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Wer sind
UNITARIER und woran glauben sie?
Deutsche Unitarier
Religionsgemeinschaft (http://www.unitarier.de/ )
+ Unitarier streben nach religiöser Eigenständigkeit.•
+ Sie treten weltweit für Freiheit, Vernunft und Toleranz und damit für
Menschenrechte und Demokratie ein.
+ Wahrheiten sind nie absolut, sondern immer persönlich zu suchen und zu
erfahren.
+ Deshalb kann es bei uns keine allgemeingültige Offenbarung, keine
verbindliche Gottesvorstellung und keine heiligen Schriften geben.
+ Unsere gemeinsamen Glaubensaussagen haben wir als Grundgedanken demokratisch
vereinbart.
+ Sie fußen auf einem ganzheitlichen Welt- und Menschenbild und bleiben offen
für neue Erkenntnisse und Erfahrungen.
+ Wir sind vor unserem Gewissen für uns und unsere Mitwelt verantwortlich.
+ Das verpflichtet uns zu gesellschaftlichem Handeln.
Grundgedanken
Wir
Unitarier haben als Leitlinie gemeinsam erarbeitete und formulierte
Grundgedanken. Diese sind nicht ein für allemal
festgeschrieben. Jede Generation hat die Freiheit, Gemeinsames neu auszudrücken
und dabei neue Einsichten und Entwicklungen, gewandeltes Empfinden und
zeitgemäßes Sprachgefühl zu berücksichtigen.
Zur Zeit gilt eine Fassung der Grundgedanken, die
1995 verabschiedet wurde:
(Präambel)
In der Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft haben sich Menschen aus
religiöser Selbstverantwortung zusammengeschlossen und eine demokratische
Verfassung gegeben. Jedes Mitglied kann seine religiösen Vorstellungen
einbringen und sich an der Erarbeitung gemeinsamer Glaubensaussagen beteiligen.
Die Deutschen Unitarier stehen in einer Jahrhunderte alten Tradition freier
Religion und Weltanschauung und sind verbunden mit geistesverwandten
Bestrebungen in aller Welt. Sie sind sich der Schwierigkeit bewusst, religiöse
Vorstellungen in Worten auszudrücken. Bei Wahrung der Freiheit ihrer
persönlichen Auffassungen haben sie sich auf folgende Grundgedanken geeinigt:
Über Religion
Religiosität ist ein Grundbestandteil menschlichen Seins. Sie ermöglicht
dem Menschen, sich auf das Lebensganze zu beziehen, und motiviert ihn, Sinn zu
suchen. Durch Erleben, Deuten und Gestalten des Lebens kommt er zu den
sinngebenden Vorstellungen, die seine Religion bilden. Sie gibt ihm
Geborgenheit, Lebensmut und Orientierung.
Aus der Religion von einzelnen entsteht eine Religion der Gemeinschaft,
wenn sich Menschen mit ähnlichen religiösen Auffassungen zusammenschließen und
gemeinsame Ausdrucksformen entwickeln.
Keine Religion kann beanspruchen, über absolut gültige Wahrheiten zu
verfügen, denn ihr Ursprung liegt im Menschen. Glaubens- und Gewissenszwang
sind nicht zu rechtfertigen.
Über unitarischen Glauben
Wir glauben, dass alles, was ist, eine Ganzheit bildet. Ihre vielfältigen
Erscheinungsformen sind eingebunden in einen allumfassenden Zusammenhang. Wir
erleben uns als Teil dieses Zusammenhangs, der uns trägt und auf den wir
Einfluss nehmen.
In uns und um uns erfahren wir die gleichen schöpferischen Kräfte, die
viele als göttlich erleben. Sie wirken im Großen wie im Kleinen und sind immer
gegenwärtig, auch wenn wir sie nicht jederzeit wahrnehmen.
Unitarische Religion ist offen für neue Erkenntnisse und Erfahrungen.
Über das Leben
Das Leben ist ein fortwährend selbstschöpferischer Ablauf von Entstehen,
Wandel und Vergehen. Es vollzieht sich in veränderlichen, wechselseitigen
Abhängigkeiten.
Wir empfinden Ehrfurcht vor dem Leben, auch im Wissen um seine Widersprüche
und Härten. Die Vielfalt seiner Erscheinungsformen bedeutet uns Reichtum.
Bestrebungen, diese Vielfalt einzuschränken, treten wir entschieden entgegen.
Die Vergänglichkeit des Einzelwesens ist eine notwendige Voraussetzung für die
Entwicklung dieser Vielfalt.
Über den Menschen
Der Mensch ist eine unter zahllosen Erscheinungsformen der Natur,
eingebunden in die Evolution des Lebens. Er ist ein unteilbares Ganzes.
Körperlich, seelisch und geistig entwickelt er sich im Wechselspiel mit seiner
Umgebung. Alle Menschen mit ihren individuellen Unterschieden sind
gleichberechtigt.
Aufgrund seiner Fähigkeit, vielfältige Zusammenhänge zu erkennen und zu
bewerten, trägt jeder Mensch für sein Tun und Lassen Verantwortung gegenüber
der Mitwelt und sich selbst. In allem, was er entscheidet und was ihm
geschieht, liegen Chancen zur Entfaltung, aber auch Möglichkeiten der
Gefährdung. Stärken und Schwächen, Schicksalsschläge und schuldhafte
Verstrickungen erfordern Auseinandersetzung und Bewältigung.
Der Tod beendet das Leben des Menschen. Darüber hinaus gibt es keine
Gewissheit. Dieses Wissen verstärkt unser Bestreben, bewusst und Sinn erfüllt
zu leben. Jeder Mensch hinterlässt Spuren, die seinen Tod überdauern.
Über Zusammenleben
Persönliche Entfaltung vollzieht sich im Spannungsfeld zwischen dem Streben
nach Eigenständigkeit und dem Bedürfnis nach Liebe und Geborgenheit. Deshalb
braucht der Mensch Gemeinschaften, die ihn tragen und die er mitgestalten kann.
Unser Leben entfaltet sich am besten im friedlichen Zusammenleben
selbstverantwortlicher Menschen. Mit diesem Ziel wollen wir aktiv in
Gesellschaft, Staat und Menschheit mitwirken. Konflikte wollen wir gewaltlos
austragen, indem wir uns um Verständigung bemühen.Wir
erkennen an, dass es Konflikte gibt, die wir nicht lösen können und deshalb
aushalten müssen.
Wir leben in der Natur und sind Teil von ihr. Darum fühlen wir uns – auch
unter persönlichem Verzicht – zu rücksichtsvollem Umgang mit ihr verpflichtet.
(ausführlichere
Erläuterungen zu den vorstehend wiedergegebenen „Grundgedanken“ finden Sie HIER)
Unitarismus
Um
den Unitarismus (Unitarianismus)
sachgerecht einzuordnen (in der toleranten Spielart), werden üblicherweise
einige Merkmale zusätzlich zur Ablehnung des Dogmas von der Dreieinigkeit
benannt. Obwohl durch keine Autorität festgeschrieben, werden im Allgemeinen
die folgenden akzeptiert:
+ der Glaube an EINEN Gott und an die Einheit und Einzigartigkeit Gottes
+ dass der Lebensweg und die Lehren von Jesus Christus das Vorbild dafür
darstellen, wie jedermann sein eigenes Leben gestalten sollte
+ dass der Verstand, vernünftiges Denken, Wissenschaft und Weltanschauung in
Koexistenz stehen mit dem Glauben an Gott
+ dass Menschen die Fähigkeit besitzen, ihren freien Willen verantwortlich,
gestaltend und in Bezug auf moralisches Verhalten auszuüben, und das mit
Unterstützung durch den Glauben
+ die Überzeugung, dass das Wesen (die Natur) des Menschen unter den gegenwärtigen
Bedingungen nicht etwa von Grund auf verdorben ist, sondern fähig dazu, sowohl
das Gute als auch das Böse zu tun, weil Gott das so wollte
+ die Überzeugung, dass keine Religion den Anspruch erheben kann, allein im
Besitz des Heiligen Geistes oder der theologischen Wahrheit zu sein
+ die Überzeugung, dass die Autoren der biblischen Texte, obwohl sie von Gott
inspiriert waren, Menschen sind und daher menschlichen Irrtümern augesetzt sind
+ die Ablehnung der überlieferten Lehre, wonach daran geglaubt wird, dass das
Wesen Gottes unheilvolle Züge beinhaltet, oder dass das wahre Wesen (Natur) und
die Aufgabe von Jesus Christus durch die Glaubenssätze von der
Vorherbestimmung, der ewigen Verdammnis, vom stellvertretenden Opfertod
(Rechtfertigungslehre, Sühneopfer) verschleiert werden …
+ Unitarier fassen ihren Glauben zusammen als “die Religion, die Jesus vertrat,
aber nicht eine Religion, die etwas über Jesus aussagt” („the
religion of Jesus, not a religion about Jesus.")
+ Unitarier glauben generell nicht daran, dass Jesus im Leib einer Jungfrau
empfangen wurde oder dass beispielsweise Wunder in dem Ausmaß vollbracht
wurden, wie das die Evangelien darstellen.
(http://en.wikipedia.org/wiki/Unitarianism
)
Albert Schweitzer war Unitarier !
Albert
Schweitzer;
100 Jahre
nach der Gründung des legendären "Urwaldhospitals" im afrikanischen
Lambarene: Was bleibt vom Idol Albert Schweitzer, vom Orgelspieler,
Bach-Forscher, Philosophen und Theologen?;
Schon
schwieriger fällt das Urteil über den Theologen. Gewiss, das Buch über die
Leben-Jesu-Forschung und über die Mystik des Apostels Paulus sind
nach wie vor mit Gewinn zu lesen. Doch am Ende wird man die Abneigung der
Straßburger Fakultät, ihrem Privatdozenten einen Ruf auf einen Lehrstuhl zu
erteilen, ebenso nachvollziehen können wie die Entscheidung der
Missionsgesellschaft, Schweitzer nur als beginnenden Arzt und bleibenden
Musiker (das Tropenklavier!) nach Lambarene zu schicken, ihm ansonsten aber
wegen seiner heterodoxen Ansichten ein Predigtverbot aufzuerlegen. Man wird
sich hüten, Schweitzers tiefe Frömmigkeit und fromme Vorbildlichkeit in Zweifel
zu ziehen. Aber das theologische Problem lässt sich damit nicht aus der Welt
schaffen, wie sich gerade an der Frage nach dem historischen Jesus zeigt.
Schweitzers Buch gibt eine gute Übersicht über die Problemgeschichte, mündet
dann aber in ein Bild des frommen Juden Jesus von Nazareth, der sich über den
unmittelbaren Anbruch des Reiches Gottes schlicht getäuscht und deswegen nur eine
"Interimsethik" verkündet hatte. Wenn man Schweitzers
"Theologie" ganz hart abklopft, bleibt von einer protestantischen
Konfession oder gar Lehre nicht viel übrig außer einer Person, die eine
einzigartige Liebesethik vertreten hat.
Um es
zuzuspitzen: Keine christliche Theologie, welcher Konfession auch immer, kommt
um das Konzil von Chalcedon des Jahrs 451 n. Chr. herum, auf dem von Jesus
Christus gesagt wurde: wahrer Mensch und wahrer Gott. Verkürzt man dieses
orthodoxe Paradox entweder nach der einen oder nach der anderen Seite, in
Richtung auf eine bloß außermenschliche Geistfigur oder auf einen bloß
empirischen, wenngleich "hochstehenden" Menschen, fällt man aus der
christlichen Theologie heraus.;
Es ist
jedenfalls nicht ohne innere Logik, dass Schweitzer
in der protestantischen Kirche und Lehre keine amtliche Heimat gefunden hat –
dafür aber von den Unitariern, einer pantheistischen religiösen Vereinigung
ohne theologisches Lehr- und Leitbild, zu den ihren gerechnet wird. 1963, zwei
Jahre vor seinem Tod, hat er sogar die Schirmherrschaft über die Unitarische
Kirche in Berlin übernommen.;
Schweitzer
findet seinen archimedischen Punkt in dem Topos "Ehrfurcht vor dem
Leben": "Gut ist: Leben erhalten, Leben fördern, entwicklungsfähiges
Leben auf seinen höchsten Wert bringen. Böse ist: Leben vernichten, Leben
schädigen, entwickelbares Leben niederhalten." Ob sich jedoch aus diesem
emphatischen Appell eine schlüssige und widerstandsfähige Ethik entwickeln
lässt, muss nach wie vor zweifelhaft bleiben.
Anekdotisch
zeigt sich dies in einer kleinen Lambarener Szene: Da
zog man unter den Augen des "Doktors" das Wildschwein Josephine auf –
als es aber anfing, Hühner zu fressen, wurde es auf Schweitzers Anordnung hin
getötet. In einem Brief, in dem es um den Pazifismus in der Schweiz ging, war
es Karl Barth mit Blick auf Josephines Schicksal "ein gewisser
Trost", dass "zuletzt auch Albert Schweitzer es nicht unterlassen
konnte, nach der ultima ratio
zu greifen". Systematischer gefasst: Gewiss ist das Leben schlechthin das
Feld, auf dem sich alle Ethik zu bewähren hat, aber das Leben als solches kann
dafür nicht die ethischen Normen liefern; alles andere wäre ein
naturalistischer, vitalistischer Zirkelschluss. Das wird besonders deutlich an
dem Selbstzeugnis Schweitzers: "Ich bin Leben, das leben will in mitten
von Leben, das leben will.";
(Die Zeit
11.4.2013 S.17 - http://www.zeit.de/2013/16/albert-schweitzer
)