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Kampf gegen Mobilfunksendeanlagen auf Kirchtürmen
Brief einer Bürgerinitiative an einen Bischof
 

Hessischer Landesverband mobilfunksenderfreie Wohngebiete
Hans Kroth
Birkenweg 10
63484 Gründau
Tel. 06058 / 2756
Fax:06058 / 91 88 82

Herrn
Bischof Dr. Martin Hein
c/o Evangelische Kirche Kurhessen-Waldeck
Wilhelmshöher Allee 330

34131 Kassel
 

8-12-2001
 

Sehr geehrter Herr Dr. Hein,

wir begrüßen Ihre Dialogbereitschaft, die sich allerdings nicht nur auf die Gesundheits- schädigung begrenzen lassen kann. In diesem Zusammenhang können die jetzt existierenden Grenzwerte – die höchsten auf dem europäischen Festland !- und die in dieser Hinsicht gern von kirchlicher Seite herangezogene Grenzwertdefinition des ECOLOG-Institutes (10000 Mikrowatt) keine Dialogbasis darstellen.
Alle Messergebnisse liegen weit unter diesen Werten, trotzdem sind sie unbrauchbar, weil die Menschen einfach krank sind. Wir gehen davon aus, dass Sie sich zwischenzeitlich kundig gemacht haben, dass Ihre Umweltbeauftragten und Sie sich nicht nur mit der ECOLOG-Studie befasst haben und wenn dem so ist, dann wissen Sie sehr wohl, dass auch die ECOLOG-Definition nach heutigen Erkenntnissen maßgeblicher weltweiter Experten nicht ausreicht, da diese die sogenannten athermischen, biologischen Wirkungen nicht ausreichend berücksichtigt. Das belegen u.a. Grenzwert-Regelungen anderer Länder. So ist z.B. die Empfehlung der Salzburger Landes-Sanitätsdirektion, wie auch die russische Norm, zehnfach niedriger als diejenige des ECOLOG-Institutes. Grenzwerte sind ohnehin von höchst zweifelhaftem Nutzen, weil sie beispielsweise die individuelle Sensibilität nicht berücksichtigen.

Bezüglich Ihrer Aussage, dass die Anlagen nicht alle “klammheimlich“ installiert wurden, was unsererseits nicht behauptet wurde, möchten wir festhalten, dass wir exakt sagten “fast alle“ und das ist schlimm genug! Wir können Ihnen gerne 14 Orte in unserem näheren
Einzugsbereich nennen, bei denen 13 absolut klammheimlich installiert wurden und nunmehr Widerstand, Gemeindeunfrieden und Polarisierungen mit der Kirche entstanden sind.
Rechnen Sie einmal nach – rd. 93 % wurden heimlich gegen den Willen der Bevölkerung installiert.
Vielleicht können Sie uns aber einige nennen, wo Anlagen mit Zustimmung der Bevölkerung erfolgte?!

Nun reden Sie davon, dass Sie die Ängste der Menschen um mögliche Gesundheits- schädigung durch die besagten Anlagen und auch die Warnungen von seriösen Wissenschaftlern ernst nehmen würden.

Genau das ist der Punkt, was Sie effektiv aus christlicher Fürsorge heraus tun sollten, was wir aber konkret bei Ihnen vermissen und einklagen müssen! Wir können Ihnen eine große Anzahl von seriösen Wissenschaftlern benennen, die nicht auf den Gehaltslisten der Mobilfunkbetreiber stehen und deren Studien eindeutig das Gefahrenpotential schon heute sehr dezidiert dokumentieren.

Die Thematik der Kirche in diesem Zusammenhang muss jedoch ganz anders betrachtet werden. Kein Geld kann es wert sein, selbst wenn die monetären Interessen einerseits verständlich erscheinen mögen, dies gegen mögliche Gefahr durch Vermietung von Kirchenflächen zu fokussieren und sich damit zu verkaufen.
Denken Sie bitte in diesem Zusammenhang an Dr. Martin Luther, der vor knapp 500 Jahren sein Leben riskierte, weil er u.a. den Geschäftssinn – Ablasshandel – als pervers und teuflisch herausstellte. Ohne ihn gebe es die Evangelische Kirche nicht.!

Ihr Hinweis auf die Rundverfügungen, die sozusagen Ihrerseits als Alibi herangezogen werden, sind leider kein Beitrag zur Versachlichung, sie lassen keinen Ansatz für ein entschiedenes Eintreten für Leben und Gesundheit erkennen. Auch in diesem Zusammenhang wirken die Äußerungen, Sie, die Kirche würden die Ängste und Befürchtungen der Menschen ernst nehmen, wie “Lippenbekenntnisse“. Denken Sie doch einmal an die Anlage z.B. in Korbach (Vertrag 12/00 heimlich! gegen den Widerstand der Bevölkerung!). Diese soll nunmehr trotz Rundverfügung kurzfristig in den nächsten Tagen in Betrieb gehen. Selbst in diesen Tagen soll noch ganz in Ihrer Nähe in der Lukas-Kirchengemeinde Kassel über eine Vertragsabschließung nachgedacht werden! Wir könnten Ihnen noch mehrere unverständliche spektakuläre Fälle nennen.
Was nutzen Ihre schönen Rundverfügungen, wenn diese (Ausnahme, die von diesem Jahr 17-05-01) “Tür und Tor“ offen lassen und jeder sich frei bedient, weil Sie als oberste Instanz kein konkretes Verbot ausgesprochen haben. Genau das ist Ihr wunder Punkt! Die bisherigen Rundverfügungen samt unglückseligem Mustermietvertrag der EKD suggerieren den Kirchengemeinden eine bedenkenlose finanzielle Einnahmequelle. Trotz vieler Warnungen, wie Sie sicherlich auch schon festgestellt haben, wurde bereits am 16-07-1996 vom damaligem Umweltbeauftragten Kirchenrat Hans Schmiedehausen, Niederlistingen (Brief an Frau Stey) vor der allgemein gesellschaftlichen Problematik der Mobilfunktechnik und den Verträgen sehr deutlich gewarnt.

Wir fordern Sie also noch einmal auf, dem westfälischen Memorandum zu folgen, weitere Anlagen ab sofort grundsätzlich per Dekret zu untersagen und alle bestehenden Anlagen
zu kündigen. Lösen Sie sich von Ihrer gegenwärtigen “Wegschau-Mentalität oder der Wird-schon-gut-gehen – Fraktion.“ Der jetzt schon eingetretene Vertrauensverlust ist finanziell wertmäßig gar nicht aufzuwiegen.

Kehren Sie zur “christlichen Umkehr“ um, sehr verehrter Herr Bischof, reden Sie nicht nur über die “konkrete Wahrnehmung des Lebens durch die Kirche“, praktizieren Sie dies einfach!

Setzen Sie in Deutschland ein Signal, bringen Sie das in Ordnung, was Ihre Vorgänger verursacht haben, sorgen Sie dafür, dass Pfarrer, Gemeindemitarbeiter, kirchliche
Mandatsträger und Helfer wieder frei arbeiten können, dass diese Freude an ihrer Tätigkeit haben, nehmen Sie all diesen wichtigen Menschen die Belastungen ab, stoppen Sie die Kirchenaustritte und last not least sorgen Sie dafür, dass der Frieden wieder in die Gemeinden einkehren kann.

Sollten Sie weiterhin nichts Konkretes unternehmen wollen(können?!), so müssen Sie zukünftig von einem heftigen Widerstand ausgehen, weil wir mündigen Bürger, Sie entsprechend Ihrem Ordinationsgelöbnis u.a. “... zur Ehre Gottes und zum Besten der Gemeinde alles zu tun...“, nicht aus der persönlichen Verantwortung entlassen werden.
Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass unser aus rd. 80 Bürgerinitiativen bestehender Landesverband, wegen der Aktualität und Brisanz dieses Komplexes das gesamte Spektrum nunmehr den ca. 3000 Bürgerinitiativen in Deutschland bekannt geben und thematisieren wird. Sie sollten unsere Aktivitäten sehr ernst nehmen! Wir möchten die EKKW (das ist immer noch unsere Kirche) davor behüten, bundesweit Negativschlagzeilen zu machen.

Ihrer baldmöglichsten Stellungnahme sehen wir mit großem Interesse entgegen.

Mit freundlichen Grüßen

für den Landesverband deren Sprecher:
Dr. Erich Braun, Kreuzbergstr. 27, 61440 Oberursel
Hans Kroth, Birkenweg 10, 63484 Gründau
Alfred Tittmann, Kettelerstr. 3, 63486 Bruchköbel