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Das bewegte Universum

Vom verspotteten "Big Bang" über die Geburt der Sterne bis zum heutigen Sonnensystem:
eine sehr kurze Chronik der vergangenen 14 Milliarden Jahre

Von Max Rauner

Am Anfang war Häme: Als »Big Bang«, zu Deutsch Urknall, verspotteten Astronomen in den fünfziger Jahren die noch junge Idee, der zufolge das Universum in einem unvorstellbar dichten Feuerball geboren wurde und sich seitdem unaufhörlich ausdehnt. Hatten nicht alle großen Naturforscher von Aristoteles über Newton bis Einstein an ein starres Weltall geglaubt? Doch die Indizien für die Urknalltheorie häuften sich, heute zweifelt kaum noch ein Kosmologe an ihr.
Geknallt hat damals, vor rund 14 Milliarden Jahren, allerdings nichts. Zum Zeitpunkt null gab es noch keine Luft, durch die sich Schall hätte ausbreiten können. Nur Energie in unvorstellbar hoher Konzentration: alle Materie des beobachtbaren Universums, komprimiert auf einem Punkt kleiner als ein Sandkorn, einhundert Quintillionen (1032) Grad Celsius heiß. Über den ersten Bruchteil von 10-43 Sekunden dieser Schöpfungsgeschichte reden Physiker allerdings nicht so gern, die Theorie dafür ist noch in Arbeit. Mit Aussagen über die Zeit danach fühlen sie sich sicherer.
Im ersten Augenblick, 10-35 Sekunden nach null, bläht sich das Universum schlagartig auf wie ein Luftballon an einer Pressluftflasche – Kosmologen reden von Inflation (englisch für Aufblähung). Diese Phase dauert einen winzigen Bruchteil der ersten Sekunde. Anschließend verläuft die Ausdehnung gemächlicher. Strahlung erfüllt das All, Elementarteilchen wie Quarks und Elektronen schwirren umher. Innerhalb der ersten Sekunde formieren Quarks sich zu Wasserstoff-Atomkernen, Minuten später auch zu etwas komplexeren Helium-Atomkernen. Diese toben durchs Universum wie Sandkörner im Wüstensturm. Das All ist heiß und undurchsichtig, Lichtteilchen kollidieren ständig mit Materieteilchen.
Erst nach 400.000 Jahren legt sich der Sturm. Die Atomkerne haben sich mit den Elektronen zu neutralen Atomen vereinigt, Licht kann sich fortan ungehindert ausbreiten. Aus dieser Zeit stammt die Mikrowellenstrahlung, die noch heute das Universum erfüllt – als Echo des Urknalls.
Allerdings ist das All noch recht langweilig. Erst allmählich klumpt die Materie dank der Schwerkraft zu größeren Wolken zusammen. Etwa 400 Millionen Jahre nach dem Urknall ist es so weit: Die Wolken kollabieren. In ihrem Zentrum verschmelzen Atomkerne und strahlen dabei Licht aus. In schneller Folge entstehen so die ersten Sterne, alle paar Stunden ein neuer.
Aber die erste Generation lebt nur kurz. Nach wenigen Millionen Jahren sind die Sterne ausgebrannt, implodieren und schleudern ihr Inneres wieder ins All, darunter auch Elemente wie Sauerstoff, Kohlenstoff, Eisen, die durch Verschmelzen leichterer Atome entstanden sind. Die Sternenreste dienen als Baustoff für die nächste Generation (auch die Atome, aus denen der Mensch besteht, entstanden einst in Sternen). Zwei weitere Sterngenerationen hat das Universum seitdem hervorgebracht.
Unsere Sonne entstand neun Milliarden Jahre nach dem Urknall und gehört zur Enkelgeneration. Sie ist jetzt rund fünf Milliarden Jahre alt und wird noch mal so lange leben, dann ist sie ausgebrannt. Sie wird sich vorübergehend auf mehr als das Hundertfache ihrer heutigen Größe aufblähen und die Erdkruste aufschmelzen. Dann endet sie als »weißer Zwerg«, wenig größer als die Erde und kaum heller als der Vollmond. Alle übrigen Sterne im Universum sterben einen ähnlichen Tod oder enden als Schwarze Löcher. Das Universum dehnt sich weiter aus – bis in alle Ewigkeit.

DIE ZEIT, 29.03.2007 Nr. 14 S. 32