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GIPFELERKLÄRUNG von Heiligendamm (8.6.2007)

 

Wachstum und Stabilität weltweit

Wir haben uns auf eine politische Agenda verständigt, um eine reibungslose Anpassung der globalen Ungleichgewichte zu fördern. Wir setzen uns für einen Beitrag der Schwellenländer zur Verringerung der Ungleichgewichte ein. In den Schwellenländern kommt es entscheidend darauf an, dass sich ihre effektiven Wechselkurse bewegen.

 

Finanzmärkte/Hedgefonds

 

Angesichts des starken Wachstums der Hedgefonds-Industrie bekräftigen wir, dass wir wachsam sein müssen.

 

Investitionen und soziale Verantwortung

 

Wir laden alle unsere Partner ein, gleiche Wettbewerbsbedingungen für nationale und ausländische Bieter zu schaffen. Wir laden die Schwellenländer ein, die OECD-Erklärung über internationale Investitionen und multinationale Unternehmen zu verabschieden. Wir laden die wichtigsten Schwellenländer ein, sich an einem strukturierten hochrangigen Dialog über Investitionsbedingungen zu beteiligen.

Wir verpflichten uns, international vereinbarte Standards im Bereich der sozialen Verantwortung von Unternehmen und im Arbeitsrecht, hohe Umweltstandards und besseres staatliches Handeln aktiv zu fördern. Wir rufen private Unternehmen und Wirtschaftsverbände auf, die Prinzipien der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen zu beachten. Wir bestärken die Schwellen- und die Entwicklungsländer darin, sich die in diesen Leitsätzen enthaltenen Werte und Standards zu eigen zu machen. Wir heben insbesondere den Globalen Pakt der Vereinten Nationen hervor.

Zur Stärkung des freiwilligen Konzepts der sozialen Verantwortung von Unternehmen setzen wir uns für die Verbesserung der Transparenz der Leistung privater Unternehmen auf dem Weg zur sozialen Verantwortung sowie für eine klare Definition der zahlreichen Standards und Grundsätze ein, die von vielen unterschiedlichen staatlichen und privaten Akteuren in diesem Bereich festgelegt wurden. Wir ersuchen die an unseren Aktienmärkten notierten Unternehmen, in ihren jährlichen Berichten zu bewerten, inwieweit sie den Standards und Grundsätzen im Bereich der sozialen Verantwortung genügen.

Wir sind der Auffassung, dass soziale Sicherungssysteme weiter ausgebaut und erweitert werden müssen.

 

Innovation

 

Wir wissen, wie wichtig es ist, das internationale Patentsystem zu straffen und zu harmonisieren. In Partnerschaft mit bestimmten Entwicklungsländern kommen wir überein, Pilotpläne der technischen Hilfe zum Aufbau der zur Bekämpfung des Handels mit gefälschten und nachgemachten Gütern erforderlichen Kapazitäten auf den Weg zu bringen. Wir laden die wichtigen Schwellenländer zu einem Folgeprozess ein, der auf die Einrichtung eines neuen internationalen Dialogs über Innovation und den Schutz des geistigen Eigentums abzielt.

 

Klimawandel

 

Wir sind entschlossen, bei der Bekämpfung des Klimawandels eine starke Führungsrolle zu spielen. Wir verpflichten uns, Konzepte umzusetzen, die wirksamen Klimaschutz optimal mit Energiesicherheit verbinden. Zu diesem Zweck bekennen wir uns zur Weiterentwicklung des internationalen Systems zur Bekämpfung des Klimawandels, insbesondere im Vorfeld der VN-Klimakonferenz.

Wir nehmen die jüngsten Berichte des IPCC zur Kenntnis und sind darüber besorgt. Wir sind daher entschlossen, energische und baldige Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zu ergreifen, um die Treibhausgaskonzentrationen auf einem Niveau zu stabilisieren, das gefährliche vom Menschen verursachte Störungen des Klimasystems verhindern würde. Wir haben heute unter Beteiligung aller bedeutenden Emissionsländer vereinbart, dass wir die Entscheidungen der EU, Kanadas und Japans, die zumindest eine Halbierung der globalen Emissionen bis 2050 beinhalten, ernsthaft prüfen werden. Wir verpflichten uns dazu, diese Ziele zu erreichen, und laden die wichtigsten Schwellenländer ein, sich uns bei diesem Vorhaben anzuschließen.

Wir räumen ein, dass der VN-Klimaprozess das geeignete Forum für die Aushandlung künftiger globaler Maßnahmen im Bereich Klimawandel ist. Wir sind entschlossen, in diesem Forum voranzukommen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wichtige Volkswirtschaften sich auf einen detaillierten Beitrag für einen neuen globalen Rahmen bis Ende 2008 verständigen, der helfen würde, bis 2009 eine globale Übereinkunft im Rahmen des UNFCCC zu erzielen.

Wir werden die Einrichtung eines Pilotprojekts zur Verringerung der Emissionen durch Entwaldung in Entwicklungsländern fördern.

 

Energieeffizienz

 

Wir werden ein "Netzwerk für nachhaltige Gebäude" aufbauen, das die G 8 einbezieht und an dem sich die wesentlichen Schwellenländer beteiligen können. Wir werden Anstrengungen zur Erhöhung der Energieeffizienz im Verkehrssektor unternehmen. Wir werden mögliche negative Effekte bei der Entwicklung von Biokraftstoffen insbesondere in Entwicklungsländern vermeiden.

Wir unterstreichen die Bedeutung der Diversifizierung im Energiebereich. Wir werden unsere Zusage hinsichtlich der friedlichen Nutzung der Kernenergie erneuern. Wir werden konzertierte weltweite Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien begrüßen. Wir bekennen uns zur herausragenden Bedeutung von Sicherheit, Sicherung und Nichtverbreitung bei der Nutzung von Kernenergie.

 

Rohstoffe

 

Wir werden die ressourcenreichen Länder in ihren Bemühungen unterstützen, ihr Ressourcenpotenzial weiter auszubauen. Wir begrüßen den Vorschlag der G-8-Präsidentschaft, 2007 eine globale Konferenz zur Transparenz im Grundstoffsektor einzuberufen. Die Entwicklung eines konsolidierten Pakets von Grundsätzen und Leitlinien, die für den international betriebenen Bergbau in Entwicklungsländern gelten, würde mit gewährleisten, dass der Sektor zur Entwicklung beiträgt.

Wir bekräftigen unsere Unterstützung für bestehende Initiativen wie den Kimberley-Prozess. Wir unterstützen die Durchführung einer Pilotstudie im Zusammenarbeit mit der Weltbank und deren Initiativen zur Machbarkeit eines eigens entworfenen Zertifizierungssystems für ausgewählte Rohstoffe. Dabei werden wir uns auf den mit einfachen Mitteln betriebenen Bergbau konzentrieren. Wir werden Initiativen zur Bekämpfung der Korruption wie die Initiative für Transparenz in der Rohstoffwirtschaft EITI unterstützen. Wir werden einen Dialog mit den wichtigen Schwellenländern aufnehmen, um die Regierungen und insbesondere die staatlichen Unternehmen mit Sitz in diesen Ländern als Teilnehmer der EITI zu gewinnen.

 

Korruption

 

Wir werden unsere gemeinsamen Bemühungen um eine wirksame Bekämpfung der Korruption weltweit intensivieren. Dies beinhaltet die Unterstützung der Ratifikation des VN-Übereinkommens gegen Korruption durch alle Länder.

 

Heiligendamm-Prozess

 

Wir haben beschlossen, mit wichtigen Schwellenländern eine neue Form der zielgerichteten Zusammenarbeit auf den Weg zu bringen, um innerhalb von zwei Jahren greifbare Ergebnisse zu erzielen. Wir sind übereingekommen, uns mit vier Themenbereichen zu befassen: Förderung und Schutz von Innovation; Stärkung der Investitionsfreiheit einschließlich Festigung der Grundsätze der sozialen Verantwortung von Unternehmen; Festlegung gemeinsamer Verantwortlichkeiten für die Entwicklung mit besonderem Augenmerk auf Afrika; gemeinsame Nutzung von Wissen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Wir ersuchen die OECD, eine Plattform für diesen neuen Dialog zu bieten.

 

Wachstum und Verantwortung für Afrika

 

Wir arbeiten weiterhin partnerschaftlich mit Afrika zusammen und begrüßen die entscheidende Rolle afrikanischer Führung im Reformprozess. Gleichzeitig betonen wir, dass wir fest entschlossen sind, die insbesondere in Gleneagles eingegangenen Verpflichtungen umzusetzen.

Wir haben uns auf ein weiteres Maßnahmenpaket zur Förderung nachhaltiger Entwicklung in Afrika geeinigt. Wir werden uns darauf konzentrieren, Wachstum und Investitionen zu stärken, um Armut und Hunger zu bekämpfen, Frieden und Sicherheit sowie gute Regierungsführung zu fördern, die Gesundheitssysteme zu stärken und unseren Beitrag zum Kampf gegen Infektionskrankheiten zu leisten.

Wir werden eine Initiative zum Aufbau von Kapazitäten bei den regionalen Wirtschaftsgemeinschaften unterstützen. Ein besonderer Schwerpunkt sollte die Infastrukturentwicklung sein.

Wir erkennen, dass weitere Maßnahmen erforderlich sind, um unseren früheren Verpflichtungen nachzukommen.

Die G 8 bekräftigen ihr Bekenntnis zur "Bildung für alle". Die G 8 werden mit Partnern und anderen Gebern weiter daran arbeiten, die Lücken in allen von der Fast-Track-Initiative (FTI) geförderten Ländern zu schließen, die auf etwa 500 Millionen US-Dollar geschätzt werden.

Die G 8 setzen ihre Unterstützung für die afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur fort. Gleichzeitig sind wir fest entschlossen, der Afrikanischen Eingreiftruppe die erforderliche Unterstützung für ihre militärischen Kernkapazitäten zu leisten, was verstärkte Investitionen durch Truppensteller und Geber gleichermaßen erforderlich macht.

Die G-8-Staaten werden ihre Bemühungen um einen Beitrag zur Verwirklichung des Zieles universellen Zugangs zu umfassenden HIV/Aids-Präventionsprogrammen, Behandlung, Versorgung und Unterstützung für alle bis 2010 verstärken. Wir werden unsere Bemühungen fortsetzen, um in den kommenden Jahren mindestens die veranschlagten 60 Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen. Die G-8-Mitglieder verpflichten sich, für eine langfristige berechenbare Finanzierung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose zu sorgen.

Mit anderen Gebern werden die G 8 darauf hinarbeiten, die erforderlichen Mittel für pädiatrische Behandlungen in Höhe von 1,8 Milliarden US-Dollar aufzubringen. Wir werden auch die Anstrengungen zur Verringerung der Lücken - schätzungsweise 1,5 Milliarden US-Dollar - im Bereich der Mutter-Kind-Gesundheitsfürsorge und freiwilligen Familienplanung intensivieren. Innerhalb von drei Jahren werden die G-8-Mitglieder einzeln und gemeinsam daran arbeiten, die 30 Länder Afrikas mit dem höchsten Malariavorkommen in die Lage zu versetzen, eine 50-prozentige Absenkung der Todesfälle durch Malaria herbeizuführen.

 

 

taz Nr. 8295 vom 9.6.2007, Seite VI-VII, 196 Dokumentation, G-8-Gipfel