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Mobilfunkanlagen in Kirchtürmen
Handreichung für
Gemeindekirchenräte
vom Landeskirchenamt
der Evang.-Luth. Kirche in Thüringen
Folgende Aspekte sollten vor einer Entscheidung, ob eine
Mobilfunksendeanlage installiert werden soll, vom Gemeindekirchenrat besprochen
werden.
1. Zur technischen Seite
Die Mobilfunknetze D1, D2 und E-plus benutzen eine gepulste
Hochfrequenzstrahlung und senden elektromagnetische Wellen aus. Diese Netze
verwenden 217 Pulse/Sekunde, beim älteren C-Netz werden die Informationen ohne
Pulse analog übertragen. Die Leistungsflußdichte ist dabei an der Antenne am
größten und nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab. Die Energie der
hochfrequenten elektromagnetischen Felder, die pro Sekunde auf eine Fläche
trifft, wird in Watt pro Quadratmeter (Wm2) gemessen. Ihre Wirkung wird beschrieben
mit der Spezifischen Absorbationsrate (SAR) in Watt pro Kilogramm (W/kg).
Bei einer elektromagnetischen Strahlung wird das elektrische Feld beim Auftreffen auf einen Körper an der Oberfläche der Haut abgeleitet. Das magnetische Feld dringt jedoch weitgehend ungehindert in den Körper ein und kann ihn aufheizen - ähnlich der Mikrowelle bei einer zubereiteten Mahlzeit (thermische Wirkung). Diese Erscheinung ist auch Grundlage der gesetzlichen Regelungen für Sicherheitsabstände, Grenzwerte u.a.m.
Wohnungen direkt unter der Antenne dürften kaum belastet sein, weil die
Sendeantenne meist nur einen geringen Neigungswinkel der Abstrahlung besitzt,
um den sog. „Antenneneffekt“ zu nutzen. In den obersten Stockwerken von einem
Mobilsender benachbarten hohen Gebäuden werden allerdings größere
Leistungsflußdichten (größer als 0,1 bis 1 mW/cm2) erreicht.
Übersicht Mobilfunknetze, Stand 1997
Mobilfunknetz
C-Netz
D1-Netz
D2-Netz
E-plus-Netz
Betreiber
Telekom
Telekom
Mannesmann e-plus-Mobilfunk
(DeTeMobil) (DeTeMobil)
Mobilfunk
Trägerfrequenz ca.
450 MHz ca. 900 MHz ca. 900
MHz ca. 1.800 MHz
Informations-
analog
digital
digital
digiltal
übertragung
gepulst mit gepulst
mit
gepulst mit
217 MHz 217
MHz
217 Mhz
GSM
GSM
DCS 1 800
Sendeleistung
35 Watt
20-50 Watt 20-50
Watt 10-20 Watt
der Basisstation
Sendeleistung
0,75-15 Watt 2-8
Watt
2-8 Watt
0,5-6 Watt
der
Endgeräte
(Handy 2 W) (Handy 2
W) (Handy 1 W)
Basisstationen
ca.
700
ca.
3.500
ca. 3.500
ca. 7.000
in Deutschland
Zahl
der
500.000
3 300.000 3
500.000 1
000.000
Nutzer
fallend
steigend
steigend
steigend
2. Zur gesetzlichen Regelung
In der Verordnung über elektromagnetische Felder vom 01.01.1997 (26. Änderung
zur Bundesimmissionsschutzverordnung/BIMSchV) sind Schutz- und
Versorgungsmaßnahmen für den Betrieb von Mobilfunksendetürmen festgelegt.
Danach ist die DIN VDE 0848 einzuhalten. Die Regulierungsbehörde für
Telekommunikation und Post muß die Einhaltung der technischen Daten der
Funksendestelle hinsichtlich des Personenschutzes („Standortbescheinigung“)
bescheinigen.
Die DIN VDE 0848 interpretiert die thermische Wirkung der Leistung einer
Sendeanlage auf den menschlichen Körper: Pro Kilogramm Körpergewicht darf eine
Erhöhung um 1°C innerhalb von 6 Minuten nicht überschritten werden. Die Festsetzung
des Grenzwertes beruht für diese Meßgröße darauf, daß im Körper keine thermisch
bedingten Schädigungen auftreten dürfen. Bei den deutschen Grenzwerten werden
nur die thermischen Wirkungen, die meßbar sind, betrachtet und in
Abstandsempfehlungen geregelt. Diese Regelung ist für das „Bundesamt für
Strahlenschutz“ die Grundlage allgemeiner Informationen zu diesen Fragen und
seiner Aussagen zur Unbedenklichkeit hochfrequenter Strahlung.
3. Gibt es ein Gesundheitsrisiko?
Neben den thermischen Wirkungen, die sich in den Grenzwerten der
Elektrosmogverordnung und anderen internationalen Regelungen niedergeschlagen
haben (s.o.), gibt es nichtthermische Wirkungen: Entsprechend disponierte (oder
andersweitig belastete) Menschen können unter ungünstigen Umständen unter einer
Beeinträchtigung des Schlafes oder unter psychovegetativen Störungen (erhöhte
Neigung zu Kopfschmerzen, Migräne, Nervosität, Stimmungsschwankungen,
Dauermüdigkeit) leiden.
Bisher bekannte Forschungsergebnisse über die Wirkung gepulster Mikrowellen
auf den Menschen und auf Säugetiere weisen auf eine größere biologische
Wirksamkeit hin, als dies bei ungepulsten Wellen (z.B. Radio und Fernseher,
C-Netz) der Fall ist. Die Besonderheiten des gepulsten Betriebes von Anlagen
und die Taktfrequenz und deren nichtthermische Wirkungen sind aber von der DIN
0848 nicht berücksichtigt.
Die dauerhafte Beeinflussung durch gepulste elektromagnetische Felder erzeugt
einen ständig gestörten Signal- und Informationsfluß in biologischen Systemen.
Kurzfristige Störungen zeigten bei stabilen Regelsystemen keine dauerhaften
Auswirkungen.
Ein erhöhtes Krebsrisiko für Anwohner von Mobilfunk-Basisstationen konnte
bisher nicht nachgewiesen werden. Die erreichten Leistungsflußdichten dürften
wohl zu gering sein.
Treten tatsächlich Befindlichkeitsstörungen oder Krankheiten auf, kann kaum nachgewiesen werden, worauf diese letztlich und mit Sicherheit zurückgeführt werden können. Immer kann auch eine andere Ursache als eine Mobilfunkanlage vermutet werden.
Die bestehenden Grenzwerte als Hypothesen versuchen, thermische und nichtthermische Wirkungen auf der Grundlage derzeitiger naturwissenschaftlicher allgemein anerkannter Erkenntnisse für den Menschen auszuschließen. Gleichzeitig sind sich viele Fachleute und Verantwortliche in internationalen Gremien einig, daß eine abschließende Beurteilung der nichtthermischen Wirkung gepulster Hochfrequenz-Magnetwellen derzeit (noch) nicht möglich ist und sehen einen begründeten Bedarf an weiterer wissenschaftlicher Forschung.
Folgendes wird empfohlen:
· Die Verantwortung für eine Vorsorge für jetzt lebende und künftige
Generationen fordert, alle Bedenken schon zum jetzigen Zeitpunkt ernstzunehmen
und in die Abwägung einzubeziehen.
Unter vielen Menschen bestehen - angesichts der Nichtnachweisbarkeit von
Schäden und der Unwägbarkeit von Risiken - Ängste um die eigene Gesundheit und
die der Kinder. . Es kann zu Konflikten in der Gemeinde kommen, zu denen sich
die Kirchgemeinde verhalten muß.
Deshalb sollten bei der Entscheidung für oder wider eine Sendeanlage auch
Nachbarn zur Gemeindekirchenratssitzung eingeladen werden.
4. Der Kirchturm als Teil eines sakralen Bauwerkes
Es stellt sich die Frage, ob die Zeichenhaftigkeit eines Kirchturms bzw. der
sakrale Charakter der Kirche insgesamt mit der Nutzung für eine Mobilfunkanlage
negaiv beeinflußt wird.
Indem er als Masten für Sendeanlagen genutzt wird, erhält er eine zusätzliche
Funktion. Dies hat es in der Vergangenheit immer gegeben; zumeist allerdings
sind Kirchtürme für Gemeinwohl-Belange (Trocknen von Feuerwehrschläuchen,
Warnung vor Brandgefahr), weniger für kommerzielle Privatinteressen genutzt
worden.
Da die Mobilfunknetze aus kommerziellen Gründen betrieben werden, kann keine
moralische Verpflichtung der Kirchgemeinde, aus Gemeinwohlgründen der
Installation einer Sendeanlage zuzustimmen, geltend gemacht werden.
Andererseits ist die Nutzung von Kirchtürmen keine Entwertung der sakralen
Charakters der Kirche; von daher ergibt sich hiermit kein Argument gegen die
Installation einer Sendeanlage.
5. Bauliche Veränderungen
Die Sendeanlagen haben in der Regel „Kühlschrankgröße“ und werden im Innern von
Kirchtürmen oder auf dem Kirchenboden installiert.
Mitunter werden, um eine bessere Abstrahlung zu erreichen, von den Netzbetreibern bauliche Veränderungen erwartet, wie z.B. Lamellenfenster aus Holz durch solche aus Plaste zu ersetzen.
Folgendes wird empfohlen:
· Die Sendeanlagen sollten nicht außerhalb des Kirchturmes bzw. der Kirche
angebracht werden.
· Baulichen Veränderungen sollte nicht zugestimmt werden, insbesondere wenn
natürliche Materialien durch künstliche ersetzt werden sollen; der
Denkmalcharakter des Gebäudes ist in jedem Falle zu wahren.
· Einer Veränderung an Lamellenfenstern sollte nicht zugestimmt werden, da sich
die Schallwirkung der Glocken verändern kann.
· Im Zweifelsfalle ist der zuständige Baureferent beim Kreiskirchenamt zu
konsultieren.
6. Blitzschutz
Mit dem Einbau der Antennen und Antennenkabel in den Kirchenraum werden
Koordinierungsmaßnahmen zwischen der Blitzschutzanlage des Kirchturmes und dem
Mobilfunksystem erforderlich. Im einzelnen betrifft dies die Fanganlage des
Kirchturmes und die Einhaltung des Sicherheitsabstandes im Kirchturm. Ansonsten
besteht die Gefahr der unkontrollierten Ableitung von Blitzen, wodurch schwere
Schäden entstehen können.
Folgendes wird empfohlen:
· Es sollten Koordinierungsmaßnahmen zwischen dem Mobilfunkbetreiber und der
Kirchgemeinde verhandelt und verabredet werden, die eine Gefährdung bei direktem
oder indirektem Blitzschlag minimieren.
Hierfür ist eine Blitzschutzfachkraft zu konsultieren.
7. Auswirkungen von Mobilfunkstationen auf Tiere
Die Verpflichtung des Menschen, Tiere als Mitgeschöpfe zu schützen, fordert die
Beachtung der Lebensmöglichkeiten von Tieren, die den Wirkungen von
Sendeanlagen ausgesetzt sind.
Zu den schützenswerten Tieren, die an oder in einer Kirche leben, zählen:
Turmfalken, Eulen, Dohlen, Mauersegler und alle Fledermausarten.
Hochfrequente Felder beeinflussen tierische wie menschliche Organismen in
ähnlicher Weise: Bei den thermischen Wirkungen können sich Störungen
verschiedener Körperfunktionen bis hin zu inneren Verbrennungen äußern,
beispielsweise Störungen der Sehfunktion, des Stoffwechsels, der Drüsenaktivität,
des Herz-Kreislauf-Systems, des Immunsystems oder in der Fertilität und
Entwicklung.
Nichtthermische Wirkungen wurden bereits bei Leistungen beobachtet, die weit
unterhalb der thermischen Wirkungsschwelle liegen, beispielsweise Störung im
Calzium-Stoffwechsel in Zellkulturen, erhöhte Neigung zur Tumorbildung bei
Ratten, Schädigung von Hühnerembryonen, allgemeine Verhaltensstörungen bei
Tieren, Beeinflussung der Gehirnströme.
Die in der 26. Änderung zur Bundesimmissionsschutzverordnung (BIMSchV) festgelegten Grenzwerte gelten für Menschen. Die nichtthermischen und die thermischen Wirkungen sind jedoch bei Tieren auf Grund ihrer Körpergröße und ihres Gewichts anders zu beurteilen. Sie betreffen bei Mobilfunkstationen in Kirchtürmen Tiere, die sich ständig in der Nähe der Sendeanlage aufhalten. Gerade während sommerlicher Brutperioden können sich Langzeitbelastungen ergeben, die zu einer Schädigung der Brut führen. Zu beachten ist auch, daß innerhalb des Abstrahlsektors der Antenne vielfach erhöhte Leistungsflußdichten auftreten.
Folgendes wird empfohlen:
· Notwendige Abschirmungen sind vom Betreiber einer Anlage zu errichten bzw.
die Gefahrenzonen müssen für die Tiere unzugänglich gemacht werden (wobei dies
für den Bereich des Antennenabstrahlwinkels für fliegende Tiere nicht möglich
ist).
· Zu klären ist, ob in erheblichem Maße störende Geräusche (z.B. Ventilatoren)
auftreten, die die Tiere vertreiben.
· Entsprechend der Tierart dürfen in folgenden Zeiträumen keine Bau- und
Montagearbeiten ausgeführt werden:
Fledermäuse Anfang April bis Ende September
Schleiereulen Anfang März bis Ende August
Turmfalken Anfang April bis Mitte Juni
Dohlen Mitte März bis Ende Juni
Mauersegler Mitte Mai bis Mitte Juli
9. Der EKD-Mustervertrag
Für die zwischen dem Netzbetreiber und der Kirchgemeinde zu schließende
Vereinbarung ist der EKD-Mustervertrag bindend. Der Vetrag erlangt erst nach
Mitzeichnung durch das zuständige Kreiskirchenamt juristische Gültigkeit. Der
Vertrag kann beim entsprechenden Kreiskirchenamt angefordert werden.
Als Entgelt wird von den Netzbetreibern nach derzeitigem Kenntnisstand
· als Einmalzahlung zwischen 6 und 12 TDM und
· als Pacht jährlich zwischen 4 und 10 TDM gezahlt
Es sollte für die Einmalzahlung eine Summe nicht unter 6 TDM und als jährliche
Pacht ebenfalls eine Summe nicht unter 6 TDM angestrebt werden.