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Wider den Kreationismus – das Wissen über die Evolution

(veröffentlicht am 27.6.2006
Union der deutschen Akademien der Wissenschaften)

 

Die Lehre vom Ursprung des Lebens darf nicht den Kreationisten überlassen werden, sondern muss auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen beruhen, fordern die Akademienunion und 66 weitere Akademien der Wissenschaften in einem IAP-Statement

Die Evolutionslehre darf in Schulen nicht zugunsten des sogenannten Kreationismus vernachlässigt werden. Wie führende Wissenschaftler von insgesamt 67 Wissenschaftsakademien weltweit - darunter auch die Akademienunion - in einem Statement des InterAcademy Panel (IAP) fordern, dürfen die experimentellen Ergebnisse und Erkenntnisse über die Ursprünge und die Entwicklung des Lebens auf der Erde weder verschleiert noch verneint werden. Eltern und Lehrer sollten darauf achten, dass Schulkinder einen Zugang zu wissenschaftlich gesicherten Informationen über die Evolution haben und nicht statt dessen kreationistische Theorien gelehrt werden, die einer wissenschaftlichen Basis entbehren.

Der Kreationismus behauptet entgegen der Evolutionslehre, dass die Welt und damit alle Formen des Lebens vor etwa 4000 Jahren geschaffen wurden und sich seither nicht verändert haben. Zum Teil werden diese Thesen bereits unter dem Titel "Intelligent Design" in amerikanischen Schulen unterrichtet.

Die Deklaration des globalen Netzwerkes IAP fordert außerdem, dass allen Kindern dieser Welt die Methoden und Errungenschaften der Wissenschaften zugänglich gemacht und das Verständnis für die Naturwissenschaften gefördert werden sollen. Nur das Wissen über die Natur der Dinge, von denen wir umgeben sind, ermögliche es dem Menschen, seine Umwelt zu erhalten bzw. wiederherzustellen, so dass sie den menschlichen Bedürfnissen gerecht wird.

Entstehung und Evolution des Lebens auf unserer Erde werden durch zahlreiche Beobachtungen und unabhängige experimentell begründete Resultate von einer Vielzahl von wissenschaftlichen Disziplinen belegt. Auch wenn es noch viele offene Fragen über Einzelheiten der evolutionären Veränderungen gibt, so haben die Geologie, Paläontologie und die Biowissenschaften in enger Kooperation zu diesen Erkenntnissen geführt.

Die vorliegenden Erkenntnisse lassen den Schluss zu, dass die Erde vor etwa 4,5 Milliarden Jahren entstanden ist und dass das Leben auf unserem Planeten vor mindestens 2,5 Milliarden Jahren begonnen hat. Von diesen 2,5 Milliarden Jahren (eine sehr konservative Schätzung, es spricht vieles für 3,5 Milliarden Jahre) gehörte die Erde für 2 Milliarden Jahre ausschließlich den Mikroorganismen, den Vorläufern der heutigen Bakterien. Durch ihre ernormen Stoffwechselaktivitäten wurde die Erde für höhere Organismen bewohnbar gemacht, Sauerstoff reicherte sich mit der Evolution der Cyanobakterien (Blaualgen) und schließlich der Grünpflanzen in der Atmosphäre an.

Es gibt Gemeinsamkeiten aller lebenden Organismen auf unserer Erde, die ohne den Evolutionsgedanken nur sehr schwer zu erklären wären, wie beispielsweise die universelle Verbreitung des genetischen Codes und von Reaktionen des Energiestoffwechsels. Auch die Kraftwerke unserer Zellen, die Mitochondrien, sind auf einer früheren Evolutionsstufe der Tiere und Pflanzen aus Bakterien hervorgegangen, was nur mit einer durchgehenden Evolution von Einzellern bis zum Menschen in Einklang zu bringen ist.

Die Evolution ist aber nicht allein Sache der Naturwissenschaften. Das menschliche Verständnis von Werten und der Sinnhaftigkeit des Lebens liegt außerhalb der Reichweite der Naturwissenschaften und eröffnet die Einbringung von sozialen, philosophischen, religiösen, kulturellen und politischen Aspekten in das Wissen über die Evolution.

Prof. Dr. Gerhard Gottschalk, Präsident der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, sagt: "Ich hoffe, dass diese Stellungnahme diejenigen unterstützen wird, die versuchen, die Rechte der jungen Leute auf den Zugriff auf korrektes Wissen über den Ursprung und die Evolution der Erde sicherzustellen."

 

 



IAP STATEMENT ON THE TEACHING OF EVOLUTION
June 2006

We, the undersigned Academies of Sciences, have learned that in various parts of the world, within science courses taught in certain public systems of education, scientific evidence, data, and testable theories about the origins and evolution of life on Earth are being concealed, denied, or confused with theories not testable by science. We urge decision makers, teachers, and parents to educate all children about the methods and discoveries of science and to foster an understanding of the science of nature. Knowledge of the natural world in which they live empowers people to meet human needs and protect the planet.

We agree that the following evidence-based facts about the origins and evolution of the Earth and of life on this planet have been established by numerous observations and independently derived experimental results from a multitude of scientific disciplines. Even if there are still many open questions about the precise details of evolutionary change, scientific evidence has never contradicted these results:

1. In a universe that has evolved towards its present configuration for some 11 to 15 billion years, our Earth formed approximately 4.5 billion years ago.

2. Since its formation, the Earth - its geology and its environments - has changed under the effect of numerous physical and chemical forces and continues to do so.

3. Life appeared on Earth at least 2.5 billion years ago. The evolution, soon after, of photosynthetic organisms enabled, from at least 2 billion years ago, the slow transformation of the atmosphere to one containing substantial quantities of oxygen. In addition to the release of the oxygen that we breathe, the process of photosynthesis is the ultimate source of fixed energy and food upon which human life on the planet depends.

4. Since its first appearance on Earth, life has taken many forms, all of which continue to evolve, in ways which palaeontology and the modern biological and biochemical sciences are describing and independently confirming with increasing precision. Commonalities in the structure of the genetic code of all organisms living today, including humans, clearly indicate their common primordial origin.

We also subscribe to the following statement regarding the nature of science in relation to the teaching of evolution and, more generally, of any field of scientific knowledge:

Scientific knowledge derives from a mode of inquiry into the nature of the universe that has been successful and of great consequence. Science focuses on (i) observing the natural world and (ii) formulating testable and refutable hypotheses to derive deeper explanations for observable phenomena. When evidence is sufficiently compelling, scientific theories are developed that account for and explain that evidence, and predict the likely structure or process of still unobserved phenomena.

Human understanding of value and purpose are outside of natural science's scope. However, a number of components - scientific, social, philosophical, religious, cultural and political - contribute to it. These different fields owe each other mutual consideration, while being fully aware of their own areas of action and their limitations.

While acknowledging current limitations, science is open ended, and subject to correction and expansion as new theoretical and empirical understanding emerges.


 

 

Ihr Ansprechpartner
Myriam Hönig, Union der deutschen Akademien der Wissenschaften / Büro Berlin, Tel.: 030/325 98 73 70, hoenig@akademienunion-berlin.de

Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften ist die Dachorganisation von sieben Wissenschaftsakademien, die sich zur Umsetzung gemeinsamer Interessen zusammengeschlossen haben. Unter dem Dach der Union sind mehr als 1600 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verschiedenster Fachrichtungen vereint, die zu den national und international herausragenden Vertretern ihrer Disziplinen gehören. Die Union koordiniert das "Akademienprogramm", das eines der größten und bedeutendsten geisteswissenschaftlichen Forschungsprogramme der Bundesrepublik Deutschland darstellt. So ist die Union zuständig für die Koordinierung und Durchführung gemeinsamer Forschungsvorhaben ihrer Mitgliedsakademien. Sie empfiehlt die Bildung von Schwerpunkten für verwandte Projekte, fördert die Kommunikation zwischen den Akademien und betreibt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Sie kommuniziert mit Wissenschaftsorganisationen des In- und Auslandes und entsendet Vertreter in nationale und internationale Wissenschaftsorganisationen. Eine organisierte Zusammenarbeit der deutschsprachigen Akademien der Wissenschaften gibt es bereits seit über 100 Jahren. Sie geht zurück auf das sogenannte "Kartell", das 1893 in Leipzig für die Betreuung von über 30 gemeinsamen Akademie-Forschungsvorhaben gegründet wurde.