese Woche mit der Behauptung
überrascht, dass per Gentechnik manipulierte Lebensmittel auch als Bioware
angepriesen würden. Ein Labor habe in 17 von 37 untersuchten Biogemüseproben
fremdes Erbgut gefunden, das durch das gentechnische Verfahren Zellfusion
übertragen worden sei. Chicorée beispielsweise habe Erbsubstanz der Sonnenblume
aufgewiesen. Dabei sind gentechnisch veränderte Früchte laut Öko-Verordnung der
Europäischen Union im Biolandbau verboten.
Bei der Zellfusion werden Zellen mit den Genen verschiedener Pflanzen etwa
mittels Enzymen und Elektrizität miteinander verschmolzen. So kann schneller
und billiger als durch herkömmliche Kreuzung zum Beispiel die
cytoplasmatisch-männliche Sterilität (CMS) bestimmter Retticharten auf
Blumenkohl übertragen werden. CMS verhindert, dass sich eine Pflanze selbst
befruchten kann. Das erleichtert die Züchtung von Hybriden - einem Pflanzentyp,
der oft mehr und gleichförmigere Früchte liefert.
Das deutsche und europäische Gentechnikrecht stuft Zellfusion allgemein
ausdrücklich als Form der Gentechnik ein. Es macht aber eine Ausnahme: Nicht
als Gentechnik gelten Zellfusionen, wenn Zellen von Pflanzen verschmolzen
werden, die auch über Kreuzung Erbgut austauschen können. Um solche Sorten gehe
es im aktuellen Fall, erklärt der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft
(BÖLW).
"Anders als bei der klassischen Gentechnik wird hier nicht das Genom
auseinandergeschnippelt", sagt der BÖLW-Vorsitzende Felix Prinz zu
Löwenstein. Deshalb hält er Zellfusion aus ethischer Sicht für weniger
problematisch und aus gesundheitlicher Sicht für unbedenklich. Dennoch lehnt
der BÖLW die Technik ab, weil sie "die Integrität der Zelle"
verletze. Die Organisation fordert, in der EU-Öko-Verordnung Saatgut aus
Zellfusion zu verbieten.
Wer keine CMS-Hybride will, sollte Ökolebensmittel kaufen, die nicht nur das
amtliche EU-Biosiegel, sondern auch das Zeichen eines deutschen Bioverbandes
wie Bioland oder Demeter tragen. Diese Verbände haben CMS-Sorten bereits vor
Jahren untersagt. Weil "Wiso" solche Pflanzen auch mit
Demeter-Zeichen gefunden hat, will der Verband dieses Verbot nun intensiver
kontrollieren.
Gar keinen Schutz vor CMS-Pflanzen bietet übrigens konventionelles Gemüse: Dem
Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter zufolge ist der meiste Kohl und
Chicorée ohne Bio-Siegel ein CMS-Hybrid.
(taz 10./11.8.2013 S.7 http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=a2&dig=2013%2F08%2F10%2Fa0166&cHash=1ab1012a066ec2a0ec608ee402520bce )
·
Anbaufläche gentechnisch veränderte Pflanzen weltweit (2012: 170 Millionen
Hektar)
(http://www.transgen.de/anbau/eu_international/531.doku.html
)
·
Ein
Pilz hat die Amerikanische Kastanie dahingerafft, nur noch kärgliche Triebe
kümmern im Forst. Genforscher lassen den prächtigen Baum jetzt auferstehen: mit
eingebautem Schädlingsschutz.;
In den USA ist Castanea dentata mit der Zeit zum Symbol bedrohter
Natur, ihre Wiederauferstehung zum nationalen Anliegen geworden. Das ganze
Arsenal der Biotechnik wird in den Dienst dieses Ziels gestellt.;
"Sehr vielversprechend" nennt William Powell die Ergebnisse seiner
Experimente, die er an der State University of New York in Syracuse durchführt.
Der Genforscher wappnet die Kastanie mit gentechnischer Hilfe gegen den
Pilzbefall.
Powell entschied sich dabei für ein Gen des Weizens, das die vom Pilz
produzierte Oxalsäure neutralisiert und auf diese Weise den Schädling
entwaffnet. 15 Jahre lang mühten sich Powell und sein Kollege Charles Maynard
vergebens, das fremde Gen in Kastanienembryonen einzuschleusen. "Es war
vertrackt", erklärt Maynard. "Fast schien es, als hätte es die
Kastanie darauf angelegt auszusterben."
Am Ende aber wurden die Forscher doch mit Erfolg belohnt. Inzwischen wachsen in
Syracuse Bäumchen heran, die sich als weitgehend pilzresistent erweisen. Bis
diese allerdings die Hänge der Appalachen zieren, wird noch mindestens ein
Jahrzehnt vergehen. Zuvor stehen dem Forscherduo zähe Verhandlungen mit
Umwelt-, Lebensmittel- und Forstbehörden bevor.
Immerhin dürfte Powell und Maynard zugutekommen, dass sie für eine Sache
kämpfen, die unter Umweltbewegten als eine gute gilt: "Selbst
eingefleischte Gentech-Gegner zeigen sich meist milde, wenn sie hören, dass es
um die Amerikanische Kastanie geht", erzählt Powell.
Andere Forscher setzen darauf, nicht den Baum zu stärken, sondern den Pilz zu
schwächen - eine Strategie, dank der in Europa bei der Edelkastanie die
Epidemie eingedämmt werden konnte. Dort gelang es, den Pilz seinerseits mit
Viren zu infizieren, "Hypovirulenz" nennen Forscher das Prinzip.
Tatsächlich erholten sich die Bäume zusehends, am Ende erinnerten nur noch
hässliche Schwielen in der Rinde an den überstandenen Pilzbefall.
In Amerika allerdings ist der Pilz hartnäckiger. Alle Versuche, die Viren
wirksam zu verbreiten, schlugen bisher fehl. Für das Überleben von Castanea
dentata könnte die Schwächung des Pilzes trotzdem wichtig werden. "Wir
erhoffen uns Unterstützung durch die verminderte Virulenz", erklärt
Pflanzenpathologe Hebard.
Als Forschungschef der American Chestnut Foundation ist Hebard so etwas wie der
Feldherr im Krieg gegen den Kastanienpilz. Niemand kennt die Launen des Baums
so gut wie er, keiner ist so vertraut mit den Tücken des Pilzes.
Hebards wichtigster Verbündeter ist Castanea mollissima, die Chinesische
Kastanie. Zwar ist sie zu klein, um im amerikanischen Forst langfristig
bestehen zu können, doch ist sie mit natürlicher Resistenz gegen den Pilz
ausgestattet. Hebards Ziel ist es, eine Mischform zu erschaffen, die chinesisch
genug ist, um dem Pilz zu trotzen, aber so amerikanisch, dass sie im Bergwald
der Appalachen gut gedeiht.
Auf dem Weg dorthin ist der Forscher weit gekommen. Inzwischen wachsen auf den
Versuchsfeldern der Foundation in Meadowview, US-Bundesstaat Virginia, Bäume
der sechsten Zucht-Generation heran. Die charakteristisch gezähnten Blattränder
und die leicht rötliche Färbung weisen auf einen hohen Anteil amerikanischen
Erbguts hin. Mit der Lupe überprüft Hebard, dass die Blätter nur wenige der für
die Chinesische Kastanie so typischen Härchen an der Unterseite tragen.
Von ihren chinesischen Ahnen haben Hebards Schützlinge dagegen Widerstandskraft
gegen den Schädling geerbt.
(Der Spiegel 33-2013 S.126ff.)
·
Eine
Vernunftehe?
Gentechnik und Biolandbau – das sind in Deutschland unversöhnliche Gegensätze.
Ein Forscherehepaar aus Kalifornien zeigt: Das muss nicht so sein. Gerade
gemeinsam könnten sie die nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft formen;
In Südostasien, wo die meisten Reisbauern leben, sind Überflutungen ein großes
Problem. "Jedes Jahr werden 25 Prozent der weltweiten Reisanbaugebiete
überschwemmt", sagt Pamela Ronald. "Stehen die Pflanzen mehr als eine
Woche unter Wasser, betragen die Ernteausfälle zwischen zehn und hundert
Prozent. Vier Millionen Tonnen Reis gehen jährlich deswegen allein in Indien
und Bangladesch verloren – Nahrung für 30 Millionen Menschen."
Ihnen könnte geholfen werden, hätte sie eine Reissorte zur Verfügung, die
längere Überflutungen überlebt. Und die gibt es auch: Eine Sorte mit dem
kryptischen Kürzel FR13A kann ganze 14 Tage unter Wasser überstehen. Allerdings
ist die Qualität der Körner schlecht, die Erträge sind niedrig.;
Mehr als 40 Jahre lang versuchten Züchter am Internationalen Reisinstitut auf
den Philippinen, die Überflutungsresistenz von FR13A in wohlschmeckende und
ertragreiche lokale Reissorten einzukreuzen. Ohne Erfolg. "Zwar wurden
einige Sorten entwickelt, die längere Überflutungen überleben", sagt
Ronald. "Doch die Züchter übertrugen mit dem gewünschten Merkmal
gleichzeitig immer ungewollte Eigenschaften auf die neuen Pflanzen, sodass die
heimischen Bauern keine dieser Sorten akzeptiert haben."
In Zusammenarbeit mit ihrem Kollegen David Mackill hat Ronald gentechnische
Analysen durchgeführt, um die molekularen Mechanismen der Überflutungsresistenz
genau zu verstehen. Sie konnte schließlich ein entscheidendes Gen
identifizieren und es jeweils in beliebte Reissorten integrieren. "2011
wurde der Reis mit dem Überflutungsresistenzgen Sub1 von mehr als einer Million
Bauern angepflanzt, hauptsächlich in Indien und Bangladesch – ganz ohne
Lizenzgebühren. Und es werden immer mehr."
Ronalds Reispflanze ist eine Lösung für arme Kleinbauern, die sich am
jeweiligen Standort adaptieren lässt.;
Schließlich geht es um nicht weniger als die Aufgabe, eine wachsende
Weltbevölkerung auf endlichen und zum Teil sogar bedrohten Anbauflächen mit
ausreichend Nahrung zu versorgen. 1950 standen weltweit für jeden Menschen 0,5
Hektar Ackerboden zur Verfügung, im Jahr 2000 waren es noch 0,3 Hektar. 2050
werden es nur noch 0,2 Hektar sein. Die Konsequenz: Die Erträge müssen weiter
steigen. "Und hierfür müssen wir auf alle zur Verfügung stehenden Technologien
zurückgreifen. Und dafür sorgen, dass diese nachhaltig eingesetzt werden",
so Ronald.
Was Raoul Adamchak und Pamela Ronald unter nachhaltiger Landwirtschaft
verstehen, haben sie in ihrem Buch Tomorrow’s Table (Oxford University Press)
niedergeschrieben. In ihren Augen ist eine Zucht- oder Anbaumethode zulässig,
wenn sie ausreichend nahrhafte und sichere Nahrung produziert, dabei die
Bodenfruchtbarkeit erhöht, Umweltschäden verringert und den Landwirten gesunde
Arbeitsbedingungen bietet. Sie sollte das Leben der Armen und Hungernden
verbessern sowie die ökonomischen Lebensbedingungen der ländlichen Gemeinschaft
erhalten. Schließlich sollte das Genom einheimischer Pflanzen geschützt und die
genetische Vielfalt von Feldfrüchten erhöht werden.;
Ob diese Landwirtschaft nur mit Gentechnik möglich ist oder nur ohne Gentechnik
– auf diese ideologische Frage will sich das Paar erst gar nicht einlassen.
Entscheidend sei vielmehr: Werden die Nachhaltigkeitskriterien erfüllt?
"Wir müssen weg von der Schwarz-Weiß-Malerei hin zu fundierten
Fall-zu-Fall-Analysen", sagt Ronald.
Dies bedeutet zuerst mal: weg von der Darstellung, Pflanzenzucht sei immer nur
natürlich und allein Gentechnik hochartifiziell. "Auch bei vielen
Züchtungsverfahren wird im Labor gearbeitet, kommen erbgutverändernde
Chemikalien oder radioaktive Strahlung zum Einsatz. Die Präzisionszucht wird
durch Methoden der Gentechnik beschleunigt", sagt Ronald. "Die
Grenzen zwischen den Verfahren sind fließend."
Die Schwarz-Weiß-Malerei zu beenden heißt auch, die Panikmache zu stoppen.
"Transgene Pflanzen müssen so sicher sein wie herkömmliche, sonst werden
sie nicht zugelassen", betont Ronald. Sie ärgert sich, wenn aus Angst vor
Gentechnik lieber auf Pestizide zurückgegriffen wird. "Durch Pestizideinsatz
erkranken nachweislich viele Landwirte, werden die Böden ausgelaugt, sterben
Nutztiere. Seit über einem Jahrzehnt werden nun transgene Pflanzen angebaut.
Und bisher ist noch kein Mensch durch diese erkrankt, noch ist die Umwelt zu
Schaden gekommen."
(Die Zeit 25.7.2013 S.29 http://www.zeit.de/2013/31/gentechnik-biolandbau-kalifornien
)
· Japanische
Wissenschaftler haben Reis gezüchtet, der auch in sehr trockenen Gebieten
gedeiht. Das Team um Yusaku Uga vom National Institute of Agrobiological
Sciences in Tsukuba identifizierte in einer speziellen Reissorte ein Gen, das
diese Pflanzen besonders lange Wurzeln ausbilden lässt. Dieses Gen bauten sie
in die weitverbreitete Reissorte IR64 ein. Die Pflanzen bekamen dadurch sehr
lange Wurzeln und konnten besser Wasser aufnehmen. Tests ergaben: Bei einer
leichten Dürre brachte der veränderte Reis kaum Einbußen in der Ernte, während
der Ertrag bei „normalem“ Reis um 42 Prozent einbrach. Eine schwere Dürre hatte
bei der neuen Variante eine um 30 Prozent reduzierte Ernte zur Folge, während
alle anderen Pflanzen vernichtet wurden.
(bild der wissenschaft 11-2013 S.12)
· Gentechnisch
veränderte Pflanzen:
1800 Studien, aber kaum Hinweise auf Risiken für Umwelt und Gesundheit
(21.10.2013) Gentechnisch veränderte Nutzpflanzen haben keine nachweisbaren
negativen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit – so das Ergebnis einer
aktuellen Studie, für die fast 1800 wissenschaftliche Veröffentlichungen aus
zehn Jahren ausgewertet wurden. Belege für ernstzunehmende Risiken ließen sich
nicht finden, so die Autoren. Dass gentechnisch veränderte Pflanzen trotzdem
immer noch auf große Ablehnung stoßen, führen sie auf Mängel bei der
Wissenschaftskommunikation zurück.
(Quelle: http://www.transgen.de/aktuell/1749.doku.html )
· Genmutation
macht Insektengift wirkungslos
PARIS | Mit nur einer einzigen Genveränderung können Moskitos widerstandsfähig
gegen das Insektenvernichtungsmittel DDT und andere Chemikalien werden.
Forscher um Charles Wondji von der Hochschule für Tropenmedizin in Liverpool
fanden im westafrikanischen Benin eine Population solch resistenter
Stechmücken, wie sie in einem im Fachmagazin Genome Biology veröffentlichten
Artikel schreiben. Die Widerstandsfähigkeit von Moskitos gegen bestimmte
Chemikalien ist ein Problem bei der Bekämpfung der von den Mücken übertragenen
Tropenkrankheit Malaria. Die untersuchten Anopheles-Mücken waren nicht nur
widerstandsfähig gegen DDT, das in vielen Staaten verboten ist, in armen
Ländern aber nach wie vor im Kampf gegen Malaria eingesetzt wird. Den Mücken
konnten auch Pyrethroide nichts anhaben, mit denen gewöhnlich Moskitonetze
imprägniert werden. Die Genmutation - von den Forschern L119F genannt - sorgt
dafür, dass die Mücken die Chemikalien so aufspalten können, dass die Mittel
ihre Wirkung verlieren. Das mutierte Gen konnte auch bei resistenten
Stechmücken aus anderen Ländern nachgewiesen werden.
(taz 28.2.14 S.18)
· Kommentar
zur Zulassung der Genmais-Sorte 1507: „Mit Gott gegen Genmais“
(Der Sonntag, Sachsen 23.2.14 S.1)
· Anbau der
Genmais-Sorte MON 810 in Europa (Hektar): Tschechien 3052, Slowakei 189,
Rumänien 217, Spanien 116.306, Portugal 9278
kommerzieller Anbau verboten: Deutschland, Polen, Österreich, Ungarn, Italien,
Bulgarien Griechenland
(Freie Presse Chemnitz 11.2.14 S.3)
· Deutschland
kann nicht aussteigen
Anders als vom bisherigen Agrarminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Aussicht
gestellt, wird ein nationales Anbauverbot für neue Genmaissorten nicht ohne
weiteres möglich sein. Friedrich hatte in der vergangenen Woche eine sogenannte
Opt-out-Möglichkeit für Deutschland ins Spiel gebracht. Damit wollte er die vom
EU-Ministerrat letztlich durchgewinkte Zulassung der neuen Genmaissorte 1507 in
Deutschland verhindern.
Doch eine derartige Ausstiegsklausel gebe es "weder für Länder oder
Bundesländer noch für Regionen", so ein Sprecher des
EU-Verbraucherschutzkommissars Tonio Borg. Eine entsprechende Regel sei zwar
seit Jahren in der Diskussion, werde aber bislang "vor allem von drei
großen EU-Staaten blockiert" - darunter auch Deutschland. Sie würde es
Staaten erlauben, etwa bei starken Vorbehalten der Bevölkerung einen Anbau von
Gentech-Pflanzen zu verbieten. Die einzige Ausstiegsmöglichkeit für Deutschland
wäre derzeit der Nachweis, dass die neue Genmaissorte Umwelt oder Gesundheit
gefährdet. Wiederholte Studien der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit haben dies bisher nicht belegt.
(Der Spiegel 8-2014 S.60)
· Deutschland
kann Genmais nicht stoppen
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags äußert große Zweifel daran, dass
das Agrarministerium den Anbau von Genmais der Sorte 1507 verhindern kann. Um
Kritiker zu beruhigen, hatte das Ministerium ein nationales Anbauverbot von
Genmais in Aussicht gestellt, selbst wenn dieser in der EU zugelassen würde.
Diese Option stellen die Experten des Bundestags in Frage: Es sei "nicht
unwahrscheinlich", dass "solche Maßnahmen einer richterlichen
Überprüfung nicht standhalten würden". Ebenso sei fraglich, ob ein
Kompromissvorschlag auf EU-Ebene erfolgreich sei, wonach die Mitgliedstaaten
innerhalb ihrer Landesgrenzen den Anbau von Genmais verbieten dürften.
(Der Spiegel 12-2014 S.15)
· Achtzehn
Jahre Gentechnik-Pflanzen in den USA: Gemischte Bilanz
(10.03.2014) Die Landwirte in den USA haben durch gentechnisch veränderte
Nutzpflanzen wirtschaftlich profitiert, obwohl sie inzwischen deutlich mehr für
das Saatgut zahlen müssen als zu Beginn der 2000er Jahre. Der Verbrauch von
Insektiziden konnte seitdem deutlich gesenkt werden, Herbizide werden dagegen
verstärkt eingesetzt, weil Unkräuter resistent geworden sind. Das geht aus
einem aktuellen Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) hervor, für
den die Erfahrungen mit dem Anbau von gv-Pflanzen ausgewertet wurden. Bei der
Entwicklung neuer gv-Nutzpflanzen spielen agronomische Merkmale wie
Trockentoleranz und Produkteigenschaften wie Nährstoffgehalt eine immer größere
Rolle.
1996 wurden in den USA die weltweit ersten gv-Nutzpflanzen zugelassen. Bis
heute sind die USA das Land mit der größten gv-Anbaufläche. Eine Studie vom
Economic Research Service des United States Department of Agriculture, die im
Februar 2014 erschienen ist, hat die Auswirkungen des fast achtzehnjährigen
Anbaus von gv-Pflanzen auf die US-Landwirtschaft untersucht, also
beispielsweise auf Saatgutpreise, Erträge und den Verbrauch von
Pflanzenschutzmitteln.
2013 wurden gv-Nutzpflanzen in den USA auf 68 Millionen Hektar angebaut, das
ist ungefähr die Hälfte der Gesamtanbaufläche für Nutzpflanzen. Der Löwenanteil
entfällt auf die drei cash crops Soja, Mais und Baumwolle; hier werden
gentechnisch veränderte Sorten auf mindestens 90 Prozent der jeweiligen
Gesamtfläche angebaut. Die wichtigsten Eigenschaften, die mit Hilfe der
Gentechnik eingeführt wurden, sind Schädlingsresistenz durch Produktion von Bt‑Proteinen, die als Fraßgifte wirken, und
Herbizidtoleranz. Andere Eigenschaften und Nutzpflanzen wie z.B.
virusresistente Papaya und Squash spielen eine untergeordnete Rolle.
Die USDA-Studie zeigte, dass der Anbau von Bt-Pflanzen in der Regel höhere
Erträge und höhere Nettogewinne für die Landwirte mit sich bringt, vor allem
bei hohem Schädlingsdruck. Der Anbau herbizidtoleranter Pflanzen hingegen
steigert nicht unbedingt die Erträge und Nettogewinne. Dennoch ist das
Haushaltseinkommen der Landwirte, die herbizidtolerante Pflanzen anbauen, im
Vergleich zu konventionellen Betrieben häufig höher. Durch die vereinfachte
Unkrautbekämpfung sparen die Landwirte Zeit und können zusätzliche Jobs
annehmen oder größere Flächen bewirtschaften.
Die größten Ertragssteigerungen erbringen Sorten mit so genannten stacked
genesstacked genes, die mehrere Schädlings- und/oder Herbizidresistenzen
tragen. Sie haben sich in den letzten Jahren am Markt immer stärker
durchgesetzt und wachsen im Fall von Mais und Baumwolle auf rund drei Viertel
der jeweiligen Gesamt-Anbaufläche.
Gestiegen sind auch die Preise für gv-Saatgut: Von 2001 bis 2010 waren bei
gv-Soja- und gv-Maissaatgut durchschnittliche inflationsbereinigte
Preiserhöhungen von 50 Prozent zu verzeichnen, bei gv-Baumwollsaatgut stiegen
die Preise sogar noch stärker. Diese Preissteigerungen sind nur teilweise auf
die Lizenzgebühren zurückzuführen, die aufgrund von Patenten anfallen. Andere
Faktoren, die den Saatgutpreis beeinflussen, sind die generelle genetische
Verbesserung des Saatguts und der steigende Marktanteil von Sorten mit stacked
genes.
Positive Auswirkungen hat der gv-Anbau auf den Verbrauch von Insektiziden zur
Schädlingsbekämpfung. Die Menge der auf Maisfeldern pro Fläche eingesetzten
Insektizide betrug 2010 nur noch ein Zehntel der Menge, die 1995 eingesetzt
wurde. Auch Landwirte, die konventionellen Mais anbauen, kommen inzwischen mit
deutlich weniger Insektiziden aus, weil die Populationen der Maisschädlinge
durch den jahrelangen Einsatz von Bt-Pflanzen deutlich dezimiert sind. Die
Entwicklung resistenter Schädlinge konnte bis auf wenige Ausnahmen durch
Bereitstellung so genannter Refugienflächen verhindert werden.
Der Herbizidverbrauch pro Fläche hatte in den ersten Jahren nach Einführung der
herbizidtoleranten gv-Pflanzen kurzzeitig abgenommen, stieg dann aber von 2001
bis 2010 wieder an. Fast alle herbizidtoleranten gv-Pflanzen, die bislang auf
den Markt kamen, sind unempfindlich gegen das Breitbandherbizid Glyphosat. Ihr
Anbau ermöglichte es den Landwirten, auf eine Reihe älterer und deutlich
gesundheitsschädlicherer Herbizide zu verzichten. Der jahrelange einseitige
Einsatz von Glyphosat hat jedoch dazu geführt, dass eine Reihe von Unkräutern
ebenfalls tolerant geworden sind, weshalb viele Landwirte inzwischen größere
Mengen des Herbizids ausbringen. Zum Teil wird auch wieder auf ältere Herbizide
zurückgegriffen, denn neue Wirkstoffe sind seit 25 Jahren nicht mehr entwickelt
worden. Die Saatgutfirmen haben erste gv-Pflanzen entwickelt, die etwa gegen
die älteren Wirkstoffe Dicamba und 2,4-D tolerant sind. Wissenschaftler fordern
schon seit längerem, die Unkrautbekämpfung müsse wieder auf eine breitere Basis
gestellt werden. Neben der dringend notwendigen Entwicklung neuer Wirkstoffe
müsse der Einsatz von Herbiziden kombiniert werden mit anderen Maßnahmen wie
z.B. vielseitigeren Fruchtfolgen.
Positive Auswirkungen haben herbizidtolerante Nutzpflanzen auf die
Bodenbearbeitung: Landwirte, die HT-Pflanzen anbauen, pflügen deutlich weniger
als konventionell anbauende Landwirte. Dadurch wird die Erosion des Bodens
aufgehalten und der Ausstoß von Treibhausgasen durch Landmaschinen verringert.
Die Entwicklung neuer gv-Pflanzen geht in den USA unvermindert weiter. Die Zahl
der genehmigten Freisetzungsanträge stieg von vier im Jahr 1985 auf fast 1200
im Jahr 2002 und pendelte sich danach um 800 pro Jahr ein. Die Anzahl der
Standorte und Genkonstrukte pro Antrag ist jedoch seit 2005 deutlich gestiegen,
ebenso die Anzahl freigesetzter gv-Pflanzen mit agronomischen Eigenschaften wie
Trockentoleranz. Pflanzen mit veränderter Produktqualität, z.B. erhöhtem
Nährstoffgehalt, spielen inzwischen ebenfalls eine große Rolle.
(Quelle: http://www.transgen.de/aktuell/1772.doku.html
)
·
Vitamin-A-Mangel lasse sich mit Gentechnik-Saatgut
leichter als mit Tabletten bekämpfen, sagt Peter Beyer, Ko-Erfinder des
"Golden Rice". Manche Gegner des Projekts würden mit falschen Zahlen
argumentieren;
taz: Herr Beyer, der Ex-Greenpeace-Funktionär Patrick Moore hat kürzlich in
Berlin für den gentechnisch veränderten "Goldenen Reis" geworben.
Unsere Artikel dazu haben Protest von Lesern ausgelöst. Hauptargument: Der Reis
liefere nicht genug Vitamin A, um Erblindung und Tod von Kindern in
Entwicklungsländern zu verhindern. Ist Ihr Projekt sinnlos?
Peter Beyer: Das stimmt nicht. Der Goldene Reis enthält viel mehr
Betacarotin als normaler Reis. Zu der Frage, wie viel Vitamin A der Körper
daraus gewinnen kann, gibt es zwei Publikationen im American Journal of
Clinical Nutrition. Sie weisen nach, dass dieses Betacarotin hochgradig
bioverfügbar ist. Dort steht auch, dass man nur 50 Gramm trockenen Reis
braucht, um etwa die Hälfte des Vitamin-A-Bedarfs zu decken. Da selbst
Mangelernährte Vitamin A aus anderen Quellen beziehen, lässt sich so das
Defizit weiter Bevölkerungsteile beheben.
Essen die Betroffenen denn genügend Fett, um aus dem Betacarotin Vitamin A
zu gewinnen?
Selbst polierte Reiskörner sind keineswegs frei von Fett - das in ihnen
vorhandene Betacarotin liegt in Fetten gelöst vor. Deshalb vermute ich, dass
die Zielgruppen des Reises kein zusätzliches Fett essen müssen, um genügend
Vitamin A zu absorbieren. Eine Studie mit fettfreien Reisproben wurde
durchgeführt, ist aber noch nicht ausgewertet.
Übersteht das Betacarotin im Goldenen Reis überhaupt die Lagerung unter
tropischen Temperaturen?
Sie werden Verluste haben. Aber die haben Sie auch in der Karotte oder im Mais.
Die Lagerfähigkeit hängt von der Reissorte ab, in die die gentechnisch
veränderten Eigenschaften rübergezüchtet wurden. Es gibt Sorten, bei denen ein
halbes Jahr Lagerung kein Thema ist, und durch Züchtung soll die
Lagerstabilität noch erhöht werden.
Reichen sechs Monate?
Ja, wir reden hier vor allem über Subsistenzfarmer, die ihre eigene Ernte
essen. Die meisten ernten zweimal im Jahr und lagern den Reis nicht lange.
Wie sieht es mit den Kosten aus?
Vitamin-A-Kapseln kosten nicht viel Geld, aber die Beträge für die
Verteilungslogistik kommen hinzu. Das summiert sich, wenn man Millionen von
Menschen betrachtet und auch bedenkt, dass die Kosten jährlich neu anfallen.
Reis vermehrt sich vor Ort, Pillen nicht. Sie müssen ihn nur einmal verteilen.
Das haben Ökonomen mehrfach durchgerechnet: Der Goldene Reis ist die derzeit
mit Abstand preiswerteste Intervention gegen Vitamin-A-Mangel, auch wenn man
die Entwicklungskosten einbezieht. …
Wenn schon Reis, warum dann nicht auf den seit tausenden Jahren bewährten
hellbraunen, unpolierten Reis setzen, der von Natur aus Karotin enthält?
Tatsächlich kann man auf den äußeren Schichten des Reiskorns mit den feinsten
Methoden der Analytik Spuren von Karotinoiden nachweisen, die der Körper in
Vitamin A umwandeln kann. Die Menge ist aber so gering, dass sie irrelevant
ist. Das lässt sich in jeder Nährwerttabelle nachschlagen. …
Könnte der Goldene Reis nicht herkömmliche Sorten durch Auskreuzung
kontaminieren?
Reissorten sind in extrem hohen Maße Selbstbestäuber. Es gibt praktisch
keinen Flug von lebensfähigem Pollen. Deshalb ist das Auskreuzungsrisiko sehr
gering. …
Stimmt es, dass aussagekräftige
Untersuchungen zum Gesundheitsrisiko des Goldenen Reises fehlen?
Es liegen unter anderem Studien zur
akuten Giftigkeit an Ratten vor. Ergebnis: Es gibt keinerlei Anzeichen, dass
der Reis die Gesundheit gefährdet. Es ist aber sicher, dass jedes Jahr Tausende
Kinder infolge von Vitamin-A-Mangel sterben. …
Ist es korrekt, dass der Ertrag des Goldenen Reises niedriger als der
herkömmlicher Sorten ist?
Ja. Derzeit reicht der Ertrag im Feld nicht ganz an unsere Zielvorgaben heran.
Das kann züchterisch behoben werden. Daran arbeiten wir gerade.
Problem: 250 Millionen Vorschulkinder brauchen der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge mehr Vitamin A - vor allem in armen
Ländern Südostasiens und Afrikas. Oft bekommen die Kinder nicht genügend
Gemüse, das den Nährstoff liefert. Jährlich verlieren laut WHO 250.000 bis
500.000 dieser Kinder ihr Augenlicht. Die Hälfte sterben binnen zwölf Monaten
danach.
(taz 24.7.14 S.4 - http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sw&dig=2014%2F07%2F24%2Fa0139&cHash=4d449986698bae5a232623e85b65ad39
)
· Wenn Gerste
von Bymoviren befallen wird, gehen bis zu 50% der Ernte verloren; jetzt ein Gen
im Erbgut der Gerste identifiziert, dessen Deaktivierung die Pflanze resistent
macht (das Gen sorgt für Herstellung eines bestimmten Enzyms, mit dessen Hilfe
sich die Erreger im Getreide entwickeln können)
(bild der wissenschaft 5-2014 S.8)
· Pflanzenzüchter
testen heute molekularbiologische Methoden – so könnte dem Obst der Schorf
abtrainiert werden. Unsicher bleibt, ob die so erzeugten Sorten als
gentechnisch veränderte Organismen auch zugelassen werden …
Schoutens Pflanzen sind zwar durch gentechnische Verfahren erzeugt worden,
trotzdem unterscheiden sie sich in nichts von herkömmlich gezüchteten Sorten.
Also möchte der Züchter durchsetzen, dass seine Pflanzen nicht der strengen
Gentechnikregulierung der EU unterworfen werden. Sein zentrales Argument: Die
Gene, die er einschleust, stammen ausschließlich aus dem Genpool der jeweiligen
Art, die Pflanzen könnten ebenso gut auf natürliche Weise entstanden sein. Wie
genau man auch hinschaut, man sieht ihnen die Herkunft aus dem Genlabor nicht
an. …
Eine Flut neuer molekularbiologischer Techniken hält Einzug in die
Pflanzenzüchtung – manche Forscher schwärmen von einem Tsunami der
Möglichkeiten. Wie Schoutens Technik nutzen diese Verfahren gentechnische
Methoden. Die dabei erzeugten Pflanzen tragen jedoch keine artfremden Gene in
sich, wenn sie schließlich auf dem Acker stehen. Sollen diese Pflanzen dennoch
als gentechnisch veränderte Organismen (GMO) gelten? Und müssen aus ihnen
hergestellte Produkte gekennzeichnet werden?
Für seine Äpfel und Kartoffeln hat Henk Schouten die Antwort: "Die Gene,
die wir übertragen, könnte man auch durch konventionelle Kreuzungszüchtung
einbringen", sagt er. "Die Risiken sind nicht höher als in der
normalen Pflanzenzucht." …
Henk Schouten will die Züchtung beschleunigen: Er isolierte zwei Resistenzgene
aus verwandten Wildäpfeln und übertrug sie per klassischem Gentransfer in die
Apfelsorte Gala. Das Produkt ist aus seiner Sicht keine transgene Pflanze, da
die eingebrachten Gene aus dem Genpool des Apfels stammen, die beiden genutzten
Pflanzentypen können sich miteinander fortpflanzen. Schouten nennt das Konzept
Cis-Genetik – in diesem Fall diesseits der Artengrenze. Für transgene Pflanzen
nutzt man dagegen Gene "jenseits" der jeweiligen Art. …
KeyGene beispielsweise, ein ebenfalls in Wageningen ansässiges Unternehmen für
molekulare Pflanzenzüchtung, erzeugt gezielte Punktmutationen im Erbgut.
Hierfür nutzt das Unternehmen kurze, synthetische DNA-Stücke und bringt sie in
den Zellkern ein. Dort heftet sich das Genschnipsel an seinen Konterpart auf
dem pflanzlichen Erbgutstrang. Da die synthetische DNA an einer Stelle einen
unpassenden DNA-Baustein enthält, greift der zelleigene Reparaturmechanismus
ein und tauscht den entsprechenden Baustein auf der Gegenseite aus. Das
synthetische Stück Erbgut wird danach abgebaut. Diese sogenannte
ortsspezifische Mutagenese erzeugt punktuelle Mutationen. Sie können, wenn sie
an entscheidenden Stellen eingeführt werden, drastische Auswirkungen auf die
Eigenschaften der Pflanze haben.
Solche Sorten könnten aber auch in der Natur durch eine zufällige Mutation
entstehen, durch Bestrahlung oder chemische Reagenzien hervorgerufen werden,
wie in der konventionellen Saatgutherstellung. Doch selbst die vorübergehende
Einführung des winzigen Erbgutschnipsels in den Zellkern ist eine gentechnische
Methode – in dieser kurzen Phase wird die Pflanze in einen GMO verwandelt. Nach
europäischem Recht wird bei der Beurteilung von Organismen und Produkten der
Herstellungsprozess herangezogen – so wie es im 2003 in Kraft getretenen
Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit festgelegt und in der EU
2004 umgesetzt wurde. Ist an einer Stelle der Herstellungskette ein GMO
beteiligt, muss das Endprodukt auch eine GMO-Kennzeichnung tragen. Gilt das
auch für KeyGenes Schöpfungen?
Für Unternehmen und Forscher geht es bei dieser Frage nicht nur um die soziale
Akzeptanz der Früchte ihrer Arbeit; eine Einstufung als GMO hat finanziell
handfeste Konsequenzen. Die Zulassung einer neuen Sorte aus konventioneller
Züchtung verursacht Verwaltungskosten von wenigen Tausend Euro, eine Zulassung
als GMO kann aufgrund der geforderten Sicherheitsstudien bis zu zehn Millionen
Euro verschlingen. Für Unternehmen sei das ein Grund, sich im EU-Ausland
anzusiedeln, heißt es bei KeyGene. Vor allem: Die EU-Staaten seien nicht in der
Lage, die Vorschriften umzusetzen. Die meisten Geschöpfe der neuen Gentechnik
ließen sich analytisch gar nicht von konventionell gezüchteten Pflanzen
unterscheiden.
Dies gilt auch für eine Technik, mit der Wissenschaftler des
Julius-Kühn-Instituts in Braunschweig die Züchtung von Bäumen deutlich
verkürzen. Die Forscher führten in Apfelbäume das Frühblüher-Gen einer anderen
Pflanzenart ein. Die transgenen Bäume produzieren nicht erst nach zehn Jahren
Nachkommen, sondern bereits nach einem Jahr. Die beschleunigte Züchtung wird
dann aber durch klassische Kreuzung bewerkstelligt, das artfremde
Frühblüher-Gen zum Schluss wieder herausgekreuzt. Das Verfahren hinterlässt
keine Spuren. Selbst eine Genomentzifferung der so entstandenen Apfelbäume hat
keine Reste des Frühblüher-Gens oder der bakteriellen Genfähre feststellen
können. Für ihren Apfelsämling haben die Forscher beim Bundesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit einen Feststellungsantrag auf
gentechnikrechtliche Bewertung eingereicht. Eine Entscheidung steht bevor.
Können die neuen Pflanzenzuchttechniken das Feindbild der Gentechnikgegner ins
Wanken bringen? Greenpeace, BUND und andere Umweltorganisationen warnen vor
allem, dass beim Anbau transgener Pflanzen fremdes Genmaterial auf verwandte
Wild- und Kulturpflanzen übertragen werden könnte. Dieses Genmaterial stammt in
der "klassischen" Gentechnik meist von Bakterien. Die Gene verleihen
den Pflanzen Toleranz gegen Herbizide oder lassen sie ein Toxin zur Abwehr von
Schädlingen produzieren. Oft tragen die Pflanzen Antibiotika-Resistenzgene. All
diese möglichen Risiken sind mit den neuen Techniken obsolet. …
Gentechnikgegner befürchten, Unternehmen könnten sich künftig um die
EU-Auflagen für GMOs drücken. "Es werden die gleichen Methoden eingesetzt
wie bei der herkömmlichen Gentechnik", befindet Dirk Zimmermann von
Greenpeace. "Dementsprechend sind die Risiken genau dieselben,
entsprechende Pflanzen sollten selbstverständlich als GMOs klassifiziert und
behandelt werden." Das Zusammenspiel der Gene sei zu komplex, um gentechnische
Eingriffe zu verantworten. Der BUND bezieht ähnlich Stellung. …
In den USA und Kanada gehen die Behörden dagegen permissiver mit gentechnischen
Zuchtmethoden um. Hier wird nicht der Prozess der Herstellung, sondern das
Produkt betrachtet. Mehrere Pflanzensorten mit gezielt eingeführten
Punktmutationen sind zugelassen. Die Firma Cibus etwa arbeitet – ähnlich wie
KeyGene – mit kurzen DNA-Strängen, die in der Zelle molekulare Mechanismen zum
Austausch von Genbausteinen auslösen. Eine Rapssorte des Unternehmens ist in
den USA bereits auf dem Markt und wurde als nicht transgen eingestuft. Auch
Kanada hat den Zulassungsantrag bereits durchgewinkt. …
Die Kennzeichnung zugelassener GM-Pflanzen ist in den USA freiwillig. Und
künftig wird die gentechnische Modifikation dieser Pflanzen auch durch
Genanalysen nicht mehr erkennbar sein. Wie kann man da für Transparenz sorgen?
(Die ZEIT 23.10.14 S.39 - http://www.zeit.de/2014/44/gentechnik-pflanzenzucht-molekularbiologie/komplettansicht
)
· Seite 5f.
Zuweilen war es schwierig, Arbeiten, bei denen keine negativen Umwelt-Effekte
von GVO festgestellt wurden, in hochrangigen Fachzeitschriften zu publizieren.
Die Vielzahl der dennoch publizierten Daten hat aber verdeutlicht: Mit den
bisher ins Freiland gebrachten GVO waren keine Gentechnik-spezifischen Risiken
verbunden. Die Themen und Ergebnisse zahlreicher Projekte wurden aktuell,
sachlich-neutral und anschaulich im Internet kommuniziert. Dies könnte
beispielgebend auch für andere Forschungsbereiche sein. Die Ergebnisse der
BMBF-geförderten Sicherheitsforschung werden auch durch Forschungsarbeiten in
europäischen Nachbarländern bestätigt. Der im August 2012 veröffentlichte
Schlussbericht des Schweizer Nationalen Forschungsprogramms „Nutzen und Risiken
der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen“ (NFP 59)3 kommt zu dem
Schluss, dass bei den mehrjährigen Forschungsarbeiten keine spezifischen
Gesundheits- oder Umweltrisiken der Grünen Gentechnik festgestellt wurden. In
Anbetracht dieser Ergebnisse stellt sich daher die Frage, ob sich die
Sicherheitsbewertung von Pflanzen in Zukunft verstärkt an den neu eingeführten
Eigenschaften einer Sorte orientieren sollte und nicht daran, ob die
Herstellung dieser Pflanzen mit konventionellen, biotechnologischen oder
gentechnologischen Züchtungsverfahren erfolgt ist. „Somit erweist sich eine
Sonderbehandlung gentechnisch veränderter Pflanzen aus wissenschaftlicher Sicht
zunehmend als fragwürdig“, so ein Zitat aus dem NFP 59-Abschlussbericht. Auch
eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Europa-weit geförderten
Sicherheitsforschung liegt seit 2010 vor4 . Aus den 130 Forschungsprojekten,
die in den letzten 25 Jahren mit insgesamt 300 Millionen Euro von der EU
gefördert wurden, zog die EU-Kommission das Fazit, dass Gentechnik an sich
keine größeren Risiken als konventionelle Methoden der Pflanzenzüchtung birgt.
…
S. 10:
Die nach 25 Jahren biologischer Sicherheitsforschung vorliegenden Ergebnisse
zeigen für den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen im Vergleich zu
konventionell gezüchteten Pflanzen kein höheres Risiko für
Umweltbeeinträchtigungen. …
S.11:
Bis heute hat das BMBF mit mehr als 100 Millionen Euro über 300 Vorhaben der
biologischen Sicherheitsforschung gefördert, davon über 140 Projekte zur
Sicherheitsbewertung gentechnisch veränderter Pflanzen. Seit 2000 wurden drei
Forschungsprogramme ausgeschrieben, die sich ausschließlich auf gentechnisch
veränderte Pflanzen fokussierten. Die Auswahl der vom BMBF geförderten Projekte
erfolgte durch unabhängige, nationale und internationale Experten. Insgesamt
haben sich über 60 Hochschulen und andere Forschungseinrichtungen an den
Forschungsprojekten beteiligt. …
S.12:
Die durchgeführten Projekte lieferten bisher keine wissenschaftlichen Belege
dafür, dass gentechnisch veränderte Pflanzen per se ein höheres Risikopotenzial
besitzen als konventionell gezüchtete Kulturpflanzen. Bei den Untersuchungen
mit Bt-Mais stellte sich zwar heraus, dass bei dessen Anbau durchaus
Umwelteffekte gemessen werden konnten. Diese lagen aber innerhalb des
Spektrums, das auch bei den untersuchten konventionellen Sorten gefunden wurde.
Das betraf etwa die Zusammensetzung der Mikroorganismengemeinschaften im Boden
oder die Artenzusammensetzung der auf Maisfeldern anzutreffenden Insekten. Auch
der Einfluss anderer Standortfaktoren wie Klima oder Bodenbeschaffenheit war in
der Regel wesentlich größer als die gemessenen Umweltwirkungen der
Bt-Maispflanzen. Ein höheres Risiko für Umweltbeeinträchtigungen zeigten die
untersuchten Bt-Maispflanzen im Vergleich zu konventionellen Sorten demnach
nicht. …
S.14ff.: (Bt-Mais)
Bei einigen wenigen Tierarten, insbesondere verschiedenen Tagfaltern, konnte im
Labor eine schädigende Wirkung des Bt-Proteins nachgewiesen werden. Die Wirkung
auf Tagfalter war aufgrund der engen Verwandtschaft zum Maiszünsler – beide
gehören zur Ordnung der Schmetterlinge – nicht überraschend. …
Auch bei Tieren, die im Labor durch Bt-Protein beeinträchtigt wurden, konnte dies
im Freiland nicht bestätigt werden. Die Bt-Konzentrationen liegen hier deutlich
unterhalb der schädigenden Dosis. …
Bt-Mais enthält ein oder mehrere insektizide Bt-Proteine. Die entsprechenden
Gene stammen aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis, daher das Kürzel
Bt. Im Gegensatz zu vielen chemischen Insektiziden sind Bt-Proteine für den
Menschen und die meisten anderen Organismen harmlos und werden in der Umwelt
schnell abgebaut. Daher werden sie auch im ökologischen Landbau als Insektizid
eingesetzt. Bt-Maispflanzen mit Resistenzen gegen die Schädlinge Maiszünsler
und Maiswurzelbohrer werden seit über 15 Jahren kommerziell angebaut. Dieser
Mais benötigt zum Schutz vor Schädlingen deutlich geringere Mengen an
chemischen Insektiziden. …
Fallbeispiel 1: Schmetterlinge Bt-Wirkung im Labor, keine Gefahr im Freiland
Ein Forschungsprojekt der RWTH Aachen beschäftigte sich mit der Frage, ob die
Schmetterlingsarten „Kleiner Fuchs“ und „Tagpfauenauge“ durch den Anbau von
gentechnisch verändertem Bt-Mais gefährdet sein könnten. Das Fazit nach drei
Jahren Forschungsarbeit: Das Risiko für diese Schmetterlingsarten durch den
untersuchten Bt-Mais ist vernachlässigbar gering. …
Die Raupen leben zwar nicht direkt in Maisfeldern, da sie sich nicht von Mais
ernähren. Aber sie können Bt-Maispollen aufnehmen, wenn dieser auf ihre
Futterpflanzen in der Nähe von Bt-Maisfeldern geweht wird. …
Bei 200 bis 300 Pollenkörnern pro Quadratzentimeter eines Brennnesselblattes
zeigten sich erste Auswirkungen der Bt-Pollenkost. Die Tiere fraßen weniger.
Bei 1000 Pollenkörnern pro Quadratzentimeter lag dann die Sterblichkeit
deutlich höher im Vergleich zur Fütterung mit konventionellen Maispollen …
Exposition unter natürlichen Bedingungen Im Freiland wurde überprüft, wie viel
Maispollen unter natürlichen Bedingungen auf die Futterpflanzen der
Schmetterlingsraupen gelangt und ob dies bedenkliche Mengen sind. Die
Wissenschaftler stellten während der Maisblüte in unterschiedlichen
Entfernungen zum Versuchsfeld Brennnesselpflanzen auf. Wie zu erwarten war,
wurden unmittelbar am Feldrand in Windrichtung die höchsten Pollenmengen auf
den Brennnesselblättern gefunden, maximal 212 Pollen pro Quadratzentimeter.
Durchschnittlich fanden sich direkt am Feldrand auf den Brennnesselblättern 34
Pollen pro Quadratzentimeter – weit unterhalb der schädlichen
Pollenkonzentration. …
Es zeigte sich, dass sich die Schmetterlingslarven zwar auch in der Nähe von
Maisfeldern entwickeln, aber nur zum Teil während der Maisblü- te. Dadurch kann
nur ein Bruchteil der Schmetterlingsraupen überhaupt in Kontakt mit
Bt-Maispollen kommen. Die Pollenmengen, die im Labor zu ersten negativen
Auswirkungen auf die Raupen führen, konnten im Freiland somit nur ausnahmsweise
gefunden werden. Ausreichende Konzentrationen, die zu einer erhöhten
Sterblichkeit führen, fanden die Wissenschaftler in keinem Fall. …
Das Tagpfauenauge und der Kleine Fuchs sind Schmetterlingsarten, die sich nicht
von Mais ernähren, aber in der Nähe von Maisfeldern leben können. Sie können
als Larve mit Bt-Maispollen in Kontakt kommen, wenn dieser auf ihre
Futterpflanzen (Brennnesseln) geweht wird. Bei Fütterungsversuchen im Labor mit
Pollen von Bt-Mais reagierten solche Schmetterlingsarten auf hohe Dosen. Die
Pollenmengen, die im Labor zu einer erhöhten Sterblichkeit der
Schmetterlingslarven führten, kommen im Freiland aber nicht vor. …
S.27ff. Ausbreitungsverhalten von gentechnisch verändertem Raps:
Einkreuzung der Transgene in verwandte Wildpflanzen Um die Wahrscheinlichkeit
der Auskreuzung gentechnisch übertragener Gene auf Wildpflanzen näher zu
untersuchen, wurden im Rahmen eines Forschungsprojektes des Julius
Kühn-Institutes verwandte Wildarten von Raps (Brassica napus) in unmittelbarer
Nähe zu Versuchsparzellen mit gentechnisch verändertem Raps angepflanzt. Dabei
handelte es sich um die in den Versuchsregionen häufig vorkommenden Arten
Ackersenf und Hederich sowie die weniger häufigen Arten Schwarzer Senf und
Sareptasenf. Nach der Abblüte wurde der Samen der Wildpflanzen gesammelt,
anschließend ausgesät und analysiert.
Die Wahrscheinlichkeit einer Auskreuzung auf mit Raps verwandte Unkrautarten
ist nach den vorliegenden Ergebnissen bei den meisten untersuchten Wildpflanzen
sehr gering. Unter Freilandbedingungen konnte zwar bei Sareptasenf (Brassica
juncea) eine deutliche Auskreuzung des Transgens in erster Generation
nachgewiesen werden. Die Hybriden aus Sareptasenf und Raps entwickelten sich
gut, bildeten aber keine vermehrungsfähigen Samen, sodass die neuen Gene nicht
in die Wildart gelangen konnten.
Auskreuzungen auf Schwarzen Senf (Brassica nigra), Weißen Senf (Sinapis alba)
oder Hirtentäschel (Capsella bursa-pastoris) und Acker-Hellerkraut (Thlaspi
arvense) konnten unter Feldbedingungen nicht nachgewiesen werden. Allerdings
ist aus anderen Untersuchungen bekannt, dass Auskreuzungen auf Hederich
(Raphanus raphanistrum) unter Feldbedingungen möglich sind, wenn sie auch eher
selten vorkommen. Möglich sind nach Untersuchungen der Universität Osnabrück
auch Kreuzungen zwischen Raps und Rübsen, der in einigen Regionen Deutschlands
als Kulturpflanze angebaut wird und teilweise verwildern kann.
Auskreuzung zwischen gentechnisch verändertem und konventionellem Raps In
dreijährigen Freilandversuchen der Technischen Universität München wurde
gemessen, wie stark gentechnisch veränderter Raps auf benachbarte Felder mit
konventionellen Rapspflanzen auskreuzen kann. Es zeigte sich, dass die
Auskreuzung mit zunehmender Entfernung stark abnahm. Bei einem Abstand von drei
Metern lag die Auskreuzungsrate durchschnittlich bei 0,7 Prozent, bei 11 Metern
bei weniger als 0,2 Prozent. Dabei waren die Auskreuzungsraten unabhängig von
der jeweils vorherrschenden Windrichtung. Dies deutet darauf hin, dass die
Pollen nicht durch Wind, sondern durch Blüten besuchende Insekten verbreitet
werden.
S.33ff. Feuerbrandresistente Bäume …:
Die Forschungsarbeit bei Gehölzen ist ein langwieriger, mehrere Jahrzehnte
dauernder Prozess. Neue Eigenschaften können zwar mit Hilfe der Gentechnik in
überschaubaren Zeiträumen „eingebaut“ werden, aber es sind dann wiederum Jahre
oder Jahrzehnte nötig, um zu überprüfen, ob die gentechnische Veränderung wie
das „biologische Confinement“ funktioniert und von Dauer ist. Um diesen Prozess
zu beschleunigen, werden Bäume durch Übertragung verschiedener „Frühblühgene“
dazu gebracht, früher zu blühen. Pappeln, die üblicherweise erst mit etwa acht
Jahren blühen, kommen nun schon nach einigen Monaten bis drei Jahren zur Blüte.
Auch beim Apfel ist es durch Übertragen eines Gens aus der Birke gelungen, dass
die Pflanzen schon im ersten Jahr statt nach sechs bis acht Jahren zu blühen
beginnen. …
S.36f. Übertragung neuer Gene: Höhere Genauigkeit und möglichst ohne
Markergene:
Reinhard Hehl: Für die Übertragung neuer Gene in Pflanzen steht uns die
Transformation mit Agrobakterien als ein sehr präzises Verfahren zur Verfügung.
Dabei können wir die gewünschten Transgene heute wesentlich präziser als noch
vor 15 Jahren übertragen. Fortschritte wurden auch bei der Entwicklung
spezieller Methoden zur Markergen-Entfernung gemacht. Außerdem konnte das
Spektrum an transformierbaren Pflanzenarten wesentlich erweitert werden.
Schwächen sehe ich dort, wo Methoden, die in Modellpflanzen gut etabliert
wurden, in Nutzpflanzen nicht oder nur suboptimal funktionieren. bioSicherheit:
Bis 2008 nahm die Entfernung von Markergenen einen besonderen Schwerpunkt in
Ihrem Forschungsverbund ein. Gibt es dafür jetzt praxisreife Ansätze und werden
diese auch genutzt? Reinhard Hehl: Ja – die Erzeugung markergenfreier Pflanzen
ist mittlerweile Stand der Technik. Ein sehr erfolgversprechender Ansatz ist
die Co-Transformation. Das Prinzip beruht darauf, dass Transgen und Markergen
getrennt voneinander in das pflanzliche Genom, also das Erbgut, übertragen und
folglich auch an unterschiedlichen Stellen eingebaut werden. Auf diese Weise
sind die Chancen sehr hoch, dass die beiden Gene später während der
Reifeteilung der Zellen getrennt werden und in der nächsten Generation
Pflanzenlinien selektiert werden können, die nur noch das Transgen tragen.
Diese Methode ist bereits etabliert und sicher die am häufigsten angewendete
Methode zur Markergen-Entfernung bei gut transformierbaren Pflanzen. …
Immer wieder wurden Befürchtungen laut, bei der biologischen Zersetzung
gentechnisch veränderter Pflanzen könnten Markergene von Bodenbakterien
aufgenommen werden und so zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beitragen.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Aufnahme von
freier DNA durch Bodenbakterien äußerst unwahrscheinlich ist. Zudem sind natürliche
Antibiotikaresistenzen in Bodenbakterien nicht selten. Dennoch wird an Methoden
gearbeitet, die eine Entfernung der Markergenen ermöglichen und somit in
Zukunft jedes Restrisiko vermeiden….
bioSicherheit: Mit welchen Methoden kann man das erreichen?
Reinhard Hehl: Da gibt es zwei Ansätze. Beide nutzen die Rekombination. Das ist
ein Mechanismus, der in allen lebenden Organismen vorkommt und mit dem ähnliche
oder identische DNA-Abschnitte im Genom gegeneinander ausgetauscht werden. Wenn
ein neues Gen an einer ganz bestimmten Stelle im Pflanzengenom eingebaut werden
soll, kann man das im Prinzip dadurch erreichen, dass man es in eine
DNA-Sequenz einbettet, die auch an der gewünschten Stelle im Pflanzengenom zu
finden ist. Dann kann es zum Austausch der ähnlichen DNA-Stücke kommen, und auf
diese Weise wird das Transgen genau dort eingebaut, wo man es haben will. Der
Haken dabei ist, dass solche Rekombinationsvorgänge bei Pflanzen relativ selten
auftreten, deutlich seltener als bei Bakterien, Hefen oder auch Tieren.
S.39:
Mit gentechnischen Methoden übertragene Gene (sogenannte Transgene) gelangen
normalerweise in die Zellkerne der Pflanzen und sind dann in jeder Zelle einer
Pflanze enthalten. Somit enthalten auch die Pollen der gentechnisch veränderten
Pflanzen die neuen Gene – und diese können auf andere Pflanzen in der Umgebung
übertragen werden. Um dies zu verhindern, haben die Forscher die Transgene an
einem anderen Ort in der Pflanze untergebracht: In den Plastiden. Plastiden
sind kleine abgeschlossene Gebilde innerhalb von Pflanzenzellen. Sie enthalten
eigene Erbinformationen und haben spezielle Aufgaben. Zum Beispiel produzieren
sie als grüne Chloroplasten Zucker aus Sonnenenergie und Kohlendioxid
(Photosynthese). Bei vielen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen enthält der
Pollen keine Plastiden und damit können die gentechnisch in Plastiden
übertragenen Gene nicht an andere Pflanzen mittels Pollenübertragung
weitergegeben werden – sie sind damit „unter Verschluss“. Eine solche Methode
nennt man Confinement (engl. „Einschließung“).
(Bundesministerium für Bildung und Forschung: 25 Jahre BMBF-Forschungsprogramme
zur biologischen Sicherheitsforschung – Umweltwirkungen gentechnisch
veränderter Pflanzen, 2014, A4, 54 Seiten - http://www.bmbf.de/pub/Biologische_Sicherheitsforschung.pdf
)
·
Die
mit gentechnisch veränderten Pflanzen bewirtschafteten Flächen nehmen weiter
zu. 2014 sind die Anbauflächen weltweit erneut
um drei Prozent auf nunmehr 181
Millionen Hektar gestiegen, gegenüber 2013 noch einmal ein Plus von sechs
Millionen Hektar. Die größten Zuwächse melden USA und Brasilien. In den übrigen
der insgesamt 28 Länder haben sich die Flächen mit gv-Pflanzen kaum verändert.
Neu hinzugekommen ist Bangladesh. Dort bauen einige Landwirte auf kleineren
Flächen die 2013 zugelassene gv-Aubergine an. Zurückgegangen ist der Anbau von
gv-Mais, bei Soja, Baumwolle und Raps stieg er wieder an.
Daten zu den einzelnen Ländern und Pflanzen im Bild HIER:
(http://www.transgen.de/aktuell/1809.doku.html
)
· “Gentechnik light”: Der kleine Unterschied -
15. April 2013 | von: Sebastian Fettig
Letzte Woche gab es in verschiedenen Zeitungen die „Skandalmeldung“, dass
„Gentechnik im Chicorée“ sei, was zwar dann im Text relativiert („Gentechnik
light“), aber nicht weiter erklärt wurde. Außerdem fühlten sich die Grünen in
Person ihres Agrarsprechers Harald Ebner dazu berufen, die Verbraucher zu
schützen und eine Kennzeichnung zu verlangen. Weiterhin erfährt man, dass
bestimmte Bioverbände wie Demeter oder Naturland die „CMS“ genannte Technik in
ihren Richtlinien ausschließen.
Was ist CMS?
CMS steht für „cytoplasmatische männliche Sterilität“, das ist die vererbbare
Eigenschaft, keinen funktionierenden Pollen bilden zu können. Die genetische
Information dafür ist nicht im Zellkern, sondern im Cytoplasma zu finden. Die
Erbträger im Cytoplasma sind bei Pflanzen Chloroplasten und Mitochondrien, die
Information für CMS scheint aber nur auf der DNA von Mitochondrien zu liegen –
mir sind zumindest keine anderen Beispiele bekannt. CMS kommt natürlicherweise
nur bei wenigen Pflanzen vor, z.B. in der Familie der Korbblütler, zu denen
Chicorée gehört, nur bei wenigen Sorten der Sonnenblume.
CMS ist interessant für Pflanzenzüchter, die Hybridsorten entwickeln wollen.
Dazu werden zwei reinerbige Linien miteinander gekreuzt. Die Nachkommen solcher
Kreuzungen sind besonders ertragreich, allerdings nur in der ersten Generation –
das bedeutet, dass das Saatgut jedes Jahr erneut beim Züchter gekauft werden
muss. Die Ertragsvorteile sind aber so groß, dass sich das für die Landwirte
lohnt: In Deutschland und Europa haben Hybridsorten bei vielen Obst- und
Gemüsearten einen Marktanteil von über neunzig Prozent, beispielsweise bei
Mais, Zuckerrüben, Tomaten, Zwiebeln und verschiedenen Kohlsorten.
Bei selbstbefruchtenden Arten muss bei der Kreuzung der beiden reinerbigen
Linien sichergestellt werden, dass die Mutterlinie sich nicht selbst
befruchtet. Das kann man zum Beispiel erreichen, indem man ihre männlichen
Blütenstände abschneidet oder “eintütet”. Diese aufwändige Handarbeit entfällt,
wenn die Mutterlinie männlich steril ist. Bei Obst- und Gemüsearten, bei denen
CMS nicht natürlich vorkommt, versuchen Züchter deshalb, diese Eigenschaft aus
verwandten Arten einzuführen. Im Fall von Chicorée ist die am nächsten
verwandte Pflanze, bei der CMS auftritt, die Sonnenblume.
Wie wird gezüchtet?
Da Chicorée und Sonnenblume nicht auf einfache Weise kreuzbar sind, bedient man
sich der Technik der Protoplasten-Fusion. Dazu werden Zellen beider Pflanzen
zunächst mithilfe von Enzymen ihrer Zellwand beraubt, dann vermischt und
entweder durch Einwirkung bestimmter chemischer Substanzen oder elektrischen
Stroms zum Verschmelzen gebracht. Die Fusionsprodukte werden dann in Zellkultur
weiter vermehrt und später zu ganzen Pflanzen regeneriert. Beim Chicorée hatte
man offenbar noch das Glück, dass sich der Zellkern der Sonnenblume, dessen
Eigenschaften der Züchter ja gar nicht braucht, von selbst verabschiedete. Auch
von Plastiden war wohl keine Spur mehr, nur die CMS-vermittelnden Mitochondrien
waren noch da. In anderen Fällen wurde bei solchen Versuchen insofern
nachgeholfen, als man den unerwünschten Zellkern mit Radioaktivität abschwächte
(asymmetrische Hybride) oder inaktivierte (cytoplasmatische Hybride oder
Cybride).
Gentechnik oder nicht?
Da Gentechnik per Definition auf der in vitro-Neukombination isolierter DNA
beruht, hat der vorliegende Fall überhaupt nichts mit Gentechnik zu tun, nicht
einmal wie behauptet mit „Gentechnik light“. Die entstandenen Pflanzen sind
Gattungscybriden aus Cichorium und Helianthus und damit sogar weniger
Mischwesen als Triticale, der Liger (Kreuzung aus Löwe und Tiger) oder das
Muli, bei denen zusätzlich auch die Information der Zellkerne kombiniert
vorliegt. Die Skandalisierung der Ökoverbände und der Grünen ist mal wieder
entweder billige Effekthascherei oder ihrer Ahnungslosigkeit geschuldet –
beides macht keinen wirklich guten Eindruck! Oder es wurde mit vollem
Bewusstsein und fachlichem Hintergrund vorgetragen und bei Demeter, Naturland
und den Grünen werden wir bald auch ein rigoroses Muliverbot erleben.
(http://www.gute-gene-schlechte-gene.de/hybridsorten-gentechnik-light-chicoree-cms/ )
· Achtzehn Jahre Gentechnik-Pflanzen in
den USA: Gemischte Bilanz (10.03.2014)
Die Landwirte in den USA haben durch gentechnisch veränderte Nutzpflanzen
wirtschaftlich profitiert, obwohl sie inzwischen deutlich mehr für das Saatgut
zahlen müssen als zu Beginn der 2000er Jahre. Der Verbrauch von Insektiziden
konnte seitdem deutlich gesenkt werden, Herbizide werden dagegen verstärkt
eingesetzt, weil Unkräuter resistent geworden sind. Das geht aus einem
aktuellen Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA) hervor, für den die
Erfahrungen mit dem Anbau von gv-Pflanzen ausgewertet wurden. Bei der
Entwicklung neuer gv-Nutzpflanzen spielen agronomische Merkmale wie
Trockentoleranz und Produkteigenschaften wie Nährstoffgehalt eine immer größere
Rolle.
1996 wurden in den USA die weltweit ersten gv-Nutzpflanzen zugelassen. Bis
heute sind die USA das Land mit der größten gv-Anbaufläche. Eine Studie vom
Economic Research Service des United States Department of Agriculture, die im
Februar 2014 erschienen ist, hat die Auswirkungen des fast achtzehnjährigen
Anbaus von gv-Pflanzen auf die US-Landwirtschaft untersucht, also
beispielsweise auf Saatgutpreise, Erträge und den Verbrauch von
Pflanzenschutzmitteln.
2013 wurden gv-Nutzpflanzen in den USA auf 68 Millionen Hektar angebaut, das
ist ungefähr die Hälfte der Gesamtanbaufläche für Nutzpflanzen. Der Löwenanteil
entfällt auf die drei cash crops Soja, Mais und Baumwolle; hier werden
gentechnisch veränderte Sorten auf mindestens 90 Prozent der jeweiligen
Gesamtfläche angebaut. Die wichtigsten Eigenschaften, die mit Hilfe der
Gentechnik eingeführt wurden, sind Schädlingsresistenz durch Produktion von Bt‑ProteinenBt‑Proteinen, die als Fraßgifte wirken, und
HerbizidtoleranzHerbizidtoleranz. Andere Eigenschaften und Nutzpflanzen wie
z.B. virusresistente Papaya und Squash spielen eine untergeordnete Rolle.
Die USDA-Studie zeigte, dass der Anbau von Bt-Pflanzen in der Regel höhere
Erträge und höhere Nettogewinne für die Landwirte mit sich bringt, vor allem
bei hohem Schädlingsdruck. Der Anbau herbizidtoleranter Pflanzen hingegen
steigert nicht unbedingt die Erträge und Nettogewinne. Dennoch ist das
Haushaltseinkommen der Landwirte, die herbizidtolerante Pflanzen anbauen, im
Vergleich zu konventionellen Betrieben häufig höher. Durch die vereinfachte
Unkrautbekämpfung sparen die Landwirte Zeit und können zusätzliche Jobs
annehmen oder größere Flächen bewirtschaften.
Die größten Ertragssteigerungen erbringen Sorten mit so genannten stacked
genesstacked genes, die mehrere Schädlings- und/oder Herbizidresistenzen
tragen. Sie haben sich in den letzten Jahren am Markt immer stärker
durchgesetzt und wachsen im Fall von Mais und Baumwolle auf rund drei Viertel
der jeweiligen Gesamt-Anbaufläche.
Gestiegen sind auch die Preise für gv-Saatgut: Von 2001 bis 2010 waren bei
gv-Soja- und gv-Maissaatgut durchschnittliche inflationsbereinigte
Preiserhöhungen von 50 Prozent zu verzeichnen, bei gv-Baumwollsaatgut stiegen
die Preise sogar noch stärker. Diese Preissteigerungen sind nur teilweise auf
die Lizenzgebühren zurückzuführen, die aufgrund von Patenten anfallen. Andere Faktoren,
die den Saatgutpreis beeinflussen, sind die generelle genetische Verbesserung
des Saatguts und der steigende Marktanteil von Sorten mit stacked genes.
Positive Auswirkungen hat der gv-Anbau auf den Verbrauch von Insektiziden zur
Schädlingsbekämpfung. Die Menge der auf Maisfeldern pro Fläche eingesetzten
Insektizide betrug 2010 nur noch ein Zehntel der Menge, die 1995 eingesetzt
wurde. Auch Landwirte, die konventionellen Mais anbauen, kommen inzwischen mit
deutlich weniger Insektiziden aus, weil die Populationen der Maisschädlinge
durch den jahrelangen Einsatz von Bt-Pflanzen deutlich dezimiert sind. Die
Entwicklung resistenter Schädlinge konnte bis auf wenige Ausnahmen durch
Bereitstellung so genannter RefugienflächenRefugienflächen verhindert werden.
Der Herbizidverbrauch pro Fläche hatte in den ersten Jahren nach Einführung der
herbizidtoleranten gv-Pflanzen kurzzeitig abgenommen, stieg dann aber von 2001
bis 2010 wieder an. Fast alle herbizidtoleranten gv-Pflanzen, die bislang auf
den Markt kamen, sind unempfindlich gegen das Breitbandherbizid
GlyphosatGlyphosat. Ihr Anbau ermöglichte es den Landwirten, auf eine Reihe
älterer und deutlich gesundheitsschädlicherer Herbizide zu verzichten. Der
jahrelange einseitige Einsatz von Glyphosat hat jedoch dazu geführt, dass eine
Reihe von Unkräutern ebenfalls tolerant geworden sind, weshalb viele Landwirte
inzwischen größere Mengen des Herbizids ausbringen. Zum Teil wird auch wieder
auf ältere Herbizide zurückgegriffen, denn neue Wirkstoffe sind seit 25 Jahren
nicht mehr entwickelt worden. Die Saatgutfirmen haben erste gv-Pflanzen
entwickelt, die etwa gegen die älteren Wirkstoffe Dicamba und 2,4-D tolerant
sind. Wissenschaftler fordern schon seit längerem, die Unkrautbekämpfung müsse
wieder auf eine breitere Basis gestellt werden. Neben der dringend notwendigen
Entwicklung neuer Wirkstoffe müsse der Einsatz von Herbiziden kombiniert werden
mit anderen Maßnahmen wie z.B. vielseitigeren Fruchtfolgen.
Positive Auswirkungen haben herbizidtolerante Nutzpflanzen auf die
Bodenbearbeitung: Landwirte, die HT-Pflanzen anbauen, pflügen deutlich weniger
als konventionell anbauende Landwirte. Dadurch wird die Erosion des Bodens
aufgehalten und der Ausstoß von Treibhausgasen durch Landmaschinen verringert.
Die Entwicklung neuer gv-Pflanzen geht in den USA unvermindert weiter. Die Zahl
der genehmigten Freisetzungsanträge stieg von vier im Jahr 1985 auf fast 1200
im Jahr 2002 und pendelte sich danach um 800 pro Jahr ein. Die Anzahl der
Standorte und GenkonstrukteGenkonstrukte pro Antrag ist jedoch seit 2005
deutlich gestiegen, ebenso die Anzahl freigesetzter gv-Pflanzen mit
agronomischen Eigenschaften wie Trockentoleranz. Pflanzen mit veränderter
Produktqualität, z.B. erhöhtem Nährstoffgehalt, spielen inzwischen ebenfalls
eine große Rolle.
(http://www.transgen.de/aktuell/1772.doku.html
)
· Maiswurzelbohrer
in der Steiermark: "Landplage von ungeheurem Ausmaß" (13.10.2014)
Die Maisbauern der österreichischen
Steiermark erleben in diesem Jahr einen noch nicht dagewesenen Befall durch den
Westlichen Maiswurzelbohrer. Durch den Fraß der Larven kippen Maispflanzen auf
den Feldern großflächig um, die Käfer schädigen Blüten, Blätter und Kolben und
machen auch nicht Halt vor anderen Kulturpflanzen wie Kürbis oder Sonnenblume.
Der Schädlingsbefall ist so massiv, dass eine "Task-Force" aus
Behördenvertretern und Pflanzenschutzexperten eingerichtet wurde, um die
Maisernte zu retten und geeignete Bekämpfungsmaßnahmen zu gewährleisten.
(http://www.transgen.de/aktuell/1797.doku.html
)
· Gentechnik
hat den Agrarkonzern Monsanto in Verruf gebracht. Jetzt gibt er sich
nachhaltig. …
Züchtung im Zeitraffer – Wie massiv die Revolution der Informationstechnologien
die Pflanzenzüchtung beeinflusst, schildert Gary Barton, ein alter
Monsanto-Hase. Beim Gang durch die Forschungslabore wird seine Begeisterung
weniger von den Klimakammern und Hightech-Treibhäusern angestachelt als vom
Maschinen- und Rechnerpark.
Etwa "Chipper", ein Roboter mit feinen Scherenarmen, die Abertausende
zarter Maisembryos unverletzt aus Abertausenden Körnern trennen, um jedes Paar
mit dem gleichen Barcode zu versehen. Danach kann der Samen weiter für die
Züchtung genutzt werden, während
das Erbgut seiner Gewebeprobe digital erfasst wird. Das machen
Hochgeschwindigkeits-Sequenzierer, welche ganze Pflanzengenome entschlüsseln.
Und zwar um ein Hundertfaches schneller und billiger als noch vor ein paar
Jahren. Das habe die Züchtungsarbeit verändert "wie der Übergang vom
Kompass zum GPS", sagt Barton.
Früher mussten neue Kreuzungen monatelang heranwachsen, ehe man ihre Qualitäten
erkennen, neu kombinieren und testen konnte. Dann begann der Prozess wieder von vorn. So entstand eine Generation nach der
anderen. Jetzt schaut man sich die DNA von Millionen Samen an, markiert die
Abschnitte mit interessanten Eigenschaften und züchtet zielstrebig nur mit den
vielversprechenden Exemplaren weiter. Wozu? Um im großen Spiel der Evolution
Sorten zu finden, die den globalen Herausforderungen trotzen können: Dürre
vertragen, Stickstoff besser verwerten, Schädlingen und Viren widerstehen.
Markergestützte Selektion (MAS) oder smart breeding nennt man
die Turbozüchtung. Monsanto hat sie nicht erfunden, aber "optimiert und
ausgeweitet", schwärmt Robb Fraley. Seine Begeisterung wirkt erstaunlich
bei einem Wissenschaftler, der doch mit der Gentechnik groß geworden ist: Bei
MAS dient Biotech nur zur Diagnose – die Züchtung bleibt traditionell.
Tatsächlich forscht Monsanto auch intensiv an gentechnisch veränderten Pflanzen
weiter. Doch MAS bietet zwei Vorteile: Die Zulassungsverfahren sind einfacher,
und solange keine fremden Gene in die Pflanzen gelangen, schimpfen auch
GVO-Kritiker nicht. …
(Die Zeit 19.3.15 S.35 - http://www.zeit.de/2015/12/monsanto-agrarwirtschaft-gentechnik-nachhaltigkeit
)
· Das
Pflanzengift Glyphosat wird weltweit auf Äckern versprüht. Es sorgt dafür, dass
dort kein Unkraut wächst, sondern Gemüse oder Getreide. Vielleicht sorgt es
auch für Krebs. Das behaupten jedenfalls manche Forscher. Die EU muss jetzt
entscheiden, ob sie das Mittel verbietet. …
Glyphosat ist das erfolgreichste und meistverkaufte Pestizid der Welt. Vom
amerikanischen Agrarkonzern Monsanto 1974 in den Vereinigten Staaten unter dem
Namen Roundup auf den Markt gebracht, ist es heute rund um den Globus im
Einsatz. Das Pestizid hat sich zu einem der wichtigsten Treibstoffe der
konventionellen Landwirtschaft entwickelt. Amerikanische Maisfarmer, indische
Baumwollbauern, argentinische Sojabarone und deutsche Getreidelandwirte, sie
alle sprühen Glyphosat auf ihre Felder. Denn dieser Wirkstoff tötet die
Vogelmiere und das Rispengras, den Weißen Gänsefuß und die Acker-Kratzdistel.
Es tötet praktisch jede Art von Unkraut, überall auf der Welt.
Und womöglich nicht nur das Unkraut….
Glyphosat tötet, es muss sofort verboten werden! Das sagen Umweltschützer.
Glyphosat rettet Leben, es erhöht die landwirtschaftlichen Erträge und sichert
die Welternährung! Das antworten Agrarfunktionäre und Industrieverbände.
Was lange fehlte in diesem Kampf zwischen ökologischer und konventioneller
Landwirtschaft, war eine wissenschaftliche Instanz, die ein Urteil sprach, das
die Wahrheit von der Propaganda trennte.
Dann, im März dieses Jahres, meldete sich die Internationale
Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Wort. Nach
ausführlicher Prüfung wissenschaftlicher Untersuchungen war sie zu dem Ergebnis
gekommen, Glyphosat sei: "wahrscheinlich krebserregend"….
Mit dem Votum der WHO schien die Entscheidung gegen Glyphosat gefallen zu sein.
Aber es schien eben nur so. Denn wenig später gab auch das Bundesinstitut für
Risikobewertung in Berlin seine Einschätzung ab: Glyphosat sei "nicht
kanzerogen". Mitte November schloss sich die Europäische Behörde für
Lebensmittelsicherheit, mit Sitz in der italienischen Stadt Parma, dieser
Meinung an: Glyphosat sei "wahrscheinlich nicht krebserzeugend"….
Dichlordiphenyltrichlorethan, kurz DDT, das einst meistverwendete Insektizid
der Welt, dessen Entdecker 1948 den Medizin-Nobelpreis bekam – inzwischen als
"wahrscheinlich krebserzeugend" eingestuft und in den meisten
Industrieländern seit den siebziger Jahren verboten….
In Deutschland landet Glyphosat heute auf knapp 40 Prozent der Ackerfläche,
rund 6.000 Tonnen jedes Jahr. Während Biobauern auf das Pestizid verzichten,
ersetzt Glyphosat vielen konventionellen Landwirten den Pflug. Statt das
Unkraut vor der Aussaat von Getreide- und Gemüsesamen mechanisch zu entfernen,
töten sie es chemisch.
Am meisten Glyphosat aber wird in Ländern eingesetzt, in denen der Anbau
gentechnisch veränderter Pflanzen erlaubt ist, etwa in den Vereinigten Staaten,
in Brasilien und Argentinien. Dort pflanzen die Bauern genveränderte
Getreidesorten an, die Glyphosat zwar aufnehmen, aber nicht daran zugrunde
gehen. So können die Bauern ihre Äcker auch nach der Aussaat mit dem Pestizid
einsprühen und nachgewachsenes Unkraut vernichten. Die Weizenhalme, Maisstauden
und Sojapflanzen bleiben trotzdem stehen.
Allein die Anbaufläche für genmanipuliertes Soja ist in den vergangenen zwei
Jahrzehnten von null auf weltweit über 90 Millionen Hektar gestiegen. 22
Millionen Hektar davon erstrecken sich in Argentinien, das entspricht zwei
Dritteln der Gesamtfläche Deutschlands….
35 bis 40 Millionen Tonnen genveränderten Sojas werden jährlich aus Nord- und
Südamerika in die EU importiert. Denn hier ist zwar der Anbau genmanipulierter
Pflanzen weitgehend verboten, nicht aber die Einfuhr. Das Gensoja landet als
Mehl oder zu Pellets gepresst in den Trögen europäischer Rinder, Schweine,
Hühner….
Ein Glyphosatmolekül setzt sich zusammen aus Glycin, einer Aminosäure, und
Phosphonsäure. Monsanto ließ sich die Verbindung Anfang der siebziger Jahre
patentieren. Inzwischen ist das Patent fast überall ausgelaufen. Neben dem
Monsanto-Produkt Roundup sind allein in Deutschland rund 80 weitere
glyphosathaltige Mittel auf dem Markt. Sie heißen zum Beispiel Taifun forte,
Dominator ultra und Dr. Stähler Unkraut-frei. Es gibt sie in großen Kanistern
für Landwirte und in kleinen Flaschen für Hobbygärtner….
Kranke Kühe. Missgebildete Kinder. Ein Konzern, der aus finanziellen Gründen
alles daransetzen muss, seinen Wirkstoff im Markt zu halten. Das sind die
Bestandteile fast jeder Erzählung vom gefährlichen, giftigen Glyphosat.
Aber es sind keine wissenschaftlichen Beweise. Die Kühe auf dem Bauernhof von
Sven Krey könnten theoretisch auch durch andere Substanzen erkrankt sein. Die
Bewohner des argentinischen Dorfs Monte Maíz sind nicht nur Glyphosat
ausgesetzt. Die Sojabauern dort versprühen auch Insektizide, vielleicht sind
sie es, die den Menschen schaden, nicht das Glyphosat….
IARC. International Agency for Research on Cancer. Die Krebsforschungsagentur
der WHO.
Im fünften Stockwerk arbeitet die Amerikanerin Kathryn Guyton, Cheftoxikologin
der IARC. Auf ihrem Schreibtisch liegt der 92 Seiten starke Bericht zu
Glyphosat, 17 Wissenschaftler aus elf Ländern haben daran gearbeitet. Kathryn
Guyton hat die Gruppe geleitet. Drei Stunden lang wird sie erklären, wie die
Krebsforscher nach und nach zu der Einschätzung gelangten, Glyphosat sei
"wahrscheinlich krebserregend".
Die IARC hat seit Anfang der siebziger Jahre an die 1.000 Chemikalien, Lebens-
und Genussmittel sowie Umweltfaktoren wie UV-Strahlung und Feinstaub
untersucht. Das Vorgehen war dabei immer das gleiche. Auch bei Glyphosat.
Guyton sagt: "Wir machen keine Ausnahmen."
Für ihre Beurteilung haben die Wissenschaftler der IARC alle Studien gesichtet,
die bisher in Fachzeitschriften zum Thema Glyphosat veröffentlicht wurden. Zum
Beispiel epidemiologische Untersuchungen, die einen Zusammenhang herstellen
zwischen bestimmten Krankheiten und möglichen Einflussfaktoren. Es gebe, sagt
Guyton, drei Studien, die für Bauern und Feldarbeiter, die dem Pestizid
ausgesetzt waren, ein leicht erhöhtes Risiko feststellten, an einem Krebs des
Lymphsystems zu erkranken, dem sogenannten Non-Hodgkin-Lymphom.
Die IARC-Forscher bewerteten in diesem Fall den Zusammenhang zwischen Ursache –
Glyphosat – und Wirkung – Krebserkrankung – nur als "glaubhaft",
nicht als "gesichert"….
Den epidemiologischen Studien, aus denen die Wissenschaftler um Kathryn Guyton
einen "glaubhaften" Zusammenhang zwischen Glyphosat und
Krebserkrankungen bei Menschen ableiteten, gesteht das BfR nur "geringe
Aussagekraft" zu….
Erst vor wenigen Wochen hat die IARC einen ganz anderen Stoff ebenfalls als
"wahrscheinlich krebserregend" eingestuft: rotes Fleisch. Auch
Schweinesteaks, Rinderbratwürste und Kochschinken haben aus wissenschaftlicher
Sicht das Potenzial, Tumore zu erzeugen. Allerdings sind sich die Experten
einig, dass der Einzelne bei zurückhaltendem Konsum kein großes Risiko eingeht,
tatsächlich zu erkranken.
Sogar die IARC-Forscherin Kathryn Guyton, die Glyphosat für wahrscheinlich
krebserregend hält, schätzt das tatsächliche Gefährdungspotenzial des Pestizids
eher gering ein. So gesehen, müsste man den Wirkstoff nicht unbedingt
verbieten, auch der Konsum von rotem Fleisch ist weiterhin erlaubt. Die
Einstufung der IARC müsste nicht notwendigerweise das Aus für Glyphosat in
Europa bedeuten. Es würde womöglich reichen, verbindliche Grenzwerte
festzusetzen.
(Die Zeit 10.12.15 S.15 - http://www.zeit.de/2015/50/glyphosat-pflanzengift-krebs-gefahr-ernaehrung/komplettansicht
)
· Es steckt im Tierfutter, im Brot, in
der Milch: Das Pestizid Glyphosat belastet seit Jahrzehnten die Umwelt,
weltweit. Forscher warnen vor Missbildungen und Krebs. Wie gefährlich ist der
Stoff wirklich?
Seit 2001 ist der Einsatz von Glyphosat in den EU-Ländern möglich. Ende
des Jahres nun läuft die Zulassung aus. Die European Food Safety Authority
(EFSA) wird Anfang August eine Empfehlung aussprechen, ob der Stoff für weitere
zehn Jahre zugelassen werden kann. Gut möglich, dass zu diesem Anlass ein seit
Jahren schwelender Streit eskaliert: darüber, wie gefährlich Glyphosat für
Mensch, Tier und Umwelt ist.
Auf der einen Seite steht die Agrarindustrie mit einer mächtigen Lobby, die
seit Jahrzehnten die Unbedenklichkeit des Stoffes für Mensch und Tier
beschwört. Auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR), das in der EU für die
wissenschaftliche Einschätzung der Chemikalie zuständig ist, hält Glyphosat für
weitgehend ungefährlich. Gerade hat das Amt einen 2000 Seiten starken Bericht
an die EFSA verschickt. Darin setzen die BfR-Autoren die "akzeptable
Tagesaufnahme" für den Menschen sogar um zwei Drittel herauf.
Auf der anderen Seite kämpfen Umweltverbände und Ökoaktivisten, aber auch immer
mehr unabhängige Wissenschaftler. Sie glauben, dass Glyphosat Missbildungen bei
Säugetieren hervorrufen kann, Niere und Leber schädigt und Unfruchtbarkeit oder
Krebs begünstigt. Ein Warnruf von höchster Warte schürt die Sorgen: Die
International Agency for Research on Cancer (IARC), eine Vereinigung unter dem
Dach der Weltgesundheitsorganisation, hat Glyphosat Anfang März als "wahrscheinlich
krebserregend für den Menschen" eingestuft….
Glyphosat wurde erstmals 1950 in der Schweiz synthetisiert. Seit 1996 kommt es
massiv zum Einsatz, vor allem zusammen mit gentechnisch veränderten
Nutzpflanzen, denen die Chemikalie nichts anhaben kann. Die Kombination galt
lange als ökologisch unbedenklich und äußerst wirkungsvoll: Glyphosat hemmt das
Enzym eines für Pflanzen essenziellen Stoffwechselwegs. Gentech-Getreide wie
etwa die Roundup-Ready-Sorten des Agrarriesen Monsanto widerstehen dem Killer.
Wer also Glyphosat gegen Unkraut spritzt und gleichzeitig die Gentech-Saat
verwendet, darf auf reiche Ernten hoffen.
Jahrelang ging das gut. Doch die Bauern müssen immer größere Mengen des
Pestizids auf die Felder sprühen, weil viele Unkräuter resistent geworden sind.
Über 700 000 Tonnen des Stoffs produzieren Firmen wie Monsanto, Syngenta
oder Bayer Crop Science inzwischen im Jahr. In Deutschland sind derzeit 94
glyphosathaltige Unkrautvernichter unter Namen wie Roundup, Glyfos oder
Permaclean zugelassen.
Gartenfreunde sprühen die Mittel in die Fugen zwischen den Terrassenplatten.
Die Bahn hält damit ihre Gleisanlagen kahl. Deutsche Bauern wiederum machen mit
den Pestiziden Tabula rasa, um Felder für die neue Aussaat vorzubereiten. Oder
sie nutzen die Mittel für die sogenannte Sikkation : Raps, Kartoffeln oder
Weizen werden kurz vor der Reife gleichsam totgespritzt, weil sie dann leichter
zu ernten sind….
Anfang der Achtzigerjahre zum Beispiel gab Monsanto Fütterungsversuche mit
Ratten in Auftrag, eigentlich um die US-amerikanische Environmental Protection
Agency (EPA) von der Harmlosigkeit von Glyphosat zu überzeugen. EPA-Vermerke
von damals legen jedoch nahe, dass die Industriestudie eine "große
Zahl" pathologischer Veränderungen der Rattennieren feststellte,
Veränderungen, die einen Krebsverdacht begründen können.
Inzwischen stuft die EPA Glyphosat als praktisch ungiftig ein. Auch das BfR in
Berlin sieht keinerlei Gesundheitsgefahren durch den Stoff. Sind die Behörden
den Taktiken der Glyphosat-Lobby auf den Leim gegangen, wie Kritiker meinen?
Das BfR weist den Vorwurf der Industrienähe vehement zurück.
"Eigenständige Bewertungen" von "mehr als 1500
Publikationen" seien durchgeführt worden. …
Absatz von Glyphosat weltweit in Tonnen: 2002 300000, 2006 500000, 2012 725000
(Marktwert 5,5 Mrd, Dollar)
(Der Spiegel 24-2015 S.118)
· Algen sollen
Palmöl als Waschmittelrohstoff ersetzen. Klingt ökologisch. Aber was, wenn das
nur mit neuer Gentechnik geht? …
Ein Grund für die Kontroverse ist, dass jeder unter dem Begriff etwas anderes
versteht. Die einen sprechen erst von Synthetischer Biologie, wenn für
industrielle Zwecke "künstliches Leben" regelrecht neu entworfen
werden soll. Dafür kombinieren Teams aus Mikrobiologen, Chemikern und
Informatikern die Buchstaben der Erbinformation am Computer neu, um sie
anschließend Mikroorganismen einzuprogrammieren. Dabei können Organismen
entstehen, die in der Natur nicht vorkommen. Die Befürworter dieser Forschung
nennen SynBio in dieser Form "erweiterte", die Gegner
"extreme" Gentechnik. Oder gleich Schöpferwahn, ja eine
"Synde".
Für Jim Thomas von der ETC Group und andere Kritiker aber beginnt Synthetische
Biologie schon dort, wo andere einfach von Gentechniksprechen. …
Ecovers Algenöl wurde in Kalifornien von dem Biotechunternehmen Solazyme
entwickelt. Die wichtigste Algenvariante der Firma in San Francisco ist
Prototheca moriformis, die vor 100 Jahren im Saft einer deutschen Kastanie
entdeckt wurde. Sie wächst nur im Dunkeln. Deshalb züchten die
"Algenisten" sie in einem Fermenter, nicht in flächenfressenden
Teichen.
Prototheca reagiert von Natur aus auf Stress, indem sie Öl produziert. Tricks
bei ihrer Züchtung, aber auch "geringste" gentechnische Eingriffe
machten diesen Prozess effizienter, heißt es bei Solazyme. Statt auf 15 Prozent
Fettanteil bringen es die Mini-Ölfabriken dann auf bis zu 80 Prozent. Nach
Ernte und Trocknung presst man den gelblichen Saft heraus. Daraus lassen sich
verschiedene Produkte herstellen, deren Grundlage sonst Palmöl oder fossile
Rohstoffe wären.
Auch beim Umweltbundesamt in Deutschland gelten Mikroalgen allgemein als
vertretbare Alternative zu den etablierten Rohstoffquellen bei der Herstellung
von Tensiden. Die auf Ölproduktion getrimmten Organismen seien weit davon
entfernt, als neu konstruiert gelten zu können, sagt der Biotechnologe und
Chemiker Tobias Knobloch. Mit minimalen Veränderungen habe man den Algen
gentechnisch "Pflug und Harke an die Hand gegeben, nicht Schild und
Schwert".
Womöglich hat sich die richtige Debatte tatsächlich am falschen Gegenstand
entzündet. Denn im Übrigen ähnele der Herstellungsprozess Verfahren, wie sie
bei Wasch- und Putzmitteln schon seit Langem praktiziert würden, urteilt
Knobloch. Da würden mithilfe gentechnisch veränderter Bakterien und Pilze in
großer Menge Enzyme hergestellt, um die Reinigungskraft zu steigern. Die
Gentechnik bleibe im Produktionsprozess zurück, die Enzyme verlören beim
Waschen nach einer bestimmten Zeit ihre Wirkung, versichern die Hersteller.
(Die Zeit 12.3.15 S.37 - http://www.zeit.de/2015/11/gentechnik-ecover-algen-waschmittel/komplettansicht
)
· Die
Landwirtschaftsbehörde der USA hat den Anbau einer weiteren gentechnisch
veränderten Kartoffel genehmigt. Die gv-Kartoffel verfügt über mehrere neue
Eigenschaften: Sie ist resistent gegen die Kraut- und Knollenfäule, bleibt
länger frisch in Geschmack und Farbe, ist weniger anfällig für grau-schwarze Flecken und beim Frittieren sollen weniger gesundheitsschädliche
Acrylamide entstehen. Entwickelt wurde die Kartoffel von der J.R.Simplot
Company, einem führenden Agrarhändler in den USA, der Fast Food-Ketten wie
McDonalds mit Kartoffeln beliefert.
(weiter: http://www.transgen.de/aktuell/1847.doku.html )
· Neues gegen
Feuerbrand. Freilandtests mit cisgenen Apfelbäumen geplant (30.10.2015) In der
Schweiz sollen im kommenden Frühjahr Apfelbäume mit einem neuen
Resistenzkonzept gegen Feuerbrand im Freiland getestet werden. Es geht auf ein
Resistenzgen aus einem Wildapfel zurück, das in die Kulturapfelsorte Gala eingeführt wurde. Der Versuch soll auf
dem besonders geschützten Versuchsgelände in Reckenholz in der Nähe von Zürich
stattfinden. Feuerbrand ist weltweit die bedeutendste bakterielle Krankheit bei
Apfelbäumen.
(weiter: http://www.transgen.de/2524.feuerbrand-cisgenene-apfelbaeume-freiland-schweiz.html )
· Gentechnik
oder Nicht-Gentechnik. EU-Kommission entscheidet über neue Züchtungstechniken
(02.11.2015) Noch in diesem Jahr will die EU-Kommission eine immer wieder
aufgeschobene Entscheidung herbeiführen: Fallen Pflanzen, bei denen neue Züchtungsverfahren
zur Anwendung kamen, künftig unter die Gentechnik-Gesetze oder nicht? Es ist
eine grundsätzliche Weichenstellung für die Pflanzenforschung und –züchtung in
Europa. Von ihr hängt ab, ob die neuen Verfahren ein ähnliches Schicksal
erleiden wie die grüne Gentechnik.
(weiter: http://www.transgen.de/2523.neue-zuechtungstechniken-gentechnik.html
)
· Vanillin -
ein Produkt der synthetischen Biologie
Vanillearoma ist überall. Doch nur ein Bruchteil dessen, was nach Vanille
schmeckt, geht auf echte Vanille zurück, die fermentierten und gemahlenen
Schoten der Vanillepflanze. Meist kommt der Geschmack von Vanillin, der
Schlüsselkomponente des Vanillearomas. Und das wird jetzt mit einer besonderen
gentechnisch veränderten Hefe hergestellt. In den USA ist dieses Vanillin seit
2014 auf dem Markt.
(http://www.transgen.de/datenbank/zutaten/2081.vanillin-vanillearoma.html )
· Neue
Züchtungsverfahren – Neuer Themenbereich bei transGEN
Gentechnik oder nicht- Gentechnik: Fließende Übergänge, starre Gesetze
Wenn eine Pflanze als "gentechnisch verändert" gilt, dann ist sie
streng reguliert: Genehmigung von Freilandversuchen, Zulassung, Kennzeichnung
und eine überkritische Öffentlichkeit. Doch wann gilt eine Pflanze als gentechnisch
verändert? Die gesetzliche Definition ist 25 Jahre alt, doch wissenschaftlich
haben sich die Verfahren längst weiterentwickelt. Sie sind wesentlich präziser
und smarter als in den Anfangsjahren der Grünen Gentechnik.
(Übersicht: Neue Verfahren in der Pflanzenzüchtung: http://www.transgen.de/forschung/verfahren.html
)
· Rapsblüte
Neue Züchtungstechniken: Was eine Pflanze zu einer gentechnisch veränderten
macht
(10.03.2015) Ein mit einem neuen Züchtungsverfahren hergestellter
herbizidresistenter Raps ist nach den Bestimmungen des Gentechnik-Gesetzes
nicht als gentechnisch veränderter Organismus (GVO) anzusehen. Das hat das
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) der
kalifornischen Firma Cibus in einem förmlichen Bescheid mitgeteilt. Dagegen
stufen Verbände und Organisationen aus der Anti-Gentechnik-Bewegung den Raps
"eindeutig als Gentechnik" ein und haben Widerspruch eingelegt. Es
ist der erste große Konflikt um neue molekularbiologische Verfahren, die
zunehmend auch in der Pflanzenzüchtung eingesetzt werden.
(weiter: http://www.transgen.de/aktuell/1549.neue-zuechtungstechniken-regulierung.html
oder http://www.gute-gene-schlechte-gene.de/wohlduftender-reis-pflanze-gentechnisch-veraendert/
)
· Maisbauern
Afrika. Weniger Pflanzenschutzmittel, mehr Erträge - 147 Studien zu
Gentechnik-Pflanzen ausgewertet
(04.11.2014) Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen bringt den Landwirten höhere
Erträge und es werden weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt als in der
konventionellen Landwirtschaft. Das ist das Ergebnis einer Meta-Analyse, für die
Göttinger Agrarwissenschaftler 147 Studien aus verschiedenen Regionen
ausgewertet haben. Diese Vorteile sind in Entwicklungsländern deutlich größer
als in Industrieländern.
(weiter: http://www.transgen.de/aktuell/1800.doku.html
)
· Mutagenese
Erzeugung von Mutationen; in der Pflanzenzüchtung durch Einsatz chemischer
Stoffe oder ionisierender Strahlen
Bei der klassischen Mutagenese wird die spontane Mutationsrate im Erbgut von
Lebewesen erhöht, indem sie Erbgut-verändernden (mutagenen) Substanzen oder
Strahlen ausgesetzt werden.
Heute ist auch die gezielte Mutagenese auf DNA-Ebene möglich.
Mutagenese wird als Methode in der medizinischen und biologischen Forschung
eingesetzt, um bestimmte Genfunktionen aufzuklären. Große Bedeutung hat die
Mutagenese in der Pflanzenzüchtung.
Durch chemische Substanzen, aber auch durch Gamma- oder Neutronenstrahlen
werden künstlich ungerichtete Mutationen im Erbgut der Pflanzen ausgelöst.
Anschließend werden die entstandenen Mutanten auf interessante Gene bzw.
Eigenschaften durchsucht. Diese werden dann in vorhandene Sorten eingekreuzt.
Zwischen 1965 und 1990 ist die durch atomare Strahlung ausgelöste Mutagenese
systematisch in der Pflanzenzüchtung eingesetzt worden. Nach einer Aufstellung
der Internationalen Atomenergiebehörde sollen etwa 1800 neue mit dieser Methode
erzeugte Pflanzensorten auf den Markt gekommen sein.
Auch heute wird die chemisch induzierte Mutagenese noch in der Pflanzenzüchtung
angewandt, um Pflanzen mit neuen Eigenschaften zu erhalten, wie sie mit den
Methoden klassischer Pflanzenzüchtung nicht möglich sind.
+ In Kanada gelten neue Pflanzensorten, die durch Mutagenese erzeugt wurden,
als "neuartig". Sie unterliegen den gleichen gesetzlichen
Bestimmungen wie gentechnisch veränderte Pflanzen und werden nur zugelassen,
wenn keine Risiken für Umwelt und Gesundheit zu erkennen sind.
+ In der EU gibt es für neue, aus der Mutationszüchtung hervorgegangene Pflanzen keine besonderen Bestimmungen. Anders als gentechnisch
veränderte Pflanzen müssen diese kein Zulassungsverfahren durchlaufen.
(http://www.transgen.de/lexikon/1727.mutagenese.html )
·
Freilandversuch
mit Gentechnik-Weizen: Mehr Biomasse durch effektivere Fotosynthese
(07.02.2016) Im kommenden Frühjahr wird auf einem Versuchsgut nördlich von
London gentechnisch veränderter Weizen ausgesät. Gerade haben die britischen
Behörden den über drei Jahre geplanten Versuch genehmigt. Dank eines zusätzlich
eingeführten Gens aus einem verwandten Gras soll der Weizen besser Sonnenlicht
und CO2 in Biomasse umwandeln und damit höhere Erträge liefern. Die bisherigen
Versuche im Gewächshaus waren vielversprechend.
WEITERLESEN: <http://www.transgen.de/aktuell/2621.weizen-ertrag-gentechnik.html>
·
Ohne
Gentechnik! Und wo kommt das ganze Futter her?
Die großen Handelsketten, aber auch viele kleine Hersteller wollen ihre
Lebensmittelprodukte „ohne Gentechnik“ deklarieren. Das bezieht sich in erster
Linie auf die Futtermittel: Doch woher sollen genug „gentechnik-freie“
Sojabohnen kommen? In Europa, erst recht in Deutschland wird davon viel zu
wenig angebaut. Und was aus Nord- und Südamerika eingeführt wird, ist zu einem
großen Teil gentechnisch verändert. (Mit zahlreichen neuen Infografiken)
WEITERLESEN: <http://www.transgen.de/lebensmittel/2622.futter-soja-ohne-gentechnik.html>
·
Cassava,
Afrika
Biofortification: Gegen den versteckten Hunger
Vor ein paar Tagen wurden die Träger des diesjährigen World Food Prize bekannt
gegeben: Es sind vier Wissenschaftler/innen,
die Süßkartoffeln mit mehr Vitamin A entwickelt und dafür gesorgt haben, dass
sie in einigen afrikanischen Ländern tatsächlich angebaut werden. Ein ganz
konkreter Beitrag gegen den versteckten Hunger, wie er in vielen Regionen
Afrikas und Asiens verbreitetet ist. Ähnliche Projekte gibt es einige, etwa bei
Reis, Cassava, Hirse oder Bananen. Ob das Ziel mit Gentechnik (wie etwa Reis) oder
mit anderen molekularbiologischen Züchtungsverfahren (wie bei der Süßkartoffel)
erreicht wurde, ist dabei keine grundsätzliche Frage, sondern eine
pragmatische. - Hier ein kleiner Überblick zu den Projekten zur
Biofortification.
WEITERLESEN
<http://www.transgen.de/forschung/1453.versteckter-hunger-mikronaehrstoffe-anreicherung.html>
·
Kontakt mit dem Schöpfer, Veröffentlicht am 7. Juni 2016, ein
kritischer Beitrag zu kritischen kirchlichen Stellungnahmen zur
Gentechnikdebatte, von Prof. Dr. Reinhard Szibor:
www.krause-schoenberg.de/gent-Szibor-Kontakt_mit_dem_Schöpfer.pdf
·
Reisforschung
IRRI
Fernziel C4-Reis: Evolutionssprung bei der Fotosynthese
Einige Pflanzenarten wie Mais, Hirse oder Zuckerrohr bilden in nur einer
Anbausaison sehr viel Biomasse.
Der Grund: Sie haben im Laufe der Evolution eine besonders effektive Form der
Fotosynthese entwickelt. Wäre es nicht möglich, diese auch in andere
Pflanzenarten „hineinzuzüchten“? Etwa in Reis, Grundnahrungsmittel für die
Hälfte der wachsenden Menschheit? Am Internationalen Reisforschungsinstitut
IRRI läuft dazu ein großes, ambitioniertes Projekt, an dem
Forschungseinrichtungen aus aller Welt beteiligt sind, auch aus Deutschland.
WEITERLESEN <http://www.transgen.de/forschung/1198.c4-reis-photosynthese.html>
·
Futtermittel
ohne Gentechnik: Wer will das bezahlen?
(02.06.2016) Bei gentechnik-freien Futtermitteln in Deutschland gibt es aktuell
keine Lieferengpässe, auch wenn derzeit mehr als achtzig Prozent der weltweiten
Sojaproduktion mit gentechnisch veränderten Sorten erzielt werden. Das hat eine
Studie ergeben, die das Thünen-Institut im Auftrag des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft erstellt hat. Danach bremst nicht knappe Verfügbarkeit einen stärkeren Einsatz
konventioneller Sojabohnen in der Tierfütterung, sondern deren höhere Kosten.
Doch weder die meisten Verbraucher, noch die anderen Akteure in der
Produktionskette sind bereit, für „Ohne Gentechnik“-Futtermittel mehr zu
zahlen.
WEITERLESEN <http://www.transgen.de/aktuell/2578.ohne-gentechnik-soja-futtermittel.html>
· Anbauflächen gentechnisch veränderter
Pflanzen weltweit:
Die aktuellen Zahlen
Im vergangenen Jahr
gingen die Flächen, auf denen
gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut wurden, erstmals leicht zurück - auf
nunmehr 179 Millionen Hektar weltweit. Doch das ist keine einheitliche Tendenz.
Sowohl bei den Pflanzenarten wie bei den verschiedenen Ländern gab es
auffällige Unterschiede.
Alle aktuellen Zahlen finden Sie über das transGEN-Portal
"Anbau/Flächen international":
<http://www.transgen.de/anbau/2562.zwanzig-jahre-anbau-gentechnik-pflanzen.html>
<http://www.transgen.de/anbau/flaechen_international.html>
<http://www.transgen.de/anbau/2562.zwanzig-jahre-anbau-gentechnik-pflanzen.html>
·
Zwanzig
Jahre Anbau von Gentechnik-Pflanzen: Gespaltene Welt
Im Frühjahr 1996 säten einige
Farmer in den USA erstmals gentechnisch veränderte Pflanzen aus. Im Herbst
liefen in den Häfen von Rotterdam und Hamburg Schiffe ein, die in ihren
Frachträumen die ersten Produkte der Grünen Gentechnik nach Europa brachten -
nicht nur auf die Teller, sondern mit einiger Verzögerung auch auf die
politische Tagesordnung. Zwanzig Jahre später haben sich weder die großen
Erwartungen erfüllt, noch sind die heraufbeschworenen Katastrophen und
Negativszenarien eingetreten. (Mit einem bemerkenswerten Kommentar eines
früheren Ökolandwirts.)
<http://www.transgen.de/aktuell/2563.usa-gentechnik-kennzeichnung.html>
WEITERLESEN <http://www.transgen.de/anbau/2562.zwanzig-jahre-anbau-gentechnik-pflanzen.html>
·
Nobelpreisträgerin
Christiane Nüsslein-Volhard
Umso mehr ärgere ich mich darüber, mit welcher Unkenntnis und Unvernunft die
Anwendung dieser neuen Verfahren in Forschung und Praxis immer noch politisch
bekämpft werden. Pflanzengentechnik findet in Deutschland nur noch im Labor
statt. Das regt mich auch deshalb auf, weil Deutschland eine lange Tradition in
landwirtschaftlicher Forschung vorzuweisen hat und diese Forschung sehr
entscheidende Beiträge zur Bekämpfung des Hungers auf der Welt geleistet hat.
Es gibt drei Aspekte, die mir am Herzen liegen und bei denen der Einsatz von
gentechnischen Methoden große Bedeutung erlangen könnte:
1. Die Ernährung der Weltbevölkerung. Bei steigenden Bevölkerungszahlen ist das
im Wesentlichen ein Problem der nachhaltigen Nutzung von Anbauflächen, die sich
nicht vergrößern lassen, ohne Urwald zu roden oder verseuchtes Land wieder
fruchtbar zu machen. Die Bekämpfung des Welthungers geht uns alle an, und
unsere Forschung hat die Pflicht, sich dafür einzusetzen.
2. Die Qualität und damit die Haltbarkeit, der Geschmack, die Gesundheit
unserer Nahrungsmittel. Diese sind mir als Hobbygärtnerin und -köchin besonders
wichtig – daher auch mein Brief an den Koch Wolfram Siebeck.
3. Der Naturschutz. Er liegt mir am meisten am Herzen. Ich bin der Überzeugung,
dass die Einsparung von Pflanzenschutzmitteln, welche beim Anbau von
gentechnisch modifizierten Pflanzen ermöglicht wird, sich positiv auf den
Artenreichtum, die Vogelwelt, die Schönheit unserer Landschaften auswirken
würde.
Statt innovatives Saatgut zu entwickeln, treiben wir hervorragend ausgebildete
Wissenschaftler ins Ausland. Dabei hat die Forschung ihr Potenzial noch gar
nicht richtig entfalten können. Es können Pflanzen gezüchtet werden, die besser
an ungünstige Wachstumsbedingungen, an versalzene Böden oder Trockenheit
angepasst sind. Neue, ungleich präzisere Methoden der Gentechnik lassen noch
viele weitere Einsatzmöglichkeiten denkbar erscheinen.
Meine Vision ist die Anwendung derart entwickelter Sorten und neuer
Anbaustrategien im ökologischen Landbau, um die Vorteile beider Verfahren zum
Schutz unserer Natur, zur Ertragssteigerung und der Gewinnung unbelasteter
Nahrungsmittel zu verbinden. Darum müssen wir die Debatte um die grüne
Gentechnik in Deutschland unbedingt fortsetzen.
Für solche Debatten, für wichtige Kontroversen über komplexe Themen zwischen
Wissenschaft, Gesellschaft und Politik brauchen wir die ZEIT, weil sie
vorurteilsfrei auf hohem Niveau informiert.
(Die Zeit 15.2.2016 S.41 http://www.zeit.de/2016/08/journalismus-zeit-christiane-nuesslein-volhard
)
·
Kein
Sommer für Kartoffeln
Die Ernte fault, ein Ökoforscher fordert Gentechnik. Recht hat er! …
die Kartoffel hat einen Gegenspieler, den Pilz Phytophtera infestans, der
Blätter welken und Knollen verfaulen lässt. Und so, wie die Kartoffel die Welt
erobert, tut es ihr Phytophtera gleich. 1845 sucht der Erreger Irland heim.
Eine Million Iren verhungern, eineinhalb Millionen wandern aus. Unter ihnen die
Kennedys aus der Grafschaft Wexford, deren Spross 120 Jahre später als erster
Katholik amerikanischer Präsident wird.
Phytophtera hat Geschichte geschrieben. Und ist doch Gegenwart. Denn der nasse
Sommer 2016 lässt die Pilze kräftig sprießen. Wären wir im 19. Jahrhundert, uns
drohte eine Hungersnot: Kartoffeln, Getreidekörner, Trauben, sie würden vor
unseren Augen hinwegfaulen. Moderne Pflanzenschutzmittel verringern die
Verluste. Doch wenn der Bauernverband an diesem Freitag die Erntebilanz 2016
vorlegt, wird er über Ausfälle klagen.
Von der Kraut- und Knollenfäule der Kartoffeln, die Phytophtera verursacht,
sind vor allem die Biobauern betroffen. Sie dürfen keine Fungizide gegen den
Pilz spritzen und setzen stattdessen Kupfer ein. Das ist aber nur in engen
Grenzen erlaubt. Und bald will die EU den Einsatz des Schwermetalls im Ackerbau
ganz verbieten. Was dann?
Urs Niggli, Chef des Forschungsinstituts für den biologischen Landbau im
schweizerischen Aargau, hat dazu einen Vorschlag gemacht. Die neue
Gentechnikmethode Crispr/Cas9 habe "großes Potenzial". Mit diesem
Präzisionswerkzeug könne man "Resistenzgene aus der verwandten Wildpflanze
wieder in moderne Sorten einführen", sagte der Öko-Vordenker ausgerechnet
in der alternativen taz.
Seither tobt eine Art Kartoffelkrieg: Nigglis Gegner forderten seinen Rücktritt
oder mindestens ein Redeverbot. Ökolandbau und Gentechnik, das geht für die
meisten Vertreter der alternativen Landwirtschaft prinzipiell nicht zusammen.
Dabei könnte eine Phytophtera-resistente Kartoffel jenen "dritten
Weg" bereiten, für den Niggli schon länger wirbt – einen neuen Kurs
zwischen konventioneller Landwirtschaft und klassischem Ökolandbau. Gelänge es,
das Resistenzgen von wilden Kartoffeln auf Ackersorten zu übertragen, bräuchte
es weder Chemie noch Schwermetall auf dem Kartoffelacker. Das wäre der Anfang
einer neuen, smarten Landwirtschaft.
(Die Zeit 18.8.2016 S.31 http://www.zeit.de/2016/35/gentechnik-kartoffeln-landwirtschaft
)
·
"Die
am ehesten akzeptable Alternative"
Ökologie und grüne Gentechnik schließen sich doch ganz prinzipiell aus, oder?
Der Ökologe Hanno Schäfer, Professor für Biodiversität der Pflanzen an der TU
München, widerspricht. …
ZEIT: Wie viel mehr Ackerfläche kann die Erde noch verkraften?
Schäfer: Es ist schon jetzt zu viel. Schätzungsweise ein Drittel der
Erdoberfläche wird landwirtschaftlich genutzt. Das reicht gerade, um die
Menschheit zu ernähren. Die Vereinten Nationen sagen bis 2050 ein
Bevölkerungswachstum auf 9,5 Milliarden Menschen vorher. Wenn wir mit dem
bisherigen Ertrag pro Fläche weitermachen, müssten wir noch mal ein knappes
Drittel der Landfläche bewirtschaften. Biodiversitätsforscher wie ich sehen das
mit höchster Sorge, weil jeder Hektar, der noch umgebrochen wird, weitere Arten
gefährdet.
ZEIT: Sie setzen zur Ertragssteigerung auch auf die grüne Gentechnik. Dabei
steht die doch selbst im Verdacht, den Artenreichtum zu bedrohen. Jedenfalls
sagen ihre Gegner, die Vielfalt leide unter dem Anbau gentechnisch veränderter
Organismen.
Schäfer: Ich sehe das umgekehrt: Die gentechnische Veränderung von Nutzpflanzen
kann die Biodiversität positiv beeinflussen – wenn sie zur Steigerung der
Erträge führt. Wenn man mehr auf der gleichen Fläche produziert, muss man
weniger Land unter den Pflug nehmen und kann naturnahe Lebensräume erhalten.
Die landwirtschaftliche Nutzung einer Fläche, sei es konventionell, biologisch
oder mit genetisch modifizierten Pflanzen, bedeutet immer einen Verlust der
Vielfalt. Auf einem Hektar Regenwald wachsen bis zu 400 Baumarten, auf einem
Hektar Soja keine einzige.
ZEIT: Das heißt, Sie als Professor für natürliche Vielfalt werben für eine
Ausweitung der grünen Gentechnik?
Schäfer: Ja, weil wir die Verantwortung tragen, die kommenden Generationen zu
ernähren. Und zwar in einer Form, die auch weiterhin das Funktionieren unserer
Ökosysteme erlaubt.
ZEIT: Bisher ist die Gentechnik den Beweis schuldig geblieben, dass sie zur
Welternährung substanziell beitragen könnte. Was muss sich ändern?
Schäfer: Bisher ist die grüne Gentechnik auf wenige Nutzpflanzen und wenige
Eigenschaften fokussiert: hauptsächlich auf Soja, Mais, Baumwolle und Raps. Sie
wurden resistent gegen Pestizide gemacht oder produzieren gegen Fressfeinde ein
Insektengift, das Bt-Toxin. Was wir viel dringender brauchen, sind
Nutzpflanzen, die den Klimawandel überstehen. Die trockenheitstolerant sind
oder salztolerant oder die mehrjährig sind und deshalb die Flächen vor
Bodenerosion schützen. Wenn wir gentechnisch veränderte Pflanzen produzieren
könnten, die Nährstoffe effizienter nutzen und weniger Düngung benötigen, wäre
auch das ein großer Fortschritt. …
ZEIT: Gibt es denn keine Alternativen zur Steigerung der Erträge?
Schäfer: Es gibt Alternativen. Würden wir zum Beispiel auf tierische
Nahrungsmittel verzichten, könnte man mit der bestehenden Nutzfläche auch ohne
Gentechnik die zusätzlichen Milliarden Menschen ernähren. Aber ich sehe da
keinerlei Akzeptanz in unserer Gesellschaft. Deshalb ist im bestehenden System
die gentechnische Modifizierung von Nutzpflanzen zur schnellen
Ertragssteigerung auf begrenzter Fläche die am ehesten akzeptable Alternative.
ZEIT: Sind Sie mit Ihrer Position allein? Wie unpopulär ist die Gentechnik
unter Ökologen?
Schäfer: Ich denke, dass die meisten Ökologen keine Probleme mit der Gentechnik
per se haben. Denn die ist, wie der Name sagt, eine Technik, eine Methode. Die
Frage ist, was man damit anstellt. Wenn man damit Resistenzen in Nutzpflanzen
einbaut und später große Flächen mit Pestiziden besprüht, auf denen dann kein
Ackerwildkraut und kein Insekt mehr leben kann, ist das aus ökologischer Sicht
beklagenswert. Aber wenn sich mithilfe derselben Technik Ackerbau auf geringerer
Fläche betreiben lässt und dadurch naturnahe Lebensräume mit hohem
Artenreichtum erhalten werden können, dann wird ein Ökologe das begrüßen.
(Die Zeit 22.9.2016 S.34 http://www.zeit.de/2016/40/gruene-gentechnik-landwirtschaft-ernaehrung
)
·
Giftiger Streit
Jetzt doch nicht krebserregend? Um das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat tobt
eine bizarre Studienschlacht.
… Rückblende: Ende 2015 stufte die Krebsforschungsagentur der
Weltgesundheitsorganisation, die International Agency for Research on Cancer
(IARC), das weltweit am häufigsten eingesetzte Herbizid als
"wahrscheinlich krebserzeugend beim Menschen" ein. Bei dieser
Entscheidung soll ausgerechnet der Vorsitzende der zuständigen Arbeitsgruppe,
Aaron Blair, seine Kollegen über wichtige Forschungsergebnisse "im Dunkeln
gelassen" haben, enthüllte Mitte Juni die britische Nachrichtenagentur
Reuters.
Zahlreiche Medien griffen den Scoop auf. Kein Wunder: Schließlich stellt er ein
Verdikt infrage, mit dem sich die 17 Experten des IARC gegen die Befunde
anderer Gremien positionieren. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR), die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA und jüngst auch
die EU-Chemikalienagentur ECHA: Sie alle haben Glyphosat vom Krebsverdacht
freigesprochen. …
Und das alles auf der Grundlage überholter Daten? Reuters wird konkret: Die
IARC habe neue Ergebnisse der Agricultural Health Study ignoriert. In dieser
großen Langzeituntersuchung ermitteln amerikanische Wissenschaftler seit den
neunziger Jahren, wie sich der Einsatz von Pestiziden bei Farmern,
Landarbeitern und ihren Familien in Iowa und North Carolina auswirkt. Schon
eine erste Auswertung fand 2005 keinen "allgemeinen" Zusammenhang zwischen
Glyphosat und dem Non-Hodgkin-Lymphom, dessen Entstehung mit dem Wirkstoff in
Verbindung gebracht wird. Acht Jahre später hatten die Forscher noch mehr Daten
von nunmehr rund 89.000 Personen erfasst – und die Entwarnung bestätigte sich.
Davon teilte der Vorsitzende des Glyphosat-Gremiums seinen IARC-Kollegen aber
nichts mit. Dabei ist IARC-Mitglied Aaron Blair sogar selbst an der
Fortschreibung der Agricultural Health Study beteiligt.
Dass die neuen Ergebnisse nicht berücksichtigt wurden, ist formal völlig
korrekt: Nach einem ehernen Grundsatz bezieht die IARC nur solche
Forschungsarbeiten in ihre Bewertungen ein, die bereits von einer
wissenschaftlichen Zeitschrift, peer reviewed, angenommen wurden. Die
aktualisierten Erkenntnisse der US-Studie sind aber bislang nicht publiziert.
Doch warum nicht?
(Die Zeit 29.6.2017 S.32 http://www.zeit.de/2017/27/glyphosat-unkrautvernichtungsmittel-risiken-studien-streit/komplettansicht
)
·
Glyphosat
ist das weltweit meistversprühte Herbizid. Über 800.000 Tonnen des Stoffs
produzieren Firmen wie Monsanto, Syngenta oder Bayer jedes Jahr. Auch in
Deutschland wird es verkauft. Die Bauern machen mit dem Mittel Tabula rasa, um
Felder für die neue Aussaat vorzubereiten. Oder sie spritzen damit Kartoffel-
oder Rapspflanzen kurz vor der Reife tot. Dann ist die Ernte einfacher. Seit
mehr als 40 Jahren ist der Bauern-Blockbuster in Gebrauch. …
Absatz weltweit in Tausend Tonnen: 2002 – 269; 2008 – 543; 2014 – 826
(geschätzter Marktwert: 4,1 Milliarden €)
(Spiegel 43-2017 S.108)
·
Da China und Indien aufgrund des Patentablaufes momentan die größten
Mengen des Wirkstoffs Glyphosat produzieren, erscheint die öffentliche
Erregungs-Diskussion bezüglich Glyphosat und dem Bayer-Deal wenig zielführend.
Monsanto konzentriert sich auf die Züchtung von Hochleistungssorten …
(Das Parlament 4647 13.11.2017 S.6)
·
Glyphosat-Absatzmengen in Deutschland
(in Tonnen):
2009 – 3960; 2011 – 5359; 2014 – 5425
(Die Zeit 19.10.17 S.43)
·
Böse, böser, Glyphosat
Der Wahrheitscheck in der Wirtschaft: Sind bei der Genehmigung des
Pflanzengifts die Interessen der Industrie wichtiger als die Gesundheit der
Bürger? …
Die Prüfer des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), so der Vorwurf,
hätten Passagen aus dem Zulassungsantrag von Monsanto einfach kopiert und das
nicht kenntlich gemacht. Das Umweltinstitut München hat deshalb eine
Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht. Und Grünen-Chefin Katrin Göring-Eckardt
wurde von der taz mit dem Satz zitiert: "Eine Glyphosat-Neuzulassung kann
es auf Basis dieser Plagiats-Risikobewertung jetzt nicht mehr geben."
Vertreten also deutsche Experten willfährig die Interessen der Agrarindustrie?
Sind sie gar gekauft, wie mancher Glyphosat-Gegner insinuiert? Was ist dran an
diesem Vorwurf? …
Tatsächlich enthält der Report, der 4322 Seiten umfasst, massenhaft Tabellen,
Daten und Schlussfolgerungen der Antragsteller. Das ist in diesem Fall die
Glyphosate Task Force, eine Arbeitsgemeinschaft von Herstellern, darunter
Monsanto. Die Kommentare der Prüfer sind in dem Report in der Regel in kursiver
Schrift eingefügt – etwa das Urteil, eine Studie sei nicht valide.
Der Plagiatssachverständige Weber analysierte nach eigenen Angaben allerdings
nur drei Unterunterkapitel in einem Anhang, etwa den Abschnitt B.6.6.12. In der
Einleitung zum Unterkapitel B.6.6 wird aber ausdrücklich angekündigt und
begründet, dass im folgenden Abschnitt lückenlos die Argumente und
Schlussfolgerungen der Antragsteller wiedergegeben seien. Nur bei einzelnen
Studien finde sich wiederum in kursiver Schrift ein abweichender Kommentar der
Behörde. Damit ist für den Leser völlig klar, was von wem stammt. Das Gleiche
gilt für einige andere von dem Plagiatsjäger genannte Teile. Diese klärenden
Hinweise erwähnt Weber in seinem Gutachten mit keiner Silbe. …
Kann man da von "bewusster Verschleierung" seitens des BfR sprechen?
Wohl kaum.
Bleibt die Frage, ob das BfR, das die grüne Verbraucherministerin Renate Künast
gründete, trotzdem fälschlicherweise der Logik der Industrie folgt, womöglich
in einer Art Alleingang. In der Kampagne von Campact und in vielen
Medienberichten erscheint es so, als ob die Deutschen mit ihrer Sicht der
Krebsgefahr isoliert dastünden.
Das ist ein falscher Eindruck. Denn zum einen ist ihr Report in einem
langwierigen Verfahren auf EU-Ebene diskutiert und verändert worden, auch
Umweltverbände waren beteiligt. Zum anderen ist in der EU am Ende die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit verantwortlich, die das Vorgehen
der Deutschen ausdrücklich gegen die Kritik verteidigt. Nach Angaben dieser
Behörde stimmten 27 von 28 EU-Ländern dem Urteil zu, dass Glyphosat nicht
krebserregend sei, nur Schweden habe hier eine andere Meinung zu Protokoll
gegeben.
Das BfR verweist auf Experten weiterer Länder, die keine Krebsgefahr sehen. So
etwa Behörden in den USA, in Kanada, Japan, Australien oder Neuseeland. Selbst
das für Pflanzenschutzmittel zuständige Gremium, das die
Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammen mit der Welternährungsorganisation
betreibt, das Joint Meeting on Pesticides Residues, verneine diese Gefahr.
Dagegen hat die Krebsforschungsagentur der WHO Glyphosat als
"wahrscheinlich krebserregend" eingestuft. Die Ergebnisse der WHO
wurden in einer Ergänzung zum ursprünglichen BfR-Report ausführlich behandelt.
Und nicht nur die deutschen Prüfer kommen eben zu einem anderen Schluss als die
WHO-Experten.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen prüft die EU nur den Wirkstoff
Glyphosat, während die WHO Produkte testet, in denen er mit Beimischungen
enthalten ist und die oft noch giftiger sind. Zum anderen untersuchen die
EU-Behörden, wie gefährlich Glyphosat in den Mengen ist, in denen es zum
Beispiel in der Nahrung landen könnte. Die WHO-Fachleute hingegen analysieren
die grundsätzliche Fähigkeit des Stoffes, Krebs auszulösen. So kann es zu
Einschätzungen kommen, die unterschiedlich klingen, aber einander nicht
widersprechen. Weil etwa Glyphosat prinzipiell Krebs auslösen könnte, aber nicht
in den Mengen, mit denen Verbraucher damit in Kontakt kommen.
Man kann aus vielen Gründen Glyphosat ablehnen, etwa aus Sorge um die
Artenvielfalt. Dass hiesige Beamte völlig kritiklos und heimlich aus den
Papieren der Agrarkonzerne abschreiben, stimmt aber nicht. Auch der Vorwurf,
den Beamten seien die Konzerninteressen wichtiger als die Gesundheit der
Bevölkerung, ist nicht belegt. Ob die Prüfer Glyphosat am Ende richtig
einschätzen, wird sich womöglich erst in Zukunft zeigen.
(Die Zeit 9.11.2017 S.26 - http://www.zeit.de/2017/46/pflanzengift-glyphosat-gesundheit-industrie/komplettansicht
)
·
SOJA –- In Schokolade, in Eier- und
Milchprodukten, in Vegetariersnacks – in allem steckt die Sojabohne. Ohne sie
wäre auch die deutsche Massentierhaltung unmöglich. Es ist eine Sucht mit
Folgen. …
Wie kann das sein? Von diesem Lebensmittel verbraucht jeder Deutsche im
Durchschnitt 60 Kilogramm im Jahr. So viel wie die Jahresration aller
Obstsorten zusammen, mehr als Kartoffeln (56 Kilo) oder Brot (54 Kilo). Soja –
aber auf dem Acker würde kaum jemand die unscheinbare Hülsenfrucht erkennen. Im
Laden sind ihre kleinen gelblichen Samen fast nirgendwo zu bekommen. Und die
"Sojasprossen" im Regal sind gar keine, es handelt sich bei ihnen um
Keimlinge der Mungobohne. Ohne es zu merken, sind wir zu Soja-Junkies geworden.
Unsere Sucht befriedigen wir indirekt mit Fleisch, Eiern und Milchprodukten. …
Das Verlangen nach ihr ist plausibel, denn Soja ist das Multitalent unter den
Nutzpflanzen. Kartoffeln, Weizen oder Reis liefern vor allem Stärke. Zuckerrohr
und Zuckerrübe enthalten Zucker. In Linsen, Erbsen und Erdnüssen steckt vor
allem Eiweiß, in Raps und Sonnenblumen Öl. Nur Soja bietet alles gleichzeitig
in einer einmaligen Kombination: 40 Prozent Eiweiß, 25 Prozent Kohlenhydrate,
20 Prozent Fett und 5 Prozent Mineralstoffe. Außerdem sind die Samen reich an
Vitaminen und Lecithin, und Sojaöl hat einen besonders hohen Gehalt mehrfach
ungesättigter Fettsäuren. …
Als die Sojabohne im 19. Jahrhundert erstmals aus Ostasien in die USA gelangte,
bauten Farmer sie als Gründünger an. Denn anders als die meisten Pflanzen sind
Leguminosen wie die Sojabohne nicht auf Stickstoff im Boden angewiesen. An
ihren Wurzeln siedeln Bakterien, die Stickstoff direkt aus der Luft aufnehmen.
So verbessert Soja in der Fruchtfolge den Boden. Erst seit Beginn des 20.
Jahrhunderts schoss die weltweite Erntemenge dann um sagenhafte 5.000 Prozent
in die Höhe, von sechs auf über 300 Millionen Tonnen im Jahr. "Kein
Agrarprodukt hat jemals ähnlich dramatische Wachstumsraten erreicht wie der
weltweite Sojaanbau", schreiben William Shurtleff und Akiko Aoyagi in
ihrer mehr als 2.500 Seiten umfassenden Geschichte des Soja. …
Nach ihrem Eintritt in den Ersten Weltkrieg waren die USA von den asiatischen
Sojalieferungen abgeschnitten. Weil sie aber Nitroglyzerin für den Bombenbau
benötigten und weil dieses aus Sojaöl gewonnen wurde, förderte Washington den
heimischen Anbau massiv. Als Abfallprodukt entstand billiges Tierfutter, und
die Regierung erklärte plötzlich den Fleischverzehr zur patriotischen Pflicht.
"Es gab damals Anzeigenkampagnen, in denen die Bevölkerung dazu
aufgefordert wurde, mehr Fleisch zu essen", …
Schon kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs hatten sie Japan und Korea beim
Sojaanbau überflügelt, etwas später auch die Mandschurei und China. 1948 waren
die USA der weltgrößte Produzent, 1956 erzeugten sie sogar mehr als alle
asiatischen Länder zusammen. Inzwischen hat Brasilien als Sojaproduzent zu den
USA aufgeschlossen. In den vergangenen 15 Jahren hat sich die brasilianische
Anbaufläche glatt verdoppelt und bringt heute fast 90 Millionen Tonnen Soja im
Jahr hervor, zwei Drittel davon für den Export, den Brasilien unangefochten
anführt. Ausgerechnet China – die Wiege der Wunderbohne – ist inzwischen zu
ihrem größten Importeur geworden, um den Fleischhunger der kaufkräftigen
Mittelschicht zu stillen. In Brasilien, Argentinien und den USA wächst heute
auf 2,7 Millionen Hektar – das entspricht der zehnfachen Anbaufläche für
deutsche Kartoffeln – Futtermittel für das Vieh in Deutschlands Ställen. Obwohl
der Fleischkonsum hierzulande leicht zurückgeht, wuchs diese Fläche in den vergangenen
zehn Jahren um 40 Prozent. Denn der deutsche Fleischexport ist geradezu
explodiert, bei Schwein und Geflügel hat er sich glatt verdoppelt. Das ist die
Folge globaler Spezialisierung: Die Dänen und Niederländer haben die
Hybridzucht optimiert, liefern billige Ferkel, in Deutschland werden diese mit
billigem amerikanischem Soja gemästet, von billigen osteuropäischen
Arbeitskräften geschlachtet und dann profitabel um die halbe Welt nach China
exportiert. …
Der globale Siegeszug der bei Ernährungs- und Klimabewussten so beliebten
Hülsenfrucht ist ein Sieg der Gentechnik. Vor 20 Jahren brachte Monsanto in den
USA, Kanada und Argentinien das erste gentechnisch veränderte Sojasaatgut in
den Handel. Es war resistent gegen das ebenfalls von Monsanto gelieferte
Breitband-Herbizid Roundup (Wirkstoff: Glyphosat). Inzwischen liegt der Anteil
gentechnisch veränderten Sojas in den Hauptanbaugebieten bei über 90 Prozent.
Die Suche nach Ersatzdrogen
Einzig in der EU ist der Anbau verboten und ebenso die Verarbeitung zu
Lebensmitteln. Doch auch hier darf transgenes Soja an Tiere verfüttert werden,
was weit verbreitet ist. So liegt der Gentechnik-Anteil in Deutschland bei mehr
als vier Fünftel des verfütterten Sojas – und das, obwohl je nach Umfrage rund
70 Prozent der Deutschen Gentechnik ablehnen. Sogar bei Bioprodukten kann
transgenes Soja im Spiel sein. Zwar ist es als Tierfutter verboten, eigentlich.
Aber auch hier gibt es eine Ausnahme von der Ausnahme: Verunreinigungen bis zu
0,9 Prozent werden toleriert.
"Bio" bedeutet also praktisch "fast ohne Gensoja". Und
paradoxerweise bedeutet das Label "ohne Gentechnik" noch weniger als
das. 2009 hat die Bundesregierung dieses Siegel eingeführt, die ersten fünf
Jahre führte es ein Schattendasein. Seit 2014 aber steht im Supermarkt auf
immer mehr Produkten "ohne Gentechnik". Hier bezieht sich das Verbot
gentechnisch veränderter Futterpflanzen nur auf einen bestimmten Zeitraum. Bei
Schweinen sind das die letzten vier Monate vor der Schlachtung, bei Milchvieh
die letzten drei Monate vor dem Melken, bei Legehennen die letzten sechs Wochen
vor dem Eierlegen….
Sojabohnen – begehrt, nützlich und schädlich:
80 % der in Deutschland verbrauchten Sojamenge dienen als Tierfutter.
40 % Zunahme der Soja-Anbaufläche seit 2006, die für deutsches Tierfutter
benötigt wird.
80 % der in Deutschland verfütterten Sojabohnen stammen von gentechnisch
veränderten Pflanzen.
60 kg (verstecktes) Soja verbraucht jeder Deutsche im Jahr.
30.000 Tonnen Soja ernten deutsche Bauern im Jahr, 4,2 Millionen Tonnen werden
importiert (140-mal so viel). …
(Die Zeit 20.4.2017 S.33 - http://www.zeit.de/2017/17/sojabohne-lebensmittel-deutschland-verbrauch/komplettansicht
)
·
·
Wissenschaftler
aus Jena finden in Darmmikroben von Honigbienen genetisches Material, das aus
veränderten Pflanzengenomen stammt (Juli 2000)
·
bei
Novellierung der EU-Freisetzungsrichtlinie drei wesentliche Punkte im EU-Parlament
abgelehnt:
Freisetzung so genannter Antibiotika-Resistenzgene wird nicht verboten
keine Haftpflicht für Gentech-Industrie
keine generelle Unterbindung der Gen-Transfers
(e-mail kordecki 2.5.00)
·
Illegaler
Genraps auf Sachsens Feldern
(FP Pfingsten 2000)
·
in
Kanada augewilderter Raps entdeckt, der gegen drei Herbizide resistent ist
(GID 139/2000 S.25)
·
Uni
Jena: Raps-Gene für Herbizidresistenz im Genom von Bakterien und Hefen
gefunden, die im Bienendarm leben
Ökologie und Landbau 116/ 4/2000 S.76
·
Evangelische
Kirche von Westfalen 4.10.2000 Rundschreiben des Landeskirchenamtes:
Empfehlung zur Mustervertragsänderung Pachtverträge:
“Der Pächter verpflichtet sich, kein gentechnisch verändertes Saat und
Pflanzgut auf der Pachtfläche aufzubringen.“
·
14.2.01
EU-Parlament neue Richtlinie zur Freisetzung genetisch veränderter Organismen
bestätigt, damit rechtskräftig,
völliger Verzicht auf Antibiotikaresistenzen (Ende 2004 kommerziell, Ende 2008
Versuche mit GVO);
lückenlose Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit;
Veröffentlichung der Standorte für Versuche und kommerziellen Anbau
(Das Parlament 23.2.2001)
· Studie für UBA:
bislang gezüchtete transgene Pflanzen sind keine Superunkräuter, keine
verbesserten Ausbreitungseigenschaften;
allerdings sollten bestimmte transgene Eigenschaften wie Toleranz gegen
Trockenheit, gegen hohe Salz- oder Aluminiumgehalte besonders kritisch
betrachtet werden;
Herbizidresistenz verringert (vielleicht) unter den nordamerikanischen
Bedingungen (trockenere Felder, weniger Unkräuter) den Herbizideinsatz,
Experten halten in Deutschland eine mehrmalige Herbizidanwendung mit
nachteiligen Wirkungen auf Flora und Fauna für wahrscheinlich
(UMWELT BMU 2/2000 S.71)
·
Greenpeace:
in Sachsen-Anhalt gentechnisch verunreinigter Bienenhonig durch Versuchsfeld
(taz 8.7.02)
·
In
den USA ist ein Kampf ausgebrochen zwischen den Firmen, die Gentechnik für den
Nahrungsmittelanbau nutzen und der Industrie, die mit Hilfe von gentechnisch
veränderten Pflanzen Medikamente herstellen will (gene farming); die Nahrungsmittelhersteller
sind besorgt, dass bald die Fähigkeit zur Herstellung von Enzymen, Antikörpern
oder Hormonen unkontrolliert auf Nahrungspflanzen übertragen werden könnte
(The Wall Street Journal, USA, Nov 5, 2002
·
die
durch Pollen erfolgende Übertragung von gentechnisch veränderten Eigenschaften
kann verhindert werden; “zytoplasmatische männliche Sterilität”: es werden 80%
gentechnisch veränderte und männlich sterile Pflanzen und 20% unveränderte
(über Pollen fruchtbare) Pflanzen angebaut; die Bestäubung wird für alle
Pflanzen durch die „normalen“ Pollen bewirkt
(AgBiotechNet, by Boy Feil and Peter Stamp, edited and sent by Agnet, Canada,
Nov 4, 2002)
·
Versuche
mit Bt-Mais im Labor; Auskreuzen auf verschiedene Linien der Wildpflanze Rübsen
erfolgreich, in 5 von 11 Versuchen produzieren Nachkommen Insektengift in
erheblichen Konzentrationen; für das Auskreuzen im Freiland müssten allerdings
mehrere Bedingungen erfüllt sein: beide Arten müssten nahe beieinander stehen
und zur selben Zeit blühen, zudem sei nicht sicher, ob die Hybrid-Nachkommen
fortpflanzungsfähig seien
(taz 7./8.12.02; dpa 12/02)
·
in
vielen Laboren wachsen die Arzneimittellieferanten der Zukunft: Pharmapflanzen,
die mittels Gentechnik hochwirksame pharmazeutische Substanzen wie etwa
menschliche Antikörper zur Bekämpfung von Tumoren, Impfstoffe gegen Malaria
oder gegen den HI-Virus in ihrem Inneren anreichern; im US-Staat Nebraska
mussten die Behörden die Vernichtung von Pflanzen anordnen, weil sie mit einem
pharmazeutischem Wirkstoff verunreinigt werden; an diesem Punkt erübrigt sich
jede Grenzwertdiskussion
(taz 30.11.02)
·
ab
Mai 2004 gelten für alle EU-Staaten verbindliche Verordnungen zur Genehmigung
und Kennzeichnung gentechnisch veränderter Nahrungs- und Futtermittel; auch
gültig für Zusatzstoffe und Aromen, im Regelfall nicht gültig für Enzyme;
alle Gentech-Produkte müssen gekennzeichnet sein, unabhängig davon, ob die
Veränderung im Endprodukt nachweisbar ist:
gilt nicht für Tiere, die mit gentechnisch verändertem Futter ernährt wurden;
Bundesinstitut für Risikobewertung: derzeit 30 bis 100% Gen-Soja im Tierfutter
keine Seltenheit;
Rückverfolgbarkeit (Dokumentation) vom Saatgut auf dem Acker bis zum
Fertigprodukt auf dem Teller;
Schwellenwert für „zufällige oder technisch unvermeidbare“ Spuren von
gentechnisch veränderten Organismen: 0,9%
(taz 3.7.2003)
·
Untersuchung:
Entstehung von resistenten Insekten auf Feldern mit Bt-Mais seltener in der
Natur als bisher angenommen; nicht einmal minimaler Anstieg an Resistenzen zu
verzeichnen
(GID 160 Okt/Nov2003 S.18)
·
amerikanisch
Umweltbehörde EPA kalkuliert, dass eine Resistenz selbst bei 100%igem Anbau von
Bt-Mais sich erst nach 7 bis 15 Jahren einstellt
(GID 160 Okt/Nov2003 S.19)
·
transgener
Raps bestäubt noch Pflanzen in 26 km Entfernung; über Jahre hinweg Durchwuchs
auf den Feldern (Samen im Boden);
Mais Einzelfall: Bestäubung über 650 m Entfernung;
(Gentechnik-Nachrichten Extra-Ausgabe 10/03)
·
sächsische
Bauernverbände wollen sich der Gentechnik auf ihren Feldern nicht verschließen,
raten ihren Mitgliedern jedoch derzeit vom Anbau gentechnisch veränderter
Pflanzen ab (Absatzschwierigkeiten, offene Fragen im Gentechnikgesetz)
(Freie Presse Chemnitz 2.2.04)
·
FDP
fordert in einem Antrag im Bundestag, den Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten
Apfelsorten in Pillnitz und Quedlinburg wie ursprünglich geplant in diesem Jahr
zu beginnen;
(Das Parlament 2./9.2.04)
·
geplante
Freisetzungsversuche in Sachsen-Anhalt; der Markt will diese Produkte nicht;
Syngenta pflanze eine Maissorte an, die giftig ist für einen Schädling namens
Maiszünsler; der M. spielt aber in Sachsen-Anhalt so gut wie keine Rolle
(Der Spiegel 4/2004 S. 80)
·
staatlich
veräppelte Forschung: gentechnisch veränderte Apfelbäume sollten die Schäden
durch Feuerbrand, Mehltau und Schorf reduzieren und Pestizide überflüssig
machen; Freisetzung der Bäume wurde verboten;
die Resistenz-Gene gegen drei der wichtigsten Schädlinge im Obstbau wurden in
vielen verschiedenen Kombinationen in das Erbgut eingeschleust; im
Freilandversuch sollte über mehrere Jahre geprüft werden, ob dsie halten, was
Vortests im Labor versprochen hatten; die Zentrale Kommission für biologische
Sicherheit ZKBS sah keine Risiken und gab grünes Licht, das Bundesministerium
für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft untersagte den Versuch ohne
eine Begründung anzugeben;
alle konventionell erzeugten feuerbrandresistenten Apfelsorten aus Pillnitz
versagen in Geschmack und Haltbarkeit;
Bäume sollten so geschnitten werden, dass sie nur an wenigen Trieben blühen;
diese würden mit Tüten umhüllt; drittens sollte ein Netz die Bäume ganz
abdecken, viertes mehrere Reihen normaler Apfelbäume die genveränderten Gehölze
umringen;
wenn doch ein Gen-Tech-Pollen eine fremde Blüte erreicht? „Dann entsteht im
Kerngehäuse des heranwachsenden Apfels ein Kern mit dem resistenten Erbgut. Das
Fruchtfleisch jedoch gehört zum weiblichen Blütenteil und bleibt unverändert;
Milliarden Apfelkerne gehen in der freien Natur spurlos zugrunde; und kein
Mensch zieht aus Apfelkernen unbekannter Güte Bäume groß
(Die Zeit 4.12.03 S.31)
·
Studie
des UBA zum Vergleich gentechnischer Lösungsansätze gegenüber Lösungen der
konventionellen bzw. ökologischen Landwirtschaft:
Unkrautbekämpfung im Raps, Insektenbefall bei Mais, Rizomania-Befall bei
Zuckerrübe, Kartoffel mit veränderter Stärkezusammensetzung, Mehltaubefall bei
Wein – in jedem der 5 Fälle existieren Lösungsansätze, die technisch und
ökologisch machbar und entwicklungsfähig sind und den Einsatz gentechnisch
veränderter Pflanzen ersetzen können;
Biologische Bundesanstalt Untersuchung: Bt-Mais: Larven des Tagpfauenauges
bleiben nach Pollenaufnahme in ihrer Entwicklung zurück und weisen eine höhere
Sterblichkeit auf
(Jahresbericht Umweltbundesamt 2002 S. 101; 103)
·
dänische
Regeln für „Koexistenz“: Abstandsflächen, Pufferzonen, Fruchtwechsel einhalten;
Vorschriften zur Reinigung von Sämaschinen; jede Aussaat bei Behörde melden,
Nachbarn informieren; Landwirte müssen vorher einen Kurs zur „guten fachlichen
Praxis“ absolviert haben; für Unfälle (Verunreinigungen) wird
Kompensationsfonds eingerichtet;
Greenpeace: Bestäubung bei Raps noch in 26 km Entfernung möglich; zehnjähriges
Überleben von Rapssamen im Boden
(taz 9.3.04)
·
In
der Fachzeitschrift Nature Biotechnology erschien im September 2003 ein
Kurzartikel mit dem Titel "Resistance to Bt toxin surprisingly absent from
pests". Darin wurde die Frage aufgeworfen, warum Schadinsekten an
Bt-Kulturen nach siebenjaehrigem Anbau noch keine Resistenzen entwickelt haben,
die wirtschaftlichen Schaden anrichten.
Studien geben aber Anlass zur Sorge, dass sich Resistenzen doch ausbreiten
können
(Gentechnik-Nachrichten 49)
·
Studien
und Modellberechnungen deuten darauf hin, dass in der Regel ein Schwellenwert
von 1% mit geeigneten bekannten Maßnahmen einzuhalten sein dürfte. Dies gilt
für den beschlossenen Schwellenwert bei Lebensmitteln und Futtermitteln von
0,9%. Sollte jedoch der Schwellenwert für Saatgut bei 0,1% liegen, würde er in
der Praxis nur schwer zu erreichen sein.;
Auskreuzungsrate bei Mais: 10 Meter Entfernung – im Mittel 1% Auskreuzungsrate;
nach 50 Meter generell unter 1%
(Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft: Diskurs
Grüne Gentechnik, Broschüre 2003)
·
bereits
bei der Agrarministerkonferenz in Rostock im letzten Jahr hat sich die große
Mehrheit der Fachminister für die Einführung eines Schwellenwertes für Saatgut
eingesetzt, der sich an der technischen Nachweisgrenze orientiert
(Das Parlament 3.5.04)
·
im
Test fanden Forscher in den USA Auskreuzungen von gentechnisch verändertem
Flechtstraußgras bis zu 20 km vom Ursprungsfeld entfernt
(taz 22.9.04)
·
Ergebnis
der Freisetzungsversuche mit gentechnisch verändertem Mais in Deutschland 2004
auf 30 Feldern (Bt-Mais, insgesamt 300 ha); ein Trennstreifen von 20 Metern
zwischen normalem und „Gen-Mais“ reicht aus, dass der EU-Schwellenwert für
Verunreinigungen (0,9%) keinesfalls überschritten wird
(taz 25.11.04)
·
Anbaufläche
gentechnisch veränderte Pflanzen weltweit: 2004 um 20 % auf 81 Mill. Hektar
gestiegen; 8,25 Mill. Landwirte in 17 Ländern;
(GID 168/2005 S.40)
·
nach
dem neuen Gentechnikgesetz (1.2.05 in Kraft) können in Deutschland gentechnisch
veränderte Pflanzen angebaut werden; Standortregister für Anbau gentechnisch
veränderter Pflanzen in Deutschland: www.bvl.bund.de/gentechnik/index.htm
(taz 5./6. u. 8.2.05)
·
Pollen
von Straußgras können sich über mehr als 20 Kilometer ausbreiten
(taz 7.1.05)
·
Parlamentarische
Versammlung des Europarates hat die Regierungen der 46 Mitgliedstaaten zur
Anwendung klarer Regeln unter angemessener Berücksichtigung des
Vorsorgeprinzips aufgefordert:
Wahlfreiheit der Verbraucher sicherstellen;
für striktere Regulierung der Kennzeichnung von tierischen Produkten bei
Verwendung von gentechnisch veränderten Futtermitteln;
Kennzeichnung von Saatgut ab technischer Nachweisgrenze von 0,1%
Verunreinigungen;
Farmer müssen langfristig in der Lage sein, ihr eigenes Erntegut zur Aussaat zu
verwenden (Abhängigkeit von großen Saatgutunternehmen reduzieren);
klare Regeln für die Haftung gefordert;
regionale Zusammenschlüsse zu GVO-freien Zonen sollen möglich sein;
Langzeit-Monotoring zwingend notwendig;
gentechnisch veränderte Tiere nicht in offenen Herden halten; keine
Käfighaltung von Fischen in offenen Gewässern;
die Parl. Versammlung stuft das Gesundheitsrisiko bei den gegenwärtigen GVO als
gering ein;
in Moskau Kontaminationen in 30% der Lebensmittel, obwohl in Russland kein
Anbau gent. veränderter Pflanzen stattfindet (Folge von US-Importen 2003?)
(Das Parlament 21.2.05)
·
Erprobungsanbau
gent. veränderter Mais 2004 Deutschland; Uni Halle-Wittenberg: Abstand von 20
Metern zu Nachbarfeldern reicht aus, um den Verunreinigungsgrenzwert von 0,9%
einzuhalten (ab da wäre Kennzeichnung notwendig); Auskreuzungen in einem
Streifen von bis zu 10 Metern mit 1,3% angegeben; zwischen 20 und 30 Metren
0,4%; 50 bis 60 Meter 0,35%;
(GID 167/2004 S.19)
·
Niederlande
Grundregeln für Mindestabstände verabschiedet: Kartoffeln 3 Meter, Zuckerrüben
1,5 Meter, Mais 25 Meter (bei Nachbarschaft zu BIO-Betrieben: 10, 3 und 250
Meter Abstand)
(GID 167/2004 S.20)
·
Monsanto
wird in Kooperation mit einem deutschen Futtermittelhändler die
Körnermais-Ernte 2005 der Nachbarn von Gentech-Landwirten aufkaufen
(GID 168/2005 S.17)
·
Befruchtung bei Raps mit transgenen Pollen bis 300
Meter Entfernung; Befruchtungserfolg liegt aber bereits in nur 6 Metern
Entfernung bei unter 0,5 %; der eigene Pollen des
nichttransgenen Rapses wird in der selben Blüte wie die Narben gebildet und
kommt dem transgenen Pollen bei der Befruchtung bevor;...
seit April 2004 gilt für gentechnikfreie Produkte ein Schwellenwert von
0,9% Beimengung von Transgenen für die Kennzeichnung; die Vorschriften für
gentechnische Anteile am Saatgut unterliegen nationalem Recht. Für
normales Saatgut regelt das Saatgutverkehrsgesetz die Reinheit. Bei Raps und
Weizen liegt die Grenze bei zwei Prozent Beimischung, bei Gräsern bei bis zu
15% und bei der leicht rein zu haltenden vegetativ vermehrten Kartoffel bei
unter 0,05%
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.25)
·
Erprobungsanbau Bt-Mais in Deutscjhland 2004:
Körnermais: nach 20 Metern liegt der Bt-Anteil durch Pollenflug unter den
zugelassenen 0,9%;
·
Aufruf
zum Ausreißen von gentechnisch veränderten Pflanzen am 30./31.7.05 in
Hohenstein/Märkische Schweiz;
40 Hektar, darin ein Streifen von 10 ha gentechnisch verändertem Mais
(Monsantos MON 810), 30 Meter breiter Gürtel aus herkömmlichen Pflanzen
(Monsanto empfiehlt 20 m); dem Landwirt Piprek hat im vergangenen Jahr der
Maiszünsler ein Drittel der Ernte zerstört; knapp 90 Euro bezahlt Piprek pro
Hektar für die normale Maissaat, der manipulierte Mais kostet 23 Euro mehr,
dafür kalkuliert Piprek 40 Euro weniger für die Insektizide; der Protestant P.
hat auch im zweifelnden Kirchenkreis darüber gesprochen; jede brandenburgische
Kuh frisst 2 kg Sojaschrot am Tag, davon sind 60% genmanipuliert; die Ernte
kauft die MärkischeKraftfutter GmbH als Viehfutter auf
(Gendreck weg – freiwillige Feldbefreiung; Faltblatt 6. Auflage 27.6.05; taz
3.6.05)
·
USA:
die Pollen von gentechnisch verändertem Flechtstraußgras legen eine Entfernung
von über 20 km zurück und können dort andere Arten genetisch verändern
(bdw 12/2004 S.9)
·
Uni
Halle 2004: Feldversuch Mais, bereits ein Abstand von 20 Metern reiche aus, um
eine Vermischung von normalem und gentechnisch verändertem Mais zu vermeiden
(bdw 2/2005 S.6)
·
Terminator-Technologie
„präsentiert sich in neuen Kleidern“: nun als Methode, die die Auskreuzung
gentechnisch veränderter Eigenschaften verhindern soll; die Technologie kann
aber nicht die Auskreuzung selbst, sondern nur die Bildung keimfähiger Samen
verhindern; müsste 100%ig funktionieren (was nicht der Fall ist); Ernten von
Nachbarfeldern bei Auskreuzung nicht mehr zu gebrauchen: Verlust der
Keimfähigkeit im Saatgut für das Folgejahr
(Gen-ethisches Netzwerk Faltblatt Terminator-Technologie, Dez. 05)
·
EU
führt jährlich bis zu 40 Millionen Tonnen Soja ein (überwiegend aus
Argentinien, Brasilien, USA); in Rumänien Anbau von gentechnisch veränderter
Soja offiziell auf 60.000 Hektar, in Wirklichkeit wohl auf 90% der gesamten
Sojaanbaufläche von 140.000 ha (= 126.000 ha JK)
(taz 27.10.05)
·
Studie
der Firma PG Economics Ltd. London: „GM crops: the global socio-economic and
environmental impact – the first nine years 1996-2004”;
Erfahrungen von Farmern aus 18 Ländern (8,25 Millionen Farmer, davon 90% in
Entwicklungsländern);
gentechnisch veränderte Pflanzen haben einen signifikanten, positiven Einfluss
auf Wirtschaftlichkeit und Umwelt, führen zu einer Verminderung des Einsatzes
von Pflanzenschutzmitteln und reduzieren die damit verbundenen
Umweltauswirkungen um 14%;
merkliche Verringerung der Emissionen von Treibhausgasen aus
landwirtschaftlicher Tätigkeit (verringerter Treibstoffeinsatz, vermehrte
C-Bindung im Boden durch verringerte oder verbesserte Bodenbearbeitung);
insgesamt 6% weniger Pflanzenschutzmittel im Vergleich zu 1996 eingesetzt
(stärkster Rückgang der Umweltauswirkungen bei Soja und Baumwolle: 19 bzw.
17%);
erhöhtes Einkommen der Farmer (plus 3-4% des Gesamtwertes der Weltproduktion
bei den 4 Hauptpflanzen; Soja 17 Mrd Dollar Gewinne in den letzten 9 Jahren);
indirekte Vorteile: größere Flexibilität, weniger Bodenbearbeitung, stabilere
Erträge und verbesserte Produktqualität;
KOMMENTAR von GENET kritisch;
(E-Mail von GENET Oktober 2005)
·
in
Sachsen Anbau von Genmais auf drei Flächen zurückgezogen (20 ha)
(taz 16.5.06)
·
Versicherung
gegen Schäden durch gentechnisch veränderte Pflanzen ist nicht machbar: Die
fremde Erbsubstanz verbreite sich theoretisch „mit einer Wahrscheinlichkeit von
1“, erklärt Katrin Rüter vom Gesamtverband der deutschen
Versicherungswirtschaft. Und sagt: „Wir versichern auch kein Grundstück gegen
Hochwasser, das im Wasser liegt.“
(taz 22./23.4.06)
·
Uni
Gießen Freisetzung von Gerste außerhalb des Labors; 5000 Pflanzen auf 12
Quadratmeter; Risikoforschung: herausfinden, ob die Pflanzen einen Einfluss auf
die Umwelt haben; zwei Sorten Gerste – eine macht Pflanzen widerstandsfähig
gegen Pilze, andere produziert Enzym, das den Mälzvorgang beim Brauen
verbessern soll
(taz 26.4.06 und 2.5.06)
·
in
Sachsen 2005 auf 8 Flächen (64 ha) Anbau von „bt-Mais“ MON 810;
Maiszünsler vernichtet weltweit 7% der Maisernte, in Deutschland in den letzten
Jahren in einzelnen Gebieten Verluste von 30%;
seit 2004 werden in Sachsen keine Freilandversuche mehr durchgeführt
(Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft: „Gentechnik –
genial oder gefährlich?“, 2005, S.27f, 47)
·
(Le
Monde diplomatique vom 13.4.2006, S. 23; beilage zur taz; artikel über gensoja
in argentinien: http://www.taz.de/pt/2006/04/13/a0064.1/text
)
·
weltweiter
Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen 2005: 90 Millionen Hektar
(ISAAA)
·
Studie
zu Umweltwirkungen von gentechnisch verändertem Mais auf Schmetterlinge;
Pollen von Bt-Mais Bt176 (in der EU zugelassen, Deutschland derzeit nur Anbau
zu Forschungszwecken); besonders empfindlich Larven der Kohlmotte (tödliche
Dosis 8 Pollenkörner); ähnlich empfindlich wie der zu bekämpfende Maiszünsler
sind der „Kleine Fuchs“ und das Tagpfauenauge (tödliche Dosis 30-60
Pollenkörner), andere deutlich unempfindlicher (150 bis über 500 Pollenkörner);
dazu subletale Effekte wie verringertes Gewicht; besondere Empfindlichkeit von
jungen Larven;
negative Effekte auf empfindliche Arten wie Kohlmotte sind mindestens im
Umkreis von 32 Metern von Bt176-Maisfeldern nicht auszuschließen;
Rat: nur Zulassung von Maislinien mit geringem Toxingehalt in Pollen,
Mantelsaat um Bt-Maisfelder, Mindestabstände zu Naturschutzgebieten
(Umwelt BMU 12/2006 S. 691, www.bfn.de/09/090203.htm#gentechnik
)
·
Volksabstimmung
in der Schweiz; 55% Zustimmung; auf Schweizer Feldern dürfen zumindest bis Ende
2010 keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden;
(taz 28.11.06)
·
Anhörung
im Bundestag: Mindestabstand bei Mais?
Raiffeisenverband 50 Meter (vor wenigen Monaten noch: 20 Meter ausreichend);
Landwirtschaftsministerium: 150 Meter;
Heink (TU Berlin): 250 Meter
(taz 27.10.06)
·
EU-Kommission wird 2006 keinen Saatgutgrenzwert für
gv Material erlassen; nach aktuellem Recht gilt als Grenzwert 0,1% (Nachweisgrenze); Saatgutbranche erwartet „handhabbaren“ Wert von 0,5%
(GID 177 8/9-2006 S.22)
·
In China mindestens bis 2007 keine Zulassung für
kommerziellen Anbau von gv Reis
(GID 177 8/9-2006 S.24)
·
BUND in Brandenburg distanziert sich von Aktionen zur
„Feldbefreiung“, Zerstörung von Feldern mit gv Pflanzen
(GID 177 8/9-2006 S.37)
·
weltweit 9 (USA: 6) Unkräuter resistent gegen
Herbizid RONDUP von Monsanto;
die resistenten Exemplare können mit anderen Herbiziden erfolgreich bekämpft
werden;
(GID 177 8/9-2006 S.22)
·
gentechnisch verändertes Strausgras (für Golfplätze) als erste
Pflanze in den USA außerhalb von Versuchsflächen gefunden – in der Natur
etabliert?
(GID 178 10/11-2006 S.27)
·
im US-Staat Kansas darf US-Unternehmen gentechnisch veränderten
Reis zur Herstellung pharmakologisch wirksamer Stoffe anbauen; dort gibt es
keinen sonstigen Anbau von Reis
(GID 178 10/11-2006 S.56)
·
Die Biene ... als Risikofaktor – sie wird zum
suspekten Wesen mit Gentechnik an den Beinchen, das zu unerwünschter
Auskreuzung führt
(Gen-ethisches Netzwerk 1986-2006; Festschrift, 2006, S.17)
·
Amtsgericht
Zehdenick hat 8 Gentechnikgegner wegen Sachbeschädigung verurteil; Teilnahme an
so genannter „Feldbefreiung“; Maisfeld besetzt und Pflanzen ausgerissen; 10
Tagessätze zwischen 14 und 40 Euro (pro Tag);
Anbauer von Genmais beim Prozess: wirtschaftliche Vorteile, Maiszünsler kann
30-40 % der Ernte vernichten
(taz 12.1.07)
·
Im
vergangenen Jahr hat die landwirtschaftliche Nutzung gentechnisch veränderter
Pflanzen erneut zugenommen. Die Anbauflächen stiegen 2006 weltweit um 12 auf
nunmehr 102 Millionen Hektar. Wie aus dem jährlich im Januar erscheinenden
ISAAA-Statusbericht hervorgeht, haben 10,3 Millionen Landwirte in 22 Ländern
gv-Soja, Mais, Raps und Baumwolle eingesetzt. Auf kleinere Flächen werden
gv-Papayas, Alfalfa (Luzerne), Zucchinis (Squash) und Reis angebaut. Gegenüber
2005 nahmen die Anbauflächen für gv-Pflanzen 2006 um noch einmal 12 Millionen
Hektar zu. Die Länder mit den größten GVO-Flächen sind USA, Argentinien,
Brasilien, Kanada, Indien und China. Den stärksten prozentualen Zuwachs gab es
in Indien. Dort stiegen die Anbauflächen für gv-Baumwolle um 1,3 Millionen
Hektar auf 3,8 Millionen Hektar. Auf die USA entfallen gut die Hälfte der
globalen GVO-Flächen. Dort sind noch einmal 4,8 Millionen Hektar hinzugekommen,
die mit gv-Pflanzen bewirtschaftet werden.
(http://www.transgen.de/gentechnik/pflanzenanbau/531.doku.html)
·
EU-Kommission,
Bericht über (finanzielle) Auswirkungen der Nutzung gentechnisch veränderter
Pflanzen weltweit;
kann Farmern ökonomische Vorteile bringen durch Einsparungen bei Herbiziden,
Pestiziden – in der Regel nicht aber durch höhere Erträge;
Erträge bei Baumwolle nach Untersuchungen in China, Argentinien, Indien und
Südafrika zwischen 10 und 87 % höher als bei konventioneller Baumwolle;
in Spanien Mais 5% höherer Ertrag;
(eMail GENET Meyer 5.1.07 http://cordis.europa.eu/fetch?CALLER=EN_NEWS&ACTION=D&SESSION=&RCN=26856)
·
aus
einer Antwort der Bundesregierung zum Maiszünsler;
Der Clou der Antwort findet sich in den angehängten Statistiken: Trotz
gestiegenen Anbaus von Mais ist die als vom Maiszünsler "befallen"
eingestufte Fläche zwischen 1999 und 2005 deutlich zurückgegangen - ganz ohne
Monsanto.
Das unansehnliche Tier ist seit 70 Jahren in Deutschland heimisch, besonders in
Bayern und Baden-Württemberg, wo man sich mit ihm auch schon seit Jahrzehnten
arrangiert. Die wichtigste Maßnahmen zu seiner Kontrolle sind Fruchtwechsel (keine
Monokulturen), sauberes Häckseln und Unterpflügen nach der Ernte. Der bayrische
und deutsche Oberbauer Gerd Sonnleitner beispielsweise erklärt jedem, der es
hören will, gerne, daß man bei einer anständigen Bewirtschaftung seiner
Maisfelder einen Bt-Mais überhaupt nicht braucht. Ausserdem gibt es natürliche
Feinde (Schlupfwespen und natürliche Bt-Kulturen) zu seiner Bekämpfung und ein
weniger wirksames Pestizid.
Wer freilich durch "pfluglose Bearbeitung" des Bodens, praktisch den
Ersatz des Pflügens durch Herbizid-Einsatz und leichtes Grubbern und kurze
Fruchtfolgen, Mais auf Mais anbaut, der züchtet auch den Zünsler heran. Das tun
beispielsweise viele landwirtschaftliche Großbetriebe in den neuen
Bundesländern, so wie ihre amerikanischen Kollegen im mittleren Westen. Je mehr
Mais für die Verfeuerung angebaut wird, desto gröber werden auch die
Bewirtschaftungsmethoden. Nachbarn solcher Flächen leiden darunter. Denn der
Zünsler läßt sich nur flächendeckend bekämpfen. "Dein Problem, kannst ja
auch auf Gentechnik umsteigen," wird darauf wohl bald die Antwort der
LPG-Fürsten im Oderbruch sein, die jetzt mit aktiver Unterstützung von Monsanto
und seinem dortigen Partner "Märka"[3] den Bt-Mais ausprobieren.
Die Biologische Bundesanstalt, ihres Zeichens gar kein Feind der Gentechnik,
rechnet den Schaden durch Maiszünsler auf rund 10 Millionen Euro im Jahr hoch.
Zum Vergleich: Wildschäden kosten in Deutschland 50 Millionen, der Umsatz mit
Mais bewegt sich bei einer halben Milliarde
(eMail saveourseeds, am Montag, 04.12.2006; http://taz.de/blogs/saveourseeds/2006/12/04/die-schreckliche-wahrheit-ueber-den-mais-zuensler/
·
Monsanto
Genmais MON810; Bt-Insektenresistenz; 2007 Anbau auf rund 2000 ha in
Deutschland; zugelassen nur als Futtermittel und zur Verarbeitung in der
Lebensmittelindustrie (??? wohl nur für technische Zwecke, z.B. Biogasanlagen
JK)
Bundesamt für Verbraucherschutz hat ein vorläufiges Handelsverbot für das
MON810-Saatgut ausgesprochen;
Greenpeace-Untersuchungen: Konzentration des Insektengiftes in 600 Maisproben
schwankt um das Hundertfache; in manchen Proben überhaupt kein Bt-Toxin zu
finden;
Verwaltungsgericht Augsburg: Imker hat durchgesetzt, dass in der Nähe seiner
Bienenstöcke (1200 bis 2200 Meter) keine MON810-Pflanzen blühen dürfen; er habe
Anspruch darauf, dass seine Honigernte absolut frei bleibt von gentechnisch
veränderten Pollen; Betreiber des Ackers muss Mais vor der Blüte ernten oder
Blütenstände abschneiden; der Gentechnik-Anbauer muss weichen und nicht der
Imker, wenn Koexistenz nicht möglich ist;
(taz 12./13.5.07)
·
MON810
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit: Bescheid an
Monsanto, es bestehe ein berechtigter Grund zu der Annahme, dass der Anbau von
MON810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt; Seehofer: kein Anbaustopp, aber
künftig Verpflichtung für die Bauern, ein modernes Monitoring zu machen;
Brandenburger Agrarministerium: faktisch bedeutet das, dass der Mais nicht mehr
verkauft werden darf
(taz 10.5.07)
·
MON810
Landkreis Märkisch-Oderland untersagt einem Landwirt den Anbau von Genmais
MON810 in einem Naturschutzgebiet, muss unterpflügen; Anweisung des
Landwirtschaftsministeriums: Risiko für seltene Schmettterling;
(taz 26./27.5.07)
·
Anbau
gentechnisch veränderter Kartoffeln; AMFLORA, produziert nur eine Stärkeart,
für technische Zwecke;
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit genehmigte Anbau der
Kartoffeln auf 155 ha; nicht für Vermarktung, nur experimenteller Anbau;
Verarbeitung erfolgt in einer kontrollierten Stärkefabrik;
Marker-Gen verleiht der Pflanze eine Resistenz gegen mehrere Antibiotika, die
in der Humanmedizin und in der Tierzucht eingesetzt werden
(taz 29.5.07)
·
BASF
darf gentechnisch veränderte AMFLORA-Kartoffeln vorerst in Deutschland nicht
anbauen; enthalten als Marker auch ein Resistenzgen gegen das in der
Humanmedizin eingesetzte Antibiotikum Kanamycin, nach der
Eu-Freisetzungsrichtlinie dürfen kommerziell genutzte Gentechpflanzen jedoch
solche Gene nicht enthalten;
Leserbrief Joachim Krause dazu:
“Zu früh gefreut?
Ich habe in den Antragsunterlagen der BASF geblättert und darin keine Angaben
entdeckt, die auf eine Kanamycin-Resistenz der zur Auspflanzung vorgesehenen
gentechnisch veränderten AMFLORA-Kartoffeln hinweisen. Da ist von einem anderen
Marker-Gen die Rede, nämlich einer Herbizidresistenz gegen den Wirkstoff
"Imazomax". Vielleicht sind für die Versuche in Deutschland die
Kartoffelsorten gar nicht vorgesehen, die die EU jetzt prüfen lassen will.“
Antwort des Autors: so ist es.
(taz 16.3.07)
·
AMFLORA-Kartoffel:
BASF hat auch die Nutzung in der Lebensmittel- und Futtermittelindustrie
beantragt, so könnten Kartoffelreste verfüttert werden, doch bei Verbrauchern
soll die Genstärke nicht ankommen;
europäische Lebensmittelbehörde Efsa hat inzwischen ihre
Unbedenklichkeitsbescheinigung für das Resistenzgen gegen Antibiotika
bestätigt, damit grundsätzlich zur Anpflanzung freigegeben
(taz 21./22.4.07)
·
MON
810
in der EU dürfte sich der Anbau 2007 verdoppeln auf 120.000 ha;
Österreich und Ungarn haben nationales Verbot durchgesetzt, gegen den Protest
der EU-Kommission;
Anbaufläche gent. veränderter Pflanzen in Spanien 70.000 ha;
(ZEIT 19.4.07 S.33)
·
Bienensterben
Forschungsprojekt Uni Halle 2001 bis 2004: Wirkung von Pollen von gentechnisch
verändertem Mais auf Bienen; Bt-Mais; eine toxische Wirkung von Bt-Mais auf
gesunde Honigbienen konnte zwar nicht nachgewiesen werden: doch als
Versuchsbienen zufällig noch von Parasiten befallen wurden, starben sie
signifikant stärker; möglicherweise habe das Bakteriengift im Mais die
Darmoberfläche der Bienen verändert und sie geschwächt; die Konzentration des
Giftes im Versuch war allerdings zehnmal höher als in normalen Bt-Maispollen;
über recht langen Zeitraum von sechs Wochen verabreicht
(Spiegel 12/07 S.59)
·
§
8 (2) Dem Pächter sind gentechnische Arbeiten und die Verwendung von Produkten,
die gentechnisch veränderte Organismen enthalten oder aus solchen bestehen, auf
den Pachtgrundstücken strikt untersagt. Gentechnische Arbeiten sind die
Erzeugung gentechnisch veränderter Organismen und deren Verwendung, Vermehrung,
Lagerung, Zerstörung oder Entsorgung sowie der innerbetriebliche Transport und
zwar auch dann, wenn dafür eine behördliche Genehmigung vorliegt. Dem Pächter
ist damit insbesondere die Ausbringung gentechnisch veränderten Saatgutes
verboten.
(Evangelische Landeskirche Bayern; neuer Pachtvertrag der Pfründestiftung)
·
Gentechnisch
veränderter Mais hat in diesem Jahr auf einem Versuchsfeld der Firma Monsanto
in Nordrhein-Westfalen erstmals
überwintert. Im Jahr 2006 ausgesäter Gentech-Mais wuchs aufgrund des milden
Winters im Frühjahr 2007 unplanmäßig erneut auf den betroffenen Feldern. Damit
muß ein wichtiger Grundsatz der Risikoabschätzung bei der Verbreitung von
gentechnisch verändertem Mais zu den Akten gelegt und die Frage der Koexistenz
auf dem Maisacker völlig neu bedacht werden.
Bericht des Umweltamtes Arnsberg unter: www.haerlin.org/Mais_Durchwuchs.pdf
(http://taz.de/blogs/saveourseeds/2007/07/03/durchwuchs-gentech-mais-ueberwintert-erstmals-in-deutschland/
)
·
eigene
Beobachtung JKrause 6.7.07: auf einem Weizenfeld wachsen in erheblichem Umfang
Kartoffeln durch, im letzten Jahr angebaut, milder Winter?, Ernterückstände
wegen schwieriger Bedingungen?
·
Probleme
mit und für gentechnisch veränderten Mais MON810
27.4.07
Bescheid des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
an MONSANTO, dass dieser Mais so lange nicht mehr an Landwirte verkauft werden
darf, bis es für diesen Mais einen Beobachtungsplan gibt (z.B. Untersuchung der
Ausbreitung des Bt-Toxins in der Umwelt, Auswirkungen auf
Nicht-Ziel-Organismen, Änderung der Pestizidausbringung)
4.5.2004
Bayerisches Verwaltungsgericht Augsburg ordnet an, dass der Freistaat Bayern
Mais-Versuchspflanzen am Blühen hindern muss (abmähen oder männliche Blüten
abschneiden), um Imker zu schützen, dessen Bienenstöcke 1500 bis 2200 Meter
entfernt liegen
16.5.2007
Landkreis Märkisch Oderland erlässt Verfügung: Anbau von gentechnisch
verändertem Mais in Naturschutzgebiet verboten; Schutz dort lebender Tiere,
besonders Schmetterlinge
(GID 182, Juni 2007, S.33)
·
Anbau
der Gentech-Kartoffel Amflora (BASF); das Gentechnik-Gesetz unterscheidet nicht
eindeutig zwischen wissenschaftlichen Freisetzungen und dem kommerziellen
Anbau; für experimentelle Freisetzungen gibt es keine Flächenbegrenzungen; BASF
beantragte großflächigen Freisetzungsversuch, der nur national genehmigt werden
muss; kommerzieller Anbau müsste von EU entschieden werden
(taz 28.6.07)
·
BAYER
Amflora-Kartoffel: EU-Agrarminister keine einheitliche Meinung zur Zulassung;
EU-Kommission entscheidet: Anbau ist genehmigt
(taz 18.7.07)
·
eine
Brandenburger Verpächterin von Ackerland kämpft gegen ihren Pächter, der auf
ihrem Land auf 18 Hektar Genmais (MON810) anbaut; müssen Eigentümer informiert
werden? Greenpeace vertritt Klage der Verpächterin
(taz 18.6.07; 22.6.07)
·
Klage
von Greenpeace gescheitert
(taz 18.7.07)
·
gentechnisch
veränderte AMFLORA-Kartoffeln der BASF in Mecklenburg-Vorpommern auf einer Fläche
von über 20 Hektar ausgebracht; aber „versehentlich“ auf dem falschen Acker;
muss nun vernichtet werden
(taz 7./8.7.07)
·
gentechnisch
veränderte Raps;
Raps ist ein enger Verwandter von Grünkohl, Brokkoli, Rosenkohl oder Wirsing;
sogar Radieschen seien durch Auskreuzungen gefährdet; Rapssamen könne bis zu 15
Jahren keimfähig im Boden überdauern
(taz 6.9.07)
·
Bienenforscherin
Elke Genersch zu Bienensterben und Gentechnik;
es gibt gerade jetzt zu genmanipulierten Pflanzen extrem gute Studien; zeigen,
dass es keine negativen Effekte gibt, die schlimmer sind als die Effekte der
Pestizide; in der Praxis zu vergleichen: Felder mit Pestizidanwendung ODER mit
Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen; und da schneiden die GVO-Felder
besser ab, was die Effekte auf die Nichtzielorganismen betrifft;
das Toxin, das jetzt in den Zellen von MON810 gebildet wird, wurde vorher
tonnenweise auf den Feldern gespritzt;
Imker behandeln ihre Waben mit einem Pulver, das Bacillus thuringiensis
enthält;
“normale Züchtung“ (ohne Gentechnik) arbeitet mit mutagener Strahlung, um
Mutanten zu erzeugen, völlig ungerichtet; kein Mensch guckt nach, was die
Strahlen alles kaputtgemacht haben
(taz 27.8.07)
·
Urteil
Amtsgericht Neuruppin:
die Verpächterin (Eigentümerin) eines Ackers kann von ihrem Pächter nicht die
Vernichtung der Genmais-Pflanzen fordern; nicht vertragswidrig verhalten, im
Vertrag Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen nicht ausgeschlossen; auch
gesetzlich nicht verboten
(taz 29.8.07)
·
(27,42) Imker in Bayern hatte gerichtlich in erster
Instanz durchgesetzt, dass gentechnisch veränderter Mais in der Nähe seiner Bienenstöcke nicht blühen durfte (Pollen);
der Verwaltungsgerichtshof München entschied (21.6.07), dass der Freistaat
Bayern (Betreiber des Versuchsfeldes) keine Rücksicht auf den Imker nehmen
muss;
(GID 183/2007)
·
BMELV: Monsanto hat den geforderten Monitoringplan
für MON810 vorgelegt;
bei Ernte von gentechnisch verändertem Mais in Brandenburg Beschädigung
der Erntemaschine durch Steine, die an den Maispflanzen befestigt waren; 30.00
Euro Schaden
(GID 184/07 S.23)
·
USA vermutlich 2008 kommerzieller Anbau von
gentechnisch veränderten Zuckerrüben (Resistenz gegen ROUNDUP Monsanto); Mehrkosten 60 Euro je ha; bei mittlerem Unkrautbefall herkömmliche
Bewirtschaftung günstiger;
Firma Südwestsaat GbR in Rastatt (BaWü) ist es gelungen, mit konventionellen
Methoden eine Maissorte mit einer Resistenz gegen den Maiswurzelbohrer zu
entwickeln; die resistenz liegt auf mehreren Genen verteilt; Wirkung vermutlich
durch antibiotische Ausscheidungen an den Wurzeln
(GID 184/07 S.25)
·
In 120 Ländern wird derzeit „BIO“ angebaut,
weltweite Fläche von rund 5 Millionen Hektar 1996 auf 31 Millionen ha 2005
gestiegen
(Spiegel 36/07 S.35ff)
·
Saatguthersteller
KWS plant Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Zuckerrüben an vier
deutschen Standorten; widerstandsfähig gegen bestimmtes Pflanzenschutzmittel;
in USA, Kanada und Japan sind Genrüben bereits zugelassen
(taz 28.11.07)
·
Minister
Seehofer hat mit Zustimmung des Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) das Handelsverbot für Gentech-Mais MON810
aufgehoben; Konzern hat wie verlangt einen vollständigen Plan zur Beobachtung
der Umweltauswirkungen des Genmais-Anbaus vorgelegt;
(taz 7.12.07)
·
Gentechnisch
veränderte Kartoffeln AMFLORA; vereinzelte Exemplare sind nach der Ernte auf
dem Acker verblieben; keine Sicherheitsvorkehrungen mehr; sollen „auswintern“
(erfrieren) …;
nur noch knapp die Hälfte der gut 10 Millionen (Tonnen? JK) Kartoffeln in
Deutschland sind Speisekartoffeln;
(taz 4.1.08)
·
Jetzt
hat er auch Deutschland erreicht: Der Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera)
wurde in diesem Jahr erstmals an acht Standorten in Süddeutschland gesichtet.
In den USA ist der Käfer schon seit den 50er Jahren der am meisten gefürchtete
Schädling und verursacht dort Kosten von mehr als 1 Milliarde US$ pro Jahr. In
Europa wurde er erstmals 1992 in der Region um Belgrad entdeckt, wo er
vermutlich mit den Nahrungsmitteltransporten für die US-Truppen in das
ehemalige Jugoslawien eingeschleppt wurde. Seitdem erobert er Schritt für
Schritt Europa. Besonders betroffen sind Ungarn, Rumänien und Slowenien. Befall
wird auch in Polen, Tschechien, Österreich, Frankreich und der Schweiz
gemeldet.
Die Weibchen legen im Spätsommer ihre Eier an den Maiswurzeln ab. Im nächsten
Frühjahr fressen die Larven dann an den Wurzeln der neu ausgesäten
Maispflanzen, stören die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen und schädigen
somit die Pflanzen massiv. Eingerollte Blätter und Lager sind die erkennbaren
Schadbilder.
In den USA sind seit drei Jahren gentechnisch veränderte Sorten im Anbau, die
in Europa jedoch nicht zugelassen sind. Eine konventionell erzeugte, resistente
Maispflanze wäre die eleganteste Möglichkeit zur Bekämpfung des
Maiswurzelbohrers.
Dies ist jetzt einem Team von Züchtern der SAATEN-UNION GmbH gelungen.
Seit 2002 werden im Süden Ungarns umfangreiche Feldversuche mit resistenten
Maissorten durchgeführt; Zulassung 2010 erwartet;
„Die Ergebnisse sind spektakulär“, beschreibt Dr. Peter Goertz, Maiszüchter der
SÜDWESTSAAT GbR (Saaten-Union), die Untersuchungen. Während bei den
Vergleichssorten Schäden durch den Maiswurzelbohrer von 50 –100 % auftreten,
gibt es bei den resistenten Hybriden nur einen geringen Befall. Die Bestände
zeigen kein Lager, die Wurzeln sind gesund. Die Züchter wissen, dass die
Resistenzeigenschaft auf mehreren Genen liegt, was von Vorteil für den Erhalt
der Resistenz ist. Sie vermuten, dass die Larven durch antibiotische
Ausscheidungen der Wurzeln abgestoßen werden.
(SAATEN-UNION GmbH, Kommunikation & Service, Renate Wegert, Eisenstraße 12,
30916 Isernhagen HB, Tel. (0511) 72666-243 /-0, renate.wegert@saaten-union.de)
·
Anmeldungen
für Anbau von gentechnisch verändertem Mais MON810;
+ Deutschland: 3975 ha (jetzt 96 % der angemeldeten Flächen in Ostdeutschland;
Vorjahr 2684 ha)
+ Sachsen: 1035 ha (jetzt 26 % aller in D. angemeldeten Flächen; 2007 556 ha;
Gesamtackerfläche Sachsen 721.000 ha)
+ Agrargenossenschaft Radeburg will auf 117 ha Mais anbauen; Mehrkosten für
Saatgut 10 Euro pro ha; in der Vergangenheit regelmäßig 10-15 % der
konventionellen Maisbestände durch Maiszünsler geschädigt;
+ Landesbauernverband Sachsen: Anbau wird nicht empfohlen, weil die
Haftungsfrage sehr unglücklich geregelt ist; selbst wenn ein Landwirt alle Anbauregeln
befolgt, trägt er bei Verunreinigungen auf Nachbarfeldern das volle
Haftungsrisiko; da zahlt auch keine Versicherung; das Siegel „ohne Gentechnik“
besagt nur, dass keine gentechnisch veränderten Futtermittel verwendet wurden,
ob aber Zusatzstoffe gentechnisch produziert wurden (Aminosäuren, Enzyme) ist
ausgeklammert – das ist Verbrauchertäuschung
+ in Frankreich im letzten Jahr Anbau auf 22.000 ha, für dieses Jahr
Anbauverbot
(Freie Presse Chemnitz 1.2.08)
·
Schweden:
auch 10 Jahre nach Ende der Bewirtschaftung mit gentechnisch verändertem Raps
auf Versuchsfeld noch Samen gentechnisch veränderter Pflanzen in keimfähigem
Zustand; zwischendurch immer wieder gepflügt, ausgerissen, andere Früchte
angebaut; 38 Pflanzen gefunden, 10 davon mit der gent. Veränderten Eigenschaft;
(taz 15.4.08)
·
Universität
Rostock hat Freisetzung von gentechnisch verändertem Sommerweizen in
Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt und in der Schweiz beantragt; Weizen
soll gegen den Stinkbrand, eine Pilz-Infektion, resistent sein;
(GID 186 Februar 2008 S.22)
·
Urteil
Oberlandesgericht Brandenburg/Havel: ein Agrarbetrieb als Pächter darf
gentechnisch veränderten Bt-Mais auch ohne Zustimmung der Verpächterin anbauen;
jedoch im konkreten Fall hat der Pächter sich nachträglich einverstanden
erklärt, eine Verbotsklausel in den Pachtvertrag aufzunehmen
(GID 186 Februar 2008 S.22)
·
In
Gebieten nördlich von Tschernobyl, die wegen radioaktiver Belastung nicht für
Nahrungsmittelerzeugung genutzt werden dürfen, soll Getreide zur Bioethanolerzeugung
angebaut werden: rund 6,5 Millionen Hektoliter für den europäischen Markt; auch
Einsatz von gentechnisch verändertem Getreide vorgesehen
(GID 186 Februar 2008 S.23)
·
Die
katholische Kirche in Bayern hat den Anbau von gentechnisch veränderten
Pflanzen auf ihren Flächen verboten „Aufgrund der vielfältigen Risiken und dem
derzeitigen Kenntnisstand und der Tatsache, dass sich die Schöpfung selbst
ausgestaltet, ist die Anwendung der grünen Gentechnik auf landwirtschaftlichem
Freiland grundsätzlich abzulehnen“
(GID 186 Februar 2008 S.43)
·
Anbau
gentechnisch veränderter Pflanzen weltweit 2007;
Fläche von 102 Millionen Hektar 2006 auf 114 Mill. Ha gestiegen;
Soja, Mais, Baumwolle, Raps; …
USA, Argentinien, Brasilien, Kanada, Indien China; …
(www.transgen.de)
·
Anbau
gentechnisch veränderter Mais Vorhaben Deutschland 2008;
4342 ha, davon Brandenburg 47%; Sachsen 24%; Mecklenburg-V. 21%, Sachsen-Anhalt
6 %
(www.greenpeace.de)
·
Untersuchung
in Arizona / USA: Larven des Baumwollkapselbohrers gefunden, die zwischen 50-
und 1000-mal mehr des Bt-Toxins vertrugen als solche, die noch nie mit dem Gift
in Berührung gekommen waren; erster Nach weis einer im Freiland entstandenen
Resistenz gegen das Bt-Gift einer transgenen Pflanze
(bdw 5-2008 S.7)
·
Anbau
gentechnisch veränderter Pflanzen weltweit 2007:
114 Millionen Hektar; bereits 43% der damit bestellten Ackerflächen liegen in
Schwellen- und Entwicklungsländern;
Anteil der gentechnisch veränderten Pflanzen an der Gesamtanbaufläche der
Pflanzen: Soja 64%; Baumwolle 43%; Mais 24%; Raps 20%;
Indische Bauern ernten dank der Bt-Baumwolle ein gutes Drittel mehr (Terri
Raney; FAO); im Schnitt zahlen sie 41% weniger für Pflanzenschutzmittel; ihr Gewinn
sei trotz höherer Saatgutpreise um fast 70% gestiegen;
nur 4 Pflanzen (Baumwolle, Mais, Raps und Soja) und zwei gentechnisch
eingefügte Eigenschaften (Insektenresistenz und Herbizidtoleranz) machen
bislang über 99% aller Gentech-Gewächse aus; „und diese Sorten sind sicher
nicht für Kleinbauern bestimmt“ (Raney, FAO);
“Die Gentech-Industrie versucht uns weiszumachen, dass wir ihre
Gentech.Pflanzen brauchen, um die Ernährung unserer Bevölkerung
sicherzustellen; Wie können wir solche Aussagen glauben, wenn ein Großteil der
Ernte an Tiere verfüttert oder zu Biosprit verarbeitet wird?“ (Bassey, Friends
of the Earth Nigeria);
Darin liegt das Grundproblem: Neue Pflanzensorten sind vor allem dann ein gutes
Geschäft, wenn sie globale Märkte bedienen und auf großen Flächen wachsen. Im
Kampf gegen den Hunger jedoch sind eher Pflanzen gefragt, die an lokale
Verhältnisse von Boden, Klima und Infrastruktur angepasst sind und gleichzeitig
eine öffentlich zugängliche, auch für Kleinbauern bezahlbare Ressource bleiben.;
inzwischen wird mit gentechnischen Ansätzen auch in Südafrika (Mais mit
Resistenz gegen das verheerende Maisstreifenvirus), Uganda (Bananen mit
erhöhter Widerstandskraft gegen eine Pilzinfektion); an Reis (China, Iran,
Feldversuche „goldener Reis“ Philippinen) gearbeitet;
(Spiegel 17-2008 S.150)
·
INI
Rostock darf gentechnisch veränderten Weizen an zwei Standorten bis 2010
freisetzen; Sommerweizen, resistent gegen den Pilz Weizenflugbrand; Bundesamt
für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) erwartet keine
schädlichen Einflüsse, verlangt Sicherheitsabstand von 50 Metern zu anderen
Weizenfeldern, Anbaugelände muss eingezäunt werden
(taz 14.5.08)
·
Genmais
verboten
In der bei Dresden gelegenen „Moritzburger Kleinkuppenlandschaft“ darf
vorläufig kein gentechnisch veränderter Mais angebaut werden. Das
Verwaltungsgericht Dresden bestätigte am 9. Mai ein entsprechendes Verbot des
Landratsamtes Meißen. Dieses hatte einer Agrargenossenschaft untersagt, bei
Berbisdorf Genmais anzubauen. Eine Beschwerde gegen das Verbot lehnte das
Gericht ab. Nach seiner Ansicht ist nicht geklärt, ob Toxine des Mais-Pollens
einer in der Nähe lebenden Schmetterlingsart, dem geschützten Ameisen-Bläuling,
schaden können. Gegen die Entscheidung kann Beschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht
erhoben werden.
(Der Sonntag Sachsen 18.5.08 S.5)
·
Unternehmen
Pioneer dar eine neue Genmais-Sorte in Deutschland testen; BVL genehmigte Anbau
im sächsischen Zabeltitz und an drei anderen Standorten; 2008 bis 2011, Fläche
von maximal 1,2 ha je Standort
(Freie Presse Chemnitz 23.4.08)
·
Hochschule
für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen; auf öffentlichen Druck hin Verzicht auf
Freisetzungsversuche MON810;
der betroffene Forscher weist in seiner jüngsten Arbeit nach, dass der
gentechnisch veränderte Mais nicht nur dem Maiszünsler widersteht, sondern auch
eine geringere Belastung an Pilzgiften aufweist (weniger Pilzbefall an
Fraßstellen ? JK)
(ZEIT 30.4.08 S.43)
·
Im
niedersächsischen Laase haben Gentechnik-Gegner frisch ausgesäten Mais wieder eingesammelt
(taz 21.5.08)
(Erneutes) Einsammeln von gentechnisch verändertem Maissaatgut in Laase
(taz 26.5.08)
·
Das
Verwüsten von Feldern mit gentechnisch veränderten Pflanzen soll in Frankreich
künftig eine Straftat sein; Nationalversammlung beschloss Gesetz
(taz 22.5.08)
·
EUROPOL
hat eine Aktion von Gentechnikgegnern in Portugal als „terroristisch“
eingestuft
(GID 188 Juni 2008 S.51)
·
In
Bayern wurden von den Bauern 92% der ursprünglich für 2008 angemeldeten
Genmais-Flächen zurückgezogen; Druck, massive persönliche Angriffe; derzeit in
Deutschland noch Anbau von Genmais auf fast 3.700 ha
(taz 13.6.08)
·
Anbau
gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland liegt 2008 bei 3.200 Hektar,
2007 waren es 2.700 ha; es handelt sich fast ausschließlich um Mais der Sorte MON810
von Monsanto
(GID 189 August 2008 S.24)
·
Spanien
2007: Anbau von gentechnisch verändertem Mais auf rund 75.000 Hektar
(GID 189 August 2008 S.27)
·
Gentechnik-Gegner
haben nahe Moritzburg bei einer Zerstörungsaktion offenbar das Feld
verwechselt, auf zwei Hektar Maispflanzen zertreten; Unbekannte beschädigten in
den vergangenen Wochen bereits Genmais-Felder bei Dresden und im Kreis Meißen;
verursachten bis zu 20.000 Euro Schaden
(Freie Presse 17.9.08)
·
die
Landesanstalt für Landwirtschaft des Freistaates Sachsen hat Ergebnisse über
den Ertrag, die Wirtschaftlichkeit und agronomische Daten des Anbaus von
gentechnisch verändertem, insektengiftigem Bt-Mais veröffentlicht. Demnach
lohne sich der Einsatz … wenn so Verluste von 300 kg je Hektar bei Körnermais und
2000 kg je ha bei Silomais vermieden werden könnten; insgesamt sei der Anbau
von Bt-Mais nur bei hohem Zünslerbefall sinnvoll
(GID 190 Oktober 2008 S.18 --- hundertseitiger Bericht unter www.sachsen.de , dort weiter zu den
Publikationen der Landesanstalt für Landwirtschaft)
·
Imker
gegen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das
Freisetzungsversuch genehmigt hatte; die Genehmigung eines Versuches mit
gentechnisch verändertem Mais auf einem Feld im bayerischen Kitzingen im
vergangenen Jahr war rechtmäßig; Entscheidung des Verwaltungsgerichts in
Braunschweig 11.2.09; wissenschaftliche Untersuchungen hätten gezeigt, dass
gentechnisch veränderter Pollen im Honig kaum nachweisbar und nicht giftig für den
Menschen sei, sei er überhaupt im Honig enthalten, sei er nicht
vermehrungsfähig; der Mais der Linie 98140 enthält Gene des Bakteriums Bacillus
licheniformis, das Brot oder Fruchtsaft verdirbt, diese sollen die Pflanze
widerstandsfähig machen gegenüber 2 Unkrautvernichtungsmitteln; Firma Pioneer
testet die Pflanzen an 4 Standorten in Deutschland und hat Zulasung als
Lebensmittel- und Futterpflanzen in Brüssel beantragt
(taz13.2.09S.9)
·
(Verbote
für Mais MON 810 in verschiedenen europäischen Ländern)
Dass die zuständigen Lebensmittelwächter der European Food Safety Authority in
Parma dem strittigen Gentech-Mais Unbedenklichkeit bescheinigen, wird dabei
geflissentlich ignoriert. Ebenso wird verdrängt, dass zwei weitere
genmodifizierte Maissorten das Prüfverfahren der Behörde bestanden haben und
zugelassen werden müssen. Wenn sie ihren eigenen Regeln folgt, kann die
EU-Kommission also gar nicht anders, als den Anbau von Mon810-Mais mit einem
Machtwort europaweit durchzusetzen – auch wenn es zur Zerreißprobe mit
einzelnen Landespolitikern kommt. „Wir Europäer haben das schärfste
wissenschaftliche Zulassungsverfahren in der Welt, aber wir trauen ihm nicht“,
sagt Natali Moll vom Bioindustrieverband EuropaBio in Brüssel. Moll ist
Lobbyistin. Recht hat sie trotzdem.
(ZEIT 5.3.09 S.35)
·
Kitzingen,
Betrieb mit 2000 Mastschweinen, Mais als Futter; 2006 Maiszünsler 40%
Ernteverlust trotz Pestizideinsatzes
(Spiegel 10-2009 S.68)
·
BASF
will – nach Erteilung der Anbaugenehmigung für die gentechnisch veränderte
Stärkekartoffel „Amflora“ – im nächsten Jahr auch die Genehmigung für die
gentechnisch veränderte Frittenkartoffel „Fortuna“ beantragen;
Die Kartoffel sei mit Resistenz gegen die Kraut- und Knollenfäule ausgestattet.
Diese Eigenschaft sei in die Pflanze aus dem Erbgut von Wildkartoffeln aus
Lateinamerika eingebaut worden. Bereits auf dem Wege der konventionellen
Züchtung habe man versucht, europäische Kartoffelsorten mit der Resistenz gegen
die Kraut- und Knollenfäule auszustatten, habe jedoch hohe Ertragseinbußen
hinnehmen müssen. Dies soll bei Fortuna nicht der Fall sein. Die BASF rechnet
damit, dass mit dem konventionellen Anbau der Fortuna ab 2015 begonnen werden
kann. Bei Feldversuchen seien ein Abstand von 10 m zu konventionellen
Kartoffeln eingehalten und eine sichtbare Trennlinie gezogen worden. Für den
kommerziellen Anbau gebe es in diesem Punkt noch keine Regeln.;
die BASF hat mittlerweile auch eine zweite Gentechnik-Kartoffel in Planung, die
nur Amylopektin-Stärke bildet. Wie „Amflora“ soll auch sie für industrielle
Anwendungen dienen, die Pülpe allerdings auch als Tierfutter herhalten können.
(http://www.raiffeisen.com/news/artikel/30214760
)
·
EU-Kommission:
die gentechnisch veränderte Kartoffel „Amflora“ (BASF) darf nach einem 13 Jahre
währenden Zulassungsverfahren künftig europaweit angebaut werden; ist zur
Gewinnung von Industriestärke bestimmt, wobei die anfallenden Abfälle auch als
Futtermittel verwendet werden dürfen; Kartoffel enthält eine Antibiotikaresistenz;
strenge Auflagen: weder auf dem Acker noch bei Ernte oder Transport darf
Amflora mit anderen Kartoffeln in Berührung kommen, im Folgejahr dürfen keine
„normalen“ Kartoffeln auf einem Amflora-Acker angebaut werden, erlaubt ist
letztlich doch eine unbeabsichtigte Verschmutzung traditioneller
Kartoffelprodukte bis 0,9%;
die niederländische Firma Avebe hat eine (nicht gentechnisch veränderte)
Kartoffelsorte auf den Markt gebracht, deren Stärke zu 99% aus dem von der
Industrie begehrten Amylopektin bestehen soll;;
(taz 3.3.2010 S.1,2)
·
„Bedenklich
daran ist, dass die Amflora gegen zwei Antibiotika widerstandsfähig ist. Es ist
nicht auszuschließen, dass diese Medikamente nicht mehr wirken, wenn man
Amflorabestandteile zu sich nimmt.“
Leserbrief dazu von J.Krause:
Als eine Gefahr, die möglicherweise von
der "Genkartoffel" Amflora ausgeht, werden seit langem die
enthaltenen Antibiotika-Resistenzen kritisch diskutiert. Wenn aber der Autor
schreibt, dass "nicht auszuschließen ist, dass diese Medikamente nicht
mehr wirken, wenn man Amflorabestandteile zu sich nimmt", ist das schlicht
falsch. Wenn überhaupt, dann müssten die neuen Gene aus der Kartoffel von
Bakterien aufgenommen werden, und wenn diese wiederum Krankheitserreger sind
und sich im menschlichen Organismus zu schaffen machen, dann und nur dann
könnte es sein, dass die Bakterien resistent geworden sind gegen Antibiotika,
und diese nicht mehr wirken. Das Essen von Kartoffeln jedenfalls bewirkt diesen
Effekt NICHT. Dass Bakterien fremdes
Erbgut in ihr eigenes Erbgut "einbauen" können, ist erwiesen, dass
Antibiotikaresistenzen auf diesem Wege wirksam aufgenommen worden sind, wird
immer wieder befürchtet, ist aber bisher nie nachgewiesen worden.
Joachim Krause
(taz 3.3.2010 S.12)
·
in
Indien sind Schädlinge aufgetaucht, die gegen das Gift der gentechnisch
veränderten Baumwollsorte resistent sind; nach nur 8 Jahren Anwendung sind
mutierte Schädlinge aufgetaucht, gegen die das in den Pflanzen produzierte Gift
nicht (mehr) wirkt; die Baumwoll-Sorte Bollgard produziert ein spezielles Gift,
das unter anderem die gefürchtete Rosarote Baumwollkapselraupe abtöten soll; in
vier von neun Bezirken des Bundesstaates Gujarat ist die Raupe seit vergangenem
Jahr resistent gegen dieses Gift; es handelt sich um Bt-Pflanzen (Gen zur
Produktion des Giftes stammt aus dem Bacillus thuringiensis);
Saatguthersteller MONSANTO: Solche Resistenzen sind vorhersehbar; die indischen
Landwirte hätten sich nicht exakt genug an die speziellen Anbauvorschriften
gehalten, die das Entstehen von Resistenzen verzögern soll (Bestellung eines
Teils der Flächen mit nicht gentechnisch veränderten Baumwoll-Sorten JK);
Lösung aus Sicht von Monsanto ist die Baumwollsorte „Bollgard II“, die seit
2002 in den USA verkauft wird; produziert neben dem Bt-Gift noch einen
weiteren, ähnlichen Giftstoff (damit soll die Wahrscheinlichkeit für die
Bildung von Resistenzen vermindert werden); in den USA sind bisher keine
resistenten Schädlinge aufgetreten;
Monsanto arbeitet inzwischen an einer Sorte Bollgard III, die drei Giftstoffe
absondern soll
(taz 23.3.2010 S.09)
·
EU-Kommission
will künftig die einzelnen Mitgliedsstaaten selbst entscheiden lassen, ob sie
den Anbau von Genmais und Co. auf eigenem Boden erlauben
(Freie Presse Chemnitz 14.6.2010 S.7)
·
die
Bundesländer der BRD sollen nach Vorstellungen des
Bundeslandwirtschaftsministeriums künftig selber über die Abstände zwischen
Äckern mit gentechnisch veränderten Pflanzen und naturbelassenen Pflanzen
entscheiden; bundesweit gelten derzeit z.B. 150 m Abstand bei Mais;;
einzig bei Kartoffeln schlägt das Ministerium einen bundesweit gültigen Abstand
von 10 m vor und drängt darauf, das entsprechende Bestimmungen vor der nächsten
Anbauperiode umgesetzt werden sollen; außerdem solle nach dem Anbau von
gentechnisch veränderten Kartoffeln eine Pause von 2 Jahren eingelegt werden;
(taz 20.9.2010 S.8)
·
mit
gentechnisch veränderten Sorten verunreinigtes Mais-Saatgut des Herstellers
Pioneer Hi-Bred in Niedersachsen ausgesät; in mindestens 6 weitere Bundesländer
verkauft;
im herkömmlichen Saatgut einzelne Körne der gentechnisch veränderten Sorte NK
603 entdeckt;
in der EU für kommerziellen Anbau nicht zugelassen; daher „Null-Toleranz“;
Mais dieser Sorte (herbizidresistent) darf seit 2004/2005 als Lebens- und
Futtermittel in die EU eingeführt werden;
(taz 8.6.2010 S.4)
·
in
aus den USA importierten Schokoriegeln, z.B. Butterfinger“, > 84 bis 100 %
gentechnisch veränderte Soja enthalten (zulässig wären Verunreinigungen von
< 0,9%);
Hersteller NESTLÈ: illegal aus den USA eingeführt, wo es keine
Kennzeichnungspflicht gibt;
Greenpeace-Expertin Töwe räumt ein, dass die wesentlichen Gefahren
gentechnischer Produktion in Umwelt-, nicht in Verbraucherrisiken bestehen,
etwa „dass angebaute veränderte Arten nicht mehr aus der Natur zurückzuholen
sind“
(taz 27.5.2010 S.8; Freie Presse Chemnitz 3.6.2010 S.4)
·
in
USA an 288 Standorten entlang einer Stecke von 5000 km am Straßenrand 406
Rapspflanzen eingesammelt; überlebten schon seit mehreren Generationen;
85% wiesen eine Herbizidresistenz auf entweder gegen Glyphosat (Monsanto) oder
Glufosinat (Bayer);
entdeckt wurden auch Rapspflanzen, die beide Resistenzgene besaßen, müssen sich
also gekreuzt haben;
weltweit gebe es etwa 40 Arten, die als Kreuzungspartner für Raps in Frage
kommen
(taz 13.8.2010 S.18)
·
US-Gericht
hat den Anbau von gentechnisch veränderten Zucker4rüben des Konzerns Monsanto
vorerst verboten; Zulassung zurückgenommen, bis umfassendere Studien zu den
Umweltauswirkungen vorliegen; gilt nur für Neupflanzungen; schon auf einer
Fläche von 400.000 ha gesäte Monsanto-Rüben dürfen nach der ernte verwendet
werden; in den USA sind 95 % aller Zuckerrüben gentechnisch verändert, liefern
etwa die Hälfte des Zuckerbedarfes des Landes
(taz 16.8.2010 S.8)
·
Thüringen
ist das erste deutsche Bundesland im Europäischen Netzwerk gentechnikfreier
Regionen. Auf der achten Konferenz des Netzwerks in Wien unterzeichnete
vorgestern Staatssekretär Hartmut Schubert die Charta der europaweiten Initiative,
der damit 52 Regionen angehören
(Freie Presse Chemnitz 25.11.2010 S.4)
·
Anbau
gentechnisch veränderter Pflanzen in einigen europäischen Ländern 2010 in
Hektar:
Mais: Spanien 67.726; Tschechien 4680, Portugal 5500, Slowakei 1740, Polen
3500, Rumänien 823;
Kartoffeln (Amflora) Tschechien 150, Schweden 80, Deutschland 15
(www.transgen.de)
·
(09.11.2010) Das Vorhaben der EU-Kommission für eine
Re-Nationalisierung beim Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verstößt gegen die von der EU unterzeichneten Welthandelsverträge (WTO).
Das ist das Ergebnis eines lang erwarteten Gutachtens des juristischen Dienstes
des Europäischen Rates. …
Ökonomische Begründungen für ein Anbauverbot sind mit dem WTO-Vertrag
generell nicht vereinbar, da diese als unzulässige Handelshemmnisse gelten. Als
mögliche Gründe blieben allenfalls ethische Bedenken, so Äußerungen von
EU-Offiziellen. Auch diese würden vor dem Europäischen Gerichtshof oder dem
WTO-Schiedsgericht jedoch kaum Bestand haben. Die Tatsache, dass große Mengen
an gv-Pflanzen importiert und in der EU als Tierfutter verwendet werden, ließe
sich kaum mit einem ethisch begründeten Anbauverbot dieser gv-Pflanzen
vereinbaren.
Auf Zweifel an der Sicherheit einer gv-Pflanze kann sich ein nationales
Anbauverbot nicht berufen, da alle Sicherheitsaspekte von gv-Pflanzen in dem
weiterhin EU-weit verbindlichen Zulassungsverfahren berücksichtigt
werden, an dem alle EU-Staaten mitwirken.
(http://www.transgen.de/aktuell/1235.doku.html
)
·
BASF
wird in diesem Jahr wieder gentechnisch veränderte Kartoffeln der Sorte AMFLORA
in Sachsen-Anhalt anbauen, Üplingen, 2 Hektar; gleichzeitig Verzicht auf
erneuten Anbau in Zepkow (MeckPomm)
(taz 1.2.2011 S.08, Freie Presse Chemnitz 2.2.2011 S.7)
·
In
diesem Frühjahr werden mehr gentechnisch modifizierte Pflanzen denn je auf den
Äckern der USA sprießen: Am Freitag bewilligte das Landwirtschaftsministerium
in Washington den kontrollierten Anbau von "Roundup
Ready"-Zuckerrüben - obwohl eine richterlich angeordnete
Umweltverträglichkeitsstudie nicht abgeschlossen ist. Die Sorte wurde vom
deutschen Hersteller KWS gemeinsam mit dem US-Konzern Monsanto entwickelt.
Das Ministerium begründete die Entscheidung mit "Nachschubengpässen":
90 Prozent der in den USA angebauten Zuckerrüben sind genmanipuliert. Monsanto
liefert das speziell auf die Pflanzen abgestimmte Unkrautvernichtungsmittel
"Roundup" gleich mit.;
… mit Bedingungen: Bis zum Abschluss der Studie muss es Sicherheitsabstände
rund um Äcker mit Genrüben geben. In einigen Regionen dürfen sie gar nicht
eingesetzt werden.
Für die Biotechnologie-Industrie ist es trotzdem der zweite große Erfolg binnen
einer Woche. Schon Ende Januar hatte die US-Regierung eine uneingeschränkte
Aussaat von gentechnisch manipuliertem Alfalfa-Sprossen bewilligt. Die Pflanze
wird als Winterfutter für Kühe benutzt. Vilsack selbst hat auf einen
Sicherheitsabstand von acht Kilometern rund um Gen-Alfalfa-Äcker verzichtet -
obwohl sein Ministerium in einer Studie vor Kreuzungen mit anderen Pflanzen
warnte.
(taz 7.2.2011 S.08)
·
Der
US-Chemiekonzern Monsanto will ab diesem Frühjahr eine Gentech-Zuckerrübe in
Ostdeutschland unter freiem Himmel testen. Das Unternehmen habe einen
Freilandversuch beantragt, teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) mit. Die Rüben sollten in Nienburg (Saale)
wachsen. Bis 24. Februar könnten Einsprüche eingelegt werden. Die USA hatten
den Anbau der Rübe H7-1 unter Auflagen am Freitag genehmigt. Sie ist
widerstandsfähig gegen das Pestizid Roundup.
(taz 8.2.2011 S.08)
·
Behörde
geht Zweifeln an der These nach, dass Pflanze außer Schädlinge Marienkäfer
tötet
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) veranstaltet
am heutigen Mittwoch ein Streitgespräch zwischen Wissenschaftlern, das zur
Aufhebung des deutschen Gentechmais-Verbots beitragen könnte. Angelika Hilbeck
von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich soll in Berlin auf Kritik
an einer der Studien antworten, mit deren Hilfe das BVL 2009 den Anbau der
Maissorte MON810 untersagte. Das verlautete aus mit der Sache vertrauten
Kreisen.;
Hilbecks Untersuchung zufolge tötet das Gift, das die Pflanze gegen Schädlinge
produziert, auch den Nützling Zweipunkt-Marienkäfer.;
Hilbeck hatte in ihrer Studie 2008 berichtet, dass das Gift aus der
Bakterienart Bacillus thuringiensis (Bt) die Todesrate von Marienkäfer-Larven
erheblich erhöhe. MON 810 produziert Bt, um die Insektenart Maiszünsler zu
bekämpfen. Die Wissenschaftlerin hatte für ihr Experiment Mehlmotteneier mit Bt
besprüht und diese den Larven zu fressen gegeben. Die Larven hätten die Schalen
aufgebrochen, um den Inhalt der Eier zu fressen. So hätten sie auch das Bt auf
der Schale zu sich genommen.;
Jörg Romeis von der Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, die dem
Schweizer Staat gehört, dagegen bezweifelt in seiner Gegenstudie vom Juli 2010,
dass die Larven in Hilbecks Versuchsaufbau überhaupt das BT auf der Schale
gefressen haben. Seine eigenen Experimente hätten gezeigt, dass das Bt
ungefährlich für die Larven sei. In einem Versuch fütterte er sie mit
Spinnmilben, die Bt-Mais gefressen hatten. In einem anderen mit einer
Zuckerlösung, die Bt enthielt, wie der Biologe in einem Fachartikel schreibt.;
Der Spinnmilbenversuch von Romeis beweise nicht die Ungefährlichkeit des Bt,
erklärte Hilbeck weiter. Zum einen komme das Gift in den Spinnmilben in
geringeren Konzentrationen vor als in den direkten Fütterungsstudien. Das Gift
könnte im Körper der Spinnmilben so verändert werden, dass es den Larven nicht
schadet. Auch das Experiment mit der Zuckerlösung lässt die Forscherin nicht
gelten. "Wir haben die Larven neun bis zehn Tage mit Bt gefüttert, Romeis
dagegen an einzelnen Tagen und dann erst nach einer Erholungspause
wieder." Das sei ein fundamentaler Unterschied und führe zu anderen
Ergebnissen, die ihre Studien ergänzten, aber nicht widerlegten.
(taz 9.2.2011 S.09)
·
Honig
darf nicht verkauft werden, wenn er Pollen des gentechnisch veränderten Mais MON
810 enthält - selbst wenn die Verunreinigungen äußerst gering sind. Das folgt
aus dem Schlussantrag von Generalanwalt Yves Bot im sogenannten Imker-Prozess
am Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Meist folgen die Richter des
EuGH den Gutachten des unabhängigen Generalanwalts. Das deutsche Bündnis zum
Schutz der Bienen vor Agrogentechnik begrüßte den Schlussantrag, den das
Gericht am Mittwoch veröffentlichte.
Ins Rollen gebracht hatte das Verfahren der Hobbyimker Karl-Heinz Bablok aus
Kaisheim bei Augsburg. Zu seinem Ärger führte die Bayerische Landesanstalt für
Landwirtschaft zwei Kilometer von seinen Bienenstöcken Anbauversuche mit dem
Mais MON 810 des US-Herstellers Monsanto durch. Bablok verlangte Unterlassung
oder zumindest Schutzmaßnahmen. Doch die Forscher meinten, dass Bienen sich eh
nicht für Maispollen interessierten. Um das Gegenteil zu beweisen, postierte
Bablok seine Bienen im Abstand von 500 Metern zu den Versuchsfeldern und ließ
anschließend Pollen und Honig untersuchen. Ergebnis: Im Honig fanden sich
geringe Mengen genveränderten Mais-Erbguts.;
Derzeit ist der Streit zwar etwas entschärft, weil die Anbauzulassung des
Genmais seit 2009 in Deutschland ausgesetzt ist. "Der Streit hat aber
grundsätzliche Bedeutung", sagt Thomas Radetzky vom Bündnis zum Schutz der
Bienen vor Agrogentechnik, "das Gutachten des Generalanwalts ist ein
wichtiger Schritt auf dem Weg zur Nulltoleranz: Jede geringste
GVO-Verunreinigung macht ein Lebensmittel dann zum GVO-Lebensmittel, mit allen
Folgen."
(taz 10.2.2011 S.08)
·
die
weltweite Anbaufläche für gentechnisch veränderte Pflanzen sei 2010 gegenüber
2009 um 10% auf 148 Millionen Hektar gewachsen (ISAAA), das entspreche mehr als
dem Sechsfachen der Landesfläche Großbritanniens, damit sei der Gentech-Anteil
an der gesamten Anbaufläche der Welt von 9 auf 10% gewachsen;
in Europa allerdings schrumpften die Genfelder um 3% auf 91.438 Hektar
(taz 24.2.2011 S.08)
·
Weltweit
sind Bienenvölker bedroht, davor warnte jetzt das Umweltprogramm der Vereinten
Nationen (Unep) in Genf. In Europa und den USA gingen die Bienenbestände in den
letzten Jahren um bis zu ein Drittel zurück, im Nahen Osten sogar um 85
Prozent. Laut Unep betrifft das Bienensterben vor allem die Nordhalbkugel.
ImkerInnen berichteten in den letzten Jahren immer wieder von ungewöhnlichen
Verlusten im Winter. Der Unep-Bericht trägt die Erkenntnisse der verschiedenen
Länder zusammen und verleiht der Problematik so eine globale Dimension.
Der Rückgang hat laut Unep verschiedene Ursachen. Ein Grund ist der Einsatz von
Insektengiften und die chemische Behandlung von Saatgut in der Landwirtschaft.
Dieses Saatgut ist mit nikotinhaltigen Nervengiften belastet. Die Bienen nähmen
diese über Wasser auf und würden in einen Rauschzustand mit Todesfolge
versetzt, sagt Peter Maske, Präsident des Deutschen Imkerverbands.
Außerdem macht der Klimawandel den Insekten zu schaffen. Sie finden weniger
Nahrung, weil aufgrund veränderte Blühzeiten und Niederschlagsmengen die Pollen
für die Bienen zu früh im Jahr fliegen. Als weiteren Grund nennt Unep den
zunehmenden Artenschwund und die eintönige Landschaft durch große Monokulturen.
Lebensräume und Nahrungsgrundlagen der Bienen würden zerstört. Sie ernährten
sich einseitig. Ein geschwächtes Immunsystem sei die Folge, die Bienen würden
anfälliger für Schädlinge.
(Gentechnisch veränderte Pflanzen werden
NICHT als – mögliche – Ursache erwähnt … JK)
(taz 12./13.3.2011 S.08)
·
Urteil
des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg:
Honig mit Pollen von Gentechpflanzen ohne Zulassung als Lebensmittel (die keine Zulassung als L. haben JK)
darf nicht mehr in der EU verkauft werden.;
Nach einer Schätzung der taz auf Grund von Branchenzahlen kommt der meiste
Honig für den deutschen Verbrauch aus Nord- und Südamerika. Dort sind
Gentechnikpflanzen stärker verbreitet als in Europa. Deshalb fand die
Zeitschrift ÖKOTEST 2009 in fast der Hälfte aller getesteten Honige Genpollen.;
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) fordert, dass zwischen
Gentechfeldern und Bienenstöcken mindestens 5 Kilometer Abstand vorgeschrieben
werden, denn so weit sei der Flugradius von Bienen auf der Nahrungssuche;
Das Urteil wird Gentechnik-Gegnern zufolge auch Pläne der EU-Kommission
zurückwerfen, die derzeit gültige Regel aufzuweichen, wonach nicht zugelassene
Gentech-Zutaten in Lebensmitteln auch in geringsten Konzentrationen verboten
sind. Im Juli hatte die EU schon die Nulltoleranz solcher Gentechpflanzen in
Futtermitteln gekippt und einen Grenzwert von 0,1% erlassen
Sind Teile von Gentechpflanzen im Honig gesundheitsschädlich? Das behaupten im
konkreten Fall noch nicht einmal die Gentechnikgegner. Schon weil die
Konzentrationen von gentechnisch verändertem Pollen im Honig sehr gering sind
(taz 7.9.2011 S.2)
·
Antibiotika
versagen;
In Europa sind immer mehr Krankheitserreger widerstandsfähig gegen Antibiotika,
die als letztes Mittel bei Infektionen dienen. Das zeigen Daten, die das
Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) am
Donnerstag veröffentlicht hat. Die EU-Kommission erklärte, Antibiotika-Resistenzen
seien "zu einem ernstzunehmenden Gesundheitsproblem" geworden.
Jährlich sterben in Europa 25.000 Patienten der Weltgesundheitsorganisation
zufolge deswegen, weil die Medikamente nicht gegen die Bakterien wirken;
Eine Ursache der steigenden Resistenzen ist laut ECDC, dass 50 Prozent der
Antibiotikagaben in Krankenhäusern "unangebracht" sein können. Auch
der Einsatz von Antibiotika bei Tieren erhöht die Gefahr von Resistenzen, wie
die Europäische Lebensmittelbehörde bereits seit Langem warnt. Eine kürzlich
veröffentlichte Studie aus Nordrhein-Westfalen ergab, dass die meisten
Masthähnchen während ihres kurzen Lebens die Medikamente bekommen - offenbar
auch, damit sie schneller wachsen. Weil die Agrarindustrie zusehends mehr Tiere
auf engem Raum hält, werden dort Mutationen der Erreger und damit
Antibiotika-Resistenzen wahrscheinlicher;
(gentechnisch veränderte Bakterien werden
NICHT benannt JK)
(taz 18.11.11 S.8)
·
Tatsächlich
halten viele Fachleute die Einhaltung der für absolute Reinheit nötigen
Sicherheitsabstände für schwer kontrollierbar. Honigbienen, die für die
Bestäubung von zwei Dritteln aller Nutzpflanzen wichtig sind (und damit einen
Beitrag für die Landwirtschaftserträge von gut 22 Milliarden Euro leisten),
suchen in einem Umkreis von durchschnittlich zwei Kilometern nach Nektar und
Pollen. Mais ist für Bienen zwar wenig attraktiv, weil die Blüten keinen Nektar
enthalten, aber als Pollenlieferant wird er gelegentlich von den Insekten
besucht. Die Bienen selbst werden von den gentechnisch veränderten Pollen mit
ihren Inhaltsstoffen, etwa dem schädlingsabtötenden Bt-Toxin, nicht geschädigt.
Das hat die vom Bund geförderte Biosicherheitsforschung gezeigt. Auch der
Mensch muss keine Gesundheitsgefahren fürchten -- jedenfalls gibt es keine aussagekräftigen
Forschungsergebnisse, die das nahelegen.
(Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 08.09.2011 Seite 4)
·
Saatgutproduzent KWS (Einbeck) verzichtet ab sofort
auf Freilandversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland; der
zeit gebe es hierzulande kaum Nachfrage nach genverändertem Saatgut; Versuche
nur noch in Ländern, in denen die grüne Gentechnik positiv gesehen werde
(taz 29.2.2012 S.8)
·
Felder, auf denen (auch irrtümlich) gentechnisch
verunreinigtes Saatgut angebaut wurde, müssen auch weiterhin auf Kosten der
Bauern untergepflügt und mit Unkrautbekämpfungsmitteln besprüht werden. Das
entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
(taz 1.3.2012 S.8; Freie Presse Chemnitz 1.3.2012 S.7)
·
Ursache für Bienensterben festgestellt: Viruserkrankung,
die durch Milben ausgelöst wurde; einen Hinweis, dass der Tod der Bienen auf
Vergiftungen durch Pflanzenschutzmittel zurückzuführen ist, konnten wir nicht
feststellen;
(Freie Presse Chemnitz 21.12.2011 S.13)
·
Imker müssen selbst darauf achten, dass ihre Bienen
keine Pollen von genmanipulierten Pflanzen sammeln. Das hat der Bayerische
Verwaltungsgerichtshof entschieden.;
Imker haben keinen Anspruch darauf, vor gentechnisch veränderten Pollen
geschützt zu werden. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden.
Demnach müssen Imker selbst dafür sorgen, dass keine gentechnisch veränderten
Pollen in den Honig gelangen, und nicht der Anbauer des Genmaises, erklärt der
Anwalt der Kläger, Achim Willand;
Einen Erfolg erzielten die Imker schließlich im vergangenen September. Damals
entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass Honig, der durch Pollen von
MON 810 verunreinigt wird, weder verkauft noch verschenkt werden darf.
Gentechnikgegner werteten das Urteil als Erfolg, weil die Industrie vorher
stets argumentiert hatte, dass Honig als tierisches Lebensmittel ohne
Kennzeichnung eventueller Gentechnikanteile verkauft werden könne. Ein Anspruch
auf Schadenersatz hätte dann nicht bestanden - mit der EuGH-Entscheidung könnte
sich das ändern.;
Das aktuelle Urteil ist dagegen ein Rückschlag …;
Die Imker woll nun vor die nächste Instanz, das Bundesverwaltungsgericht,
ziehen und Revision des Urteils beantragen.
(taz 31.3./1.4.2012 S. 7)
·
Uni Würzburg: Bienenlarven schadet gentechnisch
veränderter Mais nicht; Bienelarven mit Pollen von Mais gefüttert, der gegen
Schädlinge resistent gemacht worden war; im Vergleich zur Kontrollgruppe
keinerlei Entwicklungsstörungen oder erhöhte Sterblichkeit
(bild der wissenschaft 4-2012 S.12)
·
Gentransfer Pflanze - Bakterien:
Wahrscheinlichkeit 1:100000000000000
Antibiotikaresistente Krankheitserreger haben sich ausbreiten können - lange
bevor es gentechnisch veränderte Pflanzen mit Antibiotikaresistenz-Markern gab.
Dennoch, so fürchten viele, könnte sich das Problem resistenter Krankheitskeime
weiter verschärfen, sollte es zu einem großflächigen Anbau solcher gv-Pflanzen
kommen.
So sei es denkbar, dass beim Verrotten von gv-Pflanzen auf dem Feld deren Markergen von Bodenbakterien aufgenommen und
weiterverbreitet wird. Ähnliches könnte beim Verzehr von pflanzlichen
Lebensmitteln oder Futter passieren, wenn die Resistenzgene von Bakterien im
Darm aufgenommen und von dort auf Krankheitserreger übergehen. Die gegen diese
Infektionen eingesetzten Medikamente könnten dann unwirksam werden.
Ein extrem seltenes Ereignis
Damit sich ein solches Szenario tatsächlich ereignet, muss das entsprechende
Gen aus der Pflanze von einem Bakterium aufgenommen werden. Allerdings ist ein
solcher horizontaler Gentransfer nach
den bisherigen Erkenntnissen ein unter natürlichen Bedingungen äußerst seltenes
Ereignis. Bisher ist es jedenfalls nicht gelungen, ihn in der Natur
nachzuweisen. Nur im Labor konnte bisher ein Gentransfer von Pflanze zu Bakterien beobachtet werden - allerdings nur,
wenn zuvor ideale Bedingungen für einen Gentransfer "künstlich"
erzeugt worden waren.
Es muss also eine Menge zusammenkommen, damit ein horizontaler Gentransfer
tatsächlich stattfindet. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Bakterium ein
Pflanzen-Gen aufnimmt, beträgt etwa 1:1 Milliarde bis 1: 100.000 Milliarden.
Dennoch: Völlig auszuschließen ist ein solcher Gentransfer nicht, vor allem
wenn bestimmte Bedingungen zutreffen, die seine Wahrscheinlichkeit erhöhen. In
einem solchen Fall könnten Krankheitserreger Antibiotikaresistenz-Marker etwa
aus verrottenden transgenen Pflanzen aufnehmen.
Viele der in Ackerböden anzutreffenden Bakterien besitzen eine Resistenz gegen das Antibiotikum Kanamycin.
In drei Vierteln aller aus Schweinen und Rindern isolierten Proben wurden Ampicillin resistente Bakterien gefunden.
Und im menschlichen Darm sind durchschnittlich 27 Prozent aller
E.coli-Bakterien resistent gegenüber Ampicillin. Es ist viel wahrscheinlicher,
dass solche Resistenzen im direkten Transfer zwischen Bakterien ausgetauscht
werden, als dass sie über den "Umweg" transgene Pflanze übernommen
werden.
Wenn sich zunehmend antibiotika-resistente Infektionserreger ausbreiten, dann
liegt das nicht an Markergenen in gv-Pflanzen, sondern an der extensiven
Anwendung von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin, aber auch in der
Tierhaltung. Bis vor wenigen Jahren wurden Antibiotika vor allem bei Schweinen
standardmäßig dem Futter zugesetzt, um das Wachstum anzuregen. Dadurch wurde
eine Ausbreitung resistenter Bakterien systematisch gefördert.
(http://www.transgen.de/sicherheit/gesundheit/332.doku.html
)
·
Mexiko:
Kommerzieller Anbau von gv-Mais beginnt
Mit dem Jahreswechsel hat die mexikanische Regierung den Anbau von gentechnisch
veränderten (gv) Pflanzen erlaubt. Bisher waren nur Versuchsfelder zulässig.
Mit Verweis auf die Tageszeitung La Jornada berichtet das Internet-Portal
Weekly News Update on the Americas, dass der US-Konzern Monsanto mit der
Aussaat von gut 60 Hektar gv-Mais in dem im Norden Mexikos liegenden
Bundesstaat Sineola den Anfang machen werde. Weiterer Anbau in anderen
nördlichen Staaten und durch andere Firmen werde aber folgen. Die Planungen des
Anbaus von gv-Mais in Mexiko und die dortigen Versuchsfelder werden seit mehr
als einem Jahrzehnt kritisiert, da das Land als die Ursprungsregion des Mais
gilt. Dort findet sich die größte Vielfalt von wild lebenden Pflanzenarten, die
mit dem Mais verwandt sind, sowie tausende von Landsorten im Anbau; beides ist
für die zukünftige Züchtung von Mais von großer Bedeutung. Der Anbau von
gv-Mais kann unter anderem durch Auskreuzung und Vermischung von Saatgut zur
Kontamination mit transgenem Material führen. Bereits 2001 waren von den
US-Forschern David Quist und Ignacio Chapela solche Kontaminationen
nachgewiesen worden.
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/211/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
·
Pächter
landeseigener Flächen dürfen in Baden-Württemberg künftig keine GVOs mehr
anbauen;
Wer in Baden-Württemberg künftig landeseigene Flächen pachten will, muss sich
verpflichten, auf Gentechnik zu verzichten. Dazu hat das Finanzministerium
jetzt den zuständigen Landesbetrieb Vermögen und Bau angewiesen und damit einen
Beschluss der grün-roten Koalition vom Vorjahr umgesetzt. Das im
Koalitionsvertrag festgeschriebene Ziel der Landesregierung ist es, die
Landwirtschaft völlig gentechnikfrei zu halten.
(taz 5.2.2013 S.8)
· Apfelkrankheiten wie Apfelschorf und
Feuerbrand sind weltweit verbreitet und beliebte Apfelsorten - zum Beispiel
Gala oder Golden Delicious - hochanfällig dafür. Seit einigen Jahren verfolgen
Wissenschaftler aus der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland ein
ehrgeiziges Ziel: Sie wollen gängige Apfelsorten mit Hilfe der Gentechnik gegen
die berüchtigten Apfelkrankheiten resistent machen. Das Besondere: Die
Apfelbäume enthalten am Ende nur apfeleigene Gene. Erste gentechnisch veränderte
schorfresistente Apfelbäumchen der Sorte Gala werden seit Herbst 2011 an der
Universität Wageningen in den Niederlanden im Freiland getestet.;
„Mit gentechnischen Methoden sind wir viel schneller und Gala bleibt ein Gala.
Denn wir verpflanzen nur die Resistenz und sonst nichts.“;
Die Wildart Malus floribunda ist natürlich resistent gegenüber Apfelschorf. In
der klassischen Züchtung wird diese Wildart als Kreuzungspartner genutzt, um
resistente Apfelsorten zu erzeugen. Bei den cisgenen Äpfeln wurde ein Resistenzgen
aus Malus floribunda isoliert und in die gängige Apfelsorte Gala übertragen.;
„Cisgene“ Äpfel: Gentechnik nur mit Apfelgenen
Apfelpflanzen mit Hilfe der Gentechnik gegenüber Apfelkrankheiten resistent
zu machen ist nicht neu. So wurden bereits vor etwa zehn Jahren am Dresdener
Institut für Züchtungsforschung Gene aus verschiedenen Organismen, die eine
Resistenz bewirken könnten, in Apfelpflanzen übertragen.
Die Mehrzahl der Verbraucher, zumindest in Europa, will aber keine Äpfel,
in die artfremde Gene aus Bakterien, Pilzen oder nicht verwandten Pflanzen
eingebaut wurden. Der Schweizer Wissenschaftler Cesare Gessler und sein Team
verfolgen deshalb den Ansatz, nur apfeleigene Gene zu verwenden. Sie haben mit
gentechnischen Methoden in die gängige Apfelsorte Gala dasselbe Resistenzgen
der Wildart Malus floribunda eingebracht, das auch für klassisch
gezüchtete resistente Apfelsorten verwendet wurde. Alle weiteren
regulatorischen Sequenzen, die für die Übertragung und die Ausprägung des
„Zielgens“ nötig sind, stammen ebenfalls aus Apfelpflanzen. Ein so genanntes
Markergen, das erforderlich ist, um die erfolgreich gentechnisch veränderten
Pflanzenzellen zu erkennen, wurde wieder entfernt, nachdem es seine Funktion
erfüllt hatte.
Der gentechnisch veränderte Apfel enthält am Ende also nur Gene aus einer
natürlich kreuzbaren verwandten Apfelart, die auch mit konventioneller Züchtung
übertragen werden könnten. Deshalb ist das Produkt nicht „transgen“ (lat. trans
= jenseits (der Artgrenzen)), sondern „cisgen“ (lat. cis = diesseits).
(http://www.pflanzen-forschung-ethik.de/konkret/aepfel.html
)
·
Freisetzung mit gv-Kartoffeln geplant
Die BASF Plant Science hat im November beim Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) für die Jahre 2013 bis 2017 einen Freisetzungsversuch mit
gentechnisch veränderten (gv) Kartoffeln beantragt. Die Tochterfirma des
Chemiekonzerns BASF hat vorerst nur eine Genehmigung für den Standort
Limburgerhof beantragt, an dem zwei verschiedene gv-Kartoffel-Linien ins
Freiland ausgebracht werden sollen. Weitere Freisetzungsorte sind aber nach
Darstellung des Unternehmens geplant. Die eine gv-Kartoffel wurde in der Art
gentechnisch verändert, dass die Produktion der Amylose - der einen von zwei
natürlicherweise vorkommenden Stärkefraktionen - unterdrückt wird. Die zweite
Linie soll über eine Resistenz gegenüber Phytophthora infestans, dem Erreger der
Kraut- und Knollenfäule, verfügen. Die BASF hatte am Anfang dieses Jahres die
Verlagerung des Hauptquartiers ihrer Pflanzen-Biotechnologie-Aktivitäten in die
USA bekannt gegeben. Dieser Bereich ist in der Tochterfirma BASF Plant Science
zusammengefasst. Gleichzeitig sollen aber die gentechnisch veränderten
Pflanzen, die sich bereits im Zulassungsverfahren befinden, nicht aufgegeben
werden. Neue Projekte mit gentechnisch veränderten Pflanzen sollen für den
europäischen Raum derzeit nicht begonnen werden.
(GID 215-2012 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/215/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel )
· Freisetzungen
genehmigt
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat
die Freisetzung von gentechnisch verändertem Weizen im sachsen-anhaltinischen
Ausleben genehmigt. Das Institut für Pflanzengenetik und
Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben hatte diesen Freisetzungsversuch
beantragt. Den gentechnisch veränderten Weizenpflanzen wurde ein Konstrukt
übertragen, das ein Gen für einen „hauptsächlich im Samen aktiven
Saccharosetransporter aus Gerste“ enthält. Dieser soll „den Korn- und
Proteinertrag erhöhen“. …
(GID 215-2012 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/215/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
)
· "Die Technik wird
verteufelt"
ERNÄHRUNG Der Landwirt Harald Nitzschke weiß um den Widerstand in der
Bevölkerung: Er will trotzdem Gentech-Mais anbauen;
taz: Herr Nitzschke, warum wollen Sie den gentechnisch veränderten Mais 1507
anbauen?
Harald Nitzschke: Wir haben ja schon 2006 bis 2008 den gentechnisch veränderten
Mais MON810 angebaut, bis er in Deutschland verboten wurde. Und wir haben
damals gute Erfahrungen gemacht. Deshalb würden wir auch den 1507 aussäen, wenn
er denn zugelassen wird.;
Wie viel mehr verdienen Sie durch Bt-Mais?
Ohne ihn verlieren wir bis zu 20 Prozent des Ertrags. Selbst wenn man die
höheren Preise für das Bt-Saatgut berücksichtigt, verdienen wir damit unter dem
Strich zwischen 100 und 200 Euro pro Hektar mehr.
Kann man das Maiszünsler-Problem nicht durch Fruchtfolgen lösen, also indem man
nach jeder Ernte die Pflanzenart auf einem Feld wechselt, sodass sich
Schädlingspopulationen gar nicht aufbauen können?
Das ist falsch. Die Motte des Maiszünslers fliegt bis zu 30 Kilometer im Jahr.
Das heißt: Selbst wenn ich auf einem Feld keinen Mais anbaue, aber der Nachbar
tut das und hat Schädlinge dort, dann kommen die genauso zu uns geflogen. Es
gibt Möglichkeiten, den Befall einzuschränken, indem man die Maisstoppeln
einpflügt, damit die Population nicht so groß ist. Aber man kriegt ihn nicht
weg.;
Befürchten Sie nicht, von übermächtigen Saatgutkonzernen abhängig zu werden?
Ich muss den Mais ja nicht kaufen. Es gibt ja genügend Alternativen. Wir haben
im Moment über 400 Maissorten auf dem Markt von zig verschiedenen Züchtern.
Aber sie müssen doch den Gentech-Firmen Patentgebühren zahlen? So ähnlich ist
das jetzt auch schon. Ich muss jedes Jahr ein Formular ausfüllen, in das ich
schreibe, wie viel und was für Saatgut ich zugekauft habe, und wenn ich das
nicht nachweisen kann, zahle ich eine Gebühr an den Züchter.;
Feldzerstörer machen Ihnen keine Sorge? Nein. Die hatten wir ja schon
reichlich. Bei uns sind schon mehrere Versuche und ein Stück des Maisfelds
zerstört worden. Kosten Sie die Feldzerstörer nicht mehr Ertrag als der
Maiszünsler? Nein, die Feldzerstörer können unbemerkt nicht mehr als einen
Hektar kaputt machen. Der Maiszünsler schafft viel mehr. Aber Feldzerstörungen
kosten Sie doch Ärger und Zeit. Warum halten Sie trotzdem am Gentech-Mais fest?
Ich will diesen technischen Fortschritt befördern.
(taz 19.2.14 S.4 - http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sw&dig=2014%2F02%2F19%2Fa0083&cHash=657c9d53c8da6ea52db6949b37bd65d5
)
·
(01.07.2014)
In den USA setzen die Landwirte unvermindert auf gentechnisch veränderte
Sorten.
Nach Angaben des statistischen Dienstes der US-Landwirtschaftsbehörde sind
deren Flächen 2014 noch einmal um gut vier Prozent auf nunmehr 72,6 Millionen
Hektar gestiegen. Bei allen drei Kulturarten - Mais, Sojabohnen und Baumwolle -
steigt der Anteil von gv-Sorten an der Gesamterzeugung und liegt jetzt bei
durchschnittlich 95 Prozent. Trotz einer stärker werdenden öffentlichen
Diskussion um gentechnisch veränderte Lebensmittel ist eine Trendwende zurück
zu konventionellen Sorten nicht zu erkennen
(Quelle: http://www.transgen.de/aktuell/1791.doku.html
)
·
Weil
US-Farmer flächendeckend Pestizide versprühen, überwuchern nun resistente
Schadpflanzen die Felder. Bauern stehen vor einem Desaster;
Im Süden der USA, wo mehrfach im Jahr geerntet und entsprechend oft gespritzt
wird, haben sich die sogenannten Superweeds bereits zum existenzbedrohenden
Problem für die Landwirtschaft ausgewachsen. Die Pflanzen haben im Laufe der
Zeit Widerstandsfähigkeit gegen viele der über sie ergossenen Herbizide
entwickelt; nun muss das Unkraut in manchen Gegenden wie früher per Hand oder
durch Pflügen aus den Feldern gerupft werden.
Das kostet Zeit und Geld. Laut der US-Zeitschrift Science explodierten die
Kosten für Herbizide im Baumwollanbau in den letzten Jahren von 75 Dollar auf 370
Dollar pro Hektar. Weiter nördlich, in Illinois, fallen beim Sojaanbau nun 160
Dollar pro Hektar an statt wie bislang üblich 25.
Besonders kostspielig wütet das bis zu zweieinhalb Meter hohe
Fuchsschwanzgewächs Palmer Amaranth, das sich mit 600 000 Samen pro
Pflanze rasend schnell verbreitet. Vor zehn Jahren war das resistente Unkraut
lediglich in einem einzigen Landkreis des US-Bundesstaates Georgia zu finden,
im Jahr 2011 waren bereits 76 Regionen betroffen. Manche Farmer verloren die
Hälfte ihrer Baumwollfelder an das Superweed. Auch Bauer Baldosser muss sich
sorgen: "15 Meilen von hier ist jetzt der erste Fall von Amaranthus
palmeri aufgetreten", sagt er. …
Das änderte sich 1996: Monsanto brachte eine Sojabohne namens "Roundup
Ready" auf den Markt, die mittels Gentech so manipuliert war, dass sie
immun wurde gegen das Gift. Von dem Zeitpunkt an gingen zwar alle anderen
Pflanzen auf dem Acker zugrunde, die Roundup-Sojapflanze aber wuchs und gedieh.
Die Idee setzte sich durch: Es folgten glyphosatverträgliche Maissorten, Raps,
Zuckerrüben, Baumwolle und Alfalfa - über 80 Prozent aller angebauten
Gentech-Pflanzen sind inzwischen gegen das Mittel immun. Für den US-Konzern
(Umsatz 2013: 14,9 Milliarden Dollar) wurden die Koppelprodukte zum
Riesengeschäft, er verdiente am Saatgut und am Pestizid, das nun ungehemmt in
großen Mengen ausgebracht werden konnte.
Das Problem war nur, dass im Laufe der Zeit auch die Unkräuter mutierten - und
gegen das Gift immun wurden. Hinzu kommt, dass in den USA Pflanzen häufig in
riesigen Monokulturen angebaut und über Jahre hinweg mit dem gleichen Herbizid
behandelt werden, ein Rezept fürs Desaster. Insgesamt 28 Millionen Hektar, über
ein Sechstel des Ackerlandes, sind in den Vereinigten Staaten bereits von
glyphosatresistenten Unkräutern befallen.
Auch in Deutschland haben sich Resistenzen gegen verschiedene Pestizide
entwickelt, die auch hier in rauen Mengen in die Böden versenkt werden -
allerdings zwischen den Aussaaten, denn Gentech-Pflanzen sind nicht erlaubt. 18 000
Tonnen Unkrautvernichtungsmittel landen pro Jahr auf unseren Äckern und Gärten.
Doch was fällt der Industrie zum Problem der Unkrautsresistenzen ein? Die Firma
Dow AgroSciences hat Nutzpflanzen entwickelt, die gegen den altbekannten
Wirkstoff 2,4-D resistent sein sollen. Das Herbizid soll die Superweeds in
Schach halten. Aber wie lange?
(Der Spiegel 39-2014 S.76f. - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-129339509.html
)
·
Bt-Mais in Spanien: Noch immer keine resistenten Schädlinge
(20.05.2016) Seit vielen Jahren wird in Spanien großflächig gentechnisch
veränderter Bt-Mais angebaut. Dennoch haben
sich dort bisher keine Schädlinge etablieren können, die gegen den Wirkstoff
resistent geworden sind. Das hat selbst die Wissenschaftler erstaunt, die
gerade die Ergebnisse einer systematischen Untersuchung dazu veröffentlicht
haben.
WEITERLESEN <http://www.transgen.de/aktuell/2577.bt-mais-spanien-resistenzen-schaedlinge.html>
M) Gentechnik in Nahrungsmitteln
·
Q:
taz 13.3.96:
- EU-Parlament: gentechnisch hergestellte oder veränderte Lebensmittel müssen
(nur) dann gekennzeichnet werden, wenn Chemiker einen Unterschied zum Original
nachweisen können
- Kennzeichnung auch, wenn nur ein "agronomisches Merkmal" betroffen
ist (z.B. Pestizidresistenz bei Rüben), auch für Lebensmittelzusätze
·
Q:
taz 24.4.95
- ab 1.7.95 in der Schweiz Bewilligungspflicht für Gentech-Lebensmittel
- Österreich hat als zweites Land der Welt außer Österreich (dort seit Anfang
1995 noch strengere Regelungen) derartiges Gesetz
- zugelassene Lebensmittel, Zusatzstoffe und Verarbeitungshilfsstoffe, die
selbst gentechnisch veränderte Organismen sind oder daraus gewonnen werden,
müssen als "GVO-Erzeugnis" gekennzeichnet werden
- ausgenommen sind Erzeugnisse, die vom Organismus abgetrennt und vom
Erbmaterial gereinigt wurden
·
epd
wochendienst 33/98 S.11:
NESTLÉ ab 9/98 Schokoriegel mit Vermerk „aus gentechnisch verändertem Mais
hergestellt“ auf deutschem Markt
·
taz
25./26.6.98:
gentechnisch veränderte Lebensmittel, Spezialnahrung für Krankenhäuser, durch
NESTLÉ auf dem Markt
·
taz
11./12.7.98
Bundesrat erlaubt Kennzeichnung „ohne Gentechnik“
·
Stiftung
Warentest: 82 Lebensmittel getestet, die Mais oder Soja enthielten, in 31
Proben gentechnisch verändertes Material, in keinem Fall gekennzeichnet, drei
Produkte >1% (FP, taz 28.7.00)
·
Biosafety-Protokoll:
Import von gentechnisch veränderten Organismen: behördliche Genehmigung des
Einfuhrlandes vorgeschrieben;
Lebensmittel-Kennzeichnungs-Pflicht
(FP 29.5.00)
·
Verstöße
gegen Kennzeichnungspflicht in Deutschland derzeit ohne Strafe; Beamte im
Bundesgesundheitsministerium brüten immer noch über Katalog von Sanktionen, im
Herbst soll Referentenentwurf vorliegen, solange dieser nicht Gesetz ist,
können die zuständigen Ordnungsämter Verstöße praktisch nicht ahnden, dafür
müssen diese aber eigene Untersuchungen durchführen, nötige Mitarbeiter und
Laborkapazitäten fehlen
Spiegel 32/2000 S.18
·
NOVARTIS
läßt sich von Zulieferern seit 30.6. garantieren, daß keine gentechnisch
veränderten Organismen in Lebensmitteln eingesetzt werden;
„pragmatische Entscheidung“: Lebensmittel von N. würden derzeit von Gentechnik
nicht profitieren, weil die Kunden keine gentechnisch veränderten
Nahrungsmittel haben wollten, würden sie auch nicht eingesetzt; man habe aber
keine grundsätzlichen Vorbehalte gegen Gentechnik in Lebensmitteln
taz 4.8.2000
·
tatsächliches
Risiko für Monarchfalter durch Bt-Mais-Pollen? auch anderthalb Jahre später
keine präzise Aussage;
Entdeckung von Spuren von StarLink-Mais in Lebensmitteln, diese Sorte ist wegen
potenzieller Allergiegefahr nicht für menschlichen Verzehr zugelassen,
Verunreinigungen überall (Auskreuzungen, Vermischung), große Rückrufaktionen,
Märkte schrumpfen, Rückschlag – ohne dass irgendjemand weiß, ob der Verzehr von
StarLink-Mais tatsächlich gefährlich ist;
“Jahrzehntelang haben uns die Firmen einzureden versucht, dass ihre Pestizide gar
nicht so schlimm seien... jetzt teilen uns die selben Firmen mit, die Pestizide
seien eben doch derart gefährlich, dass wir Genpflanzen brauchen, die einen
geringeren Pestizideinsatz ermöglichen – halten die uns eigentlich für blöde?“
(Der Spiegel 4/2001 S.178ff)
·
gentechnisch
hergestelltes Chymosin ersetzt (in der Käseproduktion) das Labferment, das
traditionell aus den Mägen von ausschließlich zu diesem Zweck geschlachteten
neugeborenen Kälbern gewonnen wurde
(Nahrungsmittel zwischen Natur und Retorte, GSF München 2000, S. 74)
·
heute
sind in den USA fünf gentechnisch veränderte Tomatenvarietäten auf dem Markt;
seit 1990 ist gentechnisch hergestelltes Chymosin in den USA für die
Käseherstellung zugelassen, inzwischen werden mehr als 70% des amerikanischen Käses
damit produziert, in der EU ist die Verwendung von Chymosin in allen
Mitgliedsstaaten, außer Frankreich und Österreich, erlaubt, seit März 1997 ist
gentechnisch hergestelltes Chymosin auch in Deutschland für die Käseproduktion
zugelassen,
(AID Broschüre 1376/2000: Gentechnik im Einkaufskorb)
·
Bereitschaft
zum Kauf gentechnisch hergestellter Lebensmittel (Erhebung 2002):
ja West 5 Ost 7
eventuell West 22 Ost 17
eher nicht West 35 Ost 35
überhaupt nicht West 39 Ost 41
(BMU: Studie „Umweltbewusstsein in Deutschland 2002“, S.104)
·
Soja
bewirkt bei manchen Menschen Allergien; eine wichtige Ursache: ein Eiweißstoff
(hergestellt durch das P34-Gen); jetzt mit Hilfe von Gentechnik dieses Eiweiß
ausgeschaltet: das dafür verantwortliche Gen wurde mehrfach in das Erbgut
eingebracht; Zelle deutet die „Überdosis“ als Gefahr (Virusinfektion) und
schaltet alle derartigen Gene ab; Gefahr: später doch wieder unbeabsichtigtes
Anschalten?; an der Abschaltung zweier weiterer Gene wird gearbeitet
(dpa 29.9.02)
·
Das
Internationale Reisforschungsinstitut (IRRI) hat zwei modifizierte indische
Reissorten gezuechtet, die in den naechsten drei Jahren in Indien getestet und
angebaut werden sollen. Der Indische Rat fuer Landwirtschaftsforschung (ICAR)
foerdert den Provitamin A und Iod enthaltenden Goldenen Reis, der zusaetzlich
noch eine Krankheitsresistenz exprimiert. Umweltschuetzer argumentieren
dagegen, eine gute Vermarktung von unpoliertem Reis, der das wichtigste
Grundnahrungsmittel fuer die arme Bevoelkerung war, bevor der weiße Reis
offensiv auf den Markt gedrueckt wurde, haette das Geld und die Energie sparen
koennen, die fuer die Entwicklung des Goldenen Reises verschwendet wurden
(www.checkbiotech.org 21.10.02).
·
US
Bauern bauen Pharmaceuticals an: In den USA wird zum ersten Mal Mais angebaut,
der Lipase produziert. Dieses Protein soll Mukoviszidose-Patienten bei der
Verdauung helfen. Das sogenannte Gen-Pharming wird als neuer Weg zur Senkung
der Produktionskosten von Medikamenten und zur Einkommenssteigerung von Bauern
beworben
(Soybean Digest, USA 24.10.02 zitiert aus GENET 23.10.02).
·
Bayerisches
Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelüberwachung Jahresbericht 2001: fast
jedes zehnte soja- oder mais-haltige Lebensmittel enthielt Substanzen
gentechnischen Ursprungs; eine Kennzeichnung lag bei keinem der Produkte vor,
obwohl einige weit mehr als 1% gentechnisch veränderte Bestandteile enthielten
(taz 30.11./1.12.02)
·
EU-Landwirtschaftsminister
haben sich im GVO-Kennzeichnungsstreit geeinigt
Nach langen und schwierigen Verhandlungen haben sich die
EU-Landwirtschaftsminister auf einen Kompromiss hinsichtlich eines Vorschlages
zur Kennzeichnung von GV-Lebens- und Futtermitteln geeinigt. Dieser Vorschlag
beinhaltet folgende Punkte:
- Künftig sollen neben GV-Lebensmitteln auch GV-Futtermittel gekennzeichnet
werden. Das heißt, in Zukunft soll es eine Kennzeichnungspflicht für
GV-Futtermittel geben, und die Vermarktung von GV-Futtermitteln soll einer
Genehmigungspflicht unterliegen.
- Künftig sollen Lebens- und Futtermittel als gentechnisch verändert
gekennzeichnet werden müssen, wenn sie mehr als 0,9% gentechnisch veränderte
Bestandteile enthalten. Eine Kennzeichnung soll auch erfolgen müssen, wenn die
gentechnisch veränderten Bestandteile im Endprodukt nicht mehr nachweisbar
sind. Dies ist z.B. der Fall bei hochraffinierten Speiseölen. Die
Kennzeichnungspflicht soll nicht gelten, wenn das Produkt unbeabsichtigt mit
zugelassenen GVO verunreinigt wurde, und die Verunreinigung unter 0,9% beträgt.
- In einer Übergangsfrist sollen Lebensmittel unbeabsichtigte Beimischungen von
nicht zugelassenen GVO enthalten dürfen, wenn die Verunreinigung maximal 0,5%
beträgt und das entsprechende GVO von der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit als risikolos bewertet wurde. Diese Übergangsregelung
soll auf drei Jahre beschränkt sein, danach sollen keine Beimischungen mehr von
nicht zugelassenen GVO toleriert werden.
- Es soll ein zentrales Zulassungsverfahren für neue GVO eingerichtet werden.
Zulassungsanträge sollen künftig den national zuständigen Behörden vorgelegt
werden, die wissenschaftliche Bewertung soll jedoch zentral durch die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit erfolgen.
Der dänische Antrag auch Produkte von Tieren zu kennzeichnen, die gentechnisch
verändertes Futter erhielten, wie z.B. Käse, Eier, Fleisch, ist abgelehnt
worden. Die endgültige Verabschiedung des Kennzeichnungs-Vorschlages erfordert
eine gemeinsame Entscheidung von Ministerrat und Europäischem Parlament, so
dass nun noch das Europäische Parlament über den Vorschlag abstimmen muss. Die
Rückverfolgbarkeit von GVO entlang des gesamten Produktionsprozesses ist eine
Voraussetzung für eine funktionierende Kennzeichnungsregelung. Die
Verabschiedung einer Regelung über ein entsprechendes System wird derzeit von
den EU-Umweltministern diskutiert
(Pressemitteilung der Europäischen Präsidentschaft, Dänemark, 28.11.02, zitiert
aus GENET 29.11.02; Pressemitteilung Greenpeace International, 20.11. 02; http://www.biosicherheit.de).
·
einige
Ländern setzen weiter auf transgene Pflanzen. Ihre Anbauflächen sind auch 2002
erneut gestiegen – auf nunmehr 58 Millionen Hektar. Das geht aus ersten, noch
vorläufigen Zahlen hervor.
(http://www.transgen.de/link.php?link=Anwendung/Pflanzen/anbauglobal_02.html)
·
genmanipulierte
Pflanzen könnten bald mit einer DNA-Sequenz eindeutig gekennzeichnet werden
(Sorte, Hersteller, Datum der Aussaat...); spezifisches Stück DNA bei sonstiger
Gen-Veränderung zusätzlich mit „anhängen“
(Die Zeit 20.2.03 S.34)
·
Ministerin
Künast: zulässiger Schwellenwert für Verunreinigung durch gentechnisch
veränderte Bestandteile in Nahrungsmittel gilt nur für unbeabsichtigte oder
zufällige Beimengungen; bei bewusster Verwendung von gentechnisch veränderten
Organismen oder daraus hergestellten Erzeugnissen ist die Kennzeichnung
obligatorisch – egal wie gering deren Anteil ist
(Der Spiegel 13/2003 S.179)
·
Indien;
gentechnisch veränderte Kartoffeln; ein Drittel mehr Proteine + hoher Anteil an
essentiellen Aminosäuren Methionin und Lysin; bereits letzte Testphase, sollen
demnächst Regierungs-Zulassung erhalten
(bild der wissenschaft 3/03 S.8)
·
Zunahme
von Allergien und Unverträglichkeiten: etwa 8% der Kinder und 3% der
Erwachsenen leiden bereits an einer solchen Immunreaktion (bezogen auf Lebensmittel?JK)
(Das Parlament 7.7.03)
·
Hiltrud
Breyer (Europaparlament): 90% der Sojaprodukte enthalten inzwischen GVO; bei Öl
und Zucker 100%
(Das Parlament 7.7.03)
·
Untersuchung
in Großbritannien: Patienten mit künstlichem Darmausgang aßen genmanipulierte
Soja; verdaute Nahrung wurde am Ende des Dünndarms untersucht; bis zu 3,7% der
eingeschleusten DNA-Schnipsel überlebten zwar die Passage durch den
Verdauungstrakt, aber ins menschliche Erbgut wurde die Sequenz nicht eingebaut
(Der Spiegel 4/2004 S.120)
·
Kennzeichnung:
Landwirt müsste ab sofort wissen, ob er gentechnisch veränderte Futtermittel
(zumeist Gensojaschrot) an seine Tiere verfüttert, zur Auskunft darüber ist er
nicht verpflichtet;
Kennzeichnung Lebensmittel: müssen AUS gentechnisch veränderten Organismen
hergestellt sein, nicht nur MIT deren Hilfe: so muss eine Bäckerhefe, die auf
Nährstoffen aus genveränderter Maisstärke wächst, nicht gekennzeichnet werden,
das gilt auch für Glutamat oder Vitamin C oder B12, die häufig mit gentechnisch
veränderten Mikroorganismen produziert werden
(taz 17./18.4.04)
·
Schweden:
Bier mit 10% gentechnisch verändertem Mais von Monsanto gebraut (MON810;
Bt-Resistenz); von einem Bauern im deutschen Oderbruch komme der
genmodifizierte Mais; schon im ersten Monat seien 1500 Liter des Bieres nach
Deutschland gegangen
(taz 20.4.04)
·
EU-Agrarminister
haben Bt11-Mais (Syngenta Schweiz) als Lebensmittel zugelassen; laut
EU-Kommission warten 9 Genlebensmittel auf die Genehmigung: 7x Mais, 1x
Zuckerrübe, 1x Soja
(taz 27.4.04)
·
Versuche
mit insektizidresistentem Mais MON863;
festgestellt, dass bei Ratten eine Zunahme von wissen Blutkörperchen und
Nierenbeschwerden bei Männchen sowie erhöhter Blut-Zuckerspiegel bei Weibchen
auftrat
(taz 24./25.4.04)
·
in
Deutschland 70% der Verbraucher gegen Gentechnik im Essen; ebenso hoch ist der
Anteil der deutschen Bauern, die gentechnikfrei wirtschaften wollen
(Der Spiegel 16/04 S.94)
·
In
der EU besteht ein großer Bedarf an eiweiß- und energiereichen Futtermitteln,
der durch die Einfuhren von Getreide, Ölsaaten und anderen Futtermitteln,
insbesondere aus den USA und Südamerika gedeckt wird. In den USA wurden 2003
auf über 80 Prozent der Soja-Anbauflächen gentechnisch veränderte Sojapflanzen,
in Argentinien auf 99 Prozent und in Brasilien auf 35 Prozent angebaut. Die EU
importiert jährlich über 20 Mio. t Sojabohnen, allein Deutschland importiert
ca. 4 Mio. t Sojabohnen und 2,6 Mio. t Sojaschrot. GVO- und konventionelle
Agrarprodukte werden in den wichtigsten Exportländern in der Regel nicht
getrennt erfasst, transportiert und vermarktet. GVO-freie Futtermittel sind
deshalb auf den internationalen Rohstoffmärkten kaum verfügbar.
(@grar.de Aktuell - 19.03.2004)
·
Stellungnahme
der BMA zu Gesundheitsgefahren durch gentechnisch veränderte Nahrungsmittel:
das Potenzial gentechnisch veränderter Nahrungsmittel, ernsthafte
gesundheitliche Schäden hervorzurufen, ist sehr gering;
aber viele Fragen sind noch nicht ausreichend beantwortet:
langfristige Wirkung auf menschliche Gesundheit und Umwelt;
Allergiepotenzial;
Wirkung neuartiger Nahrungsmittel nicht nur auf „normale, gesunde Erwachsene“,
sondern auf besonders gefährdete Gruppen (Ungeborene, Kleinkinder, Alte,
chronisch Kranke);
Gen-Übertragung im Magen-Darm-Trakt;
Auswirkungen auf die Umwelt (Fall-zu-Fall-Prüfung wichtig!);
Selektion von Superunkräutern;
wichtiger als das Vorliegen akuter Gefährdungen: das Fehlen von Argumenten für
die Vorteile der Einführung von GVO in Nahrungsmitteln
(British Medical Association, Board of Science and Education, März 2004)
·
Greenpeace
warnt vor Produkten von „Müller-Milch“, weil dort genmanipuliertes Tierfutter
eingesetzt werde;
Greenpeace darf Produkte der Firma Müller nicht mehr als „Gen-Milch“
bezeichnen, entschied das Kölner Landgericht; durch wissenschaftliches
Gutachten davon überzeugt, dass der „Einsatz von gentechnisch manipulierten
Futtermitteln nicht zur Veränderung der Milch führt“, die Behauptungen von
Greenpeace seien daher falsch
(taz 17.5.04; 24.6.04)
·
Die
Verfügungsklägerin (= Müller-Milch) behauptet, daß sich in den tierischen
Produkten selbst bei Einsatz gentechnisch veränderter Futtermittel keine
Hinweise mehr auf diese wiederfinden. So bleibe die DNA der Milch von Kühen,
die gentechnisch verändertes Futter erhalten haben, gegenüber der DNA von Milch
von solchen Kühen, die nicht mit solchen Futter gefüttert worden seien,
unverändert. Dazu legt sie zwei Berichte vor (Anlagen Ast. 5 und 6), die einmal
von der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und einmal von der
Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft stammen. Die Verfasser beider
Stellungnahmen kommen jeweils zu dem Ergebnis, daß eine Veränderung der
tierischen Nahrungsmittel durch die Fütterung von gentechnisch veränderten
Futtermitteln nicht auftritt bzw. bislang nicht nachgewiesen wurde. 95 Prozent
des in der EU hergestellten Mischfutters sei von gentechnisch veränderten
Bestandteilen betroffen.
... Der Antrag zu I ist begründet. Bei den beanstandeten Äußerungen – dem
Ausdruck „Gen-Milch“, der Behauptung, in den Produkten der Verfügungsklägerin
sei Gentechnik enthalten, und der Frage „Gen-Milch Skandal bei der
Müller-Partei“ – handelt es sich um Tatsachenbehauptungen, die im Rahmen des
einstweiligen Verfügungsverfahrens als unwahr anzusehen sind.
... Bei dieser Sachlage hat die Verfügungsklägerin glaubhaft gemacht, daß nach
unumstrittener wissenschaftlicher Erkenntnis der Einsatz gentechnisch
manipulierter Futtermittel nicht zu Veränderungen der Milch führt. Um diese
Einschätzung zu widerlegen, hätte der Verfügungsbeklagte (= Greenpeace)
mindestens ebenso fundierte wissenschaftliche Stellungnahmen zu dieser Frage
vorlegen müssen. Zu berücksichtigen ist auch, daß bei einer Interessenabwägung
hier das Interesse der Verfügungsklägerin überwiegt, daß sie nicht in
Verbindung mit dem Vorwurf von Genmanipulation und genveränderter und damit für
den Menschen möglicherweise schädlicher Inhalte ihrer Produkte gebracht wird.
Denn in diesem Fall ist klar, daß die Verfügungsklägerin sich nicht nur im
Rahmen der rechtlichen Vorschriften hält, sondern darüber hinaus der
Verbraucher der Produkte der Verfügungsklägerin mit genveränderten Substanzen
überhaupt nicht in Berührung kommt.
(aus dem Gerichtsurteil Greenpeace gegen Müller-Milch)
·
(gentechnik-kritischer
Artikel) Das Problem der Gentech-Gegner: Ihre Warnungen gründen sich bisher auf
Vermutungen und Befürchtungen. Zwar gibt es Studien, die Nachteile in
Tierversuchen nachweisen oder nahe legen. Doch eine direkte Gefahr für den
Menschen ist bislang nirgends nachgewiesen.
(taz 8./9.5.04)
·
Kennzeichnung
Die zentrale Grundregel, die hinter der neuen Kennzeichnung steht, ist relativ
banal: Alles, was aus GVO ist oder selbst ein GVO ist (bzw. war) muss
gekennzeichnet werden. Alles, was mit Hilfe oder unter Einsatz von GVO
hergestellt wurde, aber selber keiner ist oder war oder aus einem solchen
besteht, muss nicht gekennzeichnet werden.
(GID 163/2004 S.41)
·
Gentechnik,
über Artgrenzen hinweg: nun können Gene von Nüssen in Sojapflanzen, Gene von
Fischen in Tomaten und sogar Gene vom Menschen ins Schwein eingesetzt werden;
in den USA 5 gentechnisch veränderte Tomatenvarietäten auf dem Markt;
seit 1990 gentechnisch hergestelltes Chymosin für die Käseherstellung
zugelassen, inzwischen mehr als 70% des amerikanischen Käses damit produziert,
in der EU Verwendung solchen Chymosins in allen Staaten außer in Frankreich und
Österreich erlaubt, bereits in Großbritannien, Portugal, Irland und Dänemark
verwendet, seit März 1997 auch in Deutschland zugelassen;
(Gentechnik im Einkaufskorb, AID, 1376/2000)
·
jährlich
bezieht die EU etwa 30 Millionen Tonnen Soja und Sojaschrote;
der Anteil von Sojaschroten mit einem GVO-Anteil unter 1% an der Gesamteinfuhr
in die EU beträgt ca. 5%;
(Bundesministerium für Verbraucherschutz...: Diskurs Grüne Gentechnik, 2003)
·
Greenpeace:
deutscher Lebensmittelmarkt praktisch gentechnikfrei; 4 Produkte gefunden
(taz 27.7.04)
·
Lebensmittelüberwachung
Landkreis Chemnitzer Land: von 67 Brotaufstrich-Proben wurde in 5
Nuss-Nougat-Cremes, die als Emulgator Lecitin enthielten, gentechnisch
veränderter Soja nachgewiesen; die Konzentration lag deutlich über dem
erlaubten prozentualen Anteil
(Freie Presse Chemnitz 7.10.04)
·
in
Düsseldorf gentechnisch veränderte Papayas aus Hawaii verkauft; nicht
zugelassen; vorher schon in Bayern und Rheinland-Pfalz festgestellt
(taz 23.11.04)
·
Zusammenfassung:
Dieser Bericht untersucht auf der Grundlage vorhandener wissenschaftlicher
Literatur die potenzielle Gefährdung der Verbraucher beim Verzehr von Produkten
gentechnisch veränderter Pflanzen (GVO) im Hinblick auf Giftigkeit,
Krebserregung und Auslösung von Allergien sowie die Auswirkungen des Verzehrs
der Fremd-DNA, darunter auch der DNA von Antibiotika-Resistenzgenen. Der
Bericht kommt zu dem Schluss, dass beim Verzehr von Lebensmitteln aus in der EU
zugelassenen GVO ein erhöhtes Gesundheitsrisiko gegenüber dem Verzehr von
Produkten aus konventionellem Anbau nicht besteht, dass im Gegenteil in
einzelnen Fällen Lebensmittel aus GVO den konventionellen Lebensmitteln in
Bezug auf die Gesundheit sogar überlegen sind.
(Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, Kommission Grüne Gentechnik,
Memorandum 25.8.2004:“Gibt es Risiken für den Verbraucher beim Verzehr von
Nahrungsmitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen?“)
·
in
vielen Restaurants, Kantinen und Imbissbuden werden nach Recherchen von
Greenpeace gentechnisch veränderte Sojaöle verwendet; auf den Speisekarten
befinden sich keine entsprechenden Hinweise (wäre aber seit April 2004
vorgeschrieben)
(taz 11.1.05)
·
Umfrage
in Deutschland: bei 44% kommt Gentechnik in Lebensmitteln überhaupt nicht in
Frage, vor drei Jahren waren es hierzulande zwei Drittel
(GID 168/2005 S.20)
·
Sojabohnen enthalten von Natur aus nur geringe
Mengen an Methionin (essentielle Aminosäure, die mit der Nahrung aufgenommen
werden muss); es wurden transgene Pflanzen mit erhöhtem Methioningehalt
hergestellt; in diesen wurde – nach Übertragung eines Gens der Paranuss - das
Methionin-reiche 2S-Albumin der Paranuss hergestellt; die immunologische
Charakterisierung dieser Sojabohnen mit Seren von Paranussallergikern ergab
jedoch, dass es sich bei dem transgenen Protein um ein potentes Allergen
handelte, das seine Allergenität auch im Umfeld einer anderen Pflanze (in
diesem fall die Sojabohne, nicht verliert; diese transgenen Sojabohnen wurden
daher nicht vermarktet; ...
für Hersteller transgener Organismen stellt eine allergene Genquelle ein
Ausschlusskriterium dar, sodass dieser ... Fall in der Praxis nur selten
vorkommt ...
Ansätze, die natürliche Allergenität von Pflanzen mit gentechnischen Methoden
zu reduzieren; „Antisense-Strategie“, bei der ein Gen in umgekehrter Richtung
in den Wirtsorganismus eingebaut wird (stellt ein spiegelbildliches RNA-Molekül
her, das sich chemisch an die „Allergie-RNA“ bindet, die dadurch nicht
abgelesen werden kann JK); die Expression eines Allergens in transgenem Reis
konnte so auf 15% der ursprünglichen Menge reduziert werden
(Grüne Gentechnik in Forschung und Anwendung; Magazin des GSF Neuherberg,
2004/2005, S.52, 58)
·
Gentechnisch
veränderte Lebensmittel stellen nach Einschätzung der
Weltgesundheitsorganisation WHO keine Gefahr für den Menschen dar. In einer
gestern veröffentlichten Studie hieß es, veränderte Lebensmittel seien nicht
gefährlicher als konventionelle.
(taz 24.6.05, GID 170/2005 S.19)
·
Fast-Food-Kette
Mc-Donalds bestellte gentechnisch veränderte Kartoffeln ab; Bierbrauer
Anheuser-Busch wehrte sich gegen eine Anpflanzung gentechnisch veränderter
Pflanzen in der Nähe der eigenen Felder, damit das Bier rein bleibe
(Die Zeit 29.12.05 S.26)
·
EU-Kommission
(in einem 300-Seiten-Papier, das an die WHO geht, um Argumente im Streit mit
den USA und Argentinien über Gentech-Importe zu liefern):
„Es gibt keinen eindeutigen, uneingeschränkten, wissenschaftlich klaren
Grenzwert, um zu entscheiden, ob ein Gentech-Produkt sicher ist oder nicht.“
“Es ist ein begründeter und rechtmäßiger Standpunkt,“ dass Genpflanzen nicht
angebaut werden sollten, „bevor alle Auswirkungen auf den Boden bekannt sind.“
(taz 19.4.06)
·
Lüneburg:
Werden Bio-Schweine unwissentlich mit gentechnisch verändertem Futter versorgt,
darf ihr Fleisch nicht mehr als Ökoprodukt verkauft werden. Das geht aus einem
Beschluss des Verwaltungsgerichts Lüneburg hervor, der am Freitag
veröffentlicht wurde. Bei einem Ökobauern hatte eine Biozertifizierungsstelle
kleinste Spuren gentechnisch verändertes Soja im Futter entdeckt. Seine
Entscheidung begründete das Gericht mit dem Schutz des Verbrauchervertrauens in
Bioprodukte.
(Hannoversche Allgemeine Zeitung 12.5.07)
·
EU
einigt sich auf einheitliches Biosiegel;
auch Spuren gentechnisch veränderter Organismen sind in Bio-Lebensmitteln nun
ausdrücklich zugelassen; hierbei gilt der bisher schon für konventionelle
Lebensmittel vorgeschriebene Höchstwert von 0,9 Prozent;
eine Verunreinigung etwa durch Pollenflug von Genfeldern muss bis zu einer Höhe
von 0,9 % nicht auf der Verpackung gekennzeichnet werden;
Bio-Produkte dürfen nach der EU-Verordnung Enzyme oder synthetische Vitamine
enthalten, die mit genetisch veränderten Bakterien erzeugt wurden (Verwendung
z.B. in der Käseherstellung)
(Freie Presse Chemnitz 13.6.07)
·
Nachdem
sich die Gentechnikkonzerne jahrelang grundsätzlich gegen eine Kennzeichnung
ausgesprochen hatten, fordern sie jetzt (im Zusammenhang mit der Novelle zum
Gentechnikgesetz): Alles müsse in Lebensmitteln angegeben werden. Auch
gentechnisch hergestellte Enzyme oder Zusatzstoffe wie Vitamine. Die Strategie
ist klar: Dann müsste vermutlich einem Großteil der Produkte im Supermarkt ein
Gentech-Label aufgeklebt werden …
(taz 14.1.08)
·
Der
Bundestag hat eine neue Kennzeichnung für gentechnikfreie Produkte beschlossen.
Im Februar muss der Bundesrat der Neuregelung noch zustimmen. Die Kennzeichnung
"ohne Gentechnik" soll in Zukunft auf tierischen Erzeugnissen wie
Milch, Fleisch, Eier und Käse stehen dürfen, wenn die Tiere kein genverändertes
Futter erhalten haben. Erlaubt bleiben allerdings Zusätze wie Vitamine und
Enzyme, die durch gentechnische Verfahren gewonnen wurden. Voraussetzung ist,
dass es keine Alternativen gibt. Tatsächlich stecken nicht nur im Tierfutter,
sondern auch in vielen Lebensmitteln Zusätze, bei deren Produktion die
Gentechnik eine Rolle spielt.
95 Prozent des Vitamin C werden heute mithilfe der "weißen
Gentechnik" hergestellt, schätzt Professor Klaus-Dieter Jany vom
Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel in Karlsruhe. "Die
weiße Gentechnik spielt in der Lebensmittelherstellung eine große Rolle, das
wird nur in Deutschland nicht thematisiert."
Einige weitere Beispiele: Zur Käseherstellung etwa verwendete man früher Lab
aus Kälbermägen - heute produzieren Mikroorganismen die nötigen Enzyme. Mehr
als 80 Prozent aller in der Lebensmittelherstellung genutzten Enzyme werden
mithilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen erzeugt. "Die Produktion
einiger Enzyme lässt sich konventionell kaum bewerkstelligen", sagt Jany. "Auch
Aminosäuren, die Grundbausteine von Eiweißen, werden von gentechnisch
veränderten Mikroorganismen hergestellt." Um sich die Dimension
klarzumachen: Im Jahr werden weltweit etwa 800.000 Tonnen Lysin produziert, der
größte Teil von Mikroben.
Im Supermarkt ist die Gentechnik also längst angekommen, allerdings nur
indirekt. Weiße Gentechnik bedeutet, dass veränderte Mikroorganismen bestimmte
Substanzen produzieren - Vitamine und Enzyme etwa. Die eingesetzten Mikroben
sind nicht immer gentechnisch verändert- aber häufig. Die Bakterien, Pilze oder
Hefen gelangen selbst nicht in die Lebensmittel, nur die Stoffe, die sie
erzeugt haben. Aus diesem Grund müssen die Produkte auch nicht gekennzeichnet
werden. Das im Bakterienbottich erzeugte Vitamin C unterscheidet sich nicht von
dem aus der Zitrone gepressten oder chemisch synthetisierten.
Die Technologie spielt nicht nur bei der Herstellung von Lebensmitteln eine
Rolle, sondern auch bei der Synthese von Arzneiwirkstoffen. In Zukunft wollen
Forscher mittels weißer Gentechnik unter anderem Bakterien züchten, die zum
Beispiel Ölteppiche auf dem Meer verspeisen oder Kunststoffe abbauen. Einige
Wissenschaftler haben dafür ambitionierte Pläne -wie Genforscher Craig Venter,
der ein komplett im Labor erzeugtes Bakterium herstellen will. Ein
Bakteriengenom hat er bereits zusammengebaut - die lebendige Mikrobe gibt es
indes noch nicht. Meist setzen Biotechnologen den Mikroorganismen einfach ein
Gen ein, welches die Produktion des gewünschten Stoffes steuert, oder sie
effizienter werden lässt.
Die Vorteile der "weißen" Technologie in der heutigen Produktion
liegen klar auf der Hand: Sie löst in vielen Fällen aufwendige chemische
Prozesse ab, die nicht nur mehr Kosten verursacht haben, sondern auch die
Umwelt stärker schädigten. Vitamin B2 wurde bis Anfang der 90er-Jahre in einem
komplexen achtstufigen Verfahren chemisch synthetisiert. BASF entwickelte ein
Verfahren, in dem der Pilz Ashbya gossypi das Vitamin direkt aus Pflanzenöl
erzeugt. Dies soll die Abfälle um 95 Prozent reduziert haben, die
Kohlendioxid-Emission um ein Drittel und den Rohstoffverbrauch um 60 Prozent.
Dass damit auch die Produktionskosten sinken, versteht sich von selbst.
Laut Jany errechnete der Konzern Boehringer Mannheim (heute Roche Diagnostics)
vor Jahren, wie der Einsatz einer gentechnisch veränderten Hefe die
Herstellungskosten eines Medikamentenwirkstoffs reduzierte und die Umweltbilanz
verbesserte. Die Produktionskosten sanken von 160.000 DM auf 9000, die
produzierten Abfälle und Abwässer von 200 Tonnen auf 40. Und der
Energieverbrauch der Produktion war um 80 Prozent geringer.
Während die "grüne Gentechnik", die Veränderung von Pflanzen stark
umstritten ist, schätzen auch deren Kritiker meist den Mikroben-Einsatz:
"Die weiße Gentechnik ist weniger problematisch als die grüne, weil sie in
einem geschlossenen System stattfindet und gut kontrolliert werden kann",
sagt etwa Andreas Eickelkamp, Pressesprecher von Foodwatch. Die Organisation
tritt für Verbraucherrechte und Transparenz des Lebensmittelmarkts ein. Eine
"Ohne Gentechnik"-Kennzeichnung trotz des Einsatzes weißer Gentechnik
sieht die Organisation daher nicht als Problem. "
Klaus-Dieter Jany kritisiert den Ansatz allerdings: "Aus
wissenschaftlicher Sicht ist der Hinweis 'Ohne Gentechnik' falsch, wenn bei der
Produktion gentechnisch veränderte Mikroorganismen eingesetzt wurden",
sagt der Biotechnologie-Experte. „Eine Kennzeichnung 'Ohne gentechnisch
veränderte Pflanzen' oder 'Ohne gentechnisch veränderte Futtermittel' hätte
ebenso einen Markt für gentechnikfreie Futterpflanzen geschaffen."
(Stern 25.1.08 - http://www.stern.de/wissenschaft/natur/608940.html)
·
Nicht
nur im Tierfutter, auch in vielen Lebensmitteln stecken Zusätze, die
gentechnisch hergestellt wurden;
95% des Vitamin C werden heute mithilfe „weißer Gentechnik“ hergestellt;
mehr als 80% aller in der Lebensmittelherstellung verwendeten Enzyme; weltweit
z.B. 800.000 Tonnen Lysin, der größte Teil durch gentechnisch veränderte
Mikroorganismen produziert;
Vitamin B2 wurde bis Anfang der 1990er Jahre in einem 8-stufigen Verfahren
chemisch synthetisiert; BASF-Verfahren nutzt Pilz, der das Vitamin direkt aus
Pflanzenöl erzeugt; 95% weniger Abfälle, ein Drittel weniger CO2-Emissionen,
60% weniger Rohstoffverbrauch;
(Stern 25.1.08)
·
Österreich: auch in Babynahrung (Milupa, Hipp) in
sechs von zehn Proben gentechnisch veränderte Soja nachgewiesen (0,41 bzw.
0,23%)
(GID 188 Juni 2008 S.27)
·
Kennzeichnung
„Ohne Gentechnik“ ist möglich für Rind- und Schweinefleisch, wenn die Tiere nur
die letzten 12 bzw. 4 Monate kein Futter mit gentechnisch veränderten
Bestandteilen erhalten haben; außerdem dürfen dem Tierfutter Aminosäuren und
Vitamine, die von gentechnisch veränderten Mikroorganismen erzeugt worden sind,
zugesetzt werden
(GID 192 Februar 2009 S.22)
·
Studie
der TU München zur Verfütterung von Genmais MON 810 an Rinder; 18 Milch-Kühe
zwei Jahre lang mit großen Mengen Genmais gefüttert; weder im Blut noch in der
Milch gentechnisch veränderte Bestandteile - Reste des fremden Erbgutes zu
finden; auch Milchleistung, Kondition und Gewicht im Vergleich zu einer
Vergleichsgruppe von Tieren kein Unterschied
(taz 1.4.09 S.9)
·
Käseherstellung;
nur noch 35% des Käses werden weltweit mit tierischem Labferment produziert
(bewirkt die Gerinnung der Milch); Alternativen: Ersatzenzyme aus
Schimmelpilzen oder gentechnisch hergestelltes Chymosin
(Die ZEIT 13.8.09 S.31)
·
Uni
München; Kühe mit Gen-Mais MON810 gefüttert, wurde von Kühen ebenso verdaut wie
herkömmlicher Mais, in der Milch fanden sich keinerlei transgene (gentechnisch
veränderte) Komponenten
(bild der wissenschaft 6-2009 S.10)
·
54%
der EU-Bürger wollen keine gentechnisch veränderten Nahrungsmittel
(Eurobarometer-Umfrage);
(taz 1.2.2011 S.04)
·
Experimente
mit gentechnisch verändertem Reis sind Ursache für einen Streit zwischen
chinesischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern. Der gentechnisch mit
Provitamin A angereicherte "Goldene Reis" wurde an chinesischen
Kindern getestet. Initiiert wurde das vom US-Landwirtschaftsministerium
geförderte Experiment von Forschern der im US-Bundesstaat Massachusetts
beheimateten Tufts-Universität. Insgesamt 68 Kinder im Alter von sechs bis acht
Jahren nahmen an dem in der chinesischen Provinz Hunan durchgeführten Versuch
teil. Ein Teil der Kinder bekamen den Gentech-Reis, die anderen als Vergleichsgruppe
Spinat. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob und wie viel Provitamin A
von den Kindern aufgenommen wird.;
Aufmerksam geworden war Greenpeace auf dieses Experiment durch eine
Veröffentlichung im American Journal of Clinical Nutrition. Dort hatten
chinesische und US-Wissenschaftler ihr Experiment vorgestellt und berichtet,
dass der Vitamin-Reis bei dem Vergleichstest gut abgeschnitten habe.
Laut Tufts-Universität sei der Versuch von den chinesischen Behörden genehmigt
worden. Diese räumen zwar ein, dass vor Jahren mal eine Verzehrstudie geprüft
und zugelassen worden sei, und zwar für die Zeit 2004 bis 2005. Der Versuch sei
aber nie durchgeführt worden. Weitere Genehmigungen gab es nicht.
Entwickelt wurde der Golden Rice von Ingo Potrykus (ETH Zürich) und Peter Beyer
(Uni Freiburg). Sie wollten Bauern den Reis in Entwicklungsländern frei zur
Verfügung stellen, um den Vitamin-A-Mangel zu beheben, der vor allem bei
Kindern häufig zur Erblindung führt. Kritiker befürchten, dass der Goldene Reis
als Türöffner für Gentech-Pflanzen dienen soll.
(taz 14.9.12 S.18)
·
Deutschlandtrend
2011: Gentechnik-Spuren in jedem vierten Sojaprodukt und in vielen
Import-Honigen
Es bleibt dabei: Wie in den Vorjahren sind auch 2011 in jedem vierten
sojahaltigen Lebensmittel gentechnisch veränderte Sojabohnen nachweisbar. Die
aktuellen Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung der Bundesländer
bestätigen, dass es im Sojabereich eine zwar geringe, aber stabile
"Grundbelastung" mit Gentechnik-Beimischungen gibt. Bei maishaltgen
Produkten ist der Anteil GVO-positiver Proben dagegen deutlich geringer.
Erstmals wurden 2011 systematisch auch Honige untersucht: In zehn bis dreißig
Prozent der Importhonige fanden die Kontrolleure Pollen aus gentechnisch
veränderten Pflanzen.
(http://www.transgen.de/lebensmittel/ueberwachung/>
)
·
Gv-Mais
MON810
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA hat erneut erklärt,
dass sie den gentechnisch veränderten (gv) Mais MON810 des US-Konzerns Monsanto
- in Bezug auf Gesundheit des Menschen und die Umwelt - für sicher hält. Die
EFSA war von der EU-Kommission um eine Stellungnahme zu dem MON810-Verbot
Frankreichs gebeten worden. Mitgliedstaaten der EU können unter bestimmten
Bedingungen, insbesondere bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den mit
gentechnisch veränderten Organismen (GVO) verbundenen Gefahren, den Anbau oder
Vertrieb eines GVO verbieten. Die Mitglieder des GVO-Ausschusses der EFSA haben
nun erklärt, dass sie in der Begründung des französischen Verbotes keine
wissenschaftliche Evidenz erkennen können, die ein Verbot des MON810-Mais
rechtfertigen würde. Die EFSA argumentiert unter anderem, dass die meisten der
von der französischen Regierung vorgebrachten Argumente beziehungsweise
wissenschaftlichen Studien bereits in früheren Stellungnahmen der EFSA geprüft
worden seien und ein Verbot von MON810-Mais nicht rechtfertigen würden.
Inklusive Frankreich haben derzeit sieben Länder den Anbau von MON810 auf ihrem
Territorium verboten - darunter Deutschland, Österreich, Bulgarien und
Griechenland.
(GID 212 Juni 2012 - http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/212/kurz-notiert-landwirtschaft-und-lebensmittel
·
Heilmittel oder PR-Trick?
KONTROVERSE Greenpeace-Renegat Patrick Moore bekämpft seine Ex-Organisation:
Sie ist gegen einen Gentechnik-Reis, der Millionen Kinder vor Erblinden und Tod
retten könnte
AUS BERLIN JOST MAURIN
"Greenpeace' Verbrechen gegen die Menschlichkeit: 8 Millionen Kinder tot.
Golden Rice Now", steht auf dem Transparent, das Patrick Moore an eine
Wand der Berliner Landesvertretung von Sachsen-Anhalt gelehnt hat. Die Kinder
seien nicht vor Vitamin-A-Mangel gerettet worden, weil Greenpeace den
gentechnisch veränderten "Golden Rice" verhindere, so der Kanadier.;
Moore nennt sich selbst "Greenpeace-Mitgründer". Das ist sein
Kapital. Neun Jahre war er Vorsitzender der kanadischen Sektion des Umweltschutzverbandes,
sieben Jahre Direktor bei Greenpeace International. 1986 verließ er die
Organisation. "Greenpeace driftete auf eine Position ab, wo Menschen als
Feinde der Erde gesehen wurden", begründet er das. Seit einigen Jahren
bekämpft er den Verband auch, weil dieser gegen die Zulassung des Goldenen
Reises ist.
Laut Weltgesundheitsorganisation brauchen 250 Millionen Kinder mehr Vitamin A.
Vor allem in armen Ländern Südostasiens und Afrikas. Die Eltern haben oft nicht
genügend Gemüse, das den Nährstoff liefert. Jährlich verlieren laut WHO 250.000
bis 500.000 dieser Kinder ihr Augenlicht. Die Hälfte sterbe binnen zwölf
Monaten danach.
"Das ist das Heilmittel", ruft Moore nun und zeigt auf ein Foto des
Goldenen Reises. Der habe keine Nebenwirkungen.;
Greenpeace (aktuell) argumentiert auch mit denkbaren Risiken für die
Gesundheit. Aber die einzige konkrete Gefahr, die die Umweltschützer in einem
Papier zum Thema vom Oktober nennen, sind negative Auswirkungen einer Überdosis
Beta-Carotin. Dass Greenpeace gegen den Goldenen Reis mobilisiert, liegt wohl
vor allem daran, dass die Industrie mit der Pflanze Gentechnik in Staaten wie
Deutschland salonfähig machen will.;
(taz 25.6.14 S.4 - http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sw&dig=2014%2F06%2F25%2Fa0082&cHash=d509ae36f20564122f57fa09dce82d99
)
·
(Leitartikel von Jost Maurin)
Der Goldene Reis ist für Gentechnikgegner ein schwieriges Thema: Denn die
gentechnisch veränderte Pflanze liefert viel mehr Vitamin A als konventioneller
Reis. So kann er dazu beitragen, Erblindungen und Todesfälle durch Mangelernährung
in Entwicklungsländern zu verhindern. Er ist eine Gentech-Pflanze - und
trotzdem nützlich.
Der Goldene Reis könnte vielen von Vitamin-A-Mangel Betroffenen helfen, die auf
absehbare Zeit nicht durch Alternativen wie Pillen oder Ernährungsberatung
erreicht werden. Der Reis muss nur einmal verteilt werden, dann können ihn die
Bauern selbst vermehren. Das ist nachhaltiger, als ständig Tabletten in
entlegene Gebiete zu transportieren.
Angebliche Gesundheitsgefahren konnten bisher nicht belegt werden. Diskutiert
wird aber über ein Allergierisiko. Doch will man ernsthaft verzichten, jemanden
vor dem Tod zu retten, weil eventuell eine Allergie droht?
Aus diesem Grund sollten Umweltschützer ihren prinzipiellen Widerstand gegen
den Reis aufgeben. Stattdessen sind angemessene Tests nötig - und bei
entsprechendem Ergebnis die Zulassung durch die Behörden.
Aber der Reis wird von der Industrie missbraucht - um Pflanzen durchzusetzen,
die nur den Konzernen, nicht der Gesundheit nutzen. Die resistent gegen Ackergifte
und Insekten sind. Die Bauern nicht benötigen, wenn sie regelmäßig die
Pflanzenarten auf ihren Feldern wechseln. Die zu mehr Chemie auf dem Acker, im
Wasser und in der Natur führen.
Gegen diese Pflanzen müssen Gentechnikgegner weiter kämpfen - aber nicht gegen
den Goldenen Reis. Sonst bieten sie Monsanto und den anderen Gentech-Konzernen
eine Angriffsfläche. Denn die Aktivisten wären sonst mitverantwortlich dafür,
dass Kinder nicht vor Erblindung und Tod bewahrt werden.
(taz 25.6.14 S.10)
zwei kritische Leserbriefe dazu:
(taz 27.6.14 S.10 - http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/?year=2014&month=06&day=27&letters=1
)
·
Hähnchen bekommen wieder Gentech-Soja
ERNÄHRUNG Es gebe zu wenig konventionelles Futter, sagt der Zentralverband der
deutschen Geflügelwirtschaft. Umweltschützer sehen das anders. Soja ohne
Gentechnik kostet mehr
BERLIN taz | Deutschlands größte Geflügelfleischlieferanten verfüttern wieder
gentechnisch veränderte Soja. Die beiden Marktführer PHW/Wiesenhof und
Rothkötter/Emsland setzen das Futter bereits in der Hähnchen- und Putenmast
ein, wie die Lebensmittel-Zeitung berichtet. Laut Zentralverband der deutschen
Geflügelwirtschaft habe die Branche 14 Jahre lang "in weiten Teilen"
auf Gentech-Soja verzichtet.
Dieses Versprechen lasse sich nun nicht mehr halten, teilte die Organisation
mit. Schließlich werde 2014 weniger Gentech-freie Soja als bisher angeboten.
"So hat einer der weltweit größten Sojaproduzenten im Hauptlieferland
Brasilien erklärt, nur noch 50 Prozent der Vorjahresmenge bereitstellen zu
können", schreibt der Verband. Begründet werde dies damit, dass
gentechnisch veränderte Pflanzen auf immer mehr Flächen angebaut würden.;
Nach Informationen der Lebensmittel-Zeitung spielten denn auch die höheren
Kosten von etwa 180 US-Dollar pro Tonne "ebenfalls eine Rolle" bei
der Entscheidung der Geflügelkonzerne. 60 bis 70 Prozent des Hähnchenpreises
entstünden durch das Futter.
Für Greenpeace zeigt der Fall: "Jetzt muss schleunigst die
Kennzeichnungspflicht für tierische Produkte eingeführt werden, die mit
Genfutter hergestellt wurden". Bisher ist nur vorgeschrieben, dass Lebens-
und Futtermittel, die gentechnisch veränderte Pflanzen enthalten, entsprechend
gekennzeichnet werden müssen. Für Fleisch und Milchprodukte zum Beispiel gilt
das nicht, wenn etwa Kühe Gentech-Futter bekommen haben.
(taz 20.2.14 S.10)
·
Die größten Supermärkte setzen bei Produktion von Eiern und
Geflügelfleisch wieder auf Futter mit verändertem Erbgut, ergibt
Greenpeace-Umfrage. Ausnahmen: Rewe, Penny, tegut, Bio
BERLIN taz | Aldi, Lidl und andere große Supermarktketten garantieren nicht
mehr, dass sowohl Eier als auch frisches Geflügelfleisch ohne Gentechnik-Futter
erzeugt werden. Einzige Ausnahmen sind Rewe, Penny und tegut, wie eine Umfrage
der Umweltorganisation Greenpeace unter zwölf Unternehmen ergab. Vor zwei
Jahren hatten die Discounter Aldi und Lidl noch erklärt, sie würden bei Eigenmarken
wie "Bauernglück" oder "Landjunker" auf Gentech-Futter
verzichten.
(taz 27.3.14 S.8)
·
Seit Anfang April erlaubt McDonald's seinen
Hähnchenfleisch-Lieferanten den Einsatz von gentechnisch verändertem
Futtermittel. Ein Sprecher bestätigte gestern einen entsprechenden
Spiegel-Bericht. Der Kurswechsel stieß bei Greenpeace auf scharfe Kritik.
McDonald's in Europa hatte bisher von seinen Hähnchenlieferanten verlangt, dass
diese nur gentechnisch unverändertes Futter verwenden. Nun aber hätten
internationale und nationale Lieferanten mitgeteilt, "dass sie mit Beginn
des zweiten Quartals keine ausreichenden Mengen an nicht gentechnisch
veränderten Futtermitteln zu wirtschaftlich vertretbaren Konditionen
garantieren können", hieß es.
(taz 28.4.14 S.2)
·
Die große Mehrheit der deutschen Verbraucher legt nach einer
repräsentativen Umfrage Wert auf gentechnikfreies Futter für Legehennen und
Geflügel. Für 79 Prozent sei das wichtig, ermittelte das
Meinungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag von Greenpeace. Wie die Umweltorganisation
am Samstag weiter mitteilte, sprachen sich 93 Prozent der Befragten dafür aus,
Geflügelfleisch und Eier, die mit Gen-Futter produziert wurden, zu
kennzeichnen.
·
Viele Verbraucher wären demnach auch bereit, mehr Geld für Geflügel
und Eier auszugeben, wenn sichergestellt wäre, dass sie ohne Futter aus
gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt wurden. 80 Prozent würden mehr
als 10 Cent zusätzlich für ein gentechnikfreies Hähnchen zahlen, 85 Prozent
mehr als 1 Cent mehr für ein Ei.
(taz 14.4.14 S.8)
·
Pollen im Honig: Keine Zutat, keine Kennzeichnung
Jetzt ist es endgültig: Pollen im Honig gilt in der EU rechtlich wieder als
"natürlicher Bestandteil" und nicht als Zutat. Das bedeutet: Pollen
muss auf dem Honigglas nicht deklariert werden - und das betrifft auch Pollen
aus gentechnisch veränderten Pflanzen.
(Quelle: http://www.transgen.de/fragen_antworten/778.doku.html
)
·
·
·
E-Länder
fordern Gentechnik
(taz 2.3.00)
·
FAO
bekannte sich in ihrer ersten Erklärung zur Biotechnologie zum Einsatz der
gentechnik in der Landwirtschaft; Blick auf wachsende Weltbevölkerung;
entscheidende Rolle bei der umweltgerechten Entwicklung
(taz 16.3.00)
·
Gentechnik
und Ernährungssicherung in der Dritten Welt
Gentechnik kann das Hungerproblem nicht lösen, da sie eine technologische
Antwort auf ein Problem ist, dessen Ursachen in erster Linie sozialer,
politischer und ökonomischer Natur sind;
Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag 1996: die
prognostizierten gentechnisch optimierten Pflanzen, die zur Bekämpfung des
Hungers in der Welt beitragen sollen, werden noch Jahrzehnte auf sich warten
lassen, falls sie überhaupt realisiert werden können;
könnten wohl nur auf industriell produzierenden Groß-Plantagen genutzt werden;
gefürchtete Nutzung der Gentechnik: gentechnischer Ersatz für Naturstoffe
(Ökologie und Landbau 1/2000 S.18)
·
Äußerung
Vandiva Shina: kein gent. verändertes Getreide für Zyklon-Opfer...
·
Direktor
des Int. Inst. für pflanzliche Gen-Ressourcen: Gentechnik -Nutzung ist für 3.
Welt Frage von Leben und Tod; bisher keine ernsthafte gesundheitliche
Beeinträchtigung bekannt, die auf gent. veränderte Organismen zurückginge
(2 e-mails kordecki)
·
Vertreter
des Bundesgesundheitsministeriums: an die These, die Gentechnik könne den
Welthunger besiegen, glaube heutzutage niemand mehr ernsthaft; bestenfalls
könne die Technologie dazu einen Beitrag leisten
GID 142 10-11/2000 S.20
·
Monsanto
bietet Gen-Reis gebührenfrei zum Anbau an; Golden Rice, eine gentechnisch
veränderte Reissorte mit besonders viel Beta-Carotin, gebührenfrei für Anbau
und Forschung freigegeben; gegen den in der 3.Welt verbreiteten
Vitamin-A-Mangel (250 Mill. Menschen betroffen, Sehstörungen, Erblindung,
geschwächtes Immunsystem)
taz 7.8.2000 / Die Welt 9.8.2000
·
Ohne
Bio- und Gentechnologie wird sich die explodierende Weltbevölkerung nicht
ernähren lassen (Präsident der Internationalen Vereinigung von Agrarökonomen,
Joachim von Braun, in Berlin)
E-Mail Kordecki 22.8.2000
·
Evangelischer
Entwicklungsdienst hat sich gegen einen unverantwortlichen Einsatz der
Gentechnik in armen Ländern gewandt; Kritik: WTO verpflichtet Mitgliedsländer,
auf Saatgut Patente zu erteilen; arme Bauern könnten dadurch in Abhängigkeit
und Not geraten
epd-Wochenspiegel 35/2000 S.19
·
Ismail
Serageldin, Vizepräsident der Weltbank und Vorsitzender der Cosultative Group
on International Agricultural Research (CGIAR): „ Die Biotechnologie wird
entscheidenden Anteil an der Expansion der landwirtschaftlichen Produktivität
im 21. Jahrhundert haben. Wenn sie wohlüberlegt und unter Berücksichtigung
aller Sicherheitsvorkehrungen eingesetzt wird, kann sie eine enorme Hilfe dabei
sein, der Herausforderung zu begegnen, bei gleich bleibender Land- und
Wassermasse drei Milliarden Menschen mehr ernähren zu müssen, von denen 95
Prozent in den armen Entwicklungsländern leben werden.“
Dtsch. Ärzteblatt 28-29/2000 S.A1971
·
Golden
rice soll in Ländern der 3.Welt verbreiteten Vitamin-A-Mangel lindern; vier
Gene eingeschleust, Provitamin A wird produziert und gespeichert, Forscher
übergaben Reis an Internationales Reisforschungsinstitut, Entwicklungsländer
sollen keine Lizenzgebühren bezahlen
(taz 23.1.01)
·
mit
herkömmlichen Züchtungsmethoden Hirse mit hohem Gehalt an Beta-Karotin
gezüchtet;
evtl. geeignet für Bekämpfung des Vitamin-A-Mangels in der 3. Welt; Gegenstück
zum gentechnisch produzierten „Goldenen Reis“, der heftig bekämpft wird wegen
seiner transgenen Herkunft, den damit verbundenen Unwägbarkeiten und der Rolle
multinationaler Konzerne bei seiner Entwicklung und Kommerzialisierung
(GID 153, 8-9/2002 S.18)
·
Die
Weigerung der Regierung Sambias, Genmais zur Versorgung der Hungernden des
Landes anzunehmen, sei „ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sagte der
US-Botschafter bei der zuständigen UN-Unterorganisation FAO
(taz 7./8.12.02)
·
vier
der weltweit größten Agrokonzerne wollen ihre patentierten Technologien (auch
gentechnisch veränderte Sorten) kostenfrei afrikanischen Bauern und
Wissenschaftlern zur Verfügung stellen
(GID 157 April/Mai 2003, S.36)
·
Welternährungsorganisation
der UN: Biotechnologie wird bei der Reduktion der Hungersituation (bis 2015)
nur eine untergeordnete Rolle spielen
(GID 157 April/Mai 2003, S.20)
·
Generaldirektor
des International Food Policy Research Institute in Washington:
nicht fehlende Gentechnik, falsche Politik verursacht gegenwärtig den Hunger;
Gentechnik kann langfristig den Hungernden helfen:
Pflanzen entwickeln, die längere Dürreperioden überstehen (Hirse, Mais);
Pflanzen, die gegen Schädlinge resistent sind (virusresistente Süßkartoffel);
Inhaltsstoffe in Pflanzen einbringen, die für eine ausgewogene Ernährung
wichtig sind (Vitamin A);
gentechnisch veränderte Baumwolle hat in China und Indien bereits die Einkommen
von Kleinbauern erhöht, außerdem werden dort weniger Pestizide gespritzt
(Die Zeit 3.7.03 S.28)
·
Bt-resistente
Baumwolle, Feldversuch in Indien: 80% höhere Erträge, trotz höherer Kosten
Verfünffachung der Einkommen der Bauern;
in Indien werden 50-60% der Ernte vom Kapselwurm vernichtet, in den USA nur
etwa 12%
(Bild der Wissenschaft 5/2003 S.12)
·
Monsanto-Herbizid
Roundup Weltmarktanteil von 90%, Umsatz 2001: 2,4 Mrd US-Dollar;
im Süden von Brasilien (trotz Verbot) Anbau von Gen-Soja; Argument der Bauern:
rund 30% niedrigere Produktionskosten; noch genügt eine Anwendung von Roundup
(taz 27.6.03)
·
Vatikan
eröffnet Konferenz zu der Frage, ob
biotechnologisch erzeugte Nahrungsmittel eine Rolle im Kampf gegen den Hunger
in der Dritten Welt spielen können
(The Guardian UK 10.11.03)
·
Internationales
Reisforschungsinstitut IRRI: Gene des „Goldenen Reises“ jetzt erfolgreich in
mehrere in Südostasien populäre Reissorten eingeschleust; „dies ist eine der
wichtigsten Entwicklungen unseres Instituts, und sie wird einen dramatischen
Einfluss haben, wenn sie in 3 – 4 Jahren auf die Felder kommt“; Studie von
Kritikern: der Verzehr von 300 Gramm dieses Reises decke nur 20% des
Tagesbedarfs eines Erwachsenen an Vitamin A; Vitamin-A-Mangel: weltweit leiden
mehr als 100 Millionen Kinder daran, jedes Jahr erblinden 250000 bis 500000,
die Hälfte davon sterben innerhalb von 12 Monaten; in Asien und Afrika sterben
pro Jahr 600000 Schwangere im Zusammenhang mit Vitamin-A-Mangel
(taz 2.1.04)
·
Buntzel-Cano
(Evang. Entwicklungsdienst): Es müsste sich um sehr überzeugende Innovationen
handeln, bei denen die Vorteile der Grünen Gentechnik für die
Entwicklungsländer unmittelbar auf der Hand liegen, um die verschärften Risiken
einzugehen ... noch nicht in Sicht ... solange die Gentechnik den Entwicklungsländern
nicht viel zu bieten hat ... ist sie keine wirkliche Option
(BRIEFE Kirchliches Forschungsheim Wittenberg 70/2004 S.T10)
·
UNO-Organisation
für Landwirtschaft und Ernährung (FAO): Jahresbericht bis zum Jahr 2030 müssten
zusätzlich 2 Mrd. Menschen ernährt werden; Gen-Pflanzen seien eine Chance, weil
sie höhere Erträge böten und beispielsweise mit Eiweißen angereichert werden
könnten, aber der Risiken für die Umwelt und die Nahrungsmittelsicherheit
bewusst sein, noch wissen wir nur wenig über die langfristigen Folgen
(taz 18.5.04)
·
In
der Katholischen Kirche Deutschlands herrscht Unstimmigkeit (zur Nutzung der
Gentechnik in der Landwirtschaft). Bischöfe wie Kardinal Meisner und Nikolaus
Schwerdtfeger sowie der Moraltheologe Johannes Ritter, seines Zeichens Mitglied
der Enquete-Kommission (des Bundestages) „Ethik und Recht in der modernen
Medizin“ unterstützen die Theorie von der grünen Gentechnik als Lösung für das
Welthungerproblem. Man solle, so Ritter, die Augen vor der Grünen Gentechnik
nicht verschließen.
(GID 163/2004 S.43)
·
„Goldener
Reis 2“: enthält bis zu 23 mal mehr Provitamin A (statt bei Golden Rice 1 1,6
Mikrogramm pro Gramm Reis jetzt bis zu 37); das Gen, das ursprünglich aus
Narzissen gewonnen worden war, wurde durch ein entsprechendes Gen aus Mais
ersetzt; das könnte den Tagesbedarf eines Kindes decken;
umstritten: reicht der Provitamin A-Gehalt? übersteht das Provitamin A das
Kochen? wird es absorbiert und in Vitamin A umgewandelt? gibt es
gesundheitliche Gefährdungen für Verbraucher?
Fragen sollen 2005 geklärt werden
(New Scientist Großbritannien 27.3.05)
·
in den Entwicklungsländern werden hauptsächlich
Genbaumwolle, Gensoja und Genmais angebaut. Das ist nicht das, was die Armen in
diesen Ländern essen.
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.9)
·
katholischer
Erzbischof Meisner hält die grüne Gentechnik für „vielleicht“ geeignet, „den
Hunger in der Welt wirksamer als bisher zu bekämpfen.“
(taz 7.10.03)
·
Ausführlicher
Artikel zum „Golden Rice“; gentechnisch veränderte Reissorten sollen die Dritte
Welt mit Vitamin A versorgen;
Knapp drei Milliarden Menschen weltweit ernähren sich von Reis;
Zwei deutschen Forschern, unterstützt von Universitäten in Zürich und Freiburg,
war es gelungen, einen Reis zu entwickeln, der Betacarotin enthält, eine
Vorstufe des lebenswichtigen Vitamin A; Betacarotin wird deshalb auch
Provitamin A genannt. Sie hatten ihm Gene eingebaut, die im Reis nicht
vorkommen, das war das Revolutionäre daran. Parminder Virk, 50 Jahre alt, soll
den Genreis jetzt in lokale Sorten einkreuzen, er soll die Revolution
weitertragen in die Dritte Welt, dorthin, wo die Menschen an Vitamin-A-Mangel
leiden, weil der Reis, den sie essen, zwar alles Mögliche, aber leider kein
Vitamin A enthält.
Virk, so sehen es seine Forscherkollegen, ist ein Pionier. Virk, sagen seine
Gegner, ist ein Handlanger, ein nützlicher Idiot der Gentechnik-Industrie.;
Die Syngenta-Leute haben dem Reis das Gen einer Maispflanze eingesetzt. Mais
produziert Betacarotin, deshalb sind seine Körner gelb. Der Reis, den Virk
züchtet, wird ebenfalls gelb sein. Es ist ein besonderer Reis, kein Züchter der
Welt würde ihn durch bloßes Kreuzen hinbekommen. 2011, spätestens 2012 soll der
"Goldene Reis" auf den Philippinen zugelassen werden, Bangladesch
soll kurz darauf folgen - für viele Menschen auf der Erde ein Segen, für fast
ebenso viele eine Bedrohung.
Mit dem Goldenen Reis nämlich steht die Nahrungsmittelproduktion an einer
Schwelle: Zum ersten Mal soll die gentechnische Veränderung einer Nutzpflanze
nicht den Erzeugern zugutekommen, sondern den Konsumenten.
Das ist der Fortschritt, den diese Revolution verspricht. Denn Vitamin A
unterstützt das Knochenwachstum und fördert die Sehkraft, es hält Haut und
Schleimhäute gesund und macht den Körper damit widerstandsfähig gegen
Infektionen. Mehrere hundert Millionen Menschen leiden weltweit unter
Vitamin-A-Mangel, viele von ihnen werden blind, etwa zwei Millionen sterben
jedes Jahr an den Folgen.
Jetzt werde mit dem Goldenen Reis das wichtigste Grundnahrungsmittel der Erde
gentechnisch verändert, auf eine Weise, die irreversibel sei: Das ist die
Gefahr, die die Gegner beschwören, eine Gefahr, behaupten sie, die zum Fluch
werden könnte.
Der Goldene Reis, in diesem Punkt sind sich beide Seiten ausnahmsweise einig,
ist ein Anfang, ein Türöffner. Längst wird in Forschungslaboren überall auf der
Welt daran gearbeitet, dem Reis auch andere Gene einzusetzen, Gene, die ihn
Eisen aufnehmen lassen oder Zink, die ihn immun machen gegen Insekten wie den
gefräßigen Reisstengelbohrer oder gegen die gefürchtete Weißblättrigkeit.
Wenn die Menschen den Goldenen Reis akzeptieren, heißt es, dann ist vieles
möglich.
"Die Menschen in Europa haben genug zu essen", sagt er. "Sie
brauchen den Goldenen Reis nicht. Warum sollten sie sich darüber ernsthaft
Gedanken machen?" Virk lächelt fein. "Ihr in Europa habt doch gar
keine Ahnung, was Menschen anderswo wirklich brauchen."
Über 10 000 Kilometer von Virk entfernt, in einem klimatisierten Büro am
Hamburger Hafen, organisiert Jan van Aken den Kampf gegen den Goldenen Reis,
den er aus Prinzip "gelben Reis" nennt. Der Zellbiologe ist bei
Greenpeace International für Gentechnik zuständig. Für van Aken war der Goldene
Reis von Anfang an "eine Scheißidee".;
Leider kommt Betacarotin in der Natur im Reiskorn nicht vor. Es gibt darum
keine Möglichkeit, den gewünschten Effekt durch Kreuzungen zu erzielen. Also
kamen Beyer und Potrykus auf die Idee, sich die notwendigen Gene für diese
Enzyme bei anderen Organismen zu holen. Ihre Wahl fiel auf die Osterglocke,
Narcissus pseudonarcissus, und auf ein Gen des Bakteriums Erwinia uredovora.
Der Weg, auf dem dieser Transfer passiert, ist kompliziert, man muss ihn nicht
vollständig verstanden haben, um trotzdem der Meinung zu sein, dass den beiden
etwas Aufregendes gelungen ist: ein Reis, der die Menschen in der Dritten Welt
nicht nur satt, sondern gesund machen würde. Es gab damals nicht wenige unter
Beyers und Potrykus' Kollegen, die davon überzeugt waren, dass eine solche
Leistung den Nobelpreis verdient hätte.;
Um den Beta-Carotin-Gehalt zu erhöhen, wurde später das Gen der Osterglocke
durch ein Maisgen ersetzt. Der Gehalt an Betacarotin stieg um das 23fache, aber
die Skepsis blieb.;
Wobei noch zu klären ist, ob die Menschen tatsächlich ihren kompletten
Tagesbedarf über den Reis decken müssen. Oder wie viel Betacarotin notwendig
ist, um überhaupt eine Wirkung zu haben.
Ihn störe, in Europa, in Deutschland, die grundsätzliche Einstellung zu
Risiken, sagt Beyer. Organisationen wie Greenpeace nutzten die allgemeine
Risikoscheu und schüfen ein Klima der Nervosität. Niemand frage nach dem Nutzen
einer gentechnischen Veränderung.
2003 trat das sogenannte Cartagena-Protokoll in Kraft, ein Abkommen zwischen
mehr als 140 Staaten, es soll den Umgang mit gentechnisch veränderten
Organismen regeln. Beyer hat sich den Text genau angesehen. "Das Wörtchen
,risk' taucht darin 48-mal auf, das Wort ,benefit' ein einziges Mal, in der
Einleitung", ruft er. "Das ist doch Wahnsinn.";
(gentechnikkritischer Bauernfunktionär auf den Philippinen:)
Für Medina ist der Goldene Reis ein "trojanisches Pferd", der Versuch
von weltweit tätigen Konzernen, die Gentechnik zu etablieren. Das Image der
Gentechnik-Konzerne sei schlecht, sagt er. Goldener Reis sei gut, jedenfalls
behaupten das seine Erfinder. Die Konzerne hofften, dass sich ihr Image
bessere, wenn der Goldene Reis auf den Markt käme.
Dabei, sagt Medina, ist nicht der Mangel an Vitamin A das größte Problem,
sondern die Armut in der Dritten Welt. Selbst wenn die Menschen genügend Vitamin
A erhielten, könnte ihr Organismus damit nichts anfangen, weil sie gleichzeitig
zu wenig Fett bekämen. Fett ist vor allem in Fleisch vorhanden, und arme
Menschen, sagt Medina, können sich Fleisch nun einmal nicht leisten.
Er hat gehört, dass der Goldene Reis Bauern umsonst zur Verfügung gestellt
werden soll, die im Jahr weniger als 10 000 Dollar verdienen, das sind fast
alle, die bei Masipag organisiert sind. Er hat auch gehört, dass Syngenta dafür
auf Patent- und Lizenzgebühren verzichten will.
Medina misstraut solchen Meldungen, weil er Firmen wie Syngenta misstraut. Die
Grüne Revolution, die seit den sechziger Jahren in den Ländern der Dritten Welt
zu höheren Erträgen, aber auch zu höheren Kosten für Dünger und Pestizide
führte, hat bei den Bauern ein tiefes Misstrauen gegen europäische und
amerikanische Konzerne hinterlassen, gegen Konzerne überhaupt.;
Der Goldene Reis ist nicht für den europäischen Markt entwickelt worden, sagt
Medina. Er sei der Versuch des Nordens, die Probleme des Südens zu lösen.
"Sind die Menschen in der Dritten Welt die Versuchskaninchen für die Erste
Welt?"
Länder wie die Philippinen, sagen die Kritiker des Goldenen Reises, hätten den
Vitamin-A-Mangel inzwischen unter Kontrolle. Zweimal im Jahr würden den
Menschen Vitamin-A-Tabletten verabreicht, es gebe kaum noch Blinde und viel
weniger Tote als noch vor Jahren. Außerdem enthielten genug einheimische
Pflanzen Vitamin A. Man müsse den Menschen einfach erklären, wie man Obst und
Gemüse zu Hause anbauen kann.;
(Familie in Manila:)
Joselito Monico, der Vater, arbeitet als Bote, am Tag verdient er rund 100
Pesos, umgerechnet 1,60 Euro. Das reicht für Reis, sagt Joselito, und ab und an
für galungo, den billigsten Fisch auf dem Markt.
Dominador, der älteste seiner Söhne, ist 16 und sieht aus, wie 9; Jefferson,
der Neunjährige, hat die Statur eines Vierjährigen.
Bekommen sie Vitamin A von der Regierung? Keine Ahnung, sagt Joselito Monico.
"Bei uns war niemand."
Bauen sie Gemüse in einem eigenen Garten an?
"Wir wohnen im zweiten Stock."
Auf den Philippinen hat im vergangenen Jahr eine Aktion gegen Genreis
gestartet. Greenpeace-Mitglieder verteilen Aufkleber, Prominente wie die
"Miss Philippinen 2007" werben dafür, dass Restaurants nur Reis
verwenden, der gentechnisch nicht verändert wurde.
Die Monicos haben von dieser Kampagne nichts mitbekommen. Sie waren noch nie in
einem Restaurant, das Wort Gentechnik sagt ihnen nichts, von Greenpeace haben
sie noch nie gehört.
Würden Sie Reis essen, der Vitamine enthält, selbst wenn dieser Reis gelb wäre?
"Wir würden alles essen", sagt Joselito Monico und blickt seine Frau
an. "Egal welche Farbe. Hauptsache, wir überleben."
(Spiegel 48/2008 S.90 ff. – ganzer
Text: http://wissen.spiegel.de/wissen/dokument/dokument.html?id=62236053&top=SPIEGEL
)
·
WHO:
weltweit erblinden weltweit jährlich 250.000 bis 500.000 Kinder, weil sie nicht
ausreichend mit Vitamin A versorgt sind, die Hälfte stirbt innerhalb von 12
Monaten;
Gentechnisch veränderter „Goldener Reis“ soll dieses Problem lösen, unterstützt
vor allem von der Bill Gates- und der Rockefeller-Stiftung;
laut Magazin „Science“ räumen die Spezialisten der WHO der Ausgabe von
Vitaminpillen, der Anreicherung von normalen Lebensmitteln mit Vitamin A und
der Unterrichtung der Menschen im Anbau von Karotten und speziellem Gemüse mehr
Aussicht auf Erfolg ein als dem Einsatz der Gentechnik
(GID 192 Februar 2009 S.23ff.)
·
·
Q:
Prof. Wahl, Lehrstuhl f. öffentl. Recht Freiburg, Sitzung der AGU 12.10.93
- ob ein bestimmtes Handeln erwünscht oder sozialverträglich ist oder nicht,
wird nicht im GenTG entschieden
- GenTG sagt grundsätzliches JA zur Gentechnik, ABER sie muß sicher genug sein
- längst (positives) EU-Recht dazu da, das hat Vorrang sogar vor unserer
Verfassung; wir haben nicht die Option "auszusteigen"
- in den USA lockerer: nicht der Weg ist interessant, sondern das Produkt -
gibt es da Gefahren?
- Anhörungsverfahren ist nicht der Ort, das Gesetz zu ändern
(Fundamental-Kritik an der Gentechnik), sondern es anzuwenden
·
Q:
EKD: Einverständnis mit der Schöpfung, Gütersloh 1991
- Ethik ist zu verstehen als die Wahrnehmung von Begründungspflichten für das
menschliche Handel. Sie formuliert Prüffragen und Kriterien, über die sich ein
verantwortliches Handeln Rechenschaft ablegen muß. Sie gibt darin aber auch
Auskunft über das, was zu tun und zu unterlassen, was zu fördern und was zu
verhindern ist.
- Ethik in der technologischen Zivilisation kann keine Gesinnungsethik sein
(ich habs doch gut gemeint), sondern muß Verantwortungsethik sein (nicht die
guten Absichten, sondern die guten Folgen meines Handelns sind ausschlaggebend)
- allgemeine ethische Perspektiven:
* Abschätzung möglicher Folgen (auch für Alternativen)
* Risiko-Bewertung: die Unsicherheit ist gegen die Not-wendigkeit und gegen den
Vorteil, so zu handeln, abzuwägen.
* Kosten gegen Nutzen abwägen
* Einbeziehung von Alternativen (auf anderem Weg mit geringerem Risiko und zu
geringeren Kosten gleiches Ergebnis?)
- Wiederermächtigung der Laien: sich widersprechende Expertenmeinungen, z.T.
interessengeleitet - technologiepolitische Richtungsentscheidungen dürfen nicht
den Experten überlassen bleiben; die Politiker und Bürger müssen
entscheidungsfähig werden und bleiben und dürfen sich diese Kompetenz nicht
streitig machen lassen
- in der Biologie vollzieht sich gegenwärtig der einschneidende Übergang, der
sich in Chemie und Physik schon früher vollzogen hat: von der beschreibenden
Erkenntnis der Naturvorgänge zu deren Veränderung und Nutzung, also zur
Ingenieurwissenschaft
- Unterscheidung der Gentechnik von konventioneller Züchtung:
* möglich, Artgrenzen zu überschreiten (biologische Grenzen, die sich im Laufe
der Evolution entwickelt und zu der uns bekannten Vielfalt von Lebensformen
geführt haben, werden durchlässiger gemacht oder überwunden)
* viele genetische Veränderungen (Erbeigenschaften) können gleichzeitig
übertragen werden
* was in der natürlichen Umwelt viele Generationen lang dauern würde, kann im
Labor in sehr kurzer Zeit herbeigeführt werden
* künstliche Gene können hergestellt werden (bisher unbekannte Eigenschaften
oder Produkte)
- die ethische Problematik beginnt nicht erst beim Menschen!
- Ängste: was wird diese Forschung und erst recht ihre Anwendung für Folgen
haben? welche Auswirkungen der in Angriff genommenen Projekte sind zu erwarten?
Mit welchen unbeabsichtigten Konsequenzen und Nebenwirkungen ist zu rechnen?
welcher Mißbrauch ist möglich?
- nicht Problemlösung sondern Problembeschreibung, Schärfung des Gewissens,
Mahnung, daß das Verhältnis des Menschen zur Natur weiterer Klärung bedarf
- definierte Stücke des Erbmaterials können isoliert und in neue Wirtszellen
übertragen werden, isoliert bezieht sich auf Größe und Nukleinsäure-Sequenz,
weniger auf alle Informationen über Eigenschaften und physiologische Funktion
(schon im Spenderorganismus)
- PRO und CONTRA zur GENTECHNIK - falsche Alternativen
* Natur oder Kultur
(es gibt keine von der Kultur unberührte Natur, und es gibt keine von der Natur
unberührte Kultur)
* natürlich oder künstlich
(ich möchte auf manches künstlich gemachte - technische Krücken - nicht
verzichten)
* Evolution ohne oder Evolution durch
Menschen den Menschen
(heile, gute Natur? Mensch nur als Störfaktor? was ist lebensförderlich,
Erhaltung der Möglichkeiten der Vielfalt)
* Anthropozentrik oder Physiozentrik
(ausschließlicher Blickwinkel: Nutzen für den Menschen - Eigenwert, eigenes
Lebensrecht der Natur)
* umfassende oder Handlungsverzicht
Verantwortung
* Fortschritts- oder Fortschritts-
förderung verweigerung
(wie wird Fortschritt definiert, woran gemessen?)
* Freiheit oder Grenzen
* Heilsweg oder Katastrophe
- allgemeine Perspektiven für das menschliche Handeln gegenüber der Natur
* Respekt vor dem Gegebenen
(die Natur ist von Menschen nicht geschaffen, sondern sie ist ihnen gegeben;
sie begegnet ihnen in der ihr eigenen Lebendigkeit und Stimmigkeit und nötigt
ihnen in ihrer sinnhaften Fülle Bewunderung und Dank ab),
* Eigenwert und Eigenrecht der Mitgeschöpfe (nicht nur unter dem Interesse des
Nutzwertes betrachten; Material, Verfügungsmasse),
* Solidarität mit den Mitgeschöpfen
(Menschen leben als Lebewesen unter anderen Lebewesen; das eine lebt mit dem
anderen und von dem anderen)
(neuzeitlicher Umgang mit der Natur: Machbarkeit, Machen, untertan machen,
ausbeuten)
·
Q:
Das Leben ist eine Gabe Gottes,
Kassel 1990
- S.76: Kriterien bei Anwendung der Gentechnik:
* Macht (über die Um-Welt)
* Reduktionismus (was interessiert mich jetzt)
* Nützlichkeitsprinzip (was hat einen Nutzen - für mich, hier und jetzt)
* Zweckmäßigkeit
* Leistungsprinzip (Mengen)
* Qualitätsveränderung
* Vorhersagbarkeit
* Zeitverkürzung
- S.77: Albert Schweitzer:
"Ich bin Leben, das leben will inmitten von Leben, das leben will."
" Gut ist: Leben erhalten, Leben fördern, entwicklungsfähiges Leben auf
seinen höchsten Wert bringen. Böse ist: Leben vernichten, Leben schädigen,
entwickelbares Leben niederhalten."
·
Q:
Bild der Wissenschaft 2/87
- Überschrift zu einem Text von
K.-L- Winnacker: "Der achte Tag der Schöpfung"
·
Q:
Ethik und Gentechnologie,
Gesellschaft Gesundheit und Forschung, Frankfurt/Main 1988
- Dimensionen der Verantwortung in der Gen-Technik (Hans Jonas)
* Ambivalenz der Wirkungen (in der Regel hat Technik immer eine bedrohliche
Seite, die langfristig das letzte Wort haben könnte),
* Zwangsläufigkeit der Anwendung (Wissen und Technik mit dem Ziel der
Anwendung),
* Sachzwänge (Wachsende Zahl von Menschen, Bedürfnisse-Ansprüche wachsen,
Eigendynamik)
* globale Ausmaße in Raum und Zeit (Neigung zur Maßlosigkeit, Trennung der
Wirkungen von der Tätigkeit, Bühne ist die Erde, Wirkungen für zukünftige Geschlechter),
* Anthropozentrik der bisherigen Ethik wird durchbrochen (nicht mehr nur
Menschen, Menschheit als Gegenstand von Verantwortung, jetzt beansprucht die gesamte Biosphäre
Aufmerksamkeit),
* metaphysische Fragen (hat Leben einen Wert und Sinn?, Aufgabe des Menschen in
der Welt?)
- der Hexenmeister kann's nicht mehr stoppen, da die Schöpfungen der neuen
Technik nicht mehr Besen, sondern neue Lebewesen sind
- Gaben der Pandora, zu denen
keine Not, nur der prometheische Trieb drängt
·
Aldous
Huxley: Schöne neue Welt 1932 erschienen
(Le Monde diplomatique / taz Februar 2000 S.20)
·
gentechnische
Veränderung von Pflanzen und Tieren verstößt nicht gegen den Willen Gottes;
so die Berater des Papstes in Sachen Life Sciences, die Vatican Pontifical
Academy for Life; die Vorteile sind größer als die Risiken; Ablehnung weiter
bei menschlichem Klonen und künstlicher Befruchtung
(GID 138/2000 S.18)
·
Kriterien
Gentechnik - Vorsicht:
wenn man zwar helfen will und kann, aber dabei anderes Leben zerstört wird
(Dietrich Mendt, Lückendorfer Arbeitskreis Januar 2000)
·
Sloterdijk:
Alles nur ein Scherz
(taz 24.3.2000)
·
Zum
Wesen des Menschen gehört seine Unvollkommenheit, ebenso wie seine wenigstens
potenzielle Fähigkeit, über sich selbst hinauszuwachsen.
(Ernst Benda in: Leben als Gottes Bild, Woche für das leben 2000, S. 16)
·
Peter
Sloterdijk Rede in Elmau (Die Zeit 16.9.99) Überschrift „Regeln für den
Menschenpark“
Anthropotechniken als Kombination von Züchtung, Zähmung und Erziehung;
Zoobewohner und Zooleiter in einem platonischen Zoo;
Züchtung wird gesteuert von einer Elite;
(Jens Reich: Blätter für deutsche und internationale Politik, 11/99 S.1353ff)
·
Gentechnik
löst Christentum ab; nachdem das Christentum und der Glaube an Gott die
Menschen ebenso enttäuscht habe wie die Utopie einer kommunistischen
Gesellschaft, werde nun die Gentechnik als „Prinzip Hoffnung angesehen;
weltweite Euphorie, „auch in Deutschland ganz und gar kindliche Begeisterung um
die Doppelhelix ausgebrochen“
epd-Wochenspiegel 41/2000 S.3
·
Symposium
Fortpflanzungsmedizin Bundesgesundheitsministerium 5/2000;
BM Andrea Fischer: Die Möglichkeit, individuelles Leid zu verhindern, bedeute
keine Rechtfertigung dafür, auch alles Machbare zu tun. Durch die neuen
Techniken könne ein Klima entstehen, das den perfekten Menschen immer mehr zur
Norm werden lasse und es schließlich als rechtfertigungsbedürftig erscheinen
lasse, wenn ein behindertes Kind zur Welt kommt.“
Fischer will in einem neuen Fortpflanzungsmedizingesetz die
Präimplantationsgendiagnostik PGD verbieten. Auch der Genehmigung einer
Eizellspende stehe sie nach wie vor skeptisch gegenüber.
Dtsch. Ärzteblatt 22/2000 S.A-1503
·
Bundesgesundheitsministerin
Andrea Fischer:
Was aus der Sicht des Einzelnen ein Fortschritt ist, kann Konsequenzen haben,
die die Gesellschaft womöglich ganz grundlegend verändern. ... Die Möglichkeit,
individuelles Leid zu verhindern, kann nicht rechtfertigen, alles zu tun: Denn
auch daraus kann wieder Leid entstehen.
grün&bündig 2000 S.7
·
Bischof
Huber Berlin: Warnung vor falscher Wissenschaftsgläubigkeit, die junge
Generation wachse heute in einer Atmosphäre auf, in der ihre Identität mit
ihrer genetischen Ausstattung gleichgesetzt werde; der Mensch werde nur noch
als Naturwesen und nicht mehr als sittliche Person wahrgenommen, eine solche Auffassung
trage dazu bei, genetische Defekte verantwortlich zu machen, wenn das Leben
nicht in der vorhergesehenen Weise gelinge
epd-Wochenspiegel 35/2000 S.8
·
Geschworenengericht
in Norwich/Großbritannien hat entschieden, daß Greenpeace rechtmäßig gehandelt habe,
als im Juli 99 ein Feld mit genmanipuliertem Mais zerstört wurde; Berufung auf
ein Gesetz von 1971, wonach Eigentum zerstört werden darf, wenn dadurch anderes
Eigentum geschützt wird; Argumentation von Greenpeace: die Maispollen würden
angrenzende Felder „genetisch verschmutzen“
taz 26.9.2000
·
EU-weite
Umfrage zur Gentechnik; 35% der Befragten stimmten der Aussage zu „herkömmliche
Tomaten haben keine Gene“
GID 141 8-9/2000 S.42
·
Interview
mit Peter Sloterdijk: Elternliebe statt Wettrüsten
eine wissenschaftliche Subkultur in den USA will die Leistungsfähigkeit des
Menschen durch genetische „Verbesserung“ steigern;
es muß vermieden werden, daß dadurch ein weltweites biologisches Wettrüsten
ausgelöst wird;
nach dem Prinzip Elternliebe sollte im Einzelfall - und nur mit therapeutischen
Motiven - über Embryotest, Gentherapie und dergleichen entschieden werden
bild der wissenschaft 10/2000 S.40ff.
·
Jens
Reich: Genetische Qualitätskontrollen von Menschen, geborenen wie ungeborenen,
sollten tabu bleiben. Menschliche Embryonen dürfen wir nicht einsetzen - seien
die Ziele auch noch so nobel. Der Eingriff in die menschliche Keimbahn darf
kein Forschungsziel sein und muß verboten bleiben.
Die Zeit 29.7.2000 S.1
·
die
normative Kraft des Fiktiven; sie zeigt, dass der anscheinend
glaubensindifferente moderne Mensch vielleicht doch derjenige ist, der am
meisten glaubt, weil er keine Alternativen dazu hat.;
1. Welchen Raum geben wir dem natürlichen Zufall?
Wir haben (bisher) dem natürlichen Zufall bei der Reproduktion des Menschen,
zumindest was das „Sosein“ des Menschen betrifft, Raum gelassen. Wir haben
Menschen nicht gezüchtet, obwohl wir es, auch mit konventionellen Methoden, in
der Pflanzen- und Tierzucht weit gebracht haben
2. In welcher Welt wollen wir in Zukunft leben?
3. Wann ist der Mensch ein Mensch ?
Wie gehen wir auf die Nicht-, Noch-nicht- oder Nicht-mehr-Artikulationsfähigen
ein?
Stammtisch: Es geschieht ohnehin, die anderen tun es auch, wenn ich es nicht
tue, tut es ein anderer, wenn es schon getan werden muss, dann mache ich es
besser als andere...
Dietmar Mieth: Ethik angesichts der Beschleunigung der Biotechnik, in: Aus
Politik und Zeitgeschichte 33-34/2000 (Beilage zu DAS PARLAMENT)
·
ehemaliger
CDU-Forschungsminister Rüttgers möchte 7 Grenzpfähle einschlagen:
wo Gendiagnostik die Selektion von Menschen beabsichtige
wo die Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken beabsichtigt wird
wo das Klonen von Menschen beabsichtigt ist
wo in die menschliche Keimbahn eingegriffen wird
wo eugenische Ziele verfolgt werden
wo genetische Daten zur Diskriminierung führen
wo Patente zu Nutzungsrechten am menschlichen Körper führen
(taz 14.12.00)
·
EU-Parlament
setzt Kommission für Humangenetik ein;
soll Vorschläge für europaweite Gesetzgebung zur Biotechnologie erarbeiten;
Klonen, DNA-Analyse, vorgeburtliche Diagnostik
(epd Wochenspiegel 4/2001 S.22)
·
Wenn
eine Gesellschaft sich in der überwiegenden Mehrheit darin einig ist, bestimmte
Dinge nicht zu tun (zum Beispiel zu morden, einen Hammer als Mordwerkzeug zu
benutzen), wird man zwar nicht ausschließen können, dass trotzdem Einzelne dies
Spielregeln nicht einhalten (also doch morden), aber man kann dann andere
nützliche und akzeptierte Anwendungen bestimmter Techniken zulassen (Hammer
nicht verbieten, die meisten nehmen ihn, um Nägel einzuschlagen)
(Diskussion im Deutschlandfunk März 2001)
·
Gedankenexperiment
des Rechtsphilosophen Reinhard Merkel:
es brennt in einem biologischen Labor – wen würde sie retten: ein lebendes Baby
oder 10 Embryonen in einem Reagenzglas?
(taz 17./18.2.01)
·
Gentechnik-Papst
E.-L. Winnacker:
Kennen Sie den Witz über den Beginn des Lebens? Wenn ein Katholik gefragt wird,
beginnt das Leben mit der Fusion von Ei- und Samenzelle. Für einen
Nichtgläubigen beginnt das Leben, wenn sich das Ei in die Gebärmutter einnistet.
Und wenn Sie den Rabbi fragen, der sagt Ihnen: „Wenn die Kinder aus dem Haus
sind und der Hund tot.“
(Die Zeit 28.12.00 S.2)
·
wider
die Vernunft, wenn 134600 Tötungen von eingenisteten Embryonen (im Jahr 2000)
akzeptiert werden, aber gleichzeitig die streng kontrollierte Verwendung
einiger hundert nicht eingenisteter Embryos zum Zweck hochrangiger Forschung
zum Schritt über den Rubikon zu erklären, also als rechtswidrige Tötung
menschlichen Lebens zu behandeln;
§218:“Handlungen, deren Wirkung vor Abschluss der Einnistung des befruchteten
Eis in der Gebärmutter eintritt, gelten nicht als Schwangerschaftsabbruch.“
wieso ist das legitim und verfassungskonform, wenn doch schon die befruchtete
Eizelle den Beginn menschlichen Lebens ausmachen soll?
(Der Spiegel 24/2001 S.42, Peter Glotz)
·
„Der
Judaismus begrüßt generell jede Entwicklung der medizinischen Technik, wenn es
darum geht, Leben zu retten oder Probleme der Befruchtung zu lösen“, stellte
der höchste Rabbiner klar
(Der Spiegel 24/2001 S.216)
·
in
unserer Gesellschaft werden, ohne jeden moralischen Protest, abgestorbene oder
abgetötete Föten als Medizinabfälle behandelt, in der kirchlichen Praxis werden
Föten weder getauft noch christlich begraben, in der abendländischen Tradition
beginnt für die Kirche wie für den Staat das Personsein mit der Geburt, deshalb
wäre es ein Kulturbruch, für Föten Menschenwürde und Grundrechte zu
postulieren;
Nach dem Recht in der Bundesrepublik beginnt der strafrechtliche Schutz
ungeborenen Lebens nicht mit der Befruchtung, sondern mit der Einnistung des
Eis in den Mutterleib;
die Behauptung, bei der Auswahl des einzusetzenden Eis (PID) stünden, anders
als beim Schwangerschaftsabbruch, keine Rechte der Frau zur Abwägung, halte ich
für sophistisch. Die den natürlichen Zeugungsvorgang zerreißende – rechtlich
zulässige – Befruchtung in vitro stellt die Frau doch nicht rechtlos.;
darüber, dass es nach unserem kulturellen Selbstverständnis keine
Menschenzüchtung geben darf, besteht Übereinstimmung, nicht aber darüber, ob
für den gentechnischen Ausschluss von Erbkrankheiten eine Ausnahme gemacht
werden darf
(Spiegel 27/01 S.40, Horst Ehmke)
·
Rede
von Hubert Markl, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft
so viel Neues und Unverstandenes die ureigensten Privatentscheidungen von
Essensauswahl bis Kinderwunsch, von Lebensversicherung bis Arbeitsplatz
betrifft...
wie groß das Verlangen vieler nach klaren Wegweisungen und Grenzziehungen ist,
möglichst aus berufenem Mund und möglichst unbezweifelbar in ewigen Werten und
Wahrheiten verankert...
die Stellungnahme jüdischer Religionslehrer besonders überzeugend... sie weist
nämlich der Tatsache, dass sich der Mensch nur in engster Verbindung zu einem
mütterlichen Körper entwickeln kann, eine besondere Bedeutung für die Menschwerdung
zu;
“Willkür“ bedeutet tatsächlich nichts anderes als den Willen zur Urteilskraft
und zur „Kür“, d.h. zur Auswahl zwischen Entscheidungsalternativen;
mich schrecken sozialethische Argumente der Art, es könne die Stimmung in der
Bevölkerung für oder gegen Behinderte beeinflussen, wenn es Müttern frei
überlassen wird, solche schweren Entscheidungen zu treffen. Nicht nur deshalb,
weil sich hier andere anmaßen, nach ihrem Gutdünken anstelle der Eltern und vor
allem der Mütter zu entscheiden. Dabei wird nämlich verkannt, dass die
allermeisten Behinderungen sowieso nicht angeboren sind und dass selbst von den
angeborenen Fällen auch künftig sehr viele keineswegs früh erkannt werden
können.;
dass Eltern keinen Rechtsanspruch auf ein gesundes Kind haben- allerdings sehr
wohl ein Menschenrecht, danach zu streben!;
Wann beginnt das Leben? Zweifellos sind Ei- und Samenzelle ebenfalls bereits
lebendig, ebenfalls mit einem menschlichen Genom ausgestattet und ebenfalls
genetisch jeweils ganz und gar individuell... der neue Mensch ist nicht fertig
in der Zygote... e3r kann aus ihr werden und zwar nur unter bestimmten
Bedingungen, für die die Verbindung zum Mutterorganismus absolut konstitutiv
ist.;
dass sich nur ein Bruchteil befruchteter Eier tatsächlich im Uterus einnisten
kann... schon von Natur aus dazu dient, um möglichst nur gesunde und voll
entwicklungsfähige Keime zur Entwicklung kommen zu lassen. Die eigentliche
„biologische Entscheidung“ zur Menschwerdung fällt daher tatsächlich mit der
Einnistung des Keimes im Uterus, nicht schon mit der Befruchtung... früh
abortierende Embryonen besonders häufig von genetischen Anomalien betroffen;
die alleinige Fixierung des Menschenwesens auf den Besitz eines Satzes
menschlicher Gene und die als hochmoralisch bewertete willenlose Hinnahme jedes
Zufallsunglücks in der Beschaffenheit dieses Gensatzes, den Gipfel eines
Biologismus bedeutet, der den Menschen tatsächlich zum reinen Biowesen
degradiert und ihm genau das abspricht, was ihn eigentlich erst zum Menschen
macht: seine kulturbedingende Entscheidungsfreiheit.;
Empfehlungen der DFG zur Stammzellforschung als Mitglied des Senats und im
Namen der Max-Planck-Gesellschaft aus voller Überzeugung zugestimmt;
es müsse sich erst erweisen, ob solche Stammzellen tatsächlich ein hohes
therapeutisches Potential haben, ehe man an eine Lockerung...kann doch nur
dadurch entsprochen werden, dass an Zellkulturen geforscht wird;
eine nur der Erkenntnissuche verpflichtete Grundlagenforschung ist nicht auf
Forschung an Menschenembryonen angewiesen... es sind ausschließlich
medizinisch-therapeutische Forschungsziele zur Heilung schwer erkrankter
Menschen, die in der Güterabwägung für oder gegen Forschung mit me4nschlichen
Embryonen vorgebracht werden können und von Gesetzgeber und Verfassungsgericht
abzuwägen sind;
(Die Welt 23.6.01)
·
Beginn
menschlichen Lebens mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle?
wie ist die zeitliche Zählung bei Langzeit-Gefrierkonservierung ?
(idea spektrum 29/30-01 S.4)
·
Warum
erlaubt Israel Embryonenforschung?
die Frage, wann das Leben beginne, wird bei Juden anders beantwortet als bei
Christen, die Rabbiner hätten nach der Entdeckung des Mikroskops entschieden,
dass nur das beachtet werden müsse, was man mit dem bloßen Auge sehen könne,
ein Embryo im Vier- oder 16-Zellenstadium sei aber mit dem Bloßen Auge nicht
erkennbar, deshalb dürfen nach jüdischem Recht Embryonen im frühen Stadium, die
bei der Erzeugung im Reagenzglas überschüssig seien, für die Forschung
verwendet werden
(idea spektrum 25/01 S.16)
·
Hertha
Däubler-Gmelin
Fortschritt ist nicht alles, was möglich ist, sondern das, was dem Menschen
dient. „Heilen und Helfen“ sollten wir deshalb als Ziel festlegen. Das schließt
dann Selektieren, Züchten und Klonen als Ziele aus...
liegt jetzt die Darlegungslast bei der Wissenschaft. Sie muss erklären, warum
sie auf dem Weg zum besseren Heilen von Krankheiten nicht den Weg der Forschung
an adulten Stammzellen oder an tierischen Embryonen gehen kann.
Die Biomedizinkonvention (des Europarates) verbietet in ihrem Artikel 18 das
Erzeugen von Embryonen zu Forschungszwecken.
(Die Zeit 26.7.01 S.4)
·
Debatte
des Bundestages zu Gentechnik und Bioethik 31.5.01
Ohne die Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter gibt es keine
Menschwerdung. Ohne die positive Entscheidung der Frau wird aus der
befruchteten Eizelle kein Mensch.;
Diskussion in Frankreich zur Frage der Bewertung von Behinderungen
überraschendes Ergebnis: bis auf die Querschnittsgelähmten haben alle
französischen Behindertenverbände es „als empörend bezeichnet, den Frauen
unnötiges Leid aufzubürden, das die PID ihnen ersparen könnte“;
ähnlich auch Patienten und Eltern der Deutschen Mukoviszidose-Vereinigung in
ihrer Erklärung vom 24.9.2000: „Betroffene Eltern, die einen
Schwangerschaftsabbruch ablehnen, haben nur mit der PID die Chance auf ein
weiteres Kind ohne diese Erkrankung. Der Verein will diese Eltern mit ihren
Sorgen nicht durch ein Verbot der PID alleine gelassen sehen.“;
Eine Grundregel der philosophischen Ethik lautet: „Der mögliche Missbrauch verbietet
nicht den rechten Gebrauch.“ – Zum rechten Gebrauch gehören Grenzen.;
Kantische Philosophie: „Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner
Person als auch in der Person eines jeden anderen niemals bloß als Mittel
brauchest.“
(Das Parlament 8.7.01)
·
Deutscher
Ärztetag gegen Forschung mit embryonalen Stammzellen;
Diskussionspapier des Bundesvorstandes der CDU: lehnt Erzeugung menschlicher
Embryonen zu Forschungszwecken und zu therapeutischen und gewerblichen Zwecken
ab, ebenso die verbrauchende Embryonenforschung
(taz 25.5.01)
·
statistisch
reift nur jeder vierte Embryo wirklich zu einem Kind heran. Drei von vier
befruchteten Eizellen werden, häufig schon zu Beginn der Schwangerschaft, vom
Körper der Mutter abgestoßen, und dies vor allem dann, wenn der Embryo
Chromosomenstörungen aufweist
(Spiegel 20/01 S.251)
·
60-80%
der befruchteten Eizellen gehen (in Abhängigkeit vom elterlichen Alter)
verloren
eine Ursache: falsche Chromosomenausstattung
(taz 11.5.01)
·
Beratungsgremien
der Bundesregierung zur Bioethik:
Nationaler Ethikrat (Bundeskanzler)
Enquetekommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ (Bundestag)
Ethikbeirat (Bundesgesundheitsministerium – berufen von Andrea Fischer)
(taz 3.5.01)
·
Ian
Wilmut, biologischer Vater von DOLLY:
Manchmal stellen Gesellschaften etwas einfältige Regeln auf. In Deutschland
durfte zunächst auch keine Forschung zur Retortenbefruchtung gemacht werden,
die Prozedur wurde in England entwickelt und wird heute in Deutschland überall
genutzt.
(Die Zeit 8.3.01 S.43)
·
...
Postulat eines allmächtigen Schöpfers... es darf wohl angenommen werden, dass
auch eine Evolution im Genlabor, so sie denn möglich werden sollte, Teil des
großen Plans ist – so es ihn gibt.
(SZ 22.8.01)
·
Horrorvision
oder Aussicht auf das gelobte Land?
·
in
pluralistischen Gesellschaften werden auch moralische Fragen mehrheitlich
entschieden; die Entscheidungen in Großbritannien, Frankreich, Italien für die
Embryonenforschung sind Ausdruck eines gesellschaftlichen Wandels, der auch in
Deutschland längst begonnen hat;
nach jüdischem Glauben wird der Embryo oder Fetus nicht als eigenständige SEELE
angesehen, sondern als Teil der Mutter
(Die Zeit 3.5.01 S.41ff)
·
Margot
von Renesse: es geht um „Gut gegen Gut“; den Respekt vor den Maßstäben und den
Argumenten nicht gegenseitig absprechen
(Die Zeit 23.5.01 S.3)
·
Reinhard
Merkel:
Verfassungsberatungen des Parlamentarischen Rates 1949: Antrag, das „ungeborene
Leben“ ausdrücklich in den Schutzbereich der Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes
einzubeziehen, damals mit großer Mehrheit abgelehnt;
wäre der Embryo Träger von Lebensgrundrecht und Menschenwürde, so dürfte er in
keinem noch so singulären Konflikt, dessen Entstehung nicht er, sondern die
Konfliktpartei zu vertreten hat und in den er durch diese zwangsinvolviert ist,
getötet werden (gemeint ist der Schwangerschafts-Konflikt zwischen Mutter und
Kind);
Überlegungsmodell: vier Wochen verbleibende Lebenszeit bei einem Todkranken
dürfen nicht aktiv abgekürzt werden; aber wenn bei einem Embryo im Reagenzglas
ein schwerer Defekt festgestellt wird, der nach Einpflanzung in den Uterus nur
4 Wochen Lebenszeit bedeutet und dann das sichere Absterben – der Erhalt dieser
Lebensspanne unter den konkreten Bedingungen erscheint unsinnig
(Die Zeit 13.6.01 S.25)
·
Michael
Naumann:
niemand vermag logisch zu beweisen, warum eine Ansammlung mikroskopisch
winziger embryonaler Zellen als Mensch zu gelten habe, es sei denn, wir erhöben
die Potenzialität des Embryos, ein ganzer Mensch zu werden, mit rational nicht
widerlegbaren, also Glaubensargumenten in den Stand unantastbarer und absoluter
Menschenwürde
(Die Zeit 21.7.01 S.9)
·
zwischen
Stammzellen und Stammaktien
(Die Zeit 5.7.01 S27)
·
Was
steht im Zentrum?
christlich-kantianische Ethik: die als Selbstzweck verstandene Würde einer
jeden menschlichen Person;
utilitaristische Ethiken: Glück und Wohlergehen der meisten
(Die Zeit 16.8.01 S.32)
·
als
Schwerpunktthema für die 7. Tagung der 9. Synode der EKD wurde festgelegt:
“Was ist der Mensch?“
(Präsidium der EKD-Synode, 11/2001)
·
5.Tagung
der 9. Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche
Deutschlands
Bückeburg 2001
Drucksache Nr. 10/2001
Entschließung der Generalsynode der
Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands zu Fragen der Bioethik
vom 23. Oktober 2001
„Die Generalsynode schließt sich der Stellungnahme der Bischofskonferenz
der VELKD zu Fragen der Bioethik vom 13. März 2001 an. Wir unterstreichen den
Grundsatz, dass bereits der menschliche Embryo eine Würde hat, die unantastbar
und unverfügbar ist. Deshalb muss der Embryo allen willkürlichen Zugriffen
entzogen sein. Von diesem Grundsatz her lehnen wir die verbrauchende
Embryonenforschung, das Klonen von Menschen sowie Keimbahnmanipulationen ab.
Wegen der großen Missbrauchsmöglichkeiten lehnen wir zum gegenwärtigen
Zeitpunkt eine gesetzliche Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) ab.“
·
erstes
Retortenbaby in Deutschland April 1982 in Erlangen geboren;
die katholische Kirche sprach damals von einer Manipulation, die „schlimmer als
die Atombombe“ sei;
(epd-wochenspiegel 37/2001 S.14)
·
In
der Diskussion über Behinderung, Krankheit und Eugenik kann man das Leiden
verharmlosen oder idealisieren. Gerecht wird man den betroffenen Menschen damit
nicht.
(GID Spezial 2, 2001, Eugenik - gestern und heute, S. 40)
·
Eugen
Drewermann:
Er spricht dem Embryo im frühen Entwicklungsstadium die „unbedingte“ Würde ab.
„Unbedingte Schutzwürdigkeit im Rahmen von Gesetz und Moral scheint mir erst
gegeben, wenn eine Fähigkeit zur Selbstwahrnehmung, zum Beispiel von Schmerz,
in der Embryonalentwicklung vorliegt. Das ist etwa in der Zeit vom 4. Monat der
Fall.“
(Publik-Forum 16/2001 S.25)
·
Peter
Gruss, Stammzellforscher und Präsident der MPG:
Die befruchtete Eizelle ist für mich noch kein Humanum mit Seele...
eher die Gastrulation, die Einschnürung des embryonalen Zellhaufens nach dem
14. Tag, entscheidendes Ereignis in der Entwicklung... Und dazu ist die
Einnistung in die Gebärmutter, der Kontakt mit mütterlichem Gewebe notwendig.
(Die Zeit, 22.11.01 S.45)
·
Utilitarismus
– Nützlichkeitskalkül, entwickelt im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert,
Ziel: gerechtere und menschlichere soziale Verhältnisse;
die Formel, der Staat solle das „größte Glück der größten Zahl“ verwirklichen
(Publik-Forum 16/2001 S.15)
·
Menschenrecht
auf Erbgut (Alexander S. Kekulé): Die Ergänzung der Menschenrechte, etwa als
Zusatzvereinbarung zu den UNO-Menschenrechtspakten, könnte konkret lauten:
„Jeder Mensch hat das Recht auf natürliches Erbgut. Niemand darf nachfolgende
Generationen durch Eingriffe in die Keimbahn um dieses Recht bringen. Niemand
darf auf Grund seiner Erbanlagen benachteiligt werden.“
(Der Spiegel 46/01 S.206f)
·
von
den kirchlichen Veröffentlichungen des vergangenen Jahres fanden Stellungnahmen
zur Biotechnologie, Stammzellenforschung und Pränataler Diagnostik die größte
Resonanz. Von allen Medienbeiträgen zur Gentechnologie kamen 38,5% aus dem Raum
der Kirchen...
(Idea-Spektrum 3/2002, S.28)
·
Ablehnung
weniger monotheistisch als christlich begründet; so befürworten einige
orthodoxe jüdische Thoragelehrte explizit das Klonen... als Form der
menschlichen Vermehrung, allerdings nur bei Unfruchtbarkeit, da es einer
künstlichen Befruchtung vorzuziehen sei, dort besteht Risiko eines zufälligen
Inzests, der als schwere Sünde gilt
(taz 21.1.02)
·
Menschen?
Ach nein, das sind ja Fleischklopse..
Die Worte des Propheten Mohammed können einen strengen Embryonenschutz nicht
begründen Zu den Charakteristika des Islam gehöre es, daß er der
wissenschaftlichen Forschung keine Restriktionen auferlege und auch nicht dem
technologischen Fortschritt, sondern Forschung und Fortschritt willkommen heiße
und tolerant sei gegenüber allem, das Nutzen verspreche und der Menschheit
nütze.
Entscheidend für die Frage nach der Statthaftigkeit genetischer Manipulationen ist
vielmehr für alle Autoren die Frage, ob sie im Interesse der Menschheit
(maslaha) geschehen. Erst wenn Manipulationen bloße Spielerei (abath al-hayat)
sind oder unlauteren Zwecken dienen, werden sie als Eingriff in die Befugnisse
Gottes aufgefaßt. daß - anders als es von zahlreichen europäischen Denkern
gesehen wird - nach islamischer Mehrheitsmeinung der Zweck über die
Verwerflichkeit der Handlung entscheidet für die Bewertung;
entscheidend ist das Ergebnis. Hier liegt der eigentliche Unterschied in der
islamischen und der christlich-humanistischen Perspektive. ein dem Propheten
Mohammed zugeschriebener Ausspruch, nach dem der Mensch nach der Befruchtung
"vierzig Tage Samen, vierzig Tage Knoten, vierzig Tage
Fleischklumpen" sei. Im Islam herrscht weiterhin eine ältere, am Sicht-
und Spürbaren sich orientierende Auffassung vor, die die Verwendung von
Mikroskopen in der Wissenschaft sozusagen noch nicht wahrhaben möchte. So
gelten Bewegungen des Embryos im Mutterleib als Zeichen für den Beginn
menschlichen Lebens;
Zur Zeit dominiert im sunnitischen Islam die Auffassung, die den Beginn
menschlichen Lebens bei vierzig Tagen nach der Befruchtung ansetzt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung Donnerstag, 20. Dezember 2001, Nr. 296 Seite 56)
·
EU-Kommissar
Busquin antwortete auf die Frage, warum keine Gegner der Embryonenforschung
eingeladen worden seien, mit der Begründung, dass es hauptsächlich um
wissenschaftliche Aspekte gehe und bei den Diskussionen über die ethischen
Fragen ein ausgewogenes Panel zusammengestellt worden sei (in diesem Panel saß
eben kein grundsächlicher Gegner der Embryonenforschung). Busquin fügte dann
hinzu, dass die EU-Kommission "keine Taliban" eingeladen habe.
"Dies ist eine unglaubliche Entgleisung. Der Kommissar scheint damit die
Gegner der Embryonenforschung mit dem verbrecherischen Regime der Taliban auf
eine Stufe zu stellen.
(Quelle: http://www.kath.net/detail.php?id=1380)
·
begnadete
Demagogen, die die Verwendung von ES-Zellen als „Kannibalismus“ oder „Inzest“
brandmarken...
vorsichtiger Gebrauch des Menschenwürde-Arguments. Allzu schnell heißt sonst
die Botschaft: Wer anders denkt, tritt die Würde des Menschen mit Füßen... In
vielen Ländern, von denen die meisten mit mehr Recht als wir in Anspruch nehmen
können, Kulturnationen mit demokratischer Tradition zu sein, ist embryonale
Stammzellforschung inzwischen zugelassen: England, Schweden, Frankreich, USA,
Australien, Israel...
Dass die Kultur der Menschlichkeit ins Rutschen gerät, wenn einige hundert
übriggebliebene Embryonen für die Herstellung von Stammzelllinien verwendet
werden (statt sie anders zu vernichten) ist unwahrscheinlich. Jedes Jahr werden
in Westeuropa vermutlich eine Million Föten abgetrieben, ohne dass dies den
sonstigen Umgang mit menschlichem Leben erkennbar tangiert hätte...
(Die Welt 25.1.02)
·
Die
Päpstliche Akademie für das Leben hat in einer Erklärung vom August 2000 nicht
nur die In-vitro-Fertilisation kategorisch abgelehnt, sondern auch jede
fremdnützige, verbrauchende Forschung an Embryonen, jegliches Klonen, sei es zu
reproduktiven oder therapeutischen Zwecken, sowie die
Präimplantationsdiagnostik...
Könnte denn jemand auch nur von Ferne einen Schwangerschaftsabbruch im dritten
Monat tolerieren, wenn er ernstlich davon überzeugt wäre, dass dieser der
Tötung eines geborenen Kindes gleichzusetzen ist?...
Was zunächst die so genannten „überzähligen“ Embryonen aus der IVF betrifft, so
handelt es sich bei ihnen weder um Leben eines existierenden noch eines
werdenden Menschen, da die äußeren Voraussetzungen dafür fehlen, dass aus ihnen
ein Mensch hervorgehen kann (insbesondere die Einnistung in die Gebärmutter
einer Frau) . Somit ist das Kriterium nicht erfüllt, in dem die
Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens begründet wird, nämlich dass es das Leben
eines Menschen ist...
therapeutisches Klonen... auch bei der totipotenten Zelle, die aus der
Verpflanzung eines Kernes einer Hautzelle in eine entkernte Eizelle entsteht
und die bis zur Gewinnung von Stammzellen einige Teilungen durchläuft, handelt
es sich nicht um einen werdenden Menschen, da auch beim Th. Klonen die äußeren
Voraussetzungen nicht gegeben sind dafür, dass ein Mensch entstehen kann.
Genetische Potenzialität ist nicht gleichbedeutend mit dem Werden eines
Menschen...
(Zeitzeichen 1/2002 S.8ff)
·
Brief
DBK und EKD an Bundestagsabgeordnete: „Methoden, die die Vernichtung
embryonaler Menschen vorsehen, inakzeptabel“...
Jüngel hält es für problematisch zu behaupten, das menschliche Leben sei vom
Zeitpunkt der Befruchtung an ein „embryonaler Mensch;
Kollek: Die jüdische Ethik geht offensichtlich davon aus, dass der Fötus erst
um den dritten Monat herum im Mutterleib beseelt wird und davor als Wesen, das
unter dem Schutz der Menschenwürde steht, nicht existiert.
(Das Parlament 1.2.02)
·
Soziologe
van den Daele (Nationaler Ethikrat): In Israel wird der Embryo zum Beispiel
erst ab dem 40. Tag nach der Zeugung geschützt, bei uns ist der Lebensbeginn
mit der Verschmelzung des Erbguts von Ei- und Samenzelle definiert. Aber warum
eigentlich nicht vier Stunden vorher, kurz vor der Kernverschmelzung, wenn das
Spermium schon die Eizelle befruchtet hat?“ Solche so genannten Vorkernstadien
entstehen in Deutschland zu Tausenden bei der künstlichen Befruchtung. Achtlos
werden sie weggeworfen; sie kümmern niemanden – und doch steckt in ihnen schon
das Potenzial menschlichen Lebens....
CDU-MDB Pflüger: Uns geht es darum, einige wenige embryonale Stammzellen zu
nutzen, die nie mehr Mensch werden können... Menschliches Leben beginnt für
mich mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Aber – es ist menschliches
Leben, es ist noch kein Mensch. Es ist nicht geboren, und es hat keine Mutter.
(Der Spiegel 5/2002 S.172ff)
·
Kardinal
Meisner: „Man darf nicht durch Heilen töten“
(Freie Presse 30.1.02)
·
Meisner:
„Barbarei“; Importbefürworter wollten „von der Tötung kleiner Menschen“
profitieren
(Der Spiegel 5/2002 S.172ff)
·
„Babys
sind keine Ersatzteillager“
(ARD Wort zum Sonntag 3.2.02)
·
Prof
Gerhardt (Uni Berlin, Philosoph, Mitglied im Nationalen Ethikrat)
Wenn jemand in Deutschland die Forschung an embryonalen Stammzellen mit dem
Argument verteidige, dass die Ergebnisse das Leben anderer bessern oder retten
könnten, so werde ihm beschieden: kein noch so hehrer Zweck heilige die Mittel.
Steht hingegen ein Schwangerschaftsabbruch zur Entscheidung, muss man, wie Bischof
Huber sagt, Kompromisse machen. Das nannte man früher Doppelmoral.
Rede von Bundespräsident Rau: faule Allianz von Biologismus und moralischer
Anmaßung: Aus einem biologischen Faktum der Verschmelzung von Ei und Samenzelle
machte er ein moralisches Prinzip.
(Die Zeit 14.2.02 S.28)
·
„Am
Embryonenschutz konsequent festhalten!“
bedauert die Bundestagsentscheidung vom 30.1.02 zur Zulassung des Imports
menschlicher embryonaler Stammzellen;
Grundsatz, das Lebensrecht und den Lebensschutz menschlicher Embryonen von
Anfang an zu gewährleisten;
der Rat sieht in Forschung, Technik und ärztlicher Kunst gute Gaben Gottes, die
in verantwortlicher Weise zu nutzen dem Menschen aufgetragen ist;
die PID ist mit dem Grundsatz des Schutzes menschlicher Embryonen von Anfang an
nicht vereinbar; das Risiko, dass die
ursprünglich intendierte enge Begrenzung nicht durchgehalten werden kann, ist
außerordentlich groß ((Erfahrungen der Pränataldiagnostik); der Rat plädiert
dafür, dieses Risiko gar nicht erst einzugehen
(Erklärung des Rates der EKD zum Fortgang der bioethischen Debatte vom 22.2.02)
·
die
fundamentale Frage, wann das menschliche Leben beginnt, findet in Israel eine
ganz eigene Antwort: Es gibt eine Strömung in der jüdischen Philosophie, die
sagt, dass dem Embryo erst nach 49 Tagen Leben eingehaucht wird;
entscheidend aber ist die Festlegung, dass der Embryo außerhalb des
Mutterleibs nach jüdischem Glauben prinzipiell nicht als eigenständige Seele
gilt; bevor der Mutter die befruchtete Eizelle eingepflanzt wird, kommt ihr
nach jüdischem Verständnis keine Menschenwürde zu
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.25)
·
in
der britischen Gesetzgebung maßgebende Ansicht:
das Menschsein beginnt mit der Einnistung des Embryos in die Gebärmutter 14
Tage nach der Befruchtung (Beginn der Schwangerschaft; wechselseitige Beziehung
zwischen Mutter und Kind)
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.72)
·
Hubert
Markl: beim Menschen gehen mehr als die Hälfte der befruchteten Eizellen vor
der Einnistung verloren; frühzeitige natürlich stattfindende (gottgewollte?)
Auslese von nicht entwicklungsfähigen Keimen (Chromosomenabweichungen); die
eigentliche biologische Entscheidung zur Menschwerdung fällt daher tatsächlich
mit der Einnistung des Keimes in den Uterus, nicht schon mit der Befruchtung
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.42)
·
ob
sich die Gegner der Embryonenforschung nicht ebenfalls der Naturalisierung
schuldig machen – und zwar deshalb, weil sie Krankheiten als etwas Gegebenes
betrachten, als eine Fügung der Natur, die nur zu erleiden, aber nicht zu
heilen ist
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.97)
·
Behindertenverbände
eröffnen Etikinstitut (Institut Mensch, Ethik und Wissenschaft) www.imew.de
(epd-wochenspiegel 10/2002 S.14)
·
Deutsche
Evangelische Allianz zur Bundestagsentscheidung Stammzellimport 30.1.02:
“Verfall der Moral“; setzt „jahrzehntelange menschenverachtende
Rechtsentwicklung“ gegenüber ungeborenen Mensch fort
(epd-wochenspiegel 6/2002 S.7)
·
Mensch
ist immer Subjekt, nicht Objekt (nicht Mittel zum Zweck);
Grundgesetz: “Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – Zustandsbeschreibung
oder Absichtserklärung?;
Methode der ethischen Urteilsbildung:
3 Kriterien:
a) Achtung der Menschenwürde (ist gegeben und zu wahren)
b) Heilung von Krankheiten einzelner Patienten (als ärztliches Ethos;
Abzuwehren: Heilung späterer Generationen)
c) Öffentlichkeit der Forschung (nur so Kontrolle möglich)
3 Perspektiven:
a) Ziele des Vorhabens (nach den 3 Kriterien s.o. abfragen)
b) Methode (akzeptabel?)
c) absehbare und nicht absehbare Folgen?
3 Fälle:
a) gentechnische Herstellung von Humaninsulin
b) „Entschlüsselung“ des Humangenoms
c) Präimplantationsdiagnostik (hier schon Ziele unterschiedlich bewertet: HILFE
oder SELEKTION?; nicht klar definiert: EMBRYO, TOTIPOTENZ, BEGINN MENSCHLICHEN
LEBENS;
zum Lebensbeginn: jüdische Tradition: in der Halacha(?) steht: „Embryo ist bis
zum 40. Tag Wasser“, absoluter Schutz des Lebens beginnt erst nach der Geburt
(wenn 10 cm des Kopfes zu sehen sind, gilt der Mensch als geborener Mensch)
(Barbara Hepp, Ev. Akademie Berlin, am 9.2.02 in Chemnitz)
·
In
zahllosen Hinsichten spielen wir bereits Gott, wenn wir impfen und Krankheiten
behandeln. In vielen Lebensbereichen verhalten wir uns nicht passiv angesichts
der Natur. Und „Natur“ ist für den gesunden Menschenverstand schwerlich eine
moralische Norm.;
unterscheiden zwischen der BEHANDLUNG genetischer Defekte und der OPTIMIERUNG
der normalen genetischen Ausstattung; eine faire Gesundheitsversorgung würde
allen Bürgern die Behandlung der genetischen Defekte gewähren, die sie
signifikant unter das Niveau normaler Gattungsfunktionen sinken lassen,
Optimierung der Genausstattung wie zusätzliche Intelligenz sollten aber illegal
sein, weil sie die Chancengleichheit verletzen;
(Die Zeit 27.3.02 S.43)
·
S.17
Eberhard Jüngel: legt es nahe, zwischen menschlichem Leben und dem Leben eines
werdenden Menschen kategorial zu unterscheiden; Die befruchtete menschliche
Eizelle bedarf der Mutter, um sich zu einem Menschen entwickeln zu können.
Schon deshalb halte ich die Behauptung, das menschliche Leben sei vom Zeitpunkt
der Befruchtung an ein „embryonaler Mensch“ für höchst problematisch.
S.43ff Wolfgang Schäuble: wenn ich die Forschung an embryonalen Stammzellen als
durch die Unantastbarkeit der Menschenwürde ausgeschlossen ansehen würde, dann
darf ich nicht sagen. versuchen wir es doch erst einmal mit adulten Stammzellen
und hinterher schauen wir mal;
mir sind keine Beispiele bekannt, dass in der Geschichte Erkenntnisse nicht
allgemein genutzt wurden, auch wenn sie auf noch so fragwürdige Weise einst
gewonnen wurden;
beim Embryonenschutzgesetz haben wir noch den Fehler gemacht, den Beginn des
Lebens mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle definieren zu wollen;
dass wir auf die gesetzliche Definition von naturwissenschaftlichem
Erkenntnisstand wie etwa Beginn und Ende des Lebens verzichten und uns auf die
notwendige Regelung von Rechtsfolgen beschränken sollten;
ich glaube nicht, dass der Mensch Gott wirklich ins Handwerk pfuschen könnte,
und mein Verständnis von der Geschöpflichkeit des Menschen ist gerade nicht,
dass der Mensch großzügig und freiwillig darauf verzichtet, Gott ins Handwerk
zu pfuschen. So klein ist Gott nicht, dass er auf diese menschliche
Großzügigkeit angewiesen wäre.;
S.49ff Detlef Ganten: das wichtigste Ziel der ES-Zell-Forschung sind
grundlegende Erkenntnisse über das Leben; die Bedeutung der ES-Forschung darf
und kann nicht auf deren Anwendungspotenzial reduziert werden;
S.58 Wolfgang Huber: mit der Frage konfrontiert, was mit den „überzähligen
Embryonen“ geschehen soll... die Aufgabe, sie auf würdige Weise zu
„beseitigen“, stellt sich in jedem Fall
S.61 Günter Stock: was mich überhaupt irritiert an der ganzen Diskussion ist,
wie biologistisch Geisteswissenschaftler an dieser Stelle argumentieren. Die
Verschmelzung zweier Genome macht noch keine Person und macht noch kein
unmittelbares Leben
(epd-dokumetation 9/2002: Bioethik und Gentechnik (5): Zum Bild Gottes
geschaffen... EKD-Kongress)
·
S.8
Die PID würde als Mittel zur Selektion embryonaler Menschen genutzt.... ein
menschliches Lebewesen nach den Kriterien „lebenswert“ und „lebensunwert“
auszusortieren;
S.27: Theologiegeschichtlich war man sogar unsicher, ab wann ein Embryo im
strikten Sinn überhaupt ein Mensch sei. Vordenker abendländischer Ethik wie
Aristoteles oder Thomas von Aquin meinten, dies sei erst recht spät der Fall,
nämlich mit der Einstiftung einer Geistseele am 40., 80. oder 90. Tag nach der
Befruchtung.;
(Woche für das Leben 2002, Arbeitsheft „Von Anfang an das Leben wählen statt
auswählen“)
·
Allensbach
Umfrage Herbst 2001; 44% der Deutschen meinen, dass Nutzen der Gentechnik deren
Risiken überwiegt ((1998: 25%); überwiegend Risiken sehen 19% (1998: 34%); 14%
glauben an sichere Beherrschbarkeit, 70% haben Zweifel (hier wenig Änderung
seit 1996)
(taz 7.6.02)
·
...dass
neuere und bessere Therapien und sogar die Ausrottung bestimmter Krankheiten
weder Krankheit als solche noch gar den Tod aus der Welt schaffen können. Aber das
ändert nichts daran, dass die Heilung oder Linderung von Krankheiten einen
erstrebenswerten Zugewinn an Lebensqualität bedeutet....
damit wird Heilungserwartung faktisch zur (fehlgeleiteten) Heilserwartung und
umgekehrt werden Krankheit und Tod zur absoluten Bedrohung und Infragestellung
des menschlichen Daseins...
Solange die Forschung an menschlichen Embryonen nur die Chance auf verbesserte
Heilmethoden eröffnet, aber offen bleibt, ob die hiermit verbundenen Hoffnungen
gerechtfertigt sind, ob andere ethisch und rechtlich unproblematische Methoden
nicht den gleichen Erfolg zu erreichen geeignet sind und wann die Anwendung
neuer Heilmethoden möglich ist, ist die Vernichtung eines menschlichen Embryos
auch zu hochrangigen Forschungszwecken nicht gerechtfertigt...
Menschenwürde ... ist nicht nur die individuelle Würde der jeweiligen Person,
sondern die Würde des Menschen als Gattungswesen (Bundesverfassungsgericht)...
Teilweise geht es um Entscheidungen, bei denen jede Option mit einem Dilemma
behaftet ist und bei denen nicht mit letzter Sicherheit auszumachen ist, welche
das geringere Übel darstellt. Bei manchen anderen Problemen geht es nicht
einfach um die Alternative zwischen richtig oder falsch, gut oder böse, sondern
um Konflikte, für die eine Regelung gefunden werden muss und bei denen jede
„Lösung“ moralische Skrupel auf sich ziehen kann...
steht die evangelische Ethik in einem kritischen Verhältnis zu einer
Prinzipienethik, die den einzelnen Menschen ausschließlich nach allgemeinen
Regeln behandelt wissen will...
Die entscheidende Frage ist, ob im Blick auf den menschlichen Embryo in jedem
Fall unterstellt werden kann bzw. unterstellt werden muss, dass er Mensch ist.
Aus der hier dargelegten Perspektive des christlichen Glaubens ist es am
angemessensten, im Blick auf den Embryo von einem sich (zur Geburt hin)
entwickelnden Menschen bzw., für den Fall der Mehrlingsbildung, von sich
entwickelnden Menschen zu sprechen...
eine Auffassung: Ihr zufolge handelt es sich bei jedem Embryo um einen sich
entwickelnden Menschen, unabhängig von den tatsächlichen
Entwicklungsmöglichkeiten. Vom Zeitpunkt der Verschmelzung von Ei- und
Samenzelle an ist demnach von der Entwicklung eines Menschen auszugehen...
andere Auffassung: betont demgegenüber die konstitutive Bedeutung der
Entwicklungsmöglichkeiten. Nach dieser Auffassung kann von einem sich
entwickelnden Menschen nur gesprochen werden, wenn die äußeren Umstände für
eine Entwicklung gegeben sind.... Bei der Mehrzahl der Embryonen, die
verschwenderisch auf natürlichem oder gezielt auf künstlichem Wege entstehen,
kann davon nicht die Rede sein, will die äußeren Bedingungen für eine
Entwicklung, insbesondere die Einnistung in die Gebärmutter einer Frau, nicht
gegeben sind. Im Blick auf alle diese Embryonen kann aus faktisch-empirischen
Gründen nicht von sich entwickelnden Menschen gesprochen werden...
beide Auffassungen haben ersichtlich ihre Probleme und fordern zu Rückfragen
heraus. Im Blick auf die erste stellt sich die Frage, ob es wirklich plausibel
ist, alle Embryonen, auch jene, bei denen es niemals zur Einnistung gekommen
ist oder kommen wird, als sich entwickelnde Menschen mit Gottebenbildlichkeit
und Menschenwürde zu betrachten. Sie muss sich weiterhin fragen lassen, ob sie
bereit ist, die praktischen Konsequenzen zu ziehen, die sich aus dieser Sicht
zu ergeben scheinen: Zurückhaltung gegenüber nidationshemmenden
Verhütungsmethoden sowie gegenüber der In-vitro-Fertilisation wegen derer
Folgeprobleme; Lebensschutz für Embryonen von der Befruchtung an. Die zweite Auffassung
muss sich fragen lassen, ob sie nicht ungewollt einer fast unbegrenzten
Verfügbarmachung und Verdinglichung menschlichen Lebens für technologische
Zwecke Vorschub leistet. Wenn die technischen Arrangements so getroffen sind,
dass kein Mensch entstehen kann,... was spricht dann gegen die Erzeugung von
Embryonen in vitro für die medizinische Forschung?...
in der Kammer für öffentliche Verantwortung der EKD (=Verfasser der Studie)
Dissense: unterschiedliche Sichtweise des Embryos zwischen Befruchtung und
Nidation, die daraus abgeleiteten Konsequenzen hinsichtlich der Frage der
Freigabe sog. überzähliger Embryonen für die Forschung, hinsichtlich der
ethischen Zulässigkeit von PID und hinsichtlich der Zustimmung zum sog.
therapeutischen Klonen
(EKD-Texte 71: Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen, Argumentationshilfe
für aktuelle medizin- und bioethische Fragen, Hannover August 2002, S.9f.,
20f., 42)
·
Sonderausschuss
des britischen Oberhauses: Embryonen haben erst ab 14. Tag nach der Befruchtung
umfassenden Schutz, vorher Forschung möglich (dafür auch extra Erzeugung
zulässig; therapeutisches Klonen gebilligt)
(GID 151 4-5/2002 S.44)
·
China:
Auffassung weit verbreitet, der Mensch sei erst mit der Geburt eine zu
schützende Person; die Mehrheit der Chinesen glaubt, dass Föten noch keine
Seele haben; Mensch wird vor allem als Sozialwesen zum Menschen; weil Embryonen
noch in keinerlei Kommunikation mit der Gesellschaft stehen, fällt ihnen auch
keine große Schutzwürdigkeit zu
(Der Spiegel 25/2002 S.162)
·
Das
utilitaristische Modell geht von der Prämisse aus, dass der Mensch danach
strebt, Leiden zu vermeiden und Glück zu vermehren.
(Das Parlament 29.7.02)
·
Autor
Fukuyama (Das Ende des Menschen): So ziemlich alle zivilisierten Länder haben
das Klonen von Menschen verboten. Natürlich wird es trotzdem Leute geben, die
das machen. Es gibt ja auch Mörder, obwohl das Morden verboten ist. Und
trotzdem ist das Verbot sinnvoll. Wahrscheinlich ist es tatsächlich nicht
möglich, die Forschung zu begrenzen... Wichtiger ist, dass man die Anwendung
von Forschungsergebnissen begrenzt. Nicht alles, was erforscht wird, muss
angewendet werden. Zum Beispiel könnte Deutschland durchaus Atombomben bauen.
Aber Deutschland baut keine Atombomben. Diese Selbstbeschränkung funktioniert
also.
(Spiegel 21/02 S.122ff)
·
„Was
ist der Mensch?“, einfache und gleichzeitig komplexe Antwort: Der Mensch ist
viel mehr als die Summe seiner Gene. Er kann sich selbst und andere erkennen,
er ist ein vernunftbegabtes Wesen, das zwischen Gut und Böse unterscheiden
kann. Der Mensch mit seiner Fähigkeit, den Nächsten zu lieben, mitzufühlen, ein
Gewissen zu haben und ihm auch bewusst zu folgen, ist eben viel mehr als ein
bloßes biologisches Konstrukt.
(EKD-Synode Timmendorfer Strand 3.11.02 Rede von Bildungsministerin Bulmahn)
·
Prof.
Tanner, Uni Halle (Theologie): Es gebe keine biblisch-theologische Grundlage
dafür, den Anfang menschlichen Lebens mit der Verschmelzung von Ei- und
Samenzelle gleichzusetzen... Weder Theologen noch Juristen oder
Naturwissenschaftler sind in der Lage, exakt zu definieren, wann menschliches
Leben beginnt.... Tanner distanzierte sich auch von der „Verteufelung“
biotechnologischer Forschung, die in Kirchen weit verbreitet sei. Gerade die
christlichen Kirchen trügen in der Diskussion zu einer „Kultur des Misstrauens“
bei, wenn sie Wissenschaftlern pauschal wirtschaftliche Interessen oder
Eitelkeit unterstellten.
(epd-wochenspiegel ost 44/02 S.7)
·
gibt
es eine wachsende Zahl von katholischen Moraltheologen, die darüber nachdenken,
ob ein Embryo in den sehr frühen Stadien nur als eine individuelle menschliche
Einheit zu sehen sei mit dem Potenzial, sich zu einer menschlichen Person zu
entwickeln. Der moralische Status eines Embryos wäre dann nicht mehr der einer
„Person“ und er könnte für bestimmte Forschungszwecke genutzt werden....
jüdischer Rabbi bei einer Anhörung: Embryonen, die in einer Petrischale
entstehen, fallen ... nicht unter dieses jüdische Gesetz, weil sie nicht Teil
einer Frau wären und somit auch nicht das Potenzial hätten, zu einem Menschen
heranzuwachsen. Folglich könnten tiefgefrorene Embryonen für die Entwicklung
von embryonalen Stammzellen genutzt werden.
(GID 152/2002 S.8f)
·
Gesetz
vom 25.4.2002 zum Import von Stammzellen: 360 JA, 190 NEIN, 9 Enthaltungen;
Meinungsumfrage dimap April 2002: für 76% der Befragten beginnt ein neuer
Mensch mit der Verschmelzung von Ei- und Samen-Zelle, für Stammzellimport 24%,
dagegen 69%, 83% gegen das Klonen von Menschen, 13% dafür, 52% für Zulassung
der PID, 39% dagegen
(GID 152/2002 S.24f)
·
Ganten:
immer wieder dieses „Wehret-den-Anfängen“-Argument, wonach jeder vorsichtige
Schritt angeblich zum Dammbruch, Pietätsverlust oder zur biologischen
Manipulation des gesamten Menschengeschlechts führen könne...
Kollek: ... das Argument habe ich noch nicht gehört
(GEO Wissen Nr.30: „Die neuen Wege der Medizin“ 2002, S.25)
·
Enquete-Kommission
des Deutschen Budestages „Recht und
Ethik der modernen Medizin“ wird wahrscheinlich fortgeführt werden
(Das Parlament 23./30.12.02)
·
vom
Bundesforschungsministerium mit 1 Million Euro gefördertes interdisziplinäres
Forschungsprojekt in Freiburg gestartet, das den „moralischen und rechtlichen
Status des Embryos außerhalb des Mutterleibes genauer klären will“;
Frage, ob der Schutz des Embryos nicht gegen den Nutzen abzuwägen sei, den die
Forschung etwa auf medizinischem Weg haben kann
(epd-Wochenspiegel 51/52-02 S.12)
·
die
Möglichkeiten der Gentechnik nicht in Bausch und Bogen verwerfen: Positiv sei
sie bei der Manipulation von Bakterien zu bewerten, durch die heute in
Deutschland genügend Insulin für alle Diabetiker produziert werden könne.
Genversuche an menschlichen Embryonen lehnte der Wissenschaftler ab
(ideaSpektrum 41/02 S.20)
·
an
Uni in Jena Thüringer Ethik-Zentrum gegründet; Problemstellungen durch moderne
Gentechnik
(epd-Wochenspiegel 49/02 S.10)
·
Bischof
Huber:
“assistierte Reproduktion: Verfahren hat für alle, die sich seiner bedienen, so
gravierende Belastungen und so problematische Auswirkungen zur Folge, dass es
gute Gründe dafür gibt, von seiner Inanspruchnahme abzuraten;
Reproduktionsmedizin als „Produktion“ von Leben;
warum ist es um die Möglichkeit der Adoption so still geworden?;
Von denen, die eine Freigabe der Embryonenforschung befürworten, wird in der
Regel die Einnistung in den Uterus der Mutter als Grenze fremdnütziger
Eingriffe gewertet. Doch ob die wissenschaftliche Entwicklung diese Grenze auf
Dauer achten wird oder ob nicht eines Tages auch das Heranwachsen eines Kindes
in einem künstlichen Uterus möglich wird, muß wohl offen bleiben. Insofern kann
man nicht einmal sicher sein, ob diese von den Befürwortern einstweilen
anerkannte Grenze der Nidation auf Dauer Bestand haben wird.;
Bei der PID würde zwischen lebenswertem und lebensunwertem Leben unterschieden
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, Samstag, 11. Januar 2003, Nr. 9 Seite 41,
Feuilleton)
· Votum für Verbot der PID (7 Mitglieder
des Nationalen Ethikrates):
spricht einiges dafür, den Schutzbeginn sogar auf den Zeitpunkt
vorzuverlegen, in dem der zweite Polkörper aus der befruchteten Eizelle
abgestoßen wird (43)
Embryonenadoption, die nach geltendem Recht nicht verboten ist (43)
(geschriebene oder sich in der Praxis entwickelnde Indikationsliste): damit
wird über die Betroffenen [lebende Behinderte mit den betreffenden Erkrankungen
JK] ein Unwerturteil gefällt; (44)
Diagnosemöglichkeiten, die nicht zur Verwerfung von Embryonen führen, weil
sie schon vor der Kernverschmelzung eingesetzt werden können. So etwa die
Untersuchung von unbefruchteten Eizellen oder die Polkörperdiagnose... letztere
würde sich allerdings auf den ersten Polkörper zu beschränken haben... Zur
Vermeidung bestimmter geschlechtsgebundener, genetisch bedingter Erkrankungen
wäre auch eine Spermiensortierung in Betracht zu ziehen (44)
· Ergänzendes Votum (2 Mitglieder)
grundsätzlich für Verzicht auf Elternschaft im Konfliktfall;
aber die Gewissensentscheidung des Individuums muss frei sein und kann nicht
durch staatliches Strafgesetz erzwungen werden (54)
· Votum für begrenzte Zulassung (15
Mitglieder)
PID nur ausnahmsweise zulassen;
für Paare mit hohem Risiko, ein Kind mit einer schweren und nicht wirksam
therapierbaren genetisch bedingten Erkrankung oder Behinderung zu bekommen;
Paare mit hohem Risiko für Vererbung einer Chromosomenstörung, die dazu führt,
dass der Embryo außerhalb des Mutterleibes nicht lebensfähig wäre;
für unfruchtbare Paare auch Zulassung, wenn durch Untersuchung auf
Chromosomenstörungen die Erfolgsrate der Sterilitätstherapie deutlich
gesteigert und die Anzahl übertragener Embryonen mit dem Risiko von
Mehrlingsschwangerschaften verringert werden kann;
gesetzliche Regelung sollte auch für Polkörperdiagnostik gelten;
bei jeder PID angemessene Beratung;
Durchführung der PID nur in wenigen lizenzierten Zentren (55ff);
der Abbruch einer Schwangerschaft nach PND ist auch rechtmäßig, wenn sich in
der Vorausschau auf die Zeit nach der
Geburt eine unzumutbare Belastung für die Frau ergibt (56);
ob die Übertragung so genannter überzähliger Embryonen auf eine andere Frau als
die genetische Mutter (sog. Embryonenadoption) unter ethischen und rechtlichen
Gesichtspunkten eine adäquate und tatsächlich umsetzbare Lösung zu ihrer
lebenserhaltenden Verwendung ist, bedarf weiterer gesellschaftlicher Diskussion
(57);
Die Polkörperdiagnostik sollte denselben Begrenzungen und Kontrollen
unterworfen werden wie die PID an Blastomeren. Bleibt die P. ungeregelt, kann
sie als Screening-Untersuchung bei jeder assistierten Reproduktion auch in
Deutschland angewendet werden, und zwar ohne Qualitätskontrolle und ohne
Transparenz durch statistische Erfassung. Die P. als Alternative zu einer PID
an Blastomeren zu empfehlen, ist darüber hinaus insbesondere bei rezessiv
vererbten Erkrankungen ethisch problematisch, da 50% der als betroffen
diagnostizierten Vorkernstadien, bei denen sich die Krankheit aufgrund des nicht
betroffenen väterlichen Gens gar nicht manifestieren würde, dennoch verworfen
würden. (58);
eine kategoriale Differenz zwischen dem strikten Schutz geborener Menschen und
dem erst wachsenden Schutz, wie er dem vorgeburtlichen Leben von der
Rechtsordnung zuteil wird; Schwangerschaftsabbrüche in den ersten 12
Schwangerschaftswochen nach einer Fristenlösung mit Beratungspflicht – das
alles wäre unerklärlich und widersprüchlich, wenn dem ungeborenen Leben, zumal
im allerfrühesten Entwicklungsstadium, der ebenso strikte Schutz zukommen
müsste wie geborenen Menschen (63f);
Die Entwicklung des menschlichen Lebens lässt abgesehen von der Befruchtung
durchaus Zäsuren erkennen wie die Nidation, die Geburt und den Tod. Daneben
gibt es weniger trennscharfe Übergangsphasen, z.B. die Ausbildung der
menschlichen Gestalt oder der Empfindungsfähigkeit und die extra-uterine
Lebensfähigkeit. Beide Arten von Zäsuren können – jedenfalls im Konfliktfall –
Anlass für moralische und rechtliche Abstufungen sein [vergleiche z.B. die
Diskussion zum „Hirntod“ bei Organtransplantationen JK] (64)
Bei strikter Anerkennung des Potenzialitätsarguments und der darus gezogenen
Schlussfolgerungen dürften auch jene Nidationshemmer, die zur Abtötung
befruchteter Eizellen führen, nicht zugelassen sein. Und es müsste dann auch
illegitim sein, Eizellen im Vorkernstadium „auf Vorrat“ zu kryokonservieren und
sie nach Abschluss der Behandlung zu vernichten, weil die Frau keine weitere
Schwangerschaft wünscht – wie es aber vieltausendfach auch in Deutschland
geschieht. (64);
Embryonen, bei denen letale Chromosomenstörungen vorliegen, verfügen überhaupt
nicht über das Potenzial, sich zu einem vollständigen Menschen zu entwickeln.
Dies gilt für einen sehr hohen Prozentsatz auch bei der natürlichen Zeugung.
Ein Aneuploidie-Test, mit dessen Hilfe derartige Embryonen identifiziert werden
können, kann auch vom Standpunkt eines uneingeschränkten Lebensschutzes nicht
als illegitim angesehen werden (65);
Bei Embryonen in vivo, also im Mutterleib, beginnt der strafrechtliche Schutz
erst nach der Nidation [vgl. §218(1) JK]; selbst für den Zeitraum nach der
Nidation hat das Bundesverfassungsgericht einen abgestuften Schutz des Fetus
für verfassungsrechtlich akzeptabel gehalten, denn sonst hätte es nicht
billigen können, dass bis zum Abschluss von 12 Schwangerschaftswochen ein
Abbruch nach der eigenen Entscheidung der Schwangeren möglich ist, danach aber
nur dann, wenn (vom Arzt bestätigte) bestimmte im Gesetz näher aufgeführte
Voraussetzungen erfüllt sind (65);
PID ist vorrangig verbunden mit der Absicht, eine Schwangerschaft
herbeizuführen und damit neuem menschlichem Leben zur Geburt zu verhelfen; der
Hauptzweck ist nicht Selektion (66);
PID bedeutet nicht Eugenik verstanden als individuelle Auswahl des besten unter
mehreren Embryonen oder verstanden als Versuch einer Beeinflussung des
kollektiven menschlichen Genpools; es handelt sich nicht um eine unzulässige
Instrumentalisierung für bestimmte Vorstellungen der Eltern, der Gesellschaft
oder des Staates, sondern vielmehr um die Untersuchung auf ein Merkmal zum
(„negativen“) individuellen Ausschluss schwerer genetisch bedingter Krankheiten
oder fehlender Entwicklungs- und Lebensfähigkeit... Gegen die („positive“)
Schaffung von Menschen nach Maß wäre in der Tat einzuwenden, dass über bisher
unverfügbare Merkmale des Menschen disponiert und damit das Verhältnis zwischen
den Generationen unerträglich belastet würde; der Gefahr einer missbräuchlichen
Anwendung der PID muss durch klare Verbote und Kontrollen ihrer Einhaltung
begegnet werden (Vorbilder z.B. im Verbot der entgeltlichen Adoption oder des
Organhandels);
... Versuch von Eltern, die spätere körperliche, geistige oder charakterliche
Entwicklung des Kindes in genetischer Hinsicht zu beeinflussen... Eine solche
Merkmalsauswahl steht hier aber nicht zur Diskussion. Weder ist sie – abgesehen
von der Geschlechtswahl – gegenwärtig technisch möglich, noch wäre sie
moralisch vertretbar. Zur Diskussion steht allein der gezielte Ausschluss
schwerer genetisch bedingter Krankheiten und Behinderungen sowie der Ausschluss
fehlender Entwicklungs- und Lebensfähigkeit des Embryos (66f);
Auch die Behinderten und ihre Verbände plädieren nur selten für ein umfassendes
Verbot (der PND)... Dieses würde nämlich im Ergebnis schwangere Frauen von
Rechts wegen zwingen, behinderte Feten notfalls gegen ihren Willen auszutragen
... Er würde überdies dazu führen, dass Frauen zwar (nach Beratung) einen
Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen dürfen, wenn der Fetus gesund ist,
diesen aber austragen müssen, wenn bei ihm die Anlage zu einer Krankheit oder
Behinderung diagnostiziert wird (72);
Furcht vor einer Ausweitung der PID hin zum „Designerbaby“ (Dammbruchargument):
Unsere gesamte Rechtsordnung beruht letztlich auf der Prämisse, dass klare gesetzliche
Verbote, obwohl sie im Einzelfall durchbrochen oder umgangen werden, wirksame
Instrumente der Verhaltenssteuerung sind. Zudem verliert eine sachlich richtige
Argumentation nicht dadurch an Legitimation, dass ein Missbrauch nicht völlig
ausgeschlossen werden kann (73)
· (Nationaler Ethikrat: Stellungnahme
„Genetische Diagnostik vor und während der Schwangerschaft“, 23.1.03, die
Seitenangaben beziehen sich auf die Druckfassung, verschickt am 24.1.03)
·
Definition
Embryo:
“Embryo ist bereits jede menschliche totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen
der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem
Individuum zu entwickeln vermag.“
(Stammzellgesetz vom 18.6.2002 §3 (4))
·
2.
Kongress „Frauen gegen Gen- und Reproduktionstechnologien“ (1989):
Resolution:
“Wir Frauen lehnen die Erforschung und Anwendung der Gen- und
Fortpflanzungstechnologien ab.“
“...bei jedem gentechnischen Experiment geht es darum, Lebewesen als profitable
Molekülmaschinen neu zu konstruieren.“
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 369)
·
Wenn
nämlich jedem menschlichen Lebewesen ab der Verschmelzung von Ei- und
Samenzelle ein „Recht auf Leben“ zukomme, dann müsse (mit Ausnahme des Falles
einer Gefährdung des mütterlichen Lebens) auch jeder Schwangerschaftsabbruch
von diesem Zeitpunkt an als strikt verboten gelten
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 134)
·
unklar,
warum dem Potenzialitätsargument zufolge nur das Potenzial des
Verschmelzungsproduktes, nicht aber das Potenzial seiner Komponenten, also das
Potenzial von Ei- und Samenzelle, moralischen Schutz verdient
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 139)
·
Die
Griechen hatten zwei Ausdrücke für Leben: zoe, womit sie physisches oder
biologisches Leben bezeichneten, und bios, womit sie gelebtes Leben meinten
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 158
·
Jürgen
Ebach:
Bibel Exodus 21, 22+23: „Wenn Männer raufen und dabei eine Schwangere stoßen,
sodass sie eine Fehlgeburt hat...“;
es handelt sich nicht um Tötung von Leben; es entsteht nur ein materieller
Schaden;
nach jüdischer Glaubensauffassung hat ein Embryo vor dem 40. Tag noch kein
Leben;
bei der Erfindung des Mikroskops war im Judentum zu klären, ob beim Trinken von
Wasser nicht Millionen von (bisher nicht sichtbaren) unreinen Lebewesen
verzehrt werden (Verstoß gegen die Speisevorschriften?); da aber der Grundsatz
gilt, dass Gebote nicht gegen das Leben gerichtet sein können, die Aufnahme von
Trinkwasser aber dem Leben dient, erfolgte die Festlegung in der HALACHA: Was
man nicht mit dem bloßen Auge sehen kann, ist von geringer(er) Bedeutung...;
nach diesem Kriterium wird auch der Umgang mit Embryonen und mit Stammzellen
aus dem Geltungsbereich des Lebens ausgeschlossen;
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
·
Christian
Link:
Gottebenbildlichkeit – das, was heute Menschenwürde meint;
wir sollen uns kein Bild von Gott machen, damit ist aber auch der Mensch nicht
definierbar;
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
·
Wolfgang
Huber:
Verunsicherung im Gespräch mit Juden (Wir haben überhaupt keine Probleme mit
Embryonen, Stammzellforschung und all dem – solange es in irgendeiner Form dem
Leben dient);
wenn die Nidation (Einnistung des Embryos in die Gebärmutter einer Frau) als
entscheidende Zäsur für das Menschsein benannt wird – was wird aus dem
Argument, wenn es eine künstliche Gebärmutter gibt?;
“Wir zwingen doch eine Frau nicht, dass sie bei Verbot der PID ein Kind mit
einer schweren Erbkrankheit haben muss (da bleibt ihr doch die PND), aber an
bestimmten Stellen müssen wir eben klar NEIN sagen“;
für Huber PID durchaus denkbar, wenn anschließend eine Therapie erfolgreich
möglich ist
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
·
Klaus
Tanner:
Theologen haben keine Kompetenz zu sagen,: adulte Stammzellen sind besser
geeignet;
sie können aber sagen: adulte Stammzellen sind weniger problematisch;
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
·
Walther
Rothschild (jüdischer Rabbiner):
Ihr Christen geht unheimlich angstbesetzt mit dem Thema um!;
zum Beginn des Lebens, Embryonenforschung usw. gibt es in der Bibel keine
eindeutigen Zitate;
im Judentum beginnt das Leben mit der Geburt (wenn der Kopf den Mutterleib
verlassen hat, oder mit dem ersten Atemzug – wie das Leben nach jüdischem
Verständnis mit dem letzten Atemzug endet; wenn in den ersten drei Tagen ein
Kind stirbt, gilt es als nicht geboren);
bei Lebensgefahr für die Mutter beim Geburtsvorgang darf der Fetus zerschnitten
werden;
Konzept: es gibt potenzielles Leben (ist noch nicht vollkommen) und volles
Leben;
Status eines Fetus: Bibel Exodus 21, 22ff: wenn Männer eine Schwangere stoßen
und das Kind abgeht, ist das eine zivilrechtliche Sache (Schadensersatz
zahlen), keine strafbare Handlung;
Status des Embryo: nach dem TALMUD ist ein Embryo bis zum 40.Tag nur Wasser
(hat keine Form; der Frau ist ihre Schwangerschaft auch noch nicht bewusst);
man darf bei der IVF übrig gebliebene Embryonen wegwerfen, man darf sie weiter
verwenden, an ihnen forschen, aber man darf Embryonen nicht gezielt für solche
Zwecke herstellen;
Stammzellen, das sind Einzelteile, kein gestalteter Mensch;
bis zur Geburt hat der Fetus weniger Rechte als die Mutter
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
·
Sabiha
El-Zayat (Muslimin, Gynäkologin):
Koran 32. Sure 7-9; 23. Sure, 12-16: Phasen, Stadien der Menschwerdung werden
geschildert, es wird kein Zeitpunkt für den Lebensbeginn festgesetzt (erst Ton,
dann Flüssigkeit, dann Embryo als Tropfen, dann Fötus mit Knochen und
Fleisch...); Zuordnung von 3 x 40 Tagen zu den Stufen;
entstehendes Leben ist in die Verantwortung der Frau gegeben;
Entscheidungen werden im Judentum wie bei den Muslimen pragmatisch und
kasuistisch getroffen (wenn ein Problem konkret auftritt, gibt es eine konkrete
Entscheidung für die Lebenspraxis)
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
·
Podium
mit Wolfgang Schäuble, Andrea Fischer, Wolfgang Wodarg:
Wodarg:
in den USA können derzeit 40-60 verschiedene Erbkrankheiten gleichzeitig
getestet werden mit PID;
bei der PND sterben an den Nebenwirkungen mehr (gesunde) Feten als gleichzeitig
(erb-)kranke gefunden werden
Schäuble:
sehr skeptisch, was der Straf-Gesetzgeben sinnvoll regeln kann; keine Änderung
des § 218 (so auch Fischer);
der Beginn des Lebens ist (auf Drängen der Kirchen) im Embryonenschutzgesetz
mit der Kernverschmelzung definiert worden (einem naturwiss. Befund); „Wenn
sich immer alle an die Regeln gehalten hätten, die die römisch-katholische
Kirche vorgab, wüsste die römisch-katholische Kirche noch heute nichts von der
Verschmelzung von Ei- und Samenzellen!“;
auf das Argument: Leben ohne Verbindung zur Mutter (Einnistung des Embryos in
die Gebärmutter) ist kein richtiges menschliches Leben – wenn es eines Tages
eine künstliche Gebärmutter gibt?; ABER: wollen / können wir bei solcherart
entstandenen Homunkuli überhaupt von Menschen reden?;
Fischer:
Krankenkassen geben nur 300 Mill €/Jahr für Reproduktionsmedizin aus;
problematisches Argument der Gegner der Forschung mit embryonalen Stammzellen:
Mit ES-Zellen geht das überhaupt nicht! – das heißt doch: wenn es dann doch
Heilungsmöglichkeiten auf dieser Basis gibt, wäre ich dafür (?);
Diskussion:
Church of Scotland: Nur ein Embryo, der ein Mensch werden soll, ist auch ein
Mensch (andere Bewertung bei anderer Zielstellung, z.B. Erzeugung eines Embryos
für therapeutisches Klonen)
(Gesellschaft für Evangelische Theologie, Tagung Berlin 17.-19.2.03 „Der
machbare Mensch – theologische Anthropologie angesichts der biotechnischen
Herausforderung“)
·
Nobelpreisträger
James Watson 1998 beim Symposium „Engineering the Human Germ Line“:
“Wenn wir bessere Menschen machen können, warum sollten wir nicht? Die
Evolution kann verdammt grausam sein, und trotzdem heißt es, dass wir ein
perfektes Genom besitzen, dass es irgendwie heilig ist. Das ist völliger
Blödsinn! Ich möchte mal wissen, woher diese Idee eigentlich stammt.“
(Die Zeit 20.2.03 S.35)
·
James
Watson:
Gentherapie? Wer Erbkrankheiten verhindern will, muss die Schwangerschaft
abbrechen und nicht irgendwas mit der DNS anstellen...
Das eigentliche ethische Problem der Genforschung ist doch, dass wir unser
Wissen nicht schnell genug anwenden, um so das Glück der Menschen zu mehren –
und das alles nur, weil die Leute von Religion, von Got und von dem heiligen
Leben reden.
(Spiegel 9/2003 S. 168ff)
·
Winnacker:
hat mit Besorgnis registriert, dass „Biologismus pur zur neuen Religion
geworden“ ist
(Spiegel 9/2003 S. 168)
·
Das
geht auf die wesentliche theologische Diskussion zurück, wann das Leben
beginnt. Obwohl es dazu im Judentum sehr verschiedene Meinungen gibt, dominiert
doch die aus der Halacha kommende Ansicht, dass ein Embryo in den ersten 40
Tagen wie Wasser ist – mit anderen Worten: Er ist kein Mensch. Man kann ihn in
diesen ersten 40 Tagen zerstören oder abtreiben. Das heißt nicht, dass es kein
ethisches Dilemma gibt. Aber die Grenzen sind sehr viel flexibler als im
christlichen Bereich, besonders in einem katholischen Kontext, wo das Leben mit
der Befruchtung der Eizelle beginnt. Dieser grundsätzliche theologische
Unterschied spiegelt sich in gesellschaftlichen Ansichten und der Politik
wieder.
Und dann kommt noch ein talmudischer Lehrsatz hinzu: Alles, was man mit bloßem
Auge nicht sehen kann, ist ethisch irrelevant. Dieser Satz setzt sich mit der
Möglichkeit unkoscherer Mikrolebewesen im Wasser auseinander. Man muss es ja
trinken, um zu leben. Also wird es als prinzipiell koscher definiert. Eine
Mehrheit jüdischer Rabbinen ist heute der Meinung, im Problem der
Wasser-Mikroben den Präzedenzfall zur Entscheidung der Stammzellenfrage
gefunden zu haben. Verboten bleibt allerdings die Züchtung von Embryonen, um
Stammzellen zu gewinnen, weil sie voraussetzt, dass man dem Mutterleib absichtlich
menschliches Leben entnimmt, ohne es wieder zurückpflanzen zu wollen; das käme
nach jüdischem Verständnis der von Gott bestraften Samenverschwendung des Onan
gleich. Zu all dem muss man wissen, das jüdische Rechts- und
Religionsverständnis geht von der Annahme aus, dass es für alle Probleme, die
je noch auftauchen könnten, einen Präzedenzfall im Talmud oder in der Tora (den
fünf Büchern Mose) gebe. Christen glauben umgekehrt, ein "heiliger
Geist" teile ihnen von ihrem "kommenden Gott" her immer noch
neue Erkenntnisse mit.
(Quelle: Internet)
·
Stammzellenforschung
aus Sicht der jüdischen Medizinethik:
Der Erwerb und die Erweiterung von Wissen, welches der Menschheit zur
Vermeidung und Heilung von Krankheiten dienen kann, werden von der jüdischen
Religion erlaubt, wenn nicht sogar verlangt;
Bis zur Geburt wird der Embryo als Teil der Mutter und nicht als eigenständige
Person angesehen, erlangt Personenstatus erst, wenn der größere Teil von ihm
geboren ist;
besitzt der Präembryo (wie er nach künstlicher Befruchtung entsteht) vor der
Implantation in den Uterus...einen Sonderstatus, da er sich einerseits
außerhalb des Mutterleibes befindet und dort sowieso nicht lebensfähig ist und
er sich andererseits auch eindeutig weniger als 40 Tage entwickelt hat, kann ein
solcher Präembryo nicht weiter verwendet werden, so kann seine Zerstörung
halachisch zulässig sein;
ein anerkannter Entscheidungsträger hat in Einzelfällen prädisponierter
Familien PID zur Verhinderung genetischer Krankheiten und die anschließende
Zerstörung von befruchteten Eizellen erlaubt;
das Bioethics Advisory Committee der Israel Academy of Science and Humanities
(auch Rabbiner): auch das therapeutische Klonen kann in Betracht gezogen
werden, da beim Kerntransfer kein Embryo im herkömmlichen Sinne entstehen würde
(Neue Züricher Zeitung 6.4.02)
·
CDU/CSU
hat eigenen „wissenschaftlichen Beirat für Fragen der Bio-und Gentechnologie“
berufen
(GID 157 April/Mai 2003, S.37)
·
Rabbiner
Rotschild:
(wie) können 2000 und 3000 Jahre alte Texte relevant werden für Fragestellungen,
die 10 oder 20 Jahre alt sind?;
biblische Texte stammen aus einer dörflichen Umgebung, Krankenhäuser usw. gab
es nicht;
Leben in der Bibel:
a) Ruach (Atem)
b) Nephesch (Lebenskraft, Tiere haben sie: bewegen, fliehen, paaren; Pflanzen
vielleicht (nicht))
c) Neschama (Seele, unterscheidet den Menschen vom Tier, verbunden mit Person,
Humor, Liebe);
daraus folgen drei Definitionen, wann Leben beginnt;
Ruach à
Geburt (vorher nur potenzielles Leben, im Zweifelsfall Leben der Mutter retten)
Nephesch à
Bewegung (des Kindes) beginnt viel früher (bis 40 Tage: Wasser; später: wie ein
Fisch...);
Neschama à kehrt
mit der Ruach ein und aus;
Unterschied von Theorie (Lehre) und (Lebens-) Praxis:
“Ein Paar kommt zum Rabbiner und sagt ihm: wir haben ein Kind. Da sagt man:
„Maseltow!“ (herzlichen Glückwunsch) und nicht: Es hat die Augen vom
Postboten...“
Barbara Konrad (kath. Standpunkt):
es gibt im katholischen Verständnis
a) die Lehre
und es gibt
b) das sittliche Empfinden (des einzelnen; sein Gewissen kann im Konfliktfall
anders entscheiden als die Lehre)
(ÖKT 2003, Zur Diskussion um Lebensanfang und Lebensende, TU Hauptgebäude,
30.5.03, 15 Uhr)
·
James
Watson (26.9.2000 FAZ):
Eine zeitgemäße Ethik könne den Menschen nicht mehr länger als Geschöpf Gottes
begreifen, sondern allein als Produkt des Genoms. Und die Genforschung biete so
ungeheure Möglichkeiten, dass es einfach unverantwortlich wäre, das Schicksal
der Menschheit länger der unsicheren Gnade Gottes anzuvertrauen, anstatt es in
die eigene Hand zu nehmen.
(Der Sonntag 13.4.03)
·
Hertha
Däubler-Gmelin:
erwähnt insbesondere zwei Felder, die künstliche Befruchtung und die
Verfahrensweise bei einem Hirntod [als Voraussetzung zu einer Organentnahme],
auf denen sich die Kirchen in Deutschland nach ihren Worten „unglaublich
zurückgehalten“ hätten. Ein wenig lustig macht sie sich über die Bedenken von
Theologen über das Gesetz ... zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, bei dem
einige Wortführer „richtig Schaum vor dem Mund“ gehabt hätten
(Der Sonntag 15.6.03)
·
In
China gräbt man ... nach konfuzianischen Handreichungen für die Bioethik und
stellt fest, dass das Menschsein an die Geburt, den Eintritt in die
Gemeinschaft gebunden ist.
(Die Zeit 22.5.03 S.36)
·
Ulrich
Körtner:
... stereotype Zitation von Gen. 1,26, die kurzschlüssige Gleichsetzung der
Gottebenbildlichkeit mit dem seinerseits klärungsbedürftigen Personbegriff und
seine umstandslose Übertragung auf Blastozysten sind kaum das Ergebnis solider
Exegese;
wissenschaftliche biblische Exegese weist darauf hin, dass der Gedanke der
Gottebenbildlichkeit kein Allgemeingut biblischen Denkens ist, sondern sowohl
im Alten Testament... als auch im Neuen Testament eine theologische
Spitzenaussage ist, die... eine allenfalls marginale Rolle spielt...;
die von den Kirchen in Deutschland eingenommene Position, wonach mit der
Kernverschmelzung von Ei- und Samenzelle bereits ein neues menschliches
Individuum, ein Mensch bzw. eine menschliche Person existiert, lässt sich
allein auf biblischer Grundlage gar nicht hinreichend begründen. Sie lässt sich
aber auch naturwissenschaftlich bzw. embryologisch nicht zwingend begründen...
ist eine legitime, jedoch keineswegs die einzig mögliche Position im Streit um
den ... Staus.. von Embryonen;
wer freilich die Charakterisierung von Embryonen als „Zellhaufen“ kritisiert...
sollte selbstkritisch einräumen, dass auch die in kirchlichen Stellungnahmen
anzutreffende Sprachregelung ... „embryonale Menschen“... Sprachpolitik ist;
wer isolierten Zygoten (in vitro) in vollem Umfang Menschsein zuspricht, ohne
z.B. den gesetzlichen Zwang zu ihrem Transfer zwecks Schwangerschaft oder ein
Verbot von Nidationshemmern zu fordern, verwickelt sich in gravierende
Widersprüche.;
(ÖKT 2003, Biomedizin am Lebensanfang, Universität der Künste, 31.5.03, 16 Uhr)
·
Wer
von Menschen geboren ist... ist und bleibt in seinem leiblichen Leben bis zu
dessen Tod Mensch und Person... Alles von Menschen gezeugte und geborene Leben
hat bis zum Tode an dieser Personenwürde teil.
(Eibach, U.: Menschenwürde an den Grenzen des Lebens, Neukirchen-Vluyn 2000,
S.173)
·
Ethik
verschafft uns kein ruhiges Gewissen. Ethische Diskussion schafft Unruhe und
stört, indem sie die Herrschaft des Faktischen unterbricht und uns zwingt, für
unser Tun und Lassen Verantwortung zu übernehmen... Dies setzt voraus, dass wir
uns ein Urteil selbst bilden inmitten aller Uneindeutigkeit und Ambivalenz.
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.13)
·
Zu
schnell tendieren nicht Betroffene dazu, den konkret Betroffenen das
individuelle Selbstbestimmungsrecht zu beschränken, verlangen von ihnen das
Einhalten prinzipieller Regeln und bürden ihnen enorme Belastungen auf, die sie
bei sich selbst nicht zu tragen bereit wären. Eine fundamentalistische Moral
kann sehr erbarmungslos sein.
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S. 116)
·
Eine
traditionelle christliche, auch von der katholischen Kirche bis ins 19., ja ins
20. Jahrhundert vertretene Antwort lautete, der Embryo werde erst am 80. oder
90. Tag von Gott mit einer Geistseele versehen und sei erst von diesem relativ
späten Zeitpunkt an tatsächlich ein Mensch. Die Sicht, dass der Embryo von
vorneherein, von der Befruchtung der Eizelle an, „als“ Mensch anzusehen und zu
schützen ist, ist geistesgeschichtlich jüngeren Ursprungs und lässt sich
beispielhaft auf das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794 zurückführen.
Diesem gemäß kommen „die allgemeinen Rechte der Menschheit... auch den
ungeborenen Kindern schon von der Zeit ihrer Empfängnis“ an zu.
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.251)
·
Hält
der Staat bestimmte Verhaltensweisen für nicht schutzwürdig, dann trägt er die
Begründungslast. D.h. er muss begründen, wieso ein bestimmtes Verhalten nicht
zulässig sein soll... Die in der biopolitischen Debatte verbreitete Frage:
„Darf die PID zugelassen werde?“ ist daher, grundrechtlich betrachtet, eine
falsche Frage. Richtigerweise muss die Frage lauten: „Darf die PID verboten
werden?“
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.266)
· Embryonenschutz:
ist das eine Frage kultureller Unterschiede und damit zu akzeptieren und
auszuhalten;
oder ist das eine Menschenrechtsfrage, und dann wie Sklaverei, Folter,
Unterdrückung der Frau nicht zu akzeptieren???
(Nationaler Ethikrat, Jahrestagung 23.10.03 Berlin, Der Umgang mit
vorgeburtlichem Leben in anderen Kulturen)
·
Gedeckt
von eugenischen Gesetzen verstümmelten US-Ärzte bis in die 70er Jahre des
20.Jahrhunderts über 60000 Männer und Frauen durch Sterilisation...
erstes Gesetz zur Zwangssterilisation Indiana 1907; 32 weitere Bundesstaaten
folgten; Modellgesetz für die Zwangssterilisation von „Geistesschwachen“
übersetzten Hitlers Rassenhygieniker ins Deutsche und verwendeten Teile daraus
für ihr eigenes Eugenik-Gesetz
(Spiegel 5/04 S.132)
·
die
Glaubenskrieger haben verloren, es lebe der Individualismus;
Lehre aus britischen Feldversuchen mit gentechnisch verändertem Mais, Raps und
Rüben; zwei schädigen nachweislich (unter den lokalen Bedingungen) die Umwelt,
einem (Mais) schrieben die Wissenschaftler ein vorsichtiges „unbedenklich“ ins
Zeugnis; also: weder generell Teufelszeug noch garantiert harmlos; gestritten
werden muss und darf um jeden Einzelfall; es kann unter drei Produkten das eine
geben, das seinen Zweck korrekt erfüllt
(Die Zeit 23.10.03 S.27)
·
man
wird genveränderte Saaten und Produkte nicht bis ins Letzte für unbedenklich
erklären können. Für das Fortbestehen eines minimalen Restrisikos sind
allerdings auch die Umweltschützer verantwortlich. Sie haben gerade
Feldexperimente, die der Untersuchung von ökologischen Gefahren wie
Auskreuzungs- und Verbreitungsrisiken dienten, immer wieder zerstört
(Die Zeit 15.4.04)
·
Platon,
nach 387 v.Chr. in: Politeia: „es müssen die besten Männer den besten Weibern
möglichst oft beiwohnen, und die schlechtesten Männer den schlechtesten Weibern
möglichst selten, und die Kinder der einen muss man aufziehen, die der anderen
aber nicht, wenn die Herde möglichst vorzüglich sein soll“;
ethisch und praktisch bedeutsam ist dabei nicht die Frage, wann das menschliche
Leben beginnt – dass dies mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle bei der
Befruchtung geschieht, ist weithin unumstritten – sondern OB überhaupt und wenn
ja, mit welcher BEGRÜNDUNG und zu welchem ZEITPUNKT der Schwangerschaft es
getötet werden darf
(Henn, W.: Warum Frauen nicht schwach, Schwarze nicht dumm und Behinderte nicht
arm dran sind – Der Mythos von den guten Genen, Herder Freiburg 2004 S.131,
160)
·
das
in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Leben gilt
laut einem Urteilsspruch des Straßburger Gerichtshofes für Menschenrechte NICHT
für Föten und Embryonen;
es müsse auf nationaler Ebene entschieden werden, wann das Recht auf Leben
beginne, da es in dieser Frage keinen wissenschaftlichen oder juristischen
Konsens gebe
(GID 165/2004 S.46)
·
Volksabstimmung
in der Schweiz: 67% stimmten FÜR die Verwendung bis zu 7 Tage alter Embryonen
in der pharmazeutischen Forschung; damit ein Gesetz aus dem Jahre 2003
bestätigt;
die Schweizer Kirchen hatten sich unterschiedlich positioniert
(taz 29.11.04; Der Sonntag 28.11.04)
·
Stammzellforschung
(ES) Japan: buddhistische Religionsführer sorgen für ethischen Rückhalt; wir
haben unsere Priester um ihre Meinung gefragt und sie antworten, wenn es den
Menschen zugute komme, sei diese Forschung legitim
·
als
... dehnbar erweisen sich daoistische und konfuzianische Lehren. Aus dem
Gegenwarts-Konfuzianismus, der sonst große Stücke auf die harmonische „Einheit
von Mensch und Natur“ hält, kommt das Argument, der chinesische Mensch sei dem
westlichen auf dem Gebiet der neuen Technologien sogar überlegen: Als freier
„Mitschöpfer des Universums“ nämlich habe er nicht eine ihm vorgegebene
göttliche Schöpfung zu achten und sich somit nicht mit westlichen
Entwicklungshemmnissen herumzuschlagen
(NZZ 20.2.04)
·
Ev.
Arbeitskreis der CDU/CSU: therapeutisches Klonen wie in Korea oder
Großbritannien: entscheidende Grenzüberschreitung zur völligen Verzwecklichung
und Instrumentalisierung des Menschen vollzogen, Europa steht jetzt ethisch am
Scheidewege
(Evangelische Verantwortung September(?) 2004 S.12)
·
Bioethik:
„Zufluchtsort Einfluss suchender Theologen“
(GID 166/2004 S.34)
·
70 Vertreter von Kirchen aus 22 europäischen Ländern;
betreffend PND und PID gab es keine Übereinstimmung über den Gebrauch dieser
Techniken; Übereinstimmung: kein sozialer Druck, keine Diskriminierung bei Ablehnung,
keine Selektion bei nicht-medizinischen Gründen (was ist medizinisch?); dem
menschlichen Embryo kommt Respekt und ein gewisser Grad an Schutz zu (the human
embryo is entitled to respect and to some degree of protection); große
Meinungsunterschiede in bezug auf den moralischen Status des Embryo und
Forschung an und therapeutische Nutzung von embryonalen Stammzellen;
reproduktives Klonen generell abgelehnt; lebhafte Kontroverse zu überzähligen
Embryonen;
(Konferenz Europäischer Kirchen, Konsultation Straßburg 27.-29.11.03
Menschliches Leben in unserer Hand? Kirchen und Bioethik, Ergebnispapier)
·
Buddhistische Autoritäten: reproduktives Klonen
vertretbar, therapeutisches Klonen abzulehnen; reprod. Klonen auf Dauer global
nicht zu bannen
(Dtsch. Ärzteblatt 1.4.05 S. A892)
·
US-Forscher: Deutschland sei Weltmarktführer in
Bioethik. Die Vereinigten Staaten hingegen seien „Weltmarktführer in der
Biotechnologie“.
(Der Spiegel 34/2005 S. 76)
·
S. 27ff, Prof. Hans Mohr: 1975
Asilomar-Konferenz über (Gefahren im Umgang mit) rekombinante® DNA; von den
Wissenschaftlern selbst Richtlinien aufgestellt für gentechnologisches Arbeiten
und die Entwicklung von sicheren Vektoren und Bakterienstämmen; dann in den
wichtigen Forschungsnationen in Kraft gesetzt; Philosophen und Theologen waren
an dem ethischen Unternehmen nicht beteiligt. Sie hatten seinerzeit das neue
Zielgebiet noch gar nicht entdeckt.;
von den Medien und den Kirchen geschürte Phantomdebatte;
(Kongress: Die Zukunft des Menschen“, Stuttgart 8./9.7.2002, Dokumentation)
· Papst Benedikt XIV.: Embryonen sind von Anfang an, also auch vor der Einnistung in die
Gebärmutter, als unbedingt schützenswertes Leben zu betrachten; menschliches
Leben beginnt im Moment der Empfängnis und muss von Anfang an respektiert und
geschützt werden; Befruchtung im Reagenzglas wird grundsätzlich abgelehnt, weil
nicht alle dabei entstehenden Embryonen in die Gebärmutter eingepflanzt werden
(GID 175 April/Mai 2006 S.55)
· UNESCO
„Allgemeine Erklärung über Bioethik und Menschenrechte“, kostenlos bestellbar
beiDeutsche UNESCO-Kommission e.V., Colmantstr. 16, 53115 Bonn
· Philosoph Volker Gerhardt: „So ungeheuer die Herausforderung durch das Neue auch
ist: schlimmer als die Vergangenheit war, kann die Zukunft kaum werden.“
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.1)
· im Judentum und im Islam fehlen zentrale Autoritäten, die definieren könnten,
welchen Standpunkt DAS Judentum usw. einnimmt;
im Islam wird das Verbot der Manipulation der Schöpfung sowie die „Reinhaltung“
der Abstammungslinien höher bewertet als der Embryo selbst (was aber nicht
heißt, dass jede andere Verwendung erlaubt wäre);
mehrheitlich geht man im Islam wie im Judentum davon aus, dass der Embryo erst
am 40. Tag beseelt wird;
der Embryo ist im jüdischen Talmud vor dem 40. Tag der Schwangerschaft „pures
Wasser“; Embryo wird mehrheitlich bei den Rabbinern bis zum Zeitpunkt der
Implantation (Einnistung in die Gebärmutter JK) als vogelfrei betrachtet, kann
hergestellt, verworfen, der Forschung zugeführt werden;
auch danach wird er von vielen Rabbinern nicht als eigenständiges Wesen,
sondern als Teil der Mutter betrachtet;
Anders als die medizinische Gentechnik findet die GRÜNE GENTECHNIK in den
Weltreligionen bislang kaum Beachtung; keine grundsätzlichen schöpfungstheologischen
Einwände; Kritik ist nichttheologischer Natur und richtet sich gegen
Verunreinigung von Saatgut, Kennzeichnung, Haftungsregelungen usw
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.5)
·
Antrag im Bundestag: Bundestag soll das „Gesetz zur
Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom Juli 1932 ächten;
bis 1939 in Deutschland ungefähr 290.000 bis 300.000 Zwangssterilisationen,
1939 bis 1945 noch einmal etwa 60.000; etwa 5000 bis 6000 Frauen und 600 Männer
an den Folgen des Eingriffs gestorben
(Das Parlament 18./27.12.06)
·
Wilfried Härle: Menschenwürde – zentrales Element
des christlichen Menschenbildes;
guter Grundsatzartikel
(Evangelische Verantwortung 2/2006, http://www.eak-cducsu.de/contentsystem/upload/ev/10_2_2006-12_58_49-EAK-EV-02-2006.pdf
)
·
Umfrage zur PID;
PID bislang in Deutschland verboten;
Enquete-Kommission des Bundestages lehnte PID mit 16 gegen 3 Stimmen entschieden
ab;
Nationaler Ethikrat empfahl eine streng begrenzte Zulassung solcher tests;
befragte Bürger viel offener: zwei Drittel der Befragten würden PID zur
Diagnose schwerwiegender chronischer Krankheiten zulassen
(ZEIT 26.10.06 S.54)
·
im Zusammenhang mit der Diskussion des
Embryonenschutzgesetzes 1990 ...
damals formierte sich das uns heute in bioethischen Fragen geläufige Bündnis
zwischen Konservativen und Grünen, während die (damals noch in der Minderheit
operierenden) sozialdemokratischen und liberalen Modernisierungsagenten das Lob
der Forschungsfreiheit sangen und für weitergehende Liberalisierung der
Fortpflanzungstechniken eintraten ... Am Ende stellten sich die Grünen dann
doch gegen den Regierungsentwurf ... der nachgeschobene grüne Entschließungsantrag,
die gesamte Embryonenforschung und künstliche Befruchtung zu verbieten,
scheiterte
(Gen-ethisches Netzwerk 1986-2006; Festschrift, 2006, S.10)
·
In einer ersten ursprünglichen Bedeutung bezeichnet
nämlich das griechische Wort Ethos das, was man üblicherweise und immer tut.
(ZEIT 21.9.06 S.46)
·
ISLAM;
Vorschlag Irans bei den Verhandlungen der UNO über ein weltweites Verbot der
Klontechnik im Herbst 2003, die Entscheidung zu vertagen, wobei man sich auf
das Rechtsgutachten eines ägyptischen Mufti stützte, der sich permissiv (unter
Einhaltung von Regeln zustimmend JK) zur Technik des therapeutischen Klonens
geäußert hatte;
der sunnitische Islam
kennt weder eine mit der päpstlichen Kurie vergleichbare Lehrautorität noch
einen Klerus. Die religöse Autorität liegt in den Händen von Schriftgelehrten
... bei der rechtlichen Handhabe von Problemen, die nicht in Koran und Sunna
geregelt werden, können diese Schulen, nicht nur untereinander, sondern auch
innerhalb, voneinander abweichende Rechtsauffassungen vertreten
Umgang mit ungeborenem Leben:
Von den verschiedenen Stellen im Koran zur Entstehung menschlichen Lebens
bildet Sure 23,12-14 bis in heutige Bioethikdebatten hinein den zentralen
Bezugspunkt in der Auslegungsgeschichte des sunnitischen Islam: „Wir (Gott JK)
haben doch den Menschen aus einer Portion Lehm geschaffen. Hierauf machten wir
ihn zu einem Tropfen (a) in einem festen Behälter. Hierauf schufen wir den
Tropfen zu einem Blutklumpen (b); diesen zu einem Fleischklumpen (c) und diesen
zu Knochen. Und wir bekleideten die Knochen mit Fleisch. Hierauf ließen wir ihn
als neues Geschöpf entstehen.“; Zur Bestimmung des genauen Zeitpunktes der
Beseelung stützen sich die Theologen auf die Sunna des Propheten, wonach die
drei Entwicklungsstufen (a-c) jeweils 40 Tage umfassen und im Verlauf der
Rechtsauslegung die Lehre von der Beseelung am 120. Schwangerschaftstag
dominierte;
die einzig mögliche Generalisierung besteht in der Aussage, dass ein
Schwangerschaftsabbruch nach der Beseelung, spätestens also ab dem 4. Monat
verboten ist.;
künstliche Befruchtung im ehelichen Kontext weitgehend zugelassen;
Das Hauptproblem besteht in potenziellen Unklarheiten bezüglich der
genealogischen Einordnung des gezeugten Kindes. Die wesentliche Voraussetzung
dafür ist das Bestehen eines rechtlich gesicherten Ehevertrages, denn der
Schutz klarer Abstammungslinien gehört zu den fünf unumstößlichen
Grundintentionen der Scharia. Die Verwendung von Fremdsperma zur Befruchtung
einer Frau wird daher in verschiedenen Stellungnahmen analog zu dem als
gravierend eingestuften Vergehen des Ehebruchs gesehen.;
in den meisten islamischen Ländern ist der Umgang mit „überzähligen“ Embryonen
gesetzlich noch nicht geregelt;
Klonen:
Den Warnungen vor menschlicher Kompetenzüberschreitung und Widernatürlichkeit
steht das Argument gegenüber, dass die Klontechnik nichts weiter als die
Entdeckung einer bis dato unbekannten Fortpflanzungsform darstelle, die sich
mithin im Rahmen göttlicher Vorsehung bewege. Zudem werde für das Klonen
lediglich auf bereits existente Materialien zurückgegriffen, es könne daher
nicht mehr als Schöpfungsakt geltend gemacht werden ...; ein weiteres Argument,
das 1997 vorübergehend aufkam, wies auf die Geburt Jesu ohne biologischen Vater
hin (Koran 19,20-22; 21,91), wonach ungeschlechtliche Fortpflanzung
grundsätzlich möglich und die Vermischung des Genmaterials zweier Personen
nicht die einzig legitime Art der Fortpflanzung sei. Dem wurde wiederum das
Argument gegenüber gestellt, dass die vaterlose Erschaffung von Jesus als göttliches
Wunder und daher keinesfalls als ein Präzedenzfall anzusehen sei.;
gab die Fiqh-Akademie der Organisation of Islamic Conference (OIC) 1997
bekannt, dass reproduktives Klonen zu verbieten sei, da es die
verwandtschaftliche Beziehungen auflöse, wohingegen therapeutisches Klonen zu
erlauben sei, da es der Menschheit potenziell nütze;
dem Embryo wird in einigen Rechtsgutachten bereits ab dem Zeitpunkt der
Befruchtung Schutzwürdigkeit zuerkannt
(Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zu: Das Parlament; 26-27/2007 S.32ff.)
·
(50)
(JUDENTUM)
Im Talmud wird der Embryo, der im Mutterleib heranwächst, bis zum 40. Tag nach
der Befruchtung als „pures Wasser“ betrachtet. Denn nach jüdischer Auffassung
wird er erst zu diesem Zeitpunkt (von Gott) beseelt;
Bis zum Zeitpunkt der Geburt sieht die Mehrheit der Rabbiner den Embryo/Fetus
allerdings nicht als eigenständiges Wesen an sondern lediglich als „Teil der
Mutter“, also einen Teil ihres Körpers ;
Nach dem Talmud erlangt der Embryo erst dann den vollen Status als Person und
hat damit dieselben (Lebens-)Rechte wie die Mutter, sobald während des
Geburtsvorgangs „der größere Teil (des Fetus) bereits geboren ist“;
als Sonderfall gilt ein bei der In-vitro-Fertilisation erzeugter Embryo. Denn
er hat als solcher nicht den im Talmud beschriebenen Status, ein Teil der
Mutter zu sein. Da er weder allein überlebensfähig ist und sich dazu noch
deutlich weniger als 40 Tage seit seiner Befruchtung entwickelt hat, muss er
gemäß verschiedener rabbinischer Autoritäten auch nicht geschützt werden
(Materialien für den Dienst in der Evangelischen Kirche von Westfalen, 1/2007;
„Ethische Überlegungen zur Forschung mit menschlichen Embryonalen Stammzellen“)
·
Der Protestantismus hat mit der Verantwortungsethik,
der idealtypisch die Gesinnungsethik gegenübergestellt wird und die die
Verantwortbarkeit der Folgen von Handlungen und Entscheidungen intendiert, eine
bedeutende ethische Theorie entwickelt, die weit über den protestantischen und
christlichen Bereich hinaus Verbreitung findet. Die Wurzeln der
Verantwortungsethik reichen zurück in die antike Vorstellung des Bürgers im
Gemeinwesen. Das Christentum hat den Gedanken der Verantwortung vor Gott und
dem Gewissen hinzugefügt; die Neuzeit gab der Idee vom verantwortlichen
Regieren in den Verfassungen ein rechtliches Gefüge. Diese drei
Traditionslinien ergänzen und korrigieren sich gegenseitig.
(Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zu: Das Parlament; 6/2007 S.35)
· Judentum:
„Seid fruchtbar und mehret euch“ – dieser Satz steht in der Genesis – für
orthodoxe jüdische Gläubige ist er die erste Mizwa: das höchste Gebot;
Israel hat die meisten Unfruchtbarkeitskliniken pro Einwohner und mit Abstand
die höchste Rate an künstlichen Befruchtungen pro Million Einwohner im Jahr;
so erlaubt Israel die Leihmutterschaft (Zustimmung eines Komitees erforderlich;
Samenbanken stehen Singelfrauen und Lesben offen;
nach dem Tod darf einem Mann Sperma entnommen werden, damit seine Frau sich
befruchten lassen kann;
PID ist Routineprozedur;
Israel hält den Weltrekord für Gentests vor und während der Schwangerschaft: 14
sind bei nichtorthodoxen Frauen üblich;
selbst kleinere Abweichungen von der Norm führen häufig zur Abtreibung (z.B.
Kieferlippengaumenspalte, die im Ultraschall auffällt);
die ersten Retortenbabys wurden in der Presse bejubelt; in Deutschland verstieg
sich der Augsburger (katholische) Bischof zu der Behauptung, die Manipulation
an Ei- und Samenzelle sei „schlimmer als die Atombombe“;
“Zionismus und Eugenik waren Kinder derselben Zeitperiode“, sagt Raphael Falk,
emeritierter Genetikprofessor ... Die Zionisten propagierten den gesunden und
starken muscle jew, als Gegenbild zum unterdrückten Diasporajuden. „In der
Praxis der Gentests lebt dieser Wunsch nach dem „besseren Menschen“ weiter“,
sagt die Politologin Prainsack.;
Embryonen außerhalb des weiblichen Körpers sind nach jüdischem Verständnis
keine menschlichen Wesen, sondern ein besonderer Stoff, mit dem es achtsam
umzugehen gilt; Achtsamer Umgang kann auch bedeuten, die Embryonen für die
Forschung zu verwerten
Islam:
medizinischen Neuerungen gegenüber zunächst grundsätzlich offen;
Mohammed: „Gott hat keine Krankheit ohne deren Medizin geschaffen“;
Technische Erfindungen werden daher lediglich als eine weitere Entdeckung von
Gottes Willen angesehen.;
Behinderung als Abtreibungsgrund (Iran, Jordanien)? Akzeptiert, es muss sich
aber um eine „schwere“ Behinderung handeln
(Zeit 6.9.07 S.17ff)
·
Leserbrief Pfarrer Pierel, Aue:
“Wir beerdigen auch Embryonen … Kinder von der 4. bis zur 12. Schwangerschaftswoche
… schon seit rund zehn Jahren bieten wir diesen Dienst auf unserem Friedhof an
… spricht nichts dagegen, sogar die bei der künstlichen Befruchtung
angefallenen überzähligen und zur Zeit gefrorenen befruchteten Eizellen in
unserer Kindergruft … zu beerdigen“
(Freie Presse Chemnitz 20.2.08)
·
Alexander S. Kekule, Direktor des Instituts für
Medizinische Mikrobiologie in Halle/Saale;
Embryo und Menschenwürde; Nicht Zellhaufen, sondern Menschen müssen geschützt
werden;
besitzt die Blastozyste, eine mit bloßem Auge kaum sichtbare Kugel aus rund 180
Zellen, die sich vom 7. Tag an in die Gebärmutterwand einnisten würde, die
volle Menschenwürde, mit allen Konsequenzen? Ist die Blastozyste ein Mensch?
Gedankenexperiment eines Philosophen: Es brennt in einem Labor, dort befinden
sich 1 Kind und ein Reagenzglasständer mit hundert Blastozysten; jeder
vernünftige Mensch würde natürlich zuerst dem Kind helfen; wir würden auch
einen Bewusstlosen retten, obwohl er keine Schmerzen empfindet, oder einen
Schwerkranken, der ohnehin bald sterben muss; die zur Schwangerschaftsverhütung
eingesetzte Spirale tötet den frühen Embryo bei der Einnistung in die
Gebärmutter im Alter von 7 bis 14 Tagen; im Zusammenhang mit IVF werden
weltweit hunderttausende „überzählige“ Embryonen vernichtet, die nicht in die
Gebärmutter eingepflanzt werden konnten;
die Würde des Nächsten gründet nicht auf irgendeine kirchlich vorgegebene
Doktrin, sondern auf die unmittelbare Erfahrung des anderen als Person, also
als ein vernunftbegabtes Subjekt derselben Art; wir erkennen die Menschenwürde
auch in Alzheimerpatienten im Spätstadium, in ungeborenen Kindern oder von
Geburt an schwer Geschädigten, weil sie eine Person waren, sein werden oder
bestimmungsgemäß sein sollten; Basis der Menschenwürde ist letztlich die
Zugehörigkeit zur Familie der Menschen, die Schicksalsgemeinschaft der
biologischen Art: Jeder von uns könnte auch der andere sein. Wir helfen dem
Nächsten, weil er einer von uns ist;
Für eine Blastozyste im Labor empfindet der Mensch dagegen keine Empathie und
keine Nächstenliebe, weil sie nicht dem Archetyp entspricht, den wir vom
anderen als Spiegelbild des Selbst in uns tragen;
Die Zellen im Reagenzglas sind zwar menschliches Leben (human life) aber keine
Person (human beeing). Wir sollten ihnen trotzdem eine Art von „Würde“
zubilligen – etwa so wie einem Menschen entnommenen Organen, wie Leichen oder
auch höheren Tieren. Die einzigartige und unantastbare Menschenwürde besitzen
Blastozysten jedoch nicht.
(ZEIT 31.1.08 S.10)
·
Drogen, Umweltverschmutzung, Genmanipulation sowie
soziale und wirtschaftliche Ungerechtigkeit werden vom Vatikan als neue Sünden
betrachtet
(taz 11.3.08)
·
Erbsenwürde;
seit 1992 steht in der schweizerischen Bundesverfassung der Begriff von der
„Würde der Kreatur“, die zu achten sei. Gemeint
ist damit auch die Flora ; kein anderer Staat hat eine solche Norm im
Grundgesetz;
zehn Jahre brauchte die Eidgenössische Ethikkommission für die Biotechnologie
im außerhumanen Bereich (EKAH) für ihren Bericht, der die Tragweite des
Verfassungsartikels klären sollte. Der ethische Befund lautet: Pflanzen haben
Würde, ihre grundlose Schädigung ist moralisch unzulässig.;
Das bedeutet, der Schweizer Bauer darf weiter Futter mähen, aber Pflanzen nicht
willkürlich in Grund und Boden treten;
für Gentechnik bedeutet das: die zentrale Fähigkeit zur Fortpflanzung muss
gewahrt bleiben; aber kernlose (sterilisierte) Tomaten, Trauben, Orangen
weiterhin zulässig – weil die Beeinträchtigung begründbar sei;
(ZEIT 30.4.08 S.43)
·
Beitrag Jens Reich:
Genomik und Epigenomik schaffen die informatorischen Voraussetzungen,
Genkonstruktion und Stammzellzüchtung die Werkzeuge, um unsere Konstitution
(die des Menschen JK) zu verändern …
Auch ich habe diesen Widerwillen gegen das Künstliche … kommen mir aber
Zweifel, ob man, technische Machbarkeit in einigen Jahrzehnten als gegeben
voraussetzend, ein „vernünftiges Enhancement“ des menschlichen Körpers
überzeugend begründet ablehnen kann.
(ZEIT 19.3.08 S.38)
·
Die
„Rheinauer Thesen“ wurden im September 2008 in der Schweiz verabschiedet
Rechte der Pflanzen; z.B.
Recht auf Fortpflanzung (d.h. z.B. keine Terminator-Technologie); Recht auf
Eigenständigkeit; Recht auf Evolution; Recht auf Überleben der eigenen Art;
Recht, nicht patentiert zu werden
(GID 190 Oktober 2008 S.21 --- siehe auch www.blauen-institut.ch )
·
Medizinethiker Taupitz:
(Zulassung der Keimbahn-Gentherapie zu Heilzwecken) „ob nicht gerade die
wissentliche Weitergabe von einer Erbkrankheit an die Nachkommen gegen deren Menschenwürde
verstößt, wenn es Möglichkeiten gibt, ein Leben frei von schwerem Leid zu
ermöglichen“;
“Dammbruchargumente verkennen das Differenzierungsvermögen einer Gesellschaft“;
dass der Gesetzgeber mit der Abtreibung die Tötung ungeborenen Lebens in bestimmten
Fällen nicht unter Strafe stelle, führe
nicht dazu, dass die Tötung von Menschen akzeptiert werde. Den Versuch, „ein
für allemal festzuschreiben, was erlaubt ist, läuft auf Moralimperialismus
hinaus“.
Letztlich müsse der Gesetzgeber Antworten finden. Dieser solle aber „in dubio
pro libertate“ entscheiden, im Zweifel für die Freiheit, die Freiheit der
Forschung
(Das Parlament 26.4.2010 S.9)
·
Das Buch von
Karl Binding und Alfred Hoche: „Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten
Lebens – ihr Maß und ihre Form“
erschien 1922 im Felix-Meiner-Verlag in Leipzig in der 2. Auflage;
In einer Rezension in der Zeitschrift der Zentralstelle für Volkswohlfahrt
heißt es: „Hoffentlich finden die von hohem sittlichen Geiste und
Verantwortungsgefühl getragenen Anregungen der beiden Gelehrten allenthalben
Beachtung und führen zur befreienden Tat.“
·
Der amerikanische Genforscher George Church über
virusresistente Menschen, DNA als Baustoff der Zukunft und die Wiedergeburt des
Neandertalers;
SPIEGEL: Viele Ethiker dürften das anders sehen. Aber jenseits aller Ethik -
technisch halten Sie die Wiedergeburt von Neandertalern tatsächlich für
machbar?
Church: Nun, der erste Schritt, die Sequenzierung des Neandertaler-Erbguts, ist
ja bereits vollzogen. Im nächsten Schritt müssten wir dieses Genom in, sagen
wir, 10 000 Einzelstücke aufteilen und diese synthetisieren. Anschließend
nehmen wir die Bruchstücke und schleusen sie in eine menschliche Stammzelle
ein. Wenn wir das oft genug machen, generieren wir eine Stammzelllinie, die sich
Zug um Zug jener eines Neandertalers annähert. Eine halbautomatische Technik
dafür haben wir in meinem Labor bereits entwickelt. Im letzten Schritt würden
wir dann einen Neandertaler-Klon herstellen. …
SPIEGEL: Wird es irgendwann möglich sein, noch tiefer in die evolutionäre
Vergangenheit hinabzusteigen und Ur- oder Vormenschen wiederauferstehen zu
lassen?
Church: Richtig funktioniert das nur, wenn Sie die DNA haben. Und DNA-Fragmente
erhalten sich vermutlich höchstens eine Million Jahre. …
SPIEGEL: Lassen Sie uns über näherliegende Anwendungen künstlichen Lebens
sprechen. Wie lange wird es dauern, bis wir Sprit tanken können, der von
künstlichen Mikroben hergestellt wurde?
Church: Tatsache ist, dass wir ja bereits Organismen haben, die das tun. Sie
nutzen die Photosynthese, um Kohlendioxid in Treibstoff zu verwandeln.
SPIEGEL: Und das machen sie auf wirtschaftliche Weise?
Church: Ja. Das ist heute schon möglich. Und der Preis wird weiter sinken. Die
meisten Techniken sind mindestens um den Faktor 5, wenn nicht sogar 10 vom
theoretisch Möglichen entfernt. …
SPIEGEL: Können Sie eigentlich nachvollziehen, dass manch einem mulmig wird,
wenn Sie davon reden, wie Sie das Erbgut der menschlichen Art auffrischen
wollen.
Church: Der Artbegriff ist doch ohnehin dabei, sich zu wandeln. Bisher konnten
zwei Arten keine DNA miteinander austauschen. Aber diese Barriere wird fallen.
Menschen werden Gene mit allen möglichen Organismen austauschen.
SPIEGEL: Erst schlagen Sie vor, den mehr als drei Milliarden Jahre alten Gencode
zu verändern, dann erklären Sie, wie Sie einen besseren Menschen erschaffen
wollen. Wundert es Sie, wenn man Ihnen da vorwirft, Sie wollten Gott spielen?
Church: Ich respektiere gewisslich anderer Leute Glauben. Aber im Allgemeinen
gilt doch in jeder Religion, dass man die Menschen nicht verhungern lassen
will. Heute leben sieben Milliarden Menschen auf Erden. Und wenn
virusresistentes Getreide hilft, sie alle zu ernähren, dann sollte man doch
fragen dürfen: Gibt es irgendwo in der Bibel eine Stelle, die uns verbietet,
virusresistentes Getreide zu machen? Warum sollte das religiös problematischer
sein, als Rinder oder Schweine zu unserem Nutzen zu züchten, so wie wir es seit
10 000 Jahren tun? …
SPIEGEL: Herr Church, glauben Sie an einen Gott?
Church: Ich wäre blind, würde ich nicht sehen, dass der Glaube an einen
göttlichen Plan, der uns dahin geführt hat, wo wir heute sind, eine gewaltige
Triebkraft in der Geschichte der Menschheit ist. Deshalb respektiere ich die
unterschiedlichsten Formen von Glauben. So wie ich überzeugt davon bin, dass
Vielfalt genetisch eine gute Sache ist, so ist sie es auch gesellschaftlich
betrachtet.
SPIEGEL: Sie reden vom Glauben der anderen. Aber wie sieht es aus mit Ihrem
eigenen Glauben?
Church: Nun, ich glaube, dass die Wissenschaft eine tolle Sache ist. Aber im
Ernst: Ich würde von mir behaupten, dass ich tiefe Ehrfurcht vor der Natur
empfinde. Der Begriff "Ehrfurcht" scheint mir geradezu für
Wissenschaftler erfunden worden zu sein. Denn wer, wenn nicht ein Wissenschaftler,
wäre fähig, die überwältigende Komplexität der Natur auf allen Ebenen zu
erfassen? Ein Dichter sieht eine Blume und lässt sich darüber aus, wie schön
ihre Farbe ist. Was der Dichter aber nicht sieht, sind das Xylem und das Phloem
und die Pollen und all die Tausenden von Generationen und die Jahrmilliarden
der Evolution, aus denen diese Blume hervorgegangen ist. All das ist nur einem
Wissenschaftler zugänglich.
(Der Spiegel 3-2013 S.110ff. - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-90535648.html)
·
Gen-Schere als Gott-Werkzeug?
Medizin und Ethik: Wie Chirurgen können Biologen und Ärzte mit einer neuen
Technologie in Gene eingreifen – sie hoffen auf Heilung von Krebs, Aids und
Erbkrankheiten. Doch es gibt auch eine Versuchung. …
Doch Kritiker fürchten in Anspielung auf die zerstörerischen Folgen der
Atom-Physik jetzt einen »nuklearen Moment« der Lebenswissenschaften. Manche
sprechen gar von einem »Gott-Werkzeug«. Schwingt sich der Mensch mit der Gen-Schere
Selbst zum Schöpfer auf?
Das sei ein »merkwürdiger Gottesbegriff« und die Debatte über neue
wissenschaftliche Möglichkeiten werde damit nur »religiös gesteigert«,
kritisierte der frühere EKD-Ratsvorsitzende und Bischof Wolfgang Huber vor dem
Deutschen Ethikrat. »Allen heilenden Eingriffen ist gemeinsam, dass
sieplanmäßige Interventionen sind, die nicht einfach der Natur ihren Lauf
lassen«. Ethik ist für den früheren Professor Huber: das nüchterne, kritische
Abwägen er Chancen und Risiken. Denn ausschließlich gut ist der Fortschritt
ebenso wenig wie es die Schöpfung ist.
Die Folgen des Einsatzes der Gen-Schere sind tatsächlich noch nicht zu
überblicken. Gibt es etwa unbeabsichtigte Nebenwirkungen beim Ausschalten eines
Gens? Eine Manipulation des Erbgutes einer Malaria übertragenden Mückenart etwa
könnte diese ausrotten – doch das wäre ein massiver Eingriff in die Natur, gibt
der Vorsitzende des Ethikrates, der Erlanger Theologieprofessor Peter. Dabrock
zu bedenken. »Auf der anderen Seite stehen Hunderttausende von Toten und
Millionen von Erkrankten, die Malaria noch immer als Opfer fordert.«. …
(Der Sonntag Sachsen, 23.7.17 S.1)
·
Interview mit dem Dresdner Professor Frank Buchholz:
F Wie sicher ist es, dass die Gen-Schere an der richtigen Stelle schneidet –
und es nicht zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt?
A Es ist nicht hundertprozentig auszuschließen, dass ein Schnitt auch an einer
Stelle passieren könnte, wo er eigentlich nicht stattfinden soll. Wie
gravierend das für eine therapeutische Anwendung ist, kann man später nur in
menschlichen Versuchen wirklich herausfinden. In allen Experimenten, die wir an
Zellen und an Versuchstieren gemacht haben, konnten wir keine unerwünschten
Nebenwirkungen feststellen. Jede neue Therapie birgt allerdings Risiken, das
muss man ganz klar sagen. Deshalb muss dies sehr vorsichtig und sehr genau
geprüft werden.
F Die Gen-Schere Wird Verschiedentlich auch »Gott-Werkzeug« genannt – ist Ihnen
dieser Gedanke auch schon einmal gekommen?
A Für mich ist sie kein »Gott-Werkzeug«, für mich ist sie eine Technologie. Und
die hat für mich relativ wenig mit Gott zu tun. Vielmehr ist es wie Chirurgie,
nur an Genen. Im Mittelalter wurden Chirurgen vielleicht auch als Ungläubige
verteufelt – heutzutage sind Operationen ganz normal. Wenn es in Genen Fehler
gibt, die man reparieren kann: Warum sollten wir das nicht tun? …
(Sonntag 23.7.17 S.3)
·
Umfrage der Woche
»Darf der Mensch ins Erbgut eingreifen?«
16 % - Nein, der Mensch soll nicht in Gottes Werk eingreifen.
83 % - Ја, um ein Leben zu retten, ist solch eine Methode und die
Forschung dazu gerechtfertigt
1 % - Das ist mir egal.
Umfrage www.sonntag-sachsen.de
(29. KIW 2017)
(Sonntag 30.7.2017 S.5)
·
·
umstrittenes
Embryonen-Patent von Uni Edinburgh zurückgezogen, umfaßt nicht mehr die
mögliche Manipulation von menschlichen Embryonen
(taz 5.5.00)
·
Justizministerin
Däubler-Gmelin zur Kritik an Bio-Patenten: Bedenkliche Praxis
Spiegel 38/2000 S.78f.
·
Evangelischer
Entwicklungsdienst hat sich gegen einen unverantwortlichen Einsatz der
Gentechnik in armen Ländern gewandt; Kritik: WTO verpflichtet Mitgliedsländer,
auf Saatgut Patente zu erteilen; arme Bauern könnten dadurch in Abhängigkeit
und Not geraten
epd-Wochenspiegel 35/2000 S.19
·
1980
USA Gericht erteilt das erste Patent auf einen gentechnisch veränderten
Organismus, ein erdölfressendes Bakterium
(bdw 4/2003 S.28)
·
Der
US-Chemiekonzern Monsanto hat ein europäisches Patent auf Melonen aus
konventioneller Züchtung erhalten. Die Kammer, das höchste interne Gericht des
Europäischen Patentamtes, hatte im Dezember 2010 entschieden, dass herkömmliche
Züchtungsmethoden NICHT patentierbar sind, aber sehr wohl die Pflanzen und
Tiere, die aus diesen Verfahren entstehen.
(taz 19.5.2011 S.08)
·
Klonierung:
- "Prozeß der asexuellen Vermehrung zur Herstellung identischer Nachkommen
in beliebiger Anzahl"
("Das Leben ist eine Gabe Gottes", Kassel 1990, S.119)
- a) In-vitro-Neukombination von DNA und deren Vermehrung in Wirtszellen
b) Erzeugung genetisch identischer Zellen (Mehrlinge) durch Zellteilung oder
Kerntransplantation
("Gentechnik", Bayer. Staatsminist. f. Landesentwickl. und
Umweltfragen, 1994, S.158
- Vervielfachung von DNA-Fragmenten (Kleine Enzyklopädie Leben, Leipzig 1981,
S.22)
- Zellkulturen tierischer oder pflanzlicher Zellen: bei Anwendung bestimmter
Klonierungstechniken können sich geeignete Zellen in entsprechenden Nährmedien
und Kulturgefäßen zu makroskopisch sichtbaren Kolonien auswachsen, die jeweils
eine einheitliche Nachkommenschaft, einen Klon, darstellen (Kleine Enzyklopädie
Leben, Leipzig 1981, S.366)
- experimentelle Erzeugung genetisch identischer Individuen
(Piechocki: "Genmanipulation", Leipzig 1983, S.228)
- "Die Klonierung von Menschen - Horrorvision der Zukunft?"
(Piechocki: "Genmanipulation", Leipzig 1983, Kapitelüberschrift
S.213f);
wie das Ergebnis aussehen wird, hat uns die Natur bereits vorgemacht:
Identisch aussehende Zwillinge aus einer einzigen Eizelle hervorgegangen;
- griechisches Wort "klon" bedeutet Schößling oder Zweig; Klonen ist
Fortpflanzung ohne Befruchtung (asexuelle Reproduktion, Parthenogenese;
Parthenogenetische Fortpflanzung ist in der Natur bei Pflanzen und niederen
Tieren weit verbreitet (Drohnen bei Bienen entwickeln sich aus unbefruchteten
Eiern, durchtrennter Regenwurm regeneriert sich zu zwei neuen); gelungen:
Krallenfrosch 1952 (Darmwandzelle), Mäuse 1979 (64-Zellen-Stadium); Denk-Schema
Rinder
(Piechocki: "Genmanipulation", Leipzig 1983, S.152f.)
- Klon: Bakterien- oder Zellkolonie, die sich durch Teilung aus einer einzigen
Zelle bildet. Alle Zellen dieser Kolonie besitzen eine identische genetische
Ausstattung
("Gentechnik", Bayer. Staatsminist. f. Landesentwickl. und
Umweltfragen, 1994, S.158)
- Klon: Kolonie genetisch einheitlicher Zellen, die sich von einer einzigen
Zelle herleiten (bei Bakterien und Hefen); bei höheren Lebewesen: genetisch
identische Nachkommen ("Gute Argumente Gentechnologie?", München
1990, S.119)
- viele Pflanzen können sich auf vegetativem Wege, d.h. von einzelnen sog.
somatischen oder Gewebszellen aus (Knospen, Ableger), zu neuen Individuen
netwickeln... identischer Genotyp... solche Individuen werden auch als Klone
bezeichnet; Wort wird hier anders verwendet als in der Gentechnologie (Zellen
oder Organismen, die einheitliche Population von rekombinierten DNA-Molekülen
aufweisen);
als Verfahren auch: Kerntransplantation
(Enquete-Komm. "Chancen und Risiken der Gentechnologie", Bonn 1987,
S. 9f.)
- Bild der Wiss. 6/97 S.64:
Pflanzen können Klone, genetisch identische Kopien ihrer selbst erzeugen
(Erdbeerausläufer, Wurzeltriebe, Kartoffelknollen, Weinpflanzen aus
Stecklingen);
auch bei Einzellern ist Klonen Standard;
Knospung bei Hohltieren und Bandwürmern, Schwämme, Manteltiere oder Moostiere
klonen sich;
Ausnahme bei höheren Tieren: Parthenogenese (Jungfernzeugung) Nachkommen aus
Eizellen ohne Befruchtung mit Samenzellen (Wasserflöhe, Würmer, viele Insekten,
unbefruchtete Truthahneier); bei Säugetieren bisher nicht nachgewiesen;
echte Klone gelegentlich auch nach sexueller Vermehrung: befruchtete Zelle
teilt sich in erbgleiche Embryonen (eineiige Zwillinge); 1981 erste geklonte
Rinderembryonen, 1993 Jerry Hall 17 menschliche Embryonen durch
Embryonenteilung
- Jens Reich: in Bild der Wissenschaft 11/97 S. 65: "Krebstod...ein Mensch
soll nicht sterben müssen, weil ein enthemmter Zellklon nach einem genetischen
Unfall plötzlich macht, was er will."
- Klon: Gruppe genetisch identischer Nachkommen einer Zelle, einer Pflanze oder
eines Tieres (? für AGU AG Gent.)
- Klonierung von Säugetieren durch Zellkerntransfer:
undifferenzierte Emryonalzellen, je nach Art 3.-9. Tag: Schaf 1986, Rind 1987,
Kaninchen 1990; Klonmäuse von 1979 noch immer umstritten (Spiegel 32/97 S.144);
Affen 1997 (FP 3.3.97)
- Ziele der Klonierung bei Säugetieren:
* gene-pharming (Produktion in Milchdrüsen: Eiweißstoffe als Medikamente: z.B.
Alpha-1-Antitrypsin gegen Mukoviszidose; Bestandteile des Blutplasmas)
* Xenotransplantation (transgene Schweine; kopflose Frösche 10/97; hirntote
"Eigenklone" als Reserve...))
* Leistungssteigerung
* Tierversuche (identische Lebewesen besserer Vergleich)
* Erhaltung von Arten (vom Aussterben bedrohte)
·
Q:
Ludger Weß (Hrsg.) Schöpfung nach Maß: perfekt oder pervers?, Oberursel 1995
- Vervielfältigung (Klonen) und Identität
Jerry Hall (USA): aus 17 Embryonen im 2-8-Zell-Stadium 48 Mehrlinge erzeugt,
die sich in Nährlösung bis zu 3x weiter teilten; nicht-entwicklungsfähige
Abfall-Embryonen verwendet (starben nach 6 Tagen ab)
Hall: wollte lediglich ethische Debatte herbeiführen und Verbesserung der
Erfolgsrate bei IVF erreichen
·
Q:
Ethik und Gentechnologie, Gesellschaft Gesundheit und Forschung, Frankfurt/Main
1988
- Hans Jonas S.19: Zitat FAUST: "Doch wollen wir des Zufalls künftig
lachen"
- Weg zum Homunkulus:
a) rekombinante DNA an Keimzellen (Gefahr: den Pfad konservativer genetischer
Reparatur verlassen und den Pfad schöpferischer Arroganz beschreiten)
b) Vervielfältigung von Musterindividuen (Dichter, Denker, Forscher, Führer,
Spitzensportler, Schönheitssieger, Heilige und Helden - Mozart und Einstein,
Hitler und Lenin, Mutter Theresa und Albert Schweitzer) durch Klonierung von
Körperzellen; das Verbrechen, das an den Klon-Sprößlingen selbst begangen wird
·
taz
7.7.98
aus Eileiterzellen einer ausgewachsenen Kuh zwei weibliche Kälber
·
Spektrum
der Wissenschaft 7/98 S.8:
Dolly: Fusion einer vollständigen Euterzelle (nicht nur des Kerns) mit der
Eizelle
·
FP
15.7.98:
Seed: Klonen ist künstliche Form der Unsterblichkeit, verlorenen Menschen
ersetzen, unfruchtbaren Paaren helfen,
·
epd
Wochenpiegel 30/98, S.14:
Seed: Klonen zuerst geeignet für unfruchtbare Paare und Frauen nach der
Menopause
·
Dtsch.
Ärzteblatt 50/97 S.A-3403:
Beschreibung Wilmut zu DOLLY-Erfolg; und möglichen Anwendungen; als erste Hürde
mußte der Kerntransfer gelingen. Dabei wird in den perivitellinen Raum einer
entkernten, unbefruchteten Eizelle ein Donorzellkern mit dem neuen Genom
eingebracht, beide werden durch einen „Stromstoß“ fusioniert
·
SPIEGEL
29/98 S.142:
Klone: ein identischer Zwilling kommt zeitversetzt zur Welt
·
taz
24.8.98:
Kalb in Japan aus Hautzelle eines erwachsenen Rindes geklont, 3 Tage nach
Geburt gestorben
·
taz
24.7.98:
22 Mäuse als Klone einer erwachsenen Maus geboren
·
SPIEGEL
31/98 S.176:
50 Mäuseklone in Honululu, z.T. Klone von Klonen von Klonen; Erbgut aus Zellen
in der Nähe der Eierstöcke, Einsetzen in entkernte Eizelle, Chemikalien regen
Zellteilung an
·
taz
13./14.6.98:
DOLLY: In Einleitung und Schluß seiner NATURE-Publikation schrieb Wilmut von
Zellkerntransfer, im technischen Teil beschrieb er eine Zell-Fusion
(Zelle mit Kern mit Zelle ohne Kern verschmolzen)
·
GID
128 8/98 S.8
Nature: Nachprüfung: DOLLY war kein Laborfehler
japan. Universität: 2 Kälber nach der Dolly-Methode aus Eierstockzellen einer frisch
geschlachteten Kuh
·
Inst.
Technik-Theologie-Naturwissenschaften hält therapeutisches Klonen für ethisch
vertretbar, nicht aber reproduktives Klonen
(GID 138 /2000 S.27)
·
britische
Regierung plant Gesetz, Klonen menschlicher Embryonen im Frühstadium zu
erlauben, „der wichtige Nutzen, der sich aus dieser Forschung ergeben kann,
überwiegt alle anderen Erwägungen; zunächst nur für wiss. Zwecke,
möglicherweise später auch für Entwicklung menschlicher Organe für
Transplantation
(taz 31.7.00)
·
schon
Januar 2000 Patent in Großbritannien für Klonverfahren a la Dolly ausdrücklich
auch für menschliche Embryonen bis 140 Zellen; z.B. gedacht:
Parkinson-Therapie: aus gesunder Körperzelle Embryo-Stammzell-Kultur, dann
Züchtung von Hirnzellen, die Dopamin produzieren
(bdw 5/2000 S.104)
·
mehrere
hundert gentechnisch manipulierte Schafe in Neuseeland, schottische Firma PPL
Therapeutics, mit menschlichem Gen ausgestattet, sollen zur Entwicklung einer
Therapie gegen Mukoviszidose eingesetzt werden, die DNS wurde bereits Mitte der
80er Jahre aus der Blutprobe einer dänischen Frau gewonnen
(taz10.7.2000)
·
drei
geklonte Schafe bei PPL Therapeutics in Edinburgh 1 Jahr alt;
nach Dolly-Methode geklont; ein fremdes Gen gezielt an einer bestimmten Stelle
in die DNS eingefügt;;
das gezielte Verfahren ist effektiver - zeigt sich an der Milch (im Vergleich
zu POLLY, die Gen für menschlichen Blutgerinnungsfaktor erhalten hatte, dort
ungezielter zufälliger Einbau);
im März erfolgreich geklonte Ferkel vorgestellt (Möglichkeit für
Xenotransplantation, jetzt auch mit Möglichkeit, Antigene abzuschalten)
(e-mail kordecki 10.7.2000)
·
erstmals
Kalb von geklonter Kuh geboren (damit Fruchtbarkeit belegt)
(FP 11.7.00)
·
China
Ziege geklont, andere Technik als Dolly: Ohrzellen, Kern isoliert und in
entkernte Eizelle eingepflanzt;
wollen demnächst vom Aussterben bedrohte Tiere wie Pandas oder
Süßwasserdelphine klonen
(taz 24/25.6.00)
·
Australische
Wissenschaftler wollen 134 Jahre nach seinem Aussterben das Erbgut des
tasmanischen Tigers klonen
(Spiegel 19/2000 S.277)
·
Klon-Kälber
USA/Kanada:
haben anfangs typische Zeichen von fortgeschrittenem Alter (kurze Telomere);
nach zwei Monaten kehrt sich der Prozeß um, und 5-10 Monate nach der Geburt
längere Telomere als normale Kälber gleichen Alters;
Überkompensation der Defekte am Anfang???:
Körperzellen der Tiere teilen sich im Durchschnitt 93 mal (normal: 61 mal);
(GID 140/2000 S.31)
·
Versuch
zum Klonen von Menschen gelungen;
Südkorea; Embryo erzeugt, der sich teilte, Versuch abgebrochen
(FP 17.12.98)
2005: FÄLSCHUNG!!!
·
Klone
bei Mäusen altern normal: keine verkürzten Telomere festgestellt; allerdings
ging die Erfolgsrate beim Klonen in jeder Generation zurück - nach 5 bzw. 6
Generationen kein überlebendes Exemplar
GID 142 10-11/2000 S.27
·
Hält
Klonen jung?
Bisher galt: Geklontes stirbt allenfalls früher, nicht später. Gleichsam als
Mitgift tragen Klone, gewonnen aus erwachsenen Tieren, immer auch das Alter des
Spenders in sich. Gradmesser für die Jugendlichkeit waren die so genannten
Telomere, molekulare Kappen, die auf den Enden der Chromosomen sitzen und sie
vor zerstörerischen Angriffen schützen. Bei jeder Zellteilung werden die
Schutzkappen kürzer, bis sie schließlich so kurz sind, daß die Zellen altern
und sterben. Dollys Telomere waren 19 Einheiten lang, 24 wären normal gewesen.
Forscher in Worchester USA ließen Kuhzellen sich so häufig teilen, bis sie kurz
vor dem Exitus standen, danach nach Dolly-Methode 6 Klone hergestellt - die
Telomere der sieben bis 12 Monate alten Kälber waren nicht kürzer, sondern
sogar länger als bei Kontrolltieren (63 statt 51 Einheiten lang);
Zellen teilten sich auch bis zu 50% häufiger;
„Die Daten lassen den Schluß zu, daß durch Klonen die Lebensspanne von
Körperzellen wieder voll hergestellt - sogar verlängert werden kann.“
„Die Eizelle ist offensichtlich die verjüngende Umgebung, die das Baby jung
macht.“
ein Erwachsener könnte dann durch geklonte körpereigene Zellen 70 Jahre
jüngeres Gewebe erhalten...
Die Zeit 4.5.2000 S.44
·
Universität
Wisconsin USA: nahmen entkernte Eizellen von Kühen und füllten sie mit dem
Erbgut von Schafen, Ratten, Schweinen und sogar Rhesusaffen, damit sei es
gelungen, bei Leihkühen eine Schwangerschaft einzuleiten; bisher nur
Fehlgeburten;
Kuheier lassen sich aus Schlachthöfen billig in großer Zahl beschaffen
taz 21.1.98
·
Patent
für Mensch-Tier-Mischwesen beantragt;
australische Biotech-Firma Stem Cell Sciences; Patentantrag vor zwei Jahren bei
der Weltpatentorganisation der UNO in Genf eingereicht;
konkrete Experimente vorgestellt, bei denen Mischwesen aus Mensch und Tier
hergestellt wurden; in Anlehnung an die DOLLY-Methode menschliche Zellkerne in
zuvor entleerte Eizellhüllen übertragen; neu: nicht artgleiche Eihüllen
verwendet, sondern Eihüllen von Schweinen, da in den entkernten Eihüllen noch
Zellbestandteile zurückbleiben, unter anderem die Mitochondrien, die eine
eigene DNA besitzen, entsteht ein genetisches Zwitterwesen;
in Deutschland sind Versuche zur Herstellung von genetischen Mischwesen nach
dem Embryonenschutzgesetz verboten
taz 6.10.2000
·
Zellkerne
von menschlichen Föten in Eizellen von Schweinen implantiert; die Forscher
hätten die so entstandenen Wesen eine Woche lang wachsen lassen (bis zur Größe
von 32 Zellen)
Freie Presse Chemnitz 6.10.2000
·
Firmen
haben Patent zurückgezogen
taz 11.10.2000
·
Wäre
therapeutisches Klonen statthaft, wenn man dazu keine menschliche Eizelle
entkernen müßte, sondern beispielsweise, die einer Kuh?
Die Zeit 25.5.2000 S.18
·
Klonen
für Transplantation:
Züchtung komplexer Organstrukturen, wie Niere oder Herz, nur auf sehr lange
Sicht gelingen könnte, eher sei ein Fortschritt in der Entwicklung von Zellen,
die Schäden in bereits existierenden Organen reparieren können, zu erwarten;
Risiken: Tumorentwicklung nach Übertragung der embryonalen Zellen? Eizelle mit
Mitochondrien - eigene Erbsubstanz, Abstoßungsprobleme?
Zusammenfassung der Empfehlungen der britischen Expertengruppe zur
Embryonenforschung S.30
GID 142 10-11/2000 S.29ff.
·
Das
Klonverbot lt. Protokoll des Europarates tritt nach Unterschrift durch 5 Staaten
am 1.3.2001 in Kraft
das Protokoll verbietet das reproduktive Klonen von Menschen: untersagt „jede
Intervention, die auf das Schaffen eines menschlichen Wesens abzielt, das
identisch mit einem anderen, lebenden oder toten menschlichen Wesen ist“. Das
Klonen von Körpergewebe oder Organen ist jedoch nicht untersagt.
taz 24.11.2000
·
Vierbeinige
Fabriken:
transgene Ziegen produzieren in ihrer Milch das Protein Anti-Thrombin III
(ATIII): für Operationen am offenen Herzen, um tödliche Blutgerinnsel zu vermeiden
(bisher aus Spenderblut – knappe Ressource);
PPL Therapeutics Schottland melkt einen Wirkstoff gegen Zystische Fibrose;
Holland arbeitet daran, Blutgerinnungs-Faktor VIII aus der Milch transgener
Kühe zu gewinnen;
transgenes Schwein scheidet Fremdproteine über Ejakulat aus;
bereits eine Kuh oder ein Schaf könnten Medikamente für mehrere Mill. Dollar im
Jahr produzieren;
Risiken: Tierprodukte könnten tierische Erreger enthalten (z.B. Prionen),
Allergien auslösen
Ian Wilmut zur Technik der Herstellung von Tieren, die sowohl transgen als
kloniert sind (POLLY 1997): bisher musste man die Gene in viele befruchtete
Eizellen einzeln injizieren, selten gewünschtes Ergebnis, es ist viel
einfacher, Gene in Zellen einzuführen, die in einer Zellkultur leben, man kann
dann auch leicht feststellen, wo die genetische Veränderung funktioniert, 1.
gentechnische Veränderung an Zellkultur-Zellen, 2. dann Zellkern von gelungenen
transgenen Exemplaren in Eizelle überführen (Klonierung), noch 1 Woche Kultur
als Embryo, Kontrolle, dass es wirklich geklappt hat, dann 3. Einsetzen in
Leihmutterschaf; in Zukunft Veränderungen direkt in Euterdrüsenzellen vornehmen
(daran direkt zu erkennen, ob die Wirkstoffe tatsächlich in die Milch gehen)
bild der wissenschaft 12/2000 S.24ff.
·
Jens
Reich:
für Dolly wurden 273 Föten verbraucht, ehe ein gesundes Lämmchen entstand; wenn
jemand Menschen klonen wollte, wäre, was sicher gelänge, „viele, viele schwerst
geschädigte Kinder“
(taz 22.12.00)
·
nach
Ansicht von Bundeskanzler Schröder sollte das Verbot der Verwendung embryonaler
Stammzellen so lange nicht gelockert werden, bis mögliche Alternativen
ausführlich erprobt worden sind;
Schröder plädierte für eine Überprüfung des deutschen Embryonenschutzgesetzes,
angesichts der rasanten gentechnischen und medizinischen Entwicklung dürfe es
keine ideologischen Scheuklappen und grundsätzlichen Verbote geben;
es müsse zudem diskutiert werden, ob es Gründe für die Zulassung der in vielen
EU-Ländern bereits praktizierten Präimplantationsdiagnostik in Deutschland gibt
(epd-Wochenspiegel 1/2001 S.9)
·
Schröder:
Nur wer die Welt erforscht, kann sie gestalten.
Dialog suchen – vorbehaltlos und ergebnisoffen
(taz 21.12.00)
·
Schröder
lehnt das Klonen menschlicher Embryonen zu Forschungszwecken ab
(FP 22.12.00)
·
Schröder:
keine Restriktionen erlassen, die spätere Chancen verbauen
(Der Spiegel 1/2001 S.142ff.)
·
Bischof
Karl Lehmann:
auch ein guter Zweck wie die Heilung von Krankheiten könne nicht das Töten von
Embryonen rechtfertigen
(epd-Wochenspiegel 1/2001 S.3)
·
britische
Staatssekretärin im Gesundheitsministerium: Die Vorstellung, Babys zu klonen,
ist völlig unannehmbar; wenn die Embryonenforschung aber für die Verhütung
akzeptabel ist, dann muss das auch für schwere Krankheiten gelten; dazu zählen
Krebs, Herzkrankheiten, Alzheimer, Parkinson
(taz 21.12.00 S.1)
·
Nach
dem Gesetz zur künstlichen Befruchtung von 1990 war es in Großbritannien
erlaubt, mit bis zu 14 Tage alten Embryonen zu forschen, aber nur zum Zwecke
der Verbesserung der künstlichen Befruchtung
(taz 21.12.00)
·
Präsident
der Bundesärztekammer Hoppe hat das therapeutische Klonen von Embryonen scharf
verurteilt; „Verbrauch ganz junger Menschen“, furchtbarer Sieg des Kommerz über
ethische Grundsätze(FP 21.12.00)
·
therapeutisches
Klonen: Hoffnung für den querschnittsgelähmten US-Schauspieler Christopher
Reeve („Superman“) oder den an Parkinson erkrankten Boxer Muhammad Ali;
(Der Spiegel 1/2001 S.142ff.)
·
Regine
Kollek (Vorsitzende Ethik-Beirat des BGM):
Embryo und Menschenwürde? Ich würde nicht so weit gehen, ihm die volle
Menschenwürde zuzuschreiben; Potenzial, ein Mitglied der menschlichen
Gemeinschaft werden zu können;
“therapeutisches Klonen“? Begriff ist falsch und irreführend: Zum einen wird
der Embryo dabei vernichtet. Zum anderen weiß kein Mensch, ob das Verfahren
jemals therapeutische Wirkung haben wird.
Ist das, was beim Verschmelzen einer Eizelle mit einer Körperzelle eines
Patienten entsteht, überhaupt mit einem natürlich gezeugten Embryo
vergleichbar? berechtigte Frage; nachdem dieses Klonprodukt angefangen hat,
sich zu teilen, muss man wohl davon ausgehen, dass daraus im Zweifelsfall ein
ganzer Mensch entstehen könnte;
(Spiegel:) die gesamte ethische Kontroverse entzündet sich an diesem
vermeintlichen Potenzial. Bislang hat
aber noch niemand einen derartigen Zellhaufen in eine Gebärmutter
zurückverpflanzt
(Der Spiegel 1/2001 S.142ff.)
·
italienischer
Reproduktionsmediziner Severino Antinori: „Wir werden mit einem internationalen
Wissenschaftlerteam noch in diesem Jahr beginnen, einen Menschen zu klonen.“;
Kollegen aus Europa, Japan, Amerika dabei;
10 kinderlose Paare ausgewählt; geklont werden nur die Männer;
Erfolgsquote derzeit bei 700 : 1 (Tierversuche); wir brauchen Eizellen von 200
Frauen;
“Die Bibel hilft immer im Leben.“
(Der Spiegel 6/2001 S.204ff)
·
Feichtinger,
Fortpflanzungsmediziner aus Österreich: „Die Deutschen tun gerade so, als gehe
es darum, eine Atombombe zu zünden. Dabei soll beim Klonen kein Leben
vernichtet, sondern welches geschaffen werden.“
Schema für praktische Durchführung des reproduktiven Klonens: 1 Mensch als
„Kopiervorlage“, 40 Spenderinnen lassen sich 400 Eizellen entnehmen, daraus
entwickeln sich höchstens 50 Embryonen, 50 Leihmütter bekommen die Embryonen
eingesetzt, etwa 10 von ihnen werden schwanger, 1 Klon kommt (gesund) zu Welt;
Interesse: sterile Paare hoffen auf Nachwuchs, verwaiste Eltern wollen tote
Kinder klonen, Schwule und Lesben träumen von ungeschlechtlicher Fortpflanzung;
Beobachtungen an geklonten Tieren: einerseits gewisse Wesensverwandtschaften
(z.B. Fressverhalten), andererseits: Kühe schwarze Flecken an unterschiedliche
Stellen;
Erfolgsbilanz: Rinder 2%, Schafe und Schweine 0,4 bis 1,2%, Maus <1% der
manipulierten Eizellen;
Problem möglicherweise: in erwachsenen Körperzellen sind viele Gene aktiv, die
alle in Ruhezustand versetzt werden müssen;
Chimären:
Australien: Kerne aus fötalen Menschenzellen in entkernte Eizellen von
Schweinen; bis zum 32-Zell-Stadium weiter entwickelt, dann weggeworfen,
USA: Zellkern aus einer menschlichen Mundzelle verschmolzen mit Eizelle einer
Kuh, Kuh-Mensch-Hybrid teilte sich 5x, verkümmerte dann
(Der Spiegel 10/2001 S.208ff)
·
Ian
Wilmut (Erzeuger von DOLLY) warnt: viele Fehlversuche mit tödlichem Ausgang
sind im Tierversuch unvermeidlich (äußerlich perfektes Lamm endlich geklont,
dann mussten wir es einschläfern – was wäre, wenn es sich um ein Kind
handelte?)
(taz 10./11.3.2001)
·
Klonen
zur Erhaltung seltener Tierarten, erster Versuch: südostasiatischer GAUR wächst
im Leib einer Kuh heran
(GEO 1/2001 S.177)
·
Klon-Ochse
geboren; lebte nur zwei Tage; an Ruhr erkrankt, Zusammenhang zum Klonen wird
für unwahrscheinlich gehalten
(taz 15.1.01)
·
In
der Europäischen Menschenrechtscharta ist ein Zusatzprotokoll in Kraft
getreten, das das Klonen von „menschlichen Wesen“ verbietet: „Untersagt ist
jeder Eingriff, der zum Ziel hat, ein menschliches Wesen zu schaffen, das
genetisch identisch ist mit einem anderen lebenden oder toten menschlichen
Wesen.“; „Begriff „menschliches Wesen“ ist in der nationalen Gesetzgebung näher
zu definieren
Deutschland bisher nicht unter den Unterzeichnerländern
(epd Wochenspiegel 10/2001 S.11)
·
EMNID-Umfrage:
Menschen klonen, um kinderlosen Paaren zu helfen? JA 5%, NEIN 93%
(Der Spiegel 7/2001 S.20)
·
in
Japan Gesetz, das Klonen von Menschen oder Mischwesen aus Mensch und Tier verbietet;
206000 DM Geldstrafe, bis zu 10 Jahren Haft
(GID 144 S.26)
·
Klonen
verbietet sich aus zwei Gründen:
dem Klon wird die Mischung väterlicher und mütterlicher Erbanlagen
vorenthalten;
der Mensch wird als Mittel zum Zweck instrumentalisiert
(Der Mensch: sein eigener Schöpfer?, Wort der (katholischen) Deutschen
Bischofskonferenz zu Fragen von Gentechnik und Biomedizin 7.3.2001)
·
Ian
Wilmut (biol. Vater von DOLLY):
reproduktives Klonen: ekelhaft, entsetzlich, Totgeburten und Missbildungen, in
krimineller Weise verantwortungslos;
therapeutisches Klonen: energisch dafür
(Bild der Wissenschaft 4/01 S.31)
·
US-Repräsentantenhaus
Gesetzentwurf: Geldstrafen in Millionenhöhe und bis 10 Jahre Gefängnis, wer
Menschen klont oder mit Produkten arbeitet, die aus dem Klonen menschlicher
Zellen hervorgegangen sind; kein Unterschied zwischen reproduktivem und
therapeutischem Klonen;
Großbritannien: therapeutisches Klonen explizit per Gesetz zugelassen;
die im Herbst (2000) beschlossene europäische Grundrechte-Charta enthält ein
Verbot des „reproduktiven Klonens von Menschen“. Auch die Bioethik-Konvention
des Europarats enthält ein Klonverbot. Beide Regelwerke lassen aber das
therapeutische Klonen zu, bei dem Ersatzgewebe für Kranke gezüchtet werden
soll, Diesen Bereich zu regeln ist den Nationalstaaten überlassen.;
Schweiz: Situation ähnlich wie in Deutschland, dort wird über ein
Forschungsvorhaben diskutiert, bei dem importierte Stammzelllinien genutzt
werden sollen:
In Frankreich soll die Forschung mit Embryonen zugelassen werden. Gesetzentwurf
der französischen Regierung: genutzt werden dürfen nur „überzählige“ Embryonen,
die bei der künstlichen Befruchtung übrig bleiben, Herstellung von E. eigens
für Forschungszwecke soll verboten bleiben;
russische Regierung Gesetzentwurf für Verbot des Klonens von Menschen, auch
Einfuhr von geklonten menschlichen Embryonen soll verboten, auf 5 Jahre
befristet;
Japan: Regierungsausschuss für grundsätzliches Klonverbot, auch therapeutisches
Klonen rechtswidrig, für Stammzellforschung nur „übriggebliebene“ Embryonen
(taz 2.8.01)
·
17
erwachsene geklonte Kühe geben Milch, alle sind Klone einer Hochleistungskuh
(Spiegel 31/01 S.159)
·
Klonen
Kostet zwischen 15000 und 25000 $ je Kuh, könnte auf 5000$ bei Millionen Fällen
sinken
bei geklonten Rindern viele Missbildungen beobachtet
(New Scientist, Großbritannien, 17.5.01)
·
britische
Forscher haben erstmals fünf gentechnisch veränderte Schweine geklont,
wichtiger Schritt auf dem Weg zur Verpflanzung von Tierorganen in Menschen
(dpa April 01)
·
drei
Forscher kündigten auf einer Tagung der US-Akademie der Wissenschaften an, noch
in diesem Jahr Menschen klonen zu wollen, Beginn innerhalb der nächsten 60
Tage; italienischer Arzt Antinori, amerikanischer Prof. Zavos, Sektenanhängerin
Boisselier
(taz 9.8.01)
·
Gaddafi
/ Lybien hat dem italienischen Mediziner Antinori seine volle Unterstützung
beim Klonen eines Menschen angeboten; Klinik, Reisekosten und Aufenthalt, im
Erfolgsfall Belohnung von mehreren Millionen Dollar; Telefongespräch von
israelischem Geheimdienst abgehört
(taz 13.8.01)
·
wirklicher
Aufwand für Klonen von Menschen bei derzeitigem Stand der Technik:
1 Mensch als Kopiervorlage, 40 Eizellspenderinnen (jede spendet nach
Hormonbehandlung durchschnittlich 10 Eizellen), 400 Eizellen werden entkernt
und mit fremdem Erbgut bestückt, höchstens 1/8 entwickeln sich zu Embryonen, 50
Leihmütter lassen sich Embryonen einpflanzen, 10 von ihnen werden tatsächlich
schwanger, 1 Leihmutter bringt ein geklontes Kind zur Welt, ob gesund, ist
fraglich;
Erfahrungen mit Tieren: Kopien können sich von ihren Vorbildern unterscheiden
(z.B. Fellzeichnung bei Rindern), viele Missbildungen (Abstoßung schon vor der
Geburt), Immundefekte, abnormale Gelenke, unterentwickelte Gefäße, Lämmer mit
erhöhtem Geburtsgewicht, bei Rindern aus max. 2% der Eizellen Nachfahren, bei
Schafen und Schweinen nur bei 0,4 bis 2%, bei Mäusen weniger als 1%;
Schwierigkeit: in erwachsenen Zellen sind eine Fülle von Genen aktiv, diese
müssen bei der Reprogrammierung in embryonalen Ruhezustand versetzt werden – hier
sind viele Fehler möglich;
Australien: menschliche Zellkerne aus fötalen Zellen in entkernte Ei-Zellen von
Schweinen: es wuchsen Chimären-Embryonen aus Schwein und Mensch; bis zum
32-Zell-Stadium weiter, dann weggeworfen;
USA: Zelle aus der menschlichen Mundschleimhaut mit Eizelle einer Kuh
verschmolzen, teilte sich 5x, dann verkümmert
(Der Spiegel 10/2001 S.210)
·
Nobelpreisträgerin
Nüsslein-Volhard: In Wirklichkeit geht das Klonen auch bei Tieren nicht. Wenn
400 Klone sterben müssen, bis eine DOLLY überlebt, dann können Sie doch nicht
sagen: „Es geht!“ Inzwischen sagen selbst die Schöpfer von DOLLY: „Um Gottes
Willen, Finger weg! Wir werden es nicht besser hinkriegen.“
(Der Spiegel 41/2001 S. 204)
·
Bundesregierung
will sich nicht für ein internationales Verbot des therapeutischen Klonens von
Menschen einsetzen; stattdessen soll Bundestag sich mit der Technik befassen
(AFP 28.9.01)
·
US-Forscher
klonen menschliche Embryonen
Firma Advanced Cell Therapy (ACT); mehrere Embryonen hergestellt; keiner
überlebte länger als 5 Tage; Frauen für 3000 bis 5000 Dollar pro Person
insgesamt 71 Eizellen abgekauft; erste Methode á la Dolly: 19 Versuche, 3
Embryonen, einer bis zum 6-Zell-Stadium; zweite Methode: Anregung von 22
Eizellen, die sich ohne Befruchtung entwickelten, 6 überlebten 5 Tage
(taz 27.11.01)
·
UN-Generalversammlung
hat eine von Deutschland und Frankreich eingebrachte Resolution gegen das
reproduktive Klonen von Menschen verabschiedet – zielt auf Erarbeitung einer
„Internationalen Konvention zum Verbot des reproduktiven Klonens von Menschen“
ab
(epd-wochenspiegel 48/01 S.23)
·
geklonte
Mäuse, Erbgut stimmt zwar überein, aber unterscheidet sich in der Regulation
der Gene, werden nur unzuverlässig ein- und ausgeschaltet
(GID 147 – 8-9/2001 S. 22)
·
Klonen
inzwischen erfolgreich bei Schafen, Schweinen, Ziegen, Rindern und Mäusen;
in 95-97% aller Fälle sterben die geklonten Tiere vor der Geburt;
die Tiere, die geboren werden, sind oft sehr massig, haben deformierte Schädel
und viele innere Entwicklungsstörungen
(GID 146 – 6-7 2001 S. 5)
·
der
Vatikan stimmt der Transplantation von Tierorganen auf den Mensch
(Xenotransplantation) zu; Risiken durch Tierexperimente ausschließen; auch
sollten alternative Therapien wie die Entwicklung von Organen aus Stammzellen
von Erwachsenen nicht vernachlässigt werden
(GID 148 11/12-2001 S.26)
·
In
Italien Mufflon nach der Dolly-Methode geklont; DNS von toten Tieren in
entkernte Eizellen von Hausschafen eingebracht; ein gesundes Junges geboren
(GID 149 Dez.2001/Jan2002 S. 35)
·
Dolly
hat im Alter von 5 ½ Jahren Gelenkentzündung (Arthritis) bekommen; selten in
diesem Alter; insgesamt gibt es weltweit mehrere Hundert geklonte Schafe,
Schweine, Kälber oder Ziegen; Wilmut: „Dolly ist in jeder anderen Hinsicht
absolut gesund. Und sie hat 6 gesunde Lämmer geboren.“; eine Vermutung: Alter
(Schäden) der geklonten Zellen mit „vererbt“; eine mögliche Folge: Auswirkungen
auf Xenotransplantation mit Nutzung der Klontechnik (vorgeschädigte Organe)
(taz 5./6.1.02)
·
2
Teams in USA berichten über erfolgreiches Klonen von Ferkeln, bei denen ein Gen
stillgelegt wurde, das zu Abstoßungsreaktionen beim Menschen führt
(taz 4.1.02)
·
britische
Regierung hat Gesetzentwurf im Parlament eingebracht, danach drohen jedem, der
das (reproduktive) Klonen von Menschen plant, hohe Strafen
(Berliner Zeitung 23.11.2001)
·
offenbar
ist es möglich, geklonte Tiere zu erzeugen, die gesund sind und sich normal
fortpflanzen;
30 geklonte Rinder über mehrere Jahre untersucht; keine genetischen Defekte
festgestellt, Stoffwechsel und Immunsystem normal; einige Rinder haben bereits
gesunde Kälber geboren
(Berliner Zeitung 23.11.2001)
·
Zavos/US-Forscher
hat schon 3000 Anfragen von Paaren, die ein Klonbaby möchten; Kosten
gegenwärtig auf 50-60000 Dollar geschätzt, erster Versuch in 1-3 Monaten
(taz 3.12.01)
·
Gesunde
Mäuse-Klone - Reprogrammierung doch nicht fehlerhaft?
Viele Mißbildungen, die beim Klonen von Tieren durch Kerntransfer beobachtet
wurden, sind nach Ansicht japanischer Forscher nicht auf ein gestörtes
genetisches Imprinting und damit auf eine gestörte Reprogrammierung des
Spender-Erbgutes zurückzuführen. Vielmehr seien einfach für diese Zwecke
ungeeignete Zellen verwendet worden;
Versuche mit 150 Mäuseembryonen, 92% der geborenen Tiere gesund;
(Frankfurter Allgemeine Zeitung 11. Januar 2002, Nr. 9 Seite 38)
·
Geklonte
Rinder entwickeln sich normal, Studie 24 Rinder bis zur Geschlechtsreife
(Berliner Zeitung vom 23.11.2001)
·
Schwedens
Regierung will die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erlaubnis des
Therapeutischen Klonens sowie zur Forschung an embryonalen Stammzellen
schaffen.
(taz 30.1.02)
·
„Die
zweite Schöpfung“
Das Ebenbild eines ausgewachsenen Lebewesens zu schaffen, gehörte lange ins
Reich der Science-Fiction;
mit Dolly war es gelungen, die Zelldifferenzierung zurückzudrehen, Säugerzellen
zu „re-programmieren“;
“Kerntransfer“ ist ein irreführender Begriff, denn in der Regel übertragen
Forscher nicht nur Kerne, sondern komplette Drüsen-, Haut-, Muskel- oder
sonstige Zellen; einschwieriges Unterfangen: es gilt, die Spenderzelle so unter
die Zona pellucida zu injizieren, dass sie in einer der beiden sichelförmigen
Ausbuchtungen festklemmt, die sich in der Eizelle nach dem Heraussaugen ihrer
ursprünglichen DNS gebildet haben; angeregt durch einen kurzen Stromstoß
verschmelzen Zytoplast und Spenderzelle binnen 10 bis 20 Minuten;
die Zellen werden vor dem Transfer in eine Art „Winterschlaf“ versetzt, indem
ihnen Nährstoff entzogen werden;
bei Rindern: nur etwa 15 bis 25 von 100 übertragenen Blastozysten entwickeln
sich zu lebenden Rindern; die große Mehrzahl endet als Fehl- oder Missgeburt;
selbst die wenigen Kreaturen, die bis zum errechneten Geburtstermin überleben,
sterben häufig nach dem ersten Atemzug;
fast alle Klontiere werden schwergewichtiger geboren als natürlich gezeugte
Artgenossen;
“Wer angesichts aller bisher vorliegenden Daten an das Klonen von Menschen
denkt, ist wahnsinnig“ (Wolf, Uni München, Lehrstuhl für Molekulare Tierzucht);
bisher Lebensgeburten bei Klonen von Schaf, Kuh, Schwein, Ziege, Maus; keine
Lebendgeburten bei Kaninchen, Katze, Hund, Primaten, Mensch
(Geo 2/02 S.63ff)
·
erste
geklonte Katze geboren
(Freie Presse Chemnitz 16./17.2.02)
·
in
Großbritannien ist ab sofort therapeutisches Klonen unter strikten Auflagen
erlaubt; Sonderausschuss des Oberhauses hat zugestimmt
(taz 1.3.02)
·
auch
beim therapeutischen Klonen könnte es zu Abstoßungsreaktionen beim Empfänger
kommen: die entkernte Eizelle enthält „fremdes“ Erbgut in den Mitochondrien
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.11)
·
Kühe
wie Katze beweisen es: Die Klontechnik entwickelt sich weiter. Damit könnte ein
wichtiger Einwand gegen das Menschenklonen bald bedeutungslos werden – die
Warnung vor dem horrende4n Embryonenverbrauch, vor Fehlgeburten und
entsetzlichen Missbildungen.
(Die Zeit 21.2.02 S.31)
·
in
Frankreich erstmals Kaninchen geklont
(taz 5.4.02)
·
Vermutungen
um erste menschliche Klonschwangerschaft (italienischer Arzt Antinori,
Wahrheitsgehalt umstritten)
(taz 8.4.02)
·
Singapur
macht Weg frei für therapeutisches Klonen
(taz 22.6.02)
·
Wissenschaftler
San Francisco haben seit 1999 versucht, menschliche Embryonen zur
Stammzellgewinnung zu klonen; keine eindeutigen Ergebnisse
(taz 31.5.02)
·
USA;
durch therapeutisches Klonen gewonnenes Gewebe erfolgreich Kühen eingepflanzt;
Herz- und Nierengewebe aus embryonalen Stammzellen gezüchtet; ES-Zellen durch
therapeutisches Klonen aus Hautzellen gewonnen; keine Abwehrreaktionen des
Körpers gegen die Transplantate
(Freie Presse Chemnitz 4.6.02)
·
gezeigt,
dass Entwicklungsprozesse umkehrbar bzw. reprogrammierbar sind. Damit werden Abgrenzungen
von Totipotenz und Pluripotenz unscharf, Die Technik des Klonens ermöglicht es,
Prozesse der Entstehung von Leben zu stimulieren, ohne dass eine Verschmelzung
von Ei- und Samenzelle nötig ist...
Während weitestgehende Einigkeit hinsichtlich der ethischen Verwerflichkeit des
reproduktiven Klonens besteht, gehen die Auffassungen hinsichtlich der
ethischen Verantwortbarkeit der Gewinnung von embryonalen Stammzellen durch
Klonierung auseinander...
(wenn das Ziel der Erzeugung eines Embryos gerade nicht die Hervorbringung
eines Menschen ist...)
(EKD-Texte 71: Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen, Argumentationshilfe
für aktuelle medizin- und bioethische Fragen, Hannover August 2002, S.9f.,
31f.)
·
Singapur:
therapeutisches Klonen zugelassen, reproduktives Klonen verboten
(GID 153, 8-9/2002 S.28)
·
Klonen
bisher erfolgreich mit Schafen, Mäusen, Kühen, Schweinen, Ziegen, Kaninchen,
Katzen;
für Affen und Menschen bisher keinen wissenschaftlichen Bericht über Erzeugung
lebensfähiger Embryonen aus Körperzellen;
(bdw 9/2002 S.30)
·
für
Klonkatze CC 87 Embryonen benötigt; dafür 188 Eizellhüllen mit Körperzellen
verschmolzen
(GID 151 4-5/2002 S.28)
·
Wilmut
(„Schöpfer“ von DOLLY) will jetzt auch menschliche Embryozellen klonen
(Therapeutisches Klonen mit behördlicher Genehmigung, zB um Herzmuskelzellen
zur Infarkttherapie herzustellen);
betonte ausdrücklich, dass er niemals beabsichtige, Menschen zu klonen, das sei
unethisch, außerdem hätten praktisch alle von seinem Team geklonten Tiere
Gendefekte, die sich auch körperlich bemerkbar machten
(taz 14.10.02)
·
Alternative
zum Klonen?
a) herkömmliches Klonen: aus Eizelle wird Erbgut abgesaugt (haploider,
einfacher Chromosomensatz); dann wird Körperzellkern eines Spenders mit
diploidem (=doppeltem, väterlichen und mütterlichem) Chromosomensatz
eingebracht; Zellteilung wird künstlich angeregt; biologische Kopie des
Spenders der Körperzelle entwickelt sich
b) DNS wird wie bei a) aus der Eizelle entfernt, dann wird Zellkern einer
Körperzelle und eine Samenzelle zugegeben; Eizelle halbiert den Chromosomensatz
des Körperzellkerns und schleust die Hälfte der Chromosomen aus; danach
verschmilzt der „Rest“ mit dem Spermium zu einem kompletten Chromosomensatz;
teilt sich
c) DNS der Frau wird in der Eizelle belassen, zusätzlich wird Körperzellkern
zugefügt; Eizelle schleust Hälfte der Körperzell-Chromosomen aus; die andere
Hälfte verschmilzt mit den Erbinformationen der Eizelle zu einem kompletten
Chromosomensatz...;
“Haploidisierung“; hier vermischt sich das Erbmaterial zweier Personen, wodurch
wie bei der normalen Zeugung ein neuer Mensch entsteht
(Der Spiegel 37/02 S. 154ff)
·
Lizenzen
für das Klonen zur Gewinnung von ES-Zelllinien vergibt die britische Human
Embryology and Fertility Authority unter der Voraussetzung, dass
- Alternativen für das Forschungsprojekt nicht in Frage kommen
- bereits vorhandene Zelllinien dafür nicht genutzt werden können
- neu gewonnene Stammzelllinien in der staatlichen Stammzellbank deponiert
werden
(GID 152/2002 S.5)
·
in
Frankreich erstmals Kaninchen geklont
(GID 152/2002 S.27)
·
neue
Klontechnik Dänemark: Eizellen werden zunächst in zwei Hälften zerteilt, die
sich schnell wieder verschließen; mit einer Färbung wird ermittelt, in welcher
Hälfte sich der Zellkern befindet; diese wird entfernt; zwei zellkernlose
Hälften werden mit einer Zelle aus einem erwachsenen Tier unter Verwendung
eines kurzen elektrischen Stromimpulses vereinigt; Verfahren im Vergleich zur
„Dolly-Methode“ billiger und leichter zu erlernen; in Australien bereits Kalb
geboren
(GID 154/2002 S.16)
·
Jaenisch
(MIT USA): etwa 95% aller bisher geklonten Tiere sind abnorm; viel zu dick,
können nicht richtig atmen, haben Herzprobleme, leiden unter
Kreislaufstörungen, selbst Teile des Gehirns können fehlen, sterben noch im
Mutterleib oder kurz nach der Geburt
(Der Spiegel 2/03 S.88ff)
·
keine
Einigung über Klonverbot bei der UNO erzielt; Beschluss um ein Jahr vertagt;
Vatikan und USA wollten umfassendes Klonverbot; Deutschland und Frankreich
wollten zunächst nur reproduktives Klonen verbieten, therapeutisches Klonen zur
Forschung mit Stammzellen aber zulassen (letzteres wäre international eher
konsensfähig gewesen, weil viele Staaten, wie Großbritannien, Japan, China sich
diese Option offen halten wollen)
(taz 22.11.02; Die Zeit 14.11.02 S.41)
·
Raelianer-Sekte
(Wissenschaftlerin Boisselier) teilte in USA angebliche Geburt des ersten
geklonten Babys in den USA am 26.12.02 mit; Mädchen EVE, Kaiserschnitt; Sekte
will 10 geklonte Embryos eingepflanzt haben, 5 davon gingen durch Fehlgeburten
verloren, vier weitere Klon-Babys würden demnächst geboren;
in Europa nächste Geburt erwartet (Junge)
(Freie Presse Chemnitz + taz 28./29.12.02, taz 4./5.1.03)
·
drei
Menschen-Kopierer: Anfang August 2001 waren sie vor der Academy of Sciences in
Washington aufgetreten und verlacht worden: Französin Boisselier, Italiener
Antinori, US-Amerikaner Zavos, als sie erklärt hatten, im Jahr 2002 den ersten
Menschen kopieren zu wollen
(taz 30.12.02)
·
Interview
mit dem Gynäkologen und angeblichen Klonforscher Antinori
(Die Zeit 5.12.02 S.35)
·
US-Fortpflanzungsmediziner
Zavos: weltweit wetteifern 5 Forschungsteams um die Geburt des ersten
Klon-Babys; er verwende die gleichen Methoden wie beim Klonschaf Dolly;
Boisselier (Clonaid): derzeit zwei Klon-Schwangerschaften in den USA, zwei in
Asien, eine in Europa (nicht in Deutschland)
(GID 155/2002-2003 S.29)
·
gemeinsamer
Antrag der Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und CDU/CSU präsentiert; soll
dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt werden; jedes Klonen mit menschlichen
Embryonen, unabhängig von der dazu genutzten Technik, ist unvereinbar mit der
Menschenwürde; es soll nicht mehr zwischen reproduktivem und therapeutischem
Klonen unterschieden werden; die Bundesregierung wird aufgefordert, sich bei
den Vereinten Nationen nun auch für ein Verbot des therapeutischen Klonens
einzusetzen
(taz 18./19.1.03)
·
Bundesregierung
will im Frühjahr internationale Konferenz einberufen; Ziel: weltweites
Klonverbot
(Freie Presse Chemnitz 11./12.1.03)
·
in
Frankreich soll reproduktives Klonen von Menschen künftig als „Verbrechen gegen
die Menschenwürde“ geächtet und schwer bestraft werden, Gesetzesvorlage der
Regierung noch in diesem Monat ins Parlament;
Drohung: bis 20 Jahre Haft, niemals verjähren lassen, in Frankreich auch
Klonverbrechen strafbar, die außerhalb des Landes begangen werden
(taz 11./12.1.03)
·
Klonverbot
(z.B. im deutschen Embryonenschutzgesetz) schützt nicht den Klon, sondern
gebietet es, verboten geklonte Embryonen absterben zu lassen; wer Klonen
verbieten will, gebietet, dass der Zufall die Fortpflanzung bestimmt; wer
absoluten Lebensschutz für jeden einzelnen Embryo fordert, müsste
konsequenterweise gegen totales Klonverbot sein
(taz 18./19.1.03)
·
Stanford-Universität
USA kündigt an, embryonale Stammzellen zu klonen; von Spender mit 12 Mill.
Dollar unterstützt; Krebs- und Stammzellforschung; das Schaffen menschlicher
Stammzelllinien sei nicht das Gleiche wie Klonen
(Freie Presse Chemnitz 12.12.02)
·
In
Europa besteht ein solches Verbot bereits seit fünf Jahren: Am 12. Januar 1998
hatten 19 der damals 40 Mitgliedsländer des Europarats ein entsprechendes
Zusatzprotokoll zur Bioethik- Konvention (Europäische Konvention über
Menschenrechte und Biomedizin) unterzeichnet. Es ist das weltweit erste
völkerrechtlich verbindliche Abkommen über das Verbot des Klonens von Menschen.
Deutschland gehört bislang nicht zu
den Unterzeichnern, weil es die gesamte Bioethik-Konvention als unzureichend
kritisiert. Das Embryonenschutzgesetz stellt aber hier zu Lande jede Form des
Klonens von Menschen unter Strafe.
Das Zusatzprotokoll zur
Bioethik-Konvention verbietet „jeden Eingriff, der darauf gerichtet ist, ein
menschliches Lebewesen zu erzeugen, das mit einem anderen lebenden oder toten
menschlichen Lebewesen genetisch identisch ist“. Es lässt keine Ausnahme zu,
unterscheidet allerdings zwischen dem reproduktiven Klonen zur Fortpflanzung
und dem so genannten therapeutischen Klonen für medizinische Vorhaben. Bei
letzterem werden durch Klonen Embryonen erzeugt, die für Behandlungszwecke nutzbare
Zellen liefern, aber nicht zu einem ganzen Menschen heranwachsen.
Das am 1. März 2001 in Kraft getretene Protokoll haben bislang 29 der derzeit
44 Europaratsmitglieder unterzeichnet und 10 von ihnen ratifiziert
(AOL-Newsbote, 09.01.03)
·
Bundestag
spricht sich mit großer Mehrheit dafür aus, weltweit sowohl das reproduktive
als auch das therapeutische Klonen zu verbieten; Bundesregierung soll gemeinsam
mit Frankreich bei der UNO aktiv werden
(taz 21.2.03)
·
Dolly
eingeschläfert; 5.7.96 geboren; brachte sechs gesunde Lämmer zur Welt; Mai 1999
Feststellung: verkürzte Telomere (Endstücke der Chromosomen); Anfang 2002
Arthritis; jetzt fortschreitende Lungenkrankheit bekommen
(Spiegel 8/2003 S. 124, taz 17.2.03)
·
angeblich
Ende Januar in China Klonbaby geboren, durch chinesische Ärztin, Angaben von
Antinori
(Freie Presse Chemnitz 17.2.03)
·
Raelianer:
eine Japanerin habe das dritte geklonte Baby zur Welt gebracht
(taz 24.1.03)
·
Australien
erstes Klonschaf knapp drei Jahre nach seiner Geburt unerwartet gestorben
(taz 8./9.2.03)
·
neuseeländische
Forscher haben Rinderzellen erst im Labor gentechnisch verändert, sodass sie
mehr Kasein in der Milch produzieren, 11 Embryonen wurden geklont, neun Tiere
mit der neuen Eigenschaft wurden geboren
(taz 28.1.03)
·
Klone
sind keine perfekten Kopien; zwar haben Klone miteinander alle Gene in ihren
Zellkernen gemein, doch aus seinen Genen macht offenbar jedes Individuum etwas
anderes; genidentische Tire haben verschiedene Fellfarben, unterschiedliches
Verhalten; Klonen ist eine Form der Reproduktion, keine Wiederauferstehung;
viele Eigenschaften werden im Mutterleib festgelegt (Lage in der Gebärmutter,
Nährstoffversorgung, Wanderung von Zellen), Umwelt prägt den Organismus schon
vor der Geburt
(Der Spiegel 13/2003 S.190f)
·
Wilmut:
Klonen bei Tieren geringe Effizienz, 1-2% der erzeugten Embryonen werden
geboren, einige sterben anschließend;
die Effizienz ist bei Verwendung von Zellkernen aus Fibroblasten und
embryonalen Stammzellen noch am höchsten, weil die DNS in diesen Zellen noch
wenig differenziert bzw. am leichtesten in das totipotente Stadium
zurückzutransformieren ist;
Ursachen für geringe Effizienz: Veränderungen in der Genregulierung
(Imprinting, Methylierungsmuster), Verkürzung der Telomere, Übertragung
somatischer Mutationen
(GID 157 April/Mai 2003, S.3f)
·
574
Versuche durchgeführt, um Rhesusaffen nach der Dolly-Methode zu klonen; 33
Embryonen eingepflanzt, keine Schwangerschaft erzielt; Ursache: Chromosomen
werden nicht gleichmäßig auf die Tochterzellen verteilt;
(Berliner Zeitung, 11.04.2003)
·
Maria
Böhmer MdB:
das therapeutische Klonen sehe ich bisher als Grundlagenforschung an und
spreche daher lieber vom Forschungsklonen
(Die Zeit 8.5.03 S.27)
·
US-Universität:
716 Versuche, um Rhesusaffen zu klonen; kein Erfolg (die Chromosomen ordnen
sich nicht richtig an); damit könnte sich auch mit menschlichen Zellen das
therapeutische Klonen als schwierig erweisen und das reproduktive Klonen als
unmöglich
(Die Zeit 16.4.03 S.31)
·
erste
Kuh in Afrika geklont (Südafrika); Ohrzellen der ergiebigsten Milchkuh
Südafrikas (78 Liter pro Tag)
(taz 9.5.03)
·
Peter
Gruss (Präsident der Max-Planck-Gesellschaft): Klone – Traum oder Alptraum? Wir
wollen keine Menschen kopieren;
interessanter Übersichtsartikel in der FAZ 14.5.03 S. N1;
Dolly: der Kern einer Euterzelle wurde durch die Zellflüssigkeit einer Eizelle
so reprogrammiert, dass ein vollständiger Organismus entstehen konnte, die
Körperzelle konnte in den Zustand der größten Potenzialität, der Totipotenz,
zurückgeführt werden;
Dass die Reprogrammierung jedoch nur in Ausnahmefällen vollständig und
ausreichend gelingt, zeigt die geringe Erfolgsrate bei Klonierungsversuchen,
das Spektrum der Schäden reicht von „large offspring Syndrom“, einer Übergröße
bei Embryonen oder Föten, bis zu Lungenentzündung, Kreislaufkollaps, Fettsucht,
Arthritis, Krebs und Lebernekrose bei geborenen Tieren;
bevor die Steuerungsprozesse nicht bekannt sind, die den Körperzellkern
umprogrammieren, können schädliche Effekte... auch beim „therapeutischen
Klonen“ nicht ausgeschlossen werden;
die Weltgesundheitsorganisation hat 1997 eine Resolution verabschiedet, die das
Klonen zur Replikation menschlicher Individuen als ethisch nicht akzeptabel
erklärt;
(FAZ 14.5.03 S. N1)
·
erfolgreiche
Klonierung eines südostasiatischen Wildrinds; Zellkerne eines 1980 verstorbenen
Bateng-Rinds, die eingefroren waren, wurden in gewöhnliche Kuheizellen
eingeführt; Embryonen wurden 30 Kühen eingepflanzt, 16 Schwangerschaften, zwei
Geburten (1 wegen Übergewicht eingeschläfert)
(GID 158 6/7-2003 S.21)
·
"Mit
den gegenwärtigen Methoden ist das Klonen ein Lotteriespiel", sagte Harry
Griffin, Roslin-Forscher und Kollege des Dolly-Schöpfers Ian Wilmut. Laut
Griffin schafften es nur 1 bis 2 Prozent der geklonten Tierembryos, das Licht
der Welt zu erblicken. Dabei spielt es durchaus eine Rolle, welcher Art das
Tier angehört. So sprach Eckhard Wolf, Leiter des Lehrstuhls für Molekulare
Tierzucht und Biotechnologie am Münchner Genzentrum und Vater des Klonkalbs Uschi,
bei Rindern von einer Erfolgsquote zwischen 10 und 25 Prozent. Oft sind die
angeblich identischen Klon-Kreationen schon mit bloßem Auge zu unterscheiden.
Copycat zum Beispiel hat fast nichts mit ihrem genetischen Double gemein. Ihr
Fell ist grau und weiß gescheckt, das Original hat ein goldbraun-weißes Fell.
Und auch beim Verhalten gibt es Unterschiede. Experimente mit Schweinen
zeigten, dass geklonte Ferkel durchaus verschiedenartig agieren. Woher kommen
all diese Unterschiede? "Die Ursache hierfür liegt in der
Genaktivität", sagte Griffin. Ob Gene an- oder abgeschaltet sind,
regulieren unter anderem winzige chemische Gruppen, die sich an das Erbgut
heften. Diese so genannten Methylgruppen inaktivieren die Gene. In der
Erbsubstanz von natürlich gezeugten Embryonen sind andere Gene methyliert und
damit abgeschaltet als in der DNA der Klone. Heiner Niemann vom Institut für
Tierzucht und Tierverhalten in Neustadt, Mariensee, präsentierte in Berlin
Ergebnisse, wonach bei jungen geklonten Embryonen ein Gen, das das Wachstum
reguliert, inaktiv war. Bei natürlich gezeugten Embryonen ist dieses Gen
angeschaltet. Dies könne eine Ursache für die teils abnormal großen Klontiere
sein, sagte Niemann. Einen weiteren Grund für die Verschiedenartigkeit sieht
Wolf in der Ausstattung der Eizelle, in die die DNA des Originals eingebracht
wird. Zwar befreien die Klonkünstler die Eizelle vor dem Kerntransfer von deren
Erbgut. Die so genannten Mitochondrien bleiben jedoch in den Eizellen.
Mitochondrien aber besitzen ein eigenes Erbgut. Auf diese Weise könne die
Eizelle über die Eigenarten des Klontiers mitbestimmen, sagte Wolf. Große Bedeutung haben diese Ergebnisse (das
Fehlschlagen des Klonens bei Rhesusaffen) auch für menschliche Klonversuche. Da
die Eizellen der Rhesusaffen den menschlichen gleichen, halten es Experten wie
Wolf für wahrscheinlich, dass mit der jetzigen Technik kein Menschenklon
erschaffen werden kann. Allerdings warnt Wolf davor, sich in der Diskussion um
die Reproduktion des Menschen auf technische Hürden zu verlassen. "700
Affeneier sind nicht wenige", sagte er. Aber im Vergleich zu der Anzahl
von Eiern, die verbraucht wurden, bis die ersten Klontiere auf der Welt waren,
seien es auch nicht viele. "Ich will nicht ausschließen, dass Klonen beim
Menschen irgendwann funktioniert." Eine mögliche Methode lieferte Wolf
gleich mit: Man könne das Erbgut des Originals zuerst in die Eizelle
einbringen, die Zelle danach zur Teilung anregen und erst dann die Eizellen-DNA
entfernen.
(Berliner Zeitung, 19.05.03
·
erstes geklontes Pferd in Italien geboren;
Hautzelle einer Haflingerstute, die dann auch das geklonte Fohlen austrug
(genetischer Zwilling);
unreife Eizellen im Labor gereift, 22 Embryonen, vier Schwangerschaften;
damit bisher 9 Säugetierarten geklont
(taz 7.8.03; Berliner Zeitung 07.08.03
·
ausgestorbener
Pyrenäen-Steinbock ließ sich nicht klonen;
Versuche mit 300 Embryonen; Bergziegen als Leihmütter; zwei waren
trächtig geworden, Fehlgeburten
(taz 8.7.03)
·
Japan:
vor 5 Jahren weltweit erstmals Rinder geklont; bis Februar 2003 336 Klonrinder;
Regierung hofft auf Deklaration der Unbedenklichkeit für den menschlichen
Verzehr; besonders begehrte Spitzenrinder (rot-weiß marmoriertes Fleisch; bis
360000 Euro pro Kuh)
(Der Spiegel 23/2003 S.174)
·
Dolly
wurde eingeschläfert wegen Tumor in der Lunge (war aber durch Virus ausgelöst)
(Bild der Wissenschaft 5/2003 S.106)
· Dolly ist offenbar nicht an Spätfolgen
des Klonens gestorben, sondern an einem Virus, das Lungentumore verursacht
(Die Zeit 25.9.03 S. 35)
· in Italien erstes Pferde-Fohlen
geklont; in über 500 Eizellen neuen Zellkern eingefügt, vier Schwangerschaften
(GID 160 Okt/Nov2003 S.18)
· erstmals gelungen, Ratten im
Fötenstadium zu klonen; von 129 geklonten Embryonen drei geboren; wichtig wegen der Eignung von
Ratten als Versuchsmodelle
(GID 160 Okt/Nov2003 S.26)
· Generalversammlung der UN verschiebt
Entscheidung zu Verbot des Klonens von Menschen um 2 Jahre bis 2005;
(New Scientist UK 7.11.2003)
·
Korea:
erstmals Stammzell-Linie durch therapeutisches Klonen gewonnen:
242 Eizellen (von 16 Spenderinnen) entkernt; Zellkerne aus Körperzellen
(Eierstockzellen) der gleichen Spenderinnen eingesetzt; 30 entwickeln sich zu
Blastozysten (5 Tage alt; 200 Zellen); daraus 20 Stammzellkulturen angelegt;
eine Linie geeignet zur Züchtung verschiedener Zelltypen;
wenn Ei-Zelle und Zellkern von verschiedenen Frauen stammen: zwar Blastozysten,
aber keine Stammzellen; bei Verwendung von männlichen Zellkernen nicht einmal
Blastozysten entwickelt;
da die erfolgreich hergestellten Stammzellen nur das Erbgut einer einzelnen
Person enthalten, würde sie vermutlich nicht abgestoßen, wenn man sie in deren
Körper einpflanzte
(Die Zeit 19.2.04 S.34; Freie Presse Chemnitz 13.2.04; Spiegel 8/04 S.120;
Mitteilung R. Knüppel für AGU März 2004; taz 13.2.04)
2005: FÄLSCHUNG!!!
·
Zusatzprotokoll
zum Übereinkommen zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im
Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin (Europarat):
Zusatzprotokoll über das Verbot des Klonens von menschlichen Lebewesen:
Artikel 1:
“Verboten ist jede Intervention, die darauf gerichtet ist, ein menschliches
Lebewesen zu erzeugen, das mit einem anderen lebenden oder toten menschlichen
Lebewesen genetisch identisch ist. Im Sinne dieses Artikels bedeutet der
Ausdruck „menschliches Lebewesen, das mit keinem anderen menschlichen Lebewesen
genetisch identisch ist“, ein menschliches Lebewesen, das mit einem anderen
menschlichen Lebewesen dasselbe Kerngenom gemeinsam hat.“
(Bundeszentrale für Politische Bildung: Gentechnik, 1999, S.104)
·
Chinesin
klonte im Sommer 2003 einen menschlichen Embryo, verwendete aber nicht eine
menschliche Eizelle, sondern die eines Kaninchens; der Embryo, ein Mischwesen
aus Mensch und Hasentier, teilte sich bis ins Blastozystenstadium; dann gelang
es, Stammzellen zu entnehmen; ....
menschliche Eizelle enthält mütterliche Mitochondrien – das könnte beim
therapeutischen Klonen dazu führen, dass dieses „fremde“ Erbmaterial doch vom
Immunsystem bekämpft werden könnte
(Spiegel 8/04 S.120)
·
Wilmut
(Erzeuger von DOLLY) will therapeutisches Klonen für die Nervenkrankheit
Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) versuchen;
als Lösung für die Eizellenknappheit spricht er sich dafür aus, Eizellen von
Kühen zu verwenden
(GID 163/2004 S.29)
·
Schöler
als Direktor des Max-Planck-Instituts für Molekulare Biomedizin in Münster
eingeführt;
Plädoyer für „therapeutisches Klonen“;
von dem moralisch untragbaren reproduktiven Klonen trennen; therap. Klonen muss
nicht zwangsläufig der Weg zum repr. Klonen sein; seine Versuche haben gezeigt,
dass (bei Mäusen) einzelne geklonte Zellen ihr genetisches Material fehlerhaft
reprogrammieren (Oct4-Gen, wichtig für Pluripotenz); bei der Addition von 2-3
Mäuseembryonen im Vierzellstadium wesentlich bessere Aktivierung dieses Gens
und anderer wichtiger Gene; wenn nur durch solche extremen Kunstgriffe das
(repr.) Klonen möglich wird, kann man auch sichere biol. Schranken aufbauen,
sodass die Gewinnung von embryonalen Stammzellen möglich wird, aber die
Weiterentwicklung des Embryos blockiert wird;
auch Nährmedium spielt wichtige Rolle: auch darüber könnte man steuern, dass
der Embryo realistische Entwicklungschancen nur bis zum Stadium der Blastozyste
besitzt
(Frankfurter Allgemeine Zeitung 7.4.04 S.N1)
·
Wilmut
(“Schöpfer“ von Dolly) will mit seinem Klonverfahren Embryonen mit dem Erbgut
von Patienten mit der degenerativen Nervenkrankheit ALS (Amytrophe
Lateralsklerose) herstellen, um daraus embryonale Stammzellen zu gewinnen und
daran die Krankheitsursachen zu untersuchen;
“das Klonen verspricht einen so großen Nutzen, dass es unmoralisch wäre, es
nicht zu nutzen“;
als Lösung für die Eizellenknappheit beim therapeutischen Klonen spricht er
sich dafür aus, Eizellen von Kühen zu verwenden
(GID 163/2004 S.28)
·
Frankreich
verbietet explizit das reproduktive Klonen (als Verbrechen gegen die
menschliche Gattung eingestuft)
(taz 10./11.7.04)
·
Im
US-Bundesstaat Florida wurde nach der Geburt des Schafes Dolly jegliche Art des
Klonens irgendeines Lebewesens verboten, bis jemand darauf hinwies, dass solch
ein Verbot eine quietschende Vollbremsung sämtlicher medizinischer Forschung
mit Zellkulturen, ja selbst landwirtschaftlicher Experimente bedeuten würde
(Die Zeit 6.5.04 S.16)
·
USA:
Klon eines preisgekrönten Bullen erneut erfolgreich geklont (bereits vor 4
Jahren); bisher war das serielle Klonen nur bei Mäusen geglückt
(taz 25.5.04; GID 164/2004 S.34)
·
schon
bald nach der Geburt wurde in Dollys Erbgut verkürzte Telomere entdeckt; just
diese Schutzkappen an den Enden der Chromosomen gelten als Gradmesser für die
Lebenserwartung; also Beweis der Lebenszeitverkürzung durch das Klonverfahren a
la Dolly?
zwei deutsche Forscher haben überprüft, wie sich verschiedene Erzeugungswege
bei Säugetieren auf die Telomerlänge auswirken; gleichgültig, ob Mäuse oder
Rinder auf natürliche Weise, durch künstliche Befruchtung im Reagenzglas (IVF)
durch Klonen aus fötalen oder erwachsenen Zellen entstanden sind – die
Telomerlängen der Tiere sind gleich; Dollys verkürzte Telomere waren offenbar
die Ausnahmen, nicht die Regel; das Enzym Telomerase stellt die Lebensuhr zu
einem präzisen Zeitpunkt wieder auf Start, und zwar dann, wenn der Embryo in
die so genannte Blastozyste übergeht; dann bringt die Telomerase die Telomere
auf eine Standardlänge für das spätere Leben (auch bei den deutlich verkürzten
Telomeren nach dem Klonen aus alten Zellen);
Dolly starb an einer in Schottland bekannten Schafkrankheit (Virusinfektion,
Lungenentzündung, Antibiotikabehandlung nicht möglich, durch Viren verursachte
Tumore in der Lunge, eingeschläfert)
“Das zelluläre Programm, das die „Lebensuhr“ eines Menschen bei der Geburt
zurückstellt, soll auch beim Klonen funktionieren.“
(Die Zeit 19.5.04 S.36; GID 164/2004 S.30)
·
Der
Wert des Klonens – eine Warnung vor übereilten Verdikten
Drei Gründe für Ablehnung des therapeutischen Klonens oft genannt:
1. für jeden Patienten müssten eigene embryonale Stammzellen neu hergestellt
werden – das ist aber gerade der Grund, weshalb die Methode erforscht wird, um
an Ersatzzellen heranzukommen, die genetisch mit den Zellen des Patienten
übereinstimmen;
2. Notwendigkeit der Eizellspende – es könnte sein, dass das in Zukunft nicht
erforderlich ist ( a) Zellkern einer
Patientenzelle in pluripotente Stammzelle implantieren, um daraus vielleicht
leichter gewünschte Zellart zu züchten; b) Eizellen aus Stammzellen herstellen)
3. therapeutisches Klonen eröffnet den Weg zur Erzeugung geklonter Menschen –
lässt sich biologisch und juristisch klar umgrenzen; eine versehentliche
Einpflanzung einer Blastozyste in die Gebärmutter (Voraussetzung für jede
Weiterentwicklung zum Menschen) kann es nicht geben; ist schon heute in
Deutschland und in Korea eine Straftat
(Frankfurter Allgemeine Zeitung 10.3.04 S.39; Detlev Ganten)
·
Wir
verwenden ... die Begriffe „Forschungsklonen“ und „Fortpflanzungsklonen“ statt
der eingeführten Begriffe „therapeutisches Klonen“ und „reproduktives Klonen“,
um nicht den Eindruck zu erwecken, als ginge es heute schon um entwickelte
therapeutische Optionen.;
weltweit besteht unter seriösen Wissenschaftlern Einigkeit darüber, dass das
Fortpflanzungsklonen zumindest auf der Basis des heutigen Forschungsstands
nicht vertretbar ist ...
aber wenn sich die Erfolgsquoten entscheidend verbessern ließen, die
Entwicklung der geklonten Babys sich besser kontrollieren ließen, die Risiken
erheblich vermidert werden könnten ...?
Die Argumente gegen das Fortpflanzungs-Klonen müssen schon grundsätzlicher
Natur sein ...
(Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zu: Das Parlament, B23-24/2004 S.23)
· Londoner Naturgeschichtemuseum
beginnt, Erbgut und Gewebeproben von Tieren einzufrieren, die in der Wildnis
als ausgestorben gelten; jeweils Pärchen werden „gerettet“; Duplikate gehen an
zwei weitere Institute (USA, Australien); eines Tages sollen die Tiere per
Klontechnik wieder entstehen
(Der Spiegel 32/2004 S.114)
· Meinungsbildung
im Nationalen Ethikrat in Deutschland:
Klonen zu Fortpflanzungszwecken und Klonen zu biomedizinischen
Forschungszwecken (Stellungnahme 13.9.2004)
a) Klonen zu
Fortpflanzungszwecken:
Votum: „Der
NER spricht sich einstimmig für ein weltweites Verbot des Klonens von Menschen
zu Fortpflanzungszwecken ... aus. Ebenso einmütig ist der NER
der Auffassung, dass das Klonen von Menschen zu Fortpflanzungszwecken nicht
nur mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand von Wissenschaft und Forschung,
sondern unbedingt abgelehnt werden muss.“
Argumente
(Auswahl):
·
Beim
Klonen zu Fortpflanzungszwecken wird die genetische Ausstattung absichtlich von
Dritten so festgelegt, dass sie mit derjenigen eines bereits lebenden oder
verstorbenen Menschen identisch ist. Damit verstößt das Fortpflanzungsklonen
gegen das Selbstverständnis und die grundlegenden Werte einer Gesellschaft, die
sich auf die Achtung der Unverfügbarkeit jedes Menschen gründet.
·
Wenn
Fortpflanzungsklonen von dem Ziel bestimmt wird, Menschen herzustellen, die den
Vorstellungen und Erwartungen ihrer „Produzenten“ entsprechen ... kommt es zu
einer mit dem Respekt vor der Menschenwürde unvereinbaren Instrumentalisierung.
·
Klonen
zu Fortpflanzungszwecken ist mit dem Bestreben verbunden, das Kopieren
vorhandener Genome zu nutzen, um Menschen mit bestimmten gewünschten
genetischen Eigenschaften auszustatten. Gefördert und verwirklicht wird damit
der Versuch einer positiven Eugenik.
·
Klonen
zu Fortpflanzungszwecken verletzt mit der absichtlichen Festlegung der
genetischen Ausstattung den Respekt vor der freien Entfaltung der
Persönlichkeit und der Selbstbestimmung des Einzelnen. Diese müssen schon zu
einem Zeitpunkt gesichert sein, zu dem die Ausübung der Selbstbestimmung noch
nicht möglich ist.
·
Fortpflanzungsklonen
verletzt die im menschlichen Selbstverständnis verankerte Vorstellung davon,
wie Menschen entstehen sollen.
·
Fortpflanzungsklonen
führt zur Auflösung bislang selbstverständlicher Verwandtschafts- und
Generationenverhältnisse. Beziehungen mit zentraler Bedeutung für die soziale
Identifikation werden so unklar.
·
Klonexperimente
... unter den gegenwärtigen Bedingungen ... hoher Verbrauch an Eizellen;
gesundheitliches Risiko für Frauen, Gefahr von Instrumentalisierung und
Kommerzialisierung
·
Fortpflanzungsklonen
im Tierversuch bisher mit hohem Risiko schwerster Gesundheitsschäden und
Fehlbildungen verbunden; hohe Rate an Fehlgeburten
·
zumindest
in der Forschungsphase wären Menschenversuch unumgänglich
b) Klonen zu
Zwecken der biomedizinischen Forschung:
Votum A):
Beibehaltung des Verbots des Forschungsklonens (5 Unterzeichner)
Votum B):
Begrenzte Zulassung des Forschungsklonens (12 Unterzeichner)
Votum C):
Verbot des Forschungsklonens zum gegenwärtigen Zeitpunkt (5 Unterzeichner)
Gemeinsame
Empfehlung zum Forschungsklonen:
„Der
Nationale Ethikrat verständigt sich – unbeschadet der dargestellten
divergierenden Voten – auf die Empfehlung, das Forschungsklonen in Deutschland
gegenwärtig nicht zuzulassen.“
·
Klonen:
Definition: Ein Klon
ist eine Kolonie genetisch einheitlicher Zellen oder Organismen, die sich von
einer einzigen Zelle herleiten (Fortpflanzung ohne Befruchtung).
Unter dem Vorgang des Klonens versteht man im wissenschaftlichen Sprachgebrauch
die ungeschlechtliche Vermehrung von Zellen oder Organismen, wobei genetisch
identische Individuen (also mehrere Zellen bzw. Lebewesen mit der gleichen
Ausstattung an Erbgut) entstehen.
· Reproduktives
Klonen
Definition: Als
Klonen zu Fortpflanzungszwecken – auch „reproduktives“ Klonen genannt –
bezeichnet man ein Verfahren, das letztlich auf die Herbeiführung einer
Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes gerichtet ist, dessen Erbgut mit
dem eines Spenders identisch ist.
·
Therapeutisches Klonen
Definition: Als
Klonen zu biomedizinischen Forschungszwecken – auch „therapeutisches“ oder
„experimentelles“ Klonen genannt – wird ein Verfahren bezeichnet, bei dem nicht
die Herbeiführung einer Schwangerschaft angestrebt wird, sondern die
Herstellung einer Blastozyste (ein Stadium in der Entwicklung eines Embryos),
aus der etwa am vierten Tag „embryonale Stammzellen“ für Forschungszwecke oder
für Therapieversuche entnommen werden.
·
Großbritannien:
Behörden haben erstmals Wissenschaftlern das Klonen menschlicher Embryonen zu
Forschungszwecken erlaubt (Diabetesforschung); therapeutisches Klonen war schon
seit 2001 erlaubt;
der Forscher mit der Klon-Lizenz kommt von der Universität München
(Freie Presse Chemnitz , taz 12.8.04; Der Spiegel 34/2004 S.17)
·
Wissenschaftler
der Harvard University USA wollen landesweit als erste durch Forschungsklonen
menschliche Stammzellen herstellen (private Forschungseinrichtungen sind von
dem Verbot der Förderung solcher Forschung durch die Bush-Regierung nicht
betroffen)
(taz 22.10.04)
·
Verhandlungen
der UNO zu einer vertraglichen Regelung eines Klonverbots sind gescheitert;
Rechtsausschuss verabschiedete stattdessen einen Vorschlag für eine nicht
bindende Deklaration (einzelne Staaten werden aufgefordert, mit Gesetzen auf
nationaler Ebene jede Form der Forschung an der Reproduktion von menschlichem
Leben durch Klonen zu verbieten); zwar waren sich die 191 UN-Mitgliedsstaaten
in ihrer Ablehnung des reproduktiven Klonens einig, unüberbrückbare Unterschiede
gab es aber zum therapeutischen Klonen;
(taz 22.11.04, FP 20./21.11.04, Die Welt 22.11.04)
·
Argentinien;
in Kuhzellen das menschliche Gen für Wachstumshormon eingeführt; aus den Zellen
Kuh geklont; produzieren in ihrer Milch menschliches Wachstumshormon; 15 dieser
Tiere könnten den weltweiten Hormonbedarf decken; Wachstumshormon früher aus
Leichen gewonnen, derzeit aufwändig in Bakterienkulturen hergestellt;
pro Liter Milch 5 Gramm des Hormons;
(taz 7.1.05; GID 168/2005 S.33)
·
USA
erstmals ein auf Bestellung geklontes Heimtier verkauft worden: 9 Wochen alter
Kater für 50.000 Dollar; geklont aus einer Katze (Geschlecht? wohl auch ein
Kater - JK), die nach 17 Jahren gestorben war
(taz 24./25.12.04)
·
Erzeuger
des Klonschafs Dolly (Wilmut) darf jetzt auch menschliche Embryonen klonen;
Aufsichtsbehörde erteilte Erlaubnis; W. will durch therapeutisches Klonen die
seltene Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose erforschen
(Freie Presse Chemnitz 9.2.05)
·
Forscher
in Südkorea dürfen offiziell (neues Bioethikgesetz) embryonale Stammzellen
herstellen und daran forschen
(taz 14.1.05)
·
UNO;
eine von den USA forcierte Empfehlung gegen das Klonen von Menschen
durchgesetzt; Regierungen werden weltweit aufgefordert, alle Formen des
menschlichen Klonens zu untersagen; auch therapeutisches Klonen soll damit
verboten werden; die Empfehlung ist unverbindlich
(taz 21.2.05)
·
Frankreich Gesetz: Klonen Verbrechen gegen die
Menschheit; auch therapeutisches Klonen verboten
(GID 165/2004 S.43)
·
Beratungsgremium in Japan empfiehlt Zulassung für
therapeutisches Klonen
(GID 165/2004 S.35)
·
Buchbesprechung
Kolata: Das geklonte Leben; der aus Dänemark stammende Reproduktionstechniker
Stehen Willadsen habe, lange bevor das Schaf Dolly entstand, schon Rinder
geklont, hat es nicht publiziert, aber Zeugen bestätigen es; es könnten schon
Menschen geklont worden sein, unbeabsichtigt; bei ICSI werden bewegungsunfähige
Spermien gezielt in Eizellen eingebracht; wenn aber fälschlicherweise eine sehr
ähnliche Körperzelle injiziert wird, könnte das Ei seinen eigenen Zellkern
ausstoßen, und dann wüchse ein Embryo heran, der rein väterliches Erbgut trägt,
ein Klon!
(Die Zeit 15.1.1998)
·
UN-Vollversammlung
hat Regierungen weltweit zu einem vollständigen Klonverbot aufgefordert,
allerdings handelt es sich um eine nicht bindende Deklaration
(taz 9.3.05)
·
britische
Kliniken bieten bis zu 1400 Euro an rumänische Frauen für eine Eizellenspende;
EU-Parlament will Resolution verabschieden, die Kommission und Mitgliedsstaaten
auffordert, dagegen vorzugehen
(taz 9.3.05)
·
in
England erstmals in Europa menschliche Embryonen geklont; 11 Frauen Eizellen
entfernt, den Eizellen DNA aus den Stammzellen eines Embryos eingepflanzt; 3
Embryos überlebten im Labor 3 Tage, einer 5 Tage
(Freie Presse Chemnitz 21./22.5.05)
·
Südkorea:
Tiermediziner Hwang: Menschen sollen mit dieser Methode nicht geklont werden,
muss verboten werden!; 11 Stammzell-Linien erzeugt; geklont aus Haut-Zellen von
Patienten (männlich, weiblich, zwischen 2 und 56 Jahren alt); 9
Querschnittsgelähmte, 1 x Diabetes, 1x angeborene Immunschwäche; erfolgreich
nur bei Eizellen, deren Spenderinnen jünger als 30 Jahre waren; vor einem Jahr:
aus 242 Eizellen + Erbmaterial aus Körper-Zellen der Spenderinnen 1 Embryo
erzeugt; diesmal aus 185 Eizellen durchschnittlich 17 Eizellen für eine
Stammzell-Linie; wenigstens 10 Jahre werde es noch dauern, bis das
„therapeutische Klonen“ dem ersten Patienten zugute kommen könnte ...
Zellen enthalten wahrscheinlich dieselben genetischen Defekte wie die Patienten
mit Erbkrankheiten und sind daher nicht direkt zur Heilung einsetzbar
(taz 20.5.05; 21./22.5.05)
2005: FÄLSCHUNG!!!
·
südkoreanische
Stammzelllinien nicht auf tierischen, sondern auf menschlichen Nährzellen
gezüchtet
(Berliner Zeitung 20. Mai 2005)
·
EKD:
Klonversuche in Südkorea und Großbritannien ethisch nicht akzeptabel
(Der Sonntag 29.5.05)
·
Chronik
des Klonens und der Forschung mit embryonalen Stammzellen bei Tieren und
Menschen
(Die Zeit 25.5.05 S.30)
Jahr |
Art |
Ereignis – Details |
Kommentar |
1902 |
Salamander |
Spemann: Klonen durch
Teilung (Abschnürung) eines Embryos |
|
1952 |
Frosch |
Briggs und King:
Übertragen von Zellkernen aus Embryonen in entkernte Eizellen |
aus 104 Versuchen 27
Kaulquappen, kein Frosch |
1986 |
Schaf, Rind |
Willadsen: überträgt
Zellkern aus in entkernte Eizelle; Lamm geboren; später auch Kälber |
Erbgut aus
embryonalen Zellen |
1994 |
Mensch |
Hall: Klonen durch
Zerteilen menschlicher Embryonen |
nicht
entwicklungsfähige Embryonen; Produkte zerstört |
1996 |
Schaf |
Wilmut: Klonschaf
DOLLY aus Euterzellen |
277 Eizellen; 1
erfolgreich geklontes Exemplar |
1997 |
Schaf |
Wilmut: geklontes
Schaf POLLY, vorher Erbgut verändert |
(Ziel: menschliches
Gen zur Arzneimittelgewinnung) |
1997 |
Mensch |
Thomson: erfolgreiche
Züch-tung menschlicher embryonaler Stammzellen im Labor |
aus „überzähligen“ |
1998 |
Maus, Rind |
USA: Klonkalb;
Klonmäuse |
„Dolly-Methode“
funktioniert |
1999 |
Maus |
Brüstle:
nervengeschädigte Mäuse mit embryonalen Maus-Stammzellen geheilt |
|
2002 |
Mensch |
Deutscher Bundestag
erlaubt Import menschlicher embryonaler Stammzellen |
Bedingung: Gewinnung
der Zellen vor dem 1.1.2002 |
2003 |
Mensch |
Thomson: gezieltes
Aus-schalten oder Ersetzen kranker Gene in menschlichen ES-Zellen |
|
2003 |
Maus |
Schöler: aus
ES-Zellen von Mäusen Eizellen gezüchtet |
evtl. später
Eizellspenden nicht mehr nötig |
2004 |
Mensch |
Hwang Woo Suk:
Gewinnung menschlicher ES-Zellen aus geklontem Embryo |
242 Eizellen,
Zellkerne aus Hautzellen der Eizellspenderinnen, 1 stabile Zell-Linie |
2005 |
Mensch |
Hwang Woo Suk:
ES-Zellen aus geklonten Embryonen |
Erbgut aus Hautzellen
von Patienten; 185 Eizellen, 11 stabile Zell-Linien (Spenderinnen < 30
Jahre) |
2005 |
Primaten |
bisher konnte kein
Affe geklont werden |
grundsätzliche
Schwierigkeit auch beim Men-schen? |
·
erstmals haben Klone von Wildtieren gesunde Junge zur Welt
gebracht (2 Wildkatzen, 8 Junge, auch der Vater ist ein Klon); Potenzial, vom
Aussterben bedrohte Tierarten zu retten; auch Experimente wie in „Jurassic
Park“, in dem längst ausgestorbene Tiere wieder zum Leben erweckt wurden,,
halten Experten inzwischen grundsätzlich für möglich;
(taz 23.8.05,)
·
Paläogenetik; Direktor des Max-Planck-Instituts für molekulare
Genetik: Jurassic Park vorerst Science-Fiction, theoretisch sei nun aber die
Neuerschaffung ausgestorbener Kreaturen immerhin vorstellbar;
DNA-Moleküle überdauern bestenfalls 60.000 Jahre in versteinerten Knochen;
aber die Urgene stecken noch immer in jedem neuzeitlichen Genom;
durch Vergleiche mit heute lebenden Arten das Urgenom (des ersten echten
Säugers Eomalia) errechnen; dann große Abschnitte chemisch synthetisieren und
mit gentechnischen Verfahren in Mäuse verfrachten
(Die Zeit 7.7.05 S.29)
·
Kanada: erstmals gelungen,
Insekten zu klonen, 800 Versuche – 5 erwachsene Tiere
(bdw 2/2005 S.7)
·
Südkorea (Institut, in dem auch erstmals menschliche
Embryonen geklont wurden): afghanischen Hirten-HUND geklont, 1500 Eizellen,
1095 geklonte Embryonen, 123 Leihmütter-Hündinnen, 3 Schwangerschaften, 1
Fehlgeburt, 1 Klon starb kurz nach der Geburt
(Freie Presse Chemnitz 4.8.05, Der Spiegel 32/2005 S.119, Die Zeit 4.8.05 S.31)
·
bisher geklont: Schaf, Maus, Rind, Ziege, Schwein, Kaninchen, Katze, Maultier, Pferd, Ratte,
seltenes Wildrind, Hund
(taz 5.8.05)
·
zusätzlich geklont: Hirsch
(Der Spiegel 32/2005 S.119)
·
Klonkater und 2 geklonte Katzen
zeugen erfolgreich natürlichen Nachwuchs (8 Kätzchen, 5 überleben)
(GID 172 Okt/Nov05 S.31)
·
Klonforscher Hwang-Woo Suk (Korea) als Betrüger und Fälscher
entlarvt:
Freiwilligkeit der Eizell-Spenderinnen in Zweifel gezogen: 2 waren Untergebene
Mitarbeiterinnen, 20 hatten für ihre Eizellen je rund 1200 Euro bekommen;
bei Überprüfungen wurde jetzt kein Beweis dafür gefunden, dass er jemals
überhaupt menschliche Stammzellen geklont hat;
es gibt damit nun auch keinen Beleg mehr dafür, dass es möglich ist , aus
Patientenzellen „maßgeschneiderte“ Stammzellen für die Therapie einer Krankheit
herzustellen;
der geklonte Hund „Snuppy“ ist nach Prüfung aber wirklich ein echter Klon
(Spiegel 51/05 S.144; taz 11.1.06; taz 13.1.06)
·
deutscher Staatsbürger Miodrag Stojkovic (Tiermediziner) klont in
Großbritannien menschliche Embryonen;
ist dort erlaubt, wenn eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde vorliegt; Mehrheit
der Bevölkerung unterstützt solche Projekte;
über 80% der Patientinnen der benachbarten Fruchtbarkeitsklinik spenden
überschüssige Eizellen und Embryonen für die Forschung;
im Mai 2005 hat S. mit seinem Team erstmals menschliche Embryonen geklont;
diese Klone überlebten nur wenige Tage, zu kurz, um Stammzellkulturen aus ihnen
zu gewinnen;
Ziele seiner Forschung: aus geklonten Stammzellen neue
Bauchspeicheldrüsenzellen für Diabetiker züchten, dabei an den geklonten Zellen
genetische Veranlagung für Diabetes genauer erforschen, molekulare Mechanismen
verstehen, die beim Klonen eine Körperzelle in den embryonalen Zustand
zurückverwandeln
(Die Zeit 1.9.05 S.36)
·
S.34: Eine weitere Form des Klonens besteht in der Übertragung von Zellkernen. Hierbei soll die
Empfängerzelle die genetische Information des fremden Zellkerns übernehmen.
(Gentechnologie Chancen und Risiken 6 In-vitro.Fertilisation, Genomanalyse und
Gentherapie; Bericht der gemeinsamen Arbeitsgruppe von BMF und BMJ, J.
Schweitzer Verlag, München 1985)
·
Klon-Star Wilmut (Schaf Dolly) gestand ein, dass sein Anteil an Dolly lediglich ein Drittel betragen
habe, die anderen zwei Drittel habe sein damaliger Institutskollege Professor
Keith Campbell geleistet (er wurde in den Publikationen zu Dolly immer als
Mitautor aufgeführt, aber nach Wilmut); Wilmut hat die Experimente nicht
durchgeführt, aber das Forscherteam geleitet;
zwei Techniker des Instituts reklamieren, dass sie eigentlich die Hauptarbeiten
bei der Entwicklung von Dolly geleistet hätten (bei der Publikation kamen sie
nur in einer Fußnote vor)
(taz 17.3.06)
·
Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer (Zeko) setzt sich dafür ein, dass auch in
Deutschland menschliche Stammzellen aus geklonten Embryonen herstellbar sein
müssen; Mehrheit in der Zeko tritt sowohl beim Embryonenschutz als auch bei der
Eizellspende für ein abgestuftes Modell ein, frühe Embryonen sollen demnach
ethisch unterschiedlich bewertet werden, je nachdem, wie sie gewonnen wurden
und ob ihre Entwicklungsfähigkeit eingeschränkt ist;
Eizellen: blastozysten-ähnliche Strukturen verwenden, die unfähig (gemacht
worden) sind, sich zu einem ganzen menschlichen Organismus zu entwickeln? (es
entsteht zwar menschliches Leben = human life, aber kein menschliches Wesen =
human beeing); überzählige E. aus der IvF verwenden?; E. aus entfernten
Eierstöcken nutzen?; es gehört zum Selbstbestimmungsrecht einer Frau, über
Eizellspende zu entscheiden;
Zeko will vom „Forschungsklonen mit dem Ziel therapeutischer Anwendungen“
sprechen;
Abstufung bei Zuerkennung von Menschenwürde und Lebensschutz in frühen Phasen
der Entwicklung eines Embryos entspräche der verbreiteten moralischen Intuition
und den vielfältigen Regelungen des geltenden (Abtreibungs-)Rechts;
auch der Bioethiker des Max-Delbrück-Zentrums (Tannert, Berlin) möchte alle
Embryonen „außerhalb des Mutterleibes“ als „Quasi-Embryonen“ umdefinieren und so
der Forschung zugänglich machen;
(taz 31.3.06; www.zentrale-ethikkommission.de/10/20ForschKlonen,html )
·
sieben Forschungsteams – drei in den USA, drei in
Europa und eins in China – kündigten an, patientenspezifische Stammzellen aus
geklonten Embryos herzustellen (darunter auch Dolly-Schöpfer Wilmut); die
einzige gesicherte Erkenntnis aus den Versuchen des Südkoreaners Hwang besagt:
Erfolge wird es nur geben, wenn die Kloner für die Experimente sehr frische
Eizellen von Frauen unter 30 Jahren benutzen können, innerhalb einer Stunde
nach der Entnahme aus dein Eierstöcken; d.h. viele Eizellen werden benötigt,
aber Eizellspende ist umstritten; Ausweg aus dem Dilemma: Spende überzähliger
Eizellen aus Fruchtbarkeitsbehandlungen
(Zeit 24.5.06 S.45)
·
China: Geburt eines Klonkalbs
gemeldet, das gegen BSE resistent sein soll;
auch eine Arbeitsgruppe an der LMUni in München arbeitet an BSE-resistenten
Rinder (Produktion von Prionen ausgeschaltet)
(taz 28.4.06)
·
französische Biotech-Firma hat weltberühmte
Sportpferde geklont; für einen Erfolg hunderte von Eizellen nötig; von 12
Stuten wurden 3 trächtig, 2 verfohlten, 1 erfolgreiche Geburt;
Kosten für eine Kopie: 250.000 Euro
bisher weltweit geklont: Schafe, Rinder, Ziegen, Schweine, Kaninchen, Ratten,
Mäuse, Katzen, Hunde;
viele männliche Turnierpferde werden kastriert und können daher keinen
Nachwuchs zeugen;
(Spiegel 9/2006 S.140ff)
·
Fälschungen des südkoreanischen
Klonforschers Hwang; die in Misskredit geratenen Forscher versuchen, die
Echtheit ihrer 2004 geklonten menschlichen Zelle zu beweisen, eine Analyse
ergab, dass die Zelle tatsächlich Gene „vom Vater und der Mutter“ (des Spenders
des Zellkerns JK) aufweise; die Untersucher der Fälschung hatten gemeint, es
sei hier Jungfernzeugung aufgetreten; noch offen
(GID 175 April/Mai 2006 S.39)
·
USA geklonte menschliche Embryonen bis zum 6-Zell-Stadium; 2004
erster Menschenklon in Großbritannien; auch Belgier melden erste Klonerfolge
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.14)
·
Erfolgsquoten beim Klonen von
Tieren: Rinder bis zu einem Drittel, Schafe 5-10%, Schweine 1-6%, Ziegen 3-7%;
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.14)
·
australische Parlament hat Weg für das
therapeutische Klonen freigemacht; seit 2002 bestehendes Verbot zur Nutzung
gespendeter Ei- und Körperzellen für medizinische Forschung aufgehoben
(taz 7.12.06)
·
südkoreanische Forschergruppe hat erneut erfolgreich
drei Hunde geklont
(taz 22.12.06)
·
US-Lebensmittelbehörde FDA sieht keinen Unterschied
zwischen normaler Milch und Fleisch von Nutztieren und Produkten aus geklonten
Tieren; Entscheidung veröffentlicht, bis April können dazu noch Stellungnahmen
eingereicht werden;
texanische Firma will geklonte Kühe und Schweine vermarkten, Steaks und
Schinken sollen saftiger und herzhafter sein als derzeitige Produkte; Kühe
sollen mehr Milch geben, Klonverfahren wie bei Schaf DOLLY;
andere Unternehmen kombinieren die DOLLY-Methode mit gentechnischen Eingriffen:
Tier trägt dann auch neue artfremde Gene, z.B. das Omega-3-Schwein enthält
besonders hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, die als gesundheitsfördernd
gelten (dafür wurden 1.633 Schweineembryonen geklont, 10 geborene Ferkel, nur 6
hatten das gewünschte Gen, 2 wegen Herzfehlers getötet)
(taz 30.12.06)
·
USA Rinder geklont, denen der potenzielle Erreger
von BSE fehlt; zunächst an isolierten Zellen von Holsteiner Rindern gezielt das
Gen ausgeschaltet, das für die Prionen zuständig ist, die bei BSE krankhaft
verändert sind; aus veränderten Zellen nach der DOLLY-Methode 12 Rinder
geklont, 3 für Forschungszwecke getötet; übrige sollen nun infiziert werden;
Tiere sind mittlerweile 2 Jahre alt
(taz 3.1.07; Freie Presse Chemnitz 3.1.07, ZEIT 4.1.06, )
·
in den USA werden bereits über 500 Klonkühe
gemolken; Milchleistung nur knapp über dem Durchschnitt;
beim Klonen von Pferden nach der DOLLY-Methode 500 bis 1000 Eizellen nötig, um
eine einzige erfolgreiche Schwangerschaft zu erreichen;
Klonforscher gefragt: Wie weit prägen Gene ein Wesen? Darüber haben wir
ziemlich genaue Vorstellungen. Zu 30 bis 35 % sind die Gene verantwortlich, was
wir sind und was wir tun. Der Rest ist die Umwelt.
(Die Zeit 15.2.07 S.56)
·
Gesetzentwurf der britischen Regierung, erlaubt
unter bestimmten Voraussetzungen die Herstellung von Tier-Mensch-Embryonen für
die Stammzellforschung; „echte“ Hybride
- durch Verschmelzung von menschlichen und tierischen Keimzellen – sind
weiterhin verboten; es wäre aber erlaubt, zu Forschungszwecken tierische bzw.
Zellen in menschliche Embryonen oder menschliche DNA in tierische Eizellen
einzubringen; einzige Bedingung ist, dass die entstehenden „zytoplasmatischen
Hybride“ nur 14 Tage am Leben gelassen und nicht zur Herbeiführung einer
Schwangerschaft verwendet werden; Gesetz ist Reaktion auf die Ankündigung
britischer Forscher, wegen des hohen Bedarfs an Eizellen beim Klonen auf Hasen-
oder Kuh-Eizellen auszuweichen
(GID 182 Juni 2007 S.41)
·
USA: erstmals gelungen, embryonale Stammzellen aus
Affen-Embryos zu gewinnen
(taz 22.6.07)
·
österreichischer Biologe Karl Illmensee befürwortet
in einem Fachjournal das Klonen von Menschen; berichtet von einem Experiment,
bei dem er einen geklonten Embryo in die Gebärmutter einer Frau eingepflanzt
haben will; der Embryo habe nicht lange in der Gebärmutter überlebt
(Spiegel 25/2007 S.155)
·
japanische Forscher haben ein Schwein in der vierten
Generation geklont
(taz 9.8.07)
·
für Diskussionen hat ein Artikel gesorgt, der von dem
deutschen, in den USA tätigen Biologen Karl Immensee in der Schweizerischen
Fachzeitschrift „Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie“
veröffentlicht worden ist. Darin beschreibt der langjährige Mitarbeiter des
umstrittenen Klonforschers Zavos ein am Menschen durchgeführtes Klonexperiment,
eine Technik des Embryosplittings, also der frühen (künstlichen JK) Teilung
eines Embryos, sowie eine Methode zur Herstellung von Embryonen mit
Rindereizellen und menschlichen Zellkernen.;
in der aktuellen Ausgabe des populärwissenschaftlichen Magazins P.M. schildert
Immensee ausführlich, wie er Menschenklone zu Fortpflanzungszwecken hergestellt
haben will; 9 sollen es gewesen sein; einer davon habe sich bis zum
12-Zellen-Stadium entwickelt; zu einer Schwangerschaft sei es nicht gekommen;
Experimente vor 4 Jahren durchgeführt; jetzt arbeitet er am Embryonensplitting,
um Chancen für Schwangerschaft zu verbessern
(GID 183/2007 S.35; taz 26.10.07)
·
die britische Behörde Human Fertilisation an
Embryology Authority (HFEA) hat am 5.9.07 die prinzipielle Genehmigung erteilt,
für Klonexperimente tierische Eizellen mit den Kernen von menschlichen Zellen
zu verschmelzen;
zwei Forschungsprojekte (Erforschung neurogenerativer Erkrankungen wie
Parkinson und Alzheimer);
nicht genügend menschliche Eizellen vorhanden;
Eizellen von Kühen von Schlachthöfen; diese sollen entkernt und der Zellkern
menschlicher Eizellen (??? Körperzellen JK ???) eingefügt werden; die Gene der
auf diese Weise geklonten Embryonen seien zu 99,9 % „menschlichen Ursprungs“;
Hybridembryonen sollen nach wenigen Tagen zerstört werden;
“zytoplasmatische Hybrid-Embryonen“;
Deutsche Gesellschaft für Reproduktionsmedizin hat die Zeugung von solchen
„Cybrids“ zu Forschungszwecken offiziell begrüßt;
a Zustimmung in der Öffentlichkeit zu solchen Experimenten;
ABER: stärkere Ablehnung gegenüber aus menschlichen und tierischen Keimzellen
hergestellten Hybridwesen sowie Chimären, in denen menschliche und tierische
Zellen gleichermaßen vorkommen; ein Gesetzentwurf, der zumindest die
Herstellung solcher Chimären erlaubt, hat bisher das Parlament nicht passiert;
(GID 184/07 S.47)
· Nach 10
Jahren Forschung embryonale Stammzellen durch Klonen von Affenzellen gewonnen;
Körperzellen eines Rhesus-Affen, 10 Jahre alt; Übertragung der Zellkerne in
entkernte Eizellen („Dolly-Methode“; SCNT = somatischer Zellkerntransfer);
in 10 Jahren 15.000 Eizellen verbraucht; jetzt 304 Eizellen für 2 erfolgreich
geklonte Stammzell-Linien;
parallel auch reproduktives Klonen versucht: 77 geklonte Embryonen auf
Muttertiere übertragen, alle starben nach wenigen Tagen
(taz 16.11.07; Freie Presse Chemnitz 15.11.07)
· USA:
geklonte Tiere dürfen zur Lebensmittelproduktion eingesetzt werden; besondere
Kennzeichnung ist nicht notwendig;
Europäische Lebensmittelbehörde EFSA (Entwurf einer Stellungnahme): Es gibt
keine gesundheitlichen Risiken beim Genuss von Klonprodukten;
weltweit bisher 4000 Kühe und 1500 Schweine geklont;
(taz 18.1.08)
· (12)
Geklonte Tiere: Schaf (Dolly) 1996; Maus und Rind 1998, Ziege 1999; Schwein
2000; Katze und Kaninchen 2002; Maultier, Pferd und Ratte 2003; Hund 2005
(Stefan Rehder: Gott spielen – Im Supermarkt der Gentechnik, Pattloch, München,
2007)
· Argentinien;
Klonkuh nach dem Dolly-Verfahren hergestellt; menschliche DNA in ihr Erbgut
eingeschleust; mit der Milch soll Insulin produziert und abgegeben werden;
vermutlich mindestens 30% billiger als Insulin aus bakterieller Produktion; 25
geklonte Kühe könnten den Insulinbedarf für alle 1,5 Millionen argentinischen
Diabetiker abdecken
(Spiegel 9-2008 S.65)
· In Japan
seit 1998 535 Rinder geklont; Lebensmittelbehörden in den USA und der EU haben
keine Bedenken gegen die Einführung von Klonprodukten (als Lebensmittel);
(taz 4.4.08)
· Das weltweit
erste Klonpferd (geboren 2003 in Italien) hat auf natürliche Weise ein Fohlen
gezeugt, das sich bester Gesundheit erfreut
(taz 9.5.08)
· Snuppy, der
weltweit erste Klonhund in Südkorea (2005), hat sich erfolgreich fortgepflanzt;
ebenfalls geklonte Hündinnen wurden nach künstlicher Befruchtung schwanger, Föten
seien gesund (noch nicht geboren ?JK)
(Freie Presse Chemnitz 26./27.4.08)
· Klonen von
Hunden in Südkorea; Fähigkeit zum Erschnüffeln von Drogen und Sprengstoff;
jetzt neu: Krebserkrankungen im menschlichen Körper erschnüffeln; 4 Klonhunde
dafür geboren; Marktwert 310.000 Euro je Tier
(taz 20.6.08)
·
Das
wissenschaftliche Komitee der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit
(EFSA) hat Gutachten zum Einfluss des Klonens
von Tieren auf die Nahrungsmittelsicherheit und die Gesundheit und das
Wohlergehen der Tiere veröffentlicht;
geringe Datenbasis erschwerend; Aussagen nur zu Rindern und Schweinen;
signifikante Auswirkungen des Klonens auf Gesundheit und Wohlergehen von
Leihmüttern und geklonten Tieren treten in größerer Häufigkeit und
schwerwiegender auf als bei konventionell gezeugten Tieren;
die Raten, bei denen die Technik überhaupt zu lebenden Tieren führe, sei
gering, bei Rindern etwa 10%;
die Gesundheit vieler Nachkommen sei zum Teil schwer geschädigt;
es sei unwahrscheinlich, dass sich negative Konsequenzen für die
Nahrungsmittelsicherheit ergeben
(GID 189 August 2008 S.24)
· Japan:
Klonen von Mäusen aus 16 Jahre tiefgefrorenen Zellen (minus 20 Grad) gelungen;
von den vier entsatndenen Klonen überlebten zwei und entwickelten sich normal,
ein Tier zeugte sogar gesunde Nachkommen
(ZEIT 6.11.08 S.46, bild
der wissenschaft 2-2009 S.13)
· britisches
Unterhaus hat das umstrittene Gesetz zur Herstellung von Tier-Mensch-Embryonen
endgültig gebilligt; 355 gegen 129 Stimmen; es erlaubt die Produktion von
Embryonen aus Menschenerbgut und Tier-Eizellen; diese Chimären dürfen bis zu 14
Tage nach der Befruchtung (? Herstellung JK) für Forschungszwecke verwendet
werden
(taz 24.10.08)
· Japan;
Embryo eines vom Aussterben bedrohten Kaninchens geklont; Zelle eines toten Kaninchens
in die Eizelle eines normalen Hasen eingepflanzt; Leihmutter
(taz 21.11.08)
·
Die
deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde hält das Klonen (von Nutztieren)
„mittel- und langfristig für ein wichtiges Instrument, das die vorhandenen Züchtungstechnologien
sinnvoll ergänzen kann“
die Zahl der Klonkühe weltweit wird heute auf 4000 geschätzt, die der
Klonschweine auf knapp 1500;
allein die texanische Firma Viagen verkauft jedes Jahr 150 geklonte Rinder an
Tierzüchter;
im Januar 2008 hat die amerikanische Behörde Food and Drug Administration (FDA)
Fleisch und Milchprodukte von geklonten Tieren und deren Nachkommen für
unbedenklich erklärt;
in Deutschland klonen Wisenschaftler bislang nur für die Forschung; Rinder,
Kaninchen, Schweine; besonders wertvoll sind Tiere, die gentechnisch so
verändert wurden, dass sie menschliche Hormone produzieren oder sich als
Versuchstiere für menschliche Krankheiten eignen … an solchen Tieren hat die
Pharmaindustrie großes Interesse, um Medikamente zu testen.;
weil sich erfahrungsgemäß nur wenige Embryonen einnisten, injizieren die
Forscher an die 100 Embryonen gleichzeitig (bei Schweinen);
erfolgreiches Klonen bei Rindern 9%, bei anderen Tieren liegt die Erfolgsrate
unter 5% (Schweine, Ziegen, Schafe, Kaninchen, Pferde)
(bdw 11/2008 S.28ff.)
·
die
Klon-Kopie eines Zuchtbullen kostet
10-20.000 Dollar
(ÖKOTEST Magazin 7/2008 S.121)
· aus dem
tiefgekühlten Erbgut (13 Jahre lang tiefgefrorene Hodenzellen) eines berühmten
Bullen sind in Japan erfolgreich vier Kälber durch Klonen gezeugt worden; zwei
überlebten; Kriterium: besonders begehrte Fleischqualität
(Freie Presse Chemnitz 9.1.09)
· etwa 5000
Klonkühe stehen weltweit auf den Weiden;
beim Klonen von Tieren noch immer ein Problem: Aktivierung der Gene – aber:
heute ist die Rate der erkrankten und missgebildeten Klone auf einen Bruchteil
(gegenüber DOLLY) gesunken;
Klonen einer Kuh kostet bis zu 20.000 Dollar; bald für 7.000 Dollar möglich;
Erfolgsquote beim Klonen von Rindern (Firma ViaGen): 1 zu 10; etwa die Hälfte
der in Leihmütter verpflanzten Klonembryonen wächst gar nicht an, es entsteht
keine Schwangerschaft; von den anderen 5 werden nur 2 geboren, eines stirbt
noch kurz nach der Geburt
(ZEIT 8.4.09 S.31)
· USA: Vergleichsstudie zwischen
Klonzellen aus menschlichen Zellkernen und tierischen bzw. menschlichen
Eizellen;
49 Klonembryonen durch Transfer menschlicher Zellkerne in entkernte menschliche
Eizellen;
165 hybride Embryonen durch Transfer menschlicher Zellen in entkernte Eizellen
von Kühen, Kaninchen und Mäusen;
Genexpression der menschlichen Klonembryonen stimmte mit der bei IVF-Embryonen
beobachteten weitgehend überein; bei den Tier-Mensch-Hybriden deutliche
Unterschiede;
(GID 192 Februar 2009 S.26)
· in Dubai erstmals Kamel geklont
(taz 17.4.09 S.18)
· Klonen von Mäusen gelungen, die 16
Jahre lang bei minus 20 Grad Celsius im Eis gesteckt hatten; im Hirngewebe und
im Blut noch intakte Zellkerne
gefunden; vier Klone von Leihmüttern ausgetragen, 2 überlebten, ein Tier zeugte
gesunde Nachkommen
(bdw 2-2009 S.13)
· China; fünf
menschliche Embryonen erfolgreich bis zum Blastozysten-Stadium geklont; 135
Eizellen von 12 Frauen; in die entkernten Eizellen Haut- oder Blutzellen
eingesetzt, die unter anderem von Parkinsonpatienten bzw. von abgetriebenen Föten stammten; bei 9 der 58 Klonversuche entstanden Embryonen bis zum
16-Zell-Stadium, 5 entwickelten sich zu einer Blastozyste mit über 100 Zellen,
aus der embryonale Stammzellen gewonnen werden können;
(GID Nr.192 2-2009 S.26)
· US-amerikanische
Forschergruppe; hat zum einen 49 Klon-Embryonen durch den Transfer menschlicher
Zellkerne in entkernte menschliche Eizellen hergestellt;
zum anderen entstanden 165 hybride menschliche Embryonen durch den Transfer
menschlicher Zellen in entkernte Eizellen von Kühen, Kaninchen und Mäusen;
während die Genexpression der Mensch-Mensch-Klonembryonen mit der bei
IvF-Embryonen weitgehend übereinstimmte, unterschied sich die Genexpression der
Hybriden bei 2.379 bis 2950 Genen;
damit steht „der potenzielle Nutzen dieser tierischen Eizellen zur Produktion
patientenspezifischer Stammzellen in Frage“
(GID Nr.192 2-2009 S.26)
· EU-Ministerrat
in Brüssel beschloss, das Fleisch von Nachkommen geklonter Tiere unter strengen
Auflagen zum Verkauf freizugeben; es treffe nicht zu, dass die EU dem
Klonfleisch die Tür weit öffnen wolle, vielmehr gebe es im Moment keine
Regelungen für das Fleisch von Nachkommen geklonter Tiere; mit der
Gesetzesnovelle werde ein strenges Genehmigungsverfahren eingeführt
(taz 19.3.2010 S.18)
· in Großbritannien
ist das Fleisch von zwei durch Klonen erzeugten Bullen in den Handel gelangt;
Deutscher Tierschutzbund:
nur 0,5 bis 5 % der Klonembryonen, die in die Leihmutter eingepflanzt werden,
überleben;
geborene Klontiere würden öfter erkranken als normal gezeugte;
Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit:
10 bis 15 % der Rinderembryonen überleben
(taz 6.8.2010 S.2)
· die
EU-Kommission will das Klonen von Tieren zur Lebensmittelerzeugung vorläufig
verbieten; Moratorium von 5 Jahren vorgeschlagen;
(taz 16./17.10.2010)
· Japanische
Forscher möchten ein Klon-Mammut zum Leben bringen. Das Erbgut solle aus einem
Kadaver kommen, der gefroren in einem russischen Labor liege;
Eizellen von in Zoos verstorbenen Elefantenkühen verwenden, diese entkernen und
darin das Mammut-Erbgut einsetzen; Elefantenkuh soll Embryo eingepflanzt
bekommen und austragen;
im gleichen Labor war es 2008 gelungen, aus 16 Jahre lang eingefrorenem Erbgut
Mäuse zu klonen;
wenn alles gut gehe, könne in 5-6 Jahren ein Mammut geboren werden;
die technischen Probleme sind gelöst, was wir brauchen, ist eine gute Probe von
Zellen eines Mammuts
(taz 21.1.2011 S.18)
· Noahs Petrischale
Biotechniker wollen vom Aussterben bedrohte Tiere retten - durch Klonen. Doch
was hilft die Labortechnik, wenn die Lebensräume schwinden?
Mehrfach pro Woche erschafft Martha Gómez neues Leben. Heute will sie
eine südafrikanische Schwarzfußkatze erzeugen. Mit einer hauchdünnen Hohlnadel injiziert die Tiermedizinerin
unter dem Mikroskop eine Körperzelle der gefährdeten Katzenart in die entkernte
Eizelle einer Hauskatze. Dann legt sie Strom an.
"Neun Volt Wechselstrom für fünf Mikrosekunden; dann 21 Volt Gleichstrom
für 35 Mikrosekunden", sagt Gómez. Zapp! Ruckartig spannt sich die Eizelle
unter den Stromstößen. In der Zelle brodelt es. Dann herrscht Ruhe.
"In einer halben Stunde schaue ich nach, ob die Zellen richtig miteinander
verschmolzen sind", sagt die Forscherin vom Audubon Center for Research of
Endangered Species in New Orleans. Schon am Tag darauf sollen die geklonten Embryonen in die Gebärmutter einer
gewöhnlichen Hauskatze eingesetzt werden. Die tierische Leihmutter soll dann
artfremdes Leben austragen.
Biotechniker wie Gómez erhoffen sich eine neue Ära des Artenschutzes. Um
bedrohte Spezies zu retten, reißen sie biologische Grenzen nieder und
erschaffen chimärenhafte Embryonen, die Zellmaterial von zwei Säugetierarten
enthalten. Pardelluchs, Tiger, Äthiopischer Wolf oder Pandabär - sie alle
könnten bald von artverwandten Leihmüttern ausgetragen und so für die Nachwelt
gerettet werden.;
Die welterste Leihmutter eines artfremden Klontieres trug Euter und hieß
Bessie. Anfang 2001 brachte die Kuh in den USA per Kaiserschnitt einen Gaur zur
Welt, eine gefährdete Rinderart aus Südostasien. Das von der US-Firma Advanced
Cell Technology geklonte Gaur-Kalb namens Noah lebte indes nur kurz. Eine
Darmentzündung raffte das Tier zwei Tage nach der Geburt dahin.
Seither haben Forscher Dutzende Versuche der artübergreifenden
Gebärhilfe unternommen - mit begrenztem Erfolg. Wenn überhaupt Tiere lebend
geboren wurden, so starben sie meist kurz danach.;
Auch die Naturschutzorganisation WWF ist ein Gegner. "Lebensräume lassen
sich nicht klonen", sagt WWF-Wildtierexpertin Sybille Klenzendorf. Eine
Art sei mehr als die Summe ihrer Gene. "Was nützt uns ein geklontes Tier,
wenn wir keinen Platz mehr haben, wo die Art leben kann?", fragt
Klenzendorf. Klonen sei auch viel zu teuer: "Das Geld wäre besser in
direkter Hilfe zum Erhalt der Lebensräume investiert."
Auch die bislang schlechte Erfolgsquote von unter sieben Prozent spricht
dagegen, dass die Petrischale zur Arche Noah wird. Hunderte Eizellen und Dutzende Leihmütter sind notwendig, um nur einen
einzigen lebensfähigen Klon zu erschaffen.
Gómez räumt die Probleme ein. Insbesondere das artenübergreifende Klonen
bereitet noch Kopfzerbrechen. Beim Verschmelzen von Zellen, die von zwei Arten stammen, kommt es oft zu großem
Durcheinander. Gene werden zur falschen Zeit an- oder abgeschaltet, Entwicklungsschritte
geraten in Verzug.
(Spiegel 45-2012 S.120ff)
·
Japanische
Forscher haben 598 genetische Kopien einer einzigen Maus erschaffen. Es handle
sich um das mit Abstand größte Klonprojekt mit einem Säugetier. In dem seit
sieben Jahren laufenden Experiment sei inzwischen die 26. Generation von Klonen
der Maus entstanden.
(Freie Presse Chemnitz 9.3.2013 S.8)
·
Ethische
Problemzone
Ein Gespräch mit dem Stammzellforscher Oliver Brüstle über die Bedeutung der
amerikanischen Klonversuche und über die Grenzen der Forschung an Embryonen;
Brüstle: Es gibt durchaus Verfahren, die durch internationale
Konventionen gebannt werden sollten. Hierzu zählen meines Erachtens das
reproduktive Klonen und bleibende Eingriffe in die menschliche Keimbahn.
Schwieriger zu beantworten ist die Frage, ob wir alle Verfahren und
Forschungsbereiche verbieten wollen, die missbräuchlich eingesetzt werden
können. So lassen sich aus reprogrammierten Hautzellen verschiedenste,
medizinisch außerordentlich wertvolle Körperzelltypen herstellen. Es ist aber
auch denkbar, daraus Ei- und Samenzellen zu gewinnen. Sollten wir deshalb das
gesamte Gebiet der Zellreprogrammierung verbieten? Oder zumindest die
künstliche Ausreifung von iPS-Zellen in Ei- und Samenzellen? Oder nur deren
Verwendung zur Herbeiführung einer Schwangerschaft? Dieses Beispiel
verdeutlicht, dass es bei den neuen, vielfältig einsetzbaren Verfahren der
Stammzellforschung immer schwerer fällt, Missbrauch über Technologieverbote zu
verhindern. Letztendlich ist es die menschliche Handlung und nicht das
Potenzial der Technologie, was zwischen nutzbringendem Einsatz und Missbrauch
unterscheidet. Das reicht von der Atomkraft bis zur Stammzellforschung.;
Chronik des Klonens:
1902
teilt der Zoologe Hans Spemann einen zweizelligen Salamanderembryo
mithilfe eines Haares. Beide Zellen entwickeln sich zu vollständigen
Tieren, zu Klonen.;
1952
übertragen Robert Briggs und Thomas King Zellkerne von Fröschen
in entkernte Eizellen. Bei 104 Versuchen entstehen 35 Embryonen und 27
Kaulquappen, jedoch kein lebensfähiger Frosch.;
1986
klont der Däne Steen Willadsen das erste Säugetier.
Ein Lamm entsteht durch Übertragung eines embryonalen Zellkerns in eine
entkernte Eizelle.;
1994
zerteilt der amerikanische Reproduktionsmediziner Jerry Hall
einen menschlichen embryonalen Zellhaufen und lässt die so entstandenen
Klone eine Weile wachsen, bevor er sie zerstört.;
1996
kommt Klonschaf Dolly zur Welt und sorgt bei der Präsentation
durch Ian Wilmut im Februar 1997 weltweit für Aufregung. Denn Dolly ist
der erste Klon aus der Zelle eines erwachsenen Tieres. Bald darauf klonen Ryuzo
Yanagimachi und Teruhiko Wakayama von der University of Hawaii die erste Maus.;
1997
stellt Wilmut das erste gentechnisch veränderte Klonschaf
Polly vor. Solche Tiere sollen Arzneimittel liefern, etwa Gerinnungsfaktoren für
Bluterkranke. Am 5. Dezember 1997 verkündet der Reproduktionsmediziner
Richard Seed, er wolle Menschen klonen. Die meisten Experten halten den
Harvard-Absolventen für verrückt.;
1998
produziert die US-Firma Advanced Cell Technology (ACT) das erste
Klonkalb, Zweifel an der Nutzbarkeit der Dolly-Methode schwinden. Der
Amerikaner James Thomson züchtet im Labor menschliche embryonale
Stammzellen.;
1999
heilt der Bonner Neurobiologe Oliver Brüstle nervengeschädigte
Mäuse mit embryonalen Maus-Stammzellen. 2000 beantragt er die Forschung
an importierten menschlichen Stammzellen.;
2001
beruft Bundeskanzler Schröder den Nationalen Ethikrat. Der
Bundestag debattiert über Stammzellforschung, die Kritik am veralteten
Embryonenschutzgesetz nimmt zu. Die US-Firma ACT klont einen menschlichen
Embryo, um Stammzellen zu gewinnen.;
2002
erlaubt der Bundestag den Import embryonaler Stammzellen unter
strengen Auflagen. Die Zellen müssen vor dem 1. Januar 2002 entstanden
sein; so soll jeder Anreiz zur Nutzung neuer Embryonen vermieden werden.
Großbritannien erlaubt therapeutisches Klonen.;
2003
gelingt dem US-Forscher James Thomson das gezielte Ausschalten
oder Ersetzen kranker Gene in menschlichen embryonalen Stammzellen. Der
Bundestag fordert mit breiter Mehrheit ein totales und globales Klonverbot für
menschliche Embryonen.;
2004
verkündet eine südkoreanische Forschergruppe um
Hwang Woo Suk die erstmalige Gewinnung menschlicher Stammzellen aus einem
geklonten Embryo. Die Arbeit stellt sich Jahre später als Betrug heraus.
Im November scheitert bei den UN ein Antrag, das Klonen weltweit zu verbieten.;
2006
zeigt der Japaner Shinya Yamanaka, dass nur vier Faktoren in der
unbefruchteten Eizelle bewirken, dass die Prägungen der Erbanlagen gelöscht
werden und sich neue Lebewesen entwickeln können. Die Japaner schleusen die
vier Gene in Hautzellen von Mäusen ein, später in menschliche Zellen. Aus
diesen induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS) können alle Typen von
Körperzellen hervorgehen.;
2007
gelingt es Forschern der Oregon Health and Science University
erstmals, Primaten – genauer: Rhesusaffen – zu klonen. Dabei verbrauchen sie
304 Eizellen. Aus den geklonten Embryonen gewinnt das Team embryonale
Stammzellen.;
2008
klonen japanische Forscher erstmals lebendige Tiere aus den
Zellen von Mäusen, die 16 Jahre lang im minus 20 Grad Celsius kalten
Frostfach des Labors lagerten.;
Aus einer
Körperzelle kann ein vollständiger Embryo entstehen. Dazu wird der Zelle ihr
Kern entnommen und in eine leere Eizellhülle transferiert. Nach mehreren
Teilungen entsteht ein Embryo. In eine Gebärmutter übertragen, könnte er zum
Menschen heranwachsen. Die Forscher haben ein anderes Ziel: Die embryonalen
Stammzellen können defektes Gewebe ersetzen und Krankheiten heilen.
(Die Zeit 16.5.2013 S.1+37 - http://www.zeit.de/2013/21/wissenschaft-klonen-mensch;
http://www.zeit.de/2013/21/oliver-bruestle-stammzellen-klonen)
· Mit
einer spektakulären Ankündigung hat der Zellbiologe von der Oregon Health &
Science University die Medien in Aufruhr versetzt: Die Entwicklung eines Menschenlebens, vom
befruchteten Ei zum Embryo, vom Neugeborenen zum Erwachsenen mit all seinen
spezialisierten Körperzellen, ist nicht länger ein Trip auf der Einbahnstraße.
Mitalipov und seine Kollegen haben die Uhr des Lebens zurückgedreht.
Der russischstämmige Forscher hat in Beaverton, im US-Bundesstaat Oregon,
menschliches Leben geklont. Aus Hautzellen von Föten und kranken Kindern ließen
er und sein Team wieder lebensfähige Embryonen entstehen. In Kulturschalen
voller Nährflüssigkeit wuchsen die Laborwesen heran, dann verwandelte man sie
in Zellkulturen. Damit steht seit Mittwochabend dieser Woche, knapp 16 Jahre
nach dem Klonschaf Dolly, offiziell fest: Der Mensch ist ein Tier, auch in
Sachen Klonen. Die Klonprozedur funktioniert in Mitalipovs Labors im Oregon
National Primate Research Center sogar besser als bei Tieren. Unter optimalen
Ausgangsbedingungen sei ihnen bei jedem zweiten Versuch ein Kopiererfolg
gelungen, berichten die Forscher im Fachblatt Cell. Wird nun der Mensch zu
einem Serienprodukt der Fortpflanzungstechnik?
Dabei ging es den Forschern gar nicht um geklonte Menschenkinder. Sie hatten es
auf embryonale Stammzellen (ES) abgesehen, die in der regenerativen Medizin als
große Hoffnungsträger gelten. Dazu ließen sie die Klonembryonen in ihren
Kulturschalen sieben Tage wachsen, bis diese aus jeweils etwa 150 Zellen
bestanden. Dann züchtete man aus ihnen ES-Kulturen, die nun in den
Brutschränken der US-Forscher wachsen.;
Christiane Woopen, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, sieht dennoch
Handlungsbedarf. Das deutsche Recht, insbesondere das Embryonenschutzgesetz,
müsse nun dringend überarbeitet und präzisiert werden. So sei zum Beispiel
nicht geregelt, ob einem geklonten Embryo dieselben Wertungen und
Schutzpflichten zukämen wie einem normalen.;
Trotz zahlreicher Versuche gelang es Wissenschaftlern in den vergangenen 15
Jahren nie, einen lebensfähigen menschlichen Embryo zu klonen. Wenn doch ein
Versuch reüssierte, verkümmerten die Retortengeschöpfe nach kurzer Zeit
kläglich. Angesichts der beständigen Fehlschläge erklärten einige Forscher,
Primaten seien infolge biologischer Barrieren grundsätzlich nicht klonbar.
Ein Irrtum, wie sich nun zeigt. Den ersten Hinweis darauf lieferten Experimente
in Mitalipovs Laboren bereits 2007. Damals vermeldeten die Forscher in Oregon
nach langen Tüfteleien die ersten geklonten Rhesusaffen. Der Mensch, so ahnten
manche, werde wohl folgen.;
(Die Zeit 16.5.2013 S.36 - )
· (Erfolgreiche
Versuche zum therapeutischen Klonen von menschlichen Stammzellen)
US-Forscher haben erstmals per Klontechnik menschliche embryonale Stammzellen
produziert. Sie nutzten dazu ein Verfahren, das auch zum Klonschaf Dolly
führte;
„Dass das Prinzip funktioniert, wissen wir schon lange. Jetzt haben wir den
Beweis“, sagte der Kölner Stammzellexperte Jürgen Hescheler. „Erstaunlich“ sie
die „hohe Effizienz“.
Die Stammzellforschung habe jetzt ein „weiteres Werkzeug“.
(Freie Presse Chemnitz 17.5.2013 S.1+4)
· taz:
Herr Besser, die Kirchen sind empört, Ethiker laufen Sturm, und jetzt fordert
der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gesetzliche Grenzen für die Gentechnik:
Rechtfertigt der Tabubruch Ihrer Stammzell-Kollegen aus den USA Konsequenzen
für die Forschung hierzulande?
Daniel Besser: Die Forscher haben keinen Menschen geklont. Sie haben gezeigt,
dass menschliche embryonale Stammzellen durch Klonen hergestellt werden können.
Dass das möglich ist, wussten wir bislang nur für verschiedene Tiere. Diese Art
von Zelltransfer ist bei uns verboten, und ich würde auch nicht sagen, dass wir
ihn unbedingt bräuchten.;
taz: Noch mal: Darf es Grenzen geben bei der Grundlagenforschung zu embryonalen
Stammzellen?
Die große ethische Frage ist: Wo kommen die Eizellen her? Sie müssen von Frauen
gewonnen werden. Möglicherweise werden wir eines Tages so weit sein, dass es
uns gelingt, aus Körperzellen, die wir in einen pluripotenten Zustand
zurückprogrammieren konnten - einen Zustand also, aus dem heraus die Zellen
wieder alles werden können - auch Eizellen herstellen können. Dann könnten wir
diese Zellen aber auch zu Spermazellen reprogrammieren - und dann mit ihnen die
reprogrammierten Eizellen befruchten. Um Ihrer Frage zuvorzukommen: Das
ethische Problem bliebe. Wir würden es bloß verlagern.
(taz 22.5.2013 S.7)
· Die vor
etwa einer Woche veröffentlichte Studie zu geklonten menschlichen Embryonen
enthält Fehler. Dies räumte der Leiter der Studie ein … Flüchtigkeitsfehler,
die die Ergebnisse nicht beeinträchtigen …
(Freie Presse 24.5.2013 S.8)
· Mediziner
Rudolf Jaenisch (Cambridge, USA);
Spiegel: Amerikanische Biologen berichten im Fachblatt „Cell“, wie sie
gewöhnliche Körperzellen des Menschen in entkernte Eizellen eingeschleust und
auf diese Weise einige geklonte Embryonen aus jeweils 150 Zellen erschaffen
haben. Ist das ein wissenschaftlicher Durchbruch?
Jaenisch: Die neuen Experimente haben ein offenes Problem gelöst. Aufgrund
früherer Experimente gingen viele Forscher davon aus, ein Klon des Menschen
würde über das 8-Zell-Stadium nicht hinauskommen. Ich selbst hatte aus
bisherigen Arbeiten den Schluss gezogen, dass es im Prinzip zwar geht, die
Hürden aber noch nicht genommen sind. Es ist ja schon schwierig, genügend
Eizellen zu kriegen.
Spiegel: Die neuen Klonexperimente haben auch nur bei Eizellen einer einzigen
Spenderin geklappt.
Jaenisch: Das zeigt, die Qualität der Eizellen ist entscheidend.
Spiegel: Die Biologen haben den Zellen Koffein zugesetzt. Warum?
Jaenisch: Koffein hemmt ein bestimmtes Enzym und verzögert die Aktivierung der
Eier – das hat einen wichtigen Unterschied gemacht. Indem sie das Timing
veränderten, haben die Forscher ein wichtiges technisches Problem offenbar gelöst.
Klonen geht bei Mäusen, Kühen, Schafen – und nun zeigt sich: auch beim
Menschen.
(Der Spiegel 21-2013 S.110)
· Auf der ganzen
Welt wollen Forscher ausgestorbene Tierarten neu züchten. Kann der Traum wahr
werden?;
der amerikanische Umweltaktivist Stewart Brand. Er träumt davon, das
Artensterben ungeschehen zu machen. 24 ausgerottete Tierarten will er auf die
Erde zurückholen.;
Ein ehrgeiziges Vorhaben, aber Brand ist fest entschlossen. Für sein Projekt
De-extinction hat er im vergangenen Jahr rund 40 Fachleute aus
unterschiedlichen Forschungsfeldern gewonnen. Mit verschiedenen Verfahren –
etwa dem Klonen, der Rückzüchtung und der Gentechnik – wollen die
Arbeitsgruppen noch in diesem Jahrzehnt die ersten Tiere wiederauferstehen
lassen.;
Den Anfang soll nicht gleich das sagenumwobene Mammut machen, sondern erst
einmal die Wandertaube (Nordamerika) ….
Sie stehen ausgestopft in Museen, ihr Gewebe trägt aber große Mengen an gut
erhaltenem Erbmaterial in sich. Deshalb ist die Wandertaube wohl der
aussichtsreichste Kandidat für eine Wiederbelebung. Der junge Genetiker Ben
Novak und die amerikanische Evolutionsbiologin Beth Shapiro arbeiten daran,
mehrere Genome zu sequenzieren, also Stück für Stück zu entschlüsseln.
Wenn alles gut geht, kennen sie am Ende den kompletten genetischen Bauplan der
Vögel. Körperbau, Gefiederfarbe, Stimmklang – alle Eigenschaften sind darin
niedergeschrieben. Um lebendige Wandertauben zu erschaffen, reichen die
Informationen aber nicht aus. Die Forscher nehmen eine Vogelart zu Hilfe, die
noch lebt: die in Westamerika heimische Schuppenhalstaube.
Ihr Erbgut soll ebenfalls entziffert und dann mit dem der Wandertaube
verglichen werden. Da die beiden Vögel eng verwandt sind, werden die
Wissenschaftler auf viele ähnliche DNA-Abschnitte stoßen. An ein paar Stellen
muss das Genom der Schuppenhalstaube aber von dem der Wandertaube abweichen.
Diese Regionen wollen Novak und Shapiro mit gentechnischen Werkzeugen aus ihrem
Erbgut ausschneiden. Die Lücken werden sie mit den entsprechenden
Wandertauben-Abschnitten flicken. So verwandeln sie das Erbgut der grau
gefiederten Schuppenhalstaube buchstäblich schrittweise in das der rostroten
Wandertaube.
Mit dem Genom wollen die Forscher Embryonen erschaffen, die in einem Taubenei
zu Küken heranwachsen sollen. Ihre Keimzellen werden – so die Hoffnung der
Wissenschaftler – die Erbinformationen von Wandertauben in sich tragen. Wenn
sie sich später paaren, könnten aus ihren Eiern echte Wandertauben schlüpfen.;
Missbildungen und Krankheiten kommen bei geklonten und gentechnisch erzeugten
Tieren immer wieder vor. Das Klonschaf Dolly litt schon als Jungtier unter
Alterserscheinungen wie Arthritis. Schuld waren Schäden in ihren Genen. Denn
anders als normale Jungtiere kommen Klontiere nicht mit einem
"frischen" Erbgut auf die Welt, ihre Gene entstammen schließlich
alten Zellen, in denen sich bereits zahlreiche Mutationen angesammelt haben.
(Die Zeit 4.7.2013 S 32 http://www.zeit.de/2013/28/gentechnik-ausgestorbene-tierarten)
· SACHSTAND
Zwei Ansätze der Stammzellforschung stellen derzeit in Aussicht, aus körpereigenen
Zellen patientenspezifische differenzierungsfä- hige pluripotente
Stammzelllinien zu entwickeln, aus denen eine Vielzahl verschiedener
immunverträglicher Zelltypen für eine therapeutische Verwendung gewonnen werden
könnte: die Herstellung embryonaler Stammzellen nach somatischem
Zellkerntransfer (SCNT) und die Bildung induzierter pluripotenter Stammzellen
(iPS-Zellen). Beim somatischen Zellkerntransfer wird das Kerngenom einer
Körperzelle in eine zuvor entkernte Eizelle übertragen. Unter geeigneten Bedingungen
kann sich aus diesem Konstrukt ein Embryo entwickeln, der genetisch mit dem
Spender der Körperzelle weitgehend identisch ist. Ein solcher Embryo ist nach
allgemeinem Verständnis ein Klon des Spenders. Er kann sich – wie im Fall des
geklonten Schafs Dolly zum ersten Mal bei einem Säugetier gelungen –
gegebenenfalls sogar bis zur Geburt weiterentwickeln. Bei diesem Prozess treten
allerdings sehr häufig Fehlgeburten, Missbildungen und Krankheiten auf. Aus
einem so erzeugten Klon-Embryo kann man alternativ im Blastozystenstadium –
etwa am fünften Entwicklungstag – die Zellen des Embryoblasten (der inneren
Zellmasse) isolieren und als pluripotente embryonale Stammzellen kultivieren.
Deren Differenzierungsfähigkeit und genetische Identität mit dem Spender der
Körperzelle ermöglichen es theoretisch, aus einer solchen Stammzelllinie für
den Spender eine Vielzahl von therapeutisch nutzbaren immunkompatiblen
Zelltypen zu generieren. Eine solche Herstellung von pluripotenten Stammzellen
zu Forschungszwecken mit therapeutischer Zielsetzung wird verkürzt häufig als
„therapeutisches Klonen“ bezeichnet. Der Klon-Embryo wird durch die
Stammzellentnahme zerstört. 2013 gelang es erstmals, durch somatischen
Zellkerntransfer erzeugte menschliche Embryonen so weit zu entwickeln, dass
ihre Embryoblastzellen als embryonale Stammzellen kultiviert werden konnten.2
Mindestens zwei weitere Forschergruppen konnten dieses Experiment seitdem mit
unterschiedlichen Spenderzellen wiederholen.3 Vor dem Hintergrund dieser
Ergebnisse wächst die Wahrscheinlichkeit, dass auch das Klonen von Menschen zu
Fortpflanzungszwecken zumindest technisch möglich wird. Eine zweite Methode,
körpereigene pluripotente Stammzellen herzustellen, besteht darin, Körperzellen
durch die Behandlung mit bestimmten Biomolekülen in ein
entwicklungsbiologisches Stadium umzuprogrammieren, das demjenigen embryonaler
Stammzellen sehr ähnlich ist. Diese sogenannten induzierten pluripotenten
Stammzellen wurden 2006 zum ersten Mal erfolgreich hergestellt.4 Es konnte bislang
eine Vielzahl unterschiedlicher Zelltypen aus ihnen gewonnen werden. Auch im
Zusammenhang mit iPS-Zellen stellen sich Fragen zum reproduktiven Klonen. Mit
der Methode der tetraploiden Komplementierung gelang es 2009 im Tierversuch,
aus iPS-Zellen einen entwicklungsfähigen Embryo heranreifen zu lassen.5 Dafür
werden iPS-Zellen in einen Embryo mit vierfachem (tetraploiden) Chromosomensatz
eingefügt. Dieser tetraploide Embryo wurde zuvor aus der Verschmelzung der
Blastomeren eines Embryos im Zweizellstadium erzeugt. Die iPS-Zellen können
sich in Verbindung mit dem tetraploiden Embryo zu einem Embryoblasten und im
weiteren Verlauf zu einem lebensfähigen Individuum weiterentwickeln, das somit
ein Klon des iPS-Spenders ist. Die Zellen des tetraploiden Embryos bilden dabei
ausschließlich extrakorporales Gewebe wie zum Beispiel die Plazenta. Eine
Anwendung dieser Technik, beispielsweise zum Zweck des reproduktiven Klonens,
ist auch mit humanen iPS-Zellen prinzipiell denkbar. …
Darüber hinaus ist es bereits gelungen, aus iPS-Zellen Keimbahnzellen zu
entwickeln und diese nach Verpflanzung in die Keimdrüsen von Tieren zu voll
funktionsfähigen Keimzellen reifen zu lassen. Im Tierversuch konnten aus
solchen von iPS-Zellen abstammenden artifiziell erzeugten Samen-6 und Eizellen7
durch Befruchtung lebensfähige Individuen erzeugt werden. Es ist nicht
auszuschließen, dass künftig versucht wird, diese Technik auch beim Menschen zu
Fortpflanzungszwecken einzusetzen, und zwar auch in Konstellationen, bei denen
auf natürlichem Wege keine Fortpflanzung möglich ist. So könnten
gleichgeschlechtliche Paare versuchen, mit beiden Elternteilen genetisch
verwandte Kinder zu erzeugen. Letztlich könnte die Methode sogar eingesetzt
werden, um künstlich hergestellte männliche und weibliche Keimzellen von ein
und demselben Individuum zusammenzubringen und daraus einen Embryo entstehen zu
lassen. Damit ergibt sich eine mit dem Klonen zumindest verwandte Frage, denn
der Embryo ist zwar kein Klon, hat aber dennoch nur einen genetischen Elternteil.
…
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass aktuelle Ergebnisse der
Stammzellforschung das Klonen von Menschen zu Fortpflanzungszwecken dem Bereich
des technisch Machbaren annähern. Angesichts der in diesem Rahmen eingesetzten
reprogrammierten Körperzellen und künstlich hergestellten Embryonen wird zudem
die Grenze zwischen somatischen Zellen und Keimbahnzellen, aus denen sich ein
neues Lebewesen entwickeln kann, technisch überschreitbar.
Rechtliche Fragen:
… Das Stammzellgesetz (StZG) regelt die Einfuhr sowie die Verwendung von
solchen (humanen) embryonalen Stammzellen, die sich im Inland befinden. Nach §
3 StZG – sind Stammzellen alle menschlichen Zellen, die die Fähigkeit besitzen,
in entsprechender Umgebung sich selbst durch Zellteilung zu vermehren, und die
sich selbst oder deren Tochterzellen sich unter geeigneten Bedingungen zu
Zellen unterschiedlicher Spezialisierung, jedoch nicht zu einem Individuum zu
entwickeln vermögen (pluripotente Stammzellen), – sind embryonale Stammzellen
alle pluripotenten Stammzellen, die aus Embryonen gewonnen wurden, die
extrakorporal erzeugt und nicht zur Herbeiführung einer Schwangerschaft
verwendet oder einer Frau vor Abschluss ihrer Einnistung in der Gebärmutter
entnommen worden sind, – ist Embryo bereits jede menschliche totipotente Zelle,
die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu
teilen und zu einem Individuum zu entwickeln vermag. Daraus folgt: Das Gesetz
erfasst iPS-Zellen als solche nicht. Sie sind zwar pluripotent, müssten aber,
um vom Stammzellgesetz erfasst zu werden, zum einen aus Embryonen gewonnen
worden sein und zum anderen zu dem Zeitpunkt, zu dem sie aus Embryonen gewonnen
wurden, bereits pluripotent gewesen sein….
Es komme damit nicht auf die Methode, sondern neben dem menschlichen8
Ausgangsmaterial auf das Ergebnis des Vorgangs im Sinne der Erzeugung
funktional äquivalenter Entitäten im Vergleich zu Befruchtungsembryonen an.
Folgt man dieser Auffassung, sind entwicklungsfähige Entitäten, die durch
tetraploide Komplementierung entstanden sind, ebenso wie
Zellkerntransfer-Embryonen vom Embryonenschutzgesetz erfasst. Gleiches gilt
dann konsequenterweise für einen entwicklungsfähigen Zellverband, der nicht in
einer Zelllinie aus einer totipotenten Zelle entstanden ist. …
Dass über die Bedeutung des Begriffs „gleiche Erbinformation“ keine
Einmütigkeit besteht, demonstriert die Bewertung mitochondrialer Gene im
Zusammenhang mit dem somatischen Zellkerntransfer. Viele Autoren gehen davon
aus, dass aus quantitativen Gründen die Existenz einer fremden
Mitochondrien-DNA unbeachtlich ist, da sie nur 0,01 bis 0,02 Prozent des
Gesamtgenoms ausmacht. Deshalb stelle die Erzeugung eines
Zellkerntransfer-Embryos ein verbotenes Klonieren dar. Im Gegensatz dazu wird
in qualitativer Hinsicht zum Beispiel darauf hingewiesen, dass mitochondriale
Gene in einer starken Interaktion mit dem Kerngenom stehen und bei
entsprechender Mutation schwere Krankheiten hervorrufen können. …
Gleiches gilt für die Frage, welche Veränderung der Erbinformation etwa vor dem
Zellkerntransfer dazu führt, dass nicht mehr von der „gleichen“ Erbinformation
gesprochen werden kann.11 Hier ist insbesondere an Mutationen zu denken, die
bei der Körperzelle, der der Zellkern zum Transfer entnommen wird, im Laufe des
Lebens üblicherweise entstanden sind. …
Schlussfolgerungen: …
… Für alle Bereiche geht es zunächst um präzisere und vereinheitlichte
Legaldefinitionen. Klärungsbedarf sieht der Deutsche Ethikrat insbesondere bei
der Definition des Begriffs „Embryo“. Dieser sollte für das
Embryonenschutzgesetz und das Stammzellgesetz einheitlich gefasst werden. Nur
der umfassendere Begriff im Stammzellgesetz differenziert nicht nach der
Entstehungsart eines Embryos. Auch der Begriff der Totipotenz sollte präzisiert
und seine normative Bedeutung in den neuen Zusammenhängen geklärt werden. Dabei
ist unter anderem zu verdeutlichen, ob er sich auf Zellen oder auch auf
Zellverbände bezieht und welches die erforderlichen weiteren Voraussetzungen
sind, die vorliegen müssen, damit sich eine Zelle oder ein Zellverband zu einem
Individuum zu entwickeln vermag. …
Der Deutsche Ethikrat bekräftigt die Bedeutung des Verbots des reproduktiven
Klonens. Er empfiehlt angesichts der technisch offenbar näher rückenden
Möglichkeit des reproduktiven Klonens von Menschen, dass Deutschland auf ein
internationales Verbot des Klonens zu Fortpflanzungszwecken hinwirkt.
(Deutscher Ethikrat: Stammzellforschung – Neue Herausforderungen für das
Klonverbot und den Umgang mit artifiziell erzeugten Keimzellen?, Ad-hoc-Empfehlung,
15.9.2014 - http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/empfehlung-stammzellforschung.pdf
)
· Auferstehung
ausgeschlossen
Es könnte tatsächlich gelingen, einzelne Exemplare ausgestorbener Tiere zu
klonen – mithilfe molekulargenetischer Techniken. Doch die Wiederauferstehung
von Tierarten, die vor Millionen Jahren lebten, wird Science-Fiction bleiben.;
Wie sehr die neuen technischen Möglichkeiten die Fantasie der Menschen anregen,
zeigen Spielfilme wie Steven Spielbergs „ Jurassic Park". Dort wird in
Bernstein konserviertes Dinosaurier-Erbgut von Forschern benutzt, um die
Urzeitriesen wieder zum Leben zu erwecken. „Wir wissen natürlich mittlerweile,
dass das nicht möglich ist, weil es von Dinosauriern keine DNA mehr gibt. Im
Laufe der Jahrmillionen hat sie sich zersetzt", sagt Krause. „Unter extrem
guten Bedingungen kann DNA von Wirbeltieren theoretisch bis zu einer Million
Jahren erhalten bleiben, aber nicht länger." Das mindestens 65 Millionen
Jahre alte Erbmaterial von Dinosauriern hat da keine Chance.
Die ältesten DNA-Funde sind ein paar Hunderttausend Jahre alt, beispielsweise
die 400 000 Jahre alten Überreste von Höhlenbären und Hominiden, die in der
spanischen Höhle Sima de los Huesos gefunden wurde. Leipziger Paläogenetiker am
Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie haben es 2013 entschlüsselt.
Den Rekord hält aktuell das 700 000 Jahre alte komplette Erbgut eines Pferdes,
das ein Team um Ludovic Orlando vom Naturkundemuseum in Dänemark ebenfalls 2013
entzifferte. …
Das Verfahren, wie es beispielsweise beim Klonschaf Dolly erfolgreich angewandt
wurde, hat bisher aus ungeklärten Gründen bei keiner lebenden Vogelart
funktioniert, geschweige denn bei einer ausgestorbenen. …
Experte Michael McGrew, der als Embryologe am Roslin Institute in Edinburgh
arbeitet – jener Forschungseinrichtung, an der Klonschaf Dolly gezüchtet wurde
–, befürchtet deshalb: „Wir verfügen nicht über die Technologie, um eine
ausgestorbene Art wiederzubeleben."
(bild der wissenschaft 7-2014 S.24ff.)
·
R) Stammzellen (und
etwas Embryonenforschung und therapeutisches Klonen)
·
Gewebe-Ingenieure
(tissue engineering) warten auf embryonale Stammzellen
(GEO 3/2000 S.173)
·
USA
Nov. 1998 erstmals gelungen, embryonale St. zu kultivieren;
aus IVF-Versuchen;
5 Stammzell-Linien;
für 5000$ Gebühr zu nutzen
(taz 14.7.2000 S.17)
·
seit
dem Klonschaf Dolly wissen wir, daß jede Körperzelle das Potenzial für einen
gesamten Menschen hat, wenn ich mich kratze, töte ich lauter potenzielle
Menschen...
(bdw 9/99 S.34)
·
Stammzellen
(nach /1/)
1. totipotente Stammzellen
(Ur-Stammzellen)
befruchtete Eizelle und die sich aus ihr entwickelnden embryonalen Zellen in
den ersten Teilungsstadien (bis 8-Zell-Stadium? /2/);
aus ihnen kann sich durch Teilung und Spezialisierung jede Körperzelle
entwickeln,
tragen in sich das Potenzial zum Heranwachsen eines ganzen Organismus
2. pluripotente Stammzellen
embryonale Stammzellen in der Blastozyste (Embryonalentwicklung des Menschen
etwa 6.Tag);
sie können sich noch - abhängig von der Zugabe spezifischer Wachstumsfaktoren -
zu verschiedenen Organzellen weiterentwickeln, jedoch nicht mehr zu einem
kompletten Organismus weiterwachsen /3/
3. spezialisierte Stammzellen
bilden durch Reifung und Teilung nur noch eine bestimmte Zell-Art (z.B.
Blutstammzellen im Knochenmark, Stammzellen für Darmzotten im Darm);
--
Klonierung (Modell „Dolly“) öffnet den Weg zurück: Körperzellen können wieder
totipotent (gemacht) werden, d.h. jede Körperzelle hat grundsätzlich das
Potenzial zur Entwicklung eines ganzen Menschen
--
/1/ Jens Reich: Menschenzüchtung?, Blätter für deutsche und internationale
Politik 11/1999 S. 1362f.
/2/ Bundesärztekammer: Diskussionsentwurf zu einer Richtlinie zur
Präimplantationsdiagnostik, Dtsch. Ärzteblatt 97, 2000, S.A525
/3/ (Herz aus der Retorte - Konzept einer Infarkttherapie durch
„therapeutisches Klonen“) Der Spiegel 48, 1998, S.276
·
Grenze
verschwimmt seit Dolly; es hängt von den Kulturbedingungen ab, wohin ein Prozeß
führt: ob in einen ganzen Organismus oder nur zur Spezialisierung in ein Organ,
eine Zelle.
Ein Verbotstatbestand kann nicht auf einen Anfang bezogen werden, sondern nur
auf das Resultat
(Jens Reich: Blätter für deutsche und internationale Politik, 11/99 S.1353ff)
·
im
pluripotenten Stadium darf auch mit Embryonalzellen geforscht werden; das
Dilemma ist nun, daß diese Zellen, unabhängig davon, ob sie nun durch eine
künstliche Befruchtung oder durch die beim Klonschaf DOLLY angewandte Methode
hergestellt wurden, zuvor totipotent waren.
(taz 12.5.00)
·
daß
auch der erwachsene Organismus über pluripotente Stammzellen verfügt
(Dtsch. Ärzteblatt 15/2000 S. A-949)
·
Nabelschnurblut
als Quelle ethisch unbedenklicher Stammzellen;
Stammzellen sind noch undifferenzierte Vorläuferzellen für Gewebe des
menschlichen Körpers;
Stellt die Transplantation von Stammzellen des Blutes bereits heute ein
etabliertes Verfahren dar;
eine einfache, effektive und für Spender und Empfänger schonende Methode zuz
Geinnung von Stammzellen: Sammlung und Einlagerung von Nabelschnurblut;
Aussicht, bereits in naher Zukunft Gewebe routinemäßig mit körpereigenen
Zellverbänden aus Stammzellen regenerieren zu können;
Im Rahmen des „Tissue Engineering“ steht zu erwarten, daß demnächst Schäden und
Krankheiten an Organen, Knochen, Knorpeln, Nerven oder Muskeln mit
körpereigenem Gewebe ausgeheilt werden können;
erfolgreiches „tissue-engineering“ ist nur mit körpereigenen Stammzellen
möglich, nicht aber mit körperfremdem Material;
Nabelschnurblut enthält neben Stammzellen für die Blutbildung auch weitere
Stammzellen, mit denen sich z.B. Muskel-, Knorpel-, Nerven- oder Knochengewebe
erzeugen lassen, im Gegensatz zu den embryonalen Stammzellen sind diese zwar
nicht mehr totipotent, aber dennoch vielfältig einsetzbar;
ob Nabelschnurblutstammzellen die embryonalen Stammzellen auch in der
Grundlagenforschung überflüssig machen können, muß letztlich die Wissenschaft
entscheiden;
Stammzellquellen: Knochenmark, Körpergewebe, zirkulierendes Blut;
Stammzellen aus Knochenmark: Gewinnung unter Vollnarkose durch Punktion des
Beckenknochens mit einer langen Nadel an mehreren Stellen und Entnahme von
500-1000 ml Knochenmark;
weniger aufwendiges Verfahren: Isolierung von Stammzellen aus dem
zirkulierenden Blut, weil dort nur sehr wenige Stammzellen zu finden sind, ist
eine Vorbehandlung des Spenders mit Wachstumsfaktoren notwendig, um die
Ausbeute zu erhöhen, Blutkreislauf des Spenders wird für 2 Stunden an eine
Maschine angeschlossen, in der die Stammzellen gezielt aus dem Blutstrom
isoliert werden;
Nachteil der Transplantation von individuellem Nabelschnurblut: steht nur
einmal zur Verfügung; an Methoden zur Vermehrung der Stammzellen in vitro wird
fieberhaft gearbeitet
Gesellschaftspolitische Kommentare 9/2000 S.3ff.
·
Stammzellen
auch noch in vielen Körpergeweben des Erwachsenen; sind schon sehr auf die
Aufgaben in ihrem speziellen Organ spezialisiert; sie sind beim Erwachsenen oft
nur noch sehr schwer aufzufinden;
Stammzellen aus Nabelschnurblut haben die Fähigkeit, sich auf ganz
unterschiedliche Gegebenheiten rasch einzustellen, werden sie vom Arzt in den
Blutkreislauf gespritzt, gelangen sie praktisch an jeden Ort des Körpers und
passen sich der jeweiligen Umgebung an, im Gehirn werden sie zu Gehirnzellen,
in der Leber zu Leberzellen...
Broschüre: Nabelschnurblut - ein kostbares Gut; Deutsches Grünes Kreuz, im
Kilian, Schumarkt 4, 35037 Marburg)
·
ein
Weg zur Gewinnung von Stammzellen (Baltimore USA 1998): primordiale Keimzellen
aus früh abortierten Feten entnommen und in Zelllinien überführt, auch diese
Zellen wiesen Eigenschaften von sehr frühen, pluripotenten embryonalen
Vorläufern auf;
in neuerer Zeit zunehmend Hinweise auf das Vorhandensein noch teilungs- und
differenzierungsfähiger Stammzellen in erwachsenen Geweben außerhalb des
Knochenmarks, bisher sind Ausbeute und Vermehrbarkeit solcher adulter
Stammzellen allerdings bescheiden;
embryonale Stammzellen können zu praktisch unbegrenzten Zellzahlen vermehrt
werden;
Dtsch. Ärzteblatt 24/2000 S.A-1666
·
Stammzellen
sind die Alleskönner unter den Zellen, je jünger desto wandlungsfähiger;
seit wenigen Monaten weiß man, daß es auch bei Erwachsenen noch Stammzellen in
Gehirn und Knochenmark gibt, die wandlungsfähiger als vermutet und daher
zumindest pluripotent sind... USA... gelang es, aus Hirnzellen Leber-, Darm-,
Herz-, Lungen-, Nierenzellen herzustellen;
fachlicher Einwand gegen das therapeutische Klonen: befürchtet, daß so
erzeugtes Gewebe vom Empfänger abgestoßen werden könnte, die entkernte Eizelle
ist immer fremd, und sie enthält Mitochondrien, die über eigene Erbsubstanz
verfügen, es ist gut möglich, daß das zu Abwehrreaktionen führt
Die Zeit 24.8.2000 S.11ff.
·
Möglichkeiten,
Stammzellen zu gewinnen:
+ aus bestimmten adulten (voll ausgebildeten) Organen
+ aus Fötalgewebe
+ aus Nabelschnurblut
+ aus Embryonen im frühen Entwicklungsstadium
+ aus reprogrammierten adulten Zellen
adulte Stammzellen können sich nicht nur zu der Organart entwickeln, aus der
sie stammen;
GID 142 10-11/2000 S.29ff.
·
Ethik
Experten der EU haben sich für die kontrollierte Zulassung der menschlichen
Stammzellforschung in der EU ausgesprochen (Beratergruppe)
Freie Presse 15.11.2000
·
Schwerpunktprogramm
der Deutschen Forschungsgemeinschaft „Embryonale und gewebespezifische
Stammzellen“; Koordinatorin: Dr. Anna Wobus, Inst. für Pflanzengenetik und
Kulturpflanzenforschung Gatersleben
bild der wissenschaft 10/2000 S.12
·
Patent
durch Europ. Patentamt erteilt an australische Firma: beinhaltet Züchtung von
Misch-Embryonen aus Schwein und Mensch:
bereits praktisch durchgeführt: Eizellen von Schweinen werden entkernt, in sie
wird Kern einer menschlichen Zelle eingebracht, Embryo etwa 1 Woche kultiviert
Greenpeace 10/2000 Infoblatt: „Mischwesen aus Mensch und Tier“
·
Neigung
der Befürworter von verbrauchenden Embryonenversuchen, die medizinischen
Optionen und die doch nur möglichen, keineswegs gewissen therapeutischen
Optionen wie reale Güter zu behandeln. Aber die Forschung verbraucht jetzt und
unwiederbringlich. Die Interessen zukünftiger Kranker sind wichtig... dürfen
aber nicht absolut gesetzt werden.
Dietmar Mieth: Ethik angesichts der Beschleunigung der Biotechnik, in: Aus
Politik und Zeitgeschichte 33-34/2000 (Beilage zu DAS PARLAMENT)
·
adulte
= erwachsene Stammzellen; ist es bisher problematisch, diese Stammzellen
überhaupt zu erkennen und zu isolieren; sie teilen sich im Gegensatz zu
embryonalen Zellen auch nur begrenzt
(FP 21.12.00)
·
adulte
St. übernehmen im Körper jedes Menschen Zeit seines Lebens die Funktion eines
Reparaturdienstes;
in etwa 20 Organen haben Forscher diesen Zelltyp mittlerweile aufgespürt;
einfache Verfahren wie Knochenmarkstransplantation oder die Transplantation von
neuronalen St. aus abgetriebenen Föten in die zerstörten Gehirnregionen von
Parkinsonpatienten sind bereits im Einsatz;
bei Mäusen programmierten sich St. im Körper um;
für Therapie sollten (wegen sonst möglicher Abstoßungsreaktionen) die a.St.
idealerweise vom kranken Patienten selbst stammen; aber manchmal sind sie
selbst krankhaft verändert und deshalb unbrauchbar; und wenn es Stammzellen im
erkrankten Organ gibt – warum helfen sie dann dem kranken Patienten nicht von
allein?
(Der Spiegel 1/2001 S.142ff.)
·
Beispiele
für bekannte Personen, denen mit therapeutischem Klonen geholfen werden könnte:
Boxer Muhammad Ali (Parkinson), US-Schauspieler Christopher Reeve („Superman“:
nach Sturz vom Pferd querschnittsgelähmt);
embryonale Stammzellen mit fast magisch anmutenden Eigenschaften (Zauberelixier
der modernen Medizin): können sich selbst unendlich selbst reproduzieren und in
fast alle der 210 bekannten Typen menschlicher Stammzellen;
viele Forscher sehen in einem frühen Embryo nur das, was er faktisch ist: eine
Kugel aus etwa 50 Zellen, kaum größer als der Punkt am Ende dieses Satzes.;
adulte Stammzellen, die im Körper jedes Menschen Zeit seines Lebens die
Funktion des Reparaturdienstes übernehmen. In etwa 20 Organen inklusive
Muskeln, Knochen, Haut, Nervengewebe haben Forscher diesen Zelltyp mittlerweile
aufgespürt;
Parkinsonpatienten werden bereits seit Jahren neuronale Stammzellen aus
abgetriebenen Föten in die zerstörten Gehirnregionen implantiert;
Studien legen nahe, dass auch adulte Stammzellen in der Lage sind, sich
chamäleonhaft in eine ganze Palette von Zelltypen zu verwandeln (Schweden:
Stammzellen aus dem Gehirn erwachsener Mäuse programmierten sich im
Mäuseembryonen eigenständig um in Lungen-, Herz-, Darm- und Nervenzellen;
Kalifornien: Stammzellen aus dem Knochenmark von Mäusen stabilisieren
Leberfunktion kranker Mäuse); schwierig: adulte Stammzellen müssten möglichst –
wegen der Abstoßungsprobleme – aus dem Gewebe des Kranken isoliert werden;
Warnung vor Euphorie: es wird sicher 5-10 Jahre dauern, bis man überhaupt die
Anwendbarkeit in der Medizin abschätzen kann;
Interview mit Regine Kollek:
Ich würde nicht so weit gehen, einem embryonalen Zellhaufen die volle
Menschenwürde zuzuschreiben; aber grundsätzlich verdient auch der frühe
menschliche Keim Respekt; er besitzt das Potenzial, ein Mitglied der
menschlichen Gemeinschaft werden zu können; der Begriff „therapeutisches Klonen“
ist falsch und irreführend: zum einen wird der Embryo dabei vernichtet. zum
anderen weiß kein Mensch, ob das Verfahren jemals therapeutische Wirkung haben
wird; (SPIEGELJ
die gesamte ethische Debatte entzündet sich an dem vermeintlichen Potenzial, ein
Mensch werden zu können. Bislang hat aber noch niemand einen derartigen
Zellhaufen in eine Gebärmutter zurückverpflanzt. Es ist doch ungewiß, ob aus
einem solchen Klon jemals ein Mensch entstehen kann;
(Der Spiegel 1/2001 S.142ff.)
·
Bevollmächtigter
der EKD, Prälat Reimers: zur Versachlichung der Gentechnik-Debatte in D.
aufgerufen; therapeutisches Klonen nicht ausschließlich unter einer Hermeneutik
des Verdachts sehen; Befürworter einer Öffnung für Forschung berufen sich auf
das „Liebesgebot“ – kritisch zu einer Prinzipienethik, die den einzelnen nur
nach allgemeinen Regeln behandle – Therapiemöglichkeiten als Chancen begreifen;
Vertreter für eine Einschränkung der Forschungsfreiheit warnen vor „Dammbruch“
– befürchten Rollenwechsel vom Geschöpf zum Schöpfer – Verbrauch von Embryonen
auch dann nicht zu rechtfertigen, auch wenn damit Heilung von bestehendem Leben
zu erreichen sei
(epd Wochenspiegel 7/2001 S.3)
·
Treffen
Rat der EKD mit Parteichef G. Schröder:
evangelische Teilnehmer: therapeutisches Klonen: Embryonen ausschließlich mit
dem Ziel der Bereitstellung „medizinischen Rohstoffs“ erzeugt, Verfahren
missachtet Tötungsverbot und stellt Würde des Lebens in Frage
(epd Wochenspiegel 8/2001 S.3)
·
Briten
erlauben Klonen
In Großbritannien wird das begrenzte Klonen menschlicher Embryos künftig
erlaubt sein. Das Klonen von Menschen ist aber weiterhin verboten. Nach dem
neuen Gesetz dürfen Forscher bis zu 14 Tage alte Embryos klonen, um ihnen die
Stammzellen zu entnehmen.
(taz 24.1.01)
·
die
englische Entscheidung hat auf der Grundlage eines Gesetzes von 1990, das die
Forschung an Embryonen zu Fortpflanzungszwecken erlaubt, jetzt zum Zwecke der
Forschung erweitert
(Sonntag 14.1.2001)
·
Vertreter
der anglikanischen und der katholischen Kirche sowie der muslimischen und
buddhistischen Glaubensgemeinschaften hatten vor der Abstimmung ihre Ablehnung
der Neuregelung deutlich gemacht
(epd Wochenspiegel 5/2001 S.10)
·
Wesen
mit begrenzten Rechten
“Embryonenverbrauch“: die Entnahme von Stammzellen zerstört bislang
unvermeidlich den Embryo, der klein wie ein Stecknadelkopf ist und weniger als
hundert Zellen umfasst;
die ausschließliche Beschränkung auf adulte Stammzellen hätte entscheidende
Nachteile: sie lassen sich bislang noch nicht hinreichend vermehren, ihre DNA
ist oft schon durch Umwelteinflüsse geschädigt, außerdem stehen sie für
bestimmte Gewebetypen gar nicht zur Verfügung;
der Embryo habe potenziell die Fähigkeit, sich zu einem Wesen mit Interessen
und also zu einer Person zu entwickeln, doch folgt daraus eben nicht, dass
aktual Interessen geschädigt würden;
von Gegnern des Embryonenverbrauchs wird oft problematisiert, dass zwischen dem
Embryo und dem ausgereiften Menschen ein bruchloses Kontinuum der Entwicklung
liege und dass es daher willkürlich und unvertretbar sei, einen Punkt
festzulegen, ab wann ein menschliches Wesen zur vollwertigen Person mit
„Zweck-an-sich-„Status wird.
...stattdessen für schrittweise Ausbildung eines immer stärkeren Personenstatus
votieren. Der für den kategorischen Lebensschutz nötige Grad an Personalität
wird in jedem Falle von Frühembryonen noch nicht erreicht. Dass dies auch
unseren Intuitionen entspricht, zeigt ein Gedankenexperiment (Reinhard Merkel):
es brennt in einem Labor, Wissenschaftler hat die Wahl, entweder 1 lebendes
Baby oder 10 Embryonen in einem Reagenzglas zu retten, Entscheidung für das
Baby ist klar, das wäre passive Tötung, angenommen, der Brand ließe sich nur
löschen und das lebende Baby retten, wenn wir eine chemische Lösung in die
Flammen gießen, in der 1000 Embryonen schwimmen, wir würden die Embryonen
opfern, faktisch als bloßes Mittel für einen edlen Zweck gesehen und nicht als
Zweck an sich; allerdings sollte auch auf Embryonen ein Schatten von
Menschenwürde fallen, indem man sie nicht für beliebige, sondern nur für hehrste
Zwecke als Mittel einsetzt. Schwerstkranken Leid zu ersparen ist sicher so ein
Zweck...
(taz 17./18.2.2001
·
(Philosoph
Reinhard Merkel):
Ein Wesen zu töten, das einen in seinen eigenen Attributen begründeten Rechts-
und Würdeanspruch hat, ist ein schweres Unrecht. Einem Wesen, das nicht nur
diese Eigenschaften nicht hat, sondern sie - wie der frühe Embryo - noch
niemals hatte und darüber hinaus überhaupt noch nichts erleben kann, die
Gattungssolidarität und damit den Lebensschutz zu verweigern mag im Normalfall
unerfreulich oder tadelnswert sein; ein nur annähernd vergleichbares Unrecht
wie das erstere ist es nicht.
Der Leser zweifelt? Er erwäge das folgende Szenario: In einem biotechnischen
Labor bricht ein Feuer aus. In dem Labor befinden sich zehn am Vortag in vitro
gezeugte, lebende Embryonen und außerdem ein durch den Rauch bereits tief
bewusstloser Säugling. Ein in letzter Sekunde in das Labor eindringender Retter
erkennt sofort, dass er nur noch entweder den Säugling oder die zehn Embryonen
retten kann. Gattungssolidarität hin oder her: Hätte irgendjemand ernsthafte
Zweifel, wie sich der Retter entscheiden sollte? Und hätte irgendjemand solche
Zweifel, wenn es nicht um zehn, sondern um hundert, ja meinetwegen um tausend
Embryonen ginge?
Was das Beispiel zeigt, ist dies: Die Gattungssolidarität mag im Normalfall
einen Grund für den Einbezug des Embryos in die moralische Sphäre des Lebens-
und Würdeschutzes abgeben. In jedem halbwegs gewichtigen Sonderfall ist dieser
Schutzreflex gegen kollidierende andere Interessen abwägbar - ganz anders als
ein echtes Recht auf Leben! Und er ist, wie die Ausdehnung meines
Biolaborfalles sogar auf tausend Embryonen zeigen soll, von relativ geringem
Gewicht.
(Reinhard Merkel in: Die Zeit, Heft 5-2001 http://www.zeit.de/2001/05/200105_embryonenschutz.xml)
·
Präses
Kock (EKD): „Der Lebensschutz von Embryonen ist höherrangig als die Erfüllung
des – verständlichen – Wunsches einzelner Menschen nach Gesundheit.“
(idea spektrum 51/52-2000 S7)
·
Präsident
der Bundesärztekammer Hoppe: Verwendung adulter Stammzellen sei als Alternative
vorzuziehen, wenn damit die gleichen Ergebnisse (wie beim therapeutischen
Klonen von Stammzellen) erzielt werden könnten... Die Methode mit adulten
Stammzellen habe aber große Nachteile... Erstens ist das sehr viel
komplizierter, und es ist natürlich immer fremdes Gewebe
(epd Wochenspiegel 7/2001 S.10)
·
ob
sich adulte Stammzellen zur Bereitung von Ersatzgewebe eignen, ist unklar;
es wird 20-50 Jahre dauern, bis jetzige Forschungsergebnisse in der Medizin am
Menschen umgesetzt werden
(Sonntag 28.1.2001)
·
Staatssekretär
im Forschungsministerium Catenhusen: befruchtete menschliche Eizelle von Anfang
an eine menschliche Person? Bundesverfassungsgericht anders: danach besitz die
befruchtete Eizelle zwar das volle Potenzial menschlichen Lebens, man könne
aber nicht genau über den Zeitpunkt entscheiden, wann dem beginnenden Leben
auch Personeneigenschaften zugesprochen werden könnten
(epd Wochenspiegel 4/2001 S.7)
·
Hoppe,
Bundesärztekammer: 95% der Ärzte und Forscher gegen das Klonen von Embryonen
(taz Januar 2001?)
·
Montgomery,
Marburger Bund: therapeutisches Klonen ist abzulehnen
(epd Wochenspiegel 2/2001 S.8)
·
Parkinsonpatienten,
denen amerikanische Forscher embryonale Stammzellen aus abgetriebenen Föten in
die erkrankte Hirnregion spritzten, leiden unter heftigen Nebenwirkungen;
Stammzellen wuchern unkontrolliert; Uni Regensburg setzt statt auf embryonale
auf neuronale Stammzellen
(Der Spiegel 11/2001 S.198)
·
„nach
gegenwärtigem Kenntnisstand kann Totipotenz auch nach 8-Zell-Stadium nicht
ausgeschlossen werde. Vielmehr gibt es Hinweise darauf, dass sogar embryonale
Stammzellen von Primaten als totipotent angesehen werden müssen. Auch ist fraglich,
ob alle Blastomeren zur gleichen Zeit ihrte Totipotenz verlieren“.;
(GID 143 S.34ff))
·
künftig
soll in Frankreich Embryonenforschung erlaubt werden (z.B. Stammzellen),
Gesetzentwurf Jospin,
in den Niederlanden soll Forschung an Embryonen zu Transplantationszwecken
ermöglicht werden, Gesetzentwurf liegt seit 9/2000 vor
(GID 144 S.26)
·
für
die Vielzahl von potenziellen Patienten (Millionen) wird für das therapeutische
Klonen das Zigfache an Eizellen benötigt; bei Eizellspende wäre der Zweck
fremdnützig und fiele in den Graubereich der Lebendspende von Organen
(Das Parlament 11/2001 S.6)
·
Empfehlungen
der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Forschung mit menschlichen Stammzellen
(3.5.2001)
Die Verwendung von gewebespezifischen (adulten) Stammzellen als Alternative zu
menschlichen embryonalen Stammzellen muss Vorrang haben (12).
Sowohl das reproduktive als auch das therapeutische Klonen sind ethisch nicht
zu verantworten und nicht statthaft (4); abgelehnt wird die Herstellung von
Embryonen ausschließlich zu Forschungszwecken (Dolly-Verfahren) (9.2).
Es gibt beim Menschen keine irgendwie geartete Rechtfertigung für
Keimbahninterventionen sowie für die Herstellung von Chimären oder Hybriden
(5).
Der Import von menschlichen embryonalen Stammzellen soll zulässig sein (7)
Nur wenn das Arbeiten mit importierten Stammzellen nicht ausreicht, sollte auch
die aktive Gewinnung von Stammzellen in Deutschland zugelassen werden (9.2).
Embryonale Stammzellen dürfen nur aus Embryonen gewonnen werden, die für eine
gesetzlich zulässige künstliche Befruchtung hergestellt wurden, die aber – z.B.
wegen Erkrankung oder Rücktritt der Frau
– nicht mehr zu diesem Zweck eingesetzt werden und absterben müssten (10).
Einzelfallprüfung der ethischen Vertretbarkeit durch eine Kommission auf
Bundesebene (10)
·
Stammzellforschung
in Israel: Embryonale St., die Insulin herstellen und solche, die zu Herzzellen
heranreifen
(Der Spiegel 24/2001 S.216)
·
Vermutung,
dass ES doch noch totipotent sind (Beobachtung an Affen-Zell-Kulturen)
(Sächsische Zeitung 28.6.01, S.21)
·
adulte
Stammzellen: Behandlung jährlich 10000 Leukämiekranker seit (40 Jahren) mit
Stammzellen aus dem Knochenmark nach Chemotherapie;
Anfang 2001 gelang es in Kalifornien, Fettstammzellen zu Knorpel-, Muskel- und
Knochenzellen umzuprogrammieren;
New York 4/2001: menschliche Blutstammzellen in die Herzen von Mäusen mit
künstlich erzeugtem Infarkt – neue Herzmuskelzellen entstehen im Infarktgebiet;
menschliche Blutstammzellen in Schaf-Feten eingespritzt – wandern in Gehirn und
Rückenmark ein;
Therapie der Zukunft (autologe Stammzelltransplantation): Stammzellen des
Patienten werden zu Vorläuferzellen des gewünschten Gewebes umprogrammiert und
an die geschädigte Stelle gebracht, neue Zellen sprießen:
adulte St. schwer zu isolieren: noch am einfachsten Knochenmark, dort
Blutstammzellen nur 0,5%, pluripotente noch weit weniger, Fähigkeit zur
Selbsterneuerung begrenzt;
adulte St. schon stärker spezialisiert, evtl. Vorteil, weil sie später nicht
entarten, z.B. in fremdem Körper Tumore bilden können;
Therapie im Mutterleib in Schweden: Kind mit schwerem Defekt des Immunsystems,
kälte-konservierte Blutstammzellen eines Fetus in die Bauchhöhle gespritzt,
erfolgreich angenommen, Vorteil: fetale Zellen noch kein ausgereiftes
Immunsystem = bessere Verträglichkeit
(taz 29.6.01, S.18)
·
SPD
erwägt, Einfuhr von ES über freiwillige Vereinbarungen der deutschen
Forschungseinrichtungen zu regeln (Selbstverpflichtungserklärungen); Grüne
regen Meldepflicht für Zellimporte an
(taz 5.7.01)
·
Stammzellen:
embryonale St. (ES-Zellen), embryonale Keimzellen (EG-Zellen; aus Embryonen
nach Schwangerschaftsabbrüchen zwischen 5. und 9. SSW entnommen), somatische
(adulte) St. aus fetalem oder erwachsenem Gewebe;
Embryo im Reagenzglas – der natürliche Prozess zur Entwicklung als Mensch setzt
in diesem Fall den Eingriff eines Dritten – die Implantation durch den Arzt –
voraus;
übriggebliebene Embryonen haben in der Realität keine Möglichkeit mehr, sich in
Verbindung mit ihrer Mutter zu einem Individuum zu entwickeln, Lebensrecht ist
Fiktion;
sollte es im Ausland zur Entwicklung neuer therapeutischer Methoden kommen,
wird sich die Frage stellen, ob diese Methoden in Deutschland eingesetzt werden
dürfen, wenn die entsprechende Forschung aus ethischen Erwägungen in
Deutschland untersagt war.;
adulte Stammzellen könnten u.U. auch zurückprogrammiert werden bis zur
Totipotenz; dann wären die verschiedenen Stammzellarten keine verschiedenen
ontologischen Qualitäten der Stammzellen mehr, sondern würden nur verschiedene
Zustandsformen von Stammzellen beschreiben, die offenbar umgebungsabhängig
wären und zumindest im Labor variiert werden könnten; Begriffe der
Pluripotenz/Totipotenz wären dann kein brauchbares Kriterium für ethische und
juristische Grundsatzdiskussionen;
(Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zu DAS PARLAMENT 29.6.2001)
·
Ratgeber
des US-Präsidenten: zehn Grundsätze zur Stammzellforschung: Herstellung von
Embryonen verboten; Herstellung begrenzter Zahl von Stammzelllinien aus
überzähligen Embryonen kontrolliert gefördert
(taz 2.8.01)
·
Debatte
des Bundestages zur Einfuhr menschlicher Stammzellen 5.7.01
Aus einer totipotenten Zelle entstehen der Embryo und die Nachgeburt, während
aus einer pluripotenten Zelle „nur“ noch der Embryo und Teile der Nachgeburt
entstehen können. Wenn es also Forschern irgendwann gelingen sollte... eine
Plazenta, also den Mutterkuchen, auf künstliche Weise zur Verfügung zu stellen,
wird die Diskussion um scheinbar unproblematische pluripotente Zellen, die sich
dann nämlich zu einem Embryo entwickeln können, sicherlich eine andere Richtung
bekommen.
in Deutschland etwa 15 eingefrorene, „überzählige“ Embryonen;
in Großbritannien bereits etwa 50000 Embryonen zu Forschungszwecken genutzt
worden;
(Das Parlament 29/01 S.18)
·
USA
Veröffentlichung der Ergebnisse eines 1997 begonnenen Experimentes, Stammzellen
aus Embryonen zu gewinnen, die extra zu diesem Zweck erzeugt worden waren;
12 Frauen und 2 Männer, gegen Bezahlung, 163 Eizellen befruchtet, 110 Embryonen
entstanden, 50 über 6 Tage gezüchtet, aus 18 Stammzellen extrahiert, drei
Stammzelllinien geschaffen;
frische Embryonen robuster
Wolfrum (stellv. Vors. der Deutschen Forschungsgemeinschaft) dazu:
Für die DFG gibt es eine Hierarchie des Vorgehens:
Alle Möglichkeiten der Forschung an Tieren müssen ausgeschöpft sein.
Dann hat die Forschung an adulten Stammzellen Vorrang,
dann kommt der Import.
Nur, wenn der Import nicht die notwendigen Möglichkeiten für die Forschung
gewährleistet, dann sollte der Gesetzgeber erwägen, das Embryonenschutzgesetz
zu lockern, so dass die Forschung an Stammzellen aus überzähligen Embryonen möglich ist.
Das ist definitiv die letzte Stufe.
(taz 12.7.01)
·
Bundesjustizministerin
Däubler-Gmelin schloss jüngst die Forschung mit embryonalen Stammzellen nicht
mehr aus, falls dadurch konkrete Heilungschancen entstünden;
Politiker vermischten in ihren Argumenten die Themen Reproduktionsmedizin, das
Klonen und die Gentechnologie, moniert Jäckel (MPI Göttingen)
(Freie Presse 21./22.7.01)
·
Jaehnisch,
Stammzellforscher MIT
das Erbgut embryonaler Stammzellen sei zumindest bei Mäusen in einem „extrem
instabilen“ Zustand; das Programm des An- und Abschaltens von Genen verläuft in
verschiedenen ES-Zell-Linien völlig unterschiedlich; diese Instabilität hat
keinen Effekt auf das Potenzial der ES-Zellen, zu unterschiedlichsten Zelltypen
heranzureifen; möglicherweise sind ja alle ES-Zellen (auch beim Menschen)
genetisch instabil, ich glaube aber nicht, dass das ein ernstes Problem wäre
(Spiegel 29/01 S.155)
·
bei
embryonalen Stammzellen geht es nicht um den „perfekten Menschen“, sondern
darum, den nicht perfekten heilen zu können;
es ist keinesfalls so, dass man tausende von Embryonen verbrauchen muss.
Embryonale Stammzellen können sich beliebig oft teilen. Einmal kultiviert, kann
man theoretisch die ganze Welt mit der Zellkultur aus einem einzigen Embryo
versorgen... es wird also ausreichen, nur die so genannten überzählige
Embryonen zu verwenden;
Erfolge auch mit adulten Stammzellen? eine erfolgreiche Reprogrammierung nicht
problemlos, es ist nicht auszuschließen, dass die Zelle das Potenzial gewinnt,
sich zu einem ganzen Menschen zu entwickeln (Totipotenz)
(taz 25.5.01)
·
Stammzellpionier
Peter Mountford (Australien):
wann erstes Medikament aus Stammzellen auf dem Markt? in zwei bis drei Jahren
könnten wir mit klinischen Versuchen starten
(Spiegel 22/01 S.224)
·
embryonale
Stammzelllinien über das Internet: 5000 Dollar;
April USA: ES-Zellen von Mäusen stellen Insulin her;
in 5-10 Jahren werden die ersten klinischen Versuche laufen (nicht Organe,
sondern Lösungen mit bestimmten Zelltypen, die kaputtes Gewebe erneuern
sollen);
adulte Stammzellen sind nur schwer aufzuspüren (im Knochenmark unter 10000
Zellen eine);
Embryo (50 Zellen) ist kleiner als Punkt auf dem i – Träger der Menschenwürde?
statistisch reift nur jeder vierte Embryo wirklich zu einem Kind heran. Drei
von vier befruchteten Eizellen werden, häufig schon zu Beginn der
Schwangerschaft, vom Körper der Mutter abgestoßen, und dies vor allem dann,
wenn der Embryo Chromosomenstörungen aufweist
(Spiegel 20/01 S.240)
·
im
menschlichen Körper 300 verschiedene Zelltypen;
im Alter von 4-7 Tagen ist ein Embryo noch ein Zellklumpen aus einem äußeren
Teil, der später den Mutterkuchen bildet, und einer inneren Kugel aus ein paar
hundert Zellen, die zum Fötus reift, aus diesen inneren Zellen lassen sich
embryonale Stammzellen gewinnen – wodurch der Embryo zerstört wird; daraus lassen sich zwar alle möglichen
Körperzellen, aber keine Embryos samt Mutterkuchen mehr züchten
(taz 5./6.6.01)
·
Hirnzellen
von Toten hat ein Team kalifornischer Mediziner im Labor vermehrt, Ziel ist es,
die frisch gebildeten Zellen in Zukunft in die Gehirne von Parkinson- oder
Alzheimer-Patienten einzupflanzen;
20 Stunden nach dem Tod entnommen; Zellen eines Säuglings teilten sich 70 Mal,
bei erwachsenen Spendern 30 Mal;
(taz 4.5.01)
·
erstes
Ziel für Bonner Stammzellforscher Brüstle (Antragsteller an DFG) wird eine
Therapie für multiple Sklerose sein; in Deutschland weit mehr als 100000
Menschen betroffen
(taz 10.9.01)
·
australischen
Forschern ist es gelungen, eine große Anzahl von Stammzellen aus dem Gehirn von
erwachsenen Mäusen zu isolieren; Anteil normalerweise 0,3%; durch neues
Verfahren schwer auffindbare Stammzellen in Reinheit von 80% isoliert
(taz 17.8.01)
·
Düsseldorf;
46-jähriger Herzinfarktpatient Stammzellen aus dem Knochenmark entnommen,
außerhalb des Körpers konzentriert, am nächsten Tag mit leichtem Überdruck in
die Infarktarterie injiziert; zehn Wochen später: Infarktgröße um ein Drittel
reduziert, Herzleistung deutlich verbessert;
(taz 24.8.01, 25./26.8.01; Freie Presse Chemnitz 25./26.8.01)
·
Herzinfarktbehandlung
mit Knochenmarksstammzellen s.o.; Erfolgsmeldung beruht bisher auf der
Krankengeschichte eines einzigen Patienten, dem Patienten wurde 5 Tage nach dem
Infarkt ein Gemisch von Millionen von Knochenmarkszellen, darunter eine nicht
genau bekannte Zahl von Stammzellen ins Gewebe der Herzkammerwand geschwemmt,
gleichzeitig bekam der Patient auch die Standardtherapie: Blut verdünnende
Mittel und Blutdrucksenker, „wir sehen immer wieder Infarktpatienten, deren
Zustand sich allein nach der üblichen Behandlung ebenso deutlich bessert“
(Kardiologe Herzzentrum Berlin), tatsächlich fehlt der Beweis, ob die
Stammzellen überhaupt im Herzen des Patienten angewachsen sind,
Wernet/Düsseldorf: es sprechen weniger ethische als biologische Gründe gegen
die Verwendung embryonaler Stammzellen (ES): werden vom Abwehrsystem des
Empfängers angegriffen; sehr teilungsfreudige ES könnten zu Geschwulst
heranwuchern; Wistler/Bonn: wegen dieser Unwägbarkeiten ist Anwendung der
ES-Zellen am Menschen mindestens noch 10 Jahre entfernt;
adulte Stammzellen: keine Ausbildung und Stelle fürs Leben, sondern
Gelegenheitsarbeiter, hopsen von Job zu Job, es kommt wohl mehr auf die
Umgebung der jeweiligen Zelle an als auf ihre Herkunft aus einem bestimmten
Gewebe; Schwierigkeiten mit adulten Stammzellen: schwer aufzuspüren (im
Knochenmark eine unter 10000), lassen sich im Labor weitaus schlechter
vermehren als ES
(Spiegel 36/2001 S. 216)
·
das
Manipulieren an Embryonen (Forschung mit ES-Zellen, therapeutisches Klonen)
wird von den Staatskirchen in England und Schottland gebilligt
(Der Spiegel 35/2001 S.176)
·
Thüringens
Wissenschaftsministerin Schipanski: bei der Forschung mit embryonalen
Stammzellen gebe es natürlich ethische Grenzen; doch die sollten dann bestimmt
werden, wenn wir wissen, wo die Chancen und Risiken liegen
(epd-wochenspiegel/ost36/2001 S.8)
·
US-Kongress
will evtl. Bundesmittel für die Herstellung neuer embryonaler Stammzelllinien
zur Verfügung stellen; die 64 Linien, die
weltweit zu Verfügung stehen, könnten für die Forschung nicht ausreiche;
lediglich 24 oder 25 so weit entwickelt, dass sie für Forschung genutzt werden
können;
fraglich ist, ob die derzeit verfügbaren Zelllinien überhaupt jemals im
klinischen Einsatz (am Menschen) erprobt werden dürfen; meiste Zelllinien
wurden zusammen mit Mäusezellen kultiviert – Gefahr der Infektion der
Mäusezellen mit unbekannten Viren
(taz 7.9.01)
·
Holhaus,
sächs. Diakonie: Es erscheint pervers, kleine menschliche Zellklumpen zu
züchten, ihnen die begehrten Stammzellen zu entnehmen und sie dann wegzuwerfen,
solange es noch ethisch respektablere Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der
Bekämpfung lebensbedrohlicher Krankheiten, wie zum Beispiel die Forschung mit
den Stammzellen Erwachsener, gibt.
(Der Sonntag 19.8.01)
·
in
Israel erstmals funktionierende Herzzellen sowie Insulin-produzierende Zellen
aus menschlichen embryonalen Stammzellen gezüchtet;
die großen Pharmakonzerne sind an therapeutischem Klonen weniger interessiert –
das ist eher eine Anwendung für den medizinischen Einzelfall und daher
finanziell nicht lukrativ; sie brauchen möglichst serienreife Ersatzzellen, die
bei Millionen Kranken einsetzbar sind, für ihre kommerziellen Zwecke müsste
also das Problem der Immunreaktion gelöst werden; auf 80 Milliarden Dollar wird
er Zukunftsmarkt für die Ersatzteilproduktion mit Hilfe gezüchteter
menschlicher Zellen heute geschätzt;
so eine Art Kuhandel zwischen Regierung und Biotech-Industrie in den USA?
Motto: wir verbieten etwas, das ihr sowieso nicht braucht, und unterstützen
dafür den kommerziell interessanten Teil
(Der Spiegel 32/2001 S.84)
·
US-Präsident
Bush will Forschung an embryonalen Stammzellen in begrenztem Umfang stattlich
finanzieren, nur Unterstützung für Forschung mit bereits existierenden
Stammzell-Linien
(epd-wochenspiegel 33/2001 S.22)
·
Ulrike
Riedel: kritischer juristischer Artikel, die These des abgestuften
Schutzkonzeptes für menschliche Embryonen widerspricht unserer
Verfassungslehre;
“Der Import embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken, die aus Embryonen im
Ausland gewonnen wurden, ist... nicht verboten und der Gesetzgeber könnte ihn
auch nicht verbieten. Denn die importierten Stammzellen sind keine Embryonen
(mehr), sondern nur aus diesen gewonnen. Diese Zellen haben keinen
grundrechtlich geschützten Status, so dass das Grundrecht der Freiheit von
Wissenschaft und Forschung, das nur zugunsten eines anderen Grundrechtes
eingeschränkt werden kann, hier den Vorrang behält.“
(Frankfurter Allgemeine 7.5.2001)
·
Ganten,
Präs. der Helmholtz-Gemeinschaft (Verbund der deutschen
Großforschungseinrichtungen), hat DFG-Papier zur Stammzellforschung mit
verabschiedet: (abgestufte Mesnchenwürde???) eine Samenzelle ist auch schon
ganz schön munter... auch am Ende des Lebens schrittweise. beim Hirntod
sprechen wir vom Ende des menschlichen Lebens, aber biologisch lebt der Mensch
noch, solange das Herz schlägt. Ähnliche Grenzen könnte man auch für Embryonen
ziehen;
es gibt einen eigenen Forschungsschwerpunkt der DFG für adulte Stammzellen;
es kann auch nicht darum gehen, Behinderung aus Prinzip zu erhalten
(taz 28.8.01)
·
„Bio-Kannibalismus“
biotechnischer Kannibalismus: menschliche Embryos müssen getötet werden, um die
Stammzellen nutzen zu können;
63% der Amerikaner begrüßen Bushs Entscheidung, Forschung an embryonalen
Stammzellen begrenzt zu fördern, 33% sind dagegen
(idea spektrum 34/2001 S.13)
·
auf
weltweit 6 Milliarden Dollar jährlich schätzen Experten den Markt für
ES-Zellen; Kosten für Alzheimer allein in Kalifornien steigen von 22,4 Mrd
Dollar auf 68,1 Mrd Dollar im Jahre 2040
(Die Zeit 3.5.01 S.41ff)
·
Nobelpreisträgerin
Nüsslein-Volhard: sehe bei embryonalen Stammzellen zwei Möglichkeiten. Entweder
stehen uns noch fünf Jahre Frust bevor, und dann werden wir wissen: geht nicht.
Oder man wird es doch hinkriegen, und dann wird es neue Therapien geben...
Chancen stehen 50 zu 50... aber wenn es klappt, werden wir die Therapien
natürlich auch bei uns einführen, egal ob auf dem Weg dorthin Embryonen benutzt
wurden oder nicht.
(Der Spiegel 41/2001 S. 204)
·
„Embryonen,
die keine sind“
Zugang zu Zellen, die embryonalen Stammzellen äußerst ähnlich sein sollen;
a) PPL Schottland: Zytoplasmatransfer; Zellplasma einer unbefruchteten
weiblichen Eizelle wird in normale Körperzelle injiziert; bei Versuch mit Kühen
entstanden aus ganz normalen Körperzellen Zellen mit den Eigenschaften
embryonaler Stammzellen; in der Zellflüssigkeit müssen Bestandteile sein, die
das Erbgut der Körperzelle in den embryonalen Zustand zurück versetzen;
Mechanismus spielt wohl wichtige Rolle auch bei Klonierung von Dolly
b) ACT USA Boston: Vorstufe der Eizelle wird in einem frühen Stadium
beeinflusst; Verhinderung der Aufteilung der Chromosomen; Eizelle behält
dadurch doppelten Chromosomensatz; beginnt sich zum Embryo zu entwickeln
(„Jungfernzeugung“); Kann Stammzellen liefern, verkümmert aber später (hat
somit keine Chance und nicht das Potenzial, sich zu einem erwachsenen
Organismus zu entwickeln
(FAZ 20.10.01)
·
Hallenser
Theologieprofessor Tanner: auch Leiden, die durch schwerste Krankheiten
verursacht werden, verletzen die Menschenwürde
(epd-wochenspiegel ost 40/01 S.10)
·
Landeskirchen
in Vorpommern und Mecklenburg haben sich gegen eine Forschung an embryonalen
Stammzellen ausgesprochen
(epd-wochenspiegel ost 42/01 S.4)
·
Medizinrechtler
Jochen Taupitz:
Konsequenterweise müssten wir sagen: Deutsche Patienten müssen auf die
therapeutischen Möglichkeiten verzichten, die eventuell aus der Forschung mit
Stammzellen erwachsen. Juristisch ist das nicht haltbar.;
überzählige Embryonen freigeben zur Adoption für unfruchtbare Paare?
Dafür müsste der Embryo auf eine andere Frau übertragen werden. Das führt
jedoch zu der Problematik einer Spaltung zwischen genetischer und biologischer
(austragender) Mutter. Wenn man diesen Schritt geht, wird man das Verbot der
Leihmutterschaft, wie es nach dem geltenden Embryonenschutzgesetz besteht, kaum
noch rechtfertigen können.
(Die Zeit 5.7.01 S.26)
·
Die
Züchter humaner Stammzellen wissen noch nicht einmal, ob die grundlegende und
in der Politik heftig diskutierte Unterscheidung zwischen embryonalen und
adulten (erwachsenen) Stammzellen aufrechtzuerhalten ist. Die Hinweise mehren
sich, dass es vielleicht nur einen, universalen Typ von Stammzellen geben
könnte. Deren Eigenschaften wären jeweils geprägt von der unmittelbaren
Umgebung: Im ausdifferenzierten Gewebe, etwa im Hirn, könnten sie nur
Hirnzellen ersetzen. Verpflanzt man sie dagegen in einen Embryo oder in eine
Eizelle, dann werden sie pluripotent oder gar totipotent.
(Die Zeit 16.8.01 S.23)
·
embryonale Stammzellen
·
der
nationale schwedische Wissenschaftsrat hat sich für die Forschung an
embryonalen Stammzellen und das Klonen zu medizinischen Zwecken ausgesprochen
(taz 7.12.01)
·
letzte
Woche billigte das niederländische Parlament eine Gesetzesvorlage, die
Forschung an überzähligen Retorten-Embryonen ausdrücklich erlaubt, sofern die
Eltern zugestimmt haben. Gesetze oder Regelungen, die Forschung an Embryonen
und ES unter Auflagen erlauben, existieren bereits in Dänemark, Schweden und
Finnland, Großbritannien, Italien und Spanien. In Frankreich, Belgien und
Portugal werden Gesetze vorbereitet.
(Die Zeit 18.10.01 S.43)
·
NIH
(USA); Register aller Stammzelllinien, die für eine Förderung mit öffentlichen
Mitteln in Frage kommen; 72 Linien, davon: 27 USA, 25 Schweden, 10 Indien, 6
Australien, 4 Israel
(taz 16.11.02)
·
Gefahr,
dass embryonale Stammzellen nach der Einpflanzung Tumore bilden könnten (sind
wie Tumorzellen sehr teilungsfreudig)
(GID 146 – 6-7 2001 S. 8)
·
Erfolgsrate
des Klonens noch immer sehr niedrig; zur Erzeugung einer embryonalen
Stammzelllinie etwa 280 Eizellen notwendig;
(GID 146 – 6-7 2001 S. 3)
·
Jerry
Hall (USA) hat aus unbefruchteten Eizellen (Maus) dank eines speziellen
Verfahrens ohne Spermien Embryonen heranwachsen lassen; aus diesen
parthenogenetisch, also jungfräulich erzeugten Embryonen habe er embryonale
Stammzellen gewonnen; diese seien zu Nervenzellen gereift
(Die Zeit, Wissen 45/2001)
·
Mischwesen
aus Mensch und Kaninchen in China erfolgreich hergestellt;
Kern der Hautzelle eines 7-jährigen Jungen in die entkernte Eizelle eines
Kaninchens übertragen; Embryonen (99,999% Erbgut des Jungen) hätten sich bis zu
16x erfolgreich geteilt;
Hoffnung, aus solchen Mischembryonen menschliche Stammzellen für therapeutische
Zwecke zu gewinnen
(taz 19.9.01)
·
zentrale
Ethikkommission bei der Bundesärztekammer hat sich mehrheitlich dafür
ausgesprochen, Einfuhr von embryonalen Stammzellen nicht zu behindern; ethisch
nicht vertretbar; gezielte Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken,
reproduktives Klonen
(epd-wochenspiegel 51/52-2001 S.11)
·
Der
Begriff „Embryo“ erweckt leicht falsche Vorstellungen. Es geht um befruchtete
Eizellen vor Beginn der Schwangerschaft und in einer Größe von 0,1 Millimetern.
Ich spreche mich aus für die Forschung an überzähligen Embryonen, die nie zu
Menschen werden. Ich bin aber strikt dagegen, E. zu Forschungszwecken
herzustellen... Ob ein gegebener Embryo die Schutzwürdigkeit menschlichen
Lebens genießt, hängt einzig und allein davon ab, ob es sich um einen werdenden
Menschen handelt. Ist dies nicht der Fall, entfällt auch die Pflicht zum
Lebensschutz.... Wenn diese kleinen Kugeln wirklich Menschen wären, warum
beerdigen wir sie dann nicht, wenn sie verloren gehen? Warum reden wir da nicht
von Kindersterblichkeit? In der Schweiz fordert das Gesetz, überzählige
Embryonen zu vernichten -... ordne4t dieses Gesetz Mord und Totschlag an?...
Das Embryonenschutzgesetz lässt das menschliche Leben mit der Kernverschmelzung
beginnen. Warum nicht schon nach dem Eindringen der Samenzelle in die Eizelle
vor der Kernverschmelzung, also etwa 4 Stunden vorher?
(Der Spiegel 50/2001 S. 228ff., Interview mit Richard Schröder)
·
US
Forscher; gelungen, menschliche embryonale Stammzellen im Reagenzglas in
verschiedene Hirn-Vorläuferzellen umzuwandeln und in das Gehirn von
neugeborenen Mäusen zu transplantieren;
in beiden Versuchen haben sich bei den Mäusen keine krebsartigen Wucherungen
gebildet
(Berliner Zeitung 4.12.01)
·
Von
Forschern wie Otmar Wiestler (Uni Bonn) und Peter Gruss (Göttingen) war zu
hören, dass die Zukunft den körpereigenen adulten Stammzellen gehöre, für die
kein Embryo verbraucht werden müsse. ... Der Import und die Forschung an den
embryonalen St. seien... nur übergangsweise nötig, zur Klärung grundlegender
Mechanismen der Zellbiologie
(FAZ 29.11.01)
·
Vorstand
der CSU hat sich mehrheitlich für den Einsatz und den Import von embryonalen
Stammzellen in engen Grenzen ausgesprochen; Forschung soll an so genannten
überzähligen Stammzellen möglich sein, zuvor sollen alle anderen Möglichkeiten
wie Tierversuche ausgeschöpft sein und eine Kontrollinstanz soll „gewichtige
Gründe“ für die Forschung feststellen
(Berliner Zeitung 12.12.01)
·
Die
Einfuhr, die Veräußerung und der Erwerb von pluripotenten embryonalen Stammzellen
ist nicht verboten, da diese keine Embryonen im Sinne des EschG sind... Es darf
kein Zusammenhang zwischen der Bestellung von ES und deren Herstellung
bestehen. Für die so bestehende Straffreiheit der Einfuhr ist nicht
entscheidend, auf welche Weise die ES im Ausland gewonnen wurden, sei es durch
die Erzeugung von sog. Forschungsembryonen, durch „therapeutisches“ Klonen oder
durch die Verwendung von sog. „überzähligen“ Embryonen.
(Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Recht und Ethik der modernen
Medizin“, Teilbericht Stammzellforschung, 12.11.01, S.35f.)
·
überzählige
Embryonen aus IVF in Deutschland: Deutsches IVF-Register Ende 2000 – 71;
Bundesregierung Juni 2001 - 15
(Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Recht und Ethik der modernen Medizin“,
Teilbericht Stammzellforschung, 12.11.01, S. 68)
·
primordiale
Keimzellen:
Zellen, aus denen über eine Reihe von Entwicklungsstadien die Keimzellen
entstehen; EG-Zellen haben im Gegensatz zu reifen Keimzellen einen diploiden
Chromosomensatz; aus ihnen können im späten Embryonal- oder frühen
Fetal-Stadium embryonale Keimzellen (EG-Zellen) gewonnen werden;
Beobachtung ihrer Pluripotenz und damit der besonderen Eignung zur
Stammzellherstellung
(Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Recht und Ethik der modernen
Medizin“, Teilbericht Stammzellforschung, 12.11.01, S. 102, 148)
·
Kommission
stimmt mit 26 gegen 12 Stimmen (3 doppelt) gegen Import von ES-Zellen (Spiegel
47/01 S.234: 17 zu 7 Stimmen)
(Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Recht und Ethik der modernen
Medizin“, Teilbericht Stammzellforschung, 12.11.01, S. 100f)
·
Nationaler
Ethikrat empfiehlt mit 14 gegen 8 Stimmen den Import menschlicher ES-Zellen
unter strengen Auflagen
(FP 30.11.01)
·
Was
ist eigentlich ein EMBRYO ?
Definition im deutschen Embryonenschutzgesetz §8:
(1) Als Embryo im Sinne dieses Gesetzes gilt bereits die befruchtete,
entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an,
ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen
der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem
Individuum zu entwickeln vermag.
http://www.bmgesundheit.de/rechts/genfpm/embryo/embryo.htm
Einwand zum Zeitpunkt, ab dem von einem
Embryo gesprochen wird (Kernverschmelzung):
die Definition des deutschen Embryonenschutzgesetzes für „Embryo“ ist nicht
allgemeingültig. Viele Mediziner in Deutschland akzeptieren wohl (intuitiv) die
Festlegung des EschG bis heute nicht.
Im benachbarten europäischen Ausland gelten z.T. andere Festlegungen.
·
Was
bedeutet die Bindung des Embryonal-Status im Embryonenschutzgesetz an die
Eigenschaft der Totipotenz der Zellen?
Festlegung im Embryonenschutzgesetz §8:
(1) Als Embryo im Sinne dieses
Gesetzes gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle
vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei
Vorliegen der dafür erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu
einem Individuum zu entwickeln vermag.
http://www.bmgesundheit.de/rechts/genfpm/embryo/embryo.htm
Einwand: Die Eigenschaft der Totipotenz, über die der Embryo im deutschen
Embryonenschutzgesetz definiert wird, ist (für den Menschen)
naturwissenschaftlich nicht eindeutig festgelegt und darf nach dem Embryonenschutzgesetz
in Deutschland auch nicht untersucht / geklärt werden...
Wenn embryonale Stammzellen, adulte Stammzellen, Stammzellen aus dem
Nabelschnurblut usw. sich doch bei der „Rückprogrammierung“ als totipotent
erweisen sollten, dann gälten auch für ihre Verwendung die strengen Verbote des
EschG...
·
Enthält
nicht auch das Embryonenschutzgesetz mit der zulässigen Möglichkeit,
Samenzellen als Träger schwerwiegender Erbkrankheiten von der Fortpflanzung
auszuschließen, die Tendenz zur Selektion und Diskriminierung ?
Embryonenschutzgesetz Deutschland vom 13.12.90:
„§3 Verbotene Geschlechtswahl
Wer es unternimmt, eine menschliche Eizelle mit einer Samenzelle künstlich zu
befruchten, die nach dem in ihr enthaltenen Geschlechtschromosom ausgewählt
worden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe
bestraft. Dies gilt nicht, wenn die Auswahl der Samenzelle durch einen Arzt
dazu dient, das Kind vor der Erkrankung an einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne oder einer ähnlich schwerwiegenden
geschlechtsgebundenen Erbkrankheit zu bewahren, und die dem Kind drohende
Erkrankung von der nach Landesrecht zuständigen Stelle als entsprechend
schwerwiegend anerkannt worden ist.“
Es gibt den Begriff der „schwerwiegenden
Erbkrankheit“ im deutschen Embryonenschutzgesetz und in der
„Bioethikkonvention“ des Europarates. Das EschG nennt in §3 sogar
stellvertretend eine Erbkrankheit und verweist bei der Anerkennung anderer
Krankheitsbilder als „schwerwiegend“ auf dafür zuständige Landes-Stellen. Auch
für viele Humangenetiker dürfte der Begriff „schwerwiegend“ sich mit bestimmten
Krankheitsbildern verbinden. Wäre das Erstellen einer (immer vorläufigen, sich
am aktuellen Stand der Diagnostik und an den bestehenden Therapiemöglichkeiten
orientierenden) Liste möglich und für Betroffene zumutbar (oder wäre das
indirekte Diskriminierung?)?
·
adulte Stammzellen
·
einem
Herzinfarktpatienten in Rostock wurden Zellen aus dem Knochenmark des Patienten
in den Herzmuskel verpflanzt; ob wirklich aus den adulten Stammzellen neues Herzgewebe
wächst, noch unklar
(GID 147/ 8-9/2001 S. 23)
·
1988
verpflanzt britischer Neurochirurg erstmals Patienten mit Parkinson-Krankheit
fötales Hirngewebe
(GID 146 – 6-7 2001 S. 7)
·
man
geht davon aus, dass erwachsene Säuger (also auch Menschen) rund 20 verschiedene
Arten von Stammzellen besitzen
(GID 146 – 6-7 2001 S. 3)
·
ES-Zellen
entscheidende Phase – von hier aus Entfaltung der Vielfalt der Zellen;
gelungen: Vorläuferzellen von menschlichen Nervenzellen aus E-Stammzellen im
Labor zu züchten, in Mäuse-Hirn übertragen, entwickelten sich dort weiter zu
Nervenzellen;
Immunabwehr müsste bei Zellen mit fremdem Erbgut überlistet werden, ein Modell:
neue Inselzellen (Insulin-Bereitstellung zur Behandlung von Diabetes) werden in
Membran eingepackt, Fresszellen der Immunabwehr werden abgehalten, aber Insulin
kann in die Blutbahn austreten;
adulte Stammzellen: Nachteile a) selten, b) Umwandlung nur in einige spezielle
Zelltypen;
ES-Zellen können tiefgekühlt lange überdauern, lassen sich im Labor unbegrenzt
vermehren;
makaber: Stammzellbehandlungen in Kiew/Ukraine: Zellgemisch aus 2-8 Wochen
alten abgetriebenen Embryonen wird unter die Haut oder ins Blut gespritzt;
(ZDF 16.1.02 Bublath; Gene: zerstörte Hoffnungen?)
·
aus
den Argumenten für einen Import:
*abgestufter Lebensschutz auch sonst in der bundesdeutschen Rechtsordnung:
a) Dreimonatsfrist für Schwangerschaftsabbruch, ein Schwangerschaftsabbruch,
also die Tötung eines eingenisteten Embryos, ist in den ersten drei Monaten de
facto ohne Einschränkung zulässig; zu gunsten des ungeborenen Lebens darf keine
Nothilfe geleistet werden, der abtreibenden Frau stehen
Lohnfortzahlungsansprüche und Sozialhilfeleistungen zu, im entscheidenden Punkt
liegt in-vivo wie in-vitro die gleiche Konstellation vor (Existenz embryonalen
menschlichen Lebens); bei der medizinischen Indikation steht das Leben der
Schwangeren gegen das Leben des Embryos, die anderen Indikationen oder gar die
Fristenlösung beinhalten keinen vergleichbar schweren Konflikt;
Fristenbegrenzung: nach der 12. SSW wird der Schwangeren die Austragung auch
gegen ihren Willen zugemutet – damit entfällt das Argument, wegen der
symbiotischen Verbindung des ungeborenen Lebens mit der schwangeren Frau
„erreiche“ das Strafrecht diese nicht; Fazit: es wird offenbar davon ausgegangen,
dass das Lebensrecht des Ungeborenen inzwischen gewachsen ist und daher unter
stärkeren rechtlichen Schutz fällt;
b) Zulässigkeit des Gebrauchs von so genannten Nidationshemmern (z.B. Spirale);
der Gesetzgeber ging davon aus, dass die Nidation gehemmt wird und hat dies für
zulässig erklärt wie auch das Bundesverfassungsgericht;
c) Gesetzesvorbehalt, unter dem der grundrechtliche Lebensschutz steht;
Ausnahmen für Fälle wie Notwehr, Militäreinsätze, finaler Rettungsschuss;
darauf nicht beschränkt: speziell für vorgeburtliches Leben Einschränkungen
erlaubt (geltendes Abtreibungs- und Verhütungsrecht), bei denen nicht Leben
gegen Leben oder die Abwehr eines rechtswidrigen Angriffs in Rede steht
*übriggebliebene Embryonen aus IVF:
Vorschlag der Präimplantations-Adoption oder des Verbots der IVF stellen keine
ernsthaften Alternativen dar (zu Absterben-Lassen, endloser Tiefkühlung oder
Freigabe für die Forschung);
* Gegenargumente: ES-Zellen könnten noch totipotent sein (damit Embryonen) und
andere Stammzellen mit ihrem Potenzial sind ausreichen – beide Einwände stehen
in klarem Widerspruch zur Mehrheitsmeinung der internationalen
Wissenschaftsgemeinschaft; erst/nur vergleichende Forschung kann über das
Potenzial Klarheit verschaffen; der Gesetzgeber kann Forschern nicht den
Gegenstand ihrer Untersuchungen vorschreiben (vorgeben); man darf eine
aussichtsreiche Forschungsstrategie nicht deshalb ausschließen, weil man
vermutet oder hofft, es könne auch ohne sie gehen;
* zum Import: Konsequenterweise müsste man, wenn man den Import von Embryonen
aus ethischen Gründen verbietet, auch die Nutzung möglicher zukünftiger
Therapen verbieten, die mit Hilfe solcher Stammzellen (mithin ebenfalls durch
den „Verbrauch“ von Embryonen) entwickelt werden;
* Abstimmung: 15 Mitglieder des Rates für Import (unter begrenzenden
Rahmenbedingungen), 10 dagegen
(Nationaler Ethikrat, Stellungnahme zum Import menschlicher ES-Zellen, Dezember
2001);
·
Zentrale
Ethikkommission bei der Bundesärztekammer
Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission zur Stammzellforschung
bisher klinische Anwendung von Stammzellen nur bei blutbildenden Stammzellen in
der Krebsbehandlung;
mehrheitlich: für Import von Stammzellen aus übriggebliebenen Embryonen;
keine gezielte Herstellung von Embryonen für Forschungszwecke, kein
reproduktives Klonen;
(Deutsches Ärzteblatt 98, Heft 49 vom 07.12.01)
·
Eine
von der Linie der EKD abweichende Position zur Embryonenforschung nimmt z.B.
die Evangelische Kirche in Österreich ein. Ihre Denkschrift "Verantwortung
für das Leben", die international große Beachtung findet, hält zumindest
die Beforschung embryonaler Stammzellen unter bestimmten Voraussetzungen für
ethisch zulässig und auch für christlich vertretbar.
8.6 Ohne der Ansicht zu sein,dass vertretbare Forschungsziele jedes erdenkliche
Mittel recht- fertigen,plädieren die Evangelischen Kirchen in Österreich für
eine differenzierte Diskussion. Es lässt sich argumentieren,dass unter gewissen
Voraussetzungen eine Analogie zwischen einem abgetriebenen Fötus und einem in
vitro gehaltenen bzw.kryokonservierten Embryo besteht,nämlich dann,wenn dieser
nicht zu Forschungszwecken,sondern zum Zweck der medizinisch unterstützten
Fortpflanzung gezeugt,jedoch als überzählig “verworfen ”,d.h. vernichtet werden
soll.In diesem Fall ist es ethisch vertretbar,eine Güterabwägung vorzu- nehmen
und die Verwerfung des Embryos gegen die Gewinnung von Stammzellen abzuwä-
gen,sofern deren Nutzung klar eingegrenzten,ethisch akzeptablen Zielen dient.Es
muss in jedem Fall ausgeschlossen bleiben,dass Embryonen lediglich zu
Forschungs-oder therapeuti- schen Verwertungszwecken erzeugt oder dass aus
embryonalen Stammzellen oder primordi- alen Keimzellen neue Embryonen gezüchtet
werden.Auch das Klonen von Menschen oder die Erzeugung von Menschen mit künstlich
verändertem Erbgut muss verboten bleiben.
8.11 Keinesfalls wäre die generelle Freigabe der Forschung mit embryonalen
Stammzellen ethisch vertretbar.Vielmehr müsste ein geregeltes Verfahren
gefunden werden zur Begut-achtung und Einzelbewilligung von Forschungsvorhaben
durch eine eigens einzurichtende nationale Ethikkommission.Für die Arbeit einer
entsprechenden Kommission müssten zu-nächst grundlegende forschungsethische
Kriterien aufgestellt werden.Außerdem wäre ein entsprechendes Monitoring
vorzusehen.
(Verantwortung für das Leben; Eine evangelische Denkschrift zu Fragen der
Biomedizin; Im Auftrag des Evangelischen Oberkirchenrats A.und H.B.der
Evangelischen Kirche A.und H.B.in Österreich erarbeitet von Ulrich H.J.Körtner
in Zusammenarbeit mit Michael Bünker; Wien 2001; http://www.evang.at/dokumente/reden/index.htm)
·
Unstrit-tig
ist aber ebenso, dass wir im Umgang mit der medizinisch assistierten Zeugung,
der Verhütungspraxis, dem Schwangerschaftsabbruch, der Notwehr, dem
Vertei-digungskrieg, der indirekten und passiven Sterbehilfe und anderen Fragen
zahlrei-che Einschränkungen eines unbedingten Lebensschutzes zulassen.
Sucht man nach einer Lösung des Konflikts, die den genannten Bedingungen
ge-nügt, so kann ein Kompromiss darin bestehen, Forschung an sogenannten
über-zähligen oder „verwaisten“ Embryonen, d.h. an bereits mehrjährig
kryokonser-vierten Embryonen, die wegen ihrer eingeschränkten
Entwicklungsfähigkeit aus medizinischen Gründen nicht mehr mit dem Ziel einer
Schwangerschaft implan-tiert werden können, zuzulassen. Das gilt ebenso für die
Forschung an Stammzell-linien, die bereits existieren. Die Herstellung von
Embryonen zu Forschungszwe-cken ist jedoch derzeit nicht zu verfolgen.
(Starre Fronten überwinden. Eine Stellungnahme evangelischer Ethiker zur
Debatte um die Embryonenforschung, 2002?; http://www.nhueck.de/zee/stellungnahme.pdf)
·
adulte
Stammzellen: eine Zellfamilie, die sich beim Menschen in etwa 15 Geweben und
Organen findet
(Der Spiegel 5/2002 S.172ff)
·
Jens
Reich:
Die embryonale Stammzellforschung soll nur eine Zwischenstationsein, um
grundlegende Erkenntnisse für die Nutzung von adulten Stammzellen zu gewinnen.
Selbst Brüstle argumentiert so. Er will eine Ausnahmeregelung und keine
grundsätzliche Freigabe der Embryonen für eine medizinische Therapie... Die
Zukunft der Zelltherapie, wenn überhaupt, kann nur bei Abkömmlingen von
somatischen Stammzellen, z.B aus dem Knochenmark, liegen.
(taz 26./27.1.02)
·
In
Holland darf an überzähligen Embryonen (unter Auflagen) geforscht werden; in
Belgien und Frankreis ähnliche gesetzliche Regelungen in Arbeit
(Der Tagesspiegel 28.1.02)
·
Hertha
Däubler-Gmelin vor dem Nationalen Ethikrat: Die Verfassungsrechtslehre ist in
ihrem Urteil tief gespalten...
abgestufte Bewertung beim Schutz menschlichen Lebens:
Faktisch wird in der Gesellschaft durchaus abgestuft gewertet. Niemand scheint
ein moralisches Problem damit zu haben, dass bei der Empfängnisverhütung durch
die so genannte Spirale möglicherweise Embryonen an der Einnistung gehindert
und zum Absterben verurteilt werden. Auch der (eingenistete) Fötus wird
differenziert wahrgenommen: In den frühen Phasen der Schwangerschaft wird die
Abtreibung aus Selbstbestimmung hingenommen, in späteren Phasen, wenn der Fötus
unverkennbar die Gestalt eines kleinen Kindes angenommen hat, wird hingegen
Selbstbestimmung als Begründung nicht mehr akzeptiert...
Forschung ist immer nur ein Versuch, der scheitern kann... Die an Tiermodellen
erzielten Ergebnisse rechtfertigen gewisse Erwartungen an die
Stammzellforschung... Bislang sind Alternativen, etwa die Forschung mit adulten
Stammzellen, ebenfalls bloß Hoffnungen, die scheitern können
(Die Welt 25.1.02)
·
Tanner:
im Alltagsverständnis der Menschen gilt ein Embryo nicht als Mensch; Auch
seitens der Kirche würden Embryonen bislang noch nicht beerdigt, ebenso fände
die Taufe bis auf weiteres wohl nach der Geburt statt; das
Embryonenschutzgesetz weiche von der biologischen Definition des Embryo ab
(Der Sonntag 3.2.02)
·
Leben
im Menschen noch Embryozellen?...
USA... „multipotente“ Zellen aus dem menschlichen Knochenmark isoliert, die in
ihrem Entwicklungspotenzial den umstrittenen embryonalen Stammzellen durchaus
ebenbürtig scheinen... adulte Stammzellen von Maus und Mensch lassen sich im
Labor womöglich unbegrenzt vermehren... nach Injektion in frühe Mäuseembryos
sind Abkömmlinge der humanen Stammzellen in praktisch allen Geweben der Tiere
zu finden...
eine seltsame Beobachtung: in 8 weiblichen Spenderherzen, die männlichen
Herzkranken transplantiert wurden, entdeckten US-Ärzte neulich bei
Nachuntersuchungen männliche Zellen, die sich eifrig teilten; bis zu 10% der
untersuchten Gewebeproben bestanden offenbar aus eingewanderten Stammzellen der
Organempfänger, die sich in Herzmuskeln und Gefäße verwandelten...
(Die Zeit 31.1.2002 S.29)
·
US-Forscher
haben Gewebe aus unbefruchteten Eizellen von Affen gezüchtet (Jungfernzeugung),
damit weitere Alternative zu embryonalen Stammzellen präsentiert; genauso
vielseitig wie ES-Zellen;
(taz 1.2.02)
·
Winnacker
(Präsident DFG): Forschung an adulten Stammzellen ist langfristig der Königsweg
zur Überwindung von schweren Krankheiten, die ethisch umstrittenen Versuche mit
embryonalen Stammzellen seien voraussichtlich nur für eine gewisse Zeit als
vergleichende Forschung notwendig
(epd wochenspiegel 7/02 S.14)
·
Therapie
mit stabilen Stammzellkulturen, weniger mit therapeutisch geklonten aus Zellen
des Patienten; an Stammzell-Kulturen die Gene verändern, die am Prozess der
Immunabwehr beteiligt sind
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.15)
·
Bundestagsdebatte
zum Import menschlicher embryonaler Stammzellen 30.1.02, Wortbeiträge
(Das Parlament 8./15.2.02)
·
sächsischer
Diakoniedirektor bezeichnet des Bundestagskompromiss als „vertretbar“; der
befürchtete Dammbruch sei ausgeblieben
(Der Sonntag 10.2.02)
·
Wolf-Michael
Catenhusen: Wir reden im Moment über die Frage, ob wir die Nutzung von
ES-Zellen als research tools, als Werkzeug der Grundlagenforschung ausschließen
wollen oder können. Was die therapeutischen Perspektiven angeht, so ist meine
persönliche Sicht, dass wir uns bewusster sein müssen, dass bei der Vermehrung
embryonaler Stammzellen Tumore entstehen können, also ein Krebsrisiko
existiert. Das zweite Problem ist – mit Ausnahmen beim Gehirn – die ungelöste
Immunabwehr. Wir werden dieselben bekannten Abstoßungsreaktionen haben wie beim
Organersatz, wenn wir nicht zum therapeutischen Klonen greifen.
(GID 150/2002 S.38)
·
Ausschuss
der Britischen Oberhauses unter Vorsitz des Bischofs von Oxford legt Bericht
vor; Forschung an ES-Zellen des Menschen wird unter strengen Auflagen
befürwortet; Empfehlung, auf Erzeugung von Embryonen durch Klonen zu verzichten
(nur in begründeten Ausnahmefällen);
(Mitteilung aus der Britischen Botschaft 27.2.02)
·
japanische
Regierung hat erstmals Forschungsprojekt zur Herstellung menschlicher ES-Zellen
genehmigt
(Die Zeit 4.4.02)
·
neue
Parkinson-Therapie; „neuronale Vorläuferzellen“ aus dem Mittelhirn isoliert,
Parkinson-Patienten ins Gehirn eingesetzt, können dort Funktion der
abgestorbenen Zellen übernehmen, Zellen aus abgetriebenen Föten wie in Schweden
wird nicht verwendet (6-8 Embryonen je Behandlung, „ethische Problematik“),
aber Zellen aus verlorenen Föten werden genutzt;
Gewebe ist lange Zeit haltbar und kann „nahezu unbegrenzt vermehrt werden“; mit
drei Gewebeproben begonnen, inzwischen mehrere 100 Mill Zellen eingefroren; für
eine Behandlung 200000 Zellen erforderlich; wahrscheinlich nur eine einmalige
Behandlung erforderlich
(FP Chemnitz 25.4.02)
·
Auch
in Kanada wurde die Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen jetzt
geregelt. Erlaubt ist nach den vorgelegten Richtlinien
des Institute of Health Research auch, neue Stammzelllinien zu züchten.
(DIE ZEIT Wissen 06.03.2002)
·
Debatte
Bundestag Gesetz zur Stammzellforschung;
in den USA 100000 Embryonen, die jedes Jahr für Forschungszwecke zur Verfügung
gestellt werden; in England gibt es in Kühlschränken über 50000 Embryonen, in
Australien sind es 60000;
(Das Parlament 18/2002 S.18)
embryonale Stammzellen
·
Schweiz
will Forschung mit ES-Zellen erlauben; ausschließlich aus überzähligen Embryonen,
betroffenes Paar muss einwilligen, Produktion für Forschung verboten
(taz 23.5.02)
adulte
Stammzellen
·
Labor;
Stammzellen aus dem Knochenmark können sich bei Ratten und Mäusen zu fast allen
Gewebearten eines Organismus entwickeln
(taz 21.6.02 + 24.6.02)
·
USA;
Behandlung eines tödlichen Hirnleidens (Morbus Krabbe) mit Stammzellen aus
Nabelschnurblut; durch Chemotherapie wird zunächst Knochenmark, Immunabwehr
vernichtet; dann Stammzelltransplantation (Nabelschnurblut aus Spenderbank); 50
Milliliter, darin eine Milliarde weißer Blutkörperchen, darunter ein
erheblicher Anteil Stammzellen; bei Nabelschnurblut muss die Übereinstimmung
zwischen Spender und Empfänger nicht so exakt sein wie bei Knochenmarksspende;
was nach der Transplantation geschieht, weiß niemand ganz genau;
Blutstammzellen gelangen ins Gehirngewebe, wachsen dort ein und produzieren das
fehlende Enzym;
in Leipziger Firma Vita 24 seit 1997 knapp 10000 Beutel eingefroren; bisher hat
noch keiner seine Ersatzzellen genutzt; Kosten für 20 Jahre etwa 1800 Euro
(Zeit 23/2002 S.27)
·
Tierversuch
bei Ratten und Mäusen; Stammzellen aus dem Knochenmark können sich zu fast
allen rund 250 Gewebearten des Körpers entwickeln; „multipotent adult
progenitor cells“ (MAPS); in einer Serie von Versuchen zumindest vergleichbar
mit embryonalen Stammzellen; konnten ohne Alterungserscheinungen stark vermehrt
werden
(GID 153, 8-9/2002 S.28)
·
Behinderter:
Wenn meine Behinderung durch eine Behandlung mit manipulierten Stammzellen zu
behandeln wäre, käme ich in einen tiefen Gewissenskonflikt... Was wiegt
schwerer – das Recht auf Leben eines jeden Embryos oder die Chance eines
kranken Menschen auf weitgehende Leidensfreiheit?
(Diakonie Report 3/2002 S.8)
·
China:
menschliche Hautzellen in entkernte Eizellen eines Kaninchens überführt; 109
Embryonen im Frühstadium entstanden
(Der Spiegel 25/2002 S.162)
·
embryonale
Stammzellen: Optimisten rechnen in 5 Jahren mit ersten klinischen Tests, breite
Anwendung der Ersatzteilmedizin dürfte noch mindestens 20-30 Jahre auf sich
warten lassen; britische Embryologen brauchen derzeit noch „Nährzellen“ von
Mäusen für das Überleben der Stammzellen, zwar zur Grundlagenforschung
geeignet, aber wegen der möglichen Übertragung von Mausviren nicht für Therapie
bei Menschen;
Mitglied des Ethik-Komitees der anglikanischen Kirche spricht von der Pflicht,
Bedenken gegen die Verwendung von Embryonen zu überwinden, „zum Wohle der
Menschheit“;
neue Studie in Science: adulte Stammzellen aus Knochenmark erwiesen sich als
wenig wandlungsfähig;
(Die Zeit 12.9.02 S.35)
·
Nabelschnurblut
Neugeborener einfrieren; Kosten für 20 Jahre 1360 Euro, lebenslang 2145 Euro
(Werbe-Broschüre Cryo-Care Köln)
·
Spanien
will therapeutisches Klonen und Forschung an embryonalen Stammzellen weltweit
verbieten lassen; Kampagne bei EU und UNO; bisher haben sich Italien, Irland
und der Vatikan auf die Seite der Spanier gestellt
(taz 20.9.02)
·
DFG
hat nach Brüstle (Bonn) ein zweites Forschungsprojekt mit menschlichen
embryonalen Stammzellen bewilligt (Franz (Uni München)
(taz 1.11.02)
·
tissue
engineering: dreidimensionale Matrix aus abbaubarem Material (Kollagen,
synthetische Materialien – abbaubar in optimalem Zeitraum) werden mit Zellen
des gewünschten Gewebes überzogen (von Patient oder Spender; werden vorher im
Bioreaktor vermehrt; Matrix-Zell-Gerüst wird in Körper implantiert,
mitgebrachte Zellen vermehren sich und bilden neues Gewebe; Gerüst dient auch
als Formgeber des neuen „Organs“; Gerüst wird nach und nach abgebaut; bei Haut
schon erfolgreich; schwierig: Ernährung von Gewebe, das dicker als einige
Millimeter ist; zusätzlich Zellen mit einbauen, die Blutgefäße bilden...
(Anmerkung JKrause: das berühmt-berüchtigte Bild der Maus mit einem
menschlichen Ohr auf dem Rücken gehört zu dieser Technik!)
(BioMeTMail Dresden 2/02
·
Nabelschnurblut-Behandlung
(kritischer Bericht)
(GID 154/2002 S.11)
·
Debatte
in der Dresdner Frauenkirche; wenn in 15 Jahren aus Singapur die Nachricht
käme, dass Parkinson mittels Forschung an embryonalen Stammzellen geheilt
werden könne? sächsischer Diakoniedirektor Bohl: „Dann wird man das auch
einsetzen. Es ist ethisch geboten.“ plädierte dafür, die Antwort auf Fragen zur
Embryonenforschung immer auch in einer Abwägung zwischen dem Heilungsgebot und
dem Tötungsverbot suchen
(Sächsische Zeitung 21.11.02)
·
Stanford-Universität
USA kündigt an, embryonale Stammzellen zu klonen; von Spender mit 12 Mill.
Dollar unterstützt; Krebs- und Stammzellforschung; das Schaffen menschlicher
Stammzelllinien sei nicht das Gleiche wie Klonen
(Freie Presse Chemnitz 12.12.02)
·
australisches
Parlament Gesetzentwurf gebilligt, der eingeschränkte Forschung an menschlichen
ES-Zellen zulässt; Forschung an 60000 eingefrorenen Embryonen zunächst für 3
Jahre erlaubt;
(taz 13.12.02)
·
amerikanische
Wissenschaftler wollen Embryo kreieren, der teils aus menschlichen und teils
aus Mäusezellen besteht
(taz 29.11.02)
·
Robert-Koch-Institut
hat erstmals den Import von menschlichen ES-Zellen nach Deutschland erlaubt;
Brüstle (Bonn) will bis Januar die Zellen aus Israel holen; Ziel: Behandlung
von Gehirn- und Rückenmarks-Erkrankungen; erfolgreiche Experimente mit Tieren,
aber nun 5-10 Jahre Grundlagenforschung
(Freie Presse Chemnitz Weihnachten 2002)
·
Wann
beginnt das Menschsein?
An dieser Frage machen sich zwei unterschiedliche Grundpositionen in der Kammer
fest. Ein Teil der Mitglieder sieht den Embryo bereits ab der Befruchtung der
Eizelle als einen sich entwickelnden Menschen, der durch das Grundgesetz (Art.1
und 2) geschützt ist.
Die andere Auffassung spricht vom vorgeburtlichen Menschsein nur dann, wenn die
äußeren Umstände für eine Entwicklung gegeben sind. Darunter ist insbesondere
die Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter zu verstehen.
(Evangelische Kirche in Deutschland, Studie der Kammer für öffentliche
Verantwortung „Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen“, 13.8.02)
·
Organtransplantationen
– Erklärung der Deutschen (katholischen) Bischofskonferenz und des Rates der
Evangelischen Kirche in Deutschland 1990:
Die Übertragung bestimmter Gehirnzellen von Embryonen auf Parkinsonkranke ist
so lange abzulehnen, wie sie eine Abtreibung voraussetzt.
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 289)
·
Jens
Reich:
Wir müssen die Zukunft gestalten, nicht sie verhindern...
Ich wäre dafür, Wachstum, Spezialisierung und auch Zügelung von embryonalen
Stammzellen in großem Maßstab bei der Labormaus bis in feinste Einzelheiten zu
klären, dann bei anderen Säugetieren, zum Beispiel Pavianen, zu testen, bevor
mit menschlichen Embryonen herumprobiert wird...
wäre zu klären, ob es (beim Menschen) pluripotente Körperstammzellen gibt oder
ob man die spezialisierten Stammzellen des Körpers (im Nabelschnurblut oder
Knochenmark) dazu machen kann...
(Die Zeit 20.2.03 S.31)
·
Genehmigung
zum Import von embryonalen Stammzellen für Kölner Wissenschaftler, will sie in
Herzmuskelzellen umwandeln
(taz 29.1.03)
·
Deutsche
programmieren Mäuse-Stammzellen auf Insulin-Produktion
Gatersleben (dpa) - Ein deutsches Forscherteam hat embryonale Stammzellen von
Mäusen zur Produktion von Insulin umprogrammiert. Nachdem diese
genmanipulierten Stammzellen zuckerkranken Mäusen transplantiert worden seien,
habe sich deren Gesundheitszustand erheblich verbessert, teilte das Institut
für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben
(Sachsen-Anhalt) am Freitag mit. Die Ergebnisse seien Meilensteine auf dem Weg
zu einer Behandlung von Zuckerkrankheit beim Menschen. Das Hormon Insulin
reguliert den Blutzucker-Spiegel.
(AOL-Newsbote, 17.01.03)
·
2002:
das anscheinend so große Potenzial adulter Stammzellen, sich in
unterschiedlichste Zelltypen zu entwickeln, schwand; Hirnstammzellen bilden
kein Blut, Knochenmark kann sich nicht in Hirngewebe umwandeln; keine
Umwandlung zu Herzzellen; auch adulte Stammzellen mit zu großem
Entwicklungspotenzial könnten zur Tumorbildung neigen
(bild der wissenschaft 3/03 S.25)
·
überzählige
Embryonen: in Deutschland als Notfallmaßnahmen im Jahr 2000 214 E. eingefroren;
zusätzlich 55463 Vorkernstadien (vor der Kernverschmelzung) eingefroren
(Ethische Überlegungen zum Umgang mit der Präimplantationsdiagnostik,
Materialien für den Dienst, Evangelische Kirche von Westfalen, Februar 2001,
S.11)
·
Das
therapeutische Klonen wird kurzerhand zur gezielten Zellvermehrung und der
Embryo zum totipotenten Zellverband erklärt.... Das Gesetz definiert den Embryo
als befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle. Aus ihr entsteht ein
totipotenter Zellverband, der bei geeigneten Bedingungen als Mensch
heranwächst. Anders beim Dolly-Verfahren, das erst das Klonen ermöglicht. Bei
dieser Methode wird bekanntlich das genetische Material der Eizelle gegen den
Zellkern einer Körperzelle ausgetauscht. Hier setzt Ganten mit seinem
semantischen Skalpell an. Die entscheidende Differenz, die den im
Dolly-Verfahren hergestellten totipotenten Zeltverband auszeichnen soll, ist
ein unterstelltes Defizit: die beim Menschen bislang nicht bewiesene Fähigkeit
zur Entwicklung. Da man nicht wisse, ob ein solcher Zellverband
entwicklungsfähig sei, unterliege er nicht den Schutzbestimmungen des
Embryonenschutzgesetzes
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. März 2003, Nr. 72 Seite 42)
·
Bericht
über verschiedene Fortschritte beim Arbeiten mit adulten Stammzellen:
Die "erwachsenen" Stammzellen haben jedoch gegenüber den
Embryonalzellen beträchtliche Nachteile. Sie sind nur in geringen Mengen im
Körper zu finden. Auch lassen sie sich nur schwer im Labor heranzüchten. Und
schließlich ist bislang völlig unklar, ob adulte Stammzellen tatsächlich ebenso
"wandlungsfähig" sind wie Embryonalzellen.
Auch der renommierte Stammzellforscher Anthony Ho von der Universitätsklinik Heidelberg
warnt vor verfrühter Euphorie. "Alles was wir über das Potenzial von
adulten Stammzellen wissen, ist uns nur aus Tierversuchen bekannt", gab Ho
auf der Veranstaltung zu bedenken und fügte hinzu: "Noch sind wir weit
davon entfernt, aus embryonalen oder adulten Stammzellen Ersatzteile für die
Menschheit herstellen zu können."
(Berliner Zeitung, 08.04.2003)
·
Ein
deutsches Forscherteam hat embryonale Stammzellen von Mäusen zur Produktion von
Insulin umprogrammiert. Nachdem diese genmanipulierten Stammzellen
zuckerkranken Mäusen transplantiert worden seien, habe sich deren
Gesundheitszustand erheblich verbessert, teilte das Institut für
Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben
(Sachsen-Anhalt) am Freitag mit. Die Ergebnisse seien Meilensteine auf dem Weg
zu einer Behandlung von Zuckerkrankheit beim Menschen.
(AOL-Newsbote, 17.01.03)
·
Die
Fachwelt hat es bisher strikt verneint, daß aus embryonalen Stammzellen neue
Embryonen heranwachsen können, und viele plausible Argumente dafür vorgebracht.
Doch blieb bis heute ungeklärt und weitgehend unerforscht, warum in den
neunziger Jahren in einer der Petrischalen des Stammzellpioniers James Thomson
aus Affenzellen etwas gewachsen ist, was wie ein neuer Embryo aussah.
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, Freitag, 02.Mai 2003, Nr. 101, Seite 33,
Feuilleton)
·
Im
Januar richtete man im Nationalen Ethikrat eine Arbeitsgruppe
"Klonen" ein, um endlich Klarheit zu schaffen, welche Art des
Kerntransfers in Eizellen verboten sein soll. Der Berliner Genetiker Jens Reich
wies dabei erstmals auf neue Komplexitäten aus der Biologie hin. Wenn
Totipotenz durch technische Manipulationen hergestellt werden könne, dann müsse
dieser Begriff im Embryonenschutzgesetz "mit einem Fragezeichen
versehen" werden.
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 04. Mai 2003, Nr. 18, Seite 55,
Wissenschaft)
·
Der
Baseler Molekularbiologe und Philosoph Christoph Rehmann-Sutter, Mitglied der
Schweizer NationalenEthikkommission, faßte die Unsicherheiten am griffigsten
zusammen, als er die Totipotenz als "zweifelhaften Begriff"
einordnete. Das Entwicklungsvermögen einer Zelle sei nicht aus sich heraus,
intrinsisch, zu begreifen, sondern "kontextuell" und
"relational". Anders gesagt: Ohne die Umstände, unter denen die Zelle
gedeiht, und die "Zutaten" und Eingriffsmöglichkeiten, etwa des
Biotechnikers, sei das wahre Potential einer Zelle nicht mehr zu verstehen.
Sogar klonierte Embryonen betrachtet Jaenisch wegen der extremen Fehlbildungs-
und Sterberate nur als "Laborartefakte": "Ihnen fehlen wichtige
Attribute, die man normalen Embryonen zuschreiben würde, und ihnen fehlt das
Potential, normales Leben zu generieren."Eine Aussage, die Rehmann-Sutter
dahingehend interpretierte, daß der geklonte Embryo offenkundig als nicht
totipotent zu betrachten sei.
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, Samstag, 17. Mai 2003, Nr. 114, Seite 34,
Feuilleton)
·
US-Forscher
haben eine künstliche Substanz entdeckt (organischer Stoff TWS 119), mit deren
Hilfe Stammzellen zu Nervenzellen heranwachsen
(taz 6.6.03)
·
die
schottischen Erschaffer des Klonschafes Dolly haben Genehmigung für das
Forschen mit menschlichen embryonalen Stammzellen erhalten; Gewinnung aus
menschlichen Eizellen mit Hilfe von Jungfernzeugung (unbefruchtete Eizelle wird
angeregt, sich zu teilen)
(taz 13.6.03)
·
Schöler
und Hübner:
Bildung von Eizellen in embryonalen Stammzellkulturen bei Mäusen;
bisher als Dogma: ES-Zellen sind nur pluripotent, können alle Zelltypen bilden,
nicht aber Keimbahnzellen (diese sind totipotent und können sich zu einem
ganzen Lebewesen entwickeln);
Forscher isolierten aus Kulturen mit vielen Millionen ES-Zellen, in denen ein
Gen (=ct4) für die Entwicklung zu Keimbahnzellen das Kommando übernommen hatte;
derartige Zellen lösten sich vom Boden der Petrischale, schlossen sich zu Follikeln
zusammen, begannen Hormone zu produzieren (Estradiol); bei Zugabe des
Schwangerschaftshormons hCG schoss das erste Ei hervor (künstlicher Eisprung in
einem künstlichen Eierstock); die Eizellen teilen sich auch ohne Befruchtung
und entwickeln sich zu embryoartigen Gebilden, die jedoch absterben;
Eizellen ließen sich so (wahrscheinlich) auch aus männlichen ES-Zellen
herstellen;
Handel und Mangel an Eizellen (bisher Spenderinnen nötig) so zu beheben,
therapeutisches Klonen akzeptabler?;
Was bedeuten die Befunde für die biologischen und juristischen Grenzziehungen
zwischen Keimzellen, Embryozellen und Körperzellen einerseits und einem
lebensfähigen Embryo andererseits? Schöler: „ES-Zellen sind (damit) totipotent.
Mit genug Zeit mache ich auch aus einer adulten Gewebestammzelle ein Ei.
Irgendwann wird das selbst mit einer Hautzelle möglich sein.“
(Die Zeit 8.5.03 S.27)
·
in
der sensationellen Arbeit von Hans Schöler und Karin Hübner steckt, die
unlängst in "Science" veröffentlicht worden ist. Den beiden ist es
gelungen, Eizellen im Labor zu züchten, und zwar aus embryonalen Stammzellen.
Schon bald, dessen kann man sicher sein, wird eine weitere Publikation eines
amerikanischen oder japanischen Forschers erscheinen, der Spermien gezüchtet
hat. Rasch, darin sind sich die Stammzellforscher einig, wird man nicht nur
Keimzellen der Maus, sondern auch Keimzellen des Menschen im Labor züchten
können. Und natürlich kann man diese informationsgeladenen Ursprungszellen des
Lebens nicht nur züchten, sondern auch miteinander in Kontakt bringen. Steckte
man also die aus embryonalen Stammzellen gezüchteten Eier und Spermien in
dieselbe Petrischale, käme es zu einer Befruchtung. Implantierte man diese
befruchtete Eizelle in eine Gebärmutter, würde sich wohl ein Lebewesen entwickeln
- eines, dessen biologische Eltern zwei Embryonen wären, nämlich jene zwei
Embryonen, aus denen die ursprünglichen Stammzellkulturen gewonnen wurden.
Ungewohnt und politisch brisant ist auch der Gedanke, dass jeder der Forscher,
der im Besitz menschlicher embryonaler Stammzellen ist, ob in Bonn, Haifa,
Wisconsin oder Riad, bald ganz im Alleingang menschliche Embryonen erzeugen
könnte, und sei es durch einen Betriebsunfall, durch einen falschen
Nährstoffcocktail, der statt zu Nervenzellen zu Ei- und Samenzellen führt.
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, Freitag, 09.Mai 2003, Nr. 107, Seite 33,
Feuilleton)
·
Wenn
auch Eizellen von Menschen in der Petrischale geschaffen werden könnten, würden
sich die religiösen und moralischen Bedenken gegen therapeutisches Klonen
erübrigen (Kaplan, US-Bioethiker)
(taz 2.5.03)
·
Schweizer
Zentrum für Technikfolgenabschätzung: bisher gibt es keine Beweise dafür, dass
embryonale Stammzellen über ein größeres therapeutisches Potenzial verfügen als
adulte Stammzellen
(GID 158 6/7-2003 S.21)
·
Forschung
an überzähligen Embryonen:
a) Forschung zur Verbesserung der (Über-)Lebensbedingungen von künstlich
gezeugten Embryonen
b) Forschung an embryonalen Stammzellen für Therapiezwecke, die diesen
Embryonen entnommen werden
c) Diagnostik an einzelnen Zellen, die einem Embryo entnommen werden (im
Reagenzglas, vor Beginn der Schwangerschaft), um Chromosomenstörungen oder
Erbkrankheiten festzustellen (PID);
das deutsche Embryonenschutzgesetz verbietet Forschung an und mit Embryonen;
Eine Relativierung des Gebots könnte nur bei Güterabwägung hinsichtlich eines
hochrangigen medizinischen Zieles und nur in einem Bereich sehr frühen
menschlichen Lebens erwägbar sein, wo sich aus dem leiblichen Substrat des
Embryos noch nicht alle Realisierungsstufen individuellen personalen Seins
vollzogen haben. Damit rede ich keiner utilitaristischen Moral das Wort, in der
ei hochrangiges Forschungsziel jedes Mittel heiligt...;
(Stellungnahme der DFG): „diese (verwaisten) Embryonen haben zwar wegen ihres
genetischen Potenzials auf Person hin Lebenswürde und Lebensrecht – sie
besitzen jedoch keinerlei Möglichkeit mehr, sich in Verbindung mit einer Mutter
zu einem Individuum zu entwickeln“;
nach meiner Überzeugung ist zu unterscheiden, ob man vorsätzlich Embryonen für
ein verbrauchendes Experiment herstellt, oder ob, unbeabsichtigt, etwa durch
den Tod der Mutter, diese nicht transferiert werden können. In diesem sehr
seltenen Fall könnte eine Abwägung bei realistischen therapeutischen
Zielsetzungen ethisch verantwortbar sein.;
dass der ethisch nicht problematischen Forschung mit adulten Stammzellen
jeweils Vorrang zu geben ist. Das Potenzial dieser Zellen ist noch nicht
erforscht. Die Feststellung, dass es demjenigen der embry9onalen Stammzellen
annähernd ebenbürtig sei, setzt jedoch vergleichende Arbeiten an allen Typen
von Stammzellen voraus.
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S. 96, 103)
·
Mit
dem Begriff „Stammzellen“ werden alle noch nicht ausdifferenzierten und noch
unspezialisierten Zellen eines Embryos, Fetus oder geborenen Individuums
bezeichnet, die eine hohe Teilungsaktivität und ein nahezu uneingeschränktes
Differenzierungsvermögen besitzen. Auf dem Weg der Spezialisierung nimmt dieses
Differenzierungspotenzial kontinuierlich ab.;
bis spätestens zum 8-Zell-Stadium totipotent (aus einer Zelle kann sich ein
komplettes, lebensfähiges Individuum entwickeln);
spätere Stadien, z.B. innere Zellmasse einer Blastozyste, nur noch pluripotent
(embryonale Stammzellen; können sich zu den
mehr als 200 verschiedenen Gewebearten des Körpers entwickeln);
neben diesen ES_Zellen befinden sich pluripotente Zellen auch in den
Keimanlagen von Feten, den späteren Produktions- und Speicherorganen der
männlichen und weiblichen Keimzellen, und werden als embryonale Keimzellen
(EG-Zellen) bezeichnet;
die im erwachsenen Organismus anzutreffenden organspezifischen, somatischen
Stammzellen... sind in ihrem Differenzierungspotenzial deutlich eingeschränkt,
sie sind bereits für die Bildung einer bestimmten Zellart vorbestimmt und
dienen lediglich der Regeneration dieses Gewebes
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.285)
·
(Margot
von Renesse):
ein (durch Zusammenkommen von Ei- und Samenzelle) entstandener Embryo ist vom
Zeitpunkt der Kernverschmelzung an ... geschützt. Aber was ist mit der
montierten Zelle (gemeint wahrscheinlich z.B. durch Klonen JK)? Muss ich das
Embryonenschutzgesetz ausweiten auf jede Form von Totipotenz? Ist Totipotenz
als solche der Beginn einer menschlichen Biographie?;
die Eizelle einer Frau, in die der Zellkern eines anderen Menschen eingebracht
wurde, ist in meinen Augen weder Tochter noch Sohn;
wie soll es werden, wenn man eines Tages jede Organzelle zu einer totipotenten
Zelle reprogrammieren kann? Müssen wir dann in jeder Zelle eines Menschen auch
schon einen Menschen sehen?
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.300)
·
Vorschlag
der EU-Kommission, ab 2004 verbrauchende Embryonenforschung finanziell zu
unterstützen;
Forschungsprojekte sollen förderungswürdig sein, wenn zur Herstellung der
Stammzellen Embryonen genutzt werden, die vor dem 27.6.2002 eingefroren wurden;
es muss sich um überzählige Embryonen handeln; die Eltern müssen ihre
Zustimmung gegeben haben;
deutsche Regelung anders: es dürfen keine Embryonen für Forschungszwecke neu
getötet werden; Forschung nur an Stammzellen aus bereits getöteten Embryonen,
die vor dem 1.1.2002 bereits vorhanden waren;
allein in Frankreich und Belgien lagern 70-80000 eingefrorene Embryonen, in der
EU mehrere hunderttausend
(taz 11.7.03)
·
Gesetzentwurf
Spanien:
therapeutisches Klonen bleibt verboten;
Forschung an embryonalen Stammzellen wird erlaubt (Nutzung der 200000
eingefrorenen Embryonen, die übrig geblieben sind; Einwilligung der Eltern);
künftig nur noch Befruchtung von drei Eizellen bei IVF zulässig (bislang waren
10 und mehr üblich); dürfen künftig nur zu Reproduktionszwecken verwendet
werden
(taz 1.8.03)
·
Dresdner
Neurologen wollen Parkinsonkranken mit Zelltransplantation helfen; verwendet
werden Dopamin-produzierende Zellen, die aus der Netzhaut eines „einzelnen
frühgeborenen Kindes“ gewonnen wurden (nach der Geburt verstorben)
(taz 4.7.03)
·
USA:
zweigeschlechtliche Embryonen erzeugt; Zellen männlicher Embryonen in weibliche
verpflanzt; 12 Embryonen hätten sich weiterentwickelt, in 9 Fällen
„Abnormalitäten“
(Der Sonntag Sachsen 13.7.03)
·
Geheimnis
der Pluripotenz embryonaler Stammzellen gelüftet?;
ein Gen gefunden, das dafür verantwortlich ist, dass bei ES-Zellen eine
besondere Art der Zellteilung durchgeführt wird: eine Tochterzelle altert nach
der Teilung normal, die andere bleibt eine Stammzelle und pluripotent
(GID 159 7/8-2003 S.32)
·
Nervenzellen,
die aus embryonalen Stammzellen vom Menschen gezüchtet wurden, haben gelähmte
Ratten wieder zum Laufen gebracht;
(3 Jul 2003 Von: liste@gen-ethisches-netzwerk.de)
·
Uniklinik
Leipzig; Pilotstudie: Behandlung von Parkinson-Patienten mit Zellen aus fehlgeborenen Föten,
Transplantation ins Mittelhirn
(Freie Presse Chemnitz 15.9.03
·
Universität
Leipzig: demnächst Praxiserprobung – neue Verfahren zur Regenerierung
körpereigenen Gewebes; ohne Embryonalzellen; ausschließlich so genannte
Vorläuferzellen unter anderem aus Blut, Knochenmark oder Fettgewebe genutzt
(Freie Presse Chemnitz 30.9.03)
·
japanische
Forscher haben erstmals nachweislich Samenzellen aus embryonalen
Mäusestammzellen gezüchtet
(GID 160 Okt/Nov2003 S.25)
·
Islam (Beloucif, Obermeyer):
für die meisten Denker Beseelung erst am 40. Tag (andere: schon bei der
Befruchtung);
Abbruch ist zulässig, wenn tödlicher Defekt beim Fötus festgestellt wurde;
Abtreibung zulässig, wenn Leben der Mutter bedroht ist, vor dem 40. Tag;
Abtreibung ist nach Vergewaltigung möglich (Bosnien-Krieg-Erfahrungen)
“wir möchten das alles in der islamischen Welt nicht ganz so streng definieren,
vage lassen...“;
Beseelung (Mehrheit): 40. Tag für den Mann, 80. Tag für eine Frau;
überzählige Embryonen, die mit anderer Zielstellung gezeugt wurden, evtl. für
Forschungszwecke verwendbar
Hinduismus (Young, Gupta):
Personenstatus ab Moment der Empfängnis;
Abtreibung fast keine Ausnahme (z.B. Rettung des Lebens der Mutter)
Fruchtwasseruntersuchungen immer wieder auch zur Geschlechtsbestimmung genutzt
(Mitgift für die Töchter sparen); 1999 in reicheren Staaten Indiens: 600
weibliche Geburten auf 1000 männliche;
Embryonenforschung zulässig, auf erste 14 Tage beschränkt, nur mit Zustimmung
der „Eltern“
Judentum (Steinberg, Glick):
es ist nicht möglich, „Leben“ und „Beginn des Lebens“ wissenschaftlich zu
definieren;
Stufen in der Menschwerdung: Empfängnis, Einnistung, Primitivstreifen (14
Tage), Knochenbildung (40 Tage), Lebensfähigkeit des Fötus, Geburt;
2 Strömungen:
a) allmähliche Zuwachsen des menschlichen Status
b) fundamentaler Unterschied zwischen Prä-Embryo (vor der Einnistung) und
Embryo (nach der Implantation);
auch Samen hat Würde, ist potenzielles leben;
Prä-Embryo: größerer Respekt, größere Würde – aber noch immer kein menschlicher
Status);
Talmud: „bis 40 Tage wie Wasser, wie eine Flüssigkeit“;
40. Tag: bis dahin keine Gestaltbildung, aber erste Knochenbildung;
PID, Stammzellforschung deswegen bei strenger Güterabwägung nach jüdischem
Recht zulässig;
auch Klonen, um Blastozysten herzustellen, ist erlaubt (kein anderer Zweck!);
“Menschen verändern die Welt ständig, sie ist nicht mehr wie am 6.
Schöpfungstag, es gibt keinen Unterschied zwischen dem Bau von Gebäuden,
Organverpflanzung, Stammzellforschung – es kommt auf die Zielstellungen an, bei
Technik immer Güterabwägung erforderlich“;
Praxis in Israel: in Deutschland gibt es ein Gesetz, in Israel Improvisation
(Umschiffen der Gesetze);
1977 Abtreibungsgesetz: verboten aber erlaubt in 5 Fällen (Gefahr für Leben der
Mutter, Missbildungen beim Kind, Schwangere zu jung oder zu alt, Inzest,
schwerwiegende soziale Probleme); derzeit 30000 Abtreibungen pro Jahr bei 70000
Lebendgeburten (1-2 Mill. Abtreibungen seit Staatsgründung Israel);
in Israel werden im weltweiten Vergleich am häufigsten Gentests durchgeführt;
ungeborenes Leben außerhalb des Mutterleibes: „Konstrukte“ haben niedrigeren
Status als eingenistete Embryonen;
Israel: 3% aller geborenen Kinder aus IVF;
Gesetz 1999: für 5 Jahre in Kraft, keine genetische Intervention am Menschen
erlaubt, reproduktives Klonen verboten (aber nicht generell: wenn in Zukunft
sichere Technik, vielleicht JA), Forschung nur an überzähligen Embryonen (auch
aus abgetriebenen Föten, auch durch therapeutisches Klonen zulässig);
wichtige Unterscheidung: es kann ein Mensch werden, es ist kein Mensch!;
man darf potenzielles Leben töten, wenn man einen guten Grund hat;
weder Samen noch eine Blastozyste dürfen vernichtet werden, das ist eine
schwere Sünde – nur im Ausnahmefall zulässig, wenn es gut ist, dem Leben dient;
Eizellgewinnung: eigene Reproduktion ist ein gewichtiger, ausreichender Grund –
die Möglichkeit des Zugangs zu Stammzellen aus der Blastozyste ist kein
ausreichender Grund;
Autorität für diese liberalen Haltung: „Ich habe die führenden Rabbiner
gefragt“;
Buddhismus (Keown):
Anfang des Lebens? Wiedergeburt; es gibt keinen Startpunkt: Geburt und Tod sind
wie eine Drehtür;
Leben ist kein Geschenk Gottes, es entsteht, wenn 3 Voraussetzungen gegeben
sind (Geschlechtsverkehr, fruchtbare Tage der Frau, der Geist eines
Verstorbenen muss da sein);
vieles (alles) für das neue Leben wird durch das Karma dessen bestimmt, der
hier wiedergeboren wird;
jede Tötung eines Menschen, in welchem Stadium auch immer, ist falsch;
individuelles menschliches Leben beginnt mit der Empfängnis;
1-2 Mill. Abtreibungen pro Jahr in Südkorea, 1 Mill. in Japan;
in China heißt Abtreibung nicht Tötung, sondern „etwas-fallen-lassen“;
reproduktives Klonen für Buddhismus denkbar (da Leben kein Geschenk Gottes
ist);
Beseelung bei der Empfängnis;
Konfuzianismus (Po-wah):
der Mensch darf / muss der Natur (seiner eigenen, der umgebenden) nachhelfen,
aufhelfen: auch in China wird „Gott gespielt“;
(Nationaler Ethikrat, Jahrestagung 23.10.03 Berlin, Der Umgang mit vorgeburtlichem
Leben in anderen Kulturen)
·
In
einem Tierversuch haben US-Forscher erstmals mit geklonten embryonalen
Stammzellen die Parkinsonkrankheit behandelt. Die Wissenschaftler züchteten
spezielle Nervenzellen und übertrugen diese in die Gehirne von parkinsonkranken
Mäusen. Dort ersetzten die Zellen kranke Nerven und schwächten die Symptome des
Leidens ab.
(Berliner Zeitung 21.9.03)
·
Christiane
Nüsslein-Volhard:
Ein Hühnerei und ein Fliegenei sind in der Tat totipotent, d.h. sie können sich
allein zu einem Lebewesen entwickeln. Bei Säugetieren ist das nicht so. Ich
kapiere es nicht, wie man von Totipotenz reden kann, wenn man einen zweiten
Organismus (die Mutter) und das absolute Zusammenleben zweier Organismen
braucht, damit hinterher ein lebensfähiges Tier – ich rede in diesem
Zusammenhang lieber über Tiere – entsteht.
Nationaler Ethikrat Protokoll Sitzung 12.6.03)
·
August
2001 hatte Bush den mit öffentlichen Geldern geförderten Forschern 60
embryonale Stammzelllinien versprochen – für sie sind jetzt allenfalls 15
nutzbar; die Harvard-Universität will jetzt 100 Mill. Dollar in den Bau eines
Stammzellzentrums stecken, eigene Zelllinien entwickeln und Forschung
unabhängig von Washingtoner Vorgaben und Staatsgeld betreiben
(Spiegel 12/04 S.190)
·
USA:
Behandlung von Parkinson-Patienten mit Hirnzellen, die aus abgetriebenen
Embryonen stammen; 23 Patienten; keine signifikanten Verbesserungen der
Symptome; bei einem Teil der Versuchspersonen erhebliche Nebenwirkungen (z.B.
über die Hälfte litt an schmerzhaften motorischen Störungen)
(taz 29.3.03)
·
USA:
Chemikalie entwickelt, mit der ausdifferenzierte Zellen (Muskelzellen) sich in
adulte Stammzellen zurückverwandeln lassen
(GID 162/2004 S.29)
·
Frankreich:
für 5 Jahre erlaubt: Forschung an Embryonen, die bei der IVF übrig geblieben
sind; nur, wenn „große therapeutische Erfolge“ zu erwarten sind
(GID 162/2004 S.39)
·
Italien:
Gesetz: Ei- und Samenspende, Selektion von Embryonen im Reagenzglas verboten,
IVF nur erlaubt, wenn alle anderen Methoden versagen
(GID 162/2004 S.39)
· Nationaler
Ethikrat: Jahrestagung 23.10.2003 „Der Umgang mit vorgeburtlichem Leben in
anderen Kulturen“; Wortprotokoll; Perspektiven des Judentums (Avraham Steinberg
/ Shimon Glick):
·
Fetus
hat Teil-Rechte, hat (noch) nicht die Rechte eines geborenen Menschen
·
Abwägung
(erforderlich und möglich) zwischen Anspruch des sich entwickelnden Embryos und
anderen, gegenläufigen Werten und moralisch-rechtlichen Ansprüchen
·
es
besteht ein fundamentaler Unterschied zwischen einem Prä-Embryo (d.h. im
Stadium vor der Implantation/Einnistung in die Gebärmutter) und einem Embryo
(nach der Einnistung)
·
Judaismus
spricht Würde nicht nur dem Embryo (oder Prä-Embryo) zu;
es gibt auch eine Würde der Samenzelle (des Samens) als potenzielles Leben
·
im
Vergleich zum Samen gibt es beim Prä-Embryo einen größeren Respekt, eine
größere Würde, aber der Prä-Embryo hat nach jüdischem Verständnis keinen
menschlichen Status
·
Potenzialität
des Lebens:
bei prä-implantierten Embryonen weit entfernt – die meisten werden
ausgeschieden;
auch ein hoher Prozentsatz der implantierten Embryonen wird auf natürliche
Weise vernichtet und wird nicht zu einem Menschen;
die Potenzialität in Bezug auf Leben ist in diesem Stadium kaum gegeben und es
ist hier nicht erforderlich, Respekt und Würde sicherzustellen
·
zwei
Folgen:
die Präimplantationsdiagnostik und die Vernichtung von fehlgebildeten
Präembryonen ist nach jüdischem Recht zulässig, da wir hier noch nicht von
einem Menschen sprechen, ist die Vernichtung nicht als Mord zu betrachten;
die Erforschung von Stammzellen auch durch die Vernichtung von Blastozysten
(Embryonen) ist zulässig, weil wir noch nicht von einem Menschen sprechen;
deshalb sind die Vorteile – durch die Erkenntnisse könnte Millionen Menschen
geholfen werden – größer als alle Nachteile
·
auch
das („therapeutische“) Klonen zum Zwecke der Erzeugung einer Blastozyste ist
zulässig
·
Wir
verändern die Natur ständig. Es gibt keinen Unterschied zwischen der
Veränderung von Gebäuden, der Transplantationsmedizin, der
Fertilitätsbehandlung oder der Erzeugung von Blastozysten. Solange der Prozess
auf Endpunkte beschränkt ist, die gerechtfertigt sind, ist dies unter
theologischen Gesichtspunkten zulässig.
·
Es
gibt Unheil, das angerichtet wird, aber es gibt eben auch Gutes, das damit
verbunden ist. Wir müssen immer das Für und Wider abwägen...
·
in
Israel auch keine endgültige Ablehnung des Klonens von Menschen (derzeit
Konsens für Ablehnung, aber nicht ausgeschlossen, das später bei Sicherheit der
Verfahren Zulassung erfolgen könnte)
·
Forschung
an embryonalen Stammzellen wird nach Leitlinien der Akademie der Wissenschaften
(2001) durchgeführt:
+ überzählige Embryonen dürfen genutzt werden (haben potenziell einen
lebensrettenden Nutzen, der stärker wiegt als Bedenken)
+ Feten aus Abtreibungen dürfen genutzt werden (aber es dürfen keine
Abtreibungen mit dem Ziel der Stammzellgewinnung durchgeführt werden)
+ ES-Zellen dürfen mit Klonverfahren gewonnen werden
+ Herstellung von Embryonen für Forschungszwecke durch künstliche Befruchtung
ist verboten
+ Kultivierung von Embryonen ist auf maximal zwei Wochen begrenzt
+ alle Forschungsprojekte müssen von einem Ausschuss genehmigt werden
·
Präimplantationsdiagnostik
für Erbkrankheiten ist in Israel akzeptierte Praxis
·
USA;
aus embryonalen Stammzellen der Maus zeugungsfähige Spermien entwickelt
(taz 12.12.03)
·
mit
embryonalen Stammzellen dereinst Krankheiten wie Diabetes heilen, sie könnten
durchtrenntes Rückenmark flicken oder zerstörte Herzmuskeln kitten;
(Spiegel 8/04 S.120)
·
auch
menschliche embryonale Stammzellen können spontan in Keimzellen differenzieren
(Mitteilung R. Knüppel für AGU März 2004)
·
Das
Nabelschnurblut enthalte neben blutbildenden Stammzellen auch solche, aus denen
wahrscheinlich Herzmuskel-, Nerven- und Knochengewebe gezüchtet werden könne.
Viele Stammzellforscher glauben, dass die Zellen ähnliche Eigenschaften haben
wie embryonale StammzellenIn Deutschland gibt es zwei große private
Nabelschnurbanken: das Leipziger
Unternehmen Vita 34 und die Kölner Firma Cryo Care. Vita 34 verlangt 1 950 Euro
für eine Lagerung über 20 Jahre. "Bei diesem Preis verzichten die Frauen
meist auf die Einlagerung", sagte Jacobs. Nur wenige private Krankenkassen
übernehmen derzeit die Kosten. Ob sich die tiefgefrorenen Zellen später
sinnvoll verwenden lassen, ist Jacobs zufolge aber erst unzureichend
untersucht. Deshalb wurde 2002 das Forschungsprojekt Stemmat ins Leben gerufen,
das der Mediziner leitet. In mehreren Labors in Bayern wurden bislang 392
gespendete Proben aus Nabelschnurblut untersucht. Erste Ergebnisse deuten
darauf hin, dass die Anzahl der lebensfähigen Zellen und ihre Fähigkeit, sich
zu teilen, sehr davon abhängt, in welchem Material und wie schnell sie
eingefroren werden. Die effizienteste Methode ist derzeit das Einfrieren mit
flüssigem Stickstoff bei minus 197 Grad Celsius. Nach Ansicht von Jacobs kann
diese Methode noch verbessert werden. Ob sich Stammzellen aus Nabelschnurblut
ähnlich flexibel in verschiedenste Gewebearten entwickeln können wie embryonale
Stammzellen, müsse noch erforscht werden, sagte Jacobs. Ungeklärt sei außerdem,
ob sich die Nabelschnurzellen - wie es bereits bei embryonalen Stammzellen
beobachtet worden ist - zu Tumoren entwickeln können.
(Berliner Zeitung 8. Dezember 2003)
·
Düsseldorfer
Uniklinik: Ärzte entnehmen Patienten Stammzellen aus dem Knochenmark und
spritzen sie in infarktgeschädigte Herzen; dort sollen sich die Stammzellen in
Herzmuskelzellen verwandeln; bisher 70 Patienten behandelt (weitere 120 in Ffm,
Hannover, Rostock); 7% gesteigerte Pumpleistung des Herzens; Kritiker: nicht
genügend an Tieren getestet, zu schnelle Anwendung am Menschen; wie der
therapeutische Effekt zustande kommt, ist unklar; anfängliche Vorstellung der
Verwandlung der Stammzellen zu Herzzellen erweist sich immer mehr als ein
Trugbild; bei Untersuchungen mit Tieren kein einziger Fall einer solchen
Umwandlung auch nur einer Zelle beobachtet
(Der Spiegel 20/2004 S.142ff.)
·
Behandlungen
mit körpereigenen Stammzellen können nach einer Herzattacke zwar
Heilungsprozesse in Gang setzen, führen aber bei unerwartet vielen Patienten zu
Nebenwirkungen
(GID 163/2004 S.28)
·
Uni
Lübeck: neues Verfahren zur Zucht von Stammzellen aus den Drüsen von Ratten und
Menschen entwickelt; erstmals sehr stabile Stammzellkulturen herstellen, die
viele Eigenschaften embryonaler Stammzellen haben
(taz 29./30.5.04)
·
eine
Lübecker Arbeitsgruppe will „pluripotente adulte Stammzellen“ in der
Bauchspeicheldrüse erwachsener Menschen entdeckt haben; harte Kritik und
Zweifel: keine Beweise vorgelegt, Vetternwirtschaft
(Die Zeit 3.6.04 S.35;
·
Zweifel
an Stammzelltherapie mit adulten Stammzellen (aus Pankreas und Knochenmark)
(GID 164/2004 S.30)
·
Frankreich
erlaubt die Forschung an „überzähligen“ in vitro gezeugten menschlichen
Embryonen für vorerst 5 Jahre
(taz 10./11.7.04)
·
Europäischer
Gerichtshof für Menschenrechte billigt dem Fötus keinen Rechtsstatus zu; es sei
„weder wünschenswert noch derzeit möglich“, auf die „abstrakte Frage“ zu
antworten, ob das ungeborene Kind eine „Person“ im Sinne der Europäischen
Menschenrechtskonvention ist
(taz 9.7.04)
·
Nancy
Reagan (Witwe des amerikanischen Präsidenten Ronald R.) will den Namen Reagan
mit einem staatlichen Programm zur Stammzellforschung verbunden sehen; schlimme
Erfahrungen mit der Alzheimer-Krankheit ihres Mannes; Brief an Bush (nicht veröffentlicht),
Mai 2004 öffentlich: Ich verstehe nicht, warum wir diesen Dingen (der
Stammzellforschung) den Rücken zukehren.; daraufhin appellierten 206
Kongressmitglieder an Bush, die Regeln für die Stammzellforschung zu lockern;
Kommt unumschränkter Schutz ungeborenen Lebens vor dem Schutz existierenden
Lebens?
(Die Zeit 17.6.04 S.31)
·
Jens
Reich: „Es lässt sich gegenwärtig nicht zuverlässig vorhersagen, ob die
Erforschung der Stammzellen wirklich zu den phnatastischen Ergebnissen führen
wird, die Optimisten erwarten. Auch ist offen, ob dabei somatische oder
embryonlae Stammzellen die wesentlichen „Akteure“ sein werden.“ (Das Parlament
12.1.2004)
(Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zu: Das Parlament, B23-24/2004 S.17)
·
Aristoteles:
männlicher Samen als aktiv gestaltende Kraft verstanden, Frau nur passive
Funktion einer Stofflieferantin und Bruteinrichtung; nahm als Zeitpunkt für den
Empfang der Geistseele beim männlichen Embryo den 40., beim weiblichen erst den
80. Tag nach der Empfängnis an
(Henn, W.: Warum Frauen nicht schwach, Schwarze nicht dumm und Behinderte nicht
arm dran sind – Der Mythos von den guten Genen, Herder Freiburg 2004 S.99)
·
Stammzellforscher
Hescheler (Uni Köln); Experimente mit importierten ES-Zellen: menschliche
ES-Zellen können gezielt zu funktionsfähigen Herzmuskelzellen umgewandelt
werden
(GID 166/2004 S.32)
·
USA:
im vergangenen Jahr wurden den National Institutes of Health (geben
Fördermittel weiter) für Forschung an embryonalen Stammzellen 25 Millionen
Dollar, für Forschung an adulten Stammzellen 193 Millionen Dollar zur Verfügung
gestellt;
Forschung mit embryonalen Stammzellen blüht (Verwendung privater Mittel):
Harvard University hat inzwischen 17 neue Zelllinien geschaffen, an einem
Institut in Chicago sollen es 50 sein; auch steht es den einzelnen
Bundesstaaten frei, sich zu engagieren
(NZZ 9./10.10.04)
·
Vergleich
des aktuellen Standes bei der Arbeit mit adulten und mit embryonalen
Stammzellen;
Embryonale Stammzellen:
sind sehr langlebig und können sich zu allen Arten von Körperzellen
entwickeln; über Steuerung der Entwicklung bisher wenig bekannt; bis jetzt
gelingt es nicht, ALLE Zelltypen aus ES zu züchten; außerdem entwickeln sich
bisher nie alle Zellen in einer Kulturschale in die gewünschte Richtung, das
wäre aber wichtig für hohe Ausbeute an bestimmten Zellen und für spätere
medizinische Anwendung (wenn noch unspezialisierte ES-Zellen mit ins Gewebe
übertragen werden, evtl. unkontrolliertes Wachstum und Tumorbildung); Lösung:
entweder alle Stammzellen zur Spezialisierung anregen oder sehr exakte
Reinigungsverfahren entwickeln;
erste Lösungsvorschläge für ein anderes Problem: die „saubere“ Zucht von
ES-Zellen; bisher wurden/werden diese auf „Teppichen“ aus bestimmten Mauszellen
gezüchtet, nur so erhalten sie bestimmte, für ihr Wachstum notwendige
Substanzen, inzwischen werden immer mehr dieser Stoffe identifiziert – und es
ist mehrfach gelungen, ESZ ohne Mauszellteppiche wachsen zu lassen;
Frage, in welcher Form Stammzellen und ihre Abkömmlinge am besten
transplantierbar sind; man kann keinesfalls nur eine Zellsuspension injizieren,
Zellen, die direkt aus der Zellkultur kommen, sind schlecht darauf vorbereitet,
sich am Zielort in den Zellverband zu integrieren, man baut nun
dreidimensionale Gerüste , die von Stammzellen besiedelt werden, diese Gerüste
werden dann in den Organismus eingebracht und dort im Laufe der Zeit abgebaut;
ES-Zellen helfen evtl. auch indirekt: bei Mäusen haben sich nicht die
injizierten ESZellen selbst zu neuen Herzmuskelzellen entwickelt, statt dessen
haben sie offenbar Substanzen ausgeschüttet, die körpereigene Zellen zur
Teilung und Neubildung von Gewebe angeregt haben; wenn die wirksamen Substanzen
bekannt sind, müssten evtl. gar keine ES-Zellen mehr übertragen werden, sondern
nur die gereinigten Moleküle eingebracht werden
adulte Stammzellen = Gewebestammzellen = Vorläuferzellen
nach heutigen Wissenstand können sich AS nicht mehr zu allen Zelltypen eines
Organismus entwickeln; aus manchen AS können aber mehr als nur die von dieser
Vorläuferzelle erwarteten spezialisierten Zellen entstehen; offen ist noch
immer, ob es prinzipiell gelingen kann, eine AS durch entsprechende Behandlung
mit Wachstumsfaktoren und ähnlichen Substanzen dazu bringen kann, sozusagen
wieder eine ESZelle zu werden;
(NZZ 11.11.04)
·
funktionsfähige
Herzmuskelzellen aus adulten Stammzellen gezüchtet; durch bestimmtes Protein
wird bewirkt, dass sich die Zellen häufiger teilen als normal; auch andere
adulte Stammzellen lassen sich so zur Teilung anregen
(bild der wissenschaft 9/2004 S.110)
·
Geschäfte
mit Nabelschnurblut
Einfrieren bei –196 Grad; 18-25 Jahre Aufbewahrung kosten 1500 bis 2500 Euro;
Arbeitsgruppe der EU-Kommission: Wahrscheinlichkeit für einen künftigen
therapeutischen Einsatz dieser Stammzellen muss als äußerst gering angesehen
werden
(taz 1.10.04)
·
Nervenstammzellen
im Fruchtwasser gefunden (Uni Wien)
(taz 20.8.04)
·
Prof.
Dr. theol. Richard Schröder:
Überzählige Embryonen, die keine Mutter finden können, sind nicht als sich
entwickelnde Menschen zu betrachten. Sie verdienen dennoch Respekt, aber nicht
unbedingten Lebensschutz. Eine Güterabwägung ist zulässig und verbrauchende
Forschung mit therapeutischen Zielstellungen vertretbar.
(Dtsch. Ärzteblatt 101 Heft 4 S. A155)
·
in den USA in manchen Kliniken Begräbnisse für Embryonen, begleitet von
Gebeten, Leitung eines Geistlichen
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 5.9.2004 S.59)
·
Wann ist der Mensch ein Mensch?
(Sammlung
und Bewertung verschiedener Positionen zur Orientierung; ergänzt von M. Zimmermann
und T. Schroeder-Kurth; Vorbereitungsgruppe für den Deutschen Evangelischen
Kirchentag 1997 in Leipzig, Forumsleitung „Medizin- und Bioethik)
1. Präexistenz:
„Der Mensch hat
Personalität, personale Würde, Persönlichkeit von dem Zeitpunkt an, da er als
Mensch unter Menschen gedacht wurde, also sogar bevor er gezeugt, geboren oder
in irgendwelchen Bereichen seiner Menschenwesentlichkeit gereift ist.“ Diese
präexistente Würde des Menschen, die der Sozialphilosoph F. REST hier
formuliert, meint, dass der Mensch „Form-gewordene Mitwirkung des eigenen Wollens“
ist, also begründet und vorgedacht in sich selbst und Gott, an dessen Willen er
partizipiere.
2. Konzeption:
Die Konzeption, so
die Befürworter einer solchen Trennungslinie, z.B. die römisch-katholische
Kirche, ist die erste Voraussetzung für die potentiell mögliche Entstehung
personalen menschlichen Lebens.
Würde man die Konzeption als Verschmelzung von Samenzelle und Eizelle als
moralisch relevantes Ereignis in der Menschwerdung betrachten, die einen
Lebensschutz der befruchteten Eizelle zur ethischen Konsequenz hätte, müsste
man in der medizinischen Forschung alles daransetzen, die durch den „Lauf der
Natur“ getöten, d.h. absterbenden schon befruchteten Eizellen zu retten, das
sind fast ein Drittel bis die Hälfte. Kritisch wird ebenfalls angemerkt, dass
es problematisch sei, „eine befruchtete Eizelle als einen „individuellen“
Menschen zu betrachten, solange diese sich durch Teilung (in zwei, vier, acht,
sechzehn Zellen) selbst auflösen und danach auch wieder zu einer nicht mehr
teilbaren Einheit - also zu einem Individuum entwickeln kann“.
3. Ausschluss der Zwillingsbildung /
Einnistung:
Anknüpfend an obige
Kritik beginne personales Leben erst mit dem Zeitpunkt, von dem ab Zwillingsbildung
auszuschließen sei und der Einnistung etwa bis maximal zur dritten Woche. Erst
wenn das Stadium der Omnipotenz (allgemein üblich ist hier, von „Totipotenz“
zu sprechen – JKrause) überwunden sei, entstehe die körperliche Identität und
individuelle Personalität.(Hinrichsen).
4. Anlage des Rückenmarks:
Der Zeitpunkt des
Erscheinens der ersten Zellen der Neuralplatte, aus der sich im weiteren
Verlauf der Entwicklung des Neuralrohrs Rückenmark und Hirn differenzieren
werden, wurde ebenfalls als zeitliche Abgrenzung des Beginns menschlichen
Lebens herangezogen. Das findet nicht vor dem 36. Tag nach der Befruchtung
statt. Diese These wurde von H.-M. Sass 1985 zwar noch selbst vertreten, dann
aber kritisiert, da er zwischen der Wachstums- und Funktionsentwicklung
differenzieren möchte und so heute seine Definition vom „schützenswerten
Lebensbeginn“ auf das Entstehen von Hirnleben ausweitet.
5. Hirnleben:
H.-M. SASS, der
Hauptvertreter dieser These, unterscheidet „Hirnleben I“ mit der Entstehung
funktionierenden biologischen Zellmaterials und „Hirnleben II“, etwa vom 70.
Tag ab, dem Beginn der Ausbildung des organspezifischen Gewebes als
neuro-neuronale Vernetzungsentwicklung. Er wählt diese Definition als
Gegenstück zur Hirntoddefinition, denn vor dem 70. Tag könnten keine
hirnorganischen Funktionen wahrgenommen werden, weil das Organ einfach noch
nicht vorhanden sei. Als ethische und rechtliche Konsequenzen führt er an:
Schwangerschaftsabbruch generell nur bis zum 57. Tag, davor kein vollwertiger
Schutz aber entsprechend einem Hirntoten Respekt im Umgang mit den Embryonen.
Forschungen an frühen Embryonen seien allerdings trotzdem erlaubt.
6. Fähigkeit, sich spontan zu bewegen:
WERTHEIMER vertritt
diese Position als Gedankenkalkül und argumentiert damit, dass das Erreichen
dieser Fähigkeit moralisch relevant ist, weil dann eine „Verbindung zwischen
dem Begriff eines Akteurs und dem Begriff einer Person existiert, und die
Bewegungsfähigkeit anzeige, dass ein Gegenstand ein Akteur ist.“
7.
Zwölf-Wochen-Frist:
Im Gesetzestext (zum
Schwangerschaftsabbruch – JKrause) selbst und in den Kommentaren sucht man
vergeblich nach einer Begründung dieser Frist, die auf medizinischen Fakten zur
Entwicklung des Embryos beruht. Von Ärzten wurde allerdings versichert, dass
es sich um eine rein pragmatische Frist handele, bis zu der ein Abbruch durch
Ausschabung ohne Einleitung einer Geburt, also möglichst einfach und für die
Mutter schonend in der Durchführung, möglich sei.
8. Der vierte Monat:
Der 4. Monat wird als
Wendepunkt in der Entwicklung des Fötus bezeichnet. Die gefährlichste Zeit im
Hinblickbemerkbar, es hat ein menschliches Aussehen und alle Organe sind
angelegt. Ab diesem Zeitpunkt ist Lutschen, Schmecken, Hören, Schmerzreaktion
und überhaupt Reaktion auf Reize nachzuweisen.
Diese Sonderstellung des 4. Monats zeigt sich auch bereits im Erfahrungswissen
früherer Denker wie Aristoteles, Dante und Hildegard von Bingen, indem diese
den Verstand bzw. den Geist zu diesem Zeitpunkt in das mittlerweile gereifte Gehirn
einziehen lassen. Dem entspricht auch, dass im Islam erst ab dem 100. Tag der
Schwangerschaft von Abort gesprochen wird.
9. Lebensfähigkeit außerhalb des
Mutterleibes:
Erhebt man die
autonome Lebensfähigkeit zum Entscheidungskriterium, wird argumentiert, dass
der Fötus erst dann ein eigenständiges Lebensrecht erwirbt, wenn er
physiologisch nicht mehr von einem anderen Lebewesen abhängig ist, so dass das
Lebensrecht der zwei Individuen nicht mehr miteinander in Konflikt geraten
kann.
M. Tooley drückt das folgendermaßen aus: Es ist klar, „dass das Recht der Frau,
ihren Körper von Parasiten zu befreien, die ihre Handlungsfreiheit
einschränken und möglicherweise ihre Gesundheit beeinträchtigen, stärker ist
als das Lebensrecht des Parasiten und das sogar dann, wenn der Parasit ebensoviel
Lebensrecht hat wie ein erwachsener Mensch.“
Gegen diese These spricht allerdings, dass eine der physischen Abhängigkeit
gleichkommende soziale Abhängigkeit von der Mutter auch nach Erlangung
somalischer Lebensfähigkeit noch bestehe. Ferner steht diese Grenze in
Korrelation zu den jeweils bestehenden technischen Möglichkeiten und entzieht
sich somit einer genauen Festlegung.
10. Geburt:
Explizit wird die
Geburt zwar nicht als moralisch relevantes zeitliches Abgrenzungskriterium
bezeichnet, aber in der Gesetzgebung quasi als solches verwendet. Ab dem
Einsetzen regelmäßiger Wehen, kommt dem geboren werdenden Säugling volles
Personrecht zu. Vor diesem Zeitpunkt genießt das Kind gemäß der derzeit
allgemein akzeptierten Rechtsauffassung nicht den durch die §§ 211 ff. StGB
(Tötungsdelikte) und §§ 223ff. StGB (Körperverletzung) garantierten Schutz.
Vor dem in §217 festgelegten Zeitpunkt greifen die §§ 218ff., danach die §§211
ff. und §§223 ff. Nach §1 BGB beginnt die Rechtsfähigkeit des Kindes allerdings
erst mit dem Ende seiner Geburt, dann erst kann es Träger von personalen
Rechten und Pflichten in vollem Umfang sein.
Die Festlegung der Geburt als moralisch entscheidende Grenzlinie liegt weniger
in biologisch-medizinischen Faktoren begründet, als dass hier eine
pragmatische Begründung erfolgt, denn der Zeitpunkt der Geburt ist eindeutig
und klar, „einfach und zweifelsfrei“. Diese Einstellung ist auch für nahezu
jedermann von unserem Kulturkreis, quasi für den Durchschnittsbürger eine
Selbstverständlichkeit: durch die Geburt wird ein menschliches Individuum zu
einem Menschen, dem die „typischen“ Menschenrechte so auch das „Recht auf
Leben“ zustehen. Würde man die moralisch relevante Trennungslinie auf nach die
Geburt verlegen, bestünde eine Gefahr der „Aufweichung des allgemeinen
Moralbewusstseins.“ (so der Rechtsphilosoph N. Hoerster).
Der Zeitpunkt der Geburt ist jedoch in der modernen Medizin innerhalb gewisser
Grenzen verfügbar und fremdbestimmbar (vgl. Kaiserschnitt-Entbindung), was
hinsichtlich der moralischen Relevanz bedacht werden müsste.
11. Das
Erreichen von einem gewissen Grad von Selbstbewusstsein und Rationalität bzw.
„Interesse am Leben“:
Utilitaristische
Philosophen wie P. Singer, M. Tooley oder N. Hoerster, die mit allen
Grenzlinien vor der Geburt keine moralisch relevanten Unterschied festmachen
können, beziehen sich auf Erkenntnisse der Neugeborenenpsychologie, nach denen
ein Neugeborenes noch keine Wünsche habe, die über die Gegenwart bzw. die
unmittelbare Zukunft hinausreichen, so dass das „Überlebensinteresse des
Neugeborenen“ nicht kontinuierlicher Natur sei. Erst ab dem Erreichen eines
gewissen Grades an Selbstbewusstsein und Rationalität könne man von einem
„Interesse des Kindes am Leben“ sprechen. Dieses Interesse sei eine unbedingte
Voraussetzung für ein zugestandenes Lebensrecht.
·
Beginn
menschlichen Lebens mit befruchteter Eizelle?
Ich hielt den Herren einmal vor Augen, dass sie es wohl kaum vermöchten, eine
Henne ins kochende Wasser zu stecken, dasselbe aber mit einem (befruchteten)
Frühstücksei ohne Bedenken tun.
(Rupert Riedl: Zufall, Chaos, Sinn; Kreuz Stuttgart 2000, S.62)
·
Leipzig:
Forschung, um aus Nabelschnurblut Stammzellen für Behandlung von Schlaganfall
und Parkinson zu züchten; Sächs. Wirtsch.-Ministerium unterstützt mit 412000
Euro
(GID 167/2004 S.37)
·
Großbritannien:
Stammzellen aus unbefruchteten Eizellen gewonnen; durch Protein-Reize zur
Teilung angeregt
(GID 167/2004 S.37)
·
Embryo:
Frucht in der Gebärmutter 16. bis 60. Tag
(Pschyrembel Klinisches Wörterbuch 160. Auflage 2004)
·
Bund
Deutscher Hebammen kritisiert „Geschäftemacherei“ mit Nabelschnurblut; für die
Einlagerung für 20 Jahre müssen Eltern bei Privatfirmen zwischen 1500 und 2000
Euro bezahlen; „Geschäft mit der Angst der Eltern“; dagegen Angebot von 60
deutschen Kliniken, die Nabelschnurblut kostenlos in öffentlichen
Stammzellbanken einlagern, dient der Allgemeinheit (z.B. für leukämiekranke
Kinder, für die kein Spender gefunden wird);
Nabelschnurstammzellen werden bisher bei Bluterkrankungen wie Leukämie
eingesetzt, die Methode funktioniert allerdings nur bei Kindern (für Erwachsene
reicht die geringe Menge der Nabelschnurstammzellen nicht aus
(Freie Presse Chemnitz 21.2.05)
·
weltweit
liegen über 300000 private Nabelschnurpräparate auf Eis; bisher bloße Hoffnung,
illusorisches Pflaster;
damit konnten seit 1999 weltweit lediglich 5 Kinder geheilt werden;
öffentliche Nabelschnurblutbanken: weltweit bisher über 5000 Patienten fremde
Nabelschnurblutzellen transplantiert
(Die Zeit 22.12.04 S.32)
·
RWTH
Aachen: adulte Stammzellen lassen sich doch zu Zellen anderen Gewebes
umwandeln; in Langzeitversuchen gelungen
(taz 25.2.05)
·
Spanien:
Regierung erlässt Dekret , das Forschung an menschlichen embryonalen
Stammzellen möglich macht; Herkunft beschränkt auf Embryonen, die bei
künstlicher Befruchtung übrig bleiben
(taz 30./31.10.04)
·
am
vorvergangenen Sonntag stimmten 64,4% der Schweizer für die Forschung an
embryonalen Stammzellen (nicht nur aus Import, sondern auch aus überzähligen
Embryonen);
die Kalifornier verpflichteten (per Referendum mit 59% Mehrheit) ihre
Regierung, in den kommenden 10 Jahren insgesamt 3 Mrd. Dollar für diesen
Forschungszweig auszugeben; es gibt US-Staaten, die die Stammzellforschung an
humanen embryonalen Stammzellen kriminalisieren, andere schaffen (wie
Kalifornien) Förderprogramme;
Neurophysiologe Hescheler in Köln: Mäuse nach Herz-Infarkt mit
Herzvorläuferzellen behandelt, die er aus Stammzellen von Mäuseembryonen
gezüchtet hatte; nach 2 Wochen hatten sich 90% der Versuchstiere prächtig
erholt (mit Zellen aus dem Embryo im Herzen)
(Spiegel 50/2004 S.42ff; 53/2004 S.120ff; GID 167/2004 S.47)
·
Robert-Koch-Institut
hat die 8. Genehmigung in Deutschland für Import und Grundlagenforschung an
embryonalen Stammzellen erteilt
(taz 29./30.1.05)
·
Wann beginnt das Mensch-Sein?
(Umfrage Uni Freiburg, DER Spiegel 22/2005 S.134)
Zeitpunkt |
Prozent |
|
|
A) Embryo vor der
Einnistung in die Gebärmutter |
32,7 |
+
während des Befruchtungsvorganges |
7,9 |
+ befruchtete Eizelle |
20,8 |
+ Embryo im Stadium
von vier bzw. acht Zellen (totipotent) |
4,0 |
|
|
B) Einnistung in die
Gebärmutter |
24,3 |
|
|
C) Zeitpunkt nach der
Einnistung |
42,9 |
+ Ausbildung von
Gehirn usw. |
24,1 |
+ menschliche Gestalt
ausgebildet / erkennbar |
15,8 |
+ Termin der Geburt |
3,0 |
(Ansichten in der
Allgemeinbevölkerung entsprechen ziemlich genau denen von Humangenetikern;
in den Augen von Frauen wird ein Embryo viel früher zum Menschen als in denen
der Männer)
·
Brasilien erlaubt Stammzellforschung; Freigabe von
Embryonen aus der künstlichen Befruchtung, die mindestens drei Jahre lang
tiefgefroren waren
(taz 4.3.05)
·
in Spanien sind die ersten vier Projekte zur
Forschung mit embryonalen Stammzellen genehmigt worden (Therapien gegen
Parkinson und Diabetes gesucht)
(Der Sonntag 6.3.05)
·
USA: mit eindeutiger Mehrheit stimmte das
Repräsentantenhaus dafür, das von Präsident Bush verhängte Verbot für die (aus
Bundesmitteln finanzierte staatliche Förderung der JK) embryonale(n)
Stammzellforschung zu kippen;
in Kalifornien wurde der Grundstein für ein milliardenschweres
Forschungszentrum für die embryonale Stammzellforschung gelegt
(taz 27.5.05)
·
Chimären: Stammzellexperimente inakzeptabel (so Vorsitzender
des Nationalen Ethikrates, Simitis); In seinen vom Robert-Koch-Institut
genehmigten Experimenten überträgt der Göttinger Professor Mansouri menschliche
embryonale Stammzellen in das Gehirn von Affen (Erforschung der
Parkinson-Krankheit); Befürchtung von Kritikern, so könnten Mischwesen aus
Mensch und Tier, so genannte Chimären, entstehen, die menschliches Bewusstsein
entwickeln; Tiere eingeschläfert, hatten Tumore gebildet
auch der Bonner Stammzellforscher Brüstle hat bereits menschliche Zellen in das
Gehirn von Tieren übertragen, bisher benutzte er jedoch Ratten;
(taz 6.5.05; Der Spiegel 18/2005 S.148)
·
australische Forscher haben erstmals aus dem
Genmaterial einer menschlichen Nase erwachsene Stammzellen gezüchtet; daraus
könnten neue Nerven-, Herz-, Leber-, Nieren- und Muskelzellen gewonnen werden;
embryonale Stammzellen würden nicht mehr benötigt
(taz 26./27./28.3.05)
·
Eizellentnahme für das therapeutische Klonen
problematisch; Alternativen?; Neurophysiologe Hescheler (will mit Herzzellen
aus Stammzellzucht künftig Infarktpatienten behandeln) arbeitet gemeinsam mit
Schöler (Max-Planck-Inst. für Molekulare Biomedizin Münster) an einem
Verfahren, mit dem sich der Eizellbedarf der Stammzelltherapie schlagartig
beseitigen ließe. Statt einer Eizelle will er eine embryonale Stammzelle nehmen
und diese mit einer Zelle fusionieren, die von dem kranken Patienten stammt;
verwandelt sich zumindest im Tierversuch in ihren embryonalen Urzustand; am
Ende könn(t)en die Forscher embryonale Stammzellen des Kranken erhalten
(Der Spiegel 21/2005 S.177)
·
in Spanien erstmals zwei nationale Stammzelllinien
angelegt; nicht auf tierischen, sondern auf menschlichen Nährstoffzellen
kultiviert wurden
(GID 165/2004 S.33)
·
Das in der Europäischen Menschenrechtskonvention
verankerte Recht auf Leben gilt laut einem Urteilsspruch des Straßburger
Gerichtshofs für Menschenrechte nicht für Föten und Embryonen
(GID 165/2004 S.46)
·
Australien Moratorium (3 Jahre) für Forschung mit
embryonalen Stammzellen nicht verlängert; nun dürfen auch überzählige Embryonen
aus der künstlichen Befruchtung genutzt werden, die nach dem 5.4.2002 erzeugt
wurden
(GID 169/2005 S.32)
·
US-Forscher wollen neue Methode entwickelt haben,
bei der zur Züchtung von humanen ES-Zellen keine tierischen und keine lebenden
humanen Nährzellen verwendet werden müssen
(GID 169/2005 S.33)
·
Japan; Buddhismus: wenn es den Menschen zugute
kommt, ist diese Forschung legitim (mit menschlichen ES-Zellen)
(Die Zeit 28.10.04 S.51)
·
Glossar:
Embryo: in der Humanmedizin die Frucht in der Gebärmutter bis zum
Ende der achten Woche, danach Fetus
(Geo kompakt Nr.2: Das Wunder Mensch, 2005)
·
Spanien, Stammzellen aus Fettgewebe bei Tieren bis
zu 8 Monate gewachsen, auch bei adulten Stammzellen Risiko, dass sich Tumore
bilden;
USA (JÄNISCH): adulte Stammzellen konnten vermehrt werden, ehe sie reiften und
für Zelltherapien unbrauchbare Zellen entwickeln konnten
(GID 170/2005 S.36)
·
Großbritannien, Mäuse: Zellen eines Fetus können
während der Schwangerschaft in das Gehirn der Mutter wandern und dort
verschiedene Zelltypen ausbilden; es soll nun an menschlichen Leichen
untersucht werden, ob männliche Zellen in das Gehirn von Frauen mit Söhnen
eingewandert sind
(taz 19.8.05)
·
Winnaker (DFG-Präsident): Wir brauchen den Zugang zu frisch gewonnenen,
embryonalen Stammzellen.“
Bundesforschungsministerin Bulmahn: für Entwicklung neuer Medikamente das
Stammzellgesetz lockern
(Der Spiegel 34/2005 S. 76; taz 29.7.05)
· Gesetzentwurf
im Bayerischen Landtag eingebracht, nach dem generell alle
Fehlgeburten, Embryonen und Feten bestattungspflichtig sein sollen, Bremen und
Hamburg haben bereits vergleichbare Regelungen
(Deutsches Ärzteblatt 4.3.05 S. A540)
·
Harvard University, Fachblatt Science: gelungen,
erwachsene Körperzellen eines Menschen zu „reprogrammieren“; Verfahren:
Verschmelzen von Körperzellen mit gezüchteten embryonalen Stammzellen, dabei
nimmt auch die Körperzelle wieder den juvenilen Zustand an; im Prinzip sollte
es möglich sein, patientenspezifische ES-Zellinien für Therapien zu erzeugen,
ohne auf ads ethisch umstrittene therapeutische Klonen von Embryonen
zurückgreifen zu müssen;
Fachwelt nicht überrascht: die selben Befunde sind längst mit Mauszellen
erhoben worden;
ES-Zellforschung und therapeutisches Klonen nun überflüssig? NEIN! die Zellhybriden
taugen nie für therapeutische Zwecke, enthalten statt der normalen 46 nun 92
Chromosomen, den Erbgutsatz aus beiden Zellen, aus denen sie entstanden sind;
in absehbarer Zeit nur nutzbar, um die molekularen Mechanismen der
Zellumprogrammierung besser zu verstehen
(Die Zeit 25.8.05 S.29, taz 24.8.05)
·
Cardiff Großbritannien:
Verfahren zur Gewinnung menschlicher embryonaler Stammzellen ohne Embryos
züchten zu müssen; Enzym aus Spermien in Eizellen injiziert, Eindringen einer
Samenzelle vorgetäuscht, Eizelle begann sich zu teilen, nach 4-5 Tagen
Zellhaufen, aus denen ES-Zellen entnommen und im Labor vermehrt werden konnten,
„keine Embryos, da keine väterlichen Chromosomen vorhanden“;
(bdw 3/2005 S.9)
·
US-Kongress stimmte Ende Mai mit 238
zu 194 für die von Präsident Bush abgelehnte Erweiterung der staatlich
finanzierten Forschung an embryonalen Stammzellen; Bush will mit Veto
blockieren
(Der Sonntag 19.6.05)
·
Hans Schöler: beim reproduktiven
Klonen treten Schäden an den geklonten Tieren auf, weil es nicht gelingt, alle
„erwachsenen“ Gene ab- und alle embryonalen Gene an-zuschalten ... ist
wahrscheinlich beim therapeutischen Klonen kein Problem, da man solche
Körperzellen zum Klonen nimmt, die den neu herzustellenden Zellen am
ähnlichsten sind. Denn die Körperzellen kümmern sich um die Gene, die sie für
ihre Arbeit brauchen ... diese Gene werden gepflegt und repariert. In den
deaktivierten Genen treten dagegen viele Mutationen auf
(bdw 12/2003 S.30)
·
Hescheler, Uni Köln: Herzinfarkttherapie mit Stammzellen?
wir in Köln forschen an embryonalen und adulten Stammzellen, favorisieren aber
derzeit embryonale Stammzellen;
andere Forscher: adulte Knochenmarksstammzellen in verletzte Herzmuskel,
Funktionsverbesserung?; Untersuchungen: eine Umwandlung der Knochenmark-Stammzellen
zu Herzzellen fand nicht statt
(bdw 11/2004 S.24ff)
·
Heilung von verletztem Rückenmark:
sind die Bahnen des Rückenmarks durchtrennt oder verletzt, bildet rasch
wachsendes Narbengewebe aus Kollagen bald eine undurchdringliche Barriere für
nachwachsende Nervenfasern;
Experimentelle Methoden:
a) Injektion von Cordaneurin (Bildung von Kollagen und Vernarbung verzögert)
b) Antikörper gegen Eiweißstoffe, die Wachstum der Nervenfasern stoppen
c) embryonale Stammzellen – Nerven-Vorläuferzellen bilden in der Lücke ein
Gerüst, das günstiges Milieu in der Wunde schafft und gegen die Wachstumshemmer
wirkt
(Der Spiegel 29/2005 S.140)
·
USA, aus Zellen, die die
Gebärmutter einhüllen (Epithelzellen) befruchtungsfähige Eizellen hergestellt;
isolierte Epithelzellen mit östrogenreichem Medium behandelt, Eizellen
gebildet, erste Reifeteilung durchlaufen
(GID 170/2005 S.36)
· DFG
investiert 20 Millionen Euro in neues Forschungszentrum für
Stammzellforschung und regenerative Medizin in Dresden (TU)
(GID 172 Okt/Nov05 S.36)
· offensichtlich
lassen sich Stammzellen nicht endlos im Labor züchten: durch Mutationen treten
genetische Veränderungen auf, USA: 8 von 9 Stammzelllinien hatten mehrere
Mutationen, die auch in Krebszellen zu finden sind
(GID 172 Okt/Nov05 S.30)
· aus
Fruchtwasser von Schafen mesenchymale Stammzellen gewonnen, können sich unter
anderem zu Knochen, Sehnen, Knorpeln oder Muskeln weiter entwickeln;
Luftröhrenfehlbildungen bei Lämmern korrigiert; Arbeit an Heilungsmethode für
spina bifida (offener Rücken) bei Lämmern
(GID 172 Okt/Nov05 S.30)
· Roslin-Institut
Schottland: vor wenigen Wochen; Eizellen, elektrisch
stimuliert, teilten sich aus sich selbst heraus, ein immerhin 50 Zellen großer
Embryo entstand, ohne jedes männliche Zutun
(Spiegel 41/05 S.197f)
· Firma in Massachusetts/USA: Verfahren entwickelt, das mit Mäuseembryonen funktioniert; aus
8-Zellstadium eines Embryos wird eine Zelle isoliert, dient als Grundlage zur
Entwicklung weiterer Stammzellen; der verbliebene 7-zellige Embryo entwickelt
sich anscheinend zu einer gesunden Maus; Hoffnung der Wissenschaftler, die
Methode eines Tages auf den Menschen übertragen zu können; weltfremd? „Zeigen
Sie mir die Frau, die sich einen siebenzelligen Embryo einpflanzen lässt“;
Institut in Boston/USA (deutscher Forscher Rudolf Jaenisch): Verschmelzen des
Kerns einer menschlichen Hautzelle mit einer entleerten Eizelle, zuvor wird
Hautzelle mit einem Virus infiziert, das die weitere normalen
Entwicklungsstufen des Embryos blockiert (Fähigkeit fehlt, sich in der
Gebärmutter einzunisten); „Wir nehmen so dem Embryo die Fähigkeit, sich normal
zu entwickeln“; entwickelt sich kein Embryo, kann man auch keinen töten
(taz 18.10.05, Spiegel 42/2005 S.203)
· USA:
Adoption von tiefgefrorenen „überzähligen“ (d.h. nicht mehr benötigten)
Embryonen;
Programm „Snowflakes“ einer christlichen Agentur organisiert Adoptionen;
rund 400.000 tiefgefrorene Embryonen in den Fruchtbarkeitskliniken der USA;
über ihr Schicksal entscheiden letztlich die Paare, denen sie gehören;
Umfrage: knapp 3% der Eltern waren bereit, überzählige Embryos für die
Forschung zu stiften (11.000);
etwa 12 Eier werden einer Frau in einem Zyklus entnommen; nur die „besten“
(Rat: 2-3), d.h. die besonders erfolgversprechend aussehen, werden
eingepflanzt, der Rest eingefroren;
von den 78 Stamm-Zelllinien, die es 2001 gab, gelten nur noch 22 als verwendbar
für die Forschung – neue werden benötigt;
seit Gründung 1997 durch SNOWFLAKES 81 Embryonen adoptiert und erfolgreich
Babys geboren;
Verwendung überzähliger Embryos hat Vorteile: ist mit etwa 8000 Dollar billiger
als eine IVF, die 12.000 Dollar kostet, Wartezeiten nur Monate (sonst Jahre),
Schwangerschaft können die Mütter selbst austragen und erleben;
(Die Zeit 29.12.05 S.33)
· Bioethikkommission
des Landes Rheinland-Pfalz fordert grundlegende
Überarbeitung des Embryonenschutzgesetzes; Verbot beseitigen, das genetische
Untersuchung von künstlich gezeugten Embryonen auf „Fehler“ verbietet;
Beschränkung auf Befruchtung von maximal 3 Embryonen beseitigen; kein Zwang,
alle erzeugten Embryonen zu übertragen (nur die besten, gesündesten); Freigabe
von übriggebliebenen Embryonen für Adoption; darüber hinaus überzählige E. für
Forschung nutzen
(taz 20.1.06)
· S.4: Soweit
es um ungeborenes Leben geht, ist im Hinblick auf die
Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass „Leben im Sinne der
geschichtlichen Existenz eines menschlichen Individuums ... nach gesicherter
biologisch-physiologischer Erkenntnis jedenfalls vom 14. Tage nach der
Empfängnis ... an“ bestehe (BVerfGE 39,1,37);
S.28: Mag auch einem Embryo im Zwei- oder Vier-Zell_Stadium dann, wenn sein
Transfer von vornherein ausgeschlossen ist, kein Nachteil durch die Forschung
an ihm erwachsen, so gebietet doch die Achtung vor dem menschlichen Leben,
Experimente mit befruchteten menschlichen Eizellen zumindest auf die Fälle zu
beschränken, in denen Forschung in entscheidender weise dem Leben anderer zu
dienen vermag.;
überwiegende Mehrheit der Arbeitsgruppe: Die Erzeugung von menschlichen
Embryonen zu Forschungszwecken ist grundsätzlich nicht vertretbar. Im übrigen
sind Versuche mit menschlichen Embryonen nur insoweit vertretbar, als sie dem
Erkennen, Verhindern oder Beheben einer Krankheit bei dem betreffenden Embryo
oder der Erzielung definierter, hochrangiger medizinischer Erkenntnisse
dienen.;
S.30: 88. Deutscher Ärztetag: Extrakorporal erzeugte Embryonen müssen
grundsätzlich im Rahmen der jeweiligen Streilitätsbehandlung implantiert
werden. Experimente mit Embryonen sind grundsätzlich abzulehnen, soweit sie
nicht der Verbesserung der Methode oder dem Wohl des Kindes dienen.;
(Gentechnologie Chancen und Risiken 6 In-vitro.Fertilisation, Genomanalyse und
Gentherapie; Bericht der gemeinsamen Arbeitsgruppe von BMF und BMJ, J.
Schweitzer Verlag, München 1985, S.4)
·
Wissenschaftler haben im Tierversuch versucht, durch das Injizieren embryonaler Mäusestammzellen
Infarktschäden an Herzzellen zu begrenzen; bisher nur bei Ratten gelungen;
jetzt französischen Forschern auch gelungen, Herzellen bei größeren Säugetieren
auf diese Weise zu regenerieren; bei 18 Schafen Herzinfarkt hervorgerufen; der
Hälfte der Tiere embyonale Stammzellen der Maus implantiert; bei ihnen waren im
Gegensatz zur Kontrollgruppe nach einem Monat 20-30% des geschädigten
Herzmuskelgewebes wieder repariert
(bdw 12/05 S.12)
·
Verletzungen im Rückenmark führen zu Narben, die für Nerven undurchdringlich sind; Nervenverbindungen
regenerieren sich nicht (anders als bei Arm- oder Beinnerven, die nach einer
Verletzung problemlos wieder heilen);
in den Anfängen steckende Versuche mit Stammzellen: im Reagenzglas lassen sich
wunderbar neue Nervenzellen, aber auch neue Hüll- und Gliazellen züchten; aber
im Versuch am lebenden Tier sieht das ganz anders aus, Wir beobachten, dass
sich die Stammzellen wie wild teilen, und dann plötzlich damit aufhören; die Rückenmarksumgebung
scheint den Prozess zu blockieren
(bdw 10/05 S,35)
·
neue Art von Stammzellen im Blut der Nabelschnur gefunden;
„cord-blood-derived embryonic-like stem cells“ (CBEs) sind zwar nicht ganz so
ursprünglich wie embryonale, jedoch
weitaus vielseitiger als adulte Stammzellen; verfügen über einen Großteil der
Oberflächenstrukturen, die als Kennzeichen embryonaler Stammzellen gelten; im
Labor bereits Gewinnung von Leberzellen gelungen; grundsätzlich Verwandlung in
die drei fundamentalen Zelltypen nachgewiesen, aus denen jegliches Gewebe
entsteht (endodermale, ektodermale und mesodermale Zellen)
(bdw 11/05 S.7)
·
geklonte Stammzellen unterscheiden
sich in ihrer Funktion nicht von Zellen, die aus normal befruchteten Eiern
entstanden sind, zumindest bei Mäusen (Jaenisch in Cambridge USA); bei
geklonten und normalen Stamm-Zellen waren die gleichen Gene aktiv,; bisher war
strittig, ob geklonte Stammzellen normal arbeiten, weil geklonte Tiere meist
mit Defekten auf die Welt kommen
(Zeit 19.1.06 S.39)
·
Göttinger Forschergruppe in Nature: Erzeugung pluripotenter
Stammzellen (maGSC = multipotent adult germline stem cells) aus dem Hodengewebe
von Mäusen gelungen; daraus entwickelten sich differenzierte Körperzellen
(Haut-, Nerven-, Herz-Zellen); nicht nur in der Kulturschale – nach Übertragung
in später geborene Mäuse wirkten sie bei der Bildung praktisch aller Organe
mit;
möglicher Weg zu individuellen Ersatzzellen für Männer aus Hodengewebe (ohne
Abstoßungsgefahr); für Frauen: Stammzellbanken aufbauen, in denen sich für
jeden Patienten immunologisch passende Zellen finden
(Zeit 30.3.06 S.39)
·
Auswertung von Publikationen zur Stammzellforschung: in Italien, Spanien, Schweden dominiert die
adulte Stammzellforschung, in den USA, Deutschland, Großbritannien und Japan
die embryonale Stammzellforschung
(bild der wissenschaft 3/2006 S.54)
·
Jens Reich: Embryonale Stammzellen haben ein größeres Potenzial als Körperstammzellen und halten sich anders als
Körperstammzellen in Zellkulturen sehr lange... krebsartige Entartung... ist
bei embryonalen Stammzellen noch ein ganz großes Problem
(bild der wissenschaft 4/06 S.97)
·
EU-Ministerrat britischer Vorschlag (von Schweden
unterstützt): Streichung aller ethischen Begrenzungen bei der
Stammzellforschung; auch Aufhebung des Verbots des reproduktiven Klonens und
der Keimbahnmanipulation beim Menschen
(GID 175 April/Mai 2006 S.57)
·
Gesetzentwurf Tschechien: Forschung an überzähligen
Embryonen soll erlaubt werden, auch Import von embryonalen Stammzellen aus dem
Ausland; Klonen verboten (8 Jahre Strafe)
(GID 175 April/Mai 2006 S.57)
·
China:
Kern menschlicher Hautzellen mit zuvor entkernter Hasen-Eizelle verschmolzen;
erfolgreiche Zellteilungen; sechs Stammzelllinien gewonnen; im Zellkern nur
menschliche DNA; nur für Forschung geeignet
(GID 174 Feb/März 2006 S.32)
·
USA:
erstmals tierische Knochenmarksstammzellen (adulte St.) im Labor vermehrt – um
das 30fache
(GID 174 Feb/März 2006 S.32)
·
ist gegenwärtig noch offen, ob adulte Stammzellen ein ähnliches Potenzial haben wie die embryonalen
(Das Parlament, Sondernummer „Chancen und Risiken der Gentechnik“, 6.3.06 S.12)
·
viele Tumore sprechen zunächst auf eine
Chemotherapie exzellent an, kommen aber später zurück; Krebsstammzellen
therapieresistent, widerstehen Strahlenkanonaden und Zellgiften;
gesunde Gewebestammzellen sind für die Organerneuerung wichtig, aber
wegen ihrer Langlebigkeit und Teilungsfähigkeit (eigentlich) auch anfällig für
Gifte usw.; Natur hat sie geschützt: Sie verfügen über effektive Systeme zur
Reparatur ihrer Erbmoleküle und besitzen leistungsfähige Pumpen, mit denen sie Giftstoffe aus ihrem Zellleib befördern können; dieses
Verteidigungsarsenal aber erben die Krebsstammzellen offenbar von ihren
gesunden Cousins: Die Folge: Die Heilverfahren der Mediziner treffen zwar die
große Zahl der Tumorzellen erfolgreich, der Tumor verkleinert sich oder
verschwindet, die Krebsstammzellen aber verharren und starten nach Monaten oder
Jahren einen neuen Vormarsch;
im Tierversuch reichen zuweilen 10 Krebsstammzellen, um den Tumor auszulösen
(ZEIT 23.11.06 S.43)
·
nach Schlaganfall produziert das menschliche Gehirn
neue Nervenzellen (ungewöhnlich, nur durch ganz bestimmte Verletzungen
angeregt)
(taz 25.8.06)
·
EU-Forschungsminister haben beschlossen, dass auch
mit deutschen Geldern die Forschung an humanen embryonalen Stammzellen
gefördert wird; deutsche Forschungsministerin Schavan hat zugestimmt; damit
Signal: wir brauchen eine Harmonisierung zwischen den EU-Vorgaben und der
deutschen Gesetzgebung (d.h. Zulassung der Forschung auch an neuren Zelllinien,
mit denen auch klinische Studien möglich wären (bisher zugelssene Zellen lt.
Stichtagsregelung: nur für Grundlagenforschung geeignet)
(Spiegel 31/2006 S. 113)
·
ethisch unbedenkliche Gewinnung von Stammzellen?
menschliche ES-Zellen wie bei PID gewonnen (aus 8 Zell-Embryo 1 Zelle,
Restembryo bleibt intakt und entwickelt sich normal weiter), aber aus
entnommner Zelle ES-Zellkultur entwickelt; also ES-Zellen ohne Zerstörung eines Embryos gewonnen;
wenige Tage später Korrektur der Meldung durch NATURE: die Embryonen sind
(anders als in den ersten Meldungen) nicht „intakt“ geblieben
(ZEIT 24.8.06 S. 27; taz 1.9.06)
·
neue Stellungnahme der Deutschen
Forschungsgemeinschaft zur Stammzellforschung in Deutschland Oktober 2006
(taz 15.12.06; http://www.dfg.de/aktuelles_presse/reden_stellungnahmen/2006/download/stammzellforschung_deutschland_lang_0610.pdf
)
·
Maus: tatsächlich bildet eine Hautstammzelle nur
alle paar Wochen neue Zellen, wenn sie sich teilt, entstehen zwei Zellen
verschiedenen Typs: erstens eine neue Stammzelle, die die alte ersetzt, und
zweitens eine schon leicht differenzierte so genannte Vorläuferzelle; dies ist
eine sehr teilungsaktive, agile Zelle, aus der sich sämtliche neuen Hautzellen
entwickeln;
wichtig für das Dasein einer Hautstammzelle ist offensichtlich ihr
direktes Umfeld; bekommt in ihrer natürlichen Umgebung bestimmte biochemische
Signale, ohne die sie nicht überleben kann, und sie wird über Kontakte zu ihren
Nachbarzellen kontrolliert;
medizinischer Einsatz von Hautstammzellen? zurückhaltende Prognosen: die Zeit
wird zeigen, inwieweit sich unsere Wünsche verwirklichen – nämlich mit der
Stammzelle die „perfekte Zelle“ zur Verfügung zu haben, langlebig und in
unterschiedliche Gewebe ausdifferenzierbar
(bdw plus „Schrittmacher für die Zukunft“, 2006, S. 20)
·
Förderung für Stammzellforschung in der EU 2005:
rund 400 Millionen Euro; rund 90% der geförderten Projekte arbeiteten mit den
weniger umstrittenen adulten Stammzellen;
mindestens die Hälfte der rund 120 embryonalen Stammzelllinien, an denen
die Wissenschaftler mit europäischen Fördermitteln arbeiten, wurden nach dem
deutschen Stichtag (1.1.2002) angelegt
(GID 177 8/9-2006 S.44)
·
Diskussion
über Stichtagsregelung für Stammzellforschung in Deutschland:
Bischof Huber (EKD) erklärte, es gäbe möglicherweise Gründe, „die bisher von
uns eingenommene Position zur Stammzellforschung zu revidieren“. Eine
Abschaffung des Stichtages sei zwar abzulehnen,
wenn ein späterer Stichtag, beispielsweise der 31. Dezember 2005,
gewählt würde, bliebe der Geist des Gesetzes gewahrt ... respektieren als
ernsthafter Versuch, einen Ausgleich zu finden und ethische Konflikte zu
befrieden.“
(GID 179 12-2006,1-2007 S.31)
·
Jaenisch
stellte in Münster sein vor kurzem publiziertes Verfahren vor:Dabei wird vor
dem Klonen in der Spenderzelle ein Gen ausgeschaltet, das der Embryo braucht,
um sich in die Gebärmutter einzunisten. Infolgedessen ist der Embryo nicht
entwicklungsfähig. Damit hoffen Jaenisch und sein Team, die ethischen Bedenken
der Kritiker zerstreuen zu können. An Mäusen haben sie das Verfahren
erfolgreich erprobt und sind zuversichtlich, dass es auch mit menschlichen
Zellen funktioniert.
Eine weitere Möglichkeit der Stammzellgewinnung stellte Hans Schöler vor. Er
möchte die begehrten Zellen aus Eizellen gewinnen, die bei der künstlichen
Befruchtung übrig bleiben und in
Tiefkühlschränken lagern. "Wir wollen Eizellen im so genannten
Vorkernstadium nehmen - bei ihnen sind die Kerne der Eltern noch nicht
miteinander verschmolzen", sagte
Schöler. Aus juristischer Sicht sind Eizellen in diesem Stadium noch keine
Embryonen. Daher unterliegen sie nicht dem Embryonenschutzgesetz und man könnte
sie vermutlich für Forschungszwecke verwenden.
In noch unveröffentlichten Experimenten an Mäusen haben Schöler und seine
Kollegen ein Verfahren entwickelt, mit dem sich sicherstellen lässt, dass aus
den Eizellen auch künftig keine Embryonen entstehen. Die Forscher schleusen
dazu einen Genschnipsel ein, der das
CRX2-Gen lahm legt. "Dann entsteht kein Embryo,aber die Eizelle kann sich
so weit entwickeln, dass sich Stammzellen gewinnen lassen", berichtete der
Münsteraner Forscher.
(Berliner Zeitung, 17.05.2006)
·
weltweit zum ersten Mal ist ein leukämiekrankes Kind
durch die Behandlung mit eigenem Nabelschnurblut geheilt worden, USA,
Nabelschnurblut nach der Geburt bei der US-Tochter der Leipziger Firma Vita24
eingelagert; Leukämie; erste Behandlung mit Chemotherapie fehlgeschlagen; vier
Monate später zweite Chemotherapie mit anschließender Infusion von
Nabelschnurblut; das heute 6 Jahre alte Mädchen ist zwei Jahre nach der
Behandlung frei von Krebszellen
(Freie Presse Chemnitz 5.1.07)
·
USA; siebenjährige Studien an Mäusen, Stammzellen
aus dem Fruchtwasser gewonnen; etwa 1 % der dort vorkommenden fötalen Zellen
ähnelt den (embryonalen? JK) Stammzellen; in Versuchen gelang es, aus diesen
Zellen verschiedene neue zu züchten: Muskel-, Knochen-, Fett-, Adern-, Nerven-,
Leberzellen; die AFS-Zellen (Amniotic Fluid-derived Stem Cells) teilen sich
etwa aller 36 Stunden und lassen sich in großen Mengen heranziehen, ohne
Unterstützung durch Nährzellen
(ZEIT 11.1.07 S.28, taz 9.1.07, Freie Presse Chemnitz 9.1.07)
·
britische Aufsichtsbehörde für Embryonenforschung
hat beschlossen, dass Forscher für Eizellen auch Geld zahlen dürfen;
pro Spende bis zu 370 Euro; auch Koppelgeschäfte: Frauen bei IVF-Behandlung spenden
die Hälfte ihrer Eizellen und erhalten bis zu 50 % Nachlass bei den
Behandlungskosten
jede 100. Frau entwickelt bei der Prozedur zur Eizellentnahme ein schweres
Syndrom, das in seltenen Fällen sogar zum Tod führen kann;
(Spiegel 9/2007 S.168)
·
Regierungsbericht zum Stammzellgesetz;
1.1.04 bis 31.12.05: 13 Anträge auf Einfuhr ausländischer Stammzellen,
zusätzlich zwei ältere Anträge behandelt;
9 genehmigt, 2 abgelehnt, 4 noch nicht abgeschlossen;
in Deutschland Verwendung in 11 Forschergruppen in 14 Projekten;
die vor dem Stichtag gewonnenen Stammzellen sind laut Bericht für die
Grundlagenforschung geeignet, nicht jedoch für einen therapeutischen Einsatz am
Menschen
(Das Parlament 5.2.07)
·
leicht zugängliche Quelle zur Gewinnung von
Stammzellen fötalen Ursprungs entdeckt (USA);
aus der Flüssigkeit von Fruchtwasseruntersuchungen „pluripotente“ Zellen
isoliert; vom Potenzial her zwischen den allmächtigen embryonalen und den
eingeschränkten adulten Stammzellen einzuordnen;
liefern in der Petrischale (z.T. auch im Versuch mit Mäusen): Baumaterial für
Muskeln, Knochen, Fettgewebe, Blutgefäße, Hirngewebe und Leber;
nur etwa 1 % der Zellen im Fruchtwasser gehört zu diesem Zelltyp, der im
Mäuseversuch keine Tumoren bildet
(Spiegel 2/2007 S.192)
·
sichere
Erkenntnis, dass das individuelle Leben des Menschen ... mit dem Momente
beginnt, in welchem die Eizelle mit der Spermazelle des Vaters zufällig
zusammentrifft; - der blinde Zufall spielt dabei dieselbe gewaltige Rolle wie
bei den wichtigsten anderen Lebensverhältnissen
(Ernst Haeckel: Die Lebenswunder, Alfred Kröner Verlag Stuttgart 1906, S.49)
·
Stammzellen-
und Regenerationsforschung an der TU Dresden wird ausgebaut; Neubau eines
Centers für 37 Millionen Euro; 65 Wissenschaftler sollen auf dem Gebiet der
regenerativen Medizin forschen
(Freie Presse Pfingsten 2007)
·
in
Deutschland rund 100 tiefgefrorene Embryonen, die bei der künstlichen
Befruchtung übrig geblieben sind, etwa weil eine Frau auf natürlichem Weg
schwanger wurde;
von den ursprünglich 80 Zellkulturen (embryonale Stammzellen vor dem Stichtag
1.1.2002) sind derzeit noch 22 vermehrungsfähige Linien verwendbar; auch
Stammzelllinien unterliegen einem Alterungsprozess; ältere Stammzellen können
aufgrund der verwendeten Nährmedien durch Viren verunreinigt sein;
mittlerweile weltweit rund 500 etablierte Stammzelllinien; virusfreie gibt es
erst seit etwa 1 Jahr
(taz 11.5.07)
·
2
Forschungsteams in Großbritannien wollen Eizellen von Kühen bzw. Kaninchen für
Klonversuche mit menschlichen Zellkernen nutzen; die Zellen müssten wegen der
tierischen DNA in den Mitochondrien eigentlich als Chimären / Mischwesen
gelten; Zulassung verschoben
(GID 180 2-3/2007 S.34)
·
fötale
Stammzellen aus dem Fruchtwasser und der Plazenta (amniotic-fluid stem cells
AFS) sind weder adult noch embryonal; Potenzial: aus AFS-Zellen Nerven-,
Leber-, Endothel-Zellen, auch Vorläuferzellen von Knochen-, Muskel- und
Fettzellen; bilden keine der aus der ES-Forschung bekannten Tumore
(GID 180 2-3/2007 S.34)
·
in
Australien dürfen künftig embryonale Stammzellen gezielt aus Embryonen nach
künstlicher Befruchtung gewonnen werden;
auch Klonexperimente, bei denen Zellkerne aus Körperzellen in menschliche
Eizellen übertragen werden, sind erlaubt
(GID 181 4/2007 S.48)
·
USA: Zellen aus dem Bindegewebe von Mäusen lassen sich
mit einem genetischen Trick so umprogrammieren, dass sie embryonalen
Stammzellen gleichen;
nicht klar, ob Methode auch an menschlichen Zellen funktioniert; Zellen zudem
hochgradig genetisch verändert;
vier zusätzliche Gene in Fibroblasten im Bindegewebe eingebracht; lösen
„Verjüngung“ der zellulären Strukturen aus; anschließend wurden diejenigen
Zellen ausgesucht, die bestimmte Merkmale für Pluripotenz zeigten; wiesen eine
gleichartige genetische Aktivität auf wie embryonale Stammzellen;
(taz 8.6.07)
·
in Schweden erstmals behördliche Genehmigung für
Embryo-Auslese, um einen todgeweihten kleinen Jungen durch Blutstammzellen zu
retten; Geschwisterkind mit gleichem Gewebetyp auswählen; Entnahme von
Stammzellen aus dem Nabelschnurblut; bei Ausbrechen der vererbten
Stoffwechselkrankheit dem Jungen verabreichen; „Designerbaby“
(taz 1.6.07)
·
Mitteilung der privaten Nabelschnurblutbank Vita34
in Leipzig Anfang 2007: „zum ersten Mal ist ein Kind mit einer Leukämie mit dem
eigenen Nabelschnurblut geheilt worden“;
kritische Bewertung: ungewöhnliche Konstellation: das Kind hatte einen
isolierten Rückfall im Zentralnervensystem und war zuvor bereits mit einer
Chemotherapie behandelt worden; (nur) in solchen sehr seltenen Fällen kann
eigenes Nabelschnurblut sinnvolle zusätzliche Maßnahme sein;
deutsche Bundesärztekammer in einer Leitlinie: „Für die Bevorratung von
autologen Nabelschnurblutpräparaten ist zur Zeit keine medizinische Indikation
bekannt.“:
Eltern können die Nabelschnur ihres Kindes an öffentliche Banken spenden, zum
Wohl anderer, die an Leukämie erkrankt sind, kostenlos
(bdw 6/2007 S.112)
·
in Deutschland für Forschung zulässige embryonale
Stammzellen vor dem Stichtag 1.1.2002 sind „totaler Schrott“; nicht mehr
geeignet;
Bundeskanzlerin Merkel plädierte für eine Debatte um eine Neuregelung des
Gesetzes und bat um Vorschläge;
viele der alten Zellen sind mit Virenbelastet, andere Zellinien aufgebraucht;
erst vor zwei Jahren Möglichkeiten zur Vermehrung der Zellen ohne
Verunreinigung entdeckt;
(Spiegel 19/2007 S.30)
·
Charite-Chef Detlef Ganten:
gerade angesichts von Erfolgen, bei Mäusen Gewebezellen in pluripotente
Stammzellen zurückzuverwandeln, wird deutlich: wir brauchen menschliche
embryonale Stammzellen in der Grundlagenforschung, um zu verstehen, wie sie
arbeiten, sich ausdifferenzieren; Vorschlag: ins Stammzellgesetz
Einzelfallregelung aufnehmen, dass unter Beachtung strengster Kriterien im
Ausnahmefall auch ES-Linien neu hergestellt werden dürfen; auch therapeutisches
Klonen sollte möglich sein
(Spiegel 24/2007 S.131)
·
USA, Forschergruppe um Rudolf Jaenisch: erstmals
gelungen, Körperzellen von Mäusen direkt in embryonale Stammzellen zu
verwandeln; Jaenisch: mit alternativer oder gar adulter Stammzellforschung hat
das neue Verfahren nichts zu tun; in Wahrheit ist die Erkenntnis, wie
erwachsene Körperzellen direkt in embryonale Stammzellen zurückverwandelt
(reprogrammiert) werden können, ausschließlich den bisherigen Ergebnissen der
Forschung an herkömmlichen ES-Zellen und Embryonen zu verdanken;
vier Stoffe in die Zellen gegeben, die die Umwandlung bewirken; allerdings nur
zwei der Faktoren auch in menschlichen Zellen erforderlich;
Argumentation der Wissenschaftskritiker: Die Forschung sei ein unethischer und
widernatürlicher Eingriff in die Schöpfung; eine therapeutische Anwendung, wenn
überhaupt, sei erst in ferner Zukunft zu erwarten und sie sei mit
unkalkulierbaren Risiken für die Patienten verbunden
(ZEIT 14.6.2007 S.43)
·
(8)
sämtliche Stammzellen des Körpers (griechisch: soma), ob aus Knochenmark, der
Haut, den Muskeln oder dem Gehirn werden Somatische Stammzellen oder Adulte
Stammzellen genannt;
(19) In der Grundlagenforschung sind humane Embryonale Stammzellen wichtig, um
frühe Entwicklungs- und Differenzierungsvorgänge zu verstehen. Dies ist nicht
nur für den reinen Erkenntnisgewinn der Forschung notwendig, sondern auch frühe
Prozesse der Krebsentstehung lassen sich mit dem Verständnis der Embryonalen
Stammzellen beleuchten. Außerdem sind Embryonale Stammzellen geeignet, um
Krankheiten quasi in die Kulturschale zu holen;
(11) bisher konnten die ... Kriterien für pluripotente Zellen noch von keiner
Adulten Stammzelle zweifelsfrei erfüllt werden. Dies wertet sie nicht für
etwaige Therapien ab, belegt aber, dass Adulte Stammzellen nicht das gleiche
Potenzial wie etwa Embryonale Stammzellen haben;
dass es entgegen vorheriger Annahmen eine gewisse Alterung von Embryonalen
Stammzellen gibt: Sie lassen sich zwar über weitgehend unbeschränkte Zeit
vermehren, doch sammeln sie genetische Mutationen an, die ihren Einsatz für
therapeutische Anwendungen einschränken;
(68) Zulässigkeit der Embryonalen Stammzellforschung wird von der Arbeitsgruppe
(die das Heft geschrieben hat) nur für „überzählige“ Embryonen, die durch IvF
entstehen, diskutiert; Über den Grad der Zulässigkeit bestehen in der Gruppe
unterschiedliche Meinungen; eine Position lehnt die Embryonale
Stammzellforschung grundsätzlich ab; eine andere Position hält die Embryonale
Stammzellforschung unter engen Bedingungen ... für zulässig:
Genehmigungserfordernis durch interdisziplinär besetzte Gremien, Transparenz
des Verfahrens und er Entscheidung für die Öffentlichkeit, hohe qualitative
Anforderungen an die Forschungseinrichtung und das jeweilige Forschungsprojekt;
(70) Die Diskussion muss ab dem Moment anders geführt werden, sobald konkrete
Heilungserfolge realistisch sind
(Materialien für den Dienst in der Evangelischen Kirche von Westfalen, 1/2007;
„Ethische Überlegungen zur Forschung mit menschlichen Embryonalen Stammzellen“)
·
Nationaler Ethikrat (NER), Stellungnahme zum
Stammzellgesetz, Juli 2007
http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/pdf/Stn_Stammzellgesetz.pdf
Stammzellgesetz von 2002: in Deutschland darf nur mit embryonalen Stammzellen
geforscht werden, die vor dem 1.1.2002 schon zur Verfügung standen;
14 Mitglieder der NER sind dafür, den Stichtag durch eine Einzelfallregelung zu
ersetzen (Import von Stammzellen zulässig, die nicht speziell für deutsche
Forscher oder zu kommerziellen Zwecken hergestellt wurden; Zustimmung auch
durch den ehemaligen Präses der EKD-Synode Jürgen Schmude und den Berliner
evang. Theologen Richard Schröder);
9 Mitglieder der NER für Beibehaltung der bestehenden Regelung (darunter der
Vertreter der kathol. Kirche);
1 Mitglied des NER (Vertreter der Evang. Kirche Hermann Barth) für Verschiebung
des Stichtages, damit auch neuere Stammzelllinien genutzt werden können;
(Der Sonntag 22.7.07)
·
die zuständige Behörde in Großbritannien hat eine
Grundsatzentscheidung für die Herstellung von Chimären (Mischembryonen aus
Mensch und Tier) gefällt;
es soll erlaubt sein, menschliche DNA in eine tierische Eizelle zu injizieren,
aus der zuvor das ursprüngliche (tierische) Erbgut entfernt wurde;
der auf diese Weise erzeugte „zytoplastische hybride Embryo“, auch „Zybrid“
genannt, besteht dann zu 99,9 % aus menschlichem und nur zu 0,1 % aus
tierischem Erbmaterial; Mitochondrien der Tierzelle verbleiben zum Teil – sie
besitzen ein eigenständiges, sehr kleines Genom;
die so hergestellten Embryonen müssen spätestens nach 14 Tagen vernichtet
werden;
Grund für die Nutzung von tierischen Eizellen ist der Mangel an menschlichen
Eizellen
(taz 7.9.07)
·
Mehrheitsvotum (13 von 24 Mitgliedern): für Wegfall
der Stichtagsregelung und „Einzelfallprüfung“ durch die zuständige
Genehmigungsbehörde
Hermann Barth, Vertreter der Evangelischen Kirche:
Einzel-Votum für eine Verschiebung des Stichtages für den Import von
Stammzellen aus dem Ausland auf ein zurückliegendes, aber jüngeres Datum;
Minderheitsvotum (10 Räte): der Doppelmoral ein Ende setzen: aus dem Ausland
die „schmutzigen“ Zelllinien importieren, in Deutschland die „saubere“
Forschung; deswegen Beibehaltung des Stichtages (bedeutet perspektivisch das
AUS der Forschung); wer Stammzellforschung wolle, müsse die „rechtlich
fixierten Grundpositionen“ (damit auch das Embryonenschutzgesetz) überprüfen
und zur Diskussion stellen
(Nationaler Ethikrat: Stellungnahme – Zur Frage der Änderung des
Stammzellgesetzes, 2007, S. 63f; GID 183/2007, S.48ff)
·
Streit in der CDU über Stammzellforschung;
stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katherina Reiche fordert Ausweitung der
Forschung und Ende der Stichtagsregelung; Angela Merkel bekräftigt NEIN zur
Stammzellforschung;
(taz 29.10.07)
·
In Großbritannien Ermäßigung der Kosten für eine
künstliche Befruchtung, wenn Frauen einen Teil der entnommenen Eizellen
spenden; eine der DFG vergleichbare Forschungsgemeinschaft würde die Hälfte der
Kosten (etwa 2.100 Euro je IvF-Behandlung) übernehmen;
(GID 184/07 S.34)
·
Robert-Koch-Institut hat bisher in Deutschland seit
2002 23 Genehmigungen zum Import von embryonalen Stammzellen erteilt
(GID 184/07 S.35)
·
EU-Kommission:
bislang wird in der EU hauptsächlich mit adulten Stammzellen geforscht
(überwiegend an Hochschulen und Stiftungen mit öffentlichen Geldern);
allerdings sei der Anteil der Forschung mit embryonalen Stammzellen in den
letzten 5 Jahren deutlich gestiegen
(GID 184/07 S.46)
·
Beschluss
der 10. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland auf ihrer 6. Tagung
Stammzellforschung
Die Synode der EKD bekräftigt, dass die EKD die Zerstörung von Embryonen zur
Gewinnung von Stammzelllinien für die Forschung ablehnt.
Die gesetzliche Regelung in Deutschland verbindet das Bemühen, Anreize für
diese Zerstörung auszuschließen, mit der Bereitschaft, Grundlagenforschung mit
bereits existierenden Stammzelllinien zuzulassen, auch um die dabei gewonnenen
Forschungsergebnisse für die ethisch unbedenkliche Forschung mit adulten
Stammzellen zu nutzen.
Die Verunreinigung der vor dem gesetzlichen Stichtag (1. Januar 2002)
gewonnenen Stammzelllinien hat zu Forderungen nach einer Aufhebung jeder
Stichtagsregelung zugunsten einer Einzelfallprüfung bzw. nach einer
Verschiebung des Stichtages geführt.
Die EKD-Synode hält eine Verschiebung des Stichtages nur dann für zulässig,
+ wenn die derzeitige Grundlagenforschung aufgrund der Verunreinigung der
Stammzelllinien nicht fortgesetzt werden kann und
+ wenn es sich um eine einmalige Stichtagsverschiebung auf einen bereits
zurückliegenden Stichtag handelt.
Zudem sollten die Mittel für die Forschung an adulten Stammzellen deutlich
erhöht werden.
(Synode der EKD, Dresden, 07. November 2007
·
Zell-Uhr
zurückgedreht; Stammzellen durch Rückprogrammierung ohne Nutzung von Embryonen;
iPS = induzierte pluripotente Stammzellen;
japanische und US-Forscher parallel gleiche Entdeckung;
schon früher mit Mäusezellen gelungen; Hautzellen mit Retro-Viren geimpft, 4
Gene werden zusätzlich in den Zellkern eingeschleust (aus 24 Genen ausgewählt,
die in embryonalen Stammzellen von Mäusen aktiv sind);
die 4 neuen Gene sind aktiv, produzieren 4 Proteine, die den Zellstoffwechsel
verändern; das führt zu einer „Verjüngung“ der Zellen; nach 25 Tagen Verhalten
wie embryonale Stammzellen;
in Gehirn-, Muskel-, Knorpel- und Herzzellen umgezüchtet;
noch unklar:
haben diese Zellen wirklich das gleiche Potenzial wie ES-Zellen?
sind sie evtl. nicht nur viren-verseucht, sondern auch krebs-auslösend?
(Spiegel 48/07 S. 158ff; taz 22.11.07)
·
Im
Berliner Max-Planck-Institut für molekulare Genetik züchtet der
Stammzellforscher James Adjaye seit Kurzem die ersten deutschen iPS;
Berliner Zellen aus menschlichem Hautgewebe entstanden; drei bzw. vier Gene
übertragen; die ausgewählten Gene enthielten Konstruktionsanleitungen für
sogenannte Transkriptionsfaktoren (Regulierung anderer Gene);
therapietauglich sind die bisher geschaffenen iPS-Kulturen auf keinen Fall;
Transportvehikel für die zusätzlich eingeschleusten Gene sind Retroviren; verankern ihr eigenes Erbgut mit in den
Zellen; Zerstörung von vorhandenen Erbinformationen möglich; auch „Anschalten“
von Nachbargenen – Krebsgefahr;
(ZEIT 17.1.08 S.31)
·
Zwei
Forscherteams haben unabhängig voneinander menschliche Zellen umprogrammiert,
aus schlichten Hautzellen wieder Alleskönnerzellen, Stammzellen, gemacht. Und
daraus Herzmuskel- und Nervenzellen. Ganz ohne Klonen, ohne kleine Zellhaufen
Mensch zu benötigen;
trotzdem ethisch fragwürdiger Weg? … dass die Teams aus Japan und den USA
anfangs auf embryonale Stammzellen zurückgreifen mussten
(taz 22.11.07)
· Primaten
können geklont werden, also auch Menschen;
Erstmals erfolgreich geklonte embryonale Stammzellen bei Rhesusaffen;
durch unabhängige Forscher geprüft;
anderer Weg zur Lösung des ethischen Dilemmas (siehe vorstehende Meldung):
iPS induced pluripotent stem cells; Erzeugung aus menschlichen Hautzellen
(ZEIT 22.11.07 S.43)
· Kann man
wegen der Erfolge beim Rückprogrammieren von normalen Körperzellen zu
pluripotenten Stammzellen nun auf Forschung mit embryonalen Stammzellen
verzichten?
voraussichtlich wird der gegenteilige Effekt eintreten; auch weil sich jetzt
viele Forscher mit der Reprogrammierung beschäftigen werden; um zu verstehen,
was da passiert, und ob die reprogrammierten Zellen wirklich die gleichen
Eigenschaften haben wie ES-Zellen, müssen die beiden Zelltypen miteinander
verglichen werden; dazu sind ES-Zellen notwendig
(taz 23.11.07)
· Weltweit
erste Fabrik für Gewinnung von embryonalen Stammzellen wird in Schottland von
schwedischem Unternehmen errichtet; auch schottische Regierung beteiligt; in S
und GB keine Verbote für Forschung mit ES-Zellen
(bdw 4/2007 S.11)
· US-Forscher
haben Hautzellen von Mäusen zu Stammzellen zurückprogrammiert und damit
erfolgreich eine Blutkrankheit behandelt; angeborene Sichelzellenanämie; durch
experimentelle Therapie deutlich gelindert
(taz 7.12.07)
· Allianz der
Kritik an CDU-Beschluss; Kardinal Karl Lehmann, Kardinal Joachim Meisner,
Deutsche Evangelische Allianz, Fritz Kuhn (Grüne)
Parteitag hatte mit knapper Mehrheit beschlossen, die Verschiebung des
Stichtages für den Import menschlicher embryonaler Stammzellen zu ermöglichen;
der Parteitag beschloss „dass die Tötung menschlicher embryonaler Stammzellen
mit dem christlichen Menschenbild und den Vorgaben des Grundgesetzes
unvereinbar ist“, forderte aber nicht die Beibehaltung des Status quo beim
Import;
(Sonntag 16.12.07; ZEIT 13.12.07 S.7; Das Parlament 10.12.07 S.15)
· US-Bundesstaat
Colorado; Wähler sollen 2008 darüber entscheiden, ob befruchtete menschliche
Eizellen Menschen sind, gleiche Rechte wie Kinder und Erwachsene haben
(Spiegel 50/2007 S.141)
· Nabelschnurblut
– ein kaltblütiges Geschäft;
100 Milliliter Blut aus der Nabelschnur nach der Geburt; Kurier nach Leipzig;
Lagerung bei -196 Grad in flüssigem Stickstoff; 2000 Euro für 20 Jahre
Einlagerung; Leipziger Unternehmen Vita34 hat seit der Gründung vor 11 Jahren
45.000 mal Nabelschnurblut eingefroren;
“biologische Lebensversicherung“;
Versprechen: nicht nur Leukämie, sondern auch Diabetes, Alzheimer oder Multiple
Sklerose könnten geheilt werden …;
dabei ist es fraglich, was diese Zellen überhaupt können; die einzig
erfolgreiche Anwendung von Stammzellen aus Nabelschnurblut ist der Einsatz zur
Blutbildung, insbesondere bei Leukämie; in der Regel aber kein Eigenblut, sondern
Spenderblut (bei den eigenen Zellen Gefahr, dass sie die Krankheit in sich
tragen);
sinnvoll: öffentliche Stammzellbanken (5 in Deutschland, eine auch in Dresden);
andere Versprechen „utopisch“: niemand wisse, ob die Stammzellen nach Jahren im
Stickstoff noch funktionsfähig sind;
weltweit 1,5 bis 2 Millionen Präparate eingefroren; bisher nur in knapp 20
Fällen Kinder mit eigenem Blut behandelt; auch in diesen Fällen wäre Heilung
auf anderem Wege möglich gewesen;
“medizinische Sinnlosigkeit“
(taz 22.1.08)
· Heranreifende
Hirnzellen in einem für Geruchsverarbeitung zuständigen Hirnabschnitt: 10 Tage
lang „schweigen“ die Neulinge; „lauschen“ offenbar erst einmal auf die Signale
der reifen Zellen; schalten sich erst dann bis zum 21. Tag in den „Funkverkehr“
ein; Hinweis darauf, dass vielleicht beim Ersatz von Neuronen durch Stammzellen
auch sichergestellt werden muss, dass sie nicht gleich „wild losfeuern“
(Spiegel 52/2008 S.123)
· „Biologische
Kernspaltung“
US-Forscher Andrew French bei der US-Firma Stemagen;
erstmals erfolgreich einen menschlichen Embryo geklont;
Gene aus der Hautzelle eines Mannes in die entkernte Eizelle einer Frau
übertragen; aus 29 gespendeten Eizellen wuchs nur eine zum Klon heran;
Zellkugel aus 70 Zellen;
aus Materialmangel haben die Forscher keine Stammzellen gewinnen können;
möglicherweise deswegen erfolgreich, weil erstmals sehr frische Eizellen
eingesetzt wurden – 2 Stunden alt
(taz 19./20.1.08; Süddeutsche Zeitung 18.1.08 + 19./20.1.08)
· Umstrittener
Wissenschaftler Robert Lanza USA:
erstmals Stammzellen aus menschlichen Embryonen gewonnen, ohne dass diese dafür
zerstört werden mussten;
bediente sich einer Methode, die auch bei der Präimplantationsdiagnostik
genutzt wird;
aus einem drei Tage alten und aus 8 Zellen bestehenden Embryo wurde eine Zelle
entnommen, durch Zugabe des Proteins Laminin in entwicklungsfähigem Zustand
gehalten worden und in Nährflüssigkeit zur Teilung angeregt, sodass eine
Zellkultur heranwuchs; die meisten der Ursprungsembryonen wurden dabei nicht
beschädigt und entwickelten sich noch einige Tage normal weiter, ehe sie
eingefroren wurden;
(Süddeutsche Zeitung 11.1.08 S.16; taz 11.1.08))
· Großbritannien:
Forscher dürfen künftig Embryonen aus menschlichem Erbgut und den Eizellen von
Tieren herstellen; Behörde erteilte Erlaubnis zur Herstellung der Hybride;
Behörde hatte 2007 Umfrage in der Öffentlichkeit dazu gemacht: Mehrzahl der
Briten stimmten zu; auch nach Zulassung muss jedes einzelne Experiment
gesondert begutachtet werden
(Süddeutsche Zeitung 18.1.08)
· Südkorea:
mit Hilfe von Stammzellen (aus dem Knochenmark) erfolgreich Schweine geklont;
erfolgreichere Methode als mit Körperzellen (20% höher); Ziel: Klonen von
kleinen Schweinen für Transplantation der Organe auf Menschen
(Freie Presse 28.12.07)
· Wandernde Stammzellen;
Australien; nach einer Lebertransplantation hat sich bei einer Patientin die
Blutgruppe verändert (Rhesus negativ nach Rhesus positiv); neun Monate nach der
Transplantation festgestellt; Vermutung: durch Entzündung ausgelöst,
Stammzellen aus der Spenderleber ins Knochenmark eingewandert
· (81) von den
17,5 Milliarden Euro, die der Rat der EU und das Europäische Parlament für das
6. EU-Forschungsrahmenprogramm bewilligt hatten (2002), entfielen zwar 2,5
Milliarden Euro auf die Förderung von „Biowissenschaften, Genomik und
Biotechnologie“, doch satnden ihnen auch 150.000 Anträge auf Förderung
gegenüber. Von diesen beschäftigten sich jedoch nur neun mit der Forschung an
embryonalen Stammzellen;
(83) eingefrorene Embryonen: in Frankreich 2005 100.000 bis 200.000, Spanien
200.000;
(106) ES-Zellen haben ein bis zu 100prozentiges Risiko, zu Tumoren zu entarten;
(111) ES-Zellen haben das natürliche Bestreben, sich in frühe embryonale Gewebe
zu entwickeln, allerdings läuft dieser Prozess außerhalb ihres natürlichen
Umfelds, das heißt außerhalb des Embryos, eben unkontrolliert ab
(taz 25.1.08) (Stefan Rehder: Gott spielen – Im Supermarkt der Gentechnik,
Pattloch, München, 2007)
· Leipziger
Fraunhofer-Institut für Zelltherapie; Patienten Haare entnommen; aus den Haarwurzeln
adulte Stammzellen extrahiert; anschließend in einer Zellkultur zwei Wochen
lang vermehrt; dann Kontakt mit Luftsauerstoff – bewirkt die Differenzierung
der Stammzellen zu Hautzellen; Züchtung kleiner Hautstücke möglich (10 bis 100
Quadratzentimeter)
(bdw 3-2008 S.6)
· Rene Röspel:
Ab wann beginnt das menschliche Leben? Ist der Embryo schon von ersten Tag an
Träger der Menschenwürde?;
Rückprogrammierung von Hautzellen zum Zustand, der einer embryonalen Stammzelle
fast gleicht – ist ethisch nur unproblematisch, wenn diese Zellen sich nicht zu
embryonalen Stammzellen zurückentwickelt werden, die Alleskönner sind (RR meint
hier wohl „totipotente“ Zellen, aus denen sich ein ganzer Mensch entwickeln
kann JK);
Priska Hinz:
weltweit glauben immer weniger Wissenschaftler daran, irgendwann einmal eine
Zelltherapie entwickeln zu können; ein neues Forschungsziel: toxische
Überprüfung von Medikamenten (aber war das im Blick beim Stammzellgesetz?);
Ulrike Flach:
Deutsche Multiple-Sklerose-Gesellschaft hat sich für Abschaffung des Stichtages
ausgesprochen; (Korrektur Hubert Hüppe: es war nur der Ärzte- und
Forschungsbeirat!);
ehem. Ministerin Renate Schmidt:
Stichtagsregelung ganz fallen lassen; auch für Zulassung der PID zur
Überprüfung schwerster Erbschäden einer befruchteten Eizelle;
nur ein Bruchteil der befruchteten Eizellen führt zu einer Schwangerschaft. Die
größere Zahl nistet sich nicht ein … beim Einsetzen einer Spirale (zur
Schwangerschaftsverhütung JK) geschieht genau dasselbe;
Thomas Rachel (Evang. Arbeitskreis CDU):
adulte Stammzellen sind wichtig, aber sie können embryonale Stammzellen nicht
ersetzen (können langfristig nicht vermehrt werden, können sich nicht zu allen
Körperzellen entwickeln); ein späterer Bundestag wird eigenverantwortlich (und
evtl. neu) entscheiden müssen und dürfen;
Hans-Michael Goldmann:
zwischen Ethik des Heilens und Notwendigkeit des Tötens …;
Seehofer:
Grundlagenforschung, nicht mit Heilsversprechen verbinden
(Das Parlament 18.2.08;
Debattendokumentation Bundestag Stammzellgesetz 14.2.08)
· Beitrag
E.-L. Winnacker;
Embryonale Stammzellen sind keine Embryonen;
wichtige Werkzeuge zellbiologischer Grundlagenforschung;
beim Schaf Dolly – Klonen: Schocktherapie im embryonalen Umfeld (funktioniert
meist nur fehlerhaft);
jetzt gezielt drei Gene in Körperzellen eingeschleust und angeschaltet und
damit Rückprogrammierung bewirkt – könnte sich zu echter Alternative
entwickeln;
Vorwurf, dass es noch keine therapeutischen Ansätze mit ES-Zellen gibt; was
wäre, wenn man zu früh solche Schritte gegangen wäre? Entwicklung von neuen
Medikamenten dauert viel länger als 6 Jahre;
(ZEIT 7.2.08 S.31)
· Stammzellenforschung
in der EU
Grad der Zulassung |
Länder |
Herstellung unter Einhaltung
bestimmter Bedingungen zugelassen |
Großbritannien, Schweden,
Belgien |
Herstellung verboten; |
Finnland, Estland, Lettland,
Griechenland, Rumänien, Slowenien, Bulgarien, Frankreich, Spanien, Portugal,
Zypern, Dänemark, Niederlande, Ungarn, Tschechien |
Herstellung verboten; Import
unter bestimmten Bedingungen erlaubt (Fristenregelung) |
Italien, Deutschland |
Verbot |
Österreich, Irland, Polen,
Slowakei, Litauen |
(Taz 15.2.08, Freie Presse Chemnitz 15.2.08)
· Ehemalige
Familien-Ministerin Renate Schmidt:
die befruchtete Eizelle ist zwar menschliches, aber nicht werdendes Leben
(Taz 15.2.08)
· Um
Stammzellen zu erzeugen, haben britische Forscher erstmals Chimären-Embryonen
aus menschlichem Erbgut und Eizellen von Kühen erzeugt; DNA aus menschlichen
Hautzellen eingesetzt; überlebten im Labor nur wenige Tage;
Grund für Experiment: menschliche Eizellen sind sehr kostbar;
(Freie Presse Chemnitz 3.4.08)
· Nach dem
Verfahren des Schafes DOLLY Hybrid-Embryonen hergestellt; ist in Großbritannien
nicht illegal; Gesetzentwurf im Parlamentsgang; Die aus menschlicher DNA und
Eizellen von Kühen hergestellten Hybrid-Embryonen wurden nach 3 Tagen getötet;
Experiment war schon vor 10 Jahren erstmals erfolgreich durchgeführt worden (England),
vor 5 Jahren in China;
(taz 3.4.08)
· Medizinrechtler
Joachen Taupitz, Mannheim:
Auch in Deutschland ist nach geltendem Recht die Herstellung solcher
sogenannten Cybride (Mischwesen aus Tier- und Menschenzellen) nicht verboten
(Der Spiegel 15-2008 S.144)
· In den USA
existieren über 400.000 bei der k ünstlichen Befruchtung entstandene sogenannte
überzählige Embryonen; fast alle bekannten Stammzelllinien stammen von diesen
Embryonen, aus denen nie ein Mensch entstehen wird; sie wurden von ihren Eltern
für die Forschung gespendet; ansonsten wären sie der Vernichtung
anheimgefallen; hier wurden also weder Frauen instrumentalisiert, noch wurde
verhindert, das Leben entsteht; im Gegenteil: es ist der erklärte Wunsch der
Eltern gewesen, dass diese Embryonen der Forschung für kranke Menschen zur
Verfügung gestellt werden (Ulrike Flach, FDP);
(Das Parlament 14.4.08 Debattendokumentation S.7)
· Stammzellgesetz
im Deutschen Bundestag;
Stichtag für die Herstellung von embryonalen Stammzellen, die in Deutschland für
Forschung verwendet werden dürfen, wird auf den 1.Mai 2007 verschoben; 346
JA-Stimmen, 228 NEIN, 6 ENTHALTUNGEN;
(Das Parlament 14.4.08 S.1)
· Es gibt in
Deutschland nicht einmal 20 Forschergruppen, die mit embryonalen
Stammzelllinien arbeiten
(taz 12./13.4.08)
· Durch Zugabe
von (jeweils vier) „Verjüngungsgenen“ wurden ausdifferenzierte Fibroblasten der
menschlichen Haut zu so genannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS)
reprogrammiert; 2 Forscherteams; 2 der vier eingesetzten Gene waren gleich, 2
unterschiedlich; Probleme: Einschleusen mit Retroviren, krebserregende Gene?;
Erkenntnisse an embryonalen Stammzellen waren wichtig für Erfolg
(Deutsches Ärzteblatt 30.11.08 S. A3295)
· Südkorea:
mit Hilfe von Stammzellen (aus dem Knochenmark) erfolgreich Schweine geklont;
erfolgreichere Methode als mit Körperzellen (20% höher);
Ziel: Klonen von kleinen Schweinen für Transplantation der Organe auf Menschen
(Freie Presse 28.12.07)
· Wandernde
Stammzellen;
Australien; nach einer Lebertransplantation hat sich bei einer Patientin die
Blutgruppe verändert (Rhesus negativ nach Rhesus positiv); neun Monate nach der
Transplantation festgestellt; Vermutung: durch Entzündung ausgelöst,
Stammzellen aus der Spenderleber ins Knochenmark eingewandert
(taz 25.1.08)
· Britisches
Parlament erweitert Möglichkeiten der Stammzellforschung;
Zustimmung 336 gegen 176 Stimmen;
Embryos dürfen nicht älter als 14 Tage werden; und sie dürfen nicht für die
Behandlung von Patienten eingesetzt werden;
in China schon 2003 menschliches Erbgut in Kanincheneizellen verbracht;
im englischen Newcastle vor kurzem eine Chimäre (Hybrid-Embryo) hergestellt
(wohl Rinder-Eizellen JK);
Menschliche mit tierischen Zellen zu verschmelzen kann wissenschaftlich
sinnvoll sein, erstens um die Zelle an sich besser zu verstehen, zweitens, um
weniger auf Eizellspenden von Frauen angewiesen zu sein (dies ist ein mühsamer
Vorgang, und wird oft als Argument gegen die Stammzellforschung vorgebracht);
Bundesforschungsministerium Deutschland: die Herstellung von Chimären ist in D.
verboten und wird es auch bleiben;
es handelt sich nicht wirklich um Zwitterwesen: aus tierischen Ei-Zellen (z.B.
Rind) wird das eigene Erbgut entfernt (lediglich die außerhalb des Zellkerns
befindlichen Mitochondrien mit ihrer DNA bleiben in der Zelle); dann wird
menschlicher Zellkern eingesetzt; die tierische Zelle dient nur als Vehikel, in
dem dann menschliche Stammzellen wachsen
(taz 21.5.08)
· Embryonen
aus Mensch und Tier;
Misch-Embryonen aus Mensch und Tier;
bei dem Verfahren injizieren die Forscher menschliche DNA in die leere Eizelle
einer Kuh oder eines Hasen; mit Stromstößen wird das Ei zur Teilung angeregt
und entwickelt sich zu einem frühen Embryo;
die britischen Abgeordneten haben eindeutig eine ethische Grenze überschritten;
rührt an einem der unerschütterlichsten ethischen Grundsätze der Menschheit:
dem Unterschied zwischen Mensch und Tier
(Freie Presse Chemnitz 21.5.08)
· USA:
Forscher haben erstmals einen genetisch manipulierten Embryo geschaffen; Gen
für ein fluoreszierendes Eiweiß in Eizelle übertragen; nach drei Zell-Teilungen
leuchtete der Embryo
(ZEIT 29.5.08 S.35)
· Herstellung
von Mischembryonen in Großbritannien erfolgt (Lyle Armstrong, International
Centre of Life, Newcastle);
Normale menschliche Zellen degenerieren nach 50 Zellteilungen, Stammzellen
können sich bis 600 mal teilen;
“zugemischte Embryos“ heißen die „Mischwesen“ im Gesetzestext;
pragmatischer Grund für die Technik: durch Verwendung tierischer Eizellen soll
der Mangel an verfügbaren menschlichen Eizellen behoben werden;
Eierstöcke von Rindern aus dem örtlichen Schlachthof werden präpariert;
zunächst Hormonbehandlung; dann werden sie zusammen mit menschlichen Hautzellen
in eine Petrischale gelegt; unter dem Mikroskop sticht der Forscher vorsichtig
eine Kanüle in das Ei und saugt den Zellkern ab; an seiner Stelle lenkt er den
Kern der Hautzelle in die Eihülle; danach wird dem Ei durch einen Stromstoß
vorgetäuscht, es sei befruchtet worden – der Moment, in dem Papst Bendikt
zufolge die Beseelung stattfindet;
in der tierischen Eizellhülle wird das Erbgut der Hautzelle wieder komplett
aufgeschlossen, alle vorher unerreichbaren genetischen Informationen sind nun
frei verfügbar;
wenn die so entstandene Zelle sich 5 x geteilt hat, besteht das 32-zellige
„Mischwesen“ zu 99,9% aus menschlichem Material (enthält zu 99.9% menschliches
Erbmaterial JK); das Kuhei ist nur noch eine Schale;
eines der Gebilde überlebte dreieinhalb Tage lang; das Einpflanzen in die
Gebärmutter nach 6 Teilungen (6 Tagen) ist auch in England strikt verboten; die
bisher hergestellten Chimären stellten schon vorher ihre Zellteilung ein;
In Großbritannien geben Bevölkerung, Politik und Staatskirche dem Frevel ihren
Segen;
die Warnock-Kommission erklärte 1985 den menschlichen Embryo zwar für
schützenswert, , sein Schutz besteht jedoch – im Gegensatz zu Deutschland –
nicht absolut. Denn die Keimlinge gelten nicht bereits dann als vollwertige
Menschen, wenn sich Ei- und Samenzelle vereint haben. Erst am 14. Tag ihrer
Entwicklung sind britische Embryonen unantastbar. Der Zeitpunkt ist deshalb
gewählt, weil sich der Embryo (erst JK) nach zwei Wochen in der Gebärmutter
einnistet (und sich erst dort zu einem Menschen entwickeln könnte JK); der
Status des Embryos müsse „situativ ausgehandelt werden“;
was bis zum 14. Tag in der Forschung geschehen darf und wer dazu berechtigt
ist, entscheidet eine Behörde (Human Fertility and Embryology Authority (HFEA);
die HFEA hatte im Vorfeld der Parlamentsentscheidung zur Zulassung der
Herstellung von Mischembryonen zwei Jahre land Expertenanhörungen und
Podiumsdiskussionen durchgeführt; Bürger-Workshops, Internetdiskussion Pro und
Contra; am Ende ergab die nationale Meinungsumfrage 60% für die Zulassung der
Experimente, wenn sie dazu dienen, Erkenntnisse im Kampf gegen schwere Krankheiten
zu gewinnen; zwei Jahre zuvor war das noch eine Minderheitenmeinung gewesen;
(ZEIT 29.5.08 S.35)
· Oberstes
Gericht in Brasilien erlaubt mit 6 gegen 5 Stimmen embryonale
Stammzellforschung
(taz 6.6.08)
· als adulte Stammzellen bezeichnet man
Vorläuferzellen, die innerhalb des Organismus noch nicht spezialisiert sind und
deren Aufgabe die Reparatur und Regeneration von Organen ist;
Ein einzelnes Organ kann offenbar mehrere Typen adulter Stammzellen
enthalten; Untersuchungen an Mäusen; Möglichkeit, adulte Stammzellen für
Therapien einzusetzen, damit weitaus komplexer als bisher angenommen(Dresdner
Neueste Nachrichten 10.6.08)
· USA;
erstmals ist es gelungen, im Labor funktionierende rote Blutkörperchen zu
züchten; 100 Milliarden; aus menschlichen embryonalen Stammzellen
(bdw 11/2008 S.7)
· Zulässigkeit
von Embryonenforschung:
Schweden: Erzeugung von E. zu Forschungszwecken nicht verboten; Versuche an
befruchteten Eizellen nur bis 14 Tage nach der Befruchtung erlaubt; danach
unverzügliche Vernichtung;
Niederlande: wissenschaftliche Forschung mit E. außerhalb des menschlichen
Körpers nur erlaubt, wenn das Vorhaben neue Einblicke in die Medizin verspricht
und entsprechende Erfolge nur mit Hilfe der E.-Forschung möglich sind; verboten
ist das Klonen, jede Vermischung menschlichen Erbgutes mit dem von Tieren und
auch die Geschlechtswahl;
Schweiz: Erzeugung von E. zu fortpflanzungsfremden zwecken verboten; seit 2003
erlaubt das Stammzellenforschungsgesetz jedoch den Import von embryonalen
Stammzellen sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch die Gewinnung von
ES-Zellen aus überzähligen Embryonen;
Spanien: während der ersten 14 Tage nach der Befruchtung Forschung an E.
bedingt zulässig; Bedingung: angewandte Forschung oder Grundlagenforschung,
keine Alternative z.B. Tierversuche
(Das Parlament 44/45-2008 3.November, S.8)
· der neue
US-Präsident Obama hatte sich im Wahlkampf klar dafür ausgesprochen, die
derzeit für die Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen gesperrten
öffentlichen Fördergelder der US-Regierung wieder freizugeben
(GID Nr.191 – Dez. 2008, S.42)
· Fleisch aus Stammzellen; Forscher aus
den Niederlanden wollen Fleisch aus S. züchten, indem sie Muskelgewebe in einer
Nährlösung wachsen lassen, eines
Tages sollen Steaks in Brutmaschinen entstehen, bislang lassen sich aber erst
zweidimensionale Streifen züchten
(ZEIT-Wissen Heft 1/2009, S.46)
· neuartige Methode zur Herstellung von
Stammzellen;
“Seit mehr als einem Jahr ist bekannt, dass man eine Zelle in eine Stammzelle
umzüchten kann, wenn man vier bestimmte Gene in sie hineinschleust. Wir haben
diese Gene nun erstmals mit Adenoviren in Körperzellen von Mäusen
hineinbekommen. Adenoviren bringen erfreulicherweise das Erbgut der
Empfängerzelle durcheinander und sind deshalb harmlos. Wir haben, wenn sie so
wollen, Stammzellen ohne Nebenwirkungen hergestellt. …
Aber bis es zum Einsatz am Menschen kommt, werden mindestens noch 10 Jahre
vergehen.“
(Der Spiegel 40/08 S. 131)
·
die
britische Behörde Human Fertilisation an Embryology Authority (HFEA) hat Lizenz
für die Herstellung von Mensch-Schwein-Klonen erteilt; menschliches Erbgut aus
Hautzellen Herzkranker soll in Schweine-Eizellen verpflanzt werden, deren
eigenes Erbgut vorher entfernt
wurde; so sollen embryonale Stammzellen erzeugt werden, die der Erforschung von
Herzkrankheiten dienen sollen
(GID 189 August 2008 S.44)
· die
islamische Republik Iran will in den nächsten fünf Jahren ihre
Stammzellforschung massiv ausweiten; 2,5 Milliarden Doller in den Bau neuer
Forschungsstätten; keine Scheu, sich auf Stammzellforschung einzulassen, auch
nicht auf die an den im christlichen Raum so umstrittenen embryonalen
Stammzellen; Nach der Lehre der Mullahs beginnt das Leben erst mit der
Beseelung des Fötus (120 Tage nach der Empfängnis);
iranische Forscher haben schon mindestens ein halbes Dutzend eigener
Stammzelllinien hergestellt
(Spiegel 48/2008 S.142)
· zum weltweit
ersten Mal haben Ärzte in Hannover einem Patienten genmanipulierte Stammzellen
einer fremden Person ins Gehirn transplantiert;
eine adulte gespendete Stammzelle aus Dänemark wurde gentechnisch so verändert,
dass sie neben wachstumsfördernden und entzündungshemmenden Eiweißen das
Wachstumshormon GLP1 für Nervenzellen absonderte, diese Zelle wurde dann
millionenfach vermehrt;
die nötigen chemischen Substanzen lassen sich nicht in reiner Form ins Gehirn
einschleusen; daher Idee, sie am Zielort von den gentechnisch veränderten
Zellen produzieren zu lassen; Abstoßung durch Immunsystem musste verhindert
werden; Lösung: „Verpackung“ von je 3000 Zellen in einer Hülle aus Algensubstanzen
(Alginat); deren Membran ist für die Produkte aus den Stammzellen durchlässig,
nicht aber für die Killerzellen des menschlichen Immunsystems;
um Langzeitnebenwirkungen zu verhindern, können die Zellen nach getaner Arbeit
auch wieder aus dem Kopf entfernt werden: 2.400 Alginat-Kapseln wurden in ein
1,5 mal 1,5 cm großes Kunststoffnetz mit einem herausziehfaden vernäht
(taz 5.12.08)
· Japan;
erstmals aus embryonalen Stammzellen funktionsfähiges Hirngewebe gewonnen;
Gewebe der Großhirnrinde; (Hoffnungen auf Therapien zur Heilung von Krankheiten
wie Alzheimer geweckt);
(Freie Presse Chemnitz 7.11.08)
· Kanada/Großbritannien:
Hautzellen in entwicklungsfähige Stammzellen umgewandelt, ohne dass am Ende
noch fremde Gene in den Zellen vorhanden waren; vier fremde Gene genutzt, nach
der Umprogrammierung der Zelle jedoch mit passenden „molekularen Scheren“
Fremdgene wieder entfernt; Plasmid aus Bakterien als Vektor;
(taz 6.3.09 S.18)
· induzierte
pluripotente Stammzellen; solche aus adulten Hautzellen reprogrammierte
Stammzellen ohne Einsatz von Viren hergestellt; die für die Reprogrammierung
notwendigen Gene werden bei dem Verfahren nachträglich (wieder) entfernt; zudem
wird als „Genfähre“ kein Virus, sondern ein Plasmid verwendet – damit sind zwei
als Krebs auslösend bekannte Bestandteile der Reprogrammierung überwunden;
grundsätzliche Fragen bleiben: Gleichen die iPS-Zellen überhaupt vollständig
embryonalen Stammzellen? Was bewirken die beiden Zelltypen, wenn sie in
menschliches Gewebe verpflanzt werden? Welche Risiken? Kosten?
(GID 193 April 2009 S.32)
· Nabelschnurblutbank
VITA 34 in Leipzig; bisher über 60.000 Konserven von Kindern eingefroren;
Kooperation der Aktiengesellschaft mit rund 850 Kliniken
(GID 193 April 2009 S.40)
· chinesische
Forscher wollen fünf menschliche Embryonen zu Forschungszwecken geklont haben;
12 Frauen 135 Eizellen entnommen; das Erbgut eines der 5 Klonembryonen soll aus
den weißen Blutkörperchen eines Parkinson-Patienten stammen; andere aus
Hautzellen gesunder Spender; in insgesamt 26 von 58 Versuchengelang die
Verschmelzung des Spender-Zellkerns mit der entkernten Eizelle; neun Embryonen
entwickelten sich bis zum 16-Zell-Stadium, 5 bis zur Blastozyste
(taz 6.2.09 S.18)
· (Jens Reich
und) Medizinrechtler Taupitz vor dem Ethikbeirat des Bundestages: Herstellung
von Hybriden (menschlicher Zellkern wird in tierische Eizelle eingepflanzt),
die Jens Reich als Variante des „therapeutischen“ Klonens bezeichnete, „ist in
Deutschland weder durch das Embryonenschutz- noch durch das Stammzellengesetz verboten“
(Das Parlament 30.3.09 S.6)
· aus
embryonalen Stammzellen (gewonnen aus überzähligen Embryonen) wollen britische
Forscher Blut aus der Retorte herstellen; Blutgruppe „Null negativ“ = für alle
Empfänger verträglich; 5 bis 10 Jahre Forschung geschätzt bis zum Einsatz in
der Klinik
(taz 27.5.09 S.18)
· Münsteraner
Forscher um Hans Schöler haben Rückprogrammierung mit nur einem Gen zuwege
gebracht, doch die Münsteraner Zellen sind therapeutisch ebenso wenig brauchbar
wie die japanischen (zwei Jahre früher mit 4 Genen reprogrammiert), auch
Schölers Team hat Oct-4 mithilfe eines Retro-Virus in die Zellen geschleust
(birgt medizinische Risiken)
(ZEIT 12.2.09 S.31)
· chinesische
Forscher brachen das Dogma, weibliche Säugetiere, also auch Menschenfrauen, kämen
mit einem begrenzten Vorrat an Eizellen zur Welt; neue Eier würden nicht
gebildet;
fanden so genannte Keimbahn-Stammzellen im Eierstock und züchten sie seit
Monaten in den Labors, nach der Transplantation in den Eierstock starteten
diese Zellen die Produktion neuer Eizellen,, bald gab es kerngesunden Nachwuchs
zu bestaunen; noch ist das ein Tierexperiment, niemand weiß, ob solche
Stammzellen auch im Eierstock von Frauen stecken;
möglich wären: genetische Veränderung, Verwendung in der Fortpflanzungsmedizin
(ZEIT 16.4.09 S.31)
· bereits kurz
nach Bushs Abgang erhielt das kalifornische Unternehmen Geron erstmals die
Erlaubnis, embryonale Stammzellen für Behandlungsversuche an Menschen
einzusetzen …
mehrere hundert Millionen Dollar stehen aus Obamas Konjunkturpaket für die
bisher verpönte Stammzellforschung zur Verfügung
(taz 10.3.09 S.12)
· Uni Bonn,
Brüstle: aus menschlichen embryonalen Stammzellen Gehirnstammzellen
hergestellt;
sie liefern über Monate und Jahre hinaus (verschiedene) menschliche
Nervenzellen, wir müssen dafür nicht weiter auf embryonale Stammzellen
zurückgreifen;
künstlich erzeugte Nervenzellen funktionieren: in das Gehirn von Mäusen
eingesetzt, integrieren sich in die Schaltkreise des Gehirns, nehmen Kontakt
zur Umgebung auf, senden oder empfangen Signale
(bdw 5-2009 S.7)
·
Übersichtsartikel:
Operation Unsterblichkeit (zum Stand der Stammzellforschung)
Die Stammzellforscher feiern sensationelle Fortschritte – aber die
Öffentlichkeit schaut nicht mehr hin
Erinnert sich noch jemand an die Stammzelldebatte? …
… die beteiligten Wissenschaftler? Verhandeln längst andere Dinge, denn
ES-Zellen – das scheint inzwischen ziemlich sicher – werden künftig kaum noch
gebraucht. Sie haben ihren Dienst getan, mit Erfolg.
Die Erforschung von ES-Zellen hat eins der letzten fundamentalen Rätsel der
Biologie gelöst: das Rezept ewiger Jugend (Zellbiologen sprechen von
»Pluripotenz«). Denn ES-Zellen sind gleichsam ein Schnappschuss aus dem frühen
Embryo, just in jenem Moment, in dem aus ihm noch alle Gewebearten des Körpers
entstehen können. Jenem Augenblick, an dem die Zellen noch unbegrenzt
teilungsfähig sind – prinzipiell also unsterblich. Nach nur einem Jahrzehnt
heiß umstrittener Forschung haben die ES-Zellen ihr Geheimnis preisgegeben. Es
schlummerte in den biochemischen Signalen.
Die Formel ist überraschend einfach. Im Sommer 2006 entdeckten japanische
Forscher das entscheidende Elixier: Vier Anlagen im Menschenerbgut werfen eine
biochemische Maschinerie an, die die Zellen im Prinzip unsterblich macht. …
Was aber würde passieren, wenn man die vier wieder weckte? Kehrte dann auch die
Pluripotenz zurück? Die Japaner machten das entscheidende
Experiment, schlossen die schlummernde Maschinerie einfach kurz: Mithilfe
von Viren verfrachteten sie ein zweites Quartett in erwachsene Zellen. Der
Effekt war dramatisch – nach kurzer Zeit wuchs in den Kulturschalen ein Zelltyp
heran, den es noch nie gegeben hatte, genannt »induzierte pluripotente
Stammzellen« (iPS), von herkömmlichen ES-Zellen praktisch nicht zu
unterscheiden. Der Trick funktionierte mit Zellen von Mäusen – und auch von
Menschen.
Er lüftete nicht nur das Jungbrunnen-Geheimnis, sondern überwand zugleich jene
Hürde, an der der Koreaner Hwang Woo-suk so lange gescheitert war, bis er sein
Heil in der Fälschung suchte: das Klonen von ES-Zellen. Es wurde durch
die iPS-Technik überflüssig. Denn plötzlich konnten pluripotente Zellen von
jedem beliebigen Menschen hergestellt werden. Abstoßungsprobleme sind bei
Material aus solchen persönlichen iPS-Kulturen nicht zu befürchten.
Noch barg das Kurzschlussverfahren Risiken: Der Einschleusung des Genquartetts
mit viralen Vehikeln beschwört die Gefahr einer Entgleisung im Erbgut der
Zielzelle herauf – mit Krebs als möglicher Folge. Just dieser genetischen
Manipulation bedarf es jetzt aber nicht mehr. Für die Rückverwandlung zur
jugendlich-vielseitigen Embryonalzelle genügt seit 2009 ein kurzes Bad in einem
Eiweißcocktail.
Dieser Jugendtrunk besteht aus jenen Proteinen, deren Bau das Quartett
beschreibt. In der Logik der Fachterminologie spricht man hier von piPS (protein-induced
pluripotent stem cells). Ihr Erbgut bleibt bei der wundersamen Verwandlung
unangetastet. Gerade erst gelang einem US-koreanischen Team dieses Kunststück
auch mit Menschenzellen. In rasanter Geschwindigkeit veröffentlichen die
führenden Forscherteams neue Aufsätze: 2009 – das Jahr des Durchbruchs?
Bislang belegen die Experimente die Machbarkeit der Strategie, sie verwandeln
piPS in das heißeste Akronym der biomedizinischen Grundlagenforschung. Wie
eines Tages der Weg in die Kliniken aussehen könnte, demonstrierten
kalifornische Forscher am vergangenen Sonntag: Sie verwandelten Zellen von
Patienten mit einer erblichen Knochenmarkserkrankung in iPS-Kulturen
(allerdings noch nicht per Proteincocktail). In diesen wurde der krankmachende
Gendefekt behoben, und aus ihnen wurden Vorläuferzellen gezüchtet, wie sie im
Knochenmark für die Neubildung von Blut- und Immunzellen zuständig sind.
Heilung aus dem körpereigenen Jungbrunnen.
Erlangte dieses Verfahren Anwendungsreife, böte es Therapien für erbliche
Leiden und könnte auch den chronischen Mangel bei Knochenmarkspenden beenden.
Natürlich betonen Grundlagenforscher, dass bis zur Therapie noch viele
Detailfragen zu klären seien.
Aber schon heute zeichnet sich ab, dass es eben nicht aus Embryonen gewonnene
Zellen, sondern durch Rückverwandlung gewonnene Stammzellen sein werden, die bald
als neuartige Behandlungen in die Kliniken Einzug halten werden.
Auch vor zehn Jahren befanden schon alle Fachleute, dass eine Technik zur
Reprogrammierung von Körperzellen die beste Lösung darstellen würde. Nur
erschien das utopisch. …
Waren die ES-Experimente vergeblich oder gar unnötig?
Nein. Der Durchbruch zur iPS- und piPS-Technik wurde durch die Erkenntnisse aus
der ES-Zellforschung erst ermöglicht. Und paradoxerweise machen sie diese
dadurch nun überflüssig.
(Die Zeit 4.6.09 Nr. 24-2009 S.33;
gesamter Text unter: http://www.zeit.de/2009/24/M-Stammzellentherapie?page=all)
·
in
den Jahren 2006 und 2007 sind in Deutschland 9 Anträge für die Verwendung
menschlicher embryonaler Stammzellen zu Forschungszwecken genehmigt worden; bis
Ende 2007 Verwendung in insgesamt 23 genehmigten Projekten durch 16
Forschergruppen
(Das Parlament 15.6.09 S.7/8)
· vor drei
Jahren entdeckten japanische Forscher sogenannte induzierte pluripotente
Stammzellen (iPS) als willkommene Alternative zu embryonalen Stammzellen; zwei
chinesische Teams lieferten jetzt einen noch fehlenden Beweis zu deren
Pluripotenz: Aus reprogrammierten Hautzellen einer Maus konnten sie durch
„tetraploide Embryo-Komplettierung“ erstmals lebende Mäuse erzeugen. Dabei wird
eine iPS-Zelle in eine Blastozyste mit vierfachem Chromosomensatz eingesetzt.
Aus dieser Blastozyste kann nur Plazentagewebe entstehen, der Embryo selbst
muss sich dann aus der diploiden Zelle bilden. In wenigen Zellen gelang das. So
kam auch die abgebildete Maus zur Welt.
(Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 26.7.09 S.49)
· US-Forscher:
Fettzellen aus dem Bauchspeck (gewonnen von vier Schwergewichtigen im Alter von
45 bis 60 Jahren) lassen sich leichter und erfolgreicher zu sogenannten
induzierten pluripotenten – also vielseitig verwendbaren – Stammzellen
verarbeiten als die bisher meist genutzten Hautzellen; Hauzellen müssen im
Labor erst drei oder mehr Wochen vorbehandelt werden, bevor sie iPS-Zellen
werden können; Fettzellen lassen sich sofort umwandeln;
sie können von ihrem embryonalen Zustand in Knochen-, Muskel- und Fettzellen
umprogrammiert werden
(taz 11.9.09 S.18)
· Leipziger
Nabelschnurblutbank VITA 34 bewahrt Blut für Eltern in Deutschland, Österreich,
der Schweiz, Spanien und Slowenien auf; über 60.000 Proben eingelagert; derzeit
Kooperation mit 850 Kliniken und Geburtshäusern in Deutschland;
(GID Nr.193 4-2009 S.40)
· Dolly-Vater
Ian Wilmut: Klonen war ein Irrweg;
Probleme, die die therapeutische Nutzung von embryonalen Stammzellen bisher
erschweren:
a) schon 100 bis 1000 Stammzellen genügen, um ein Geschwür wachsen zu lassen;
„Pluripotente Zellen, wie es embryonale Stammzellen sind, bergen immer die
Gefahr eines Tumors. Deshalb steht inzwischen fest: Keine einzige darf in den
Körper gelangen.“ Embryonale Stammzellen dürfen niemals einem Menschen
gespritzt werden.;
im Tierversuch bei Mäusen bildete sich ein wildes Gemisch aus Herz-, Knochen-,
Haut- und anderen Zellen.
b)Zellen für Patienten müssen nachweislich frei sein von tierischen Substanzen
und tierischen Krankheitserregern … Aber: Embryonale Stammzellen wurden bis
2006 auf Hautzellen der Maus als Träger gezüchtet. Alle verfügbaren
Stammzelllinien, immerhin einige Hundert, waren für klinische Studien deshalb
nicht zu gebrauchen
c) zugleich häuften sich Berichte, dass viele der vorhandenen Stammzell-Linien
inzwischen Erbdefekte aufwiesen und für eine etwaige Therapie damit unbrauchbar
waren. Der Grund: Die Zellen altern und sammeln Chromosomenschäden an, wenn sie
im Labor vermehrt werden. Sie werden genetisch instabil; der Entdecker dieser
Schäden: „Ältere menschliche embryonale Stammzell-Linien könnten für
therapeutische Zwecke unbrauchbar sein.“;
Reprogrammierung: Eine Hautzelle kann in einen verjüngten Zustand versetzt
werden, wenn man ihr Erbgut gentechnisch manipuliert. Die so entstandene
iPS-Zelle verhält sich wie eine embryonale Stammzelle. Im 2006 entwickelten
Verfahren wurden die vier Gene Oct4, Sox2, c-myc und Klf4 – verpackt in Viren –
ins Erbgut einer Hautzelle eingeschleust. Nachdem Mäuse von diesen Zellen Krebs
bekommen hatten, wurde die Methode abgewandelt. Die krebserzeugenden Gene c-myc
und Klf4 wurden ersetzt: Die Reprogrammierung erfolgte nun mit Oct4, Sox2,
Nanog und Lin28;
im November 2007 gelang das therapeutische Klonen erstmals bei Primaten
(Erzeugung von zwei Stammzell-Linien bei Rhesus-Makaken); Januar 2008 wurde von
einem ersten menschlichen Klon-Embryo berichtet (29 Eizellen von 3 Frauen, Kern
aus Hautzellen, keine Stammzellentnahme);
Ian Wilmut: Wenn man Eizellen benutzt, die bei der künstlichen Befruchtung
übrig bleiben, dann wird man (auf Dauer) für eine Stammzell-Linie
wahrscheinlich die Eizellen (einige Hundert) von 90 Frauen brauchen.“;
“Die iPS-Zellen werden früher oder später den embryonalen Stammzellen den Rang
ablaufen. Wir werden zunächst die embryonalen Stammzellen als Referenzsystem
brauchen. Aber irgendwann wird deutlich werden, dass die reprogrammierten
genauso gut sind.“
(bild der wissenschaft 4-2008 S.36ff)
· iPS-Zellen
aus Nabelschnurblut gewonnen;
Spanien: aus Stammzellen im Nabelschnurblut; können alle Zellvarianten des
blutbildenden Systems bilden;
Deutschland: Endothelzellen, die das Innere von Blutgefäßen auskleiden; können leicht
vermehrt werden; lassen sich mit geringem Aufwand aus Nabelschnurblut gewinnen
(bild der wissenschaft 12-2009 S.9)
· Adulte Stammzellen können im Labor
nicht unbegrenzt vermehrt werden; an der Universität Graz entdeckt, dass die
Zellen mit zunehmendem Alter ihre Funktionalität einbüßen und sich nicht mehr so gut teilen können. Dieser Effekt tritt in Zellkulturen nach 30
bis 40 Generationen auf.
(bild der wissenschaft 4-2010 S.7)
· Alternativen
zu Tierversuchen
z.B. Versuche an menschlichen Zellen im Reagenzglas;
“Die EU-Kommission hat in ihrer Liste von Alternativmethoden auch fünf Versuche
genannt, die die Ausbeutung embryonaler (menschlicher) Stammzellen beinhalten.
Das ist für mich unmoralisch“, sagte der CDU-Abgeordnete Martin Kastler;
die Grünen sprachen sich für solche Alternativmethoden aus
(taz 9.9.2010 S.3)
· Forscher
versuchen, aus Stammzellen erwachsener Tiere im Labor Fleischstreifen zu
züchten, später für menschliche Ernährung gedacht; derzeit nur winzige
Streifen, 1 Bissen kostet 60.000 Euro;
Tierrechtsorganisation PETA verspricht dem Forscher, der als Erster im Labor
künstliches Fleisch herstellt, 1 Million Dollar; Bedingung: das Fleisch solle
wie echtes Hühnerfleisch schmecken, muss zudem schon in marktreifen Mengen und
zu konkurrenzfähigen Preisen auf dem US-Markt vorhanden sein
(taz 7./8.8.2010 S.19)
· Begrifflichkeiten: Formen
von Mischwesen
Hybrid:
In jeder Zelle eines Hybrids sind die Gene verschiedener Arten vermischt; alle Zellen tragen das gleiche Erbmaterial. In der Natur
entstehen Hybride manchmal durch Verschmelzung
von Ei und Samenzelle nahe
verwandter Arten.
Beispiel: Maultier, eine Kreuzung von Esel und Pferd
Cybrid:
Eine künstlich hergestellte Sonderform eines Hybrids, bei dem die genetische
Information im Zellkern von einer Art stammt und die Gene in den Mitochondrien
des Zellplasmas von einer
anderen Art.
Beispiel: Entkernte Kuh-Eizelle mit menschlichem Zellkern
Transgenes Wesen:
Ebenfalls eine künstlich
hergestellte Spezialform eines
Hybrids. Einzelne Gene von einer
Art werden in einen Zellkern der anderen Art eingeschleust. Wenn sich aus der genetisch so gemischten Zelle später Keimzellen entwickeln, werden die artfremden Gene an
künftige Generationen weitergegeben.
Beispiel: Maus mit menschlichen Krebsgenen
Chimäre:
Ein Organismus, dessen Zellen
unterschiedliches Erbmaterial tragen,
da sie von verschiedenen Arten stammen.
Jede dieser Zellen lässt sich eindeutig einer Art zuordnen.
Embryonale Chimäre:
Die Vermischung der
artverschiedenen Zellen findet statt,
bevor die Organanlagen ausgereift
sind; dies macht es wahrscheinlich, dass die artverschiedenen Zellen zu allen Organen maßgeblich beitragen.
Beispiel: Schiege, eine künstliche
Mischung aus Schaf und Ziege,
die durch die Verschmelzung eines
jeweils sehr jungen Schaf- und Ziegenembryos
entstand.
Transplantationschimäre:
Artfremde Zellen werden in einen
Organismus verpflanzt, dessen
Organanlagen schon ausgereift
sind (Fötus oder nach der
Geburt); dann ist die Vermischung der
Zellen auf die Region des Körpers begrenzt,
die das Transplantat erhält.
Beispiele: Transplantation von Nervenzellen oder Spenderorganen und -geweben (z. B. Schweine-Herzklappe im
menschlichen Körper).
(Deutscher Ethikrat, Infobrief 1/2010, Anhörung: Mischwesen zwischen Mensch und
Tier, http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/infobrief-2010-01.pdf
)
· US-Ärzte
haben erstmals einen Patienten mit embryonalen Stammzellen behandelt; wenige
Tage nach einem Unfall spritzten sie dem querschnittsgelähmten Patienten einen
Zellsud (Millionen Zellen) direkt ins Rückenmark; Hoffnung, dass er Gefühl und
womöglich das Gehvermögen wiedererlangt;
verwendet werden von der Firma GERON embryonale Stammzellen, die aus
übriggebliebenen Embryonen aus der Kinderwunschbehandlung gewonnen wurden;
reifen im Labor zu Vorläuferzellen von bestimmten Zellen des zentralen
Nervensystems heran, im Rückenmark des Patienten sollen sie zerstörtes Gewebe
flicken;
Behandlung: das Rückenmark darf nicht vollständig durchtrennt sein, die
Verletzung erst wenige Tage zurückliegen, noch kein hartes Narbengewebe
gebildet;
in Tierversuchen hat die Technik schon funktioniert, an 2000 Ratten und Mäusen
erprobt; einige Nager, deren Rückenmark verletzt worden war, konnten ihre fast
vollständig gelähmten Hinterbeine wieder bewegen, fühlten wieder, die Reparatur
war dauerhaft;
bei Versuchtieren bildeten sich in früheren Versuchen kleine Zysten im Gewebe
(Spiegel 42-2010 S.188; taz 13.10.2010 S.8)
· ein
US-Gericht stoppte vorerst die staatliche Förderung von Forschungen mit
menschlichen embryonalen Stammzellen
(taz 25.8.2010 S.10)
· ein
US-Bundesrichter lehnte die Berufung der US-Regierung gegen die gerichtlich
gestoppte staatliche Förderung der Stammzellforschung ab
(taz 10.9.2010 S.18)
· ein
US-Berufungsgericht erklärte ein in erster Instanz verhängtes Verbot der
Bundesförderung von Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen Ende
September für hinfällig
(taz 13.10.2010 S.8)
· Fortschrittsbericht
zur Stammzellforschung;
2007: Japanischer Forscher Yamanaka verwandeln menschliche Hautzellen in
embryonenähnliche Stammzellen; iPS (induzierte pluripotente Stammzellen); vier
Gene werden durch Viren übertragen (Krebsverdächtig); eine von 100 Zellen kann
so reprogrammiert werden; Schöler braucht 2009 nur noch 1 Gen: Oct4
2009: Thomson (USA) verwendet für den Gentransfer nackte ringförmige DNA, ein
so genanntes Plasmid
2009: Hans Schöler, Münster, reprogrammiert Hautzellen in einem Proteincocktail
(verschiedene Eiweißstoffe und ein kleines chemisches Molekül: Valproinsäure)
und erfindet die piPS (protein-induzierte pluripotente Stammzellen); Verfahren
ist nicht so effizient wie iPS (nur einige von 10.000 Zellen lassen sich so
reprogrammieren);
Rudolf Jänisch verwendet verändertes Virus als Genfähre, das eingeschleuste
Erbgut setzt Reprogrammierung in Gang und kann danach wieder entfernt werden;
verjüngte Zellen bleiben tatsächlich im neuen Zustand, nachdem man ihnen die
aktivierenden Gene wieder entrissen hat;
Jänisch zur Anwendung an Patienten: „Nein! Die Zelltherapie ist weit weg. Da
sollte man sich keine Hoffnung machen.“; er möchte Zellen entwickeln, die
ähnliche Defekte haben wie z.B. das Gehirn von Parkinsonkranken, um die
Krankheit zu verstehen und zielgerichtet Medikamente zu entwickeln; „Embryonale
Stammzellen sind weiter wichtig.“ Sie dienen als Referenz für die iPS-Linien;
Die Anhänger der adulten Stammzellen wie auch die Verfechter der
Nabelschnur-Methode müssen ihre Zellen vor allem jünger und potenter machen,
damit diese ihr Erneuerungspotential steigern. Die embryonalen und die
reprogrammierten Stammzellen sind dagegen allzu jugendlich: Sie können zu viel
– und deshalb auch Krebs verursachen. Sie müssen erst entwickelt, also ein
Stück weit ins Leben geholt werden, bevor sie sich nutzen lassen;
Jänisch: „Die Einteilung in embryonal und adult (bei Stammzellen) finde ich
völlig unsinnig! Wenn man das Potential der embryonalen Stammzellen ausschöpfen
will, muss man wissen, wie man daraus adulte macht und umgekehrt.“
(bild der wissenschaft 6-2010 S.18ff. http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=32276207
)
· 1999 Patent
an Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle erteilt; Patent für wirtschaftliche
Nutzung von Zellen aus geklonten menschlichen Embryonen; Deutsches
Bundespatentgericht hatte 2006 Patent stark eingeschränkt; jetzt
Berufungs-Verhandlung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH);
Unter anderem wird sich der EUGH mit der Frage befassen, ab welchem Zeitpunkt
von einem „Embryo“ zu sprechen ist. Brüstle argumentiert damit, dass von einem
Embryo erst nach der Einnistung in die Gebärmutter gesprochen werden könne. Sollte sich Brüstle mit seiner
Position durchsetzen, würden im Reagenzglas gezeugte Embryonen nur noch einem
sehr eingeschränkten Schutz unterliegen. Das würde auch die aktuelle Diskussion
über die Präimplantationsdiagnostik (PID) überflüssig machen. Denn dann könnte
die PID fast uneingeschränkt durchgeführt werden. Auch die Forschung hätte dann
den von ihr seit Langem erwünschten erleichterten Zugriff auf künstlich
gezeugte Embryonen.
(taz 14.1.2001 S.18)
·
Embryonale
Stammzellen für Blinde
In den USA beginnt ein zweiter Test an Patienten mit embryonalen Stammzellen.
An dem klinischen Versuch werden zwölf blinde Patienten teilnehmen, wie die
Biotechnik-Firma Advanced Cell Technology mitteilte. Beim ersten Test dieser
Art werden seit Oktober querschnittsgelähmte Patienten mit embryonalen
Stammzellen behandelt. Das Verfahren
ist nicht nur ethisch umstritten, sondern birgt womöglich auch Krebsrisiken. In
dem zweiten Test geht es um Patienten, die als Kinder oder Jugendliche
erblindeten. Das Verfahren sei an Ratten und Mäusen getestet worden, um die voranschreitende Krankheit aufzuhalten, sagte
der Chef-Wissenschaftler der Firma, Bob Lanza. Die US-Arzneimittelbehörde
FDA hatte zuvor ihre Genehmigung für die sogenannten Phase-I-Studie erteilt.
Bei dem Test sollen Netzhautzellen, die aus embryonalen Stammzellen gewonnen
wurden, den Patienten in die Augen injiziert werden. Die zwölf Testpersonen,
die an einem fortgeschrittenen Stadium von Netzhaut-Krankheiten wie Morbus
Stargardt leiden, erwarten nicht, dass sie danach wieder sehen können. Vielmehr
geht es dabei um die Überprüfung der Sicherheit des Verfahrens.
(taz 26.11.2010 S.18)
·
Fetale
Stammzellen
Britische Mediziner haben in Glasgow erstmals einem Schlaganfallpatienten
fetale Stammzellen direkt ins Hirn gespritzt. Das Team um den Mediziner Keith
Muir will den Mann nun zwei Jahre lang beobachten. Er sei inzwischen aus dem
Krankenhaus entlassen. Ob und was die Therapie nützt, ist allerdings noch
unklar. Die Ärzte hoffen, dass die Stammzellen dem Hirn bei der Regeneration
helfen.
In dieser Pilotstudie wollen die Forscher herausfinden, ob durch die Injektion
von Stammzellen geschädigte Hirnareale behandelt werden können. Die Therapie
soll insgesamt an bis zu zwölf weiteren Patienten erprobt werden, die einen
sogenannten ischämischen Hirninfarkt erlitten haben. …
Das Verfahren ist jedoch umstritten: Für die Behandlung nutzen die Mediziner
Zellen aus einem menschlichen Fötus, der laut der Zeitung Independent
im Alter von zwölf Wochen im US- Bundesstaat Kalifornien abgetrieben worden
war. …
An der Neurochirurgischen Universitätsklinik Freiburg wird dieses Verfahren
schon seit längerem eingesetzt. Dort haben Ärzteteams unter der Leitung von
Professor Guido Nikkhah schon zahlreiche Chorea-Huntington-Patienten mit
fetalen Stammzellen behandelt. Die Zellen isolierten die Freiburger Ärzte aus
dem Gehirn von abgetriebenen Embryonen.
(taz 19.11.2010 S.18)
·
Blut
aus Hautzellen gewonnen
Kanadische Zellforscher haben offenbar eine Methode gefunden, menschliches Blut
aus Hautzellen herzustellen. Dies könne vor allem Krebspatienten lange
Wartezeiten auf Transfusionsblut ersparen, …
Aus etwa zwölf Quadratzentimetern Haut könne genug Blut für eine Transfusion
gewonnen werden, …
Aus adulten Stammzellen gewonnenes Blut habe zudem den Vorteil, dass keine
embryonalen Stammzellen eingesetzt werden müssten, ...
In fünf bis zehn Jahren könnte die Technik der Studie zufolge ausgereift sein.
(taz 12.11.2010 S.18)
· der Bonner
Wissenschaftler Oliver Brüstle forscht an Methoden zur Behandlung von
Parkinson;
er züchtete aus menschlichen embryonalen Stammzellen Nervenzellen, welche
kranke Neuronen im Gehirn ersetzen sollen;
die embryonalen Stammzellen hatte er mit Erlaubnis der Bundesregierung aus
Israel eingeführt. Dort hatte ein Paar nach einer künstlichen Befruchtung fünf
Tage alte, überzählige Eizellen gespendet, aus welchen dann die sogenannten
Stammzell-Linien gewonnen wurden.
Der Europäische Gerichthof (EuGH) in Luxemburg hat jetzt entschieden, dass
Brüstle und seine Kollegen zwar weiter an solchen Zellen forschen dürfen, aber
Patente dazu anmelden dürften sie in der Regel nicht. Begründung: Jede
menschliche Eizelle ist vom Stadium ihrer Befruchtung an als „menschlicher
Embryo“ anzusehen, dessen Menschwürde geachtet werden müsse. Deshalb sei auch
kein Patent auf eine Erfindung möglich, die „die Zerstörung menschlicher
Embryonen erfordert.“
(inkonsequent) das Gericht verbietet zwar die Patentierung von Forschungen an
Embryonen, nicht aber die „zum Nutzen“ von Embryonen: Alle Erfindungen, die der
Therapie von Krankheiten oder Missbildungen menschlicher Embryonen dienen oder
„die Überlebenschancen eines Embryos verbessern“, dürfen laut Urteil auch dann
patentiert werden, wenn zuvor für die Gewinnung von Stammzellen befruchtete
Eizellen zerstört werden.;
es besteht damit kein Forschungs-, sondern nur ein Patent-Verbot;
Allerdings ist der Schutz des Embryos „von Anfang an“ auch kein Ziel, das sich
von selbst versteht. Das strenge deutsche Embryonenschutzgesetz war 1990 ein
Kotau der Kohl-Regierung vor den Kirchen. Ab wann der Embryo zum Menschen wird
und damit tabu ist, sollten allerdings nicht nur Religiöse und Technikkritiker
beantworten, sondern die Gesellschaft.
Verfahren zur Herstellung menschlicher Stammzellen dürfen in Europa nicht
patentiert werden – wenn dabei Embryonen zerstört werden;
Das Patentverbot solle immer gelten, sobald „die der Menschenwürde geschuldete
Achtung beeinträchtigt werden könnte“. Deshalb sei der Begriff des Embryos weit
auszulegen. So gilt für den EuGH nicht nur die befruchtete Eizelle als
menschlicher Embryo. Auch bestimmte Formen unbefruchteter Eizellen seien vom
Eu-rechtlichen Verbot der Patentierung erfasst. Ein Beispiel: wenn in eine
unbefruchtete Eizelle ein Zellkern aus einer ausgereiften menschlichen Zelle
implantiert wird …
Nur eine Ausnahme vom Patentverbot lassen die EU-Richter gelten: Wenn die
Erfindung diagnostisch oder therapeutisch dem menschlichen Embryo konkret nützt
…
Die von Brüstle gewünschte Ausnahme für bloße wissenschaftliche Forschung
lehnte der EuGH ab
(Freie Presse Chemnitz, 19.10.2011, S.4; taz 19.10.2011 S.12, 08)
· Deutscher
Ethikrat hat Stellungnahme vorgelegt: „Mensch-Tier-Mischwesen in der Forschung“
(http://www.ethikrat.org/dateien/pdf/stellungnahme-mensch-tier-mischwesen-in-der-Forschung.pdf
);
Embryonenschutzgesetz solle erweitert werden, Es solle kein Lebewesen
heranwachsen können, bei dem die Zuordnung als Mensch oder Tier „nicht sicher“
sei. Die Übertragung solcher Mischwesen in eine Gebärmutter soll verboten
bleiben.;
1. Tiere, denen menschliches Erbgut implantiert wurde: in Deutschland werden
derzeit jedes Jahr eine sechsstellige Zahl von transgenen Mäusen geboren
(Modelltiere für menschliche Krankheiten);
2. Gehirnchimären in der Parkinsonforschung: Transplantation von menschlichen
Stammzellen nicht nur in menschliche Gehirne, sondern auch in das von Primaten
3. Zybride: entstehen, wenn beim Klonen der Zellkern einer menschlichen
Körperzelle in die Hülle einer tierischen Eizelle übertragen wird, mit dieser
Methode möchten die Forscher embryonale Stammzellen mit menschlichen
Eigenschaften herstellen; USA-Firma ACT gelang es schon vor gut 12 Jahren, das
Erbgut menschlicher Hautzellen mit entkernten Eizellen von Kühen zu
verschmelzen; in China wurden ähnliche Experimente mit Kaninchenzellen gemacht;
in Großbritannien wird derzeit versucht, menschenähnliche Stammzellen mit den
Eizellhüllen von Kühen herzustellen;
Nach Ansicht des Ethikrates ist in Deutschland das Klonen einer menschlichen
Körperzelle in einer tierischen Eihülle nicht durch das Embryonenschutzgesetz
verboten.
Im Ethikrat besteht kein Konsens darüber, ob die Herstellung von Zybriden
künftig verboten werden soll. 11 Mitglieder wollen die Lücke im ESchG schließen,
12 wollen die Forschung weiter erlauben
(taz 28.9.2011 S.9)
· EU-Kommision
erwägt, künftig Fördergelder für die verbrauchende Embryonenforschung
bereitzustellen;
Gesetzentwurf für Finanzperiode 2014 bis 2020 sieh tvor, dass im Grundsatz die
Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen förderfähig sein soll;
Der Prozess zur Gewinnung der Stammzellen – der ethisch umstritten ist, weil
dabei Embryonen getötet werden müssen – soll dabei den Gesetzen und Kontrollen
des betreffenden EU-Landes unterliegen
(taz 18.11.2011 S.18)
· Induzierte pluripotente Stammzellen
(iPS) können aus Körperzellen durch Rück-Programmierung hergestellt werden; sie
sind ethisch weniger problematisch als embryonal Stammzellen;
jetzt werden Schwächen der iPS-Zellen sichtbar;
2011: Abstoßung von iPS-Zellen bei Mäusen; Gene, die bei der Reprogrammierung
angeschaltet werden, sorgen dafür, dass die ursprünglich immunverträglichen
Zellen danach der Körperabwehr fremd sind (eigentlich erhofft man Organe, die
nie mehr abgestoßen werden);
iPS-Zellen „erinnern sich an
ihre Vergangenheit“; sie unterscheiden sich von embryonalen Zellen merklich,
sowohl im genetischen Code als auch in der Aktivität der Gene;
iPS-Zellen und embryonale Stammzellen sind nicht absolut gleich;
welche Zellen den größeren therapeutischen Nutzen haben, die embryonalen oder
die iPS-Zellen, muss sich erst och herausstellen;
2010 startete das US-Unternehmen Geron die weltweit erste klinische Studie mit
embryonalen Stammzellen, 2 Patienten mit Rückenmarksverletzungen, bisher keine
schwerwiegenden Nebenwirkungen aufgetreten;
Medizinische Hochschule Hannover: genetisch bedingte Lebererkrankung bei Mäusen
mit modifizierten iPS-Zellen dauerhaft und sicher repariert (unsicher, ob das
auch beim Menschen ungefährlich wäre und ihn genesen ließe)
(bild der wissenschaft 11-2011 S.38f.)
· Nabelschnurblut
kein Heilmittel
Die Homburger Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hat erfolgreich
gegen die Leipziger Nabelschnurbank Vita 34 geklagt: Auch die zweite, letzte Instanz
stufte eine Reihe von Versprechen des Unternehmens als irreführend ein; es
erwecke unter anderem den falschen Eindruck, die mit 2.000 Euro und mehr zu
Buche schlagende Einlagerung von Nabelschnurblut ermögliche im Krankheitsfall
eine Behandlung des Kindes, von dem sie stammen. Die Behandlung von Leukämie
und anderen Bluterkrankungen ist bei Kindern aber bisher vor allem mit fremden
Stammzellen erfolgreich gewesen. Denkbar ist sogar, dass das eigene
Nabelschnurblut schadet: Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Knochenmark- und
Blutstammzelltransplantation berichtet in einer Stellungnahme, auf die sich das
Gericht in seinem Urteil bezieht, von nachträglichen Analysen bei
leukämiekranken Kindern. In deren direkt nach der Geburt entnommenen Blutproben
fanden sich bereits entsprechende Veränderungen der Blutstammzellen, gesund
hätten die Kinder durch Zubereitungen aus ihrem Nabelschnurblut also nicht
werden können.
(BioSkop 55, 09/2011) (uw) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/208/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
· Deutschland
… liegt zumindest der Schwerpunkt der staatlichen Förderung auf der adulten
Stammzellforschung: Hier werden derzeit nach Aussage der Regierung 85 Projekte
mit 72,8 Millionen Euro bezuschusst, während nur neun Projekte, die mit
embryonalen Zellen arbeiten, insgesamt 3,8 Millionen Euro erhalten. Dabei
stellt die Regierung klar, dass sich unter den Letzteren keine Projekte
befinden, „die auf eine absehbare Anwendung von humanen embryonalen Stammzellen
zur Therapie gerichtet sind“. Anwendungsgebiet seien vielmehr
Wirkstoff-Screenings und pharmakotoxikologische Tests für die Entwicklung neuer
Medikamente, heißt es in der Antwort. (Ärztezeitung, 13.05.11) (mf) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/206/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
· (49) Die bedeutungsvollen
Fortschritte der Befruchtungslehre in den letzten dreißig Jahren haben die
sichere Erkenntnis festgestellt, dass das individuelle Leben des Menschen, wie
aller anderen Wirbeltiere, mit dem Momente beginnt, in welchem die Eizelle der
Mutter mit der Spermazelle des Vaters zusammentrifft; - der blinde Zufall
spielt dabei dieselbe gewaltige Rolle wie bei den wichtigsten anderen
Lebensverhältnissen …
(131) Geist des Embryo.
… Beseelt ist schon die Eizelle der Mutter und die Spermazelle des Vaters; eine
individuelle Seele besitz schon die Stammzelle (Cytula), die nach erfolgter
Befruchtung durch die Verschmelzung beider Elternzellen entstanden ist. (Ernst
Haeckel: Die Lebenswunder, Volksausgabe, Alfred Kröner Verlag Stuttgart,
1904-1906)
· Der Nobelpreis
für Medizin geht an zwei Stammzellforscher. Der eine fand einen Jungbrunnen für
Zellen, der andere machte diese Erkenntnis zur Basis neuer Therapien.;
Zwar hatte Gurdon bewiesen, dass die Erbanlagen im Kern von ausgereiften und
gealterten Zellen wieder in den Zustand frühester Jugend zurückversetzt werden
können. Praktisch schien die Sache aber nicht verwertbar zu sein. Doch zu
dieser Zeit setzten Yamanaka und seine Kollegen in Japan die Arbeit des Briten
fort. Sie erforschten die Biochemie dieses Jungbrunnens, und die war
überraschend simpel. Nur vier Faktoren in der unbefruchteten Eizelle – die
Produkte der Gene Oct4, c-Myc, Sox-2 und Klf-4 – bewirken, dass die Prägungen
der Erbanlagen gleichsam gelöscht werden und die Entwicklung eines neuen Lebewesens
anlaufen kann. Dass »the cocktail« funktioniert, bewiesen die
Japaner, indem sie die vier Gene in Hautzellen von Mäusen einschleusten. Das
Produkt dieses Versuchs war von embryonalen Zellen kaum zu unterscheiden. Die
Technik der Herstellung von induzierten pluripotenten Zellen war erfunden. Nur
ein Jahr später folgte Shinya Yamanakas zweiter Coup: die Produktion von
menschlichen iPS-Zellen nach dem gleichen Rezept.
Damit hatten die Zellbiologen jetzt im Prinzip den Zugriff auf immunologisch
passende Ersatzgewebe für jeden Patienten. Seither wächst die Bedeutung der
iPS-Technik. Die Zellen sind bereits verbreitet in Testsystemen für die
toxikologische Prüfung von neuen Arzneiwirkstoffen im Einsatz. Forscher
konstruieren iPS-Kulturen von Patienten mit bislang nicht kurierbaren und wenig
verstandenen Krankheiten. Statt an (meist ungenügenden) Tiermodellen testen
Forscher nun neue Ideen und Wirkstoffe an menschlichen iPS-Kulturen. Bereits
jetzt wird an iPS-Zellen etwa von Parkinson-Kranken, Diabetikern oder Patienten
mit der familiären und der sporadischen Form der Alzheimer-Demenz gearbeitet.
Zwar wurden mit iPS-Zellen Tiere mit erblichen Bluterkrankungen wie der
Fanconi-Anämie geheilt. Bei der Verwendung von iPS in der Therapie von Menschen
gibt es indessen noch manche Probleme zu lösen. Für den Transfer der vier
Jungbrunnengene benutzte Yamanakas Team Viren als Vehikel, die sich in die
Erbanlagen einklinken. Dabei können jedoch auch gefährliche Veränderungen in
den Erbmolekülen der Zellen entstehen. Für medizinische Zwecke sind so erzeugte
iPS nicht brauchbar. Abhilfe versprechen neue Verfahren, bei denen Genfähren
verwendet werden, die nicht in den Zellen erhalten bleiben oder sich nach
getaner Arbeit selbst wieder aus den Erbanlagen herausschneiden. Ideal wäre ein
Verfahren, das einen Gentransfer gänzlich vermeidet und stattdessen die in
Körperzellen vorhandenen, aber schlafenden vier Gene aktiviert, etwa mithilfe
von pharmakologischen Wirkstoffen.
Zudem hat sich herausgestellt, dass der Verjüngungscocktail die Spuren des
Alterns nicht vollständig verschwinden lässt. Die Körperzellen älterer Menschen
haben bereits so viele Mutationen in den Erbmolekülen angehäuft, dass sie –
auch in einen embryonalen Zustand versetzt – unter Umständen gefährliche
Eigenschaften entwickeln könnten.
Auch für die Lösung dieses Problems hat Yamanaka bereits eine Idee. Um
Altersschäden zu vermeiden, will er Zellen aus Nabelschnurblut für die
Gewinnung der iPS-Linien nutzen. Mit millionenschwerer Unterstützung der
japanischen Forschungsförderung soll auf diese Weise eine iPS-Zellbank
entstehen. Gemäß Berechnungen genügen etwa 75 Zellkulturen mit speziellen
immunologischen Eigenschaften, um im Erkrankungsfall für etwa 80 Prozent der
japanischen Bevölkerung passende Ersatzgewebe züchten zu können.
(Zeit 11.10.2012 S.39f)
· Unerfülltes
Heilsversprechen
MEDIZIN Der klinische Nutzen der embryonalen Stammzellen ist zweifelhaft -
adulte Stammzellen eignen sich vermutlich weit besser für Therapien
Als der Bonner Stammzellforscher Oliver Brüstle sich 1999 die Herstellung von
Nervenzellen aus menschlichen Embryonen patentieren ließ, da waren die
Hoffnungen groß;
Heute, 13 Jahre später, fallen die Prognosen für klinische Erfolge gedämpft bis
vernichtend aus: "Die Heilsversprechen der embryonalen Stammzellforschung
sind eine Nullnummer", urteilt etwa der Präsident der Bundesärztekammer,
Frank Ulrich Montgomery. In der Europäischen Union würden embryonale
Stammzellen "nur noch in einer einzigen klinischen Studie verwendet",
zur Behandlung einer Netzhautkrankheit, sagt der CDU-Europaabgeordnete und
Bioethik-Experte Peter Liese. Zum Vergleich: Adulte Stammzellen und solche aus
Nabelschnurblut, für die kein Embryo zerstört werden muss, werden in der EU in
Studien zu insgesamt 73 Krankheiten eingesetzt.
Und das, sagt die Biologin Regine Kollek, Professorin für
Technologiefolgenabschätzung an der Universität Hamburg, liege nicht nur daran,
dass die Gewinnung adulter Stammzellen, weil ethisch unumstritten, häufiger
stattfinde. Es liegt vor allem an dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der
verschiedenen Stammzelltypen und den Risiken, die mit ihrem Einsatz verbunden
sind: Während embryonale Stammzellen pluripotent sind, sich also zu allen
möglichen Zelltypen entwickeln können, sind adulte Stammzellen nur noch
multipotent. Einige etwa können sich nur zu Nervenzellen entwickeln, andere
bloß zu Blutzellen oder solchen des Immunsystems.
Trotz dieser Beschränktheit sind die multipotenten Zellen für den
klinisch-therapeutischen Einsatz weitaus interessanter. Denn sie sind besser
kontrollier- und steuerbar: Injiziert man sie zu Heilungszwecken in den Körper,
dann gilt als gesichert, dass sie dort die ihnen zugewiesene Rolle erfüllen -
und nicht etwa plötzlich zu Tumoren entarten. Pluripotente Zellen hingegen tun
das oft - eben weil sie noch über enormes Teilungspotenzial verfügen und die
Fähigkeit haben, sich zu allem zu entwickeln, also auch zu Krebszellen.;
Und diese Patente, die zwar nicht unmittelbarer Bestandteil des Verfahrens
waren, aber von Greenpeace für die Zukunft befürchtet werden, könnten künftig
durchaus erfolgreich beantragt werden. Der Grund: Der BGH hat zwar embryonale
Stammzellen von der Patentierung ausgenommen, wenn hierfür ein Embryo zerstört
werden müsste. Er hat aber nicht die Patentierung pluripotenter menschlicher
Stammzellen generell verboten. Eine Entscheidung, die Kollek für nicht
unproblematisch hält: "Die Patentierung menschlichen Lebens erfolgt so
durch die Hintertür."
Längst sei es nämlich möglich, pluripotente Stammzellen nicht nur aus Embryonen
zu gewinnen. Sondern auch durch die - ethisch unbedenkliche -
Rückprogrammierung ganz normaler Körperzellen, etwa der Haut von Erwachsenen.
Diese sogenannten IPS-Zellen (induzierte pluripotente Stammzellen) hätten
dasselbe Potenzial wie embryonale Stammzellen - sie seien pluripotent und in
der Lage, unter Beigabe gewisser Hilfsmittel einen gesamten Organismus zu
bilden.
Den Beweis dafür lieferten chinesische Forscher 2009 im Tierversuch: Sie
betteten pluripotente Mäuse-Stammzellen in ein künstlich geschaffenes Bläschen
aus nicht entwicklungsfähigen Zellen ein. Daraus entstand eine Keimblase
(Blastozyste), aus der sich nach Übertragung in die Gebärmutter einer Maus
normale kleine Mäuse entwickelten und geboren wurden.
Dieses Potenzial, argumentiert Kollek, gelte vermutlich auch für entsprechende
Zellen des Menschen. Folglich seien auch menschliche pluripotente Zellen
aufgrund ihrer Fähigkeit, einen ganzen Organismus bilden zu können, von der
Patentierung, Stichwort Sittenwidrigkeit, auszuschließen.;
Was sind Stammzellen?
+ Stammzellen sind Vorläuferzellen von gewebespezifischen Zellen. Die
Wissenschaft unterscheidet nach ihrer Herkunft (embryonal, adult) sowie
nach ihren Differenzierungsmöglichkeiten in verschiedene Gewebe.
+ Als totipotent werden Zellen bezeichnet, die aus einem vier- bis
achtzelligen Embryo stammen und die Fähigkeit besitzen, sich nach Einbettung in
eine Eihülle zu einem vollständigen Organismus zu entwickeln.
+ Pluripotente Zellen können noch alle Zelltypen eines Organismus
bilden. Auch im Körper geborener Menschen gibt es Stammzellen, etwa im
Knochenmark, in der Leber, der Bauchspeicheldrüse oder im Hirn. Sie sind in der
Regel nur noch multipotent, können also etwa Nerven- oder Herzzellen
werden, aber nicht mehr Hautzellen oder umgekehrt.
+ Das Problem: Die Begrifflichkeiten toti-, pluri- und multipotent sind
überholt. Wann genau eine Zelle vom Stadium der Totipotenz in die Pluripotenz
wechselt, ist seriös kaum bestimmbar; der Wechsel erfolgt sukzessive. (hh)
(taz 28.11.2012 S.04)
· Von der
Hautzelle zur Nervenzelle
Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut in Münster und von der Universität Bonn
haben kundgetan, dass sie die Hautzelle einer Maus in „multipotente“ neurale
Zellen umgewandelt haben. Damit unterscheiden sich diese Experimente sowohl von
den sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (IPS) als auch von bisher
schon gelungenen direkten Umwandlungen von einem Körperzellentyp in einen
anderen: Bei den IPS werden sogenannte „Alleskönner-Zellen“ aus Hautzellen
hergestellt, die sich ähnlich wie embryonale Stammzellen - zumindest
theoretisch - in alle möglichen Zelltypen differenzieren können. Problem: Sie
bergen ein enormes Krebsrisiko. Bei anderen direkteren Umwandlungsversuchen
wurden zwar aus Hautzellen auch Nervenzellen hergestellt. Diese konnten sich
aber nicht mehr teilen und waren deswegen für das Ziel „regenerativer Medizin“
bedeutungslos. Nun habe man, so der Münsteraner Stammzellforscher Hans Schöler,
einen Zelltyp aus einer Hautzelle entwickelt, der sich eben „multipotent“ nur
in ein bestimmtes Spektrum von Zellen ausdifferenzieren könne und weniger
Krebsrisiko berge. Auch bei dieser Nachricht gilt: Therapien mit solchen Zellen
sind bisher noch nicht einmal bei Mäusen ausprobiert worden. (WDR 5, 23.03.12)
(sus)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/211/kurz-notiert-mensch-und-medizin
· Gealterte
adulte Stammzellen wieder zu verjüngen, galt bisher nach Überzeugung vieler
Experten als unmöglich. Doch genau das ist jetzt Forschern um Hartmut Geiger
vom Universitätsklinikum Ulm gelungen. Sie versetzten adulte Stammzellen des
blutbildenden Systems, aus denen zum Beispiel rote und weiße Blutkörperchen
entstehen, wieder in ihren Urzustand.
Wenn diese Zellen altern, erhöht sich in ihnen die Konzentration des
Eiweißstoffs „RhoGTPase Cdc42“. Das führt dazu, dass sich die Anordnung
bestimmter Stoffe in den Zellen verändert und sie deshalb ihre Funktionen nicht
mehr so gut erfüllen können wie zuvor.
Die Forscher senkten mit der pharmakologischen Substanz CASIN die erhöhten
Werte des Eiweißstoffs wieder ab. Dadurch stellte sich die Ordnung in den
Stammzellen wieder her, und sie funktionierten genauso gut wie ihre jungen
„Kollegen“.
Die Ulmer Wissenschaftler gehen davon aus, dass ihre Ergebnisse nicht nur für
die Stammzellen des blutbildenden Systems gelten, sondern dass sie sich auch
auf andere wichtige Körperfunktionen übertragen lassen. Langfristig könnten die
Erkenntnisse dabei helfen, altersbedingte Krankheiten wie Blutarmut oder das
Nachlassen der Immunabwehr zu bekämpfen.
(bild der wissenschaft 8-2012 S.9)
· Der
amerikanische Arzt Robert Lanza stellt Zellen her, die Blinde wieder sehen und
Gelähmte wieder laufen lassen sollen. Jetzt erprobt er sie erstmals am Menschen
- die Ära der Stammzelltherapie bricht an.;
Gleichzeitig jedoch schreibt der Arzt Medizingeschichte. Seit über einem Jahr
werden augenkranke Patienten in den USA und in England mit Zellen aus den
ACT-Labors behandelt - die einzige klinische Stammzellstudie weltweit.
Und bald soll eine Weltpremiere folgen. Lanzas Team hat Blutplättchen
gezüchtet, die noch in diesem Jahr im Krankenhaus getestet werden könnten. Die
Winzlinge gewannen der Forscher und sein Team nicht etwa aus embryonalen,
sondern aus sogenannten induziert pluripotenten Stammzellen (iPS), die aus
normalen Körperzellen erschaffen werden.;
Im Moment stellt die Zellfabrik Chargen der iPS-Blutplättchen her. In der
Unfallmedizin ist der Bedarf für die Gerinnungshelfer enorm. Drastisch
schildert Lanza, was passieren kann, wenn es an ihnen mangelt: Bei einem Unfall
verletzte sich seine Schwester schwer. Das Krankenhaus hatte nicht genug
Blutplättchen-Konzentrate. "Sie verblutete", erzählt er.
Der Forscher will, dass so etwas künftig nie mehr geschieht. Sein Team hat Wege
gefunden, einen "unbegrenzten Vorrat" der Zellen zu züchten.
Tiefgefroren, sagt er, könnten sie monatelang aufbewahrt werden. Derzeit
handelt er die letzten Details der geplanten Studie mit der US-Arzneibehörde
FDA aus. "Für iPS brauchen wir keine Embryonen", schwärmt Lanza.
"Haben wir Erfolg, ist die ganze ethische Debatte beendet.";
"Von Anfang an habe ich mich wohl selten an die Regeln gehalten",
sagt Lanza nicht ohne Stolz. In Harvard studierte er Medizin. In Südafrika
arbeitete er mit dem Herztransplanteur Christiaan Barnard zusammen und in den
USA mit Jonas Salk, dem Entwickler des Polioimpfstoffs. Dann - es war 1996 -
wurde in Großbritannien Klonschaf Dolly geboren. Und Lanza witterte seine
Chance.
"Mir war sofort klar, dass Klonen die Medizin revolutionieren
könnte", erinnert er sich. Mit Hilfe geklonter Stammzellen, so Lanzas
Überlegung, werde sich ein umfassendes Ersatzteillager für den menschlichen
Körper anlegen lassen.
Der Mediziner heuerte bei dem Biotech-Start-up ACT an. 2000 klonte er dort
einen Gaur, eine vom Aussterben bedrohte Rinderart. Später gelang es seinem
Team, gefrorene Hautzellen eines Banteng in ein lebendes Exemplar dieser
asiatischen Ochsenart zu verwandeln. Die Hautzellen stammten von einem Tier,
das ein Vierteljahrhundert zuvor im Zoo von San Diego gestorben war.
Für Lanza waren das nur Fingerübungen. Ihm ging es stets um den Menschen. Und
dafür war er genau am richtigen Ort: 2001 trat der damalige ACT-Geschäftsführer
Michael West vor die Presse und verkündete, man habe erstmals einen
menschlichen Embryo geklont. West sprach vom "Beginn einer neuen Ära der
Medizin". Dann brach die Hölle los.
Wenn sich Lanza an jene Zeit erinnert, wird er ernster. Die ACT-Embryonen waren
zwar nur zu einer Kugel aus sechs Zellen herangewachsen. Doch für
Abtreibungsgegner und Lebensschützer war der Forscher fortan der Antichrist
höchstselbst.;
In der Tat muss sich Lanza sputen, wenn er der Erste sein will, der iPS in die
Klinik bringt. Sein größter Rivale sitzt im japanischen Kobe. Am Riken-Center
for Developmental Biology tüftelt der Mediziner Shinya Yamanaka an neuartigen
Stammzelltherapien.
Und dem Japaner ist einiges zuzutrauen. Schließlich war er es, der im
vergangenen Dezember für seine Methode, iPS herzustellen, den Nobelpreis für
Medizin erhielt. Wie Lanza will auch Yamanaka nun die Erblindung durch
Makuladegeneration mit Hilfe von Stammzellen kurieren. Nur dass er, anders als
Lanza, iPS einsetzen will.;
"Bevor ACT mich anheuerte, stellten sie mir eine Aufgabe", erzählt
er. "Sie sagten, ich könne die Arbeit nur beginnen, wenn ich alle
US-Nobelpreisträger dazu bringen würde, sich für die Stammzellforschung
auszusprechen."
Lanza setzte die Faxmaschine in Gang. Seither liegt ein Bündel von Briefen in seiner
Schublade - mit den Unterschriften von 70 Nobelpreisträgern.
(Der Spiegel 14-2013 S.102ff. - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-91768530.html)
· Was sind
Stammzellen?
Stammzellen sind Vorläuferzellen von gewebespezifischen Zellen. Die
Wissenschaft unterscheidet nach ihrer Herkunft (embryonal, adult) sowie nach
ihren Differenzierungsmöglichkeiten in verschiedene Gewebe.
Als totipotent werden Zellen bezeichnet, die aus einem vier- bis achtzelligen
Embryo stammen und die Fähigkeit besitzen, sich nach Einbettung in eine Eihülle
zu einem vollständigen Organismus zu entwickeln.
Pluripotente Zellen können noch alle Zelltypen eines Organismus bilden.
Auch im Körper geborener Menschen gibt es Stammzellen, etwa im Knochenmark, in
der Leber, der Bauchspeicheldrüse oder im Hirn. Sie sind in der Regel nur noch multipotent,
können also etwa Nerven- oder Herzzellen werden, aber nicht mehr Hautzellen
oder umgekehrt.
Das Problem: Die Begrifflichkeiten toti-, pluri- und multipotent sind
wissenschaftlich überholt. Wann genau eine Zelle vom Stadium der Totipotenz in
die Pluripotenz wechselt, ist seriös kaum bestimmbar; der Wechsel erfolgt
sukzessive.
Menschliche embryonale Stammzellen werden seit 15 Jahren erforscht. Es gibt
aber bislang weltweit überhaupt nur eine einzige klinische Prüfung zur
Behandlung einer Augenkrankheit; über Ergebnisse ist nichts bekannt. Zum
Vergleich: Mit der Alternative, also den ethisch unumstrittenen adulten
Stammzellen, gibt es 6.000 klinische Prüfungen.
(taz 17.5.2013 S.3 - )
· Embryonenschutzgesetz
Deutschland aktuell:
http://www.buzer.de/gesetz/2831/index.htm
· wachsen die
Zellen einer winzigen menschlichen Leber.
Takanori Takebe und sein Team von der Universität in Yokohama haben das Organ
in der Petrischale geschaffen, aus sogenannten induzierten pluripotenten
Stammzellen (iPS), Körperzellen, die in Stammzellen zurückverwandelt worden
sind. Das ist bislang noch niemandem geglückt. Die Japaner sind dem Traum der
Stammzellforschung einen Schritt näher gekommen: dem Traum vom
maßgeschneiderten Ersatzteil aus der Retorte. "Das ist ein gigantischer
Sprung auf dem Gebiet", sagt der Stammzellforscher James Adjaye von der
Uni-Klinik Düsseldorf. "Und die Methode ist fast schon zu simpel, um wahr
zu sein."
Die Forscher aus Yokohama haben die natürliche Entwicklung der Leber in der
Petrischale nachgeahmt. Ein Zufallsfund, bekennt Takebe. Damit im Embryo eine
Leber heranwächst, bedarf es des Zusammenspiels dreier Zelltypen: junge
Leberzellen, Endothelzellen – sie kleiden Blutgefäße aus – und Vorläuferzellen
des Bindegewebes. Genau diese drei Zelltypen waren eines Tages in seinem Labor
übrig: "Sie wegzuschmeißen wäre die reinste Verschwendung gewesen."
Takebe hat sie einfach zusammengeschüttet. Er griff dabei zufällig zu einer
Petrischale ohne Nährmedium. Die Zellen konnten sich frei bewegen und
miteinander interagieren – das war der Trick. Ein paar Tage später hatten sie
sich zu einer dreidimensionalen Gewebsstruktur organisiert. "Ich war
sicher, dass das auch mit iPS-Zellen klappt", sagt Takebe. Also haben die
Japaner induzierte Stammzellen zu Leberzellen heranreifen lassen und sie mit
menschlichen Endothelzellen und Bindegewebs-Vorläufern vereint. Hunderte
Versuche hätten sie gebraucht, um den richtigen Zeitpunkt zu ermitteln, sagt
Takebe. Dann bildete das Gemisch eine sogenannte Organknospe, insgesamt vier
Millimeter groß.
(Die Zeit 4.7.2013 S.33 http://www.zeit.de/2013/28/stammzellen-leber-transplantationsmedizin
)
· in Japan
soll erster klinischer Versuch mit sogenannten induzierten pluripotenten
Stammzellen durchgeführt werden; altersbedingter Netzhautablösung
entgegenwirken; aus Körperzellen der freiwilligen Probanden Stammzellen
herstellen, daraus Netzhautgewebe züchten und dieses in die Augen der
Erkrankten verpflanzen
(Die Zeit 8.8.2013 S.33)
·
Der Star ist ein runder Fleischfladen: rot, weich,
wie Hackfleisch eben. Aber es war kein Hackfleisch, das der niederländische
Mediziner Mark Post am Montag einer Schar Journalisten in London vorstellte.
Vielmehr präsentierte er den ersten Hamburger aus Kunstfleisch - aus Fleisch,
das er in seinem Labor an der Universität Maastricht hergestellt hat.
"Frankenfleisch", wie es manche mit Verweis auf Mary Shelleys
berühmten Roman nennen.
Post hat das Fleisch aus Muskel-Stammzellen gewonnen, die einem Rind entnommen
wurden - "auf eine ungefährliche Art und Weise", wie der
Wissenschaftler erklärte. Stammzellen sind Körperzellen, die sich in
verschiedene Zelltypen entwickeln können. Um sie zu vermehren, setzte Post sie
in eine Nährlösung, die unter anderem Kalbsserum enthält. Später solle diese
künstlich hergestellt werden, also ohne tierische Komponenten, sagt Post.
20.000 Zellstreifen hat er innerhalb von drei Monaten erzeugt und dann zu dem
Fladen gepresst, der am Montag vor den Kameras zahlreicher Medien bei der
Präsentation in London lag.
Diese Technik ist in der Fachwelt nichts Neues. Allerdings hat bisher niemand
einen regelrechten Hamburger im Labor erzeugt und mithilfe einer PR-Agentur
international vermarktet, wie das nun Post getan hat.
Doch warum der ganze Aufwand? "Für die Umwelt und die Tiere",
antwortet der Erfinder. Tatsächlich sind Rinder sehr ineffizient bei der
Fleischproduktion. Sie brauchen 100 Gramm pflanzliche Proteine, um 15 Gramm
essbare tierische Proteine zu erzeugen. Nach ersten Ergebnissen reduziert Posts
Laborfleisch den Verbrauch von Land und Wasser um 90 Prozent - und den
Energieaufwand um 70.
"Zudem müssen wir keine Tiere töten", so Post in der Zeitung
Guardian. Er verspricht also, dass das Kunstfleisch weniger Treibhausgase
freisetzt als Fleisch aus der Tierhaltung. Immerhin 5 Prozent der Kohlendioxidemissionen
und 40 Prozent des noch klimaschädlicheren Methanausstoßes werden durch
Tierhaltung verursacht.
Allerdings gibt es noch viele Probleme bei der Produktion - zuallererst die
Kosten: 250.000 Euro hat die Herstellung des Proto-Kunstfleischburgers gekostet
- gezahlt hat übrigens Sergey Brin, einer der Gründer der Internetsuchmaschine
Google. Doch Post zeigt sich zuversichtlich, dass der Preis bei
Massenproduktion bald auf 53 Euro pro Kilogramm sinken könnte. "Das ist
ein vernünftiger Preis", so der Erfinder bei der Pressekonferenz. Das wäre
aber noch immer viel teurer als konventionelles Fleisch. Ein herkömmliches
Steak etwa kostet 30 Euro pro Kilogramm. …
Bei vielen Tierschützern rennt der Niederländer mit seinem Projekt offene Türen
ein. Die Tierrechtsorganisation Peta hat bereits 2008 ein Preisgeld von einer
Million Dollar ausgesetzt für den Erfinder von Kunstfleisch, das genauso
schmeckt wie echtes Fleisch und im großen Stil verkauft wird. Dass auch für das
Laborprodukt Tieren Zellen entnommen werden müssen, hält Edmund Haferbeck,
wissenschaftlicher Berater der Organisation, für einen nötigen Kompromiss.
"Das Verfahren würde viel Tierleid sparen. Wenn die Technik so weit ist,
müssen dafür keine Tiere sterben."
(taz 6.8.2013 S.3 http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sw&dig=2013%2F08%2F06%2Fa0079&cHash=0795ede5a33240a355370b4715537c98)
· hat der
Forscher Mark Post von der Universität Maastricht … immerhin eine Frikadelle im
Labor gezüchtet. Zwei Kühe mussten ein wenig Muskelgewebe aus der Schulter
opfern; daraus gewann man Stammzellen. Aus diesen Zellen hat Post Tausende
kleiner Häufchen aus Muskelfasern gezüchtet und diese zu Hackfleisch zerrieben.
Den daraus zubereiteten Burger verkosteten in London zwei Freiwillige. Kein
Zweifel, die "Weltpremiere" am Montag war eine professionelle PR-Aktion.
Und sofort hieß es neunmalklug: Nein, das wird niemals echtes Fleisch ersetzen!
Wie ekelhaft! Und viel zu teuer!
Ja, der Burger (finanziert von Google-Mitbegründer Sergey Brin) kostete eine
Viertelmillion Euro. Noch. Wie viel billiger die Herstellung werden kann, ist
völlig offen. Aber es gibt gute Argumente für diese Forschung: Heute wird fast
ein Drittel der nutzbaren Landfläche der Tierzucht gewidmet. Und mit dem
Wachstum der Menschheit wächst auch ihr Fleischhunger. Laborfleisch könnte
helfen, ihn zu stillen, gleichzeitig Energie bei der Produktion sparen (35 bis
60 Prozent) und Treibhausgase vermeiden (80 bis 95 Prozent). Und die Technik
verspricht Fleischgenuss ohne einen Gedanken an das Leiden in der
Massentierhaltung.
Die Argumente der Gegner indessen? Ekel. Das Gefühl, dass die Labor-Boulette
unnatürlich ist, eine "Freakadelle". Auch wenn Laborfleisch zunächst
unappetitlich klingt – Schlachthöfe und Legebatterien sind auch nicht
schöngeistig. Wenige Teile der Realität verdrängt der Mensch so erfolgreich wie
die Herstellung dessen, was er isst und trinkt.
(Die Zeit 8.8.2013 S.31 http://www.zeit.de/2013/33/burger-laborfleisch-freakadelle
)
· Stolz
kontrolliert der Physiologe Mark Post seine geheimnisvolle Schöpfung: In den
Kulturschalen aus Plastik schwappt rosafarbene Nährlösung, in der bleiche
Zellkulturen heranwachsen.;
"Jede Stammzelle teilt sich pro Tag einmal", sagt Post. "Nach
zwei Monaten ließen sich theoretisch aus einer einzelnen Zelle rund 10 000
Kilo Fleisch machen."
Seit Monaten schon läuft die Fleischproduktion in Posts Labor auf Hochtouren.
In mehreren Inkubatoren brüten die Stammzellen eines Rinds bei 37 Grad Celsius
in Nährlösungen vor sich hin, werden gewaschen, geprüft und mehrmals in
Schichten übereinandergelegt, bis sie so etwas wie ein hauchdünnes
In-vitro-Carpaccio ergeben.
Der Niederländer hat ein Händchen fürs Showgeschäft. Voraussichtlich nächste
Woche wird Post in London erstmals vor großem Publikum einen In-vitro-Burger
braten - einen Frankenburger, bestehend aus mehr als 50 Milliarden im Labor
gezüchteten Zellen.
Der Sternekoch Heston Blumenthal sei für die Premiere angefragt, wird
gemunkelt. Die Gesamtkosten für das Experiment liegen bei rund 300 000
Euro, gestiftet von einem anonymen Wohltäter.
Ökologen und Tierschützer kritisieren den Fleischkonsum schon lange als eine
der größten Umweltsünden. Die Herstellung von Fleisch verbraucht Unmengen an
Energie. "Ein Vegetarier, der einen Geländewagen fährt, lebt umweltbewusster
als ein Fleischesser mit Fahrrad", sagt Post. Mit der
Hamburger-Präsentation in London will er den Wechsel zum ökologisch
verträglichen Fleisch vorantreiben.
(Der Spiegel 31-2013 S.40)
· Zwei Mütter,
Vater, Kind;
Leitlinien des Gesundheitsministeriums, Großbritannien: Kinder könnten das
Licht der Welt erblicken, die zwei genetische Mütter haben;
Behandlung von angeborenen Defekten des mitochondrialen Erbguts (Blindheit,
Herzerkrankungen, Demenz);
theoretisch gibt es eine Lösung: kurz nach der Befruchtung wird das mütterliche
und väterliche Erbgut aus der defekten Eizelle entnommen und in die entkernte
Ei-Zell-Hülle einer gesunden Spenderin mit gesunder Mitochondrien-DNA
übertragen; der Embryo besitzt dann das Erbgut von einem Vater und zwei Müttern;
das Verfahren verletzt ein Tabu der Reproduktionsmedizin: Es greift in die
Keimbahn ein, die veränderte DNA wird weiter vererbt (bei natürlicher
Fortpflanzung)
(Die Zeit 4.7.2013 S.31)
· Stammzellen
selber machen;
Stammzellforschern scheint ein Durchbruch gelungen - wieder einmal. In der
aktuellen Ausgabe von "Nature" beschreiben Haruko Obokata und
Kollegen einen verblüffend einfachen Trick: Sie haben gewöhnliche weiße
Blutzellen (der Maus) in ein saures Bad getaucht - das wie ein Jungbrunnen wirkte.
So verwandelten sich Blutzellen in Stammzellen. Diese können zu allen
Gewebearten heranreifen und nähren die Hoffnung auf eine phantastische neue
Medizin: Ganz gleich, ob das Knie schmerzt, das Herz schwächelt oder das Gehirn
abbaut - werden marode Körperteile schon bald mit jeweils passenden Zellen
repariert?
Doch aus dem Labor wird diese Medizin so bald nicht kommen. Es ist ein
gewaltiger Unterschied, ob man ein spektakuläres Experiment macht oder eine
verträgliche Therapie entwickelt. Als es Biologen vor einigen Jahren gelang,
Körperzellen mit eingeschleusten Genen zu verjüngen, war die Aufregung ähnlich
groß wie heute. Inzwischen ist die Euphorie verflogen. Die sogenannten
induzierten pluripotenten Stammzellen sind womöglich gar nicht so wandelbar wie
erhofft.
Dass neue Erkenntnisse der
Stammzellbiologie regelmäßig als Durchbruch gefeiert werden, mag auch an der
Sehnsucht der Menschen nach Allheilmitteln liegen. Allerdings sollte sich
niemand falschen Hoffnungen hingeben - und darüber vergessen, was er selbst für
seine Gesundheit tun kann.
Das ist die eigentliche Botschaft der neuen Experimente. Im sauren Bad waren
die Blutzellen offenbar derart gestresst, dass sie sich verjüngten, um zu
überleben. Dazu schalteten sie bestimmte Gene ein. Die Umwelt wirkt also auf
die Gene
(Der Spiegel 6-2014 S.120)
· Die private
Nabelschnurblutbank Vita 34 AG lagert Blut aus der Nabelschnur von Neugeborenen
ein, damit es später im Krankheitsfall für Therapien verwendet werden kann.
Gestern stand die Einlagerung der 100.000. Präparates a. Vita 34 machte 2013
einen Umsatz von 13,6 Millionen Euro
(Freie Presse Chemnitz 28.3.14 S.7)
· Stammzellen
- Die Maus des Anstoßes
Die Züchtung von Eizellen im Labor wirft viele neue Fragen auf.
Es war so ziemlich das letzte Geheimrezept, das die Natur noch exklusiv hatte.
Nur sie vermochte bisher Eizellen zu erzeugen, die – wenn befruchtet – eine
neue Generation von Eizellen erschaffen. Doch die Exklusivität ist vorbei. Den
Kreislauf vom Ei zum Lebewesen, das wieder ein Ei hervorbringt, beherrscht seit
dieser Woche auch der Mensch. Japanische Wissenschaftler haben, vorerst nur bei
Mäusen, das Geheimnis der sexuellen Fortpflanzung geknackt, mit der das Erbgut
der Keimzellen, die sogenannte Keimbahn, durch die Generationen weitergereicht
wird.
Wie das Team um Katsuhiko Hayashi von der Kyushu University in Fukuoka in
Nature berichtet, ist es gelungen, Zellen vom Mäuseschwanz erst in
wandlungsfähige Stammzellen zu verwandeln und aus diesen dann Keimbahn- und
schließlich Eizellen entstehen zu lassen. All das in vitro, also in
Labor-Plastikschalen und Brutschränken, selbst die Befruchtung. Nachdem die
Zellen in den Leib von Leihmüttern übertragen wurden, kamen gesunde
Mäusesprösslinge zur Welt, wiederum mit reproduktiv intakten Keimzellen, wie zu
besichtigen war: Sie haben die In-vitro-Keimbahn an ihren Nachwuchs
weitergegeben. …
Müsste man das verbieten? Auch dann, wenn es sicher wäre? Und wie geht man
damit um, dass die Eizellzüchtung im Labor die perfekte Technik für die oft
beschworenen Designer-Babys wäre? Die Vorgängerzellen in der Prozedur sind
schließlich jeder denkbaren genetischen Manipulation zugänglich – vor allem
mithilfe der sogenannten Genomchirurgie. Für etwaige Versuche der genetischen
Menschenoptimierung gäbe es außer den moralischen Hürden keine weiteren mehr
(auch wenn die Frage bislang unbeantwortet geblieben ist, welche Eigenschaften
vom Menschen eigentlich sinnvollerweise aufpoliert werden sollten).
All dies muss so nicht kommen. Aber: Die beschriebenen Szenarien wären in
Deutschland erlaubt. Auch hierzulande dürften Reproduktionsmediziner neue
Eizellen züchten, auch genetisch veränderte – solange diese aus den eigenen
Körperzellen der Patientinnen hervorgingen. Klar ist: Wenn die Technik aus den
japanischen Labors für die Anwendung an Menschen reif wird, können wir das
deutsche Embryonenschutzgesetz sofort streichen. Es schützt dann nichts und
niemanden mehr. Dann wird es Zeit für ein neues Fortpflanzungsmedizingesetz.
(Die Zeit 20.10.2016 S.35 http://www.zeit.de/2016/44/stammzellen-forschung-eizellen-zuechten-maus
)
·
„Leben ist nicht ohne Risiko“
Bioethik –- Die Medizinerin Elke Holinski-Feder plädiert für Forschung an
Embryonen und sagt, wie weit man gehen darf, um den Elternwunsch nach einem
gesunden Kind zu erfüllen. …
Holinski-Feder, 55, ist Ärztin und Chemikerin. Sie leitet das Medizinisch
Genetische Zentrum (MGZ) in München. In ihrer Praxis werden jedes Jahr 2000
Patienten genetisch untersucht. Seit 2015 führt das MGZ auch die
Präimplantationsdiagnostik (PID) durch: Paare mit Kinder Wunsch, die erblich
vorbelastet sind, können Zellen des Embryos testen lassen, bevor er der Frau
eingesetzt wird.
SPIEGEL: Die Nationale Akademie der Wissenschaften fordert, auch in der
Bundesrepublik Embryonen für medizinische Forschungszwecke verwenden zu dürfen
– wie das in Frankreich oder Großbritannien längst geschieht. In Deutschland
ist das bislang gesetzlich verboten. Was halten Sie von dem Vorstoß?
Holinski-Feder: Ich finde ihn vernünftig. Es muss eine Chance geben, aus diesen
Zellen wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen; der Mensch ist nun einmal
einzigartig in seiner Entwicklung. Und die ethischen Auflagen, welche die
Akademie der Wissenschaften vorschlägt, sind sinnvoll: Forschung nur an
Embryonen, die andernfalls keine Lebenschance hätten – und Zwar ohne
Veränderung der Keimbahn.
SPIEGEL: Kritiker sehen darin einen Angriff auf den bisher strengen
Embryonenschutz.
Holinski-Feder: Das ist es nicht. Nicht jede wissenschaftliche Neuerung
bedeutet gleich Unheil für die Menschheit. Schon als die ersten Röntgenbilder
entstanden, hatten einige Angst, dass jetzt die Seele des Menschen sichtbar
gemacht werden könnte. So schlimm ist es bekanntlich nicht gekommen. Und auch
bei Forschung an Embryonen traue ich uns als Gesellschaft einen
verantwortungsvollen Umgang zu.
SPIEGEL: Der Akademie geht es auch darum, Erfahrungen mit der sogenannten
Crispr-Technik zu sammeln, die einfach und präzise Genveränderungen ermöglicht.
Ziel vieler Versuche ist es, Defekte im Erbgut zu reparieren. Was kann das für
Patienten in Ihrer Praxis bedeuten?
Holinski-Feder: Derzeit ist Crispr noch weit weg von der klinischen Anwendung.
Um ein Gen im Menschen verändern Zu können, muss das Reparatursystem in
menschliche Zellen im Körper gelangen. Das ist im Moment noch schwierig. Bei
Versuchen an Zellen, die man außerhalb des Körpers isoliert hat, gibt es aber
bereits erstaunliche Erfolge. Generell halte ich die Methode für
vielversprechend.
SPIEGEL: Wo wäre sie am ehesten anzuwenden?
Holinski-Feder: Beim Menschen sicher dort, wo schon eine kleine Verbesserung
der Genfunktion eine dramatische Erleichterung bringt. Zum Beispiel bei der
Bluterkrankheit: Wenn man durch eine Gentherapie eine um drei oder vier Prozent
höhere Aktivität der Gerinnungsfaktoren erreichen könnte, wäre schon viel
geholfen. Dafür muss man nicht alle Blutzellen reparieren, es reicht eine
kleine Population an Stammzellen. Man könnte sie dem Körper entnehmen, in
Kultur behandeln und wieder zurückgeben.
SPIEGEL: Auch im Kampf gegen das HI-Virus gibt es bereits Versuche.
Holinski-Feder: Das Virus dockt an einen Rezeptor namens CCR5 an. Es gibt
Menschen, bei denen ist dieser Rezeptor von Natur aus ausgeschaltet; sie leben
trotzdem und sind gesund. Die Idee besteht nun darin, bei infizierten Patienten
den Rezeptor in den Zellen zu zerstören, sodass sie unempfänglich werden für
HI-Viren. Doch wir müssen wirklich sicher sein, dass nur die richtigen Stellen
im Erbgut verändert werden. Wenn unbeabsichtigt die falschen Stellen im Genom
verändert werden, kann das zu neuen Problemen | führen – im schlimmsten Fall
zur Entstehung von Tumorerkrankungen.
SPIEGEL: Viele Genforscher träumen sogar
| schon von Eingriffen in die Keimbahn. | Wollen Sie in nicht allzu ferner
Zukunft Menschen nach Maß Schaffen?
Holinski-Feder: Manche Wissenschaftler begehen immer wieder den gleichen
Fehler: Sie erwecken den Eindruck, Gott spielen zu wollen, um genetische
Erkrankungen ganz auszurotten. Besser wäre es, bescheidener aufzutreten: Würde
man sagen, diese Methode kann einzelnen Menschen mit Krebs oder schweren
Stoffwechselerkrankungen helfen, hätte man eine viel höhere gesellschaftliche
Akzeptanz. Und für mich steht ohnehin außer Frage: Wir werden es niemals schaffen,
genetische Krankheiten ganz aus der
Welt zu schaffen.
SPIEGEL: Weshalb nicht? Holinski-Feder: Weil die allermeisten dieser
Krankheiten erst während der Embryonalentwicklung auftreten. Sie sind nicht
vorhersehbar und lassen sich daher auch nicht verhindern. Leider sind
genetische Erkrankungen was Normales. Unser Genom verändert sich permanent, so
funktioniert Evolution. Bisweilen ist das zu unserem Vorteil, aber eben nicht
immer. Bei 30 Prozent aller Fälle von „Duchenne“, einer degenerativen Muskelerkrankung,
sind die Eltern zum Beispiel gar nicht Träger des Gendefekts.
SPIEGEL: Niemand kann also vorhersehen, was den Kindern droht?
Holinski-Feder: Nein, es passiert einfach. Insgesamt gehen 14 bis 15 Prozent
aller schweren Behinderungen auf solche neu auftretenden genetischen
Erkrankungen zurück. Und über 80 Prozent der schweren Behinderungen bei Kindern
sind Folge von Unfällen. Nur ein niedriger einstelliger Prozentbereich aller
Behinderungen ist auf Vererbung durch die Eltern zurückzuführen. Nur in ganz
wenigen Fällen wissen wir, dass die Eltern Träger einer monogenetischen
Erkrankung sind. Denen können wir eine Pränataldiagnostik anbieten, allen
anderen nicht. …
SPIEGEL: Ihre Praxis ist seit Sommer 2015 für die PID zugelassen. Wie viele
dieser Untersuchungen haben Sie seither gemacht?
Holinski-Feder: Um die 100. Etwa 30 Prozent der Anträge wurden allerdings
abgelehnt.
SPIEGEL: Was waren die Gründe?
Holinski-Feder: Die Paare, die sich eine PID wünschen, müssen einen Antrag bei
der für sie zuständigen Ethikkommission stellen. Im Gesetz steht, dass sich die
Zustimmung der Ethikkommission auf sehr schwere Erkrankungen beschränken soll,
die Schon im frühen Kindesalter ausbrechen. Es ist aber nicht so leicht zu
definieren, was schwer ist und wie früh oder spät es auftreten soll. Bei der
Grenzziehung kommt es in Deutschland zu unterschiedlichen Auffassungen.
SPIEGEL: Was heißt das konkret?
Holinski-Feder: Wir erleben leider, dass zum Beispiel Paare, die eine
Veranlagung für die zystische Fibrose haben, mit ihrem PID-Wunsch in Bayern
abgelehnt werden. Bei Ethikkommissionen im Norden des Landes dagegen gibt es
kein Problem. Die zystische Fibrose ist eine Stoffwechselkrankheit, die
Atemwege sind davon schwer betroffen, auch schon im Kindesalter. Die Kinder brauchen
viel medizinische Betreuung, sind wegen Lungenentzündungen immer stark
gefährdet, können Kitas oder Kindergärten kaum besuchen. Man kann die Symptome
lindern, die Krankheit aber nicht heilen. …
(Spiegel 15-2017 S.108)
·
Gendefekt korrigiert - Geteiltes Echo auf die Experimente bei
Embryonen
PORTLAND – Forscher haben bei menschlichen Embryonen einen Gendefekt behoben. Sie korrigierten mit Hilfe der
Genschere Crispr-Cas9 eine Mutation, die zu Herzmuskelverdickung (Hypertrophe
Kardiomyopathie) führt. Andere Erbgutteile wurden dadurch nicht geschädigt, wie
die Forscher im Magazin „Nature“ betonen. Mit dem Verfahren könne man tausende
Erbkrankheiten verhindern, schreibt das Team um Shoukhrat Mitalipov von der
Oregon Health and Science University in Portland. Bei Mitgliedern des Deutschen
Ethikrats stieß die Arbeit auf ein geteiltes Echo. Der Vorsitzende Peter
Dabrock spricht von „unseriösen Heilsversprechungen“. Die Medizinethikerin
Claudia Wiesemann von der Universitätsmedizin Göttingen, sagte, die Studie zeige,
dass die Technik unter Umständen praktikabel sei. In Deutschland sind derartige
Versuche verboten. Die Forscher injizierten Spermien eines Mannes mit der
Erbgut-Mutation in eine Ei Zelle zusammen mit der Genschere CRISPR-CAS9, die
den Erbgut-Strang an der mutierten Stelle aufschneiden sollte: 72 Prozent der
58 Embryonen trugen die krankhafte Mutation später nicht mehr.
(Freie Presse Chemnitz5.8.17 S.10)
·
Forscher verändern Erbgut von Embryonen
Das aktive Verändern von Genen ist vielerorts verboten. Designerbabys könnten
entstehen, fürchten Kritiker. Britische Forscher haben dennoch solche Versuche
unternommen.
LONDON – Erstmals in Großbritannien haben Forscher das Erbgut menschlicher
Embryonen gezielt verändert. Das Team des Londoner Francis-Crick-Instituts will
mit seinen Forschungen die Erfolgsraten künstlicher Befruchtungen erhöhen.
Dafür änderten die Experten kurz nach der Befruchtung das Erbgut von 41
Embryonen, wie sie in der britischen Wissenschaftszeitschrift „Nature“
berichten. Das aktive Verändern der menschlichen DNA ist international äußerst
um stritten. In Schweden gebe es ähnliche Versuche an Embryonen, die aber noch
nicht publiziert worden seien, sagte der Pressesprecher des renommierten
Instituts. Mit Hilfe der sogenannten Gen-Schere Crispr/Cas9 schalteten die
Wissenschaftler ein Gen ab, das eine Schlüsselrolle bei der frühen
Embryonalentwicklung spielt. Die Studie habe gezeigt, dass OCT4 für die
korrekte Entstehung einer Blastozyste nötig sei, aus der sich wiederum das Kind
entwickelt. Mit der Gen-Schere können Forscher präziser als bisher Teile der
DNA ausschneiden Oder einsetzen. Die Embryonen durften sich bei den
Experimenten in Großbritannien nur sieben Tage entwickeln und keiner Frau
eingepflanzt werden. Die Forscher wollen nach eigenen Angaben verstehen, „wie
menschliche Embryonen welche Gene brauchen, um sich erfolgreich zu entwickeln“.
Dies könnte langfristig dazu beitragen, Fehlgeburten zu verhindern. …
Chinesische Forscher hatten bereits berichtet, dass sie mit Crispr/Cas9 nicht
lebensfähige Embryos genetisch manipuliert hätten. Dabei ging es um das Gen,
das die Blutstörung Beta-Thalassämie verursacht.. …
(Freie Presse Chemnitz 25.9.17 S.A6)
·
·
Q:
Spiegel 12/96 S.104ff.
- Lachse, die Gene vom Dorsch erhielten: nach 1 Jahr bis zu 50 x größer als
gleichaltrige normale Lachse; nach 2 Jahren schlachtreif
- Freisetzung von erbgutveränderten Raubmilben in USA (sollen schädliche
Spinnmilben auf Gemüse- und Obstplantagen fressen)
·
GEO-WissenS.153f.:
- Schaf TRACY, Prototyp für: neue Art Nutztier:
aus seinem Euter rinnen große Mengen des Stoffes AAT
Alpha-1-Antitrypsin, Schutzenzym fehlt in Europa und USA etwa 100000 Menschen,
deren Lunge baut sich aufgrund eines Erbfehlers praktisch selbst ab, AAT bisher
aus menschl. Blutplasma gewonnen (reicht für 1/3 der Kranken)
Roslin-Institut Schottland: 549 befruchtete Eizellen, jeweils zwischen 300 und
1000 Kopien des AAT-Gens eingespritzt, an Genschalter gekoppelt, die Produktion
von Milcheiweißen steuern, >400 Keime
starben oder nisteten sich nicht ein, von 112 geborenen Lämmern enthielten die
Zellen von 5 die gewünschte Erbinformation, drei Schafe produzierten das
begehrte Eiweiß in ihrem Euter, allein TRACY Rekordproduktion von 35 Gramm/Liter
·
Wachstumsfaktor
oder Antikörper-Herstellung in gentechnisch veränderten Hühnereiern; auch Hähne
mit dem Gen für menschliches Interferon
taz 17.11.99)
·
bei
PPL Therapeutics in Schottland erstmals Schafe geklont, in deren Zellen gezielt
ein neues Gen eingebaut wurde (Einschleusung vor dem Klonen in
Bindegewebszellen); vorher bei höheren Säugetieren Einschleusen fremden
Erbgutes nur nach dem Zufallsprinzip möglich
GID 141 8-9/2000 S.33
·
erstmals
Affe genetisch verändert, 224 Eizellen von Rhesus-Affen, Leuchtgen einer Qualle
eingeschleust, bei gelungenen Exemplaren (Gen leuchtet) Befruchtung mit
Spermien durchgeführt, 40 Embryonen, 20 Leihmütter, drei Affen geboren, 1 trägt
Gen im Erbgut (nicht kontrollierbar, wo der Einbau erfolgt)
(Der Spiegel 3/2001 S.167)
·
Gene-Pharming
auch mit Hühnern (Eier) in der Erprobung
(GEO 3/2001 S.179)
·
britische
Forscher haben erstmals fünf gentechnisch veränderte Schweine geklont,
wichtiger Schritt auf dem Weg zur Verpflanzung von Tierorganen in Menschen
(dpa April 01)
·
Europäisches
Patentamt erstmals Patent auf genmanipulierte Fische erteilt;
Gen für Wachstumshormon in Wildlachse; wachsen im Durchschnitt 4 x schneller
als Kontrollfische; einige waren nach 8 Monaten 8 x so schwer wie unbehandelte
Artgenossen
(taz 10.9.01)
·
US-Forscher
haben erfolgreich in der Milch von gentechnisch veränderten Mäusen einen
Malaria-Impfstoff produziert; eine Massenproduktion soll mit Hilfe von Ziegen
oder Kühen angestrebt werden
(taz 18.12.01)
·
Transfer
von Genen leichtgemacht: Ein neues Werkzeug der Biotechnik: Lentiviren
als"Gen-Taxis" Die Herstellung transgener Tiere, die sowohl für die
Grundlagenforschung als auch für industrielle Zwecke von großem Interesse sind,
dürfte in Zukunft entscheidend leichter werden. Forscher um David Baltimore vom
California Institute of Technology in Pasadena haben ein Lentivirus so
umgebaut, daß es mit hoher Effizienz transgene Tiere mit einem zusätzlichen Gen
liefert. Das Verfahren ist technisch nicht besonders aufwendig und eignet sich
offenbar für den Gentransfer in praktisch alle Säugetierarten. Bei den
Lentiviren handelt es sich um Retroviren, deren Erbmaterial wie beim
Aids-Erreger aus RNA besteht. Gegenüber den bislang als Gentransporter viel
benutzten krebsauslösenden Retroviren haben die Lentiviren mehrere Vorteile.
Sie können nicht nur sich teilende Zellen infizieren, sondern auch ruhende.
Außerdem verstummen die Lentiviren nach ihrem Einbau in das Wirtszellgenom
nicht und erlauben damit, daß das gewünschte Proteinprodukt dauerhaft gebildet
wird.. Das von den amerikanischen Forschern für den Gentransfer verwendete Lentivirus ist ein Kunstprodukt,
das außer einigen Abschnitten des HI-Virus vor allem verschiedene
Verstärkerelemente enthält, die die Aktivierung des fremden Gens in bestimmten
Geweben sicherstellen. Das Virus enthält auch ein Gen für das Hüllprotein eines
ganz anderen Virus (Vesicular Stomatitis Virus), das praktisch alle Gewebe von
Wirbeltieren zu infizieren vermag.
Um einen jungen Embryo mit dem zusätzlichen Gen zu versorgen, spritzten die
Forscher die veränderten Lentiviren entweder unter die Schutzhaut des Embryos,
die Zona pellucida, oder sie entfernten diese Schicht und badeten den Embryo in
der Viruslösung. Achtzig Prozent der Mäuse enthielten nach der Geburt
mindestens eine Kopie des verpflanzten Gens. Bei neunzig Prozent dieser
transgenen Tiere war das fremde Gen sehr aktiv.;
effizienter als die bislang übliche Mikroinjektion von Erbmaterial in einen der
beiden noch nicht verschmolzenen Kerne kurz nach der Befruchtung. Hier liegen
die Ausbeuten an transgenen Tieren bei nur zwei Prozent
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, Samstag, 12. Januar 2002, Nr.10 Seite 38)
·
US-Wissenschaftler
haben genetisch veränderte Mäuse gezüchtet, die in ihrer Milch einen Impfstoff
gegen Malaria ausscheiden. Der Impfstoff habe Affen vor der Krankheit geschützt
"Da Ziegen bis zu 700 Liter Milch pro Jahr geben, könnte bei gleicher
Ertragsmenge wie in der Maus eine einzige Ziege genug Impfstoff für 8,4
Millionen Menschen produzieren"
(Berliner Zeitung Mittwoch, 19. Dezember 2001)
·
Schweinesperma
genetisch verändert zur Züchtung von Tieren, deren Organe vom Menschen nicht so
leicht abgestoßen werden sollen; in Nährlösung Spermien in Kontakt gebracht mit
menschlichem hDAF-Gen, das beim Menschen die Immunreaktion blockieren kann; von
insgesamt 93 auf diese Weise gezeugten Ferkeln hatten 57 Prozent das hDAF-Gen
in ihrem Erbgut;
bisher hatte man die neuen Gene in Eizellen gespritzt;
(Die Zeit 31.10.02 S. 31; taz 25.10.02)
·
im
Experiment mit Mäusen gelang die genetische Veränderung des Eiweißes, das für
BSE und möglicherweise auch für die Cretzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen
verantwortlich ist; den genetisch veränderten Mäusen wurde das für BSE
verantwortliche Protein injiziert, die Tiere zeigten in der Folge keine
Krankheitssymptome
(taz 27.9.02)
·
Nutzung
transgener Säugetiere in absehbarer Zeit nicht zu erwarten; transgene Fische
(Wachstumshormon) sollen in den nächsten Jahren in den USA auf den Markt
kommen; Schadinsekten sollen möglicherweise auch über direkt an ihrem Erbgut
vorgenommene gentechnische Veränderungen bekämpft werden
(Ökologie und Landbau, 4/02 S.32ff)
·
gentechnisch
veränderte Schafe, die in ihrer Milch das Medikament Alpha-1-Antitrypsin
ausscheiden (zur Behandlung einer Reihe von erblich bedingten Lungenkrankheiten
beim Menschen); Probleme bei klinischen Versuchen, Markt-Einführung
wahrscheinlich erst 2007
(GID 152/2002 S.29)
·
US-Firma
hat Kälber geklont, die in ihrem Blut menschliche Antikörper zur Behandlung von
Immunschwäche-Krankheiten und schweren Infektionen erzeugen; Kühe werden als
„transchromosomisch“ bezeichnet: sie tragen ein synthetisches Extra-Chromosom
mit den Genen für die menschlichen Anti-Körper
(GID 154/2002 S. 28)
·
Gentechnisch
veränderte Ziegen aus Kanada liefern mit ihrer Milch ein Material, aus dem auch
Spinnenfäden aufgebaut sind. Forscher der Firma Nexia in der Provinz Québec
haben dazu ein Gen der Kreuzspinne in nigerianische Zwergziegen geschleust, wie
das Hamburger Magazin "GEO" in seiner Dezemberausgabe (S. 206)
berichtet. Das Protein für die Fäden sonderten die Tiere nun mit ihrer Milch
ab. Wenn die Milch der Ziegen von Fett, Milchproteinen und Wasser befreit
werde, bleibe ein klebriger Seidenbrei übrig. Dieser wird dem Bericht zufolge
durch winzige Düsen gepresst, so dass er sich zu einem Faden anordnet. Dieser
Stoff ist superelastisch, federleicht und - in Relation zum Gewicht - stärker
als Stahl. Nach Auskunft von Nexia-Gründer Jeff Turner sollen erste
medizinische Produkte aus diesem "Biostahl" innerhalb eine Jahres auf
dem Markt sein, darunter unter anderem hauchdünne Nähfäden für
Augenverletzungen. Die Nexia-Forscher aus Vaudreuil-Dorion hatten im Januar
bereits im US-Wissenschaftsjournal "Science" (Bd. 295, S. 472)
berichtet, dass sie ein Spinnenseiden-Gen in Zellen von Babyhamstern und Kuheutern
eingeschleust und aus den Zellkulturen das Seiden-Protein gewonnen hatten.
Gemeinsam mit Forschern der US-Armee hatten sie diese Proteine auch bereits zu
Seidenfasern gesponnen, deren Eigenschaften den damaligen Angaben zufolge aber
noch nicht ideal waren.
(AOL-newsbote, 18 Nov 2002)
·
Seidenraupen
können in ihren Spinnfäden menschliches Kollage herstellen
(Spiegel 51/02 S.154)
·
ein
Gen der Kreuzspinne in Zellen der nigerianischen Zwergziege eingeschleust;
Tiere sondern mit der Milch das Protein für Spinnenfäden ab; klebriger Brei
wird durch Düsen gepresst und ordnet sich zu Fäden;
bereits Januar 2002 hatte „Science“ berichtet, dass ein Spinnenseiden-Gen in
Zellen von Babyhamstern und Kuheutern eingeschleust und aus den Zell-Kulturen
Seiden-Protein gewonnen worden war
(GID 155/2002-2003 S.22)
·
neuseeländische
Forscher haben Rinderzellen erst im Labor gentechnisch verändert, sodass sie
mehr Kasein in der Milch produzieren, 11 Embryonen wurden geklont, neun Tiere
mit der neuen Eigenschaft wurden geboren
(taz 28.1.03)
·
neue
Genkonstrukte durch Mikroinjektion, Effizienz beim Schwein und Schaf 0,3 bis
4%, Maus 10-15%;
(GID 157 April/Mai 2003, S.3f)
·
die
durch das Klonschaf Dolly bekannt gewordene schottische Biotechnologie-Firma
PPL Therapeutics hat ihre Pläne zur Entwicklung eines Medikaments zur Heilung
einer Lungenkrankheit aus der Milch genetisch modifizierter Schafe gestoppt
(Alpha-1-Antitrypsin)
(taz 20.6.03)
·
Bereits 1985 wurde erstmals von der Geburt
transgener Nutztiere berichtet. Die ersten Versuchstiere waren damals Schafe,
Schweine und Kaninchen (Hammer et al. 1985). Inzwischen wurden gentechnische
Veraenderungen auch an Rindern, Ziegen, Huehnern und insgesamt 35 verschiedenen
Fischarten durchgefuehrt (Meier et al. 2003).
Prinzipiell gleichen die Ziele, die mit der Herstellung transgener Nutztiere im
Bereich der Landwirtschaft verfolgt werden, denen der traditionellen Zuechtung.
Sie zielen zumeist auf eine Steigerung der Produktivitaet, eine Veraenderung
bestimmter Eigenschaften landwirtschaftlicher Produkte, eine Verminderung der
Anfaelligkeit gegenueber Krankheiten, eine Verbesserung der Aufnahme von
Naehrstoffen oder eine Anpassung an bestimmte Umweltbedingungen. In einzelnen
Faellen werden auch Versuche unternommen, Nutztiere zum Aufspueren von Umweltschadstoffen
oder zur Bekaempfung invasiver Arten zu
entwickeln.
Dabei ist die bislang gebraeuchlichste Methode des Gentransfers die
Mikroinjektionsmethode (Brem & Mueller 1994, Amoah & Gelaye 1997). Die
im Labor hergestellten, zu uebertragenden DNS-Abschnitte werden hierbei mit
einer feinen Mikronadel in eine befruchtete Eizelle injiziert. Der genaue Ort,
an dem der injizierte DNS-Abschnitt in das Genom der befruchteten Eizelle
eingebaut wird, ist dabei allerdings nicht vorhersehbar (Gibson & Colman
1997). Die transformierten, befruchteten Eizellen werden weiter in Zellkultur
gehalten und zu einem spaeteren Zeitpunkt als Embryonen in Leihmuttertiere eingesetzt. Die
Erfolgsrate der Methode ist allgemein extrem gering. Zwischen 85 und 99 Prozent
der Embryonen verenden zumeist bereits im Mutterleib der Tiere. Lediglich 0,5
bis 4 Prozent der in Leihmuetter transferierten Embryonen werden lebend geboren
und sind zudem tatsaechlich transgen (Ammann & Vogel 2000, Meier et al.
2003).
(Gentechnik-Nachrichten Spezial 7/2003, ausführliche Zusammenfassung des
derzeitigen Kenntnisstandes)
·
Taiwan:
Zierfische, die im Dunkeln im UV-Licht grün leuchten; Gen einer Qualle
übertragen
(Der Spiegel 25/2003 S.160)
·
BAYER
zieht sich aus dem Projekt zurück, in dem Schafe gentechnisch verändert worden
waren, um in dern Milchdrüsen das Medikament Alpha-1-Antitrypsin zu erzeugen
(zur Behandlung von bestimmten Lungenkrankheiten und Mukoviszidose; erfolgreich
veränderte Schafe sollten nach dem Dolly-Verfahren geklont werden);
Das Medikament wird bisher von BAYER unter dem Namen Prolastin mittels eines
aufwendigen Verfahrens (Extrahieren aus menschlichem Blut) produziert;
etwa 3000 transgene Schafe stehen in Schottland und Neuseeland
(GID 159 7/8-2003 S.22; The Independent 16.7.2003)
·
PPL
Therapeutics Schottland (Firma, in der Dolly geklont wurde), hat einige hundert
gentechnisch veränderte Schafe getötet; transgene Tiere sollten in ihrer Milch
menschliche Eiweiße produzieren, z.B. Fibrin (Wundverschluss) oder
Alpha–1-Antitrypsin, ein Protein, das tausenden Lungenkranken wegen eines
Erbdefektes fehlt, das Medikament hatte klinische Tests bereits bestanden, doch
die teure dritte Prüfung wollte niemand bezahlen, im Juni stieg BAYER aus
(taz 15.8.03; Die Zeit 25.9.03 S. 35)
·
ein
einziges Gen entscheidet bei Haus-Schweinen darüber, ob es drei bis vier
Prozent mehr Muskelfleisch ansetzt; auf Grund des Austauschs eines Bausteins
wird das Gen IGF2, das in einen Wachstumsfaktor umgeschrieben wird, dreimal
stärker aktiviert, und zwar ausschließlich im Muskelgewebe
(Spiegel 45/2003 S.205)
·
Leben
von Fadenwürmern durch wenige genetische (Gene für Wachstumsfaktor verändert)
und operative Eingriffe (Entfernen der Geschlechtsorgane) auf das 6-fache
verlängert
(Berliner Zeitung 24.10.03)
·
Organe
von gentechnisch veränderten Schweinen erfolgreich auf Paviane übertragen;
Lebensdauer ohne gent. Veränderung 30 Tage, mit gent. Veränderung bis zu 81
Tage;
(Nature 8.12.03)
·
Forscher
aus Japan und USA haben mit Hilfe von Gentechnik einen Rinderembryo erzeugt,
der immun sein soll gegen die Rinderseuche BSE (soll Anfang 2005 geboren
werden); nicht zur Fleischproduktion vorgesehen (zu teuer), sondern zur
Herstellung von BSE-freien Medikamenten
(taz 4.6.04)
·
Projekt
mit gentechnisch veränderten Ziegen (Produktion von Spinnseide in der Milch) in
Kanada eingestellt
(GID 161/2004 S.19)
·
Uni
Wien: gentechnisch veränderte geklonte Kühe; Blutzellen der Kälber produzieren
Antikörper gegen Hautkrebs kostengünstig;
(GID 164/2004 S.19)
·
in
einem von der DFG geförderten Vorhaben sollen in Deutschland wieder transgene
Schweine für die Transplantationsmedizin gezüchtet werden; Untersuchungen zum
Langzeitüberleben der Tiere und Virussicherheit
(GID 164/2004 S.45)
·
USA:
durch Euterentzündungen bei Kühen jährlich mehr als 2 Milliarden Dollar Schaden;
in das Erbgut von Kühen ein Gen eingesetzt, das Eiweiß produziert, das
antibiotisch wirkt; gentechnisch veränderte Kühe bei Infektion mit dem Erreger
der Entzündung keine Anzeichen einer Infektion
(taz 4.4.05)
·
Südkorea:
2004 Dutzende von Schweinen erzeugt, die mit menschlichen Immunsystemgenen
ausgestattet sind; die Wissenschaftler hoffen, zum Jahresende
Insulin-produzierende Bauchspeicheldrüsenzellen aus geklonten Schweinen in
Affen einpflanzen zu können
(taz 24.5.05)
·
Biotechnologen
um Thomas Scheibel von der Technischen Universität München haben eine Methode
entwickelt, um Spinnenseide im industriellen Maßstab zu fertigen. Der
Naturstoff ist sowohl elastisch als auch reißfest - Eigenschaften, die sich bei
Kunstfasern gegenseitig ausschließen. Bisher ließ sich das Material nur mit
vergleichsweise hohem Aufwand produzieren.
Scheibel und sein Team schleusten die für die Produktion von Spinnenseide
nötigen Gene der Gartenkreuzspinne in Bakterien ein, woraufhin die Einzeller Spinnenseide-Proteine
bildeten. Nach einer Entwicklungszeit von 48 Stunden wurden die Proteine mit
einer eigens dafür konstruierten Spinnapparatur zu Fäden verarbeitet. Die
Bakterien-Methode ist den Forschern zufolge schneller als die bisherigen
Verfahren, bei denen Spinnengene in Zellen von Ziegenmilchdrüsen oder
Tabakpflanzen transferiert werden. Zudem ist die Ausbeute größer: Aus tausend
Liter Bakterienkultur lässt sich so viel Seidenprotein gewinnen wie mit Hilfe
von 10 000 Ziegen.
(Berliner Zeitung, 10. Mai 2005)
·
Xenotransplantation
in zwei bis drei Jahren wird es Xenotransplantation geben, das erste Projekt
mit Erfolgsaussicht: der Einsatz von tierischen Inselzellen (Diabetes,
Insulinproduktion); Leichtmetallkapseln (oder ein Substrat aus Meeresalgen), die
wie eine Membran die Inselzellen vom Schwein umschlossen; Prinzip: kleine
Insulinmoleküle sollen aus der Hülle in den Körper strömen, die größeren
T-Zellen der Immunabwehr können die Hülle jedoch nicht durchdringen;
verwendet werden Zellen normaler Schweine, aber überwiegend Zellen transgener,
also genetisch veränderter und geklonter Tiere; dazu punktiert man Eizellen der
Tiere, tauscht im Zellkern an zwei Stellen die Erbsubstanz aus und macht sie so
der menschlichen ähnlicher, um Abstoßungsreaktionen nach Transplantationen zu
verhindern
(taz 15.7.05)
·
Genzentrum
Uni München: BSE-resistentes Rind gesucht; bei Embryonen per Gentechnik die
Herstellung des Prion-Gens ausgeschaltet; Embryonen in Rinder eingepflanzt
(noch trächtig)
(taz 27.10.05)
·
gentechnisch hergestelltes Rinderwachstumshormon
wird in USA bei einem Drittel aller Milchkühe eingesetzt, um die Milchleistung
zu steigern, in der EU und Kanada verboten
(GID 175 April/Mai 2006 S.55)
·
gentechnisch (über Mikroorganismen JK) hergestelltes
Rinderwachstumshormon (rBST) in den USA zur Behandlung von Milchkühen
zugelassen; bei 30% der Tiere eingesetzt; Landwirt: gesteigerte Milchleistung
um 20%;
immer mehr Landwirte, Molkereien und Einzelhändler verabschieden sich wegen
verändertem Kaufverhalten von rBST-behandelten Kühen
(GID 178 10/11-2006 S.56)
·
USA:
genmanipulierte, malariaresistente Mücken gezüchtet; Malariaerreger kann sich
in ihrem Körper nicht entwickeln; nun erstmals gelungen, dass sie einen
Überlebensvorteil gegenüber ihren nicht manipulierten Artgenossen haben; bisher
nur mit einer Anophelesart durchgeführt, zudem mit einem Malariaerreger, der
nur Mäuse befällt; noch Jahre davon entfernt, einen Feldversuch durchzuführen
(taz 21.3.07)
·
USA;
BSE-resistente Rinder?; in frühem Entwicklungsstadium einer Genmanipulation
unterzogen, bei der das Gen für das Prionen-Protein gezielt zerstört worden ist
(GID 180 2-3/2007 S.19)
·
Schottland,
Roslin-Insitut:
Hühner gezüchtet, deren Eier
pharmazeutische Wirkstoffe enthalten (z.B. Mittel für Hautkrebstherapien); in
10 Jahren Anwendungsreife
(GID 180 2-3/2007 S.33)
·
Kanadische
Forscher haben Ziegen gentechnisch so verändert, dass deren Milch einen
Wirkstoff gegen tödliche Nervengifte, wie etwa Sarin und VX enthält;
Enzym Butyrylcholinesterase;
Information gezielt in das Gen eingebaut, das die Bildung von Kasein steuert;
zwischen 1 und 5 Gramm Wirkstoff je Liter Milch;
Versuche, das Enzym über Insekten, Hefen und Bakterien zu produzieren, sind
gescheitert;
(Süddeutsche Zeitung 25.7.07 S.16)
·
Britische
Firma will in der Karibik gentechnisch veränderte Moskitos freisetzen;
übertragen das Dengue-Fieber; Männchen wurden mit gentechnischen Methoden steril gemacht, paaren sich
zwar, aber kein Nachwuchs
(GID 185 Dezember 2007 S.21)
·
Niederländische
Biotechfirma will für das Medikament Rhucin, das aus der Milch transgener Hasen
gewonnen wird, einen zweiten Anlauf für die Zulassung in Europa nehmen; soll zur Behandlung des vererbbaren Angio-Ödems
eingesetzt werden; Ausschuss der Europäischen Arzneimittelbehörde EMEA hatte
sich erst im vergangenen Monat gegen eine Zulassung in Europa ausgesprochen
(nicht ausreichend nachgewiesen, dass das Mittel sicher und wirksam ist)
(taz 1.2.08)
·
Maus
durch genetische Manipulationen empfänglich für Rhinoviren gemacht, die für die
meisten Erkältungen verantwortlich sind, sonst aber nur Menschen und Schimpansen befallen; jetzt Versuche mit (solchen)
Mäusen für Behandlungsstrategien beim Menschen möglich
(taz 8.2.08)
·
Das Anti-Thrombose-Mittel ATryn ist dasc erste in
Deutschland zugelassene Arzneimittel, das über gentechnisch veränderte Tiere
gewonnen wurde; Wirkstoff aus der Milch von Ziegen, denen ein Gen zur
Produktion des Proteins eingebaut wurde; interessant: kein
Blockbuster, sondern Mittel für eine seltene Krankheit
(GID 188 Juni 2008 S.38)
·
gentechnisch
sterilisierte Moskitomännchen sollen die Übertragung des Dengue-Fiebers
stoppen;
nach Angaben der WHO stecken sich jährlich etwa 50 Millionen Menschen an, mehr
als 19.000 sterben daran; Medikamente oder schützende Impfungen gibt es nicht;
WHO, Regierungen und Hilfsorganisationen geben jährlich mehrere Milliarden
Dollar für die Bekämpfung der Krankheit aus;
Übertragung durch Weibchen der Gelbfiebermücken und der asiatischen
Tigermücken;
Strategie: in das Genom von Männchen wird eine Gensequenz eingebaut, die die
Nachkommen sterben lässt, ehe sie sich fortpflanzen oder stechen können;
in Eizellen wird zusätzliche DNA eingebracht; das zusätzliche Gen produziert
ein bakterielles Gift und tötet schon den frühen Embryo; im Labor bekommen die
jungen Tiere zusätzlich ein Antibiotikum (Tetrazyklin) ins Futter gemischt, so
überleben sie; im Freien fehlt der Schutz, alle dort gezeugten Mücken sterben
früh;
Freisetzung in Asien (Malaysia) umstritten und vorerst gescheitert
(ZEIT 11.9.08 S.43)
·
etwa 5000 Klonkühe stehen weltweit auf den Weiden;
in Oberbayern eine geklonte Kuh, in deren Erbgut ein fremdes Gen eingefügt
wurde; stellt in ihren Immunzellen einen Antikörper her, der sich gegen
menschliche Hautkrebszellen richtet; R28M hat sich bereits im Reagenzglas gegen
menschliche Hautkrebszellen bewährt; Forscher möchte den Antikörper jetzt in
ersten Studien krebskranken Menschen verabreichen; um das Mittel in
ausreichender Menge zu erhalten, wurden weitere Klonkopien von ROSA geschaffen;
(9 Kälber geboren); Präparat muss aus dem Blut extrahiert werden;
transgene Ziegen der US-Firma GTC Biotherapeutics geben ihr Produkt, den
Gerinnungshemmer Antithrombin III über die Milch ab (schütz bei Operationen vor
Blutgerinnseln); GTC hat jetzt als erste Firma Marktzulasung für ein Erzeugnis
transgener Tiere erhalten; seit 2008 unter dem Namen ATryn in Deutschland unter
strengen Auflagen für Menschen erhältlich; Herde von 200 Tieren, mittlerweile
in der siebenten Generation, stehen in Massachusetts;
ob gentechnische Veränderungen im Erbgut der Tiere erfolgreich war, wird heute
bereits im Reagenzglas geprüft;
weiteres Einsatzgebiet (z.B. Eckhard Wolf, Uni München): Tiere als
immunkompatible Organspender; Schweinezellen mit menschlichen Immunogenen, am
weitesten fortgeschritten ist man bei den Insulin produzierenden Zellen der
Bauchspeicheldrüse – aber noch Jahre bis
zum klinischen Einsatz
(ZEIT 8.4.09 S.31)
·
Anti-Gerinnungswirkstoff Atryn (aus der Milch von
gentechnisch veränderten Ziegen gewonnen) in den USA für experimentelle
Therapien zugelassen; in den USA leiden an der speziellen Blutgerinnungsstörung
zwischen 60.000 und 600.000 Menschen
(Freie Presse Chemnitz 7./8.2.09)
·
Mayo
Klinik der Universität von Minnesota plant in 1 bis 3 Jahren erste
Transplantationen von schweinischem Insulin-Gewebe auf Menschen;
Schweine-Erbgut gentechnisch verändert (ihnen fehlt ein Molekül an der
Zelloberfläche, das vom menschlichen Immunsystem erkannt wird und
Abstoßungsreaktionen hervorruft); Schweine werden in völlig steriler Umgebung
aufgezogen, um Übertragung von Krankheitskeimen zu verhindern
(GID 192 Februar 2009 S.28)
· Diese Grundlagenforschung klingt
exotisch, aber ihre Relevanz liegt auf der Hand: Tissue Engineering heißt das
Fachgebiet, Kunstfleisch ist das Ziel. Oder wie soll man es nennen, wenn Biologen,
Mediziner und Chemiker adulte Stammzellen von Schweinen und Rindern isolieren,
um daraus im Labor esbare Fasern heranwachsen zu lassen, die nie Teil eines
Tieres waren? Retorten-, In-vitro- Analog-Fleisch?
Die Suche nach einem künstlichen Fleischersatz wird von vielen Gründen
angetrieben – es gibt eine zunehmende Zahl hungernder Menschen, drohende
Lebensmittelengpässe und nicht zuletzt den Zusammenhang von Fleischkonsum und
globaler Erwärmung. Daher unterstützt die niederländische Regierung diese Forschung
mit 2 Millionen Euro. Die Fleischbranche steuert noch einmal dieselbe Summe bei
…
Einige Tierschützer hoffen auf eine Alternative zur unwürdigen
Massentierhaltung. Deshalb hat die Tierschutzorganisation PETA eine Million
US-Dollar Preisgeld für das erste In-vitro-Fleisch ausgelobt, das es in die
Geschäfte schafft
(Die Zeit 10.12.09 S.39)
·
japanische
Forscher haben Mücken durch gentechnische Eingriffe dazu gebracht, dass sie in
ihrer Speicheldrüse Impfstoffe produzieren, durch die sich Infektionskrankheiten
bekämpfen lassen (z.B. Leishmaniose); Stiche der Mücke führten zu einer
zunehmenden Zahl von Antikörpern gegen die Erreger, was auf eine erfolgreiche
Immunisierung hindeute; wer sich andauernd Stichen aussetze, könne die
Immunität evtl. ein Leben lang aufrecht erhalten; andererseits gibt es keine
Möglichkeit, einer Impfung aus dem Weg zu gehen
(taz 19.3.2010 S.18)
·
belgische
und niederländische Forscher haben die Milchleistung von Kühen mit
gentechnischen Methoden erhöht, und das Verfahren 2007 mit einem Patent
schützen lassen; das Europäische Patentamt hat einen Einspruch von Greenpeace
und dem Bundesverband deutscher Milchviehzüchter abgelehnt
(taz 4.3.2010 S.2, Freie Presse Chemnitz 4.3.2010 S.8)
·
Zulassung von gentechnisch veränderten Lachsen;
US-Gesundheitsbehörde FDA hat eine erste Entscheidung getroffen: Der
Gentech-Fisch sei genauso sicher wie normaler Lachs; jetzt Anhörungen;
Atlantischer Lachs, dem zwei zusätzliche Gensequenzen in das Genom eingepflanzt
wurden: vom Königslachs ein Gen für zusätzliches Wachstumshormon, von einem
barschartigen Kaltwasserfisch (Zoarces americanus) eine Gensequenz;
der Turbofisch wird nicht größer, erreicht aber sein Schlachtgewicht viel
schneller (in 1 Jahr 1 kg Zuwachs, normaler Lachs 200 Gramm);
Fisch soll auf Farmen weitab vom Meer gehalten werden; es würden nur weibliche
Fische gezüchtet, und diese seien zu 99% steril
(taz 10.9.2010 S.18)
·
britische
Biotech-Firma setzt in großem Stil genmanipulierte Moskitos frei, die
Labor-Insekten sollen das Dengue-Fieber bekämpfen;
weibliche Gelbfiebermücken, übertragen Dengue-Viren;
jedes Jahr weltweit mindestens 50 Mill. Menschen infiziert, mehr als 20.000
sterben, meist Kinder;
Männchen im Labor ein Gen eingepflanzt; bei Paarung mit wildlebenden Weibchen
kommen Larven heraus, die in kurzer Zeit verenden (giftiges Protein wird
produziert);
auf der Karibikinsel Grand Cayman im Herbst 2009 erstmals freigesetzt, ein Jahr
später 3 Millionen Gentech-Moskitos;
weitgehend geheim;
inzwischen sind die Mücken auch in Malaysia freigelassen worden; auch im Osten
Brasiliens, weitere Freisetzungen in Vorbereitung, auch Florida/USA;
auf Grand Cayman haben in 80 Begattungs-Wellen freigesetzte Mücken die
Population auf ein Fünftel reduziert
(Der Spiegel 5-2012 S.100)
·
Das
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat einen
umstrittenen Impfversuch mit gentechnisch veränderten Bakterien genehmigt. Die
Behörde kam zu dem Schluss, dass keine "schädlichen Einflüsse auf Menschen
und Tiere sowie auf die Umwelt zu erwarten sind";
Bei dem Freisetzungsversuch sollen über einen Zeitraum von drei Jahren 120
Fohlen des Gestüts im mecklenburg-vorpommerschen Grabow gegen den Erreger einer
Lungenentzündung geimpft werden. Der Erreger ist lediglich für junge Pferde
gefährlich - ältere sind dagegen immun. Erkrankte Fohlen werden derzeit mit
Antibiotika behandelt. Für den Impfstoff wurden vier Gene des Bakteriums
entfernt; Hersteller ist das Pharmaunternehmen Intervet, die Tiersparte des
US-Chemie- und Pharmakonzerns Merck & Co. Bereits 2011 hatte Intervet bei
einem Freisetzungsversuch in den Niederlanden 40 Fohlen geimpft. Dabei habe es
laut BVL keinerlei "impfstoffspezifischen Besonderheiten" gegeben.
Der Versuch soll Daten liefern, auf deren Basis der Impfstoff auf EU-Ebene
zugelassen werden kann
(taz 6.6.2012 S.9)
·
MÜCKEN
GEGEN MALARIA?
Die Idee, eine Mücke als Impfspritze zu nutzen, imponiert Medizinern seit
Langem. Ein Japaner hat sie nun erstmals ausprobiert – an Mäusen.;
Nicht die Ausrottung, sondern die „Rehabilitation“ der lästigen Blutsauger
steht hier auf dem Programm. Yoshida und seinen Kollegen von der Jichi Medical
University ist es erstmals gelungen, gentechnisch veränderte Anopheles-Mücken
zu züchten, die – statt eine Brutstätte für Krankheitserreger zu sein – in
ihren Speicheldrüsen einen Impfstoff herstellen. Beim Stich der Mücke gelangt
der Impfstoff zusammen mit dem Speichel ins Blut des Wirts, genauso wie
normalerweise der Krankheitserreger.;
Freisetzung ist sehr riskant;
Es ist ein weit in die Zukunft gerichtetes Konzept – und vielleicht wird es nie
zum Einsatz kommen. Denn gentechnisch veränderte Tiere in die natürliche Umwelt
freizusetzen, birgt hohe Risiken.
(bild der wissenschaft 5-2012 S.48ff)
· Auf dem Gestüt
Lewitz im mecklenburg-vorpommerschen Grabow ist ein Gentechnik-Versuch der
besonderen Art geplant: Junge Pferde sollen hier einen Impfstoff gegen eine
Lungenentzündung injiziert bekommen, der gentechnisch manipulierte Bakterien
enthält. Der in der Natur vorkommende Typ des Bakteriums verursacht bei den
Fohlen eine Lungenentzündung - ältere Pferde sind dagegen immun. Um die Fohlen
zu impfen, wurden vier Gene des Bakteriums entfernt, drei Fohlenjahrgänge
sollen den Impfstoff bekommen. Es wäre die erste Impfung gegen die Erkrankung.
Bislang bekommen betroffene Tiere Antibiotika verabreicht.
Hinter dem Versuch steckt das Pharmaunternehmen Intervet, die Tiersparte des
US-Chemie- und Pharmakonzerns Merck & Co. Der Pharmakonzern und die Leiter
des Gestüts hoffen, dass mit der Impfung weniger Tiere erkranken.
Genau das kritisieren Umwelt- und Tierschützer: Die Impfung diene nicht dem
Wohl der Tiere, sondern dem kommerziellen Interesse der Menschen. "Ein
Pferd, das einmal eine Lungenentzündung hatte, lässt sich nicht mehr als
Sportpferd verkaufen", sagt Burkhard Roloff vom Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND) in Mecklenburg-Vorpommern.
Auch die Anwohner rund um das Gestüt gehen auf die Barrikaden. "Die
Krankheit ist auch auf Menschen übertragbar", sagt Bürgermeister Ulrich
Schult. Die Befürchtung der Anwohner: Das gentechnisch veränderte Bakterium
könne in die Umwelt gelangen - und Menschen infizieren. Tatsächlich heißt es im
Genehmigungsantrag für den Versuch: "Wir können […] nicht ausschließen,
dass der Impfstamm bei immuneingeschränkten Personen Infektionen verursachen
könnte." Intervet und die Gestütsleitung versichern dennoch, dass keine
Gefahren für die Umgebung bestünden - und wollen an dem Versuch festhalten. Das
Experiment soll Labordaten liefern, auf deren Basis später die EU-weite
Genehmigung des Impfstoffs beantragt werden soll.
(taz 20.7.2012 S.04)
·
Neuseeländische
Forscher haben erstmals eine gentechnisch veränderte Kuh erzeugt, die Milch
ohne das allergieauslösende Eiweiß Beta-Laktoglobulin produziert. Auf dieses
Eiweiß reagieren 2 bis 3 Prozent der Säuglinge allergisch. Bisherige Verfahren,
das Beta-Laktoglobulin nachträglich aus der Milch zu entfernen, seien aufwendig
und nur bedingt erfolgreich, sagen die Forscher. Daher habe man nach einer
Methode gesucht, wie Kühe von vornherein Milch ohne diesen Inhaltsstoff
erzeugen können. Die Wissenschaftler von der University of Waikato erreichten
dies, indem sie ein Genstück in das Erbgut von befruchteten Rinder-Eizellen
einschleusten. Dadurch produzierten die Zellen sogenannte microRNAs, kleine
Moleküle, die das Gen für das Milcheiweiß blockieren. Aus einer dieser
manipulierten Eizellen züchteten sie ein Kalb, das später Milch ohne
Beta-Laktoglobulin gab, berichten die Forscher in den Proceedings of
the National Academy of Sciences(PNAS).
(taz 5.10.2012 S.18)
·
Resistente
Mücken
In einem US-Labor sirren jetzt Stechmücken, die resistent gegen den
Malariaerreger sind: Wissenschaftler um den Molekularbiologen Anthony James von
der University of California, Irvine, haben die DNA-Sequenz der Moskitoart
Anopheles stephensi so verändert, dass die Tiere unfähig sind, den
Krankheitserreger weiterzuverbreiten. Das Genkonstrukt, das James' Team den
Insekten eingepflanzt hat, wird dominant vererbt. Somit besteht die Hoffnung,
dass bei einer Fortpflanzung dieser Mücken allmählich die Zahl der Tiere
abnimmt, die den Malariaerreger übertragen können. Nach Schätzung der World
Health Organization starben im Jahr 2010 rund 650 000 Menschen weltweit an
Malaria, die meisten davon waren Kinder in Afrika. Um die Malaria mit Hilfe
resistenter Mücken zu bekämpfen, müssten allerdings Millionen Moskitos in
Laboren gezüchtet und ausgewildert werden. "Ob das geht, müssen wir jetzt
herausfinden", sagt James.
(Spiegel 26-2012 S.132)
·
Im
mecklenburg-vorpommerischen Grabow hat gestern ein umstrittener Impfversuch mit
gentechnisch veränderten Bakterien begonnen. Wie der Pharmakonzern Intervet
bestätigte, wird eine Gruppe von Fohlen auf dem Gestüt Lewitz den Impfstoff
gegen eine Lungenentzündung bekommen. Anwohner demonstrierten am Montag vor Ort
gegen das Experiment.
Es wäre die erste Impfung gegen die Erkrankung. Bislang bekommen betroffene
Tiere Antibiotika verabreicht. Das Pharmaunternehmen Intervet, das hinter dem
Versuch steckt, ist die Tiersparte des US-Chemie- und Pharmakonzerns Merck
& Co. Der Impfstoff soll drei Fohlenjahrgängen verabreicht werden, heißt es
in der Versuchsbeschreibung. Der in der Natur vorkommende Typ des Bakteriums
verursache bei den Fohlen eine Lungenentzündung - ältere Pferden sind dagegen
immun. Um die Fohlen zu impfen, wurden vier Gene des Bakteriums entfernt. Das
Experiment soll Labordaten liefern, auf deren Basis später eine EU-weite
Genehmigung des Impfstoffs beantragt werden soll. …
Im Genehmigungsantrag für den Versuch wird jedoch eingeräumt, dass das
Bakterium in seiner nicht manipulierten Form auch bei anderen Säugetieren und
Menschen eine Lungenentzündung hervorrufen kann. Über den gentechnisch
veränderten Typ heißt es: "Der Impfstamm kann noch mindestens vier Wochen
lang nach der Impfung mit dem Kot ausgeschieden werden." Und: "Wir
können […] nicht ausschließen, dass der Impfstamm bei immuneingeschränkten
Personen Infektionen verursachen könnte." Das sei aber unwahrscheinlicher
als bei dem natürlich vorkommenden Typ des Bakteriums und der sei schließlich
in der Umgebung "massiv" vorhanden.
(taz 26.3.2013 S.9)
·
Zuchtlachse
in 1500 Metern Höhe in einer Zuchtanlage in Panama;
wurden im Genlabor geschaffen, im Vergleich zu normalen Lachsen wachsen sie in
der halben Zeit heran und benötigen 20% weniger Futter;
Fisch mit dem Markennamen „AquAdvantage“ könnte als erstes gentechnisch
verändertes Tier demnächst weltweit als Lebensmittel verkauft werden;
amerikanische Lebensmittelbehörde bewertet: „So sicher wie Lebensmittel aus
konventionellem Lachs“, die Umwelt werde „nicht signifikant gefährdet“;
in den USA enthalten schon heute bis zu 80% aller verarbeiten Lebensmittel
Bestandteile von gentechnisch veränderten Pflanzen;
China investiert gleichzeitig in mehr als 20 transgene Tiere (unter ihnen
schnellwachsende Karpfen sowie Schweine, die mehr Fleisch ansetzen; Schafe mit
besonders flauschiger Wolle und BSE-resistente Rinder);
Kanadische Forscher entwickelten den transgenen Lachs vor mehr als 20 Jahren;
sie kombinierten ein für die Produktion von Wachstumshormon zuständiges Gen des
Königslachses mit einem Genschalter aus dem Erbgut der Aalmutter – wuchsen
weitaus rasanter als ihre Artgenossen, ganzjährige Produktion von
Wachstumshormon (normalerweise jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen);
Population enthält ausschließlich weibliche Tiere, Fische erhielten einen
dreifachen Chromosomensatz, dadurch sind 99,8% der Lachse steril;
(Der Spiegel 20-2013 S.112ff)
·
Brasilien:
Erste kommerzielle Zulassung für Gentechnik-Insekten
(30.04.2014) Brasilien hat im April 2014 als weltweit erstes Land gentechnisch
veränderte Insekten zugelassen. Es handelt sich um Tigermücken, deren Nachwuchs
nicht überlebensfähig ist. Durch ihre Freisetzung sollen Mückenpopulationen
dezimiert werden, die das potenziell tödliche Dengue-Fieber übertragen.
(Quelle: http://www.transgen.de/aktuell/1781.doku.html
)
·
Aedes
aegypti ist eine fiese Mücke. Sticht sie eine mit dem Denguefieber infizierte
Person, überträgt sie die manchmal tödliche Tropenkrankheit beim nächsten
Blutsaugen. Die weiblichen Insekten sind dazu in der Lage, die männlichen
dienen der Fortpflanzung.
In Brasilien, dem von Dengue am stärksten betroffen Land, sollen die Mücken jetzt
ausgerottet werden - mithilfe der Gentechnik. Das britische Pharmaunternehmen
Oxitec und die brasilianische Moscamed haben Ende Juli in Campinas nahe der
Millionenstadt São Paulo ein erstes Werk zur Produktion männlicher Mücken
eingeweiht. Ihnen wird ein artfremdes Gen eingepflanzt, das sie zwar nicht
steril macht, ihre Nachkommen verenden aber bei den ersten Flugversuchen. Die
Weibchen können die echten und falschen Stammhalter nicht unterscheiden.
Mangels überlebensfähiger Nachkommen soll so die ganze Population aussterben.
Bis zu zwei Millionen trojanische Mückenmännchen können in Campinas jede Woche
hergestellt werden. …
dürfte auch diese Behörde bald grünes Licht geben. Das Gesundheitsministerium
ist von der Methode überzeugt, seitdem erste Freilandversuche im Jahr 2011 im
Bundesstaat Bahia gezeigt haben, dass die Zahl der Denguemücken durch den
Gentech-Einsatz um rund 80 Prozent verringert wurde. …
Das Tropenfieber ist ein großes Problem in Brasilien: Im ersten Halbjahr 2014
gab es rund 660.000 Dengue-Erkrankungen, 249 Menschen überlebten die
Virusinfektion nicht. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO stecken sich
weltweit jährlich 100 Millionen Menschen mit Dengue an. Die Krankheit führt zu
hohem Fieber und starken Kopf- und Gliederschmerzen. Bei einer zweiten
Ansteckung drohen innere Blutungen, die tödlich verlaufen können.
(taz 4.8.14 S.9)
·
US-Lebensmittelbehörde
FDA nach 20 Jahren Beratung: ein gentechnisch veränderter Lachs, der dadurch
schneller wächst und größer wird, kann ohne Bedenken verzehrt werden, genauso
sicher und genauso nahrhaft wie naturbelassener Lachs, muss nicht speziell
gekennzeichnet werden; damit ist zum ersten Mal ein genetisch verändertes Tier
als Lebensmittel zugelassen;
in den Produktionshallen in Panama können derzeit nur rund 100 Tonnen Fisch pro
Jahr hergestellt werden; 200000 Tonnen atlantischer Seelachs werden pro Jahr in
die USA importiert
(Freie
Presse Chemnitz 21.11.15 S.3)
· Seit Jahren wird erforscht, ob Organe
von Schweinen auch Menschen eingesetzt werden könnten. Ein Langzeitversuch
zeigt ermutigende Ergebnisse.
BETHESDA - Dank eines speziellen Wirkstoffcocktails hat ein Schweineherz im
Körper eines Affen gut zweieinhalb Jahre geschlagen – so lange wie nie zuvor.
945 Tage lang arbeitete das in den Bauchraum des Pavians implantierte Organ,
wie US-amerikanische und deutsche Forscher berichten. … Das größte Problem
dabei sind bisher die heftigen Abstoßreaktionen bei speziesfremden Implantaten.
Diese Reaktionen hat das Team um Muhammad Mohiuddin von den National Institutes
of Health (NIH) in Bethesda (US-Staat Maryland) nun bei fünf Pavianen
vergleichsweise lange verhindern können. Den zwei bis drei Jahre alten Affen
wurden Herzen genmodifizierter, sechs bis acht Wochen alter Schweine
eingesetzt. Im Schnitt arbeiteten die Organe 298 Tage. Sie waren im Bauchraum
der Affen an deren Blutversorgung angeschlossen, pumpten aber, ohne deren
normale Herzfunktion zu ersetzen.
(Freie Presse Chemnitz 11.4.2016 S.A4)
·
Zika-Virus:
Mit Gentechnik gegen Moskitos
(02.02.2016)
Zurzeit erleben Brasilien und andere Länder Lateinamerikas eine massive
Verbreitung des Zika-Virus. Seit Ende letzten Jahres steht dieses unter dem
Verdacht, eine seltene Hirnschädigung bei Neugeborenen zu verursachen. Eine
Option im Kampf gegen das Virus könnten gentechnisch veränderte Mücken sein,
die seit 2014 in Brasilien zugelassen sind. 2015 wurden sie erstmals in einem
Gebiet mit 5000 Einwohnern eingesetzt. Mit Erfolg: Die Anzahl der Mückenlarven
konnte deutlich reduziert werden. Und damit auch die der Virusinfektionen.
WEITERLESEN <http://www.transgen.de/aktuell/2538.zika-gentechnik-moskitos.html>
·
Manipulierte
Mücken
Diese Woche steht ein neues Gentechnikverfahren im Kreuzfeuer: Gene Drive.
So ein "genetischer Antrieb" ist ein tiefer Eingriff ins Erbgut von
Lebewesen. Dabei lassen sich durch präzise Schnitte am Genom nicht nur
bestimmte Eigenschaften entfernen oder hinzufügen. Die veränderten Organismen
vererben diese Manipulationen auch weiter.
Was für ein machtvolles Werkzeug!, jubeln Förderer der Methode. Die
Bill-&-Melinda-Gates-Stiftung etwa finanziert die Erforschung der Technik
im Kampf gegen Malaria. Konkret sollen Gene Drives die Überträgermücke der
Krankheit unfruchtbar machen, sodass die Spezies ausstirbt. Auch Zika oder
Pflanzenschädlinge wollen Forscher besiegen. Oder Arten, die andere zu
verdrängen drohen.
(Die Zeit 7.12.17 S.39)
·
Selbstmord der Zellen
Landwirtschaft Konzerne Wie Monsanto entwickeln Pestizide, die aus Erbgutschnipseln
bestehen. Könnten die Biosprays das Bienensterben stoppen?
Die Milbe heißt Varroa destructor, D die Zerstörerische. Der Parasit krabbelt
ins Bienennest und saugt die Insekten aus. Selbst Tiere, die überleben, sterben
häufig später an einem Virencocktail, den die Milbe mit sich schleppt. Der
Parasit ist nach Expertenmeinung hauptverantwortlich für das Bienensterben, das
Imker in Sorge versetzt. Befallene Völker haben kaum Überlebenschancen. Doch
nun kommt Rettung womöglich von unerwarteter Seite: Monsanto entwickelt ein
neues Mittel gegen die Milbe – ausgerechnet jene Pestizidfirma, die
Umweltschützer als „Monsatan" verteufeln, Erbgutschnipsel, vermischt mit
Zuckerwasser, sollen die Parasiten zur Strecke bringen (siehe Grafik). Die
Tinktur gehört zu einem neuen, vermeintlich sanften Typ von Pestiziden, der die
Schädlingsbekämpfung revolutionieren könnte. RNA-Interferenz heißt das Prinzip
hinter der Methode, an der neben Monsanto auch Konzerne wie Syngenta oder Bayer
forschen. Statt Gifte wollen die Chemiker künftig Biomoleküle versprühen, die
gezielt einzelne Gene von Schadinsekten oder Unkräutern ausschalten. „Die
Technologie hat enormes Potenzial für den Pflanzenschutz“, sagt Greg Heck von
Monsanto. Zudem sei das Molekül völlig ungefährlich: „Wir essen ständig RNA.“
Tatsächlich ist RNA (Ribonukleinsäure) für die Forscher ein Traummolekül.
Normalerweise setzt der Stoff die im Zellkern gespeicherte Erbinformation in
Proteine um. Doch RNA ist zu mehr zu gebrauchen. Unter bestimmten Bedingungen
kann das Molekül Gene blockieren. Die Forscher machen sich dabei die natürliche
Zellabwehr zunutze: Tier- und Pflanzenzellen zerstören die RNA fremder
Organismen, beispielsweise die von eindringenden Viren. Mithilfe dieses
Mechanismus wollen die schalten, die laut Heck allein im Rapsanbau in
Nordamerika jedes Jahr Schäden von etwa 300 Millionen Dollar verursachen.
Zunächst identifizieren die Forscher dafür ein Käferprotein, ohne das der
Schädling nicht leben kann, zum Beispiel ein Protein des Immunsystems. Dann stellen
sie ein RNA-Molekül her, das jener Gensequenz des Käfers entspricht, die dieses
überlebenswichtige Protein codiert. Das synthetisch hergestellte RNA-Molekül
wird vervielfältigt und auf die Pflanzen gesprüht. Nagen nun die Insekten am
Raps, nehmen sie die Erbgutschnipsel auf. In den Käferzellen löst die Fremd-RNA
einen Abwehrmechanismus aus. Sie wird Zerschnitten. Weil sie jedoch exakt zu
einer Käfer-Gensequenz passt, richtet die Zelle ihre Zerstörungskraft auch
gegen sich selbst. Das überlebenswichtige Protein wird nicht mehr gebildet. Der
Käfer stirbt. „Die RNA lässt sich zielgenau auf einen bestimmten Schädling
zuschneiden“, sagt Heck. Auch sei es denkbar, einzelne Pflanzeneigenschaften
auf diese Weise zu verändern, etwa Tomaten zu besserem Geschmack zu verhelfen
oder Apfel vor dem Braunwerden zu bewahren – einfach durch eine
Spritzbehandlung. …
in fünf Jahren könnten die ersten Bienen RNA-Zuckerwasser gegen die
Varroa-Milbe schlürfen.
(Spiegel 5-2017 S.107)
·
Die Geburt der Fabelwesen
Biotechnik Zwei Forschergruppen verkünden Durchbrüche bei der Erschaffung von
Schimären. In solchen Mischwesen sollen Organe für die Transplantationsmedizin
gezüchtet werden. Kommen bald Menschenherzen aus dem Schweinestall?
… Ratten … Da und dort ist dann im Gewebe ein schwaches Grün zu erkennen. Ein
Organ aber sticht hell leuchtend hervor. Es handelt sich um die
Bauchspeicheldrüse, und das grüne Fluoreszenzlicht stammt von Markermolekülen,
die zeigen: Dieses Organ stammt nicht von der Ratte. Es ist her| vorgegangen
aus Mäusezellen, welche die Forscher wenige Tage nach der Befruchtung in die
Rattenembryonen injiziert haben. Mit anderen Worten: Die Ratten wurden mit
einem Mäuseorgan geboren. …
Das könnte sich ändern. Zwar steht die Kunst der Tierschimärenproduktion noch
immer am Anfang. Doch neues Handwerkszeug erleichtert den Wissenschaftlern die
Arbeit. Vor allem das sogenannte Genome-Editing erlaubt es ihnen, das Erbgut
von Zellen gezielt zu manipulieren und so ihr Schicksal besser zu steuern.
Eindrucksvoll zeigen dies Nakauchis Rattenexperimente. Dem Mediziner ist es
nicht nur gelungen, in einer Art das vollständige Organ einer anderen zu
erschaffen, sondern er demonstrierte auch den medizinischen Nutzen des
Verfahrens: Er entnahm seinen Versuchsratten das Mäuse-Pankreas und gewann
daraus Hunderte der kleinen Insulin-produzierenden Langerhans-Inseln. Diese
transplantierte er dann in zuckerkranke Mäuse und wies nach: Ihr Diabetes war
geheilt. Irgendwann, so hofft Nakauchi, wird es auf ähnliche Weise möglich
sein, Menschenorgane in Schweinen, Schafen oder Rindern zu züchten. Herz-,
Nieren- und Lebermangel der Transplantationsmedizin wären dann Vergangenheit. …
In seinem Heimatland verbieten die Richtlinien die Erschaffung von Mischwesen
aus Mensch und Tier. Deshalb wechselte Nakauchi an die Stanford University.
Doch Skepsis begegnet ihm auch in Amerika. So verhängte die Gesundheitsbehörde
NIH vor anderthalb Jahren ein Förderstopp für alle Versuche, deren Ziel die
Injektion menschlicher Stammzellen in Tierembryonen ist. Der größte Teil dieser
Schimärenforschung findet nun in Kalifornien statt, wo die Regierung dieser Art
von Wissenschaft gegenüber aufgeschlossen ist. Nakauchis Forschungsgruppe wird
vom California Institute for Regenerative Medicine mit 5,5 Millionen Dollar
unterstützt. Andere Wissenschaftler im Golden State wetteifern mit ihm. Gerade
wurde Nakauchi von einem Rivalen übertrumpft, der knapp 700 Kilometer weiter
südöstlich am Salk Institute in La Jolla forscht: Am Tag nachdem Nakauchi in
der Zeitschrift „Nature“ von seinen Rattenexperimenten berichtete, verkündete
Juan Carlos Izpisúa Belmonte im Konkurrenzblatt „Cell“, ihm sei die
Verschmelzung von Mensch und Schwein gelungen. Zwar beeilt sich der Forscher zu
beteuern, dass dies nur allererste Ergebnisse seien. In allen Fällen habe er
die Trächtigkeit der Muttertiere nach vier Wochen abgebrochen, als die
Schimärenembryonen gerade einmal ein bis zwei Zentimeter groß waren. Die
Beimischung menschlicher Zellen darin sei auch nur sehr gering gewesen. Jede
100000. Zelle erwies sich als menschlichen Ursprungs – und selbst das klappte
nur bei einem der vier getesteten Stammzelltypen. …
Die „Cell“-Veröffentlichung lässt erkennen, mit welcher Entschlossenheit sein
Team ans Werk geht. Knapp 1500 schimärische Embryonen wurden in Sauen
eingepflanzt, 186 von ihnen wuchsen an. Solch eine Massenproduktion von
Schimären erfordert den Zugriff auf eine große Zahl von Tieren. Deshalb
kooperieren die Forscher des Salk Institute neuerdings mit dem Massentierhalter
Agropor in Izpisüa Belmontes Heimatland Spanien. Die Forscher haben auch schon
Pläne, wie es weitergehen soll. Denn sie kennen mittlerweile ein Verfahren, mit
dem sie die Ausbeute von Menschen Zellen in den Schimären steigern und ihre
Entwicklung lenken könnten. Nakauchis Maus-Ratten beweisen, wie erfolgreich
diese Strategie sein kann. Bevor er Mausstammzellen in die Rattenembryonen
injizierte, Schaltete er in diesen ein Gen namens Pdx1 ab. Es dient während der
Embryogenese als Schalter, der die Entwicklung der Bauchspeicheldrüse einleitet.
Fehlt Pdx1, so entstehen Tiere, denen dieses Organ fehlt. Im Rattenkörper
bleibt eine Nische offen, die von den zugeführten Mäusezellen besiedelt werden
kann. Dabei werden Zelluläre Alleskönner eingesetzt, die grundsätzlich die
Fähigkeit besitzen, jede beliebige Körperzelle auszubilden. Bevorzugt aber
schlagen sie jenen Entwicklungspfad ein, der den Zellen ihres Wirts verwehrt
ist. Das Ergebnis ist ein Tier, in dem sich überall verstreut Mäusezellen
finden, in dem allerdings das Pankreas vollständig aus Mäusegewebe besteht. …
Ob allerdings Experimente, die bei Maus und Ratte klappen, auch bei Mensch und
Schwein funktionieren werden, ist ungewiss. Die Uhr der Entwicklung tickt in
beiden Arten unterschiedlich. Ein Ferkel wird nach 115-tägiger Trächtigkeit
geboren, ein menschlicher Organismus braucht neun Monate, sich auszubilden.
Gehorchen die Zellen einem inneren Taktgeber, oder vermögen sie ihr
Entwicklungstempo der artfremden Umgebung anzupassen? Noch wissen die Forscher
es nicht. …
Einen Weg gäbe es, die evolutionäre Distanz zu verkürzen: Statt Schweinen
könnten die Forscher einen näheren Verwandten des Menschen wählen. Das
allerdings ist den Wissenschaftlern allzu heikel: Primaten, da sind sie sich
einig, sind bis auf Weiteres tabu.
Die Bioethikdebatte über die Frage, welche Art von Schimärenbildung zulässig
sein soll, mutet mitunter befremdlich an. Viele befällt bei der Vorstellung von
Mischwesen aus dem Labor ein diffuses Unbehagen. Doch fällt es oft schwer,
genau zu sagen, was daran so verwerflich sei. Eine Sorge immerhin lässt sich
benennen: Die Kritiker befürchten, dass menschliche Nervenzellen im Gehirn der
Schimären landen könnten. „Das Schreckgespenst von einer intelligenten Maus,
die im Käfig sitzt und schreit: „Ich will hier raus!“, finden viele Leute sehr
beunruhigend“, konstatierte der NIH-Ethiker David Resnik. Den Forschern
selbstscheinen solche Ängste unbegründet. „Solange die Beimischung menschlicher
Zellen gering bleibt, ist eine Veränderung kognitiver Eigenschaften extrem
unwahrscheinlich“, meint Nakauchi. | Doch auch er weiß: Überraschungen sind
möglich. Das zeigt ein Experiment, das Neurobiologen an der University of
Rochester im Bundesstaat New York durchgeführt haben. Das Gehirn von
neugeborenen Mäusen besiedelten sie mit Vorläufern menschlicher Gliazellen.
Dann stellte sich heraus, dass die so entstehenden Schimären ein auffällig
gesteigertes Gedächtnis besaßen. …
(Spiegel 5-2017 S.104)
·
·
Q:
Ludger Weiß (Hrsg.) Schöpfung nach Maß: perfekt oder pervers?, Oberursel 1995
Gentechnologie verspricht uralte Menschheitsträume von Gesundheit, Schönheit
und langem Leben zu erfüllen
·
taz
3.7.98:
NOVARTIS: new skills in the science of life
Gesundheit Landwirtschaft Ernährung
SPIEGEL 32/98 S.10:
HOECHST: Life sciences Zukunftsthemen Gesundheit und Ernährung
GID 128, 8/98, S.
MONSANTO: Logo Food-health-hope
taz 10.9.98: Agrevo Zulassung für Herbizid LIBERTY bei Anwendung Mais bekommen
·
Werbung:
Agilent Technologies, Inc.2000
DNS-Helix als Bild
Text: „Am Ende der Leiter: eine Welt ohne Krankheiten...“
(Spiegel 21/2000 S.93)
·
Werbung:
Wirtschaftswoche (Zeitschrift)
Text: „Unterschätzen Sie nie die Macht der Information.“
Bild dazu: 2 Chromosomensätze, („Normal“ und „Down-Syndrom“)
(Der Spiegel 29.5.2000 S.189)
·
Werbung:
Glashütte (Uhren)
Text: „Ich habe nichts dagegen, dass man Menschen klont, solange die Originale
gekennzeichnet werden.“
(Der Spiegel 23/2000 S.11)
·
Poster
„Leben ist Chemie“
Herausgegeben von der Zeitschrift Bild der Wissenschaft und dem Verband der
Chemischen Industrie
Text: „Defekte Moleküle verursachen Krankheiten: Reparatur oder Ersatz sind die
Ideallösung“
(Beilage zu bdw Heft 6/2000)
·
ganzseitige
Anzeige; Direktor des MPI für Züchtungsforschung: „Gentechnologie macht die
Erde zwar nicht größer, aber ertragreicher“
(ZEIT 31.5.07 S.45, Spiegel 24.2007 S.4/5)
·
Werbung
www.chemie-macht-zukunft.de ;
Warum Gras bald Gold wert ist;
Dank Gentechnik lassen sich künftig alle Bestandteile einer Pflanze zu Biosprit
verarbeiten.
(Der Spiegel 30/07 S. 65)
·
US-Präsident
Bill Clinton anlässlich der Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes Juni
2002:
„Heute lernen wir die Sprache, in der Gott das Leben erschaffen hat.“
(Spiegel 44/07 S.172)
·
www.chemie-macht-zukunft.de ;
dank Gentechnik können Tabakpflanzen pharmazeutische Wirkstoffe produzieren.
Zum Beispiel Impfstoffe gegen die Grippe. Oder Antikörper zur Therapie gegen
Krebs.
(Spiegel 41/07 S.166)
· Das Buch des
Dolly-Schöpfers Ian Wilmut heißt im englischen Original: „The Second Creation“
(die zweite Schöpfung)
(Stefan Rehder: Gott spielen – Im Supermarkt der Gentechnik, Pattloch, München,
2007)
·
·
U) Schwangerschaft, IVF, Eizellspende
·
Q:
Focus 3.7.95:
- 1992 erste Mikroinjektion, so erfolgreich wie natürliche Befruchtung, auch
Väter, die sonst keine Kinder haben könnten
- 1993 110000 legale Abtreibungen, Bundesfamilienministerium schätz wirkliche
Zahl auf 250-300000
·
Q:
Film Babymacher Z22:
- Kunstfehler: 1 schwarzes und 1 weißes Kind
- Leihmutter USA (3x) je 15000 $
- private IvF-Behandlung: jedesmal 3000 DM
·
Q:
Sonntag 25.2.96:
- in Deutschland bewerben sich mehr als 10 Ehepaare um ein einziges verfügbares
deutsches Waisenkind
·
Q:
BdW 2/96 S.69
- Rückgang der Geburtenrate in Ostdeutschland (Kinderzahl pro Frau) durch
"Schrecken der Wiedervereinigung" auf 0,8
·
Q:
EKD: Einverständnis mit der Schöpfung, Gütersloh 1991
- prinzipiell bis zum 16-Zell-Stadium Vereinzelung der embryonalen Zellen
möglich
·
Q:
Freie Presse 14.2.96
- Leipziger Zentrum für Fortpflanzungsmedizin, Universitätsfrauenklinik, Prof.
Henry Alexander
- 10-15% aller Paare ungewollt kinderlos
- Kinderwunschbehandlung laut Rechtslage in Deutschland nur für Ehepaare
möglich
- vier Behandlungszyklen zahlt die Krankenkasse
- 30-köpfiges Team (Praxis , Forschung)
- 1994 in 75 deutschen Zentren rund 2000 Kinder geboren, in Leipzig wird 100.
eigenes Baby erwartet
- in Deutschland Altersgrenze für künstl. Befruchtungen: 40 Jahre
·
Q:
TV ZDF 14.2.96 Mutterglück um jeden Preis
- 15 kg Gewichtszunahme in 1 Jahr
- Medikamente mit starken Nebenwirkungen
- Entnahme 11 bzw. 15 Eizellen, drei werden nach erfolgreicher Befruchtung
eingepflanzt, Rest im Vorkernstadium eingefroren
·
Q:
Ludger Weß (Hrsg.) Schöpfung nach Maß: perfekt oder pervers?, Oberursel 1995
- geweckte Nachfrage nach menschlichen Eizellen/Embryonen kann nicht mehr
befriedigt werden;
- australische Universität: unreife Eier aus menschl. Eierstöcken entnehmen, im
Reagenzglas 2-3 Tage reifen lassen, befruchten und implantieren, erstes Baby
kam 1994 zur Welt
- belastende Hormonbehandlung zu umgehen: ohne hormonelle Stimulation bis zu 10
unreife Eier entnehmen; Reagenzglasbefruchtung wird dadurch auch um 80-90%
billiger (in D. werden Hormone nicht so massiv eingesetzt wie in Austr.)
- Geschäft mit menschlichen Eizellen in USA und Austr.: Anzeigen locken mit
mehreren tausend Dollar für ein Ei
- in Boston sind unreife Eier bereits gefroren, aufgetaut, zur Reifung gebracht
und befruchtet worden (noch kein Embryo implantiert)
- 25% aller infertilen Frauen wegen gestörter Follikelreifung unfruchtbar,
bisher nur Kinder über fremde Eizellen
- nächster Schritt: Transplantation von Eierstockgewebe; auch embryonales
Gewebe (von abgetriebenen Föten - Kinder, deren Mutter nie gelebt hat...)
- Vervielfältigung (Klonen) und Identität
Jerry Hall (USA): aus 17 Embryonen im 2-8-Zell-Stadium 48 Mehrlinge erzeugt,
die sich in Nährlösung bis zu 3x weiter teilten; nicht-entwicklungsfähige
Abfall-Embryonen verwendet (starben nach 6 Tagen ab)
Hall: wollte lediglich ethische Debatte herbeiführen und Verbesserung der
Erfolgsrate bei IVF erreichen
- Embryovermittlungsinstitute? (tiefgefrorene Kopien von besonders gelungenen
Kindern kaufen...)
- selektive Mehrlingsreduktion
- 90% aller behandelten Frauen bleiben kinderlos
·
Q:
SPIEGEL 9/96 S.226ff.
- Deutschland neue Studie 1995: etwa jedes 8. Paar ist ungewollt kinderlos
- USA: 300 meist private IVF-Kliniken, rund 30000 IVF-Befruchtungen pro Jahr
- Deutschland: 16000 IVF-Kinder seit 1981 geboren; jährlich kommen 3500 dazu
- Deutsche Klinik für Fortpflanzungsmedizin GmbH in Bad Munder bei Hannover;
3000 PatientInnen pro Jahr
- Mikroinjektion (ICSI = Intracytoplasmatic Sperm Injection);
neu: Männern unreife Spermien direkt aus den Hoden entnehmen (Hodenbiopsie) und
per Mikroinjektion direkt in Eizelle einbringen
- Sexing = Festlegung des Geschlechts; Auswahl nach unterschiedlichem Gewicht
der Spermien; NL, GB, USA; Werbung im INTERNET
·
Q:
TV ARD 14.3.96 Mensch in Gefahr
- Aborte in der 19.-22. Woche (kurz vor der Schwelle zu Lebensfähigkeit): 15-20
cm groß, Angst Stress Schmerz-Empfinden
- Föten begehrter Rohstoff für Industrie
- §218 1995 geändert: Abtreibung nicht mehr nur bis zur 24., sondern bis zur
39. Woche zulässig (kranke, defekte Föten)
·
FP
16.7.98, bild der wissenschaft 9/98 S.6:
Schwangerschaft USA durch Sperma, das nach dem plötzlichen Tod des Ehemannes
eingefroren worden war, nach Retortenbefruchtung
FP 22.5.98: 58-jährige Israelin durch gefrorenes Sperma ihres toten Mannes im
5. Monat schwanger
·
FP
18.2.98: Junge geboren USA, ältester gefrorener Embryo der Welt 7 ½ Jahre
·
taz
15.9.97: Italien Gerictsurteil: Kind einer Leihmutter hat Anspruch auf Erbe
·
taz
31.10.97: Niederlande Klinik geschlossen, in der Geschlechtswunsch erfüllt
wurde
·
taz
13.1.98: künstliche Befruchtung bei gesunder Frau und unfruchtbarem Mann in D.
nicht auf Kosten der Krankenversicherung
·
taz
28.11.97: Kassen übernehmen in der Regel Kosten für drei Versuche
·
Spiegel
34/98 S.154:
* Kalifornien: Leihmutter trägt Kind für homosexuelles Männerpaar (beide 46)
aus. Zwei Männer
stehen in den Geburtspapieren als
Eltern
* weltweit 300000 Retortenkinder, 250 IvF-Kliniken in USA, jede zehnte in
Kalifornien
* jedem zehnten amerikanischen Ehepaar bleiben leibliche Kinder versagt
* Eispenderin 2500 $
* Leihmutterschaft 16000 $ + Spesen für Leihmutter, gesamt 60000 $ einschl.
Vermittlung
·
Dtsch.
Ärzteblatt 3/98 S.A-112:
Änderung der Richtlinien über künstliche Befruchtung:
Die Intracytoplasmatische Spermainjektion (ICSI) ist derzeit keine Methode der
künstlichen Befruchtung im Sinne dieser Richtlinien...
·
Dtsch.
Ärzteblatt 48/97 S.A-3254:
* in D. ca. 2 Mill. Paare ungewollt kinderlos
* heute bei über drei Prozent aller Lebendgeburten (über 20000 Kinder/a) eine
Sterilitätstherapie in
irgendeiner Form vorausgegangen
* großer Fortschritt: ICSI, revolutionärer Durchbruch
Mikroinsemination; 50% der Eizellen
befruchtet, Schwangerschaftsraten 30-35% pro Behandlungs-
zyklus, nach 4 Behandlungszyklen sind
knapp 2/3 dieser Patientinnen schwanger;
auch mit Spermien aus Hoden oder
Nebenhoden
* Embryonenschutzgesetz verbietetHinzuziehung Dritter (Eizell-, Samen-Spende,
Leihmutterschaft)
·
GID
128 8/98 S.19:
* Louise Brown 25.7.78 per Kaiserschnitt in britischer Kleinstadt Oldham
* 300000 weltweit, 20000 Deutschland, in D. 90 Reproduktionskliniken,
* in D. zwei Mio Paare dauernd oder vorübergehend ungewollt kinderlos
100000 deutsche Ehepaare versuchen
jährlich iVF, 5400 Kinder kommen dann zur Welt
* Einfrieren in D. verboten, Lücke im ESCHG: Zeit zwischen Befruchtung der
Eizelle und Kernverschmelz7ung (= Vorkernstadium)
* zunehmend Geburt von Mehrlingen
* ICSI 1992 Belgien entwickelt, Zwangsbefruchtung bei männlicher Sterilität,
seit zwei Jahren übertrifft die Anzahl
der durch ICSI eingeleitetenSchwangerschaften sogar die IvF-Behandlungen
·
GID
125/26 4/98 S.53: neunzigprozentige Mißerfolgsrate, Eingriffe mit
beträchtlichen gesundheitlichen Risiken verbunden
·
taz
2.6.98: US-Unternehmen bietet überzählige gefrorene Embryonen zur Adoption an
·
SPIEGEL
5/98 S.34 Abtreibung - rechtliche Regelungen versch. Länder
·
GEO
Wissen SexS.62ff
IVF-Embryo Chance Einnistung in Gebärmutter: 10-15%
bis 15. Tag nach Befruchtung: Prä-Embryonen
S.185: Embryogenese endet definitionsgemäß im dritten (Mitte)
Schwangerschaftsmonat, wenn alle Organe angelegt sind, danach: FETUS
·
Spiegel
16/98 S.148:
tiefgefrorene Embryonen: halten sich kaum länger als 5 Jahre
·
Dtsch.
Ärzteblatt 1.2/98 S.A58:
Richtlinien zur IVF usw.
- künstl Besamung: in der regel nur Samen des Ehemannes; bei heterologer
Insemination hat Kind Anspruch auf Bekanntgabe seines biol. Vaters
- Gefrierkonservierung: in der Regel nur im Vorkernstadium
- Anwendung in der Regel nur bei Ehepaaren
·
im
Alter von 20 Wochen enthält der weibliche Fetus 6-7 Mill. Eizellen, im Laufe
der letzten 4 intrauterinen Wochen sterben 4 Mill. davon ab, noch vor der
Pubertät fast alle, bis auf etwa 400000, verschwunden, höchstens 450 von ihnen
werden zur Ovulation kommen;
Eier sind die größten Zellen im Körper, 1/10 Millimeter;
Beispiel Eizellspenderin: so viel Eier auf einmal reif wie sonst in 2-3 Jahren
zusammen: 29;
Chancen IVF bei älterer Frau mit eigenen Eizellen 12-18%; Spenderinnen-Eier
(von 25-jähriger) verbessern Chance auf vielleicht 40%
(Spiegel 30/2000 S.82)
·
Adoptionen:
auf 1 zur Adoption vorgemerktes Kind kommen 10 Bewerber;
(FP 28.6.00)
·
Beratung
so gute Erfolge wie IVF;
psychologische Beratung für ungewollt kinderlose Paare (7 Sitzungen im Abstand
von zwei Wochen): 15,8% werden schwanger;
sechs Monate lange invasive IVF-Behandlung in Uniklinik Münster: 14,6%
Schwangerschaften
(GID 140/2000 S.32)
·
Kosten
für ICSI-Behandlung - 1500 bis 2500 DM pro Zyklus
Erfolgsquote/Geburtenrate liegt zwischen 15 und 20%;
die WHO erklärt Sterilität als Krankheit und räumt jedem Paar das Recht auf ein
eigenes Kind ein
(GID 140/2000 S.35)
·
bei
weit über 90% der Sterilitätstherapien werden Frauen mit Hormonen behandelt,
dadurch bilden sich im Schnitt 9, in Extremfällen bis 20 befruchtungsfähige
Eizellen;
Kassenleistung an Ehestatus gebunden, bezahlt werden bei IVF 4 Behandlungen,
danach muß Arzt besonders begründen;
ICSI kostet wie IVF 2-3000 DM pro Behandlung;
Erfolgsquote (Behandlungsversuche à normale Schwangeschaftsverläufe):
12%;
behandelte Frauen in D.: 30009 pro Jahr (1998), durchschnittlich 1,5
Behandlungen;
1998 23600 x ICSI (erst 1994 in D. eingeführt); 16800 x IVF;
nach IVF 1400 normale Schwangerschaftsverläufe 1197 Geburten;
nach ICSI: 2480/2043
(à 3240
Geburten bei 30009 Frauen: 10,8% Erfolgsrate)
1998: 4616 mal Kryokonservierung (seit 1994);
1998 27% Mehrlingsschwangerschaften bei ICSI/IVF;
alle über hundert IVF-Teams in D. praktizieren ICSI;
(GID 139/2000 S.3,8)
·
Kassen
müssen ICSI bezahlen (Landessozialgericht Celle);
ICSI kostet 10000 DM, IVF 7700 DM
(bdw 7/2000 S.36)
·
nach
sieben Sitzungen psychologischer Beratung für ungewollt kinderlose Paare 15,8%
Schwangerschaften;
Vergleich: besser als sechsmonatige IVF-Behandlung Uni Münster: 14,6%
Schwangerschaftsrate
Öko-Test-Magazin 10/2000 S.99
·
oberhalb
des 30. Lebensjahres steigt für Frau und Mann das Sterilitätsrisiko; zwischen
15 und 20 % der deutschen Frauen ungewollt kinderlos
Dtsch. Ärzteblatt 38/2000 S.A-2445
·
die
weltweit ersten mit eingefrorenem Sperma und tiefgekühlten Eizellen gezeugten
Babys sind in Singapur geboren worden
(FP 31.12.2000)
·
ICSI
in Deutschland 1999 21000x durchgeführt;
weltweit schätzungsweise bisher > 100000 Kinder;
in Deutschland derzeit 100 Zentren für Reproduktionsmedizin, 1982 742
Behandlungen, 1999 44086, etwa 1% aller in D. geborenen Kinder wird außerhalb
des Mutterleibes gezeugt
(Der Spiegel 10/2001 S.208ff)
·
Nachschubproblem
bei frischen Eizellen, im Gegensatz zu Spermien und ganzen Embryonen kann man
Eizellen nicht einfrieren, weil sie sehr empfindlich sind gegen Temperaturschwankungen;
konkreter Fall USA: Ernte von 22 Eizellen, mit denen in der Regel etwa 15
Embryonen zu Stande kommen;
15000 Reagenzglasbabys kommen in den USA jährlich zur Welt, 60000 Kinder
entstehen durch eine Samenspende und rund 1000 durch eine Leihmutter-Vereinbarung;
nach Schätzungen liegen in den USA über 100000 Embryonen auf Eis;
(Spiegel-Reporter 1/01 S.25ff)
·
Abtreibungen
je 1000 Geburten:
Rußland 1695, USA 387; Deutschland neue Länder 272; EU 193; Deutschland alte
Länder 153
(Der Spiegel 9/2001 S.166)
·
Bonn:
befruchtete Eizelle 9 Jahre tiefgefroren aufbewahrt, Junge geboren
(taz 19.1.01)
·
Bundessozialgericht
Kassel: Krankenkassen in Deutschland müssen Behandlung mit ICSI bezahlen
(Spermien werden ausgewählt und gezielt in die Eizelle eingebracht)
(GID 145/2001 S.28)
·
Haben
Frauen überhaupt die Möglichkeit, pränatale Diagnostik (z.B. Ultraschall) zu
verweigern?
Ja, wenn sie sich ausschließlich für eine Hebammenvorsorge als Begleitung der
Schwangerschaft entscheiden. In dem Moment, wo sie sagen, ich gehe zu einer
Frauenärztin, ist ein Ultraschall obligatorisch. In den
Mutterschaftsrichtlinien sind drei Ultraschalluntersuchungen vorgeschrieben.
Die gehören zum Vorsorgepaket. Der Arzt muss sie machen, um überhaupt mit der
Krankenkasse abrechnen zu können. Und sie können dem Arzt auch nicht sagen,
schauen sie beim Ultraschall bitte nicht die Nackendicke an. Darauf werden sich
selbst die alternativsten Ärzte nicht einlassen.
Nackendicke?
Wasseransammlung im Nacken, wird mittlerweile beim ersten Ultraschall von jedem
Gynäkologen gemacht, wenn auffällig, Prüfung, ob Herzfehler vorliegt oder eine
chromosomale Veränderung
(taz 23./24.6.01)
·
Positionspapier
der Berufsverbände deutscher Gynäkologen und Fortpflanzungsexperten:
Zulassung der PID;
ungewollte Kinderlosigkeit per Gesetz zur Krankheit erklären;
auch Unverheirateten Recht auf künstlich gezeugten Nachwuchs gewähren;
Eizellspenden zulassen, auch 50-jährige können Empfängerinnen sein;
Mutter soll in Ausnahmefällen als Leihmutter Kind der Tochter austragen dürfen;
Möglichkeiten zur Forschung an Embryonen und zum therapeutischen Klonen offen
halten;
Zulassung der Erzeugung von mehr als drei Embryonen(dann u.a. Auswahl der
besten möglich) und Tiefgefrieren
(Spiegel 26/01 S.208)
·
IVF-Behandlungen
werden in Deutschland ca. 60000-mal im Jahr vorgenommen;
Belastungen für die Frau bei Eizellgewinnung:
3-5% der Frauen bekommen in Folge der Hormonbehandlung ein
Hyperstimulationssyndrom (eine im Extremfall lebensbedrohlich Überreaktion auf
die Hormone, bei der die Eierstöcke bis zu Orangengröße anschwellen); Hinweise
auf Langzeitfolgen, wie etwa ein erhöhtes Krebsrisiko; Eizellpunktion mit
Risiken wie vaginalen Blutungen und Darmverletzungen verbunden;
Chance, ein Kind zu haben: bei IVF 13,6%, bei ICSI 15,1%;
23,1% Zwillings- und 3,3% Drillings-Geburten;
(Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zu DAS PARLAMENT 29.6.2001)
·
seit
1978 weltweit rund eine Million Kinder mit Hilfe der Reproduktionsmedizin
geboren;
in Deutschland inzwischen ein bis 2 von 100 Neugeborenen künstlich gezeugt;
Zwillingsrate 23,6% Drillinge 3,39%
(epd-wochenspiegel 30/01 S.8)
·
Tiefküllagerung
von Eizellen wegen deren hohen Wassergehaltes recht schwierig und liegt derzeit
bei 50 %
(Rheinischer Merkur 28/01 S.5)
·
dass
70 bis 80 % der Schwangerschaften nicht mehr den Zustand guter Hoffnung und
freudiger Erwartung, sondern ein Risikoereignis darstellen...
(Das Parlament 8.6.01)
·
jedes
Jahr in den USA: 60000 Geburten durch Samenspenden, 15000 durch IVF und etwa
1000 durch Leihmutter-Arrangements;
von 100 Kindern, die in Deutschland geboren werden, wird eines nach
fortpflanzungsmedizinischen Maßnahmen gezeugt
(Die Zeit 31.5.01 S.39)
·
Hebamme
mit Erfahrungen in England und Afrika:
der Großteil der Schwangerschaften verlaufe völlig normal und eigentlich
brauchten die meisten werdenden Mütter – wenn überhaupt – erst im Kreißsaal die
Bekanntschaft mit einem Arzt zu machen
(Freie Presse 1.6.01)
·
in
20% der Fälle tritt eine biochemisch feststellbare Schwangerschaft ein; nach
weniger als 10% der Transfers wird ein Kind geboren
(Arbeitskreis Leben mit Mukoviszidose, Folien PID 9/2000 Folie 3)
·
in
Deutschland ist jedes 6. Paar ungewollt kinderlos;
verbesserte Chancen für ältere Frauen, Kinder zu bekommen;
Verpflanzung von Genmaterial jüngerer Frauen – praktisch als Katalysator – dadurch
werden Eizellen quasi verjüngt;
USA: 30 Babys bereits so zur Welt gekommen und gesund;
in die Eizellen eingepflanzt wurden mit Zytoplasma die so genannten
Mitochondrien der jüngeren Spenderin;
Kinder, die auf diese Weise zur Welt kommen, haben praktisch drei Eltern;
Mitochondrien enthalten eigenes Erbgut, das sie in die Zellen des Kindes
einbringen; „nur“ 0,03%)
(Freie Presse 9.5.01, taz 7.5.01)
·
ICSI
in Deutschland derzeit 21000 mal jährlich; führt in fast 25 % der Fälle zu
einer Schwangerschaft; je jünger die Eizelle, desto wahrscheinlicher der
Erfolg; in Deutschland kommen jedes Jahr 2000 ICSI-Kinder auf die Welt;
Entnahme von Hodengewebe (MESA = mikrochirurgische epididymale
Sparmatozoenaspiration)
(Der Spiegel 36/2001 S. 80)
·
von
1991 bis 1999 in Großbritannien 423153 künstlich gezeugte Embryonen in Frauen
eingepflanzt, 44654 Retortenbabys kamen auf die Welt (Erfolgsrate 10,6%),
weitere 226075 Embryonen wurden bei –196Grad Celsius in flüssigem Stickstoff
eingefroren
(Der Spiegel 35/2001 S.176)
·
Selektion???
§3 Verbotene Geschlechtswahl
Wer es unternimmt, eine menschliche Eizelle mit einer Samenzelle künstlich zu
befruchten, die nach dem in ihr enthaltenen Geschlechtschromosom ausgewählt
worden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe
bestraft. Dies gilt nicht, wenn die Auswahl der Samenzelle durch einen Arzt
dazu dient, das Kind vor der Erkrankung an einer Muskeldystrophie vom Typ
Duchenne oder einer ähnlich schwerwiegenden geschlechtsgebundenen Erbkrankheit
zu bewahren, und die dem Kind drohende Erkrankung von der nach Landesrecht
zuständigen Stelle als entsprechend schwerwiegend anerkannt worden ist.
(Embryonenschutzgesetz vom 13.12.90)
·
Eizellen
älterer Frauen verjüngen: etwas Zytoplasma aus einer jungen Spenderzelle wird
abgesaugt und in ein altes Ei injiziert – Baby hat drei Elternteile
(mütterliches Zellplasma von zwei verschiedenen Frauen);
in Deutschland derzeit 100 Zentren für Reproduktionsmedizin, 1982: 742
IVF-Behandlungen, 1999: 44086 Versuche, ungefähr 1% aller in D. geborenen
Kinder wird inzwischen außerhalb des Mutterleibes gezeugt
(Der Spiegel 10/2001 S.210)
·
Eispende
und Überstimulationssyndrom: die American Society for Reproductive Medicine
spricht von „Gesundheitsrisiken und einem geringen Mortalitätsrisiko“. Soll
heißen: die hormonelle Stimulierung kann zu Blutverdickung, Thrombosen und
schlimmstenfalls zum Schlaganfall, das wiederholte Punktieren der Eierstöcke
zur Vernarbung führen... manchmal auch Unfruchtbarkeit;
IVF etwa 70000 Fälle pro Jahr in USA, Kosten eine IVF: 5-10000 Dollar (wenn
Frau eigene Eizellen nutzen kann);
die „selektive Reduktion“ (Tötung „überzähliger Feten“) wird in deutschen
Kliniken gelegentlich vorgenommen;
(Die Zeit 7.7.01 S.13ff)
·
bereits
1997 in USA Kind nach IVF geboren, bei dem Forscher aus gespendeten Eizellen
Zellflüssigkeit mitsamt Mitochondrien in die Eizelle einer anderen Frau
gespritzt hatten;
2001 Mitteilung der gleichen Forschergruppe, dass inzwischen 30 Kinder mit
Hilfe dieser Methode zur Welt gekommen sind; nachgewiesen, dass bei einigen die
Mitochondrien-DNS weitergegeben und die Kinder somit gentechnisch verändert
sind
(GID 146 – 6-7 2001 S. 8)
·
erstes
Retortenbaby in Deutschland April 1982 in Erlangen geboren;
die katholische Kirche sprach damals von einer Manipulation, die „schlimmer als
die Atombombe“ sei;
etwa 8000 Kinder werden jährlich in Deutschland durch künstliche Befruchtung
geboren, eine Million IVF- und 100000 ICSI-Kinder sollen es bisher weltweit
sein
(epd-wochenspiegel 37/2001 S.14)
·
Kassen
bezahlen ICSI vorerst doch nicht (trotz Grundsatzurteil des
Bundessozialgerichtes); Stude in Mainz: Wahrscheinlichkeit für Fehlbildungen
nach ICSI 23% (15-65%); damit 4,4-fach höher als natürlich
(GID 149 Dez.2001/Jan2002 S. 26)
·
Tatsache,
dass mittlerweile in Deutschland 80% der Schwangeren durch die GynäkologInnen
zu „Risikopatientinnen“ erklärt werden
(Deutsches Hygienemuseum Dresden, Bürgerkonferenz: Streitfall Gendiagnostik,
Materialband 26.11.01)
·
jedes
80. Kind kommt heute in Deutschland aus der Petrischale;
an die 100000 im Labor gezeugte Kinder wachsen bereits in D. heran;
rund 66000 Mal nahmen Paare 2000 die Dienstleistung IVF in Anspruch;
Geburt von 9675 Kindern 1999 lt. IVF-Register;
ein IFV-Versuch kostet 5000 €, die ersten vier Versuche bezahlt die Kasse;
europaweite Studie 2001: Retortenkinder unterscheiden sich in ihrer sozialen
und mentalen Entwicklung nicht von natürlich gezeugten Kindern;
Erfolgsrate: 100 eingeleitete Behandlungen à 89,4% wird künstliche Befruchtung
versucht à 20,3%
der Fälle führen zu Schwangerschaften à 10,4% der Frauen gebären 1 oder mehr
lebensfähige Kinder;
bei Frauen bis 28 Jahre Geburtenrate pro Behandlungszyklus bei 15%, bei
40-jährigen sind es nur noch 5%;
Mittvierzigerinnen produzieren zwar noch Monat für Monat ein Ei, doch meistens
sind die Chromosomen so schwer geschädigt, dass sich aus keinem einzigen mehr
ein Nachkomme entwickeln kann;
ICSI hat vermutlich weltweit schon 100000 Kindern das Leben geschenkt;
Tiefgefrieren von Eizellen ist schwierig (Eiskristallbildung im Inneren);
trotzdem sind weltweit schon 60 Babys aus Eizellen entstanden, die erst nach
einer Tiefkühlung befruchtet worden waren;
Tötung von einem Drilling bei Mehrlingsschwangerschaften nach IVF; Nadel durch
die Buchdecke der Frau in das Herz des Kindes, 2 ml Kaliumchlorid, nach zwei
Minuten steht Herz still;
2000 setzten deutsche Fortpflanzungsmediziner beinahe jeder 2. Frau drei
Embryonen gleichzeitig ein; Fetozid zulässig wegen §218 Gefahr für Gesundheit
der Mutter; ca. 150 Fälle pro Jahr in D.;
natürlich: von 80 bis 90 Geburten eine Zwillingsgeburt; nach künstlicher
Befruchtung ist es etwa eine von vier;
(Der Spiegel 4/2002 S.70ff)
·
bei
Reagenzglasbefruchtung 27% Mehrlingsgeburten,
0,8% der Frauen erleiden Überstimulationssyndrom
(Ausstellung SEX Deutsches Hygienemuseum Dresden)
·
In
Frankreich wird jetzt eine Formel (Gesetz) für die Entsorgung von eingefrorenen
Embryonen ausgearbeitet
(Freie Presse 30.1.02)
·
Bonner
Mediziner haben erstmals in D. vor einer künstlichen Befruchtung gesunde von anormalen
Eizellen getrennt; mit der Methode kann Erfolgsrate der Reagenzglasbefruchtung
im Fall älterer Frauen deutlich erhöht werden; bei der Untersuchung wird die
Zahl der Chromosomen analysiert; indirekte Untersuchung: Untersuchung der
Polkörper, auf die zusammen mit der Eizelle der doppelte Chromosomensatz
aufgeteilt wurde – lässt Rückschlüsse auf den Bestand in der Eizelle zu; nach
der neuen Methode werden Frauen nur die Erfolg versprechenden befruchteten
Ei-Zellen (die keine falsche Chromosomenverteilung aufweisen) eingesetzt
(taz 27.2.02)
·
80%
der befruchteten Eizellen im Mutterleib gehen zugrunde; es gibt keine Garantie,
dass sie menschliche Wesen werden
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.14)
·
weltweit
sind mehr als 100000 überzählige Embryonen von künstlichen Befruchtungen
eingefroren
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.17)
·
2000
in Deutschland 766969 Geburten (1960: 1261614; 1990: 905675)
(Spiegel 7/02 S.182)
·
Kardinal
Lehmann erinnerte daran, dass allein in Deutschland pro Jahr 60000 bis 80000 künstliche
Befruchtungen vorgenommen würden, dabei entstünden viele sogenannte überzählige
Embryonen
(ideaSpektrum 12/02 S.7)
·
„männliche“
und „weibliche“ Spermien lassen sich im elektrischen Feld trennen; besser
geeignet als bisherige Methode der Markierung mit fluoreszierenden Farbstoffen
(GID 150/2002 S.29)
·
S.24:
jährlich 60000 IVF-Behandlungen, rund 4000 Kinder geboren
(Woche für das Leben 2002, Arbeitsheft „Von Anfang an das Leben wählen statt
auswählen“)
·
mehr
als 6000 Kinder kommen in D. jährlich durch IVF zur Welt
(epd-wochenspiegel 16/02 S.10)
·
Abtreibungen
in Deutschland Statistisches Bundesamt 2001:
135000 Abbrüche (fast konstant geblieben)
Mifegyne bei 6000 Abbrüchen eingesetzt (44% mehr als 2000)
97% der Abbrüche nach der Beratungsregelung (demnach 3% = 4000 Abbrüche nach
Indikationen, darunter z.B. medizinische Indikation bei pränataler Diagnostik
JK)
(taz 9.4.02)
·
Forscher
züchten Ersatz-Gebärmutter - Embryonen in künstlichen Uterus eingepflanzt
Wenn Forscher in den USA Recht behalten, können Embryonen eines Tages in einer
im Labor gezüchteten Gebärmutter auch außerhalb des Mutterleibs heranwachsen.
Hung-Ching Liu vom Center for Reproductive Medicine and Infertility der Cornell
University in New York arbeitet zumindest derzeit an einem derartigen künstlichen
Reproduktionsorgan. Die Gynäkologin und ihre Kollegen entfernten Zellen aus der
Gebärmutterschleimhaut und brachten diese mit Hormonen und Wachstumsfaktoren
dazu, sich an einem Gerüst aus biologisch abbaubaren Materialien zu vermehren
und in Form einer Gebärmutter zu wachsen. In diese Gebilde haben die Forscher
bereits überzählige Embryonen von künstlich befruchteten Paaren übertragen.
Hung-Ching Liu zufolge verbanden sich die Embryonen mit dem gebärmutterartigen
Gewebe.
(Berliner Zeitung 14. Februar 2002)
·
in
China erstmals Eierstock transplantiert; nun soll auch tiefgefrorenes
Eierstockgewebe übertragen werden
(ZEIT 18.4.02 S.30)
·
Zulässigkeit
verschiedener Techniken
Land- |
Leihmutter-schaft |
Eizell-spende |
PID |
Stammzell- |
Belgien |
+ |
+ |
+ |
? |
Dänemark |
- |
+ |
+ |
- |
Deutschland |
- |
- |
- |
+ |
Finnland |
|
|
|
+ |
Frankreich |
- |
+ |
+ |
+ |
Großbritannien |
+ |
+ |
+ |
+ |
Italien |
+ |
+ |
+ |
? |
Niederlande |
+ |
+ |
+ |
+ |
Österreich |
- |
- |
- |
- |
Schweden |
- |
- |
+ |
+ |
Schweiz |
- |
- |
- |
? |
(ZEIT
20/2002 S.37; Das Parlament 18/2002 S.18)
·
Blastozystentransfer:
zusätzliche Reifung der Embryonen vor dem Transfer in die Gebärmutter garantiert
bei künstlicher Befruchtung höhere Erfolgsquoten; in D. wegen EschG verboten
(ZEIT 20/2002 S.35)
·
nach
Hormonbehandlung werden in D. üblicherweise 8-10 Eizellen gewonnen;
bereits nach etwa 18 Std. wird der Befruchtungserfolg mikroskopisch überprüft
(Vorhandensein der beiden Vorkerne sowie deren morphologische Ausbildung);
bei einer Übertragung von zwei morphologisch „idealen“ Embryonen würde eine
Schwangerschaftsrate von 25% pro Embryotransfer erzielt, während diese bei zwei
nicht untersuchten Embryonen lediglich knapp über 9% betrage (in D. aber solche
Auswahl vor Implantation nicht zulässig lt. EschG);
„Die Befruchtung ist ein kontinuierlicher Prozess, der mit der Anheftung eines
einzelnen Spermiums an die Eizelle beginnt und mit der Verschmelzung der
Vorkerne abgeschlossen ist.“;
Kryokonservierung: definiertes Abkühlen innerhalb von 1-2 Std. auf ca. –180
Grad unter Zusatz von speziellen Gefrier- und Nährlösungen; danach Lagerung bei
–196 Grad; Lagerungskosten pro Probe 250-400 €/a; Lagerung über Jahrzehnte
hinweg möglich, Erfahrungen: Spermien >10a, Eizellen <5a, Vorkerne 9a,
Embryonen 7a;
in D. werden durchschnittlich 2,3 Embryonen bei IVF übertragen;
20-fach erhöhte Mehrlingsrate nach IVF;
Quote der IVF-Kinder an allen Geborenen: Island 3,8%, Frankreich 1,3%, D.
wahrscheinlich 1,2% [entspricht etwa 9420 geborenen IVF-Kindern in D. für 1998]
Zahl der IVF-Gruppen in D. wird auf 110 geschätzt;
Anzahl der Behandlungen D. 2000:
insgesamt 61531; davon IVF 28945, ICSI 15752, KRYO 9457;
Kosten IVF: Hormonbehandlung 1300-1550 €, IVF (Eizellgewinnung, Befruchtung,
Embryotransfer) 1050 €, ICSI 1250 €; damit IVF-Zyklus 2300-2600 €, ICSI-Zyklus
3600-3850 €; Kryokonservierung 500 € pro Jahr;
eine Baby-take-home-Rate von 13 bis 15% (Angabe des Deutschen IVF-Registers)
bedeutet, dass nur jede 7. Frau ihren Kinderwunsch nach einem IVF-Zyklus
erfüllt bekommt;
(Bundestag Enquete-Kommission Medizin Drucksache 14/9020 S.31f)
·
die
gesetzlichen Kassen in D. zahlen ab sofort auch künstliche Befruchtung nach der
ICSI-Methode (folgen damit einem Urteil des Bundessozialgerichts vom April
2001)
(taz 2.7.02)
·
künstliche
Gebärmutter, in der ein Kind 9 Monate heranwächst, in wenigen Jahren Realität
(GID 151 4-5/2002 S.29)
·
Adoptionen
in Sachsen: 1993 mit 584 die meisten, 2000 mit 244 die wenigsten, 2001 293;
erstmals seit 1998 wieder ein Kind im Säuglingsalter, 45% Vorschulalter, 42%
6-15 Jahre alt; auf einen zur Adoption Vorgemerkten kamen im Schnitt 8 Bewerber
(Freie Presse Chemnitz 6.11.02)
·
in
England durften bisher 3 Embryonen bei IVF eingesetzt werden, jetzt nur noch 2
zugelassen
(Der Tagesspiegel Datum ???)
·
nach
einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs muss eine Behandlung, bei der ein
Samenspender beteiligt ist, so dokumentiert werden, dass ein Kind später die
Möglichkeit hat, zu erfahren, wer sein leiblicher Vater ist;
in Schweden sind Eltern seit 1984 verpflichtet, ihren Kindern zu sagen, ob sie
aus einer Samenspende entstanden sind, Untersuchung dazu: um die 90% hatten es
den Kindern nicht gesagt
(Spiegel 29/2002 S.144)
·
über
eine Million Retortenbabys leben weltweit;
Langzeitstudie geplant; zwar gebe es keine Anzeichen für vermehrte
gesundheitliche Probleme bei IVF-Kindern, doch bei zwischenzeitlich
eingefrorenen Embryonen besteh der Verdacht, dass es zu Veränderungen bei den
Embryonen kommt
(taz 25.10.02)
·
Großbritannien
neues Internet-Angebot: Firma vermittelt kommerziell (anonym und getestet)
Spermien, mit denen lesbische Paare zu Kindern kommen können
(epd-Wochenspiegel ost 45/2002 S.22)
·
vermehrte
Mehrlingsschwangerschaften als Nebenwirkung der Fortpflanzungsmedizin; Lösung:
„selektiver Fetozid“; konkreter Fall: 5 Feten, ärztliche Empfehlung: 3 töten;
wegen Gefahr einer vollständigen Fehlgeburt (Wahrscheinlichkeit je Eingriff
liegt zwischen 10 und 20%) mussten zwischen den einzelnen Abtreibungen je 1
Woche vergehen; Verfahren: Nadel durch die Bauchdecke unter Ultraschallsicht
ins schlagende Herz des Fetus, Kaliumchlorid einspritzen; die getöteten Feten
wurden vom Körper absorbiert;
natürliche Wahrscheinlichkeit für Zwillinge knapp 1,2%, liegt bei
Laborbefruchtung 20x höher; bei drei von hundert Entbindungen kommt es nach
Zeugung in der Petrischale sogar zu Drillingen;
Risiko für Totgeburt liegt bei Zwillingen 6x höher als bei 1 Kind;
Frühgeburten: Zwillinge im Durchschnitt 5 Wochen zu früh, Drillinge oft nur bis
zur 32. Woche;
Schätzung: 150 Fälle von Fetozid pro Jahr in Deutschland;
in Schweden oft nur noch 1 Embryo eingepflanzt;
(Die Zeit 12.9.02 S.38)
·
Samenwahl
per Laserstrahl; Geschlecht des Kindes vor der Zeugung auswählen; seit 1998
USA; Maschine trennt Spermien mit X-Chromosomen von solchen mit Y-Chromosomen
trennen; X-Spermien geringfügig schwerer; Spermien werden mit fluoreszierenden
Farbstoff markiert, dann unter Laserstrahl durchgejagt und nach X und Y
sortiert; bei X-Spermien 88% Trefferquote, bei Y 73%; Kosten: 6000 Euro;
in Indien bereits 1996 allein in Bombay 200 Kliniken, die sich offiziell auf
selektiven Abort spezialisiert hatten (Ultraschall; Auswahl männlicher
Nachkommen)
(Die Zeit 26.9.02 S.38)
·
„Risikoschwangerschaft“
bei 70% aller Schwangeren in Deutschland
(Evangelische Frauenarbeit in Deutschland u.a.: Von der Würde und der
Verantwortung von Frauen, Arbeitshilfe, Frankfurt/Main 2002, S.52)
·
nur
9% aller IVF-Behandlungen enden in Deutschland mit einer Geburt;
IVF-Kinder sind doppelt so hoher Gefährdung ausgesetzt, mit schwerem
Geburtsfehler (Niere oder Herz) geboren zu werden als Kinder, die natürlich
gezeugt wurden; übermäßiges Risiko, ein Kind mit zu niedrigem Geburtsgewicht
oder Geburtsfehlern zu bekommen;
(taz 17.1.03)
·
USA
Eizellspenden nehmen dramatisch zu, besonders Studentinnen; etwa 30000 Kinder
wurden in den USA bereits mit Hilfe einer Eizellspende geboren; etwa 2500
Dollar gibt es für eine solche Spende; eine komplette Eispenden-IVF kostet
zwischen 12000 und 25000 Dollar
(GID 155/2002-2003 S.30)
·
Untersuchung
in Schweden: doppelt so viele IVF-Babys kommen mit gesundheitlichen Problemen
auf die Welt wie natürliche gezeugte Kinder;
Australien: Fehlbildungsrate bei IVF-Kindern um 9% erhöht;
(GID 155/2002-2003 S.54)
·
Nicht
einmal jeder zehnte Versuch, ein Kind per IVF zu zeugen, führt zu einer Geburt;
IVF-Erfolgsquote: 30 Jahre alte Mutter: 30%; 40 Jahre 20%; 44 Jahre 10%;
künstliche Befruchtungen in Deutschland:
1990: 7443 (nur IVF); 1995: 18731 IVF + 13598 ICSI; 2001: 23500 IVF + 27000
ICSI;
(GEO Wissen Nr.30: „Die neuen Wege der Medizin“ 2002, S.86f)
·
während
der Entwicklung im Eileiter teilen sich die Zellen des Embryos etwa alle 12-36
Stunden, ohne dass der Embryo an Volumen zunimmt (Furchungsteilungen); die
Zellen, aus denen der E. besteht, werden also immer kleiner; nach weiteren
Zellteilungen ... entsteht aus der befruchteten Eizelle ... die Blastozyste,
ein Bläschen aus 200 bis 250 Zellen (davon ca. 30 sog. Embryoblastzellen [à Herkunft der embryonalen Stammzellen
JK]), das einen flüssigkeitsgefüllten Hohlraum umgibt;
etwa am 6. Tag nach der Befruchtung – der Embryo ist nun im Uterus angekommen –
schlüpft die Blastozyste aus der Zona pellucida und nistet sich im Uterus ein
(7)
erst nach der Nidation finden gestaltbildende Prozesse und das Wachstum des
Embryos statt; zu Beginn der dritten Woche bildet sich der sog.
Primitivstreifen aus, durch ihn werden die Achsen des Embryos (Kopf-Rumpf sowie
Rücken-Bauch) festgelegt und die drei Keimblätter (Ektoderm, Entoderm und
Mesoderm) gebildet; bis zu diesem Zeitpunkt kann sich der Embryo noch in
mehrere Individuen (z.B. eineiige Zwillinge) teilen; ab der 4. Woche beginnt
die Bildung von Organen und Geweben des Embryos;
alle Zeitangaben beziehen sich (hier) auf das Alter nach der Befruchtung; in
der Geburtshilfe beziehen sich die Zeitangaben dagegen auf den Zeitpunkt der
letzten Regelblutung der Frau („Schwangerschaftswoche“ = post menstruationem,
p.m.), der etwa zwei Wochen vor der Befruchtung (post conceptionem, p.c.)
liegt; in Gesetzestexten, z.B. zum Schwangerschaftsabbruch, sind Zeitangaben
p.c. die Regel (8)
·
Für
die IVF werden 10-14 Tage nach hormoneller Stimulation der Frau etwa 8-12 reife
Eizellen durch eine Punktion der Eierstöcke gewonnen und außerhalb des Körpers
befruchtet. Für die Befruchtung werden etwa 100000 Spermien zu jeder Eizelle
gegeben. Bei eingeschränkter Produktion oder Funktion der Spermien wird eine
Samenzelle direkt in die Eizelle injiziert (ICSI). Die Morphologie der Eizellen
gibt keine Hinweise auf das spätere Entwicklungspotenzial der Embryonen. Eine
Beurteilung der befruchteten Eizellen im Vorkernstadium lässt jedoch eine
begrenzte Aussage über die Entwicklungsfähigkeit zu und kann dazu beitragen,
die Schwangerschaftsraten zu erhöhen. Dies wird auch in Deutschland
durchgeführt. (9)
In England werden nach visueller Inspektion inzwischen ... nur noch zwei
Embryonen übertragen (10)
·
Ovarielles
Überstimulationssyndrom:
weltweit bis 4% aller behandelten Frauen, in Deutschland 0,7% von der schweren
Form des Syndroms betroffen (17)
·
aus
dem Votum gegen Zulassung der PID:
Befruchtung im Labor... dieser, für sich im Falle der Infertilität noch
hinnehmbaren Technik... (51)
·
(Nationaler
Ethikrat: Stellungnahme „Genetische Diagnostik vor und während der
Schwangerschaft“, 23.1.03, die Seitenangaben beziehen sich auf die
Druckfassung, verschickt am 24.1.03)
·
diskutierte
Einschnitte in der Menschwerdung:
+ Entschluss von Eltern, ein Kind haben zu wollen
+ Verschmelzung von Ei- und Samenzelle
+ Einnistung in die Gebärmutter
+ Ausbildung des Primitiv-Streifens
+ dritter Schwangerschaftsmonat (Organ- und Gestaltbildung abgeschlossen)
+ Ausbildung von Hirnstrukturen („Hirnleben-Kriterium“ in Anlehnung an das
Hirntod-Kriterium bei der Organtransplantation; Synapsen als Verbindungen
zwischen Nervenzellen
frühestens ab 70. Tag nach der Befruchtung; dieser Zeitpunkt kann mit
Ultraschall hinreichend genau festgestellt werden)
+ Auftreten von (Schmerz-)Empfindungsfähigkeit
+ erste von der Schwangeren wahrgenommene kindliche Bewegungen
+ Überlebensfähigkeit außerhalb der Gebärmutter
+ Geburt
+ erster Atemzug (jüdischer Kulturkreis)
+ Zustimmung des Vaters
+ Ausbildung der Fähigkeit zur Zeiterfahrung
+ Ausbildung eines Selbstbewusstseins
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 135, 138, 150, 165)
·
Katholische
Kirche, Kongregation für die Glaubenslehre, Instruktion DONUM VITAE (1987):
bleibt auch der „einfache Fall“ also ein homologes IVFET-Verfahren (= Zeugung
im Labor mit Ei- und Samenzellen der zukünftigen Eltern, Frau trägt Kind selbst
aus) eine moralisch unerlaubte Technik
(Ethik in der Medizin, Reclam 2000, S. 361f)
Schwangerschaftsabbrüche und vorgeburtliche
Diagnostik in Deutschland
Jahr |
1993 |
1996 |
1998 |
2000 |
Lebendgeborene |
798000 |
796000 |
785000 |
767000 |
Schwangerschaftsabbrüche |
111000 |
131000 |
132000 |
135000 |
davon: medizinische |
6100 (5,5%) |
4800 (3,7%) |
4300 (3,5%) |
3600 (2,7%) |
davon: embryopathische |
900 (0,8%) |
--- |
--- |
--- |
Spätabbrüche |
90 |
159 |
175 |
154 |
invasive PND (Amniozentese + Chorionzottenbiopsie) |
? |
62000 |
67000 |
? |
Fehlgeburten als Komplikationen nach invasiver PND |
? |
ca. 700 |
ca. 700 |
? |
·
Gesetzesänderung
1995: Abschaffung der „embryopatischen Indikation“ (geht in der „medizinischen
Indikation“ auf), keine Frist mehr für Spätabbrüche
(Nationaler Ethikrat: „Genetische Diagnostik vor und während der
Schwangerschaft“, Druckfassung 24.1.2003 (Zahlen z.T. gerundet));
·
menschliche
Eizellen lassen sich kaum einfrieren; überstehen wegen des hohen Wasseranteils
den Gefriervorgang nur selten
(Die Zeit 23.1.03 S.24)
·
Ende
2001 waren in Deutschland 925 Kinder zur Adoption vorgemerkt, dem standen 12837
Adoptionsbewerbungen gegenüber, auf jeden Minderjährigen kamen 14 mögliche
Adoptiveltern;
Adoptionen 1998: 6983, 1999: 6348; 2000: 6323; 2001: 5909
(ideaSpektrum 14/03 S.16f)
·
70
bis 80% aller Schwangerschaften werden in Deutschland als
Risikoschwangerschaften definiert
(Diakonie Korrespondenz 02/03: Jeder Mensch ist zum Bild Gottes geschaffen,
März 2003, S.13)
·
in
den USA sind bislang fast 400000 Embryonen eingefroren worden, die meisten zu
Fortpflanzungszwecken
(taz 10./11.5.03)
·
in
Belgien erstmals in Europa Geschlecht des Kindes ausgewählt; Spermien vor der
Befruchtung sortiert; Fluoreszenzmarkierung („weibliche“ Spermien erhalten mehr
DNA, sind schwerer); Erfolgsquote 75% bei Auswahl von Jungen, 85% bei Mädchen;
in USA erstmals 1995 so gezeugtes Kind geboren
(taz 17./18.5.03)
·
Streichung
der künstlichen Befruchtung aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen
Krankenkassen geplant; WHO definiert demgegenüber „ungewollte Kinderlosigkeit
als Krankheit“; gesetzliche Kassen gaben im Jahr 2001 142,5 Mill. Euro für künstliche
Befruchtungen aus, davon 75 Mill. Euro für medikamentöse Behandlungen mit
Hormonen und für 48.700 Retortenbefruchtungen 60 Mill. Euro
(GID 158 6/7-2003 S.33)
·
“natürlicherweise“
gelangen bis zu 50% der Embryonen nicht zur Einnistung
(Eibach, U.: Menschenwürde an den Grenzen des Lebens, Neukirchen-Vluyn 2000,
S.76)
·
Tötung
von Embryonen/Föten bei höhergradigen Mehrlingsschwangerschaften nach IVF;
es ist zu befürchten, dass der unselektive Fetozid (nur Zahl wird reduziert,
nicht auf bestimmte Merkmale geachtet) in den Behandlungsplan assistierter
Reproduktion eingebunden wird – gleichsam zur Korrektur der
Sterilitätstherapie;
in der von der Bundesärztekammer (5 Jahre vor dem Embryonenschutzgesetz)
eingesetzten Richtlinienkommission (1985) wurde Übereinstimmung erzielt, dass
der Transfer fremder Embryonen im Sinne der Embryonenspende, bei der das Kind zu keinem seiner beiden
Elternteile eine genetische Verwandtschaft hat, ethisch und juristisch
unvertretbar ist. ABER: „Die Embryonenspende ist allenfalls dort zu
rechtfertigen, wo sie dazu dient, den Embryo vor dem Absterben zu bewahren und
die Bereitschaft eines Elternpaares besteht, das Kind als eigenes anzunehmen“
(Richtlinien 1985).;
das päpstliche Lehramt der katholischen Kirche lehnt jede extrakorporale
Befruchtung als in sich widersittlich ab
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S. 88)
·
unselektiver
Fetozid, um die für Mutter und Kinder mit einer Mehrlingsschwangerschaft
verbundenen Risiken zu senken; in der Regel erfolgt die Reduktion von einer
Drillings- auf eine Zwillingsschwangerschaft; bei diesem Verfahren wird etwa in
der 11. bis 13, Schwangerschaftswoche durch die Bauchwand der Mutter hindurch
das Herz des Kindes punktiert und eine Kalium-Chlorid-Lösung injiziert, die zum
Herzstillstand und Ableben führt; in den USA wird dieser Eingriff nahezu
routinemäßig durchgeführt;
in Deutschland ergeben sich pro Jahr ca. 100 bis 150 Fälle mit Fetozid bei
diagnostizierten Fehlbildungen und zur Reduktion von höhergradigen Mehrlingen
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S. 114)
·
Sollte
es nämlich möglich sein, eine beliebige Anzahl von Eizellen zu befruchten und
dann aus den sich entwickelnden Embryonen die besten auszuwählen, so sind
Schwangerschaftsraten... bis zu 70% pro Embryotransfer zu erreichen; bei den
Regelungen in Deutschland (Selektion geeigneter Embryonen verboten) dürfte die
„Erfolgsquote“ bei knapp 30% eine Grenze haben
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S. 129)
·
Zahl
unfreiwillig kinderloser Paare oft mit 15-20% angegeben;
diese Angaben liegen zu hoch, Angaben versch. Untersuchungen: 5-13%
(Beer, W., Markus, P. (Hrsg.): Was wissen wir vom Leben?, Wochenschau Verlag
Schwalbach/Ts. 2003, S.137)
·
25.
Geburtstag des ersten Retortenbabys; Louise Brown 25.7.78 geboren; hat selbst
Zwillinge (13 Wochen alt) nach IVF
(Freie Presse Chemnitz 28.7.03)
·
Toronto
Kanada: Frauen können mehr als einen Eisprung pro Monat haben; Follikel reifen
in zwei bis drei Perioden im Monat heran; es gibt keine „sichere“ Zeit für
Geschlechtsverkehr
(taz 10.7.03)
·
Expertenkommission
empfiehlt dem Bundesgesundheitsministerium, die „Pille danach“ ohne ärztliche
Beratung zu verkaufen; Einnahme 12 bis 72 Stunden nach ungeschütztem Sex;
verhindert die Einnistung eines Eies (Embryos?JK) in der Gebärmutter
Deutschland Abbrüche bei unter 15-jährigen: 1998: 453, 2002: 761;
Pro Familia: Mit Lebensschutz hat die Pille danach nichts zu tun, weil es sich
bei ihrer Verwendung nicht um eine Abtreibung handelt
(taz 8.7.03)
·
Schweden:
1500 fünfjährige Kinder untersucht; Vorwurf überprüfen, ob künstliche
Befruchtung negativen Einfluss auf die Kindesentwicklung hat;
keine Auffälligkeiten / Unterschiede bei Intelligenz, Sprachentwicklung und im
Verhalten;
bei ICSI-Kindern Fehlbildungen an Nieren und Geschlechtsorganen doppelt so
häufig wie bei natürlich gezeugten Kindern
(taz 4.7.03)
·
Beschreibung
von Verhütungsmethoden:
Hormonspirale / Kupferspirale: verhindern Einnisten des Eis
(Öko-Test 5/2003 S.66)
· Anteil der über 34-jährigen
Spätgebärenden wuchs in den vergangenen zwei Jahrzehnten von 1,3 auf 22%; 70%
der Schwangeren werden einer Risikogruppe zugerechnet;
(Die Zeit 1.10.03 S.40)
· in Großbritannien darf künftig in
Geburtsurkunden auch dann der Name des Vaters eingetragen werden, wenn das Kind
nach dessen Tod künstlich gezeugt wurde
(taz 20./21.9.03)
· Wegweiser durchs Ärztelatein im
„Mutterpass“
(Öko-Test Magazin 9/2002 S.52ff)
· in Deutschland ist etwa jedes 7. Paar
mit Kinderwunsch steril (Def. „steril“: keine Schwangerschaft nach 1 Jahr
ungeschütztem Geschlechtsverkehr, 3x pro Woche, eingetreten)
(Freie Presse Chemnitz 12.9.03)
· Israel: 3% aller geborenen Kinder aus
IVF;
(Nationaler Ethikrat, Jahrestagung 23.10.03 Berlin, Der Umgang mit
vorgeburtlichem Leben in anderen Kulturen)
·
in
Sachsen niedrigste Zahl von Adoptionen seit 1992; auf ein zur Adoption
vorgemerktes Kind kamen rund 10 Bewerber
(Freie Presse Chemnitz 8.6.01)
·
zwischen
10 und 15 % aller Paare haben Probleme mit dem Elternwerden, das heißt, sie
warten mindestens 1 Jahr lang vergeblich auf eine Schwangerschaft;
die so genannte Baby-take-home-Rate liegt in D. pro Behandlungsversuch im
Schnitt deutlich unter 20 %; die Fruchtbarkeitsmedizin verhilft auch nach
mehreren Anläufen nur jedem zweiten Paar zu Nachwuchs
(Die Zeit 12.2.04 S.9)
·
Indien:
64-jährige Frau bringt gesundes Retortenbaby zur Welt; gespendete Eizelle
(Der Spiegel 15/04 S.61)
·
Folge
der Gesundheitsreform: Zahl der künstlichen Befruchtungen in den ersten Monaten
dieses Jahres um bis zu 40% zurückgegangen; seit Januar müssen ungewollt
kinderlose Ehepaare die Hälfte ihrer Behandlungs- und Medikamentenkosten selbst
tragen;
·
gestiegen:
Anfragen nach Adoptionen und nach psychosozialer Beratung
(Die Zeit 1.4.04 S.45)
·
bei
Mäusen bilden somatische Stammzellen in den Eierstöcken auch bei erwachsenen
Tieren noch neue Follikel (bisherige Ansicht: Anzahl der Follikel bereits bei
der Geburt endgültig festgelegt)
(taz 23.4.04)
·
Jungfernzeugung
bei Säugetieren?
Japan/Südkorea: weibliche Maus ohne väterliches Erbgut gezeugt, hat inzwischen
selbst auf natürlichem Weg Nachwuchs geboren;
Eizelle entkernt (598x); zwei Kerne aus anderen Eizellen eingebracht (nun doppelter
Chromosomensatz vorhanden – 497 intakte Eizellen), Entwicklung von (371)
Embryonen; Übertragung in Leihmütter, 28 Kaiserschnittentbindungen, 2
lebensfähige Mäuse;
notwendig: zusätzlicher gentechnischer Eingriff: aus dem Erbgut eines
Eizellkerns eine 19000 Buchstaben lange Passage entfernt, dadurch gewissermaßen
Erbgut vermännlicht;
(Die Zeit 22.4.04 S.41)
·
IVF
in Großbritannien: neue Leitlinien; Frauen unter 40 Jahren maximal 2 Embryonen
einpflanzen, über 40 drei erlaubt (Gefahr von Mehrlingsschwangerschaften); über
die Hälfte der IVF-Schwangerschaften in GB sind Mehrlingsschwangerschaften; in
GB 1% aller Kinder durch IVF;
in D. 33% Zwillinge, knapp 3% Drillinge; (1988 in D. noch über 7% Drillinge)
(GID 162/2004 S.28)
·
in
den USA sind inzwischen 250000 Kinder geboren, die ihr Leben als „frozen
embryo“ begannen (also zwischenzeitlich tiefgekühlt aufbewahrt und dann wieder
aufgetaut wurden)
(GID 162/2004 S.36)
·
Belgien:
einer jetzt 32 Jahre alten Frau wurde vor einer Krebsbehandlung ein Eierstock
entfernt und 6 Jahre tiefgefroren, jetzt wieder aufgetaut und der Patientin
wieder eingepflanzt, Eierstock habe spontan die Arbeit wieder aufgenommen, eine
Schwangerschaft auf natürliche Weise entstanden, Geburt wird im Oktober 2004
erwartet; als möglicher Weg zu Schwangerschaften im Alter von 45 oder 50 Jahren
(nach den Wechseljahren) diskutiert
(die tageszeitung 2.7.04)
·
Chancen
für eine Schwangerschaft durch künstliche Befruchtung können durch das
Einpflanzen von 2 befruchteten Eizellen (statt nur einer) nicht wesentlich
erhöht werden; Studie mit 661 skandinavischen Frauen; bei 2 Eizellen
Erfolgsrate 43,5%, bei 1 Eizelle 39,7%
(taz 2.7.04)
·
Mehrere
innerhalb der letzten Zeit publizierte Beobachtungen lassen es möglich
erscheinen, dass spezifische angeborene Syndrome nach IVF und ICSI vermehrt
auftreten; seltene Defekte; ein möglicher Grund: die künstlichen Bedingungen,
unter denen der Embryo mehrere Tage lang im Laborgefäß heranreift (in
natürlicher Umgebung gibt es einen steten Austausch von Nähr- und Signalstoffen
zwischen Mutter und Embryo)
(Die Zeit 9.6.04 S.35)
·
in
österreichischer Klinik doppelt so große Erfolgsrate bei IVF wie in einer
deutschen; Erfolgsrezept heißt Blastozystentransfer; Embryonen werden dabei
länger, etwa 5 Tage, kultiviert; sind dann im Stadium der Blastozyste; bevor
sie dieses Stadium erreicht haben, gehen die meisten Embryonen zu Grunde; in
Deutschland nur Erzeugung und Übertragung von maximal 3 Embryonen zulässig,
deren Transfer in die Gebärmutter meist nach 2-3 Tagen erfolgt; die Klinik in
Ö. schickt die doppelte bis dreifache Zahl ins Rennen, nach 5 Tagen werden
unter dem Mikroskop die beiden chancenreichsten Blastozysten ausgewählt,
überzählige werden für eine etwaige spätere Verwendung eingefroren; Kriterien
für die Auswahl: hohe Zellenzahl und symmetrischer Aufbau der Zellen;
geringeres Risiko für Drillingsgeburten
(Die Zeit 9.6.04 S.36)
·
Bischof
Huber: dass wir die In-vitro-Fertilisation zugelassen haben und dass von ihr in
einem Ausmaß Gebrauch gemacht wird, das ich um der Menschen willen nicht für
gut halte ... dass es besser gewesen wäre, man hätte auf IVF verzichtet
(Publik-Forum 16/2003 S.48)
·
Eizellen
müssen eine Mindestlänge bei den Telomeren aufweisen (6300 DNA-Einheiten),
damit bei künstlicher Befruchtung eine Schwangerschaft eintritt
(GID 161/2004 S.29)
·
USA:
in den Eierstöcken von Mäusen werden auch nach der Geburt mehr Follikel
produziert als zugrunde gehen; Vermutung, dass es auch in den Eierstöcken
Keimzell-Stammzellen gibt, die ständig neue Eizellen produzieren (wie beim Spermien-Nachschub
in den Hoden)
(GID 163/2004 S.29)
·
in
D. im ersten Halbjahr 2004 15.000 künstliche Befruchtungen weniger durchgeführt
als im Vorjahreszeitraum; Grund: Paare müssen die Hälfte der Kosten selbst
tragen
(GID 165/2004 S.32)
·
zu
Mehrlingsreduktion, Fetozid nach IVF
(Der Spiegel 4/2002 S.81)
·
In
Deutschland kommen auf ein zur Adoption freigegebenes Kind etwa 13
interessierte Paare
(Die Zeit 26.8.04)
·
Großbritannien:
mit Sperma, das 21 Jahre tiefgefroren war, erfolgreich Kind gezeugt und geboren
(taz 27.8.04)
·
Deutsches
IVF-Register
1982: 742 Behandlungen
2002: 23936 IVF-Behandlungen, 37692 ICSI, 14923 Einsetzen eingefrorener
Vorkerne;
Baby-take-home-Rate (Geburten, bezogen auf durchgef. Behandlungen): 17,49% bei
IVF, 19,79% bei ICSI, 10,28% bei aufgetauten Vorkernen;
im Durchschnitt 2,2 Embryonen eingesetzt;
40% aller Kinder, die in Deutschland nach assistierter Reproduktion geboren
werden sind Mehrlinge, dieser Prozentsatz ist zweifellos zu hoch;
Zulassung der Selektion von geeigneten entwicklungsfähigen Embryonen würde
einen wesentlichen Gewinn für die betroffenen Patientinnen darstellen, so
könnten auch nur noch zwei oder ein Embryo eingesetzt werden und damit die Rate
höhergradiger Mehrlingsschwangerschaften deutlich gesenkt werden;
die Rate der schweren und hospitalisationsbedürftigen Überstimulationssyndrome
beträgt in Deutschland nur 0,65 %
(Dtsch. Ärzteblatt 101 Heft 3 S.A96)
·
Kassenpatienten
müssen in Deutschland die Hälfte zur IVF-Behandlung zuzahlen, das sind 1500
Euro pro Zyklus, und die Zuzahlung beschränkt sich auf maximal drei Versuche;
in Belgien übernimmt der Staat bis zu 6 IVF-Versuche komplett
(Frankfurter Rundschau 5.10.04)
·
künstliche
Befruchtung in Deutschland: seit Anfang 2004 wird nur noch die Hälfte der
Kosten durch die Krankenkassen bezahlt; Voraussetzung ist ferner, dass die
Ehefrau zwischen 25 und 40 Jahre und er Ehemann nicht älter als 50 ist; nach
der Geburt eines Kindes entsteht ein neuer Anspruch;
(Freie Presse Chemnitz 29.11.04)
·
Kosten
IvF rund 2500 Euro; 2003 kamen 16000 Kinder nach einer künstlichen Befruchtung
zur Welt, 2004 werden es knapp 10000 sein
(Spiegel 51/2004 S.20)
·
2003:
lt. IvF-Register in Deustchalnd 107000 Kinderwunsch-Behandlungen an mehr als
63000 Frauen durchgeführt, ein Behandlungszyklus kostet etwa 3000 Euro; IvF in
Ostdeutschland wegen neuer Kostenregelung in Ostdeutschland bis zu 50%
zurückgegangen
(GID 167/2004 S.35)
·
jede
4. Frau erwartet nach IvF mehr als 1 Kind; „selektiver Single-Embryo-Transfer“:
Auswahl von besonders geeigneten Embryos (in D. verboten, in anderen Ländern
dadurch vergleichsweise hohe Schwangerschaftsraten bei geringer Mehrlingsrate)
(GID 167/2004 S.35)
·
Großbritannien
möchte (im eigenen Land knappe) Eizellen aus Rumänien importieren; umgerechnet 1437
Euro sollen die Spenderinnen erhalten; nach europ. Recht ist der Verkauf von
Eizellen verboten
(taz 28.1.05)
·
Frühgeborene:
vor der 26. SSW entbunden; 80% der Kinder leichtgradig bis schwer behindert,
nur jedes 5. lebt ohne größere Probleme; die Hälfte der Behinderungen mittel
bis schwer: Spastizität, Lähmungen, Blind- oder Taubheit (12%)
Hauptschwierigkeit im Lernbereich: bei extrem Frühgeborenen haben 41% einen IQ
unter 70 (bei reif geborenen Kindern 2%);
nur die Hälfte der extrem Frühgeborenen können mit Sicherheit Schulabschlüsse
machen und selbständig leben, die andere Hälfte ist vermutlich lebenslang auf
Hilfe angewiesen
(Spiegel 3/2005 S.128)
·
USA: Leihmutter in Phoenix/Arizona bringt Fünflinge
zur Welt, verzichtet auf Entgelt (15.000 Dollar)
(Freie Presse Chemnitz 28.4.05)
·
im ersten Halbjahr 2004 wurden in Deutschland 15.000
Befruchtungen im Reagenzglas weniger durchgeführt als im Vorjahreszeitraum;
(GID 165/2004 S.32)
·
in Großbritannien wird eine 44-jährige Frau
voraussichtlich im Oktober 2004 ein Kind zur Welt bringen, das mit dem
eingefrorenen Samen seines verstorbenen Vaters gezeugt worden ist
(GID 165/2004 S.32)
·
Italien 2004 Gesetze beschlossen:
erstmals menschliches Leben vom Zeitpunkt der Zeugung an unter besonderen
Schutz gestellt; Leihmutterschaft und Verwendung von Embryonen zu
Forschungszecken untersagt, ebenso anonyme Befruchtungen mit Hilfe von
Samenbanken; Zahl der befruchteten Eizellen bei künstlicher Befruchtung wurde
auf 3 begrenzt, alle drei müssen der Frau zugleich eingepflanzt werden,
Aufbewahren ist verboten; verboten ist auch die Präimplantationsdiagnostik;
völlig offen ist, was mit den rund 30000 befruchteten Eizellen geschehen soll,
die tiefgefroren eingelagert sind, das Gesetz verbietet die Verwendung zu
Forschungszwecken, die Moral verbietet, sie einfach zu vernichten; jetzt
Volksabstimmung angesetzt, um Gesetze abzuschaffen
(Der Spiegel 23/2005 S. 124ff)
·
S.3: etwa 15% aller Paare in den Industriestaaten warten vergeblich auf ihr Baby, allein in Deutschland
sind es etwa 2 Millionen, damit bleibt jede 6. Ehe ungewollt kinderlos;
Ursachen für Unfruchtbarkeit: 30% bei der Frau, 20-30% beim Mann, 30% beide
Partner, 20% keine konkrete Ursache zu finden;
(Kinderlose Paare – Wege zum Wunschkind, Broschüre AOK, 2000)
·
britischer Experte: derzeit habe eines von sieben Paaren (in Europa) Schwierigkeiten, auf natürlichem
Wege ein Kind zu bekommen; „die Unfruchtbarkeit von Paaren wird sich in den
nächsten zehn Jahren in Europa verdoppeln“
(taz 24.6.05)
·
Kühltechnik gelingt bisher nur bei befruchteten Eizellen; unbefruchteten Eizellen schadet der
Gefriervorgang erheblich, da sie zum großen Teil aus Wasser bestehen, bilden
sich beim Abkühlen Eiskristalle, die die Chromosomen schädigen; man schätzt,
dass weltweit erst rund 60 Babys aus Eizellen entstanden sind, die nach einer
Tiefkühlung befruchtet worden waren;
bislang endet (weltweit) eine Kinderwunschbehandlung nur in jedem 5. Fall
tatsächlich mit der Geburt eines Babys, in Deutschland liegt die
Lebendgeburtrate pro versuch nur bei 15% (strenge Gesetze);
der Altersrekord einer gebärenden liegt bei 67 Jahren, alle solchen
Patientinnen sind auf gespendete Eizellen von jüngeren Frauen angewiesen;
Babys, die ohne Mutterleib auskommen? kleiner Erfolg: sechs Tage lang
überlebten Embryonen in der Muttermaschine; „Wir glauben, in einigen Jahren
eine völlig eigenständige künstliche Gebärmutter entwickelt zu haben“ sagt
Hung-Ching Liu (Universität New York)
(Das Parlament 12.1.04 S.11)
·
Bundestag hat sich am 30.6.05 für ein ausdrückliches
Verbot des Handels mit menschlichen Eizellen ausgesprochen, alle Fraktionen
stimmten dafür
(Das Parlament 4.6.05)
·
Hormonspirale MIRENA von Schering; 1 Million Frauen in Deutschland verhüten mit Mirena, weltweit
sechseinhalb Millionen; Mirena in 102 Ländern zugelassen; Hormonspirale
gewissermaßen eine Kreuzung aus Pille und Spirale, sie kombiniert ein
T-förmiges Kunststoffteil mit einem kleinen Zylinder, der kontinuierlich
Gelbkörperhormone abgibt, der Empfängnisschutz dauert 5 Jahre; Einsetzen kosten
um die 350 Euro (Pille pro Monat 10 Euro = in 5 Jahren 600 Euro); nur 1 von
1000 Frauen werden in einem Jahr schwanger (Pille bis zu 9 je 1000);
Wirkung verschiedener Spiralen: Spermien in Beweglichkeit gestört; ein
befruchtetes Ei nistet sich nur schwer oder nicht in der Gebärmutterschleimhaut
ein
(taz 7.7.05)
·
2002: 62306 Follikelpunktionen, davon 37692 (60%)
als ICSI;
Anzahl der Geburten (nicht der geborenen Kinder bezogen auf die Anzahl der
durchgeführten Behandlungen nach ICSI bei 18,4% (Deutschland 2002);
Blastozystenkultur: verlängerte In-vitro-Kultur von Embryonen bis zu 5 Tagen
nach der Eizellgewinnung, dann bessere Beurteilung und Auswahl möglich (ein
Kriterium: gute Teilungsrate); dagegen steht in D. das im ESchG festgelegte
Verbot der Selektion und Schaffung überzähliger Embryonen
(Dtsch. Ärzteblatt 4.3.05 S.A587ff)
·
Prägung im Mutterleib: Ernährung, Stress und Umweltfaktoren
(taz 19.8.05)
·
13 Jahre nach der geburt ihrer Zwillinge hat eine 45-jährige Kalifornierin ein Drillingstöchterchen zur Welt gebracht;
alle drei Kinder stammten aus dem gleichen künstlichen Befruchtungsvorgang
(1991); Fruchtbarkeitsexperte stellte in Aussicht, dass tiefgefrorenen
Embryonen in Zukunft auch nach 50 bis 100 Jahren noch aufgetaut und einer Frau
eingepflanzt werden könnten
(taz 8.7.05)
·
Erlaubnis für britische Forscher, im Reagenzglas Embryonen mit drei genetischen Eltern zu erzeugen; im ersten Schritt
will das Forscherteam eine Eizelle mit männlichem Samen befruchten, der dabei
entstehende Zellkern mit dem Erbmaterial soll dann in eine zweite,
unbefruchtete Eizelle übertragen werden; diese enthält jedoch noch (zusätzlich)
die mit eigenem Erbmaterial ausgestatteten Mitochondrien (der Spenderin dieser
Eizelle);
die Forscher wollen untersuchen, ob es möglich ist, Erbkrankheiten, die über
die Erbsubstanz in den Mitochondrien weitergegeben werden, zu verhindern;
Nutzung der Methode nur für Forschung zugelassen;
bereits 2001 waren in den USA 15 Kinder gezeugt worden, gesund geboren, oder
waren gesunde Mitochondrien in die befruchtete Eizelle injiziert worden
(taz 16.9.05; GID 172 Okt/Nov05 S.30)
·
vor 25 Jahren wurde in den USA eine Samenbank
eröffnet, die Spermien von Nobelpreisträgern und Olympiasiegern anbot;
215 Retortenkinder aus der Bank hervorgegangen, bis sie 1999 geschlossen wurde;
Journalist hat jetzt 30 der Sprösslinge ausfindig gemacht – unterschiedliche
Erfahrungen
(Spiegel 35/2005 S.148)
·
USA:
64.000 Dollar kostet eine Leihmutter im Katalog, kombiniert mit Eizellspende
80.000
(GID 173 Dez05/Jan06 S.43)
·
Gefrierkonservierung von unbefruchteten Eizellen war seit Jahrzehnten eine Sackgasse (in den Keimzellen ist viel
Wasser enthalten, aus dem sich beim Einfrieren gefährliche Eiskristalle bilden,
die die verletzlichen Zellen von innen wie Rasiermesser zerschneiden); jetzt
verbesserte Verfahren: beim langsamen Einfrieren in speziellen
Gefrierschutzlösungen überstehen inzwischen rund 80% der Eizellen die Liegezeit
im Eis und das anschließende Auftauen; es gibt keinen signifikanten Unterschied
mehr zwischen dem Einfrieren von unbefruchteten Eizellen und dem von Embryonen;
auch vorsichtige Beobachter rechnen damit, dass sich die Kryokonservierung von
Eizellen aus Lifestyle-Gründen durchsetzen wird (Single- und Karrierefrauen
lassen im Alter zwischen 20 und 30 Jahren Eizellen einfrieren und nutzen diese
bei „passender“ Gelegenheit – Wunschvater gefunden oder Zeitfenster in der
Jobplanung)
(Spiegel 16/2006 S.140ff)
·
„späte Mütter“ im Trend; 1990 knapp 70.000 Kinder von Frauen über 35 Jahre geboren – heute mehr als doppelt so viele; 2003
Durchschnittsalter der Mütter: fast 30 Jahre;
ideales Alter fürs Kinderkriegen zwischen 25 und 35 Jahren;
(taz 21.4.06)
·
USA 62-jährige Frau bringt IvF-Kind zur Welt; Rekord
seit 2005: Rumänin 66 Jahre
(GID 175 April/Mai 2006 S.40)
·
belgische Mediziner: Erfolgsrate bei IvF höher, wenn Embryonen erst im Blastozystenstadium eingepflanzt werden (4.-6.
Tag); vorher Untersuchung auf bestimmte Eigenschaften (Merkmale JK?)
(GID 175 April/Mai 2006 S.41)
·
Kaiserschnittentbindungen:
Deutschland 1993: 16,9%; heute 27 %; manche Kliniken bis zu 50 %;
WHO empfiehlt: Rate soll 10 bis 15 % nicht übersteigen;
weltweit inzwischen zwischen 10 und 40%;
Brasilien 80%
(taz 23.-16.12.06)
· britische
Aufsichtsbehörde erteilte erstmals die Erlaubnis, Frauen allein für die Forschung
zur Eizellspende zu animieren;
Eizellspende ist in Europa nur in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien
und Norwegen verboten;
Spanien entwickelt sich zum Eizellproduzenten Nummer eins in Europa; inzwischen
240 Privatkliniken; z.B. in Alicante keine Warteliste – dank Uni mit 35000
Studenten; geschätzt in Spanien 8000 Spenderinnen jährlich;
Aufwandsentschädigung pro „Ernte“ 600 bis 1000 Euro; 2000 30 deutsche
Patientinnen in Spanien versorgt, 2004 schon 500;
nach der neuen EU-Geweberichtlinie (2006) sollen Eizellspenden auf „Solidarität
zwischen Spender und Empfänger“ beruhen; allenfalls eine Aufwandsentschädigung
hielten die Parlamentarier für akzeptabel;
in Großbritannien inzwischen als Alternative verbreitet: „egg-sharing“:
Patientinnen, die für eine künstliche Befruchtung ohnehin hormonell stimuliert
werden, geben dabei unfruchtbaren Frauen von ihren Eizellen ab, als
Gegenleitung erhalten die Spenderinnen ihre eigene Behandlung wesentlich
günstiger
(ZEIT 18.1.07 S.29ff)
· jährlich
nehmen in Deutschland über 200.000 Männer und Frauen
fortpflanzungsmedizinischen Rat in Anspruch; bei rund 10 % der Paare erweist
sich mindestens 1 Partner als unfruchtbar;
seit 2004 müssen sich auch verheiratete IVF-Patienten zur Hälfte an den Kosten
aller Eingriffe und Medikamente finanziell beteiligen; im Schnitt 1300 Euro
kostet sie damit 1 Zeugungsversuch im Labor; nach dem dritten Versuch stellen
die Kassen jede Beihilfe ein;
40 % weniger künstliche Befruchtungen als vor der Reform;
die Weltgesundheitsorganisation definiert ungewollte Kinderlosigkeit als
Krankheit
(Zeit 1.3.07 S.33)
· weltweit
jüngstes Frühchen (USA) aus der Klinik entlassen: nach knapp 22 Wochen
Schwangerschaft geboren
(Freie Presse Chemnitz 23.2.07)
· Lousie
Brown, erstes „Retortenbaby“ der Welt, hat auf natürlichem Wege ein Kind
bekommen;
weltweit inzwischen mehr als 3 Millionen IvF-Babys geboren
(GID 180 2-3/2007 S.33)
· Schäden bei IvF-Babys
Untersuchung in Kanada 61.000 Geburten / 1400 IvF;
Rate der angeborenen Schäden bei IvF-Kindern um 60% höher als bei normal
gezeugten; Magen-Darm-Trakt, Muskeln, Knochen, Herz-Kreislauf-System;
Vermutungen:
a) Zusammenhang mit der Hormonbehandlung der Mutter
b) unbekannter Aspekt im Zusammenhang mit der Unfruchtbarkeit
c) Genexpression während der Tage anders, die der Embryo im Glasgefäß verbringt
(GID 181 4/2007 S.36)
· Rothirschkuh
trägt als Leihmutter erfolgreich Kalb einer japanischen Hirschart aus (in der
Retorte gezeugt)
(bdw 3/07 S.9)
· in Polen ist
künstliche Befruchtung gesetzlich nicht geregelt; deutsche Paare fahren nach
Szczecin zur Behandlung; der Arzt darf in Polen bis zu fünf Tage nach der
Befruchtung warten und wählt dann die geeigneten Embryonen aus; in Polen ist
Behandlung nur halb so teuer wie in Deutschland
(Spiegel 15/2007 S.108)
· (7) 2007 gibt es weltweit etwa 3,5
Millionen Menschen, die im Labor durch IvF entstanden sind
(Materialien für den Dienst in der Evangelischen
Kirche von Westfalen, 1/2007; „Ethische Überlegungen zur Forschung mit
menschlichen Embryonalen Stammzellen“)
· IvF-Geburten Deutschland: 2002: 12269,
2003 18741, 2004 8697, 2005 6627; seit Januar 2004 übernehmen die Krankenkassen
nur noch die Hälfte der Behandlungskosten; um eine Schwangerschaft
herbeizuführen, im Durchschnitt drei Versuche nötig; Kosten liegen bei 10.000 Euro
(bdw 8/2007 S.43)
· Schätzungen
zufolge kommen in Deutschland Jahr für Jahr 10.000 Babys weniger auf die Welt,
weil die Krankenkassen die Kosten für künstliche Befruchtungen nicht voll
erstatten.
(IdeaSpektrum 39/2007 S.3)
· Bundessozialgericht
bestätigt, dass unfruchtbare Paare 50 % der Kosten der künstlichen Befruchtung
selbst tragen müssen (Krankenkasse trägt unter diesen Bedingungen drei
Versuche)
(Freie Presse Chemnitz 25.9.07)
· 51-jährige
Brasilianerin hat ihre eigenen Enkel zur Welt gebracht; Leihmutterschaft für
ihre Tochter (Gebärmuttererkrankung); Zwillinge nach IvF
(Freie Presse Chemnitz 29./30.9.07)
· in
Deutschland leben schätzungsweise hunderttausend bis hundertfünfzigtausend
sogenannte Spenderkinder; die meisten entstammen einer anonymen Samenspende;
in 90 % der Fälle sagen die Eltern ihren Kindern gar nicht die Wahrheit oder
erst spät, im Erwachsenenalter, und lösen damit nicht selten schwere
Identitätskrisen aus
(taz 6./7.10.07)
· Adoptionen
in Deutschland nach drastischem Rückgang (von 1993 bis 2005 halbiert) in den
Jahren zuvor stabilisiert;
2006: 4748 Fälle
(taz 10.10.07)
· Amerikanische
Gesellschaft für Reproduktionsmedizin: Einfrieren von Eizellen derzeit nicht zu
empfehlen;
aus lediglich 2-4% der aufgetauten Eizellen konnte bei künstlicher Befruchtung
ein Kind gezeugt werden;
das erste Kind, das mittels einer gefrorenen Eizelle gezeugt wurde, kam 1986
zur Welt;
seitdem weltweit 550 Kinder geboren;
eine erhöhte Fehlbildungsrate konnte nicht festgestellt werden
(taz 19.10.07)
· Frauen haben in Deutschland nach
Vollendung des 40., Männer mit Vollendung des 50. Lebensjahres keinen Anspruch
mehr darauf, dass die Krankenkasse
die Kosten für eine künstliche Befruchtung erstattet
(Ökotest 2/07 S.66)
· In den USA inzwischen 138 Fortpflanzungskliniken mit dem
Angebot, für Frauen Eizellen einzufrieren, damit sie auch mit 40 oder 50 Jahren
noch ein eigenes Kind bekommen können (wenn der „Richtige“ gefunden ist);
Entnahme kostet zwischen 9000 und 15.000 Dollar, plus 500 Dollar pro Jahr für
die Lagerung
(Spiegel 22/07 S.135)
· Befruchtete
Eizellen oder Embryos überstehen Einfrieren problemlos; jedes Jahr weltweit
über 1000 Kinder nach solcher Behandlung geboren, einige nach jahrelangem
Kälteschlaf;
unbefruchtete Eizellen lassen sich nur schwer einfrieren, wegen hohen Wassergehalts
spitze Eiskristalle, mehr als die Hälfte nach dem Auftauen nicht zu verwenden;
jetzt Verbesserungen durch Zugabe von Gefrierschutzmitteln und Kälteschock;
bisher 1000 Kinder weltweit geboren (einige Dutzend in Deutschland), die mit
neuer Technik gezeugt wurden:
IVM = In-vitro-Maturation; unreife Eizellen aus Eierstöcken entnehmen, in
Nährlösungen weiter reifen lassen (Maturation), einfrieren, nach beliebiger
Zeit auftauen und mit Spermien befruchten
(ZEIT 8.11.07 S.42)
· Polens
katholische Bischöfe halten die IVF für „Teufelswerk“, sie sei eine besonders
raffinierte Form der Abtreibung (wegen des Absterbenlassens überzähliger
Embryonen); „ganz klar NEIN zur künstlichen Befruchtung“
(taz 28.12.07)
· In
Deutschland derzeit etwa 3000 aktive Samenspender; gezahlt werden 80 Euro pro
Spende; Zahl der „erfolgreichen“ Spenden in Deutschland auf 12 bis 15 je
Spender begrenzt;
Das Recht auf Kenntnis des leiblichen Vaters steht seit 1989 im Gesetz;
ein Professor hat in den letzten 25 Jahren mehr als 70.000 Kinder durch
künstliche Befruchtung gezeugt;
100.000 Kinder in Deutschland nach Samenspende geboren;
1,5 Millionen Paare sind von ungewollter Kinderlosigkeit betroffen
(Süddeutsche Zeitung Magazin 21.12.07 S.17,21,26,31)
· (140)
Eizellspende Fall USA: Frau spendete 4 x, bei den ersten drei Spenden jeweils
mehr als 40 Eizellen entnommen, bei der vierten 66;
(143) Studentinnen in den USA erhalten je Eispende 5000 bis 10.000 Dollar, auch
50.000 gezahlt;
(177) in Deutschland derzeit 110 Fruchtbarkeitskliniken; 300 Millionen Euro
Umsatz pro Jahr;
(198) in Deutschland 2004 in 222 Fällen „Fetozid“ durchgeführt, Tötung eines
oder mehrerer Kinder bei Mehrlingsschwangerschaften; in 15-23% der Fälle
sterben alle Kinder (200)
(Stefan Rehder: Gott spielen – Im Supermarkt der Gentechnik, Pattloch, München,
2007)
· Pro Versuch
können häufig 10 bis 15 Eizellen gewonnen werden, die sich zu durchschnittlich
60 bis 70 Prozent befruchten lassen;
2005 Schwangerschaftsrate bei frischen Embryonen IvF 30%, ICSI 28%, bei
zwischenzeitlicher Einfrierung im Vorkernstadium 18%;
bei höhergradigen Mehrlingen ist im Vergleich zu Einlingen die Rate an
Totgeburten um das 5-fache höher, die frühe neonatale Sterblichkeit (bis zum 6.
Tag) multipliziert sich um das 25-fache und die Sterblichkeit im 1. Lebensjahr
um den Faktor 16; bei jeder 5. höhergradigen Mehrlingsschwangerschaft muss
wegen Frühgeburtlichkeit mit einem schwerbehinderten oder verstorbenen Kind
gerechnet werde. Um das zu vermeiden, wird in manchen Arbeitsgruppen die
Reduktion höhergradiger Mehrlingsschwangerschaften durch selektiven Fetozid
propagiert. Auch in Deutschland ist dieses mit großen ethischen Bedenken
behaftete Verfahren nicht strafbar und wird in verschiedenen Zentren angewandt.
(Deutsches Ärzteblatt 27.4.07 S. A1146)
· Titelthema
IVF;
inzwischen in Deutschland rund 150.000 geborene Kinder nach IVF;
120 Fertilitätskliniken;
Kostenbeispiel: 387 Euro für eine künstliche Befruchtung, 2625 für die erste
IVF, 768 für die Gefrierkonservierung;
Kinderlose, so steht es im jüdischen Talmud, sind tot bei lebendigem Leib;
jede 10. Ehe in Deutschland bleibt ungewollt kinderlos; etwa 1,4 Millionen
Paare betroffen;
reproduktionsmedizinische Behandlungen in D.: (Werte geschätzt aus Grafik) 1990
ca. 10.000; 1995: 35.000; 2000: 60.000; 2003: 105.000; seit 2004: ca. 60.000
pro Jahr;
Ende 2007 brachte in Aschaffenburg eine 64-jährige Frau eine Tochter zur Welt;
hatte sich im Ausland die Eizelle einer 25-jährigen Frau einpflanzen lassen,
die mit dem Sperma ihres 64-jährigen Ehemanns künstlich befruchtet worden war;
Erfolgsrate gering: von 100 eigeleiteten Behandlungen wird in 91,9% eine
künstliche Befruchtung durchgeführt, aber in nur 21,9% der Fälle kommt es zu
einer Schwangerschaft und in 9,4% zur Geburt eines oder mehrerer lebensfähiger
Kinder;
insgesamt gehen 60% aller Paare nach drei Behandlungszyklen ohne Kind nach
Hause;
bereits ab dem Alter der Frau von 25 Jahren nimmt die Fruchtbarkeit ab;
Krankenkassen übernehmen in D. die Kosten für die künstliche Befruchtung nur
bei den ersten drei Versuchen und nur zur Hälfte; zahlen nicht für Frauen unter
25 Jahren;
USA: 120.000 bis 200.000 Dollar kostet ein Baby, wenn Eispende,
künstliche Befruchtung und Leihmutter gewünscht sind; manche Firmen bieten
Studentinnen bis zu 50.000 Dollar pro Eispende; geschätzt über 1 Million
Embryos lagern zur Zeit tiefgefroren in den Kühltanks der Befruchtungskliniken
(Spiegel 22-2008 S.38ff)
· Bei der
erfolgreichen Zeugung des ersten Retortenbabys 1978 hatten die Forscher die
Unbedenklichkeit des Verfahrens weder an Affen noch an anderen Säugetieren
getestet;
alle 80 Minuten wird heute in Deutschland ein Kind geboren, das im Labor
gezeugt wurde (entspricht etwa 6.600 pro Jahr JK)
britische Psychologin vergleicht seit 1985 in einer Langzeitstudie im Labor
gezeugte Kinder mit normal entstandenen;
Fazit: künstlich gezeugte Kinder entwickeln sich ganz normal, keine
Verhaltensauffälligkeiten; aber sie wollen num ihre Herkunft wissen
(ZEIT 29.5.08 S.35)
· Zwischen
3000 und 7000 Euro kostet eine künstliche Befruchtung;
gesetzliche Krankenkassen übernehmen nur 3 Versuche, tragen dabei einen Anteil
der Kosten von 50%, und nur für Frauen zwischen 25 und 39 Jahren;
2006 gab es 60.000 Behandlungen (2003 waren es 110.000);
nur etwa 10% der Behandlungen führen zum Erfolg;
Seit 2005 kamen aufgrund der reduzierten Kassenleistungen 10.000 Kinder pro
Jahr weniger zur Welt
(Freie Presse Chemnitz 4.7.08)
· Bundesrat
hat einer von Sachsen, Thüringen und dem Saarland eingebrachten Entschließung zugestimmt,
die eine Rücknahme der seit 2004 geltenden Beschränkungen bei der
Kostenübernahme bei der künstlichen Befruchtung fordert; Kosten für einen
Versuch 6400 Euro; seit der Beschränkung der Kostenerstattung durch die Kassen
jedes Jahr 6.000 bis 10.000 Kinder ungeboren
(Freie Presse 5./6.7.08)
· 1,4
Millionen Menschen im Alter zwischen 25 und 59 Jahren in Deutschland ungewollt
kinderlos, obwohl sie sich jahrelang bemüht haben;
60.000 Fruchtbarkeitsbehandlungen pro Jahr in Deutschland; nicht einmal 10% führten
zum Ziel
(taz 2.7.08)
· in
Deutschland werden deutlich mehr Mehrlinge geboren; 2007 fast 22.400
Mehrlingsgeburten, rund 3% mehr als 2006; darunter 21.600 Zwillinge gut 700
Drillinge und 40 Vierlinge; Anstieg erfolgt parallel zur Zunahme künstlicher Befruchtungen
(taz 7.1.09)
· Gutachten
für die Friedrich-Ebert-Stiftung; Experten aus Medizin, Theologie und Recht
fordern ein Gesetz, das die Zeugung im Labor auf dem aktuellen Stand der
Heilkunst regelt;
um die Probleme mit Mehrlingsschwangerschaften zu umgehen (gesundheitliche
Gefahren für Mutter und Kinder, Tötung überzähliger Föten im Mutterleib), soll
in Zukunft aus mehreren gezeugten Embryonen die ausgewählt werden, welche die
beste Chance zur Einnistung und einer erfolgreichen Weiterentwicklung haben; nach
heutigem Recht müssen in Deutschland alle (bis zu drei) gezeugten Embryonen
eingepflanzt werden; auch in D. sollte der „Single-Embryo-Transfer“ zugelassen
werden; dabei wäre in Kauf zu nehmen, dass wie im Ausland „überzählige
Embryonen“ entstehen
(ZEIT 4.9.08 S.37)
„elektiver Single Embryo Transfer“ (eSET);
mehrere Embryonen werden einige Tage kultiviert, mit dem Ziel, dann einen
einzigen, den „besten“ Embryo auszuwählen und in die Gebärmutter einzupflanzen;
Grundlage der Auswahl ist keine genetische Untersuchung wie bei der
Präimplantationsdiagnostik, sondern eine morphologische Analyse, also die
Betrachtung des E. unter dem Mikroskop;
in Deutschland werden üblicherweise durchschnittlich 2,1 Embryonen pro
IvF-Behandlung implantiert;
das deutsche IvF-Register zählte 2004 222 Fetozide nach IvF (gezielte Tötung
von Mehrlingen im Mutterleib);
2006 fast 40000 Frauen in IvF-Behandlung
(GID 190 Oktober 2008 S.33ff)
·
Deutschland:
Anteil der IvF-Kinder an der Gesamtzahl der Geburten sei von 1,9% 2003 auf 1,0% 2005 gesunken
(GID 189 August 2008 S.45)
· Sachsen will
als erstes Bundesland Paaren, die ungewollt kinderlos sind, einen Zuschuss für
die künstliche Befruchtung zahlen; seit 2004 bekommen Paare nur noch 50% der
Kosten erstattet, für maximal 3 Versuche;
Landtagsfraktion der CDU will 1,1 Millionen Euro 2009 zur Verfügung stellen;
statt der Hälfte der Kosten müssten die Paare nun nur noch etwa ein Viertel der
Kosten selbst tragen, Ersparnis zwischen 800 und 900 Euro; eine Befruchtung
kostet bis zu 3600 Euro
(Freie Presse Chemnitz 27.11.08)
· innerhalb
von 15 Jahren hat sich die Zahl der Adoptionen in Deutschland fast halbiert;
2007 wurden 4509 Kinder adoptiert; 32% der Adoptivkinder besaßen keinen
deutschen Pass;
1993 wollten noch 21.711 Paare ein Kind adoptieren, 2007 standen nur noch 8914
Paare auf der Warteliste;
(taz 26.8.08)
· Land Sachsen
bezuschusst künftig die künstliche Befruchtung, ab 1.3.09 werden Paare ab der
2. und 3. Behandlung mit einer Pauschale von bis zu 900 Euro pro Behandlung
unterstützt, für die vierte werden 1.600 bis 1.800 Euro Zuschuss gezahlt
(taz 10.2.09 S.6)
· tagtäglich
verstoßen Mediziner in Deutschland gegen das Embryonenschutzgesetz;
Ehepaar hat bereits ein schwer behindertes Kind, ein zweites würde ihre Kräfte
übersteigen; Diagnose „chromosomale Translokation“ (Teile von Chromosomen oder
ganze Chromosomen sind mit anderem Chromosom verwachsen); wenn der Fehler
ausbalanziert ist, können Menschen damit gut leben (sind völlig gesund); aber
sie können nur selten gesunde Kinder bekommen; Arzt befruchtete für das Paar 8
Eizellen, kontrollierte sie mit der PID-Technik, und pflanzte keinen einzigen
Embryo ein – sie wären alle krank gewesen; auch bei zwei weiteren Paaren so
gehandelt; 2006 zeigte er sich selbst an; die Staatsanwaltschaft wollte die Anzeige
gar nicht erst zur Verhandlung bringen; das Berliner Landgericht sprach den
Arzt im Mai 2009 frei; nun soll der Bundesgerichtshof entscheiden; im Falle
eines Freispruchs wäre das ESchG hinfällig, von Realität und Rechtssprechung
überholt;
eine Argumentationslinie: das Embryonenschutzgesetz verbiete gar nicht
grundsätzlich die PID, sondern nur den Gencheck kurz nach einer Befruchtung (im
totipotenten Stadium des Embryo, in dem sich noch jede einzelne Zelle zu einem
kompletten Organismus entwickeln kann); die PID an Zellen aus dem späteren
pluripotenten Stadium des Embryo sei dann vergleichbar mit der gängigen
vorgeburtlichen Diagnostik etwa bei einer Fruchtwasseruntersuchung;
über 60.000 mal im Jahr vereinigen in Deutschland Biologen in der Petrischale
Ei- und Samenzelle, um Parren zu Nachwuchs zu verhelfen; nur jeder 4. bis 5.
Versuch führt zu einer Schwangerschaft, seit 1982 wurden rund 140.000
IvF-Kinder geboren
(Die Zeit 16.7.09 S.30)
· IvF;
Daten aus 120 deutschen Fortpflanzungskliniken für 2006: 55.000
Behandlungszyklen durchgeführt; Kosten bis zu 3.600 Euro je Zyklus (knapp die
Hälfte für Arzneimittel); in etwa 1 Viertel aller Fälle kam es zu
Schwangerschaften; geboren wurden 10.700 Kinder; 56 Totgeburten und mehr als
2.800 Fehlgeburten
(taz 17.7.09 S.18)
· über
60.000-mal im Jahr vereinigen Biologen in der Petrischale Ei- und Samenzelle;
nur jeder vierte oder fünfte Versuch führt zu einer Schwangerschaft;
seit 1982 verdanken hierzulande rund 140.000 Kinder ihr Leben der IvF
(Die ZEIT, 16.7.09 S.29f.)
· Israel;
Untersuchung von rund 9.000 israelischen Retortenbabys aus den Jahren 1997 bis
2004; im Vergleich zu natürlich gezeugten Kindern waren Erbschäden bei ihnen
1,5-mal so häufig (Ursachen unklar – Laborbedingungen, Paare haben ohnehin
medizinische Probleme?); besonders auffällig Häufungen bei Fehlbildungen im
Herzkreislaufsystem: betroffen 2,4 % statt normalerweise 1,4 %
(taz 16.10.09 S.18)
· in
Deutschland werden etwa 7.500 Kinder jährlich mit Hilfe der
Reproduktionsmedizin gezeugt
(taz 7.7.2010 S.5)
· Geburten in
Deutschland: 1964 1.357.000 (Höchstwert); 1980: 866000; 1990: 906.000; 2009:
651.000
(Der Sonntag, Sachsen, 23.5.2010 S.2)
· 2009 hat
sich die Zahl der Kinderwunsch-Behandlungen in Sachsen im Vergleich zum Vorjahr
um 30% erhöht; Grund: Sachsens Förderprogramm
(Freie Presse Chemnitz 3.6.2010 S.1)
· eine Frau
darf ein Kind ihres verstorbenen Mannes bekommen, entschied das
Oberlandesgericht Rostock; die Eizellen, die kurz vor dem tödlichen Unfall des
Mannes künstlich befruchtet worden waren, durften ihr eingepflanzt werden;
bei dem Rechtsstreit geht es um die Grundsatzfrage, wann eine Eizelle
befruchtet ist und als Embryo eingestuft wird. Das Landgericht Neubrandenburg
hatte 2009 entschieden, dass eine Befruchtung erst vorliegt, wenn Eizelle und
Spermium vollständig miteinander verschmolzen sind. Bei einer künstlichen
Befruchtung werden die Zellen jedoch im Vorkernstadium eingefroren. Erst beim
Auftauen verschmelzen sie vollständig;
das OLG: Selbst wenn sich noch kein Embryo entwickelt habe, seien männliches
und weibliches Erbgut bereits in einer „innigen Verbindung“.
der Samen sei bereits untrennbar von der Eizelle eingeschlossen worden;
(taz 8./9.5.2010 S.4; Freie Presse Chemnitz 8./9.5.2010 S.1)
· Robert
Edwards, Erzeuger des ersten Retortenbabys der Welt vor 32 Jahren, erhält den
Medizinnobelpreis 2010;
geschätzt wird, dass mittlerweile weltweit rund 4 Millionen Kinder mithilfe
künstlicher Befruchtung gezeugt wurden;
in Deutschland mehr als 350.000;
fast schon routinemäßig hat bei der IVF die sogenannte ICSI-Methode Einzug
gehalten. Dabei wird ein einzelnes Spermium ausgesucht und mittels einer
spitzen Kanüle in die Eizelle eingeführt.;
die katholische Kirche lehnt das Verfahren bis heute ab, weil nicht
eingepflanzte befruchtete Embryonen gelagert oder zerstört werden;
Louise Brown, das erste Retortenbaby der Welt, brachte 2007 ihr erstes eigenes
Kind zur Welt, gezeugt auf natürliche Weise
(taz 8.10.2010 S.18; Freie Presse Chemnitz 5.10.2010 S.8;
· in
Deutschland werden etwa 68.000 Paare im Jahr auf eine künstliche Befruchtung
hin behandelt
(taz 14.10.2010 S.3)
· Europäischer
Gerichtshof für Menschenrechte: wenn ein Staat künstliche Befruchtung zulässt,
darf er die Eizellspende nicht verbieten; Urteil betrifft auch Deutschland;
in D. bräuchten rund 1000 Paare jährlich eine Eizellspende
(taz 3.4.2010 S.6)
· Mindestens
jedes zehnte Paar in Deutschland ist ungewollt kinderlos
(Freie Presse Chemnitz 27.8.2010 S.B2)
· Aktuelle Richtlinien und Stellungnahmen der Bundesärztekammer zu Fortpflanzungsmedizin und
vorgeburtlicher Diagnostik mit weiteren LINKS zu den einzelnen Texten: http://www.baek.de/page.asp?his=0.6.3287
· Gesetzgebungsverfahren
in Polen für eine Regelung zur In-vitro-Fertilisation;
Polen ist das einzige Land in der EU, in dem die Befruchtung im Reagenzglas
nicht gesetzlich geregelt ist;
fünf Gesetzentwürfe liegen vor, sie reichen vom Totalverbot bis zum normalen
Behandlungsanspruch auf Krankenschein;
Warschaus Erzbischof Hoser: „Katholische Abgeordnete, die sich im Parlament für
das In-vitro-Gesetz aussprechen, müssen mit der Exkommunikation rechnen“;
bezeichneten die Bischöfe die Behandlung unfruchtbarer Paare nicht nur als
„besonders raffinierte Form der Abtreibung“, sondern gar als „jüngere Schwester
der Eugenik“; bei „in vitro“ handele es sich wie bei der Eugenik (der deutschen
Nazis) um eine „angeblich medizinische Maßnahme, die die schlimmsten
Assoziationen an eine noch nicht allzu lange zurückliegende Zeit“ wecke, meint
Erzbischof Michalik, der Vorsitzende der polnischen Bischofskonferenz, in einem
Brief an Polens Abgeordnete;
So erreichte die Klarstellung von Medizinprofessor Szamatowicz in einer
polnischen Tageszeitung kaum die Öffentlichkeit: „Bei der In-vitro-Methode
werden keine Embryonen getötet. So wie in der Natur entwickeln sich einige
Embryonen weiter, andere sterben ab. Das ist keine „Tötung von Kindern“. Bei
der natürlichen Befruchtung entwickeln sich auch nur 25 bis 30 Prozent aller
Embryonen weiter. Die anderen sterben ab.“;
Einer medizinischen Statistik zufolge ist jedes fünfte polnische Paar
unfruchtbar und wünscht sich trotzdem Kinder.
(taz 27.10.2010 S.11)
· britische
Wissenschaftler haben Embryos geschaffen, die die DNA von zwei Frauen und einem
Mann enthalten;
Ziel war die Bekämpfung von Erbkrankheiten, die auf defekter DNA in den
Mitochondrien beruhen („Kraftwerke“ der Zellen); mögliche Ursache z.B. für
Muskelschwäche, Herzversagen und Blindheit
künstliche Befruchtung; dabei Eizellen mit „schadhafter“ DNA verwendet; vor der
Kernverschmelzung den männlichen und weiblichen Vorkern isoliert; die
isolierten Zellkerne in eine weitere Eizelle verpflanzt, aus der der eigene
Zellkern entfernt worden war, lediglich ihre intakten Mitochondrien blieben
erhalten;
Das Ergebnis war eine Eizelle mit den Erbinformationen von Mutter und Vater
plus den mitochondrialen Informationen des zweiten Eis;
auf diesem Wege 80 Embryos geschaffen die im Labor bis zu 8 Tagen kultiviert
wurden
(bild der wissenschaft 7-2010 S.12)
· Zahl der zur
Adoption freigegebenen Kinder in Deutschland:
1999: 1123; vergangenes Jahr: 818
(Das Parlament 8.11.2010 S.7)
· seit März
2009 fördert der Freistaat Sachsen Paare, die ungewollt kinderlos sind,
seitdem sind 294 Förderbabys geboren worden;
die Zahl der Behandlungen stieg um 30%;
2009 wurden insgesamt 465.000 Euro für 552 zweite, dritte und vierte
Behandlungen ausgegeben, Ergebnis: 132 Babys;
2010: 620 Eingriffe, 585.000 Euro, 162 Babys;
2011 700.000 Euro;
eine IVF-Behandlung kostet zwischen 3200 und 5000 Euro;
Bundesfamilienministerin Schröder will bundesweit finanzielle Hilfen bei
künstlicher Befruchtung aufstocken und Regeln für Adoptionen lockern; früher
wurden bis zu vier Befruchtungsversuche von den Kassen voll finanziert, seit
2004 nur noch drei zur Hälfte – Schröder möchte das rückgängig machen
(Freie Presse Chemnitz 10.5.2011 S.2; taz 10.5.2011 S.06)
· Costa Rica
ist das einzige Land in der westlichen Welt bleiben, in dem
In-vitro-Fertilisation verboten ist;
von 1995 bis 2000 war IvF erlaubt, 15 Kinder geboren;
dann reichte die Katholische Bischofskonferenz eine Verfassungsklage ein; Costa
Rica ist das einzige Land Lateinamerikas, in dem der Katholizismus als
Staatsreligion festgeschrieben ist. Die Verfassung schützt das Leben „vom
Zeitpunkt der Befruchtung an“. Weil aber bei jeder IvF ein paar befruchtete
Eier überzählig sind und vernichtet werden, gaben die Richter den Bischöfen
recht;
jetzt haben Eltern gegen das Verbot vor dem Interamerikanischen
Menschenrechtsgerichts geklagt
(taz 30./31.7.2011 S.09)
· ein
Jugendgericht im italienischen Turin hat ein 16 Monate altes Mädchen zur
Adoption freigegeben, weil es die Eltern für zu alt hält; 70 Jahre alter Vater
und 57 Jahre alte Mutter hätten sich niemals darüber Gedanken gemacht, dass
ihre mithilfe von künstlicher Befruchtung gezeugte Tochter bereits in jungen
Jahren Waise sein könnte; die Eltern hätten die enormen Möglichkeiten der
Gen-Medizin missbraucht
(Freie Presse Chemnitz, 17.9.2011, S.8)
· FDP-Bundestags-Abgeordnete
Ulrike Flach möchte ein „Fortpflanzungsmedizingesetz“ auf den Weg bringen;
Flach und viele FDP-Kollegen sprechen sich … in einem Positionspapier dafür
aus, in einem Fortpflanzungsmedizingesetz folgende Bereiche künftig bündeln und
verbindlich regeln zu wollen: Die Eizellspende, bislang nach dem
Embryonenschutzgesetz in Deutschland verboten, soll erlaubt werden. Ebenso die
Samenspende von Verstorbenen, außerdem die Leihmutterschaft sowie die Anwendung
von reproduktionsmedizinischen Verfahren auch bei Nichtverheirateten, bei
eingetragenen Lebenspartnerschaften und Alleinstehenden.
Den Streit um die Auslegung der so genannten "Dreierregel" im
Embryonenschutzgesetz von 1990, wonach bei einer Befruchtung im Reagenzglas
eigentlich alle befruchteten Eizellen - maximal drei - in den Mutterleib
eingepflanzt werden müssen, will Flach zugunsten der Regel-Kritiker beenden:
Weder steigere diese Behandlung nach heutigem Kenntnisstand die Erfolgsrate,
noch berücksichtige sie das erhebliche Risiko von Drillingsgeburten angemessen.
Stattdessen erlauben will die FDP den sogenannten elektiven
Single-Embryo-Transfer, um Mehrlingsschwangerschaften nach künstlicher
Befruchtung und den damit verbundenen Risiken für Mutter und Kinder zu
reduzieren. Damit ist ein Verfahren gemeint, bei dem nach
In-vitro-Fertilisation (IVF) mehrere Embryonen einige Tage kultiviert werden -
mit dem Ziel, nur einen einzigen, den "besten" Embryo auszuwählen,
der dann in die Gebärmutter eingesetzt wird. Grundlage dieser Auswahl ist keine
genetische Untersuchung wie bei der Präimplantationsdiagnostik, sondern eine
morphologische Analyse, also die Betrachtung des Embryos unter dem Mikroskop.
Nach Angaben von Reproduktionsmedizinern geht es nicht darum, bestimmte
Eigenschaften zu vermeiden, sondern die allgemeine Entwicklungsfähigkeit des
Embryos zu ermitteln.
(taz 23.11.2011 S.7)
· Laut Angaben
des Familienministeriums sei heute rund jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59
ungewollt kinderlos. Neben einer Neuregelung der IVF strebt die Ministerin aber
auch gesetzliche Änderungen bei der Adoption an: Hier will Schröder erstens die
empfohlene Altersgrenze von 40 Jahren lockern und zweitens die bislang von den
Jugendämtern angewandte Regel aufweichen, dass nicht beide Partner berufstätig
sein können. Faktisch, so Schröder, wirkten diese beiden Empfehlungen als
Ausschlusskriterium. Dies sei „anachronistisch“ und mit den modernen
Lebensverhältnissen nicht zu vereinbaren. An dem ebenfalls altmodisch
anmutenden Passus, dass nur verheirateten Paaren eine Kostenübernahme im Falle
einer künstlichen Befruchtung zusteht, will Schröder aber offensichtlich nicht
rühren.
(Ärzte Zeitung, 09.05.11; Süddeutsche Zeitung, 09.05.11) (mf) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/206/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
· Nach 19
Jahren und sieben Monaten Einlagerung bei minus 194 Grad Celsius wurde der
bisher älteste Embryo ausgetragen. Diese und vier weitere befruchtete Eizellen
waren von den „leiblichen Eltern“ zur „Adoption“ freigegeben worden, da das
Ehepaar mit Hilfe künstlicher Befruchtung längst selbst Kinder bekommen hatte.
Die Embryonen waren einer 42-jährigen US-Amerikanerin eingepflanzt worden. Die
Diskussion um den Umgang mit lang eingefrorene Embryonen bewegt sich zwischen
der Warnung vor Fehlbildungen und der Möglichkeit für Frauen, auch zu einem
spä¬teren biografischen Zeitpunkt noch schwan¬¬ger werden zu können. Die Frage,
warum Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch langwierige und physisch wie
emotional belastende medizinische Behandlungen über sich ergehen lassen, wird
gar nicht erst ge¬stellt. So auch in diesem Fall: Während Hans van der Ven von
der Universität Bonn betont: „Die Sorge, dass die lange Lagerdauer die
Fehlbildungsrate steigert, bleibt“, beschreibt der behandelnde Arzt Sergio
Oehninger vom Jones Institute for Reproductive Medicine die US-Amerikanerin mit
den Worten: „Sie war sehr beharrlich.“
(Süddeutsche Zeitung, 13.10.10) (lhz) (http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/203/kurz-notiert-mensch-und-medizin
)
· 2010 endeten
noch mehr Geburten als 2009 im OP jedes dritte Kind per Kaiserschnitt geboren
(31,9%)
(taz 20.3.2012 S.7+12)
· Erstmals ist
in Deutschland ein Kind auf die Welt gekommen, dessen Mutter vor einer
Krebsbehandlung Eierstockgewebe entnommen und später wieder eingepflanzt worden
war. Die Frau war nach Angaben des Gynäkologen-Teams aus Dresden, Erlangen und
Bonn auf natürliche Weise schwanger geworden, nachdem sie eine aggressive Form
von Lymphdrüsenkrebs, das Hodgkin-Lymphom, überstanden hatte. Der kleine
Maximilian kam bereits im Oktober 2011 per Kaiserschnitt zur Welt. Vor
Chemotherapie und Bestrahlung war der Patientin das Eierstockgewebe entnommen
und tiefgefroren worden
(taz 6.1.2012 S.18)
· als erste
sächsische Retortenbabys kamen Zwillinge am 15.12.1985 in der Leipziger
Universitätsklinik zur Welt
(Freie Presse Chemnitz 11.4.2012 S.3)
· Eizellen aus
dem Labor
Ärzte haben einen neuen Weg gefunden, Frauen, die nicht schwanger werden, doch
noch zu einem Kind zu verhelfen. In Boston ist es dem Reproduktionsmediziner
Jonathan Tilly gelungen, aus Stammzellen von Eierstöcken neue, frische Eizellen
zu entwickeln. In den USA ist die Befruchtung dieser künstlich erzeugten
Eizellen verboten. In Großbritannien aber könnte dies erlaubt sein.
(Der Spiegel 10-2012 S.113)
· amerikanisch-japanisches
Forscherteam hat nachgewiesen, dass in Eierstöcken von Frauen Stammzellen
existieren, aus denen neue Eizellen entstehen können
(bild der wissenschaft 5-2012 S.10)
· Wenn eine
Bundeswehrsoldatin nur durch eine künstliche Befruchtung schwanger werden kann,
muss der Arbeitgeber die Behandlung bezahlen; Verwaltungsgerichtshof
Baden-Württemberg; Arbeitgeber hier Bundesrepublik Deutschland
(Freie Presse Chemnitz 8.9.2012 S.5)
· IVF doch
Heilbehandlung?
Ein Rechtsstreit zwischen einer Soldatin und der Bundeswehr kann möglicherweise
die derzeitigen Kostenübernahmeregelungen bei der künstlichen Befruchtung (IVF)
in Frage stellen. Die Zeitsoldatin kann wegen eines beidseitigen
Eileiterverschlusses keine Kinder bekommen und hatte deshalb bei ihrem
Arbeitgeber die Kostenübernahme beantragt. Die Bundeswehr lehnte das mit der
Begründung ab, nur die Kosten für die truppenärztliche Versorgung zu
übernehmen, nicht aber Maßnahmen der Familienplanung. Der
Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat diese Entscheidung nun in einem Urteil für
rechtswidrig erklärt. Begründung: Weil es sich bei der Unfähigkeit zur
Fortpflanzung um eine behandlungsbedürftige Krankheit handle, müsste die
Bundeswehr die Kosten übernehmen. Dagegen wird die IVF von den gesetzlichen
Krankenversicherungen nicht als Behandlung einer Krankheit aufgefasst, und
diese Lesart haben sowohl Bundesverfassungs- wie Bundessozialgericht für
rechtmäßig erklärt. Spannend wird deshalb nun, wie das Bundesverwaltungsgericht
in dem beschriebenen Fall entscheidet - dort ist die Bundeswehr in Revision
gegangen. (Ärzte Zeitung Online, 08.09.12) (uw)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/214/kurz-notiert-mensch-und-medizin
· Etwas mehr
Eierstocktumoren bei IVF
So genannte Borderline-Tumoren des Eierstocks treten bei Frauen, die sich für
eine künstliche Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation, IVF) einer
Hormonbehandlung unterziehen, geringfügig häufiger auf als bei Frauen, die die
Behandlung nicht in Anspruch nehmen. Das ist das Ergebnis einer Studie am
Netherland Cancer Institute Amsterdam. Innerhalb von fünfzehn Jahren wurde bei
77 von insgesamt 25.152 Frauen mit eingeschränkter Fruchtbarkeit ein
Borderline-Tumor diagnostiziert, 61 von ihnen hatten mindestens einen
IVF-Zyklus durchlaufen. Der Unterschied zwischen den 19.146 Frauen mit IVF und
der 6.006 Frauen umfassenden Kontrollgruppe liegt demnach im einstelligen
Promillebereich. Da in der Studie zudem die Tumordiagnosen weder mit der Anzahl
der IVF-Zyklen noch mit der Dosis der verabreichten Hormone in einen
statistischen Zusammenhang zu bringen waren, scheine es sich um ein minimales
Risiko zu handeln, so die ForscherInnen. Um diese Ergebnisse abzusichern, seien
allerdings größere Studien notwendig. Borderline-Tumoren können gutartig
bleiben, sich aber auch zu einem gefährlichen Karzinom entwickeln. Da eine
Vorhersage zumeist nicht möglich ist, werden sie grundsätzlich operativ
entfernt, was häufig bedeutet, dass den betroffenen Frauen beide Eierstöcke
entfernt werden. (Ärztezeitung, 27.10.11)
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/209/kurz-notiert-mensch-und-medizin
· IVF global:
Fünf-Millionen-Marke erreicht
Fünf Millionen Menschen verdanken weltweit mittlerweile ihre Existenz der so genannten
assistierten Reproduktion. Das schätzt die Europäische Gesellschaft für
Reproduktionsmedizin (ESHRE) in einem Bericht, den sie auf ihrer 28.
Jahreskonferenz in Istanbul vorstellte. Demnach müssten in den 34 Jahren, die
seit der ersten erfolgreichen Geburt nach In-vitro-Fertilisation (IVF)
vergangen sind, etwa 15 Millionen IVF-Behandlungen durchgeführt worden sein.
Denn laut der ESHRE-Schätzung liegt die „Erfolgsrate“, also der Anteil der
Behandlungen, die zu einer Geburt geführt haben, nach wie vor bei etwa einem
Drittel. Bei einer von fünf Geburten nach IVF kommen Zwillinge zur Welt - auch
dies ist schon seit vielen Jahren so.
http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/213/kurz-notiert-mensch-und-medizin
· Die „Pille
danach entfaltet 3 Wirkungen:
1. verhindert den Eisprung;
2. schwächt die Spermien;
3. Ist das Ei bereits befruchtet, wird das Wandern zur Gebärmutter und die
dortige Einnistung verhindert
(Der Spiegel 6-2013 S.18)
· In
Deutschland haben über 110.000 Menschen einen anonymen Samenspender als
biologischen Vater. Weil Eltern, Ärzte und Spender lieber schweigen, werden
etwa 90% der Kinder nie von ihrer Herkunft erfahren;
Im Februar entschied ein Gericht, dass, Mediziner die Namen der Spender
preisgeben müssen;
500 bis 1000 Kinder werden jedes Jahr in Deutschland mit Fremdsamen gezeugt;
Mütter schlossen mit Ärzten einen Vertrag, der dem Spender Anonymität
zusicherte. 1989 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass diese Garantie
nicht für das gezeugte Kind gilt: Jeder Mensch habe das Recht, zu erfahren, von
wem er abstammt. 2011 verklagte eine 21-jährige den Arzt ihrer Eltern auf
Herausgabe des Namensihres Erzeugers. Sie verlor, ging in die nächste Instanz,
im Februar 2013 gab das Oberlandesgericht ihr Recht.;
Erst seit 2007 sind Ärzte verpflichtet, alle Nachweise über eine künstliche
Befruchtung dreißig Jahre langaufzubewahren. ;
Etwa 20 Paare behandelt die Ärztin pro Jahr mit dem Sperma anonymer Spender.
Die Erfolgsrate liegt mit 10 bis 20% fast so hoch wie bei einer normalen
Empfängnis. Im Schnitt kostet die Behandlung 1500 Euro …. die Kassen zahlen
nicht.;
der gespendete Samen wird zunächst getestet – auf HIV, Hepatitis, Syphilis,
Zuytomegalie, Chlamydien; sechs Monate wird das Sperma eingefroren, um die
Inkubationszeiten abzuwarten;
(Freie Presse Chemnitz 22.4.2013 S.1,3,4)
·
Mehr IVF auf Kosten der Krankenkasse
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Regeln zur
In-vitro-Fertilisation (IVF) revidiert. Der G-BA regelt, welche Leistungen
Krankenkassen übernehmen müssen. Bisher wurden verheirateten Paaren prinzipiell
nur drei IVF-Versuche zu 50 Prozent finanziert. Nach der neuen Regelung sollen
nach der Geburt eines Kindes erneut drei Versuche erstattet werden. Als Geburt
gelten auch Totgeburten. Nicht unter die neue Regelung fallen dagegen Eileiter-
und Bauchhöhlenschwangerschaften. Geschätzt wird, dass aufgrund der neuen
Regelung 2.700 zusätzliche Versuche pro Jahr finanziert werden müssen. Eine IVF-Behandlung
kostet durchschnittlich 4.000 Euro. Die Regelung ist noch nicht rechtskräftig.
Eine Krankenkasse, die BKK-VBU, hat derweil von sich aus den Erstattungsbetrag
durch die Kasse von 50 Prozent auf 75 Prozent der Kosten für eine IVF erhöht
und fordert, dass auch unverheiratete Paare zukünftig Zuschüsse erhalten
sollen.…
(GID 215-2012 http://www.gen-ethisches-netzwerk.de/gid/215/kurz-notiert-politik-und-wirtschaft )
· In München
haben Fortpflanzungsärzte ein Netzwerk gegründet, um künftig Spenden
überzähliger Embryonen zu ermöglichen. Sie wollen kinderlosen Paaren helfen,
die mit eigenen Keimzellen keinen Nachwuchs zeugen können. Das kann eine gute
Sache sein, ist im Ausland längst Praxis. Einziger Haken: Nach dem deutschen
Embryonenschutzgesetz aus dem Jahr 1990 darf es hierzulande gar keine
überzähligen Embryonen geben: Sämtliche im Labor befruchteten Eizellen müssen
der betroffenen Patientin auch eingesetzt werden.
Doch an diese Regel halten sich deutsche Ärzte schon lange nicht mehr – und
viele Juristen stimmen zu. Damit stellen sie zu Recht ein Gesetz infrage, das
mehr als 20 Jahre nach seiner Entstehung in jeder Hinsicht obsolet ist. Es
erzeugt eine paradoxe Rechtslage. So dürfen ausländische Kliniken hierzulande
einerseits für ihre Techniken werben. Wenn aber andererseits deutsche Ärzte
Patientinnen beraten, droht ihnen Post von der Staatsanwaltschaft
(Die Zeit 14.8.2013 S.31)
· Freistaat
Sachen nimmt an einem 2012 ins Leben gerufenen Bundesprogramm teil, wodurch der
Eigenanteil, den ungewollt kinderlose Ehepaare für reproduktionsmedizinische
Behandlungen zahlen müssen, weiter sinkt. So zahlen Paare ab 1.7. nur noch ein
Viertel der Gesamtkosten der ersten drei Befruchtungsversuche, 25% teilen sich
Bund und Freistaat, 50% erstatten wir bisher die Krankenkassen;
beim 4. Versuch, der nicht mehr von den Kassen unterstützt wird, übernehmen
jetzt Bund und Freistaat die Hälfte der Kosten;‘
jeder Versuch kostet zwischen 1600 und 1800 Euro;
in Sachen wurden seit 2009 etwa 1800 Behandlungen unterstützt, dadurch kamen
rund 500 Kinder auf die Welt;
Paare müssen keine Bedürftigkeit nachweisen; müssen seit 1 Jahr in Sachsen
wohnen; Frauen müssen mindestens 25 und höchstens 40 Jahre alt sein; Männer 25
bis 50;
Bundesfamilienministerin Schröder: beinahe jedes 10. Paar zwischen 25 und 59
ist ungewollt kinderlos
(Freie Presse Chemnitz 28.6.2013 S.5)
· Israel; Frau
hat 6 Jahre nach dem Tod eines ihr unbekannten Mannes ein Kind von ihm zur Welt
gebracht. Der Mann, der immer Vater werden wollte, sei vor Jahren an Krebs
erkrankt. Vor der Chemotherapie habe er Samenzellen einfrieren lassen. Nach
seinem Tod suchten seine Eltern eine Frau mit Kinderwunsch (als Leihmutter)
(Freie Presse Chemnitz 11.6.2013 S.8)
· KÜNSTLICHE
BEFRUCHTUNG
Kinder aus dem Billiglabor
PARIS | Mit einem für Entwicklungsländer gedachten vereinfachten Labor sind
künstliche Befruchtungen Forschern zufolge zu einem Bruchteil der bisherigen
Kosten möglich. Belgische Forscher stellten auf einer Konferenz in London das
Labor vor, mit dem eine In-vitro-Fertilisation (IVF) nur rund 200 Euro kostet
und damit nur noch 10 bis 15 Prozent dessen, was Paare bislang zahlen müssen.
Die Technik wurde bereits in Belgien getestet. Die Ergebnisse, was die Qualität
der Embryonen und die Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft angeht,
sind laut den Forschern vergleichbar mit denen herkömmlicher Labore. Bei dem
Billiglabor für künstliche Befruchtungen wurde auf spezielle CO2-Brutkästen für
die Embryonen sowie auf gesonderte Systeme zum Einleiten medizinischer Gase und
zur Reinigung von Luft verzichtet. Während in entwickelten Ländern Labore für
eine In-vitro-Fertilisation zwischen eineinhalb und drei Millionen Euro kosten,
liegen die Kosten für das neu entwickelte Labor bei weniger als 300.000 Euro.
(taz 12.7.2013 S.18)
· Ende der
neunziger Jahre wagte der Chemiker Carl Djerassi einen Blick in die Zukunft.
Djerassi ist berühmt, die Welt kennt ihn als Vater der Antibabypille. So wie
die Pille den Geschlechtsverkehr von der Fortpflanzung trenne, prophezeite
Djerassi, werde die moderne Medizin es möglich machen, die Fortpflanzung vom
Geschlechtsakt zu trennen. In jungen Jahren würden Menschen ihre Keimzellen
einfrieren lassen – zwecks späterer Zeugung im Labor. Anschließend würden sie
sich sterilisieren lassen: Verhütung wäre gar nicht mehr nötig.
Kaum jemand hat Djerassis Szenario damals ernst genommen. Vielleicht war das
ein Fehler: Seine Prognose sollte uns nachdenklich machen. Neue Entwicklungen
der Reproduktionsmedizin legen das nahe. Denn was den Fertilitätsexperten über
viele Jahre nicht gelang, ist inzwischen möglich: Weibliche Eizellen lassen
sich einfrieren und Jahrzehnte später ohne Schaden wieder auftauen. Die
Technik, ursprünglich entwickelt, um krebskranken jungen Frauen eine
Schwangerschaft nach Chemotherapie und Bestrahlung zu ermöglichen, wird jetzt
von Fertilitätspraxen frei angeboten.
Damit wird auch für Frauen möglich, was bisher nur für Männer möglich war: Sie
können nach Jahrzehnten beruflicher Erfüllung und persönlicher
Selbstverwirklichung als 40-Jährige entspannt ans Kinderkriegen denken.
In den USA hat die Fachgesellschaft für Fertilitätsmedizin das Einfrieren von
Eizellen kürzlich als normale Behandlungsmethode anerkannt.;
(Die Zeit 11.7.2013 S.31)
· Die
biologische Uhr anhalten;
Etwa 3.000 Euro kostet es Frauen, ihre eigenen Eizellen einfrieren zu lassen.
Plus jährliche Gebühr für die Lagerung: Eine Versicherung, die vom Zeitdruck in
der Lebensmitte befreit;
So offensiv wie sie propagiert kein anderes Kinderwunschzentrum in Deutschland
die neue "Anti-Aging-Methode der Reproduktionsmedizin", wie Puchta es
nennt. Die meisten Zentren präsentieren das Angebot der Eizellkonservierung
nicht einmal auf ihrer Homepage. Dabei kann die immense Bedeutung der neuen
Technologie keinem Experten entgangen sein: der Erhalt der weiblichen
Fruchtbarkeit bis ins Alter. "Das ist zurzeit das spannendste Thema der
Fertilitätsmedizin", sagt Michael von Wolff. Der Gynäkologe koordiniert
FertiProtekt, einen Zusammenschluss von Kinderwunschmedizinern, die das
Einfrieren von Eizellen anbieten. Rund hundert Frauen, schätzt von Wolff nach
einer ersten Umfrage, haben davon 2012 im deutschsprachigen Raum Gebrauch
gemacht.
Anders als Männern, die auch in fortgeschrittenen Jahren noch Kinder zeugen
können, setzt das Alter dem Kinderwunsch der Frauen enge Grenzen. Schon vor dem
30. Lebensjahr beginnt die weibliche Fruchtbarkeit zu schwinden, ab Mitte
dreißig stürzt sie regelrecht ab. Wer fünf Jahre später noch kein Kind geboren
hat, dürfte in der Regel den Zeitpunkt für eine natürliche Familiengründung
verpasst haben.;
Nun jedoch überwinden Ärzte die biologische Grenze der weiblichen Biologie: Sie
frieren die Eizellen einer jungen Frau ein und legen damit ihre Fruchtbarkeit
buchstäblich auf Eis. Will die Kundin in späteren Jahren dann ein Kind, wird
sie zu ihrer eigenen Spenderin.
Anne Prahl* ist so eine Frau. Sie nennt das Verfahren ihre
"Familienversicherung". Während andere Geld fürs Alter zurücklegen,
hat sie die eigenen Eier in einer Fruchtbarkeitsbank deponiert. Social freezing
heißt diese Technik.;
Zurück in Deutschland, recherchierte Prahl im Internet, gab "social
freezing" ein und landete in der Hamburger Praxis von Frank Nawroth. Der
Gynäkologe beschäftigt sich seit Jahren mit dem Einfrieren von Eizellen, die
sogenannte Kryokonservierung von Oozyten war Nawroths Habilitationsthema. Lange
Zeit galt diese eisige Technik als schwierig und wenig zukunftsträchtig. Denn
anders als Spermien, die sich leicht in großen Massen einfrieren lassen, ist
jede weibliche Keimzelle ein Unikat, bei dem die Langzeitaufbewahrung höchst
heikel war.
Es bildeten sich dabei nämlich scharfkantige Kristalle, die später beim
Auftauen fast immer die empfindlichen Zellwände beschädigt hatten. Die hoch
komplizierte und teure Eizellkonservierung war deshalb lange Zeit
ausschließlich krebskranken jungen Frauen vorbehalten. Um diesen Patientinnen
zu helfen, hatte sich das Ärztenetzwerk FertiProtekt ursprünglich gegründet.
Denn sie laufen Gefahr, durch Bestrahlung und Medikamente ihre Fruchtbarkeit zu
verlieren.
Erst die neue Technik der Vitrifikation ("Verglasung") brachte den
Durchbruch. Weil hier die Eizellen innerhalb weniger Sekunden schockgefroren
werden, bilden sich die gefürchteten Kristalle nicht mehr. Und nun können auch
Frauen behandelt werden, die den Kinderwunsch nicht aus medizinischen, sondern
aus "sozialen" Gründen aufschieben wollen oder müssen: Weil ein Kind
nicht in die aktuelle Lebensphase passt – oder weil der passende Partner fehlt.
Dem Arzt Frank Nawroth, der es zuvor immer mit schwer kranken Frauen zu tun
gehabt hatte, haderte anfangs mit dem social freezing. Schließlich ist das
Verfahren medizinisch nicht indiziert, sondern eine sogenannte
Lifestyle-Therapie. "Vor fünf Jahren hätte ich das noch abgelehnt",
sagt er. Mittlerweile denkt Nawroth aber anders: "Nach einer ausführlichen
Beratung darf man diese Therapie auch gesunden Frauen durchaus anbieten, zumal
die medizinischen Risiken gering sind."
Genau wie bei der Vorbereitung auf eine künstliche Befruchtung werden die
Eierstöcke hormonell zur Überproduktion angeregt. Nun reifen statt einer
einzigen Eizelle plötzlich bis zu dreißig heran. Anne Prahl injizierte sich die
Hormone selbst. Sie setzte sich dafür eine Spritze, so wie es Diabetiker
täglich tun. Nach zehn Tagen ließ sie sich in der Hamburger Praxis die reifen
Eizellen unter einer kurzen Narkose absaugen.;
Für Anne Prahl ist das social freezing nur eine weitere Form der
Selbstbestimmung: "Nun können Frauen selbst entscheiden, wie lange sie ein
Kind bekommen wollen. Damit sind wir Männern gegenüber nicht mehr im
Nachteil." Rechtliche Schranken stehen dem Einfrieren nicht entgegen.
Anders als befruchtete Eizellen, also Embryonen, sind unbefruchtete Keimlinge gesetzlich
nicht geschützt, da sie nicht als werdendes Leben gelten. Eine Frau kann mit
ihren Eizellen machen, was sie will. So wie der Mann mit seinem Sperma.
Auch aus ethischen Gründen spricht prinzipiell nichts gegen die Einlagerung.
Das machte der Theologe Hartmut Kreß von der Universität Bonn auf der
Jahrestagung der deutschen Reproduktionsmediziner im Mai deutlich. Er
resümierte: "Da die Pille und die künstliche Befruchtung inzwischen aus
ethischer Sicht weitgehend akzeptiert sind, wäre es ein Widerspruch, das social
freezing pauschal als ethisch nicht zulässig zu verurteilen.";
Ethisch dürfte die wichtigste Frage sowieso nicht sein, ob man die biologische
Uhr anhalten darf – sondern wie lange man das darf. Denn sowohl medizinisch als
auch sozial eröffnen die neuen Möglichkeiten Grenzbereiche: Zwar kann etwa eine
gesunde 60-jährige Frau noch ein Kind austragen. Mit entsprechenden Präparaten
vorbereitet, nimmt die Gebärmutter auch nach den Wechseljahren eine im Labor
befruchtete Eizelle auf und lässt diesen Embryo heranwachsen. Doch mit dem
Alter steigen die Risiken für Mutter und Kind, zum Beispiel für
Schwangerschaftsdiabetes oder eine Frühgeburt.;
Wichtiger als ein verbindliches Höchstalter erscheint von Wolff ohnehin, die
Ärzte zu einer umfassenden Beratung zu verpflichten. Dabei geht es weniger um
Ethik als um Verbraucherschutz. 2.000 bis 3.000 Euro kostet das Einfrieren pro
Zyklus jeweils, hinzu kommen die Kosten für die Hormonbehandlung sowie rund 250
Euro jährlich für die Lagerung.
In den meisten Fällen bleibt es nicht bei einem Mal. Mindestens 20 kerngesunde
Eizellen muss eine Frau auf Eis legen, um später gute Chancen auf eine
Schwangerschaft zu haben. Auf eine so hohe Zahl kommen innerhalb eines
Behandlungszyklus jedoch nur sehr junge hormonbehandelte Frauen zwischen 20 und
30 Jahren.;
Denn der optimale Alterskorridor für das social freezing ist schmal. Frieren
die Frauen ihre Eizellen in sehr jungen Jahren ein, sind ihre Erfolgschancen
zwar groß, doch die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Fruchtbarkeitsreserve auch
jemals nutzen werden, ist gering. Denn die meisten haben ja noch jede Menge
Zeit, auf natürliche Weise eigene Kinder zu bekommen. Warten die Frauen aber zu
lange, lohnt sich der Aufwand nicht mehr unbedingt: Zum einen geben die Ovarien
kaum noch befruchtungsfähige Eizellen her. Zum anderen ist von der geringen
Ausbeute ein hoher Anteil unbrauchbar. Denn je älter die Frauen, desto größer
die Gefahr von Chromosomenstörungen.
"Wenn eine 40-Jährige zu mir kommt, kann ich das Verfahren meist nicht mehr
mit gutem Gewissen empfehlen", sagt der Reproduktionsmediziner von Wolff.
Seine "Idealpatientin" ist Anfang 30. Dann sei die Erfolgschance gut
und der Kinderwunsch noch nicht verzweifelt.
(Die Zeit 11.7.2013 S.32 http://www.zeit.de/2013/29/kinderwunsch-social-freezing-eizellen-einfrieren)
· Christiane
Woopen, die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, über die Gefahren und Chancen
der Kinderwunschmedizin;
ZEIT: Heutzutage haben Frauen die Möglichkeit, Eizellen in jungen Jahren
einzufrieren, um im höheren Alter noch Mutter werden zu können. Würden Sie dazu
raten?
Woopen: Nur denen, die konkrete Probleme haben, etwa wenn eine Krebsbehandlung
ihre Fruchtbarkeit gefährdet. Nicht aber allen Frauen.;
ZEIT: Aber es gibt Frauen, die in ihren fruchtbaren Jahren keinen passenden
Partner haben und die sich die Möglichkeit für Kinder erhalten wollen. Spricht
denn wirklich etwas dagegen?
Woopen: Ich will da nicht polarisieren. Aber wir müssen aufpassen, wenn
technische Lösungen für schwierige Einzelschicksale zu einer normalen sozialen
Praxis werden. Und bedenken Sie, dass sich das Fortpflanzungserleben selber
verändern kann. Dieser Akt der körperlichen Vereinigung in liebevoller Hingabe,
aus der heraus ein Kind entsteht, ist etwas anderes, als wenn man diesen
Vorgang ohne Not ins Labor verlegt.;
ZEIT: Viele Frauen betrachten das als einen Akt der Emanzipation. Mit der Pille
können sie sich gegen die frühe Schwangerschaft schützen. Indem sie ihre
Eizellen einlagern lassen, können sie nun viel später doch schwanger werden.;
Woopen: Ja, aber es ist dringlicher, den Grund dafür zu überwinden: Dieses
Phasendenken – erst Ausbildung, dann Karriere, dann Kinder. Diese Technik des
social freezing kann im Einzelfall, unter besonderen persönlichen Umständen,
sehr hilfreich sein. Aber ich hätte große Bedenken, falls sie allgemein üblich
werden sollte.;
Woopen: Diese Debatte wird kommen. Und zwar im Kontext der technischen
Entwicklungen der genetischen Diagnostik, die der Deutsche Ethikrat in einer
Stellungnahme gerade angesprochen hat. Niedrigschwellige und kommerzielle
Angebote werden einen breiten, kostengünstigen Zugriff auf das Genom
ermöglichen. Das Limit wird nicht mehr durch die technischen Möglichkeiten
definiert. Wir müssen uns selbst überlegen, wo wir es setzen und wie wir den
Fortschritt nutzen wollen. Jeder Bürger muss sich darüber klar werden, was er
über seine Gene wissen möchte. Wir müssen entscheiden, was ein Mensch über
einen anderen Menschen wissen darf. In welchem Umfang dürfen Eltern ihre Kinder
genetisch untersuchen lassen?
ZEIT: Mit dem Gesetz zur PID aus dem Jahr 2012 schien die Debatte in dem Feld
beendet.
Woopen: Solche Debatten enden nie. Wir müssen uns immer mit neuen Entwicklungen
auseinandersetzen.
(Die Zeit 11.7.2013 S.33 http://www.zeit.de/2013/30/fortpflanzungsmedizin-ethikrat-interview-christiane-woopen)
· Im 17.
Jahrhundert waren 20 Geburten für eine Frau normal. Ein Viertel ihrer Kinder
starb, die Frau selbst starb häufig auch bei einer Geburt.
(Die Zeit 11.7.2013 S.32 )
· wie weit die
Reproduktionsmedizin vorangeschritten ist auf ihrem Weg zur totalen Herrschaft
über die menschliche Natur. In naher Zukunft werden Ärzte die Befruchtung im
Reagenzglas, die sogenannte In-vitro-Fertilisation (IVF), so weit
perfektioniert haben, dass sie ihren Klienten ein umfassend kontrolliertes
Qualitätsprodukt anbieten: ein gesundes Baby, präzise terminiert, zu fast jedem
beliebigen Lebenszeitpunkt der Mutter. Und längst ist "assistierte
Reproduktion" keine medizinische Nische mehr, sondern ein veritabler Markt
– und tendiert zum gesellschaftlichen Mainstream. Bereits heute leben weltweit
etwa fünf Millionen Menschen, die im Labor gezeugt wurden. In wirtschaftlich
entwickelten Ländern entstammen bis zu fünf Prozent der Neugeborenen einem
Kinderwunschzentrum.;
Der enorme Aufwand soll die fehleranfällige Natur der menschlichen Reproduktion
kompensieren. Bei der Fortpflanzung leistet sich der Homo sapiens mehr
Schlampigkeit als jedes andere Säugetier. "Der Mensch ist eine subfertile
Spezies", befindet der Hamburger Humangenetiker Karsten Held. Das
bedeutet: ein nur grenzwertig fruchtbares Wesen. Bei der natürlichen
Vereinigung von Ei und Samen entsteht mehr Ausschuss als Nachwuchs. Ein gut
fruchtbares Menschenpaar im besten Zeugungsalter erreicht im Durchschnitt nur
in jedem vierten Zyklus der Frau eine Schwangerschaft, obgleich es wohl stets
zu Befruchtungen kommt. Mehr als vier von fünf befruchteten Eizellen, schätzen
Fachleute, nisten sich nie in der Gebärmutter ein.
Die wichtigste Ursache für diese Reproduktionsdefizite sind
Chromosomenstörungen, sogenannte Aneuploidien: Hat das werdende Leben in seinen
Zellen mehr als die korrekte Zahl von 46 Chromosomen oder weniger, geht seine
Überlebenschance gegen null. Fast immer liegt das am weiblichen Ei. Schon bei
25-Jährigen ist jede dritte Eizelle geschädigt, bis zum 45. Lebensjahr fällt
der Anteil entwicklungsfähiger Eier auf unter zehn Prozent. Fehlerhafte
Keimzellen des Mannes verschärfen das Zeugungsproblem überdies: Bei jedem
zehnten Embryo mit Chromosomenstörung stammt der Fehler aus dem Spermium.
(Die Zeit 11.7.2013 S.33 http://www.zeit.de/2013/29/gentests-erfolgschance-kuenstliche-befruchtung-connor-levy)
· Strafsache
Kinderwunsch
Deutsche Staatsanwälte ermitteln gegen Ärzte und Berater, weil sie Paaren dabei
geholfen haben, ihr Familienglück im Ausland zu suchen.;
Immer mehr Frauen wollen sich mit dieser offensichtlichen Diskriminierung nicht
mehr abfinden. Mindestens zweitausend deutsche Paare pilgerten jedes Jahr für
eine Fruchtbarkeitsbehandlung ins Ausland, schätzt die Europäische Gesellschaft
für Reproduktion und Embryologie (ESHRE) in einer Expertise. Der
Hauptreisegrund für den Fortpflanzungstourismus ist die Eizellspende;
Tschechien und Spanien sind dabei die beliebtesten Destinationen. Allein in
Prag bietet ein Dutzend Zentren ausländischen Paaren seinen Service an – mit
deutschsprachigem Personal und angeschlossenen Hotels.;
Doch die medizinischen Standards der Kliniken sind nicht immer gut. "Zu
mindestens einem Drittel der Zentren würde ich nicht gehen", sagt
Kinderwunschberaterin Sonja Börner. Einigen Kliniken fehlt die Erfahrung,
andere locken mit falschen Versprechen. Zwar sind die Erfolgsraten mit der
Eizellspende hoch, weil die Spenderinnen jung und deren Keimzellen gesund sind.
Dennoch endet jeder zweite Besuch im Ausland ohne Schwangerschaft; und die
Paare in Deutschland sind unsicher: Welches Zentrum ist seriös? Wo werden die
Spenderinnen ausgesucht? Und sind 10.000 Euro pro Behandlungsversuch
angemessen?;
Wer wird die fremde Frau sein, deren Eizelle ich bekomme? Spendet Sie ihre
Keimzellen, um anderen Frauen zu helfen? Oder nur wegen des Geldes? Zwischen
500 und 1.000 Euro erhalten Spenderinnen in Europa, je nach Land und Klinik,
für die Strapaze, zwei Wochen lang Hormone zu nehmen und sich dann unter
Narkose Eizellen absaugen zu lassen.;
Hintergrund des austrogermanischen Fertilitätsstreits ist erneut das
Embryonenschutzgesetz. Danach dürfen deutsche Ärzte nur drei Eizellen einer
Frau im Labor befruchten und ihr später wieder einsetzen. In Österreich gilt
diese Beschränkung nicht. Hier können die Mediziner mehr Embryonen wachsen
lassen und diejenigen mit dem besten Entwicklungspotenzial auswählen.
Entsprechend höher sind die Schwangerschaftsraten.;
Besonders eine Großpraxis im grenznahen Bregenz, das Zentrum des IVF-Mediziners
Herbert Zech, macht sich diesen Umstand zunutze und wirbt seit Jahren offensiv
mit der Überlegenheit der österreichischen Methode. Zur Eskalation kam es, als
Zech im bayerischen Ottobrunn eine Informationsstelle eröffnete und von dort
aus ein bundesweites Netzwerk deutscher Gynäkologen aufbaute, die Patientinnen
mit unerfülltem Kinderwunsch an den deutschen IVF-Zentren vorbei nach
Österreich überweisen sollten. 2009 wurde Zech wegen seiner offensiven
Kundenakquise angezeigt. Ein Eigentor.
Da dem Österreicher Zech nichts Gravierendes vorzuwerfen war, konzentrierte
sich die Staatsanwaltschaft auf seine deutschen Helfer. Vor allem die
Gynäkologen gerieten ins Visier, weil sie die Frauen untersucht und ihnen
Hormone verschrieben hatten, bevor diese sich nach Bregenz aufmachten. Gegen
rund hundert Ärzte wurde seitdem bundesweit ermittelt. In den meisten Fällen
erklärten die Ärzte ihre Schuld und zahlten Geldbußen zwischen 2.000 und 10.000
Euro. Wer dazu nicht bereit war, muss jetzt mit einem Gerichtsverfahren
rechnen.
Wie die Prozesse ausgehen, ist völlig offen. Denn in den vergangenen Jahren
sind auch deutsche Reproduktionsmediziner dazu übergegangen, mehr als drei
Embryonen zu befruchten, um sie dann einer Qualitätsprüfung zu unterziehen
(ZEIT Nr. 30/09). Sie stützen sich dabei vor allem auf die liberale Auslegung
des Embryonenschutzgesetzes der Kieler Strafrechtlerin Monika Frommel.
Unumstritten ist deren Interpretation nicht. Denn ein Ziel des
Embryonenschutzgesetzes war immer klar: Es sollten keine überzähligen Embryonen
entstehen – was unvermeidlich ist, wenn man mehr Embryonen produziert, als man
einsetzt.
Genau das ist anscheinend in deutschen IVF-Praxen geschehen. Eine mindestens
vierstellige Zahl von nicht verpflanzten Embryonen dürfte derzeit in
Deutschland auf Eis liegen. Ein Hinweis darauf, dass diese wirklich existieren,
ist ein neuer Verein deutscher Reproduktionsmediziner, der diese Woche in
München gegründet wurde. Dieser will solche Embryonen erfassen und die Spende
an kinderlose Paare ermöglichen.
(Die Zeit 14.8.2013 S.33 http://www.zeit.de/2013/34/kinderwunsch-justiz-embryonenschutzgesetz)
· Die Zahl der
Paare, die im fortgeschrittenen Alter Eltern werden, steigt. Manche Experten
sprechen von einer unterschätzten Entwicklung, sie ist ein Segen für die
Gesellschaft - und gleichzeitig ihr Fluch.;
Hans Bertram, Soziologieprofessor und langjähriger Berater von Landes- und
Bundesregierungen, sieht in der Entwicklung eine riesige Herausforderung für
Politik, Wirtschaft und jeden Einzelnen. "Das Thema ist durchweg
zwiespältig", sagt er. "Biologisch gesehen tickt die Uhr, und es
grenzt an Dummheit, einen Kinderwunsch lange hinauszuzögern. Aus
sozioökonomischer und psychologischer Sicht aber sind späte Eltern vor allem
eins - bessere Väter und Mütter."
Die Zahlen: Waren Frauen in Westdeutschland 1970 bei ihrer ersten Entbindung
durchschnittlich 24 Jahre alt, sind sie heute 29, jene mit Studium sogar 33
Jahre; im Osten liegt der mittlere Wert bei 28 Jahren.;
Mehr als vier Prozent der Neugeborenen brachte diese Altersgruppe 2012 zur Welt
- knapp 29 000 Kinder. Etwa jeder fünfte Säugling, insgesamt fast 120 000,
gehörte zu einer Mutter zwischen 35 und 39. Auch eine große Zahl Männer
entscheidet sich später, fast jeder 20. Sprössling stammt von einem Vater über
fünfzig.;
Obwohl die Lebenserwartung von Frauen in den vergangenen hundert Jahren um 35
Jahre stieg, liegt der optimale Zeitraum für eine Schwangerschaft nach wie vor
zwischen dem 20. und 30. Geburtstag. Bereits eine 35-jährige werdende Mutter
gilt statistisch als risikogefährdet. Spätgebärende tauchten in den
Berechnungen der Demografen lange kaum auf. Nun aber erfahren die
Vernachlässigten zunehmend Aufmerksamkeit - auch als Musterexemplare
"verantworteter Elternschaft".;
Auch die Familienpsychologin Sabine Walper beobachtet ein unter späten Eltern
verbreitetes " Überengagement", das es Kindern oft erschwere, etwas beiläufiger
aufzuwachsen. Häufig fehlen Großeltern als Bezugspersonen, sie sind verstorben,
pflegebedürftig oder zu alt, um für die Enkel da zu sein.;
"Beeindruckende Ergebnisse", urteilt der Frauenarzt Wolfgang
Holzgreve. "Sie täuschen nur leider darüber hinweg, dass das biologische
Zeitfenster ja trotzdem existiert. Die Kehrseite des späten Glücks sind erhöhte
Komplikationsraten in der Schwangerschaft wie Fehlgeburten oder
Chromosomenanomalien. Späte Elternschaft ist in den meisten Fällen nur als
minutiös geplantes Projekt möglich."
Bis zu 20 Monate müsse eine 40-Jährige im Durchschnitt auf einen positiven
Schwangerschaftstest warten;
Doch auch eine künstliche Befruchtung verlangt umfängliche Flexibilität.
"Ich habe fünf Jahre lang die Arbeitszeit reduziert, um bloß die Termine
beim Reproduktionsmediziner passend wahrnehmen zu können", bilanziert die
45-jährige Abteilungsleiterin eines Unternehmens für Computerelektronik. 60
Monate Fortpflanzung auf dem Gynäkologiestuhl - dann kam ihre Tochter, die mittlerweile
drei Jahre alt ist.;
Doch das Risiko zu scheitern ist auch bei höchstem Einsatz groß. Schon bei
einer 35-Jährigen liegt die Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Jahres
schwanger zu werden, um 40 Prozent niedriger als bei einer 22-Jährigen. Ab dem
40. Lebensjahr - es ist das Alter, in dem auch der männliche Samen an Qualität
verliert - sinkt sie sprunghaft weiter ab; um den 50. Geburtstag herum endet
die reproduktive Phase.
Von den rund 500 000 Eizellen, die ein neugeborenes Mädchen in sich
trägt, sind beim Übergang zur Menopause nur rund 1000 verblieben. Und längst
nicht alle sind intakt; Alter und Umwelteinflüsse haben ihnen zugesetzt.
Statistisch gesehen erleiden 42-Jährige daher fast sechsmal so häufig eine
Fehlgeburt wie 20-Jährige. Und eine 35-Jährige hat im Vergleich ein viermal
höheres Risiko, ein Kind mit der Chromosomenstörung Trisomie 21, dem
Down-Syndrom, zur Welt zu bringen. Vereinzelt leiden Kinder später Väter
außerdem eher an psychischen Erkrankungen wie Autismus oder Schizophrenie. Die
Zahl medizinisch indizierter Schwangerschaftsabbrüche ist in keiner
Altersgruppe so hoch wie bei Frauen zwischen Mitte dreißig und Mitte vierzig.;
Die vermischten Seiten der Zeitungen hingegen erzählen oft von schrankenlosem
Glück. Eine pensionierte Schweizer Pastorin bringt Zwillinge zur Welt. Die
amerikanische Schauspielerin Halle Berry wird mit 47 Jahren Mutter; die
italienische Sängerin Gianna Nannini gebärt mit 54, ein deutscher
Fernsehmoderator wiegt 69-jährig seine Neugeborenen.
"Die schönste Überraschung überhaupt!", so und ähnlich lauten die
hingerissenen Kommentare. Nur aus dem Piemont kamen andere Schlagzeilen, als
ein Jugendamt vor drei Jahren einem Ehepaar das Sorgerecht für seine damals
einen Monat alte Tochter entzog. Vater und Mutter, 69 und 57 Jahre alt, seien
nicht mehr jung genug und daher überfordert, hieß es. Das Urteil berührt die
Altersnormen, die sich eine Gesellschaft setzt.;
"Dass er voraussichtlich nun ohne Geschwister aufwachsen muss, habe ich in
dieser Konsequenz nicht durchdacht."
Es ist die demografische Tragik dieser Republik, in der, gemessen an der
Einwohnerzahl, so wenig Kinder geboren werden wie in keinem anderen Land der
Europäischen Union: Viele Spätentschlossene wollen, können aber nicht. 15
Prozent der 35- bis 49-Jährigen wünschen sich "bestimmt" noch Sohn
oder Tochter, 31 Prozent "vielleicht". Gerade die Frauen aber sind
oft zu alt, um aufzuholen, was sie versäumt haben.;
Die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist auch deswegen gewaltig, weil
immer mehr Menschen die Entscheidung aufschieben: Fast die Hälfte aller
kinderlosen Paare zwischen 40 und 50, so berichten Reproduktionsmediziner, sind
es allein deshalb, weil sie zu lange gewartet haben.;
"Einfrieren", lautet daher Slaughters Empfehlung, "Eizellen
einfrieren, egal ob verheiratet oder nicht." Nur so könnten junge Frauen
sicherstellen, am Ende auf jeden Fall das Beste beider Welten erreichen zu
können: Kinder und Karriere.
Der Befund ist bitter. Auch in Deutschland bieten Gynäkologen an, Eizellen zu
entnehmen und in flüssigem Stickstoff zu konservieren, damit Frauen, mit etwa
3000 Euro Einsatz und rund 300 Euro Lagerungsgebühr im Jahr, für die
Nachwuchsfrage gerüstet bleiben. Bislang konnten sie allenfalls auf gespendete
Eizellen zurückgreifen, im Ausland; in Deutschland sind solche Spenden wegen
ethischer Bedenken verboten. Aber auch das sogenannte Social Freezing ist
umstritten. Die Schwangerschaftsrate ist vergleichsweise niedrig und das
Risiko, etwa für Wachstumsverzögerungen des Embryos, nicht ausgeschlossen.;
(Der Spiegel17-2014 S.32ff. - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-126590262.html
)
· Der kleine
Unterschied zwischen Eizelle und Embryo;
Was taugt das Embryonenschutzgesetz von 1990? Dieser Frage geht ein Berliner
Gericht nach.;
Es ist eines der medizinethisch umstrittensten Paragrafenwerke, über das seit
Dienstag vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten verhandelt wird: das
Embryonenschutzgesetz von 1990. Es geht dabei um nichts Geringeres als die
Frage, wie viele Eizellen einer Frau, die auf natürlichem Weg nicht schwanger
werden kann, nach einer Hormonstimulation künstlich befruchtet werden dürfen.
Manfred M. erklärte, dass die Staatsanwaltschaft das Gesetz fehlinterpretiere.
Dort heiße es zwar, dass es verboten ist, "mehr Eizellen einer Frau zu
befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen werden sollen". Es
würden aber, so M., "keine Eizellen übertragen, sondern Embryonen".
Und Zech habe stets maximal drei Embryonen übertragen, wie es das Gesetz
fordere. Um aber überhaupt drei entwicklungsfähige Embryonen zu erhalten, sei
es notwendig, zunächst viele Eizellen zu befruchten. M.: "Nur 60 bis 70
Prozent der befruchteten Eizellen sind entwicklungsfähig." Im Übrigen
gingen viele deutsche Kliniken inzwischen nach genau der Methode vor, die auch
Zech praktiziere und die im Fachjargon "deutscher Mittelweg" heißt.
(taz 7.5.14 S.6)
· Gesetzliche
Krankenkassen in Deutschland dürfen ihren Versicherten die Kosten für eine
künstliche Befruchtung nur dann erstatten, wenn die Versicherten miteinander
verheiratet sind. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in Potsdam
am Freitag entschieden. Das Sozialgesetz sehe zwar ausdrücklich vor, so das
Gericht, dass die Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen
zur Herbeiführung einer Schwangerschaft umfassen. Diese Regelung gelte aber nur
für Paare mit Trauschein. Das Gericht bestätigte damit die Auffassung des
Bundesversicherungsamts (BVA).
(taz 14./15.6.14 S.2)
· Künstliche
Befruchtung, Eizellspende, Leihmütter - Ärzte können heute vielen Paaren zum
Kind verhelfen. Der Kulturwissenschaftler Andreas Bernard erklärt, wie die
Reproduktionsmedizin das alte Bild von Vater-Mutter-Kind verändert hat.;
SPIEGEL: Herr Bernard, heute ist es theoretisch möglich, dass ein Kind fünf
Eltern hat: einen Samenspender, eine Eizellspenderin, eine Tragemutter und
schließlich die sozialen Eltern, bei denen es aufwächst. Kommt so etwas
wirklich vor?
Bernard: Es ist machbar, und für ein paar hundert Kinder auf der Welt trifft es
auch zu. …;
In Familien, die durch Samen- und Eizellspende oder Leihmutterschaft entstanden
sind, wird Verwandtschaft nicht biologisch, sondern in sozialen und
vertraglichen Kategorien hergestellt. Das ist ein Umbruch, der beträchtliche Folgen
hat.;
SPIEGEL: Die anonyme Samenspende gibt es seit langem auch in Deutschland. Die
Kinder haben, wie alle Kinder auf der Welt, ein sogenanntes Recht auf Kenntnis
der eigenen Abstammung. Wie funktioniert das in der Praxis?
Bernard: Jahrzehntelang lief das sehr restriktiv. Deutsche
Reproduktionsmediziner standen auf dem Standpunkt, den ich als erste Phase
beschrieben habe: Es ist besser, wenn die Kinder nichts von den Hintergründen
ihrer Zeugung erfahren. Aber im Februar 2013 ist es einem 21-jährigen Mädchen
namens Sarah zum ersten Mal gelungen, einen Reproduktionsmediziner per
Gerichtsurteil zu zwingen, den Namen eines anonymen Samenspenders
herauszugeben. Das wird vermutlich dazu führen, dass in den nächsten Jahren
viele Spenderkinder die entsprechenden Informationen einklagen werden.;
SPIEGEL: Die Versuche der Nazis, die deutsche Rasse mit den Mitteln der Eugenik
zu entwickeln, sind aber bekannt.
Bernard: Ohne Zweifel bilden Eugenik und "Rassenhygiene", in Form von
Zwangssterilisationen oder der "Vernichtung unwerten Lebens", die
wissenschaftliche Legitimation der nationalsozialistischen Verbrechen. Es wurde
von den Nazis auf exzessive Weise negative Eugenik betrieben, sie verhinderten
auf grausame Art, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen Kinder bekamen. Positive
Eugenik aber, also Versuche mit Samenspenden und künstlicher Insemination, hat
es nicht gegeben. Dennoch argumentieren Gegner der künstlichen Befruchtung seit
Jahrzehnten reflexhaft mit der Assoziation zum Nationalsozialismus, so wie
zuletzt auch Sibylle Lewitscharoff.;
SPIEGEL: Dennoch stimmt ja die Feststellung, dass die moderne
Reproduktionsmedizin zwar Leben schenkt, zugleich aber auch selektiert.
Bernard: Absolut. Wir sind zwar liberaler geworden, eugenische Zwangsmaßnahmen
sind aus unserer Gesellschaft auf den ersten Blick verschwunden. Aber das, wozu
damals totalitäre Regierungen nötig waren - zum Beispiel um Menschen mit
Behinderung auszumerzen -, das übernehmen wir heute selber. Wohin haben die
Pränatal- und Präimplantationsdiagnostik geführt? Dass man keine Kinder mit
Down-Syndrom mehr auf den Straßen sieht. Man könnte sagen, wir betreiben
inzwischen freiwillige Eugenik.
SPIEGEL: Deutsche Paare reisen in Länder wie Indien oder die Ukraine, um dort
mit Hilfe einer Tragemutter zu einem Kind zu kommen. Ist das moderne Sklaverei?
Bernard: Ich habe in einem Reproduktionszentrum in der Ukraine einige
Tragemütter kennengelernt. Sicherlich wurden mir von der Klinik nur die
stabilsten Frauen als Gesprächspartnerinnen vermittelt. Aber wenn eine Frau
erzählt, dass sie als Filialleiterin einer Supermarktkette 3000 Euro im Jahr
verdient und mit einer Leihmutterschaft 10 000 Euro, dann bin ich mir
nicht sicher, ob man ihre Bereitschaft dazu kritisieren kann.;
SPIEGEL: Wie engagiert helfen deutsche Reproduktionsmediziner denn auch
homosexuellen Paaren beim Kinderkriegen? Adoption ist ihnen ja versagt ...
Bernard: ... aber die Samenbanken in Deutschland unterstützen sie. Nicht offen,
weil das nach den Richtlinien der Bundesärztekammer untersagt ist, aber sie tun
es. Manche Samenbanken sagen, der Anteil ihrer homosexuellen Kunden betrage
bereits 60 Prozent.
SPIEGEL: Sollten Eizellspenden und Leihmutter- oder Tragemutterschaft in
Deutschland auch erlaubt sein?
Bernard: Die Rechtslage weist ja auf eine bemerkenswerte Geschlechterdifferenz:
Samenspenden sind erlaubt, Eizellspenden nicht. Weshalb? Im Grunde geht es um
zwei zellulare Transfers.
SPIEGEL: So einfach ist es nicht: Das Spenden von Sperma bereitet dem Mann
Lust, die Punktion von Eizellen hingegen schmerzt und riskiert die Gesundheit.
Bernard: Das stimmt, und trotzdem ist es erstaunlich, dass die hochmoderne
Reproduktionsmedizin immer wieder von archaischen Geschlechterbildern geprägt
ist. Die Zeugungstheorie von Aristoteles etwa nimmt an, dass der Samen des
Mannes die formende Gestalt für das Kind sei, die Frau dagegen nur die Substanz
bereitstelle. 2400 Jahre später sieht das nicht viel anders aus. Der Mann ist
auch in den Samenbanken von heute für die intellektuelle und körperliche
Exzellenz, also das Formende zuständig. Er wird mit Hunderten Elitesiegeln
versehen. Bei der Frau in den Eizell- oder Leihmutterkatalogen wird dagegen
kaum auf Schulbildung geachtet. Es wird eher geschaut: Hat sie schon Kinder
geboren? Die Frau erscheint nach wie vor als diejenige, die die materielle
Substanz des Kindes liefert.
(Der Spiegel 12-2014 S.111ff. - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-125966685.html
)
· "Kinder
machen": Andreas Bernard hat ein ausgezeichnetes Buch über
Reproduktionsmedizin und die moderne Familie verfasst.;
Allein in den gut 140 deutschen Reproduktionszentren werden pro Jahr über
10.000 Kinder außerhalb des Mutterleibs gezeugt, jede vierzigste Geburt geht
auf diese Praxis zurück, und weltweit sind so bisher fünf Millionen Kinder
entstanden. Viele Menschen kommen hinzu, deren Leben durch Samenspenden Dritter
begann, in Deutschland allein sind es 100.000 seit den siebziger Jahren.;
Sein Befund: Wo in den 1980er Jahren apokalyptische Ängste vor technischer
Menschenzurichtung regierten, wie sie das Denken von Lewitscharoff immer noch
prägen, da waltet heute die Auffassung, dass das Leiden unfruchtbarer Paare
nicht nötig ist. Man kann etwas tun, wie bei Diabetes, bei Übergewicht,
Schwerhörigkeit. Die meisten Frauen, die ein Kind wollen, sind um die 40, bei
vielen sind die fruchtbaren Jahre vorbei, vor lauter Arbeit und Warten auf den
richtigen Zeitpunkt ist er verstrichen. Aber mit Arbeitsmarkt- oder
Paarbildungsanalysen hält Bernard sich nicht auf. Er stellt anhand seiner
Interviews fest: Das gefürchtete Retortenbaby hat sich in das ersehnte
Wunschkind verwandelt, für das man viel medizinische und finanzielle Mühe auf
sich nimmt. Aus der Furcht vor totalitärer Menschenzüchtung wurde die individualisierte
Sonderform der freiwilligen "Eugenik ohne Eugenik", die dafür sorgt,
dass sich für jeden – jenseits von Zufall, Pflicht, Üblichkeit oder Gewalt –
ein Kind herstellen lässt. Bernard führt aus, das Leben dieser Kinder sei gut
genug erforscht, um sagen zu können: Es gibt biografische Zweifel, Irritationen
und Nöte, zumal bei Kindern aus Samenspenden, aber seelische Not gibt es bei
Kindern aus natürlicher Zeugung auch.;
Seit 1876 weiß man, dass Befruchtung die Verschmelzung zweier Zellkerne ist. Seit
etwa 1910 wird planvoll und erfolgreich mit künstlicher Befruchtung auch bei
Menschen hantiert.;
Und wie so oft in der Medizin, wo die beste Arznei eine ist, die man nicht
braucht, stellt sich die Frage, ob die Biografien so verlaufen müssen, dass
viele Kinder erst mit medizintechnischer Hilfe entstehen. Warum kann eine
reiche Gesellschaft nicht so gebaut sein, dass Menschen, bevor sie zu alt sind,
Kinder bekommen?
(Die Zeit 27.3.14 S.57 - http://www.zeit.de/2014/14/andreas-bernhard-kinder-machen-sachbuch
)
· Die private
Nabelschnurblutbank Vita 34 AG lagert Blut aus der Nabelschnur von Neugeborenen
ein, damit es später im Krankheitsfall für Therapien verwendet werden kann. Gestern
stand die Einlagerung der 100.000. Präparates a. Vita 34 machte 2013 einen
Umsatz von 13,6 Millionen Euro
(Freie Presse Chemnitz 28.3.14 S.7)
· Cornelia:
Ein Theologieprofessor sagte mir schließlich: Sie glauben doch nicht, dass Sie
ein Kind mit künstlicher Befruchtung bekommen können, wenn Gott es nicht will.
Das hat mir geholfen, es zu versuchen.
(Der Sonntag, Sachsen, 25.5.14 S.3)
· Am
verbreitetsten ist das Verfahren der „Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion“
(ICSI), bei dem ein funktionsfähiges Spermium aus dem Hoden entnommen und in
die Eizelle der Frau injiziert wird.;
einem künstlichen Zeugungsweg verdanken jedes Jahr etwa 7000 Kinder (in
Deutschland) ihr Leben
(Der Sonntag, Sachsen, 25.5.14 S.1)
· Ein
Gynäkologe steht vor Gericht, weil er einem Reproduktionsarzt aus Österreich
half, deutschen Frauen ihren Kinderwunsch zu erfüllen.;
Schließlich riet ihnen ihr Reproduktionsarzt, sie könnten zu Professor Herbert
Zech nach Bregenz in Österreich fahren, der habe womöglich mehr Erfolg. Zech
entnahm der Frau 14 Eizellen, die er im Reagenzglas befruchtete. Sieben
überlebten, nach fünf Tagen waren noch drei übrig, von denen ihr der Mediziner
zwei einpflanzte. Aus einer wurde Julian.;
Allein in Deutschland werden jährlich rund 50 000 Behandlungen vorgenommen,
viele Tausend Paare suchen zudem Hilfe in Österreich, Belgien, Tschechien oder
Polen. Das Verfahren ist Teil eines heftiger werdenden Wettstreits zwischen
deutschen Reproduktionszentren und der ausländischen Konkurrenz.;
Deutschland hat ein Embryonenschutzgesetz, das zum Teil bis heute restriktiv
ausgelegt wird: Danach dürfen nicht mehr als drei Eizellen in einem Zyklus
befruchtet und einer Frau eingepflanzt werden. Der Gesetzgeber wollte damit
eine "Vorratsbefruchtung" verhindern, aus Sorge, überschüssige
Embryonen könnten beispielsweise geklont werden. Auch eine Auswahl darf
hierzulande nicht stattfinden - doch dadurch sinken die Chancen, den stärksten
Embryo zu erwischen.
Zechs Kliniken dagegen dürfen laut österreichischem Gesetz so viele Eizellen befruchten,
wie für "eine aussichtsreiche Fortpflanzung notwendig sind".
(Der Spiegel 19-2014 S.99 - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-126830926.html
)
· Generationen
von Frauen mussten täglich daran denken, die Antibabypille einzunehmen, um eine
ungewollte Schwangerschaft zu verhindern. Das Verhütungsstäbchen, seit etwa 15
Jahren in Deutschland auf dem Markt, verlangt schon weniger Aufmerksamkeit von
seiner Anwenderin. Einmal eingepflanzt pumpt es drei Jahre lang Gestagene in
den weiblichen Körper. Wissenschaftler des Massachusetts Institute of
Technology (MIT) in Cambridge haben diesen Trend der bequemen Art der Verhütung
nun auf die Spitze getrieben: Sie entwickelten einen ferngesteuerten Mikrochip,
der bis zu 16 Jahre lang Hormone zur Empfängnisverhütung an den Organismus
abgibt.
(taz 25.7.14 S.18)
· Adoptionen
in Deutschland:
allein in Westdeutschland 1978 noch 11.224 Kinder adoptiert;
1993: 8687; 2005: 4.762; 2013 3793
(Freie Presse Chemnitz 2.8.14 S.8)
· Auf Facebook
können Nutzer nun aus 60 Geschlechteroptionen wählen. Das war's dann mit dem
Zwangsbekenntnis zu "Frau" und "Mann" - oder?
60 Geschlechteroptionen:
1. androgyner Mensch 2. androgyn 3. bigender 4. weiblich 5. Frau zu Mann (FzM)
6. gender variabel 7. genderqueer 8. intersexuell (auch inter*) 9. männlich 10.
Mann zu Frau (MzF) 11. weder noch 12. geschlechtslos 13. nicht binär 14.
weitere 15. Pangender, Pangeschlecht 16. trans 17. transweiblich 18.
transmännlich 19. Transmann 20. Transmensch 21. Transfrau 22. trans* 23. trans*
weiblich 24. trans* männlich 25. Trans* Mann 26. Trans* Mensch 27. Trans* Frau
28. transfeminin 29. Transgender 30. transgender weiblich 31. transgender
männlich 32. Transgender Mann 33. Transgender Mensch 34. Transgender Frau 35.
transmaskulin 36. transsexuell 37. weiblich-transsexuell 38.
männlich-transsexuell 39. transsexueller Mann 40. transsexuelle Person 41.
transsexuelle Frau 42. Inter* 43. Inter* weiblich 44. Inter* männlich 45.
Inter* Mann 46. Inter* Frau 47. Inter* Mensch 48. intergender 49.
Intergeschlechtlich 50. zweigeschlechtlich 51. Zwitter 52. Hermaphrodit 53. Two
Spirit drittes Geschlecht 54. Viertes Geschlecht 55. XY-Frau 56. Butch 57.
Femme 58. Drag 59. Transvestit 60. Cross-Gender
(taz 5.9.14 S.13)
· Wir gewöhnen
uns an sie, aber sie bleibt ein Skandal: Mit der Reproduktionsmedizin handeln
wir uns nicht nur ein Züchtungsprojekt ein, sondern verlieren auch eine große
kulturelle Errungenschaft, die Genealogie.;
Wir kommen jedoch nicht um die Frage herum, wie wir mit der zweiten Folge der
neuen Techniken umgehen, mit dem Verlust der Genealogie. Andreas Bernard sagt,
in Deutschland gebe es mehr als hunderttausend durch eine Samenspende gezeugte
Kinder, und er schätzt, dass lediglich fünf bis zehn Prozent wissen, wer ihr
biologischer Vater ist. Das Recht auf Auskunft, das ihnen mittlerweile
zugesprochen worden ist, nutzt ihnen wenig, weil die früheren Samenspenden
anonym geleistet wurden. Es leben also rund 90.000 Menschen unter uns, die ihre
Abkunft nicht kennen. Ist das schlimm? …
Schillers Traum "Alle Menschen werden Brüder" (in seiner Ode an die
Freude) ist auf traurigste Weise insofern Realität geworden, als tatsächlich
sehr viele Menschen Brüder und Schwestern geworden sind – allerdings ohne ihr Wissen.
Bernard zitiert eine alleinerziehende Mutter, die sich auf die Suche nach den
Halbgeschwistern ihres IVF-Sohnes gemacht und ein Verzeichnis der durch
Samenspenden erzeugten Verwandtschaften erstellt hat. Über ihr Register sagt
sie: "Wir haben über hundert Gruppen mit mehr als zehn Halbgeschwistern
und rund zwanzig Gruppen mit mehr als 35." Von diesen wiederum gebe es
einige, in denen mehr als hundert Kinder die Produkte desselben Spenders seien.
Das übertrifft alle Fruchtbarkeitsfantasien der Genesis.
(Die ZEIT 25.9.14 S.55)
· SOCIAL
FREEZING
Ein Kind von Apple
US-Firmen zahlen Mitarbeiterinnen Geld, damit sie ihre Eizellen einfrieren und
den Kinderwunsch aufschieben. Eine Umfrage der ZEIT zeigt: Viele junge Deutsche
halten das Angebot für attraktiv;
"Let’s chill" lautete das Motto, als sich Mitte August hundert Frauen
im trendigen Hotel NoMad in Manhattan trafen, was sowohl bedeutet "Lass
uns entspannen" als auch "Lass uns abkühlen".
Eingeladen hatte das New Yorker Unternehmen EggBanxx, um für sein Discount-Angebot
zu werben. Schon ab 7.000 Dollar entnehmen die Ärzte der Firma ihren Kundinnen
Eizellen, um sie schockzugefrieren und einzulagern, damit die Frauen noch Jahre
später darauf zurückgreifen und Kinder bekommen können, wenn sie in die eigene
Lebenssituation passen.
Die Dienstleistung, auf diese Weise an der biologischen Uhr zu drehen, um erst
mit 40, 45 oder 50 Jahren Mutter zu werden, ist in Deutschland noch wenig
verbreitet, doch in den USA nutzt sie eine wachsende Zahl von Frauen.
Zwei große amerikanische Unternehmen geben diesem Trend nun zusätzlichen Schub:
Die Hightechfirmen Apple und Facebook versprechen ihren weiblichen
Angestellten, künftig die Kosten zu übernehmen, wenn sie ihren Kinderwunsch auf
Eis legen. Bis zu 20.000 Dollar zahlt Apple von Januar an für die Entnahme und
Lagerung von Eizellen. Facebook finanziert diese Art der Familienplanung schon
seit Anfang dieses Jahres. …
Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid im
Auftrag der ZEIT ergab: 37 Prozent der Bundesbürger finden es
"richtig", wenn Frauen das Angebot von Facebook und Apple nutzen,
ihre Eizellen einfrieren zu lassen, um "erst einmal ungehindert Karriere
machen zu können", sie haben also Verständnis dafür. 58 Prozent lehnen es
ab.
Bei den 14- bis 29-Jährigen spricht sich sogar eine Mehrheit für das Angebot
aus, 53 Prozent, während es bei den über 60-Jährigen nur eine Minderheit von 20
Prozent befürwortet.;
Bemerkenswert ist auch, dass Männer der Idee eher positiv gegenüberstehen (40
Prozent) als Frauen (34 Prozent). …
Holtmanns Motive dafür, ihre Eizellen einfrieren zu lassen, sind also gemischt
– es lag am Karrieredruck, aber auch am fehlenden Partner.
Puchta und Nawroth, die beiden Ärzte, sagen, in den meisten Fällen sei es nicht
der Beruf, der die Frauen zu ihnen treibe. Von seinen 35 Patientinnen im
vergangenen Jahr, sagt Nawroth, hätten 27 angegeben, ihnen fehle der richtige
Mann zum Kinderkriegen. Andere wollten aus anderen Gründen noch ein paar Jahre
warten – aber keine Frau habe explizit auf ihre Karriere verwiesen. Die
Schwierigkeit bei solchen Befragungen durch den Arzt ist, dass schwer zu sagen
ist, wie ehrlich die Antworten der Befragten sind. …
Tanya Selvaratnam, die ein Buch über den Trugschluss geschrieben hat, dass
Frauen alles im Leben nach ihrem eigenen Zeitplan gestalten können. Der Titel:
"Die große Lüge: Mutterschaft, Feminismus und die Realität der
biologischen Uhr". Selvaratnam, die von Sri Lanka nach Amerika
eingewandert ist, wollte nach mehreren Fehlgeburten selbst Eizellen einfrieren
lassen. Damals war sie 40, und ihre Ärztin riet ihr ab: In diesem Alter seien
die Chancen, ein eingefrorenes Ei später noch befruchten zu können, sehr
gering. "Drei meiner Freundinnen haben es dennoch gemacht", sagt
Selvaratnam. "Eine hat sogar 21 Stück einfrieren lassen. Bei keiner hat es
geklappt. Das Einfrieren wird als sichere Sache verkauft. Aber das ist es
nicht."
(Die ZEIT 23.10.14 S.19.
· 2013 sind in
Deutschland 682.000 Babys zur Welt gekommen;
mehr als 80.000 Behandlungszyklen für künstliche Befruchtung, 10.000 Geburten;
die ICSI-Methode wird in Deutschland am Häufigsten verwendet
(Das Parlament 22.12.14 S.6)
· in
Deutschland bleibt etwa jedes siebte Paar gegen seinen Wunsch kinderlos;
Möglichkeiten der künstlichen Befruchtung: jährlich rund 10.000 Babys werden
auf diese Weise gezeugt; alle Krankenkassen müssen die Hälfte der Kosten für
bis zu drei Behandlungszyklen übernehmen, wenn die Paare verheiratet und in
einem bestimmten Alter sind (Frauen 25-40 Jahre, Männer 25-50 Jahre); doch
selbst dann kann der Eigenanteil noch 10.000 Euro und mehr betragen; deshalb
zahlen mehrere Kassen inzwischen mehr, als gesetzlich vorgeschrieben ist und
auch für mehr als drei Versuche; in Sachsen bieten auch Land und Bund eine
Förderung an
(Freie Presse Chemnitz 19.12.14 S.A4)
· Nach dem
Willen der Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sollen Krankenkassen
die Kosten für künstliche Befruchtungen auch bei unverheirateten Paaren
übernehmen. "Es ist nicht mehr zeitgemäß, diese Paare anders zu behandeln
als Verheiratete", sagt sie. Man könne nicht einerseits beklagen, dass so
wenige Kinder geboren würden, und andererseits Versuche mit künstlicher
Befruchtung an Geld scheitern lassen, argumentiert Schwesig. Sie will außerdem
erreichen, dass die Kassen künstliche Befruchtungen wieder voll bezahlen. Das
Bundessozialgericht hatte vergangene Woche entschieden, dass die Kassen nach
aktueller Rechtslage nicht einmal einen Teil der Kosten erstatten dürfen, wenn
die Antragsteller nicht verheiratet sind. Um das zu ändern, müsste das
Sozialgesetzbuch reformiert werden.
(Der Spiegel 48-2014 S.20)
· Wann aber
sollte sie beginnen? Früh! Das legt eine Studie niederländischer Forscher im
Fachblatt Human Reproduction nahe. Die Wissenschaftler haben Geburtenraten
sowie die Erfolgsquoten der natürlichen wie der künstlichen Befruchtung in ein
mathematisches Modell gegossen und den Zeitpunkt errechnet, wann eine Frau mit
dem ungeschützten Geschlechtsverkehr spätestens beginnen sollte, wenn sie
sichergehen will, dass aus ihrem Kinderwunsch auch Familienwirklichkeit wird.
Möchte sie nur ein Kind haben, sollte sie mit 32 beginnen. Mit
27, wenn sie sich zwei Kinder wünscht. Und bei dreien bereits mit 23 Jahren.
Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft sinkt mit jedem Lebensjahr und
auch immer schneller. Mit 38 Jahren liegt die Chance, noch zwei Kinder zu
bekommen, bei 50 Prozent. Die Reproduktionsmedizin kann die Uhr zwar
zurückdrehen, aber nur um wenige Jahre, und je älter eine Frau ist, desto
weniger wirkt die Hilfe aus dem Labor.
Im Prinzip ist das vielen Frauen klar. Im Detail jedoch – das zeigen viele
Befragungen – vertun sie sich gewaltig. Sie setzen den Zeitpunkt, an dem die
Fruchtbarkeit nachlässt, viel zu spät an und überschätzen gleichzeitig die
Wirksamkeit der künstlichen Befruchtung.
(Die Zeit 3.9.15 S.29)
· Sex, Nieren,
Eizellen, Leihmütter – alles ist für Geld zu haben, die Regeln für diese
Geschäfte mit dem Körper aber sind schwammig. Oder sie fehlen völlig. …
Deutsche, die Leihmütter im Ausland nutzen, bewegen sich in einer Grauzone.
Zwar darf in Deutschland niemand Frauen gegen Bezahlung befruchtete Eizellen
fremder Menschen einpflanzen. Aber wenn ein deutsches Paar in Indien oder in
der Ukraine eine Leihmutter findet, kann es mithilfe dieser Frau ohne Weiteres
eine Familie gründen. Deutsche Gerichte haben schon mehrfach entschieden, dass
biologische Eltern solcher Auftragskinder rechtlich mit anderen Vätern und
Müttern gleichgestellt werden müssen. Staatsbürgerschaft, Schulpflicht und
Sorgerecht gelten für ihren Nachwuchs wie für in Deutschland geborene Kinder.
Das Leihmutter-Verbot funktioniere nur für diejenigen, die sich teuren
Fortpflanzungstourismus nicht leisten könnten, sagt Ulrike Riedel,
Rechtsanwältin und Mitglied im Ethikrat der Bundesärztekammer.
Weltweit leben bereits fünf Millionen Menschen, die im Reagenzglas gezeugt
wurden. Künstliche Befruchtung ist alltäglich geworden …
Das Ausmaß der Geschäfte mit Kinderwunsch-Eltern hat die thailändische
Regierung vor Kurzem so erschreckt, dass sie Leihmutterschaft generell verboten
hat. Im vergangenen Jahr war ein von einer Leihmutter ausgetragenes Kind mit
Down-Syndrom von den genetischen Eltern aus Australien nicht angenommen worden.
Als der Fall bekannt wurde, stoppte die Regierung kurzzeitig die Ausreise aller
Leihmutter-Babys auf den Nachbarkontinent. Es stellte sich heraus, dass allein
wegen dieses Stopps zweihundert Kinder nicht das Land verlassen durften. …
Doch der Blick auf den Körper hat sich geändert. Früher war er Schicksal. Die
Schönen und die Kräftigen hatten bessere Chancen im Leben, damit hatte man sich
abzufinden. Wer krank war, musste sich arrangieren, Frauenbiografien wurden
durch die Zahl der Schwangerschaften bestimmt. Dann kamen die Pille und andere
Fortschritte in der Medizin. Im 20. Jahrhundert haben sich die Menschen im
wohlhabenden Teil der Welt konsequent von ihren physischen Voraussetzungen
emanzipiert.
Damit wurde jeder zunehmend selbst dafür verantwortlich, ob er gesund bleibt,
gut aussieht und jugendlich wirkt. Nicht nur Glück und Gene entscheiden
darüber, sondern Disziplin, Bildung und, vor allem: das Einkommen. Botox,
Schönheitschirurgen und gute Ernährung muss man sich leisten können und wollen,
Gesundheit ist käuflich und deshalb zunehmend ein Statussymbol. …
(Die Zeit 1.4.15 S.4 - http://www.zeit.de/2015/14/koerper-kommerzialisierung-essay/komplettansicht
)
· 3000 bis
5000 Euro kostet eine künstliche Befruchtung in Deutschland, in Großbritannien
7000 Euro; in den USA 12000 Euro;
in Deutschland liegt die Erfolgsrate bei etwa 30% pro Zyklus
(Der Spiegel 13-2015 S.122)
· Als Robert
Edwards und Patrick Steptoe im Jahr 1978 der Welt das erste Retortenbaby
vorstellten, war die Empörung groß darüber, dass sich die Medizintechnik des
Zeugungsakts bemächtigte. Heute, 37 Jahre später, bevölkern mehr als fünf
Millionen im Labor gezeugte Menschen die Erde.
Fast jeder kennt ein Paar, das auf diese Technik zurückgegriffen hat, um seinen
Kinderwunsch zu erfüllen. Eine Katastrophe ist ausgeblieben.
(Der Spiegel 49-2015 S.124 - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-140036965.html
)
· Jana aus Georgien
verleiht ihren Körper als Mutter. Die Eizelle stammt von einer Spenderin,
bestellt hat ein Paar aus Schweden. Hat das Baby drei Mütter? Egal, sagt Jana,
am Ende sind doch alle glücklich.
"New Life Georgia" ist darauf spezialisiert, Eizellenspenderinnen und
Leihmütter vor allem an ausländische Paare zu vermitteln, es kommt Kundschaft
ab 40, bis 55, das ist die Altersgrenze. Zwei von zehn Paaren nehmen gleich
zwei Leihmütter und jeweils zwei Eizellen, das erhöht ihre Chancen. 49 Frauen
sind im Moment für die Agentur schwanger. Die Agentur ist eine von acht
Agenturen im Land. …
Als Jana an der Reihe ist, überreicht sie einer Frau hinter einem Schreibtisch
das Ultraschallbild wie einen Arbeitsnachweis. Das Kind liegt gut. Muttermund:
geschlossen. Gewicht: 552 Gramm. Herzschläge: 158 pro Minute. Geburtstermin: 3.
Januar 2015. Die Frau hinter dem Schreibtisch sagt nie "Janas Kind",
sie spricht immer vom Kind der Eltern aus Schweden. Das soll helfen, dass Jana
keine zu große Verbindung zum Kind aufbaut. Sie soll das Kind mögen, aber nicht
lieben.
Die Agentur schickt dem Paar in Schweden auch alle zwei Monate ein Foto von
Jana, mit Bauch. Das Paar weiß viel über Jana. Sie ist 29, verheiratet seit
zwölf Jahren, sie hat schon zwei Söhne, zehn und zwölf Jahre alt, …
Sie wohnt mit ihren Kindern, dem Mann, der Mutter, dem Stiefvater und den drei
kleineren Geschwistern. 400 Dollar überweist das Paar aus Schweden jeden Monat,
100 mehr, als es müsste. Wenn bis zum Ende alles gut geht, bekommt sie 15 200
Dollar. Jana will eine kleine Wohnung kaufen, nur für sich, ihren Mann und ihre
Kinder. Sie ist ein Mensch mit Plan. …
Der Vater zum Kind in ihrem Bauch ist der schwedische Mann. Die Eizelle stammt
nicht von Jana, das wäre verboten und käme Menschenhandel gleich. Die Eizelle
gehört zu einem Mädchen aus Tiflis. Jana kannte es schon vorher aus der Stadt.
Als sie zur Ärztin gegangen war, weil sie mit der Antibabypille ihren Zyklus an
den des Mädchens anpassen musste, begegneten sie sich im Wartezimmer, aber sie
redeten nichts. Die Spenderin ist blond. Blondinen sind beliebt, die Kunden,
meist Europäer, suchen sich ihre Mädchen über eine Datenbank der Agentur im
Internet aus.
Leihmütter gehen zu einer Ärztin, die ihnen nachweist, dass sie gesund sind.
Sie gehen zu einem Psychiater, der ihnen innere Stabilität bescheinigen muss.
Sie sind beliebt, wenn sie im Erdgeschoss wohnen, weil Stufen Schwangeren
schaden können.
Die ausländischen Paare buchen Pakete. Das günstigste liegt bei 29 000
Dollar für eine Leihmutter ohne Eizellenspende, das teuerste kostet 58 300
Dollar, für zwei Leihmütter, plus Eizellenspende und zwei bestätigte
Schwangerschaften. Eine Schwangerschaft gilt als bestätigt, wenn der Herzschlag
des Kindes im Ultraschall sichtbar wird. …
In diese Klinik wird sie am 3. Januar gehen. Sie wird am Morgen aufbrechen, sie
wird ein Taxi nehmen. Die Klinik ist ein einfaches Geburtshaus mit 23 Betten,
über einer der Türen hängt Pu der Bär, in Kästen aus Holz liegen die
Neugeborenen. Jeden Monat stammen drei der Babys aus der Klinik von einer
Leihmutter.
Jana wird eine Spritze bekommen, die Ärzte werden das Kind auf die Welt holen,
das Paar aus Schweden wird bereitstehen.
Manche Leihmütter wollen das Kind nicht sehen, den Kaiserschnitt machen die
Ärzte in diesen Fällen hinter einem Vorhang. Jana hat sich anders entschieden,
sie möchte wissen, ob das Kind gesund ist und, das sagt sie so, ob es ihr
ähnlich sieht.
In jenem Moment wird die Frau aus Schweden schon eines der 23 Betten belegt
haben. Sie wird einen Morgenmantel tragen und das Baby kurz darauf nehmen und
mit ihm in den Armen über den Flur spazieren, wie die anderen Mütter. Sie wird
nervös sein und das Baby zu oft, zu viel füttern, das kennen die Ärzte schon. …
Eine Forschungsgruppe in England hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die
Kinder, die durch Leihmutterschaft entstanden sind, Nachteile haben in ihrem
Leben, die andere Kinder nicht haben, und sie kam zu dem Schluss: nein. Die
Autoren fanden auch keinen Hinweis darauf, dass sich die Leihmutterschaft und
der fehlende genetische Hintergrund negativ auf das Verhältnis zwischen Kind
und Eltern ausprägen.
Außerdem haben Forscher herausgefunden, dass 90 Prozent der Kinder bis zum
Alter von zehn Jahren wissen, wie sie auf die Welt gekommen sind, und deshalb
keine Schwierigkeiten haben, ihre Identität zu finden.
Die auftraggebenden Mütter jedoch sind am Anfang oft ängstlicher als andere,
was sich aber nach den ersten drei Jahren legt. Und: Etwa ein Drittel der
Leihmütter zeigte "leichte bis mäßige Schwierigkeiten", das Kind abzugeben.
Knapp zehn Prozent besuchten nach der Geburt einen Hausarzt wegen psychischer
Probleme oder einen Psychologen. Die Studien besagen also, dass es tatsächlich
allen recht gut geht, beinahe allen. (Der Spiegel 52-2014 S.51 - http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-130967249.html
)
· 1,5
Millionen Menschen in Deutschland leiden unter ungewollter Kinderlosigkeit, die
wenigsten lassen sich bisher behandeln. …
Nach dem Deutschen Register für In-vitro-Befruchtung wurden 2015 in den 134
reproduktionsmedizinischen Zentren knapp 58000 Frauen behandelt. Insgesamt
wurden 2014 in Deutschland 9140 Neugeborene registriert, die mit künstlichen
Reproduktionsmethoden gezeugt worden waren. …
Spende von Eizellen in Deutschland verboten …
Ebenfalls verboten ist die Leihmutterschaft …
Einige der Methoden werfen auch die Frage nach der Anonymität auf: Kinder haben
ein Recht darauf, ihre biologische Abstammung zu erfahren. Gesundheitsminister
Hermann Gröhe plant deshalb in Deutschland die Einführung eines zentralen
Registers für Samenspender. In vielen anderen Ländern bleiben nicht nur
Samenspender, sondern auch Eizellspenderinnen anonym, was im Konflikt mit dem
Recht des Kindes steht.
(Die Zeit 23.2.2017 S.31)
· Die Zahl der
Kinderwunschbehandlungen ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Im Jahr
2015 nahmen Frauen in rund 96.000 Fällen einen entsprechenden Behandlungszyklus
auf sich (manche in einem Jahr mehrmals
JK). Diese Zahl hat sich binnen zehn Jahren verdreifacht. Allerdings
bleiben Experten zufolge die Hälfte aller Paare trotz medizinischer Behandlung
kinderlos. …
Die Zahl der Adoptionen ist in Deutschland demgegenüber gesunken. Das erstaunt,
denn der „EItern“-Umfrage zufolge sagen 68 Prozent der ungewollt Kinderlosen,
eine Adoption komme für sie in Frage.
(Freie Presse Chemnitz 20.2.2017 S.3)
·
Zahl unehelicher Kinder steigt
35 Prozent der 2014 in Deutschland geborenen Kinder kamen unehelich zur Welt. |
Der Forscher Sebastian Klüsener leitet daraus ab: Je mehr Kinder unehelich
geboren werden, desto besser ist es in vielen europäischen Ländern um die
Gleichstellung der Frauen bestellt. Gerade in Schweden und Norwegen sei die
ökonomische Position der Frau in der Gesellschaft besonders hoch, sagt der Wissenschaftler
am Rostocker Max-Planck-Institut für Demografische Forschung. Mit bis zu
siebzig Prozent in einigen Regionen gebe es in Skandinavien besonders viele
uneheliche Kinder. Für Deutschland lag der Wert mit 250.000 außerehelich
geborenen Kindern im Jahr 2014 bei 35 Prozent. Im Westen beträgt die Quote 29
Prozent, im Osten 59 Prozent. Seit 1960 ist der Anteil außerehelicher Geburten
in Teilen Ostdeutschlands um mehr als fünfzig Prozent gestiegen.
(Publik Forum 17-2016 S.25)
·
Das deutsche Embryonenschutzgesetz ist antiquiert, ungerecht und
passt weder moralisch noch wissenschaftlich in unsere Welt. Die neue
Bundesregierung muss sich dem Thema stellen. …
Denn das gültige Embryonenschutzgesetz ist ein Abwehrgesetz. Es folgt dem
Leitgedanken: Der Staat muss der Fertilitätsmedizin von Anfang an strenge
Grenzen setzen, sonst gibt es schon bald kein Halten mehr gegen die
Menschenbastelei. Das Gesetz definiert den Lebensbeginn – analog zur Lehre der
christlichen Kirchen – deshalb auf den frühestmöglichen Zeitpunkt: Sobald Ei-
und Samenzelle verschmolzen sind, entsteht unantastbares menschliches Leben.
Der mikroskopisch kleine Embryo in der Petrischale ist damit besser geschützt
als der Fötus in der Gebärmutter. Denn dieser darf nach dem geltenden
Abtreibungsgesetz schließlich ohne hohe Hürden bis zur zwölften Woche
abgetrieben werden, in großen Notlagen sogar bis kurz vor der Geburt.
Diese Regelung bedeutet unter anderem, dass alle im Labor gezeugten Embryonen
der Frau auch eingepflanzt werden müssen, egal welche Überlebensfähigkeit sie
haben. Das hat gravierende Folgen: Zum einen reduziert das Verbot einer
Qualitätskontrolle die Aussicht auf Erfolg der Kinderwunschbehandlung. Zum
anderen erhöht es das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft. Denn um die
Chancen auf ein Kind zu verbessern, setzen die Ärzte bis zu drei Embryonen ein.
Schon Zwillinge aber gelten als Risikogeburt. Erwartet eine Frau gar drei
Kinder, droht ein Notfall. Die Kinder werden meist zu früh geboren, nicht
selten mit Behinderungen. Im Extremfall müssen die Mediziner sogar einen Fötus
töten, um das Leben seiner Geschwister zu schützen.
International sieht der Standard anders aus. Er nennt sich "elective
single-embryo transfer" . In einer Menge von befruchteten Eizellen fahnden
die Mediziner nach dem Embryo mit den besten Entwicklungschancen und pflanzen
nur diesen einen der Frau ein. Die restlichen Embryonen werden eingefroren oder
verworfen. Das erhöht die Erfolgsraten und reduziert die Gefahr, Zwillinge oder
Drillinge zu bekommen. In Deutschland liegt die Mehrlingsrate nach künstlicher
Befruchtung bei 22 Prozent, in Schweden bei etwas mehr als fünf Prozent.
"Es ist fatal", sagt die Medizinethikerin Wiesemann. "Im Namen
des Lebensschutzes werden Gesundheit und Leben gefährdet." …
Die nächste Regierung muss endlich Klarheit schaffen. Etwa 250.000 Kinder sind
in Deutschland mithilfe der Fortpflanzungsmedizin geboren worden, jedes Jahr
kommen knapp 10.000 hinzu. …
(Die Zeit 19.10.2017 S.41 -
http://www.zeit.de/2017/43/embryonenschutzgesetz-kuenstliche-befruchtung-reproduktionsmedizin-reform/komplettansicht
)
·
Eine In-vitro-Fertilisation, bei der Ei-Zellen im Glasröhrchen
befruchtet werden, kostet 3000 Euro. Die ICSI, bei der die Samenzelle in die
Eizelle injiziert wird, schlägt mit 3300 Euro zu Buche. Statistisch betrachtet
werden die meisten Paare erst nach der dritten Behandlung schwanger. Schnell
kommen fünfstellige Beträge zusammen. …
Fast eine viertel Million Deutsche gibt es nur dank der Reproduktionsmedizin.
Zwischen 1997 und 2014 sind genau 233.749 Kinder zur Welt gekommen, die
außerhalb des Körpers gezeugt worden sind. Erfasst werden diese Zahlen vom
Deutschen IVF-Register, das Daten aus den rund 140 Kinderwunschzentren
regelmäßig in Jahresberichten auswertet. Demnach haben sich allein im Jahr 2015
knapp 58.000 Frauen in den Zentren behandeln lassen. Jede Dritte wurde
schwanger. So sind mehr als 2,5 Prozent der Babys, die 2014 geboren wurden,
durch Reproduktionsmedizin entstanden. Das heißt: In einer großen Schulklasse
sitzt (statistisch) ein Kind, das sein Leben einer „künstlichen Befruchtung“
verdankt. …
Allein in den Sechs Sächsischen Kinderwunschzentren haben sich im Jahr 2015
rund 800 Paare behandeln lassen. …
AOKplus hat im vergangenen Jahr 1,9 Millionen Euro für reproduktive
Behandlungen zugezahlt. „2013 waren es noch knapp 900.000 Euro“, sagt
Sprecherin Hannelore Strobel. Sachsen gehörte zu den ersten Bundesländern, die
Kinderwunschpatienten finanziell unterstützten. Seit Juli 2016 fördert das Land
gemeinsam mit dem Bund auch unverheiratete Paare. Im Jahr 2016 hat allein der
Freistaat 630.000 Euro für Kinderwunschbehandlungen ausgegeben. Für dieses Jahr
sind 757.000 Euro eingeplant. …
(Freie Presse Chemnitz 3.5.2017 S.A5)
·
„Verboten, aber erlaubt.“ Der damalige rumänische Diktator Nicolae Ceaușescu
erließ 1966 eines der härtesten Abtreibungsgesetze der Welt: Verhütungsmittel
wurden verboten, schwangere Frauen überwacht. Hunderttausende haben trotzdem
abgetrieben. Auch wenn es immer wieder versucht wird: Kein Gesetz kann eine
Geburt erzwingen. Im Gegenteil: Härtere Gesetze erhöhen zwangsläufig die Zahl
illegaler Abtreibungen. Auch in Deutschland wurde noch 1926 eine Abtreibung mit
fünf Jahren Zuchthaus bestraft, später mit Gefängnis. Damals lag die von Ärzten
hochgerechnete Zahl illegaler Schwangerschaftsabbrüche im Land bei 500000 bis
800000. Frauen gingen zum Engelmacher, führten sich Stricknadeln ein oder
nahmen Zyankali. Bis in die Siebzigerjahre kannten Gynäkologen die oft schweren
Entzündungen und tödlichen Blutvergiftungen, wenn Schwangere sich eine
Seifenlösung in die Gebärmutter gespritzt hatten. Dann kam Alice Schwarzer, die
„Stern“-Kampagne „Wir haben abgetrieben!“ und ab 1976 endlich eine liberale,
aber auch absurde Gesetzgebung, die es allen, inklusive der katholischen
Kirche, recht machen wollte: Abtreibung blieb rechtswidrig, aber wurde
straffrei. Leicht verfügbare Verhütungsmittel und die Aufklärung an Schulen
dürften die Hauptgründe für die gesunkenen Zahlen hierzulande sein. Deutschland
hat mit 5,6 Abtreibungen pro 1000 Frauen eine der geringsten Quoten der Welt. …
1926 – 500.000-800.000 Schwangerschaftsabbrüche; 1996 – 130899; 2015 – 99237; …
(Spiegel 3-2017 S.58)
·
Mit diesen Methoden können Ärzte Männern auch ohne Samenspende
helfen:
1. Intrauterine Insemination:
Dabei werden Samenzellen direkt in die Gebärmutter übertragen. Sie Wird
angewendet, wenn der Mann zu wenige oder nicht ausreichend bewegliche Spermien
hat. Trotz vorheriger Hormonbehandlung ist diese Methode für die Frau weniger
belastend. Vor der Übertragung wird der Samen aufbereitet, um die
Befruchtungschancen zu erhöhen. Die Erfolgsquote liegt bei bis zu zehn Prozent
pro Versuch.
2. Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI):
Das ist eine spezielle In-Vitro-Fertilisationsbehandlung. Die Qualität der
Spermien ist so mangelhaft, dass es bei normaler IVF nicht Zur Befruchtung
kommt. In die per Punktion entnommene Eizelle der Frau wird mit einer
Mikropipette eine einzelne Samenzelle gespritzt. Gelingt die Befruchtung,
werden mehrere Embryonen zwei Tage später mit Plastikschlauch in die
Gebärmutter Übertragen.
3. Intrazytoplasmatische morphologisch selektierte Spermien-lnjektion (IMSI):
Diese Sonderform der ICSI wird älteren Paaren ab 37 Jahren, Frauen mit häufigen
Fehlgeburten und Paaren mit mehr als zwei erfolglosen Embbryonentransfers
empfohlen. Es werden verwendete Samenzellen zuvor in 6.600-facher Vergrößerung
unter dem Mikroskop ausgesucht. Die Schwangerschaftsrate ist im Vergleich zur
klassischen ICSI höher und die Abortrate niedriger.
4. Testikuláre Spermienextraktion (TESE) und Mikrochirurgische Epididymale
Spermienaspiration (MESA):
Wenn sich in der Samenflüssigkeit des Mannes keine Samenzellen befinden, kann
durch operative Eingriffe Sperma aus dem Hoden (TESE) oder den Nebenhoden
(MESA) gewonnen werden. Danach Wird die ICSI-Methode angewendet.
(Freie Presse Chemnitz13.5.17 S.A5)
·
6 Millionen Paare in Deutschland sind ungewollt kinderlos, jedes
zehnte Paar weiß nicht, weshalb. Forscher am Leibniz-institut in Jena haben
eine mögliche Erklärung: Bei einer von acht betroffenen Frauen fanden sie ein
verändertes Wt1-Gen. Bisher nahm man an, dass das Gen nur eine Rolle bei der
Organentwicklung spielt. An Mäusen zeigte sich aber, dass Wt1 auch für die
Einnistung des Embryos wichtig ist.
(Spiegel 14-2017 S.94)
·
·
ungeborenes
Leben
Embryonenschutzgesetz schützt die befruchtete Eizelle bis zur Implantation,
also etwa die ersten 14 Tage nach der Befruchtung;
§218 StGB läßt weitgehende Ausnahmen vom Schutz des ungeborenen Lebens zu:
Intrauterinpessar (Spirale), hormonelle Nidationshemmer (Pille danach);Abbruch
(faktische Fristenregelung und medizinische Indikation);
(Dtsch. Ärzteblatt 49/99 S.A-3163)
·
Wird
im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung eine mögliche Schädigung des
heranwachsenden Kindes festgestellt, darf die Frau (werdende Mutter) straffrei
abbrechen. Wird am Embryo in vitro eine Schädigung festgestellt, dürfte nicht
interveniert werden. Nach der Implantation (in vivo!) dürfte die Mutter nach
geltendem recht wieder abbrechen.
(Dtsch. Ärzteblatt 17/2000 S.A-1128)
·
ein
und dieselbe Diagnostik vor der Einnistung verboten, danach erlaubt...
(Dtsch. Ärzteblatt 17/2000 S.A-1132)
·
Nach
Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 98/44/EG , der sog. EU-Biopatentrichtlinie, sind
Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder
die guten Sitten verstoßen würde, von der Patentierbarkeit ausgenommen, In
diesem Sinne sind insbesondere nicht patentierbar (Art.6 Abs.2): Verfahren zum
Klonen von menschlichen Lebewesen, Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität
der Keimbahn menschlicher Lebewesen und die Verwendung von menschlichen
Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken
(Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Recht und Ethik der modernen
Medizin“, Teilbericht Stammzellforschung, 12.11.01, S. 29)
·
Übersicht
rechtliche Regelungen zur Embryonenforschung in europäischen Staaten
(Die Zeit 24.1.02 S.27f)
·
Entscheidung
des Bundestages zum Import von embryonalen Stammzellen (30.1.2002)
drei Anträge lagen vor:
A) JA zum Import;
Gewinnung von embryonalen Stammzellen auch in Deutschland;
Lockerung des Embryonenschutzgesetzes
B) NEIN, ABER... („Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“):
Zulassung des Imports nur in Ausnahmefällen unter restriktiven Bedingungen
+ keine Gewinnung eigener Stammzell-Linien in Deutschland
+ Import wird grundsätzlich verboten;
für öffentliche und private Forschung
+ nur ausnahmsweise Zulassung für spezielle Forschungsvorhaben;
„hochrangige“ Forschungsziele;
Nachweis, dass alternative Forschungen
an Tieren oder an adulten
menschlichen Stammzellen (d.h. die
Erwachsenen entnommen
werden) nicht in vergleichbarer Weise
Erfolge versprechen
+ Beschränkung auf bereits existierende Stammzell-Linien
(Stichtagsregelung), um
sicherzustellen, dass keine weiteren
Embryonen getötet werden müssen
+ Zustimmung der genetischen „Eltern“
+ keine Bezahlung der „Spender“
+ Einrichtung einer Kontrollstelle (Überprüfung der Einhaltung der
Regeln) und einer Ethikkommission
(Prüfung jedes Einzel-Projekts)
C) NEIN
grundsätzlich gegen Import und Forschung
Abstimmung: JA NEIN ABER NEIN
1. Wahlgang 106 226 263
2. Wahlgang ---- 340 265
·
Renesse,
Antrag B): „Durch unseren Antrag wird kein Embryo vernichtet“
(taz 31.1.02)
·
im
Antragstext zu B): „Embryonen sind zukünftige Kinder zukünftiger Eltern“; eine
„verbrauchende Embryonenforschung“ soll in D. auch in Zukunft verboten bleiben
(Der Spiegel 5/2002 S.172ff)
·
Schwedens
Regierung will die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erlaubnis des
Therapeutischen Klonens sowie zur Forschung an embryonalen Stammzellen
schaffen.
(taz 30.1.02)
·
Streitgespräch
Ganten – Kollek:
statt prinzipieller Regelungen wäre das britische Modell sinnvoller, nach dem
Einzelfälle von demokratisch legitimierten Gremien zu entscheiden sind;
in den USA ist zwar vieles erlaubt, aber dafür ist auch das Risiko für die
Wissenschaftler und Firmen größer: Wenn jemand zu Schaden kommt, drohen
Millionen-Dollar-
(GEO Wissen Nr.30: „Die neuen Wege der Medizin“ 2002, S.25)
·
Bundestag
setzt neue Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ ein
(taz 21.2.03)
·
chinesisches
Gesundheitsministerium spricht sich für absolutes Klonverbot und für scharfe
Regeln in der biomedizinischen Forschung aus; neue Regelung (noch nicht
parlamentarisch legitimiert) verbietet pauschal jede Form des Klonens von
Menschen, Manipulation der Keimbahn, Handel mit Keimzellen untersagt, ethisch
problematische Forschung nicht förderfähig
(Die Zeit 27.11.03 S.43)
·
Mit
dem Scheitern im Vermittlungsausschuss ist das Gesetzgebungsverfahren ohne Ergebnis
beendet. Damit ist das derzeit gültige Gentechnik-Gesetz weiterhin maßgebend.
Bis auf weiteres müssen alle Felder, auf denen gv-Pflanzen freigesetzt oder
angebaut werden, in ein Standortregister eingetragen werden. Einschränkungen
für den öffentlich zugänglichen Teil des Registers, wie sie im Bundestag
bereits mehrheitlich beschlossenen waren, sind nicht wirksam. Landwirte, die
gv-Pflanzen anbauen, haften für wirtschaftliche Schäden durch GVO-Auskreuzungen
- auch dann, wenn sie nicht gegen die Koexistenzvorschriften verstoßen haben.
Aufgrund der diffusen Rechtslage sind diese Haftungsrisiken nicht versicherbar;
(www.biosicherheit.de, 15. Juni
2005)
·
Der
Betreiber gentechnischer Anlagen und derjenige, der Freisetzungsversuche
durchführt, haftet für etwaige Personen- und Sachschäden
(Schadensersatz, Höchstbetrag 85 Mill. Euro);
bei wirtschaftlichen Nutzungsbeeinträchtigungen (nicht verkäuflich,
Kennzeichnung erforderlich, eigentlich vorgesehene Kennzeichnung nicht möglich)
haftet der Landwirt, der Gentech-Pflanzen anbaut, auch dann, wenn er alle
Vorsorgemaßnahmen durchgeführt hat (wenn ein Verursacher nicht festgestellt
werden kann, haften alle GVO-Anbauer in der Umgebung gemeinsam)
(Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft: „Gentechnik –
genial oder gefährlich?“, 2005, S.38ff)
·
Gesetz-Entwurf
Gentechnikrecht
Abstandregelungen für gentechnisch veränderten Mais: 150 Meter; zu Ökomais 300
m; Bauern können auf Einhaltung der Abstände im Einverständnis mit ihren
Nachbarn verzichten, müssen dies aber anmelden;
Kennzeichnung: Regelungen für Etikettierung „ohne Gentechnik“ gelockert;
Haftung: wenn der Verursacher für eine Verunreinigung auf einem Feld (>
0,9%) nicht gefunden wird, haften alle gentechnik-anbauenden Nachbarn
gemeinsam; (Imker werden nicht berücksichtigt)
Information: das Standortregister soll nicht eingeschränkt werden;
Forschung an genetisch veränderten Pflanzen soll vereinfacht werden (bei „als
besonders sicher geltenden gv Pflanzen“ und / oder „ausreichenden Erfahrungen –
im Labor und bei Freisetzungen)
(Süddeutsche Zeitung 25.7.07 S.6)
·
Stellungnahme
des Bundesrates zum Gesetzentwurf
Standorte: nur Gemarkung nennen (Gefahr von Zerstörungen)
Naturschutzbelange: soll örtlichen Behörden entzogen werden
Pächter sollen Absprachen mit Nachbarn auch ohne Zustimmung des Eigentümers der
Fläche treffen können;
Verletzung der „Koexistenz“ bezieht sich nur auf ökonomische Schäden bei
Landwirten
(Gudrun Kordecki Kommentar 5.10.07)
·
Gentechnikgesetz
vom Bundestag verabschiedet:
+ Etikett „Ohne Gentechnik“ wird erleichtert: Produkte, die zu 100%
gentechnikfrei sind, können so gekennzeichnet werden; Tiere dürfen nicht mit
gentechnisch verändertem Futter ernährt werden; zugelassen ist jedoch die
Verwendung von Vitaminen oder Aminosäuren, die mithilfe von gentechnisch
veränderten Organismen hergestellt wurden – 3 Voraussetzungen: sie müssen nach
der EU-Ökoverordnung zugelassen sein, dürfen im Endprodukt nicht nachweisbar
sein und es darf auf dem Markt keine gentechnikfreie Alternative erhältlich
sein;
+ Anbau von gentechnisch verändertem Mais; bisher nur 1 Sorte zugelassen
MON810; Mindestabstand zu Nachbarfeld 150 m, zu Öko-Anbauflächen 300 m;
benachbarte Bauern können aber geringeren Abstand vereinbaren
+ der Anbau wird in einem zentralen Register erfasst
+ Nachbar, der gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut, haftet für Schäden
(Süddeutsche Zeitung 26./27.1.08 S.6; Das Parlament 28.1.08 S.7)
·
Neuregelung
des Gentechnikrechts im Bundestag beschlossen;
Anbau von gentechnisch verändertem Mais: Abstand 150 Meter, zu Ökomaisanbau 300
Meter; benachbarte Bauern können durch Absprache den Abstand unterschreiten
Kennzeichnung „Ohne Gentechnik“; garantiert bei Fleisch, Milch und Eiern, dass
die Tiere nicht mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden; erlaubt
bleiben Zusätze wie Enzyme oder Vitamine, die gentechnisch hergestellt wurden,
Voraussetzung ist, dass es keine Alternativen gibt
(Handelsblatt 25.1.08; Stern 25.1.08)
·
·
W) Gentechnik militärische Nutzung
·
Rüstungskontrolle
bei chem. Und biol. Waffen
(Aus Politik und Zeitgeschichte B50-51/99)
·
vertrauliche
Studie der Bundeswehr;
Gentechnik wird auch für die Kriegsführung eingesetzt werden;
Herstellung von Toxinen;
Entwicklung völlig neuer Viren und Krankheitserreger, für die bislang keine
Impfstoffe existieren;
Ethno-Waffen (spezifisch gegen genetisch unterschiedliche Menschengruppen
gerichtet);
12 Staaten produzieren B-Waffen;
(taz 23.12.97)
·
Großbritannien
wählt Elitesoldaten per Gentest aus, und macht Tests, um herauszufinden, welche
Gene für körperliche Leistungsfähigkeit verantwortlich sind
(GID 123/1997 S.6)
·
Biowaffen
Überblick
(Das Parlament 11/2001 S.12)
·
USA
Forschung an nichttödlichen B-Waffen; Tarnfarben zersetzen, Treibstoff fressen,
Filter verstopfen
am Robert-Koch-Institut in Deutschland wird derzeit ein mit 35 Stellen
besetztes „Zentrum für biologische Sicherheit“ (ZBS) eingerichtet, das der
Abwehr von biologischen Angriffen dienen soll
(taz 31.5.02)
·
US-Pläne
zur Entwicklung offensiver Biowaffen; Mikroben sollen mit Hilfe von
Biokatalysatoren Materialien wie Asphalt, Zement, Farbe und Öl zerstören;
solche gentechnische veränderten Organismen in großem Stil in die freie
Wildbahn auszusetzen kann völlig unberechenbare Folgen haben
(Der Spiegel 20/2002 S. 174)
·
Einer
der Höhepunkte der Stasi-Desinformationen der westlichen Öffentlichkeit sei
eine offizielle Resolution der Organisation blockfreier Staaten gewesen: Sie
übernahmen das Stasi-Märchen vom Ursprung des AIDS-Virus aus US-Militärlabors
(taz 29./30.6.02)
·
USA
Polio-Erreger künstlich hergestellt aus Gen-Bausteinen, die per Versand
bestellt wurden; genetischer Bauplan des Virus war schon länger entschlüsselt
(taz 12.7.02)
·
Craig
Venter will (mit finanziert vom US-Energieministerium mit drei Millionen
Dollar) einen einzelligen Organismus aus Einzelbausteinen künstlich erzeugen,
der die Mindestzahl von Genen besitzt, die für ein eigenständiges Leben
notwendig sind, der sich teilen und selbst reproduzieren könne;
die Arbeit könnte die Fähigkeit der USA verbessern, existierende biologische
Waffen zu entdecken und zu bekämpfen
(taz 22.11.02)
·
in
der Bundeswehr wird (für defensive Zwecke) weiterhin daran gearbeitet,
Krankheitserreger gentechnisch gegen Antibiotika resistent zu machen
(Hasenpest)
(GID 158 6/7-2003 S.35)
·
dänische
Forscher haben Pflanze entwickelt, die beim Aufspüren von Landminen helfen
soll; gentechnisch veränderte Ackerschmalwand wechselt ihre Farbe innerhalb von
3 – 5 Wochen von Grün nach Rot, wenn ihre Wurzeln auf den
Sprengstoffbestandteil Stickstoffdioxid stoßen
(taz 26.1.04)
·
Einer
der Höhepunkte der Desinformation der westlichen Öffentlichkeit (durch die
DDR-Stasi) sei eine offizielle Resolution der Organisation blockfreier Staaten
gewesen: Sie übernahm das Stasiammenmärchen vom Ursprung des AIDS-Virus aus
US-Militärlabors.
(taz 29./30.6.05 tazmag S.IV)
·
Pocken,
weniger ansteckend als Grippe oder Masern, 30% der Infizierten sterben,
russisches Zentrum wird verdächtigt, noch Virusproben zu besitzen, vielleicht
auch geheime Vorräte in Nordkorea und weiteren Ländern; Experiment mit Mäusen
in Australien: selbst der Einbau eines eher unverdächtigen Gens in den
Mäusepockenerreger verwandelte diesen plötzlich in einen Killer-Virus (tötete
sogar geimpfte Versuchsmäuse)
(Der Spiegel 20/2005 S.164)
·
Forscher
bauen Viren (z.B. den Grippeerreger von 1918) und Bakterien nach; bald wohl
auch komplett im Reagenzglas synthetisierte Lebewesen; Kongress in
Berkeley/Kalifornien, sollte Selbstverpflichtung verabschieden, um zu
verhindern, dass mit solchen Technologien neue Biowaffen geschaffen werden;
kein Ergebnis
(taz 26.5.06)