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Pressemitteilung des Büros für
Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) zum Mobilfunk
Mobilfunk: Wie viel Strahlung
verträgt der Mensch?
Grenzwerte nach derzeitigem Forschungsstand anscheinend niedrig genug - jedoch
keine generelle Entwarnung bezüglich gesundheitlicher Risiken
Fernseher, Laptops, Mobiltelefone: Mit der Verbreitung elektronischer Geräte ist auch die Angst vor möglichen Gesundheitsrisiken durch elektromagnetische Strahlen gewachsen. Wie berechtigt sind diese Befürchtungen im Hinblick auf die Mobilfunktechnologie? Dieser Frage ist das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) in einer Studie nachgegangen. Die Kernaussagen: Die Strahlung, die von Mobilfunksendemasten ausgeht, ist nach derzeitigem Stand der Forschung in der Regel ungefährlich. Insbesondere die Langzeitwirkungen gepulster elektromagnetischer Felder sind laut TAB jedoch nicht ausreichend erforscht. Und: Neben thermischen Effekten elektromagnetischer Strahlung, wie sie bereits seit langem bekannt sind, sehen einige Wissenschaftler im Zusammenhang mit der Nutzung von Mobiltelefonen Hinweise auch auf athermische Effekte, die zu Kopfschmerzen, Migräne, Schlaf- und Konzentrations- sowie zu allgemeinen Befindlichkeitsstörungen führen können. Außerdem geht die Forschung mittlerweile davon aus, dass es Menschen gibt, die sensibler auf elektromagnetische Strahlung reagieren als die überwiegende Mehrheit.
Vorsicht bei Kindern
Besondere Vorsicht ist bei Kindern geboten: Für sie könnte das Telefonieren mit
Handys generell gefährlicher sein als für Erwachsene. Wissenschaftlich
ungeklärt ist, welche Auswirkungen die von Handys ausgehende und für die meisten
Menschen unbedenkliche Strahlenbelastung auf Zellen und Organe hat, die sich
noch in der Entwicklung befinden. Wer ein Handy für Kinder oder Jugendliche
kauft, sollte deshalb besonders darauf achten, dass die Wahl auf ein Telefon
fällt, das möglichst wenig Strahlung abgibt. Ein Hinweis, der sich durchaus an
viele richtet: Bundesweit besitzen mehr als drei Viertel der zwölf bis
19-Jährigen ein Mobiltelefon.
Gütesiegel hat wenig Aussagekraft
Das im vergangenen Jahr eingeführte Gütesiegel für Mobiltelefone gebe beim Kauf
keine letzte Sicherheit, sagt der Autor der Studie, Christoph Revermann. Das
Siegel basiert auf den maximalen SAR-Werten eines Mobiltelefons und gibt die
größtmögliche Energiemenge an, die das Handy auf den Körper des Nutzers
ausstrahlen kann. Wegen der dynamischen Leistungsregelung der Geräte variieren
die tatsächlichen Strahlungswerte in der Praxis allerdings so stark, dass der
SAR-Wert allein kaum Anhaltspunkte für die durchschnittlich auf den Kopf des
Nutzers einwirkende Strahlung hergibt. Sinnvoller - und technisch möglich -
wäre laut Revermann, wenn der Nutzer am Display seines Handys jederzeit ablesen
könne, wie hoch die Leistungsabgabe seines Telefons gerade ist. Ein
grundsätzlicher Tipp: Weniger Strahlen erreichen den Nutzer bei Verwendung
eines Head-Sets bzw. Handfrei-Kits.
Höhere Strahlenbelastung beim Telefonieren im Zug und im Auto
Die Strahlung, die von einem Mobiltelefon ausgeht, schwankt ständig. Sie hängt
nicht nur von der Qualität eines Geräts ab, sondern auch vom jeweiligen
Standort des Nutzers. Wird in günstiger Entfernung zu einem Sendemasten
telefoniert, so muss das Handy wenig Eigenleistung aufbringen und sendet
entsprechend wenig eigene Strahlung ab. Umgekehrt ist das (außer in den extra
präparierten Waggons mit besserem Handyempfang) beim Telefonieren im Zug: Weil
es bei 200 km/h und zudem im geschlossenen Raum für das Mobiltelefon schwierig
ist, die für den Empfang nötigen elektromagnetischen Strahlen eines Sendemasten
einzufangen, muss es vergleichsweise viel Eigenleistung erbringen, selbst also
stärker strahlen, damit der Empfang gewährleistet ist. Ähnliches gilt für das
Telefonieren in S- und U-Bahnen, in Tunneln und im Auto.
Grenzwerte nach derzeitigem Stand der Forschung niedrig genug
Auch die Strahlungen, die bei erhöhter Leistung erreicht werden, sind für die
meisten Menschen vermutlich unbedenklich. So hat die Studie des TAB gezeigt,
dass die Emissionen der meisten Mobilfunkgeräte auch bei schlechtem Empfang
weit unterhalb der von der internationalen Kommission zum Schutz vor
nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) festgelegten Grenzwerte liegt.
"Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass der reguläre
Gebrauch eines Mobiltelefons und die damit verbundene lokale Erwärmung des
Gewebes um maximal 0,1 Grad keine gesundheitlichen Auswirkungen hat", sagt
Christoph Revermann. Eine in einigen europäischen Ländern diskutierte oder -
wie in der Schweiz - bereits umgesetzte Senkung der 1999 von der ICNIRP
festgelegten Grenzwerte, hält der Biologe aus wissenschaftlicher Sicht für
nicht unbedingt geboten. Auch nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation
(WHO), der Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP) und
der deutschen Strahlenschutzkommission (SSK) gibt es nach derzeitigem Stand der
Forschung keine eindeutigen Hinweise darauf, dass bei Einhaltung der geltenden
Grenzwerte Gesundheitsrisiken durch EMF bestehen. Überschreitungen der
Grenzwerte wurden in Deutschland bisher bei noch keiner Messung festgestellt.
Keine generelle Entwarnung
Generelle Entwarnung will das TAB aber nicht geben und fordert eine
Intensivierung der Forschung. Unzweifelhaft sei, dass elektromagnetische Felder
Auswirkungen auf Menschen haben könnten und - wenn Intensität und Dauer
ausreichend hoch sind - Beeinträchtigungen oder Schäden eintreten könnten. Das
Spektrum der Krankheiten, über die im Zusammenhang mit elektromagnetischen
Feldern (EMF) spekuliert wird, reicht von Herzrhythmusstörung und Bluthochdruck
über Schlaf-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen bis hin zur
Krebsförderung oder -verursachung. Als sicher gilt, dass die elektromagnetische
Strahlung und die Strahlenbelastung für Menschen insgesamt weiter zunehmen
wird.
Forderungen an die Unternehmen: Emissionen reduzieren
Wegen der noch bestehenden Unsicherheiten fordert das TAB Netzwerkbetreiber und
Gerätehersteller auf, die Mobilfunktechnologie zu verbessern. Die
Strahlungsintensität von Sendeanlagen wie auch die der Mobiltelefone könne und
müsse weiter verringert werden.
Empfehlungen an die Politik: Kommunen zu Messungen verpflichten
Als Konsequenz aus dem Bericht empfiehlt das TAB dem Parlament, Kommunen und
Netzwerkbetreiber zu umfassenden und flächendeckenden Emissionsmessungen zu
verpflichten. Nachweise für die Einhaltung von Grenzwerten müssten regelmäßig
erbracht werden. "Außerdem", so Christoph Revermann, "ist die
Politik gefordert, so offensiv und umfangreich wie möglich für Aufklärung über
die Strahlungsbelastungen zu sorgen."
Der Sachstandsbericht "Gesundheitliche und ökologische Aspekte bei mobiler Telekommunikation und Sendeanlagen" ist kostenlos erhältlich beim TAB.
Weitere Informationen:
Dr. Christoph Revermann
Telefon: 030/28491-109
E-Mail: revermann@tab.fzk.de