weitere infos sterben und sterbehilfe
Einleitung Begriffliche
Klärungen |
3 4 |
I. Das neue niederländische Sterbehilfegesetz im Kontext der
Debatte um die aktive freiwillige Sterbehilfe |
7 |
I.1. Inhalt, wichtigste Neuerungen und Ziele des Gesetzes I.2. Die Geschichte der niederländischen
Sterbehilfepolitik I.3. Zentrale ethische Denkfiguren in der Diskussion
um die Tötung auf Verlangen I.3.1. Prinzipielle Argumente I.3.1.1. Das Autonomieprinzip I.3.1.2. Das ärztliche Berufsethos I.3.1.3. Das Recht auf einen würdigen
Tod und der Wert des menschlichen Lebens I.3.2. Praxisorientierte Argumente I.3.2.1. Das Problem der Grenzfälle:
Regelung der Ausnahmen? I.3.2.2. Empirische Dammbruchargumente |
7 8 12 13 13 15 18 20 20 23 |
II. Die Diskussion um die aktive freiwillige Sterbehilfe in
theologischer Perspektive |
27 |
II.1. Kirchliche Stellungnahmen II.1.1. Niederlande II.1.1.1. Stellungnahmen der
Samen-op-Weg-Kirchen II.1.1.2. Stellungnahmen der römisch-katholischen
Bischofskonferenz II.1.2. Deutschland II.1.3. Auswertung und Vergleich II.2. Theologische Argumente für die Tötung
auf Verlangen II.2.1. Harry Kuitert: Der gewünschte
Tod II.2.2. Hans Küng: Menschenwürdig
Sterben II.2.3. Kritische Würdigung |
27 27 27 29 32 35 36 36 37 38 |
Inhalt
III. Die aktive freiwillige Sterbehilfe als ethisches Problem –
eine abschließende theologische Betrachtung
III.1. Der Beitrag der Theologie zur aktuellen Sterbehilfedebatte III.2. Praktische Konsequenzen III.2.1. Vermeidung von Grenzsituationen III.2.2. Zum rechtlichen Umgang mit
Tötungshandlungen in Grenzsituationen Schlusswort Literaturverzeichnis Kirchliche Stellungnahmen – Niederlande Kirchliche Stellungnahmen – Deutschland Anhang: Gesetz über die Kontrolle der
Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei
der Selbsttötung |
42 42 46 46 46 48 49 53 54 55 |
Einleitung
Am 1.April dieses Jahres trat in den Niederlanden
das Gesetz über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe
bei der Selbsttötung in Kraft.[1] Die Niederlande waren damit das erste europäische
Land, das die aktive ärztliche Sterbehilfe unter bestimmten Voraussetzungen
legalisiert hat.[2] Inzwischen ist Belgien diesem Beispiel gefolgt.
Bereits die Verabschiedung des genannten Gesetzes am 10.April 2001 hatte auch
in der deutschen Presse z.T. heftige Reaktionen hervorgerufen und die Debatte
um Sterbehilfe und Sterbebegleitung für kurze Zeit neu aufflammen lassen.
Erstaunlich ist dieser Sachverhalt insofern, als die neue gesetzliche Regelung
weniger die ärztliche Praxis in den Niederlanden als deren rechtlichen Status
zu betreffen scheint, wurde doch schon vor der Gesetzesnovelle unter bestimmten
Voraussetzungen davon abgesehen, Ärzte, die aktive Sterbehilfe geleistet
hatten, strafrechtlich zu verfolgen.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich
ausgehend von den jüngsten Entwicklungen in den Niederlanden mit dem ethischen
Problem der aktiven Sterbehilfe: Gibt es Fälle, in denen die intendierte Tötung
eines Menschen durch den Arzt als moralisch gerechtfertigt betrachtet werden
kann? Ist ärztliche Hilfe zur Selbsttötung angesichts unerträglichen Leidens
ein Gebot der Menschlichkeit und beinhaltet die Autonomie des Menschen als
integraler Bestandteil seiner Würde nicht ein Recht, über den Zeitpunkt des
eigenen Todes zu bestimmen? Oder gelangt das menschliche Selbstbestimmungsrecht
im Sterben an eine Grenze, an der die Unverfügbarkeit und Heiligkeit des Lebens
gewahrt und im Zweifelsfalle eben auch erlitten werden müssen? Muss die
teilweise Rechtfertigung der aktiven Sterbehilfe nicht einem ärztlichen,
familiären und gesellschaftlichen Missbrauch Tor und Tür öffnen? Diese und
andere Fragen sollen im Folgenden näher beleuchtet werden.
Der erste Teil der Arbeit stellt das
neue niederländische Gesetz in den Vordergrund und skizziert sowohl seine
Geschichte als auch die Hauptlinien der Debatte, die diese begleitet hat und
die mit dem Inkrafttreten des Gesetzes keineswegs beendet ist.[3]
Explizit theologische Argumente werden dabei bewusst außen vor gelassen. Ihnen
ist der zweite Teil der Arbeit gewidmet, der sich zunächst mit den offiziellen
Stellungnahmen der großen Kirchen in Deutschland und den Niederlanden zur
Sterbehilfe beschäftigt. Anschließend kommen zwei Theologen zu Wort, die das
Recht auf einen selbstbestimmten Tod in den letzten Jahren aus-drücklich
befürwortet haben. In Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen
theologischen Positionen wird besonders darauf zu achten sein, welchen
spezifischen Beitrag die Theologie über die auch anderswo anzutreffenden
Argumente hinaus für die Diskussion um die aktive Sterbehilfe leisten kann.
Begriffliche
Klärungen
Das ethische Problem der Sterbehilfe
umfasst weit mehr als die Tötung auf Verlangen und Beihilfe zur Selbsttötung,
wie sie in der niederländischen Gesetzesnovelle geregelt sind. Um
Missverständnissen vorzubeugen sollen hier die wichtigsten Differenzierungen in
der international z.T. unterschiedlich verwendeten Terminologie noch einmal
kurz erläutert und eine Sprachregelung für diese Arbeit festgelegt werden.
Grundsätzlich unterscheidet man die Hilfe
zum Sterben und die Hilfe im Sterben. Letztere wird auch als
Sterbebeistand bzw. Sterbebegleitung bezeichnet. Unter Sterbebegleitung
versteht man alle Formen der therapeutischen, pflegerischen, seelsorgerlichen
und mitmenschlichen Zuwendung zum Sterbenden, die nicht in unmittelbarem
ursächlichen Zusammenhang mit dessen Tod stehen.[4]
Sterbehilfe oder Euthanasie ist der Oberbegriff für
verschiedene Formen der Hilfe zum Sterben und bezeichnet einen „Akt des Tötens
bzw. Sterbenlassens eines schwer Leidenden oder Sterbenden durch einen anderen
Menschen [...], der stets das Wohl des Sterbenden bezwecken muss.”[5]
Dieser Begriff ist hinsichtlich der Art der Handlung, der Intention des
Handelnden sowie der Zustimmung des Betroffenen durch entsprechende Adjektive
zu präzisieren.
Die wichtigste und
zugleich umstrittenste Differenzierung des Sterbehilfebegriffs bildet die Aktiv-passiv-Unterscheidung.
Als aktive Sterbehilfe gilt demnach die „gezielte Lebensverkürzung durch Tötung
des Sterbenden”[6], wohingegen
unter passiver Sterbehilfe der „Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen beim
Todkranken”[7] verstanden
wird. Vor allem Befürworter der aktiven Sterbehilfe stellen diese
Unterscheidung z.T. in Frage, indem sie
auf das Mitleid mit dem Schwerkranken als übereinstimmendes Motiv, die Erlösung
von unerträglichem Leid als übereinstimmende Intention und den Tod des
Patienten als übereinstimmendes Resultat von aktiver und passiver Sterbehilfe
verweisen. Eine bewusst gewählte Unterlassung zähle als negative Bedingung zu
den Ursachen des Todes und sei moralisch genauso zu bewerten wie eine Handlung.[8]
Dieser Kritik ist
insofern Recht zu geben, als die gebräuchliche Nomenklatur zur Bezeichnung des
jeweils Gemeinten in der Tat ungeeignet erscheint. So kann die sogenannte
passive Sterbehilfe keineswegs mit Handlungsabstinenz gleichgesetzt werden. Die
Aktiv-passiv-Unterscheidung darf außerdem nicht dazu führen, dass die
Verantwortung für einen Behandlungsverzicht oder -abbruch bagatellisiert wird.
Dennoch gibt es
Gründe, die – jedenfalls hinsichtlich der bezeichneten Sachverhalte – für die
Beibehaltung einer solchen Differenzierung sprechen. Im Falle einer Tötung ist
das ärztliche Handeln in ausschließlicherer Weise als Todesursache zu
betrachten als dies bei einem Behandlungsabbruch der Fall ist. Zudem wird die
passive Sterbehilfe dem prämoralischen Sachverhalt gerecht, dass Menschen den
Tod in der Regel als Geschick erfahren und wahrnehmen, nicht aber als Tat.[9]
Vielleicht ist das der Grund dafür, dass die meisten Menschen intuitiv sehr
wohl zwischen Töten und Sterbenlassen unterscheiden. Da die gesetzliche Neuregelung
in den Niederlanden in ihrer Beschränkung auf die aktive Sterbehilfe die
Aktiv-passiv-Unterscheidung implizit voraussetzt, empfiehlt sich deren
Beibehaltung in dieser Arbeit auch aus praktischen Gründen.
Die Direkt-indirekt-Unterscheidung
bezieht sich auf die Intention, die dem lebensverkürzenden Handeln zugrunde
liegt. Wird die Verkürzung des Lebens als Nebenwirkung einer Behandlung
lediglich in Kauf genommen, nicht aber bezweckt, wie beispielsweise bei einer
schmerzlindernden Morphiumtherapie, so spricht man von indirekter Sterbehilfe.[10]
Auch diese Unterscheidung ist keineswegs unumstritten. Kritiker weisen vor
allem darauf hin, dass sich Intentionen jeglicher objektiven Kontrolle
entziehen, und daher jedenfalls als rechtliches Kriterium ungeeignet sind.
Damit ist jedoch ihre moralische Relevanz keineswegs widerlegt. Zudem spielt
die Handlungsintention in der Rechtsprechung durchaus eine Rolle.
Im Hinblick auf den Willen des bzw. der
Sterbenden müssen freiwillige, nicht-freiwillige und unfreiwillige
Sterbehilfe unterschieden werden. Von nicht-freiwilliger Sterbehilfe ist
dann die Rede, wenn der oder die Betroffene dauerhaft nicht bzw. nicht mehr in
der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen wie es zum Beispiel bei
schwerstgeschädigten Neugeborenen oder Komapatienten der Fall ist.
Unfreiwillige Sterbehilfe bezeichnet die Tötung eines entscheidungsfähigen
Menschen ohne oder gar gegen dessen ausdrücklichen Wunsch.[11]
Eine weitere Form der Sterbehilfe
stellt die Beihilfe zum Suizid dar. Sie unterscheidet sich von aktiver
und passiver Sterbehilfe dadurch, dass die „Tatherrschaft” beim Betroffenen
selbst liegt, während ein anderer lediglich die Mittel zur Selbsttötung
bereitstellt.[12]
Zuletzt sei noch auf eine Besonderheit
in der niederländischen Sprachregelung hingewiesen. Der Begriff der Euthanasie
ist dort für ein absichtlich lebensbeendendes Handeln durch eine andere als die
betroffene Person auf deren ausdrückliche Bitte hin reserviert und bezieht sich
damit nach der oben vorgestellten Nomenklatur ausschließlich auf die aktive
freiwillige Sterbehilfe, die auch als Tötung auf Verlangen bezeichnet wird.[13]
In Anbetracht der
Fülle der unter den Begriff Sterbehilfe fallenden Phänomene und der mit ihnen
verbundenen ethischen Fragen muss in der vorliegenden Arbeit eine Beschränkung
vorgenommen werden. Anknüpfend an das neue niederländische Sterbehilfegesetz
werde ich mich im Folgenden auf Probleme der aktiven freiwilligen Sterbehilfe
und der Beihilfe zum Suizid konzentrieren und beide zusammen als ärztlich
unterstütztes Sterben bezeichnen.[14]
Wenn die Auseinandersetzung mit der
Tötung auf Verlangen dabei im Vordergrund steht, so deshalb, weil sie
das komplexere ethische Problem darstellt.[15]
I. Das neue niederländische Sterbehilfegesetz im
Kontext der Debatte um die aktive freiwillige Sterbehilfe
I.1.
Inhalt, wichtigste Neuerungen und Ziele des Gesetzes
Das Gesetz über die Kontrolle der
Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung regelt
einen Ausnahmefall im Strafgesetzbuch, indem es lebensbeendendes Handeln und
Beihilfe zum Suizid durch den Arzt unter bestimmten Bedingungen für straffrei
erklärt. Tötung auf Verlangen und Hilfe zur Selbsttötung werden demnach nicht
gerichtlich geahndet, wenn der Arzt sich an die im Artikel 2 des Gesetzes
genannten Sorgfaltskriterien hält und dem örtlichen Leichenbeschauer gemäß
Artikel 7 Absatz 2 des Gesetzes über das Leichen- und Bestattungswesen
Meldung erstattet.[16]
Darüber hinaus enthält das Gesetz Bestimmungen zu Zusammensetzung, Aufgaben und
Arbeitsweise von fünf regionalen Kontrollkommissionen, die das ärztliche
Handeln anhand der gesetzlich festgelegten Bedingungen prüfen sollen.[17]
Im Kontext der ethischen Debatte sind
besonders die erwähnten Sorgfaltskriterien von Belang. Sie beziehen sich im
Wesentlichen auf die Art der Bitte um Sterbehilfe, den Zustand des Patienten,
die Beratungspflicht des Arztes mit mindestens einem Fachkollegen, sowie die
medizinisch sorgfältige Ausführung der Tötung auf Verlangen bzw. der Beihilfe
zum Suizid. Der Arzt ist demzufolge nur dann zur Sterbehilfe im Sinne des
Gesetzes berechtigt, wenn er zu der Überzeugung gelangt ist, dass die Bitte des
Patienten freiwillig und aufgrund reiflicher Überlegung sowie ausreichender
Information über seinen Zustand und seine Behandlungs-möglichkeiten zustande
gekommen ist. Darüber hinaus muss sich der Patient in einer aussichtslosen und
unerträglichen gesundheitlichen Lage befinden.
Vorab verfasste schriftliche
Patientenverfügungen werden durch die neuen Bestimmungen ausdrücklich
anerkannt, wobei ihre Befolgung den gleichen Bedingungen unterliegt wie die
aktuelle mündliche Bitte. Auf den Status einer Sterbehilfebitte von
Minderjährigen im Alter von 12 bis 17 Jahren geht das Gesetz gesondert ein.[18]
Die hier in groben Zügen skizzierte
gesetzliche Neuregelung ändert die bisher in den Niederlanden gebräuchliche
Praxis kaum, stellt diese aber auf eine neue Grundlage. Durch die
Ausnahmebestimmungen im Strafgesetzbuch werden diejenigen Fälle von aktiver
Sterbehilfe und Beihilfe zum Suizid, in denen bereits vorher von
Strafverfolgung abgesehen werden konnte, nun ausdrücklich legalisiert. Dadurch
soll gewissenhaftes und medizinisch sorgfälti-ges Handeln im Zusammenhang der
Sterbehilfe entkriminalisiert und den betreffenden Ärzten mehr Rechtssicherheit
zugebilligt werden. Gleichzeitig soll die gesetzliche Verankerung der
Sorgfaltskriterien die Patienten vor einem Missbrauch der ärztlichen
Sterbehilfe schützen. Die seit 1998 arbeitenden regionalen Kontrollkommissionen
erhalten durch ihre neue rechtliche Grundlage einen höheren Stellenwert.
Nach Aussage der betreffenden
Ministerien zielt das Gesetz damit insgesamt auf größt-mögliche Offenheit und
Kontrollierbarkeit und soll das sorgfältige Handeln der Ärzte fördern.[19]
I.2. Die Geschichte
der niederländischen Sterbehilfepolitik[20]
Das Gesetz über die Kontrolle der
Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung ist das
Ergebnis einer ca. 30jährigen Geschichte, in der das Thema Sterbehilfe in einem
komplizierten Spannungsgefüge von Recht, Medizin und Politik diskutiert wurde.
Damit ist die niederländische Auseinandersetzung mit der Euthanasieproblematik
vergleichs-weise jung.[21]
Zudem ist zu beachten, dass die Debatte –
anders als in Deutschland – nicht vor dem Hintergrund eines
verbrecherischen Sterbehilfemissbrauches in der Vergangenheit stattfand, also
geschichtlich weniger belastet war.[22]
Um 1970 erhielt die Diskussion einen
theoretischen und einen praktischen Anstoß. 1969 erschien in den Niederlanden
ein Buch mit dem Titel Medizinische Macht und medizinische Ethik, das
heftige Reaktionen in der Öffentlichkeit auslöste.[23]
Sein Autor Jan Hendrik van den Berg vertrat die Ansicht, dass sich die
ärztliche Lebenserhaltungspflicht vor dem Hintergrund des medizinisch-technischen
Fortschritts nicht mehr allein an den Möglichkeiten, sondern am Sinn weiterer
Behandlung orientieren solle. Wenn medizinische Maßnahmen nicht länger sinnvoll
erschienen, könne der Arzt das Leben des Patienten durch Behandlungsabbruch
bzw. Tötung beenden.
Für weiteren Zündstoff sorgte vier
Jahre später ein spektakulärer Prozess. Die Ärztin Postma wurde durch das
Gericht von Leeuwarden zu einer Gefängnisstrafe von einer Wochen auf Bewährung
verurteilt, nachdem sie ihre sterbenskranke Mutter auf deren ausdrückliche
Bitte hin mit einer Überdosis Morphium getötet und anschließend darüber Meldung
erstattet hatte. Im Laufe der Verhandlungen brachte ein als Zeuge beteiligter
Gesundheitsinspektor erstmals bestimmte Bedingungen ins Spiel, unter denen
aktive ärztliche Sterbehilfe zulässig sein sollte. Als solche nannte er das
aussichtslose, unerträgliche Leiden der Verstorbenen, ihre ausdrückliche Bitte
um Sterbehilfe und ihren ohnehin kurz bevorstehenden Tod. Indem sich das
Gericht zur Begründung seines milden Urteils weitgehend auf diese Kriterien
berief, schuf es einen für die folgende Entwicklung wichtigen Präzedenzfall.[24]
Im Zusammenhang des Postma-Falles
hatten sich verschiedene Personen des öffentlichen Lebens zur ärztlichen Praxis
der Tötung auf Verlangen bekannt. Die dadurch angestoßene Debatte, an der sich
alle bedeutenden gesellschaftlichen Gruppierungen beteiligten, war durch eine
wachsende Zustimmung zum ärztlich unterstützten Sterben gekennzeichnet.[25]
Dabei verlief die Trennlinie zwischen Gegnern und Befürwortern quer durch alle
sozialen Gruppen und Parteien mit Ausnahme der Christdemokraten, die eine
konsequent ablehnende Haltung vertraten.
Seit 1974 bemühte sich die
niederländische Ärztevereinigung[26]
in Zusammenarbeit mit dem Justizministerium um eine verbindliche Formulierung
der Bedingungen, unter denen Tötung auf Verlangen und Beihilfe zum Suizid durch
einen Arzt nicht bestraft werden sollten. Zehn Jahre darauf veröffentlichte die
niederländische Ärzteschaft eine erste Grundsatzerklärung mit den von ihr
erarbeiteten Sorgfaltskriterien, die wiederum ein Jahr später vom
Justiz-ministerium ausdrücklich anerkannt wurden.[27]
In den 80er Jahren begann man, über
eine bedingte Legalisierung der aktiven ärztlichen Sterbehilfe zu diskutieren.
Es war jedoch wiederum ein Aufsehen erregender Prozess, der den rechtlichen
Umgang mit diesem Problem für lange Zeit bestimmen sollte. Im sogenannten
Schoonheim-Fall berief sich der Oberste Gerichtshof zur Begründung eines
Freispruchs auf den im niederländischen Strafgesetzbuch verankerten Notstand.[28]
Die Anwendung des Notstandsparagraphen wurde damit begründet, dass der
betreffende Arzt aus einem unlös-baren Pflichtenkonflikt heraus gehandelt habe,
da sowohl Lebenserhaltung als auch Leidens-minderung zu seinen beruflichen
Aufgaben gehörten. Die seit dem Postma-Urteil in der Rechtsprechung verwendeten
Sorgfaltskriterien wurden damit nicht einfach gegenstandslos, sondern dienten
nun dazu, das Vorliegen eines Notstandes glaubhaft zu machen. Die gerichtliche
Entscheidung im Schoonheim-Fall hatte Modellcharakter und prägte den
rechtlichen Umgang mit dem ärztlich unterstützten Sterben bis hin zur jüngsten
gesetzlichen Neuregelung.
Mitte der 80er Jahre gab es erste
konkrete Vorschläge, die bedingte Straffreiheit für Ärzte, die aktive
Sterbehilfe geleistet hatten, gesetzlich zu verankern. Diese konnten sich
jedoch nicht durchsetzen. Die 1989 neu gewählte Regierung beschloss, ihre
weiteren Überlegungen zum Umgang mit der Sterbehilfe von empirischen Daten
abhängig zu machen und gab 1990 eine entsprechende Studie in Auftrag.
Gleichzeitig wurde eine spezielle Meldeprozedur eingeführt, um das Verfahren in
Fällen aktiver Sterbehilfe zu vereinheitlichen.[29]
1991 veröffentlichte die nach ihrem
Vorsitzenden benannte Remmelink-Kommission ihre Ergebnisse.[30]
Diese zeigten unter anderem, dass die Bereitschaft, einer Sterbehilfebitte
unter bestimmten Bedingungen Folge zu leisten, in der Ärzteschaft weit
verbreitet war (88%). Mehr als die Hälfte der befragten Ärzte (54%) gab an,
einer solchen Bitte schon einmal entsprochen zu haben. Gleichzeitig ergab die
Studie, dass nur 18% der Fälle von Tötung auf Verlangen und medizinisch
assistiertem Suizid gemeldet worden waren.
In Folge des Remmelink-Berichtes kam es
1994 zu einer ersten Gesetzesänderung. Die 1990 eingeführte Meldeprozedur wurde
in Artikel 10 des Bestattungsgesetzes verankert. Am strafrechtlichen Status der
Sterbehilfe änderte sich dadurch zwar nichts, dennoch bedeutete die gesetzliche
Regelung des Verfahrens für einen de jure immer noch strafbaren Tatbestand de
facto eine gewisse Entkriminalisierung. Auf diese Weise sollte die
Meldebereitschaft der Ärzte und damit die Transparenz und Kontrollierbarkeit
des ärztlich assistierten Sterbens erhöht werden, um so letztlich die Sorgfalt
bei medizinischen Entscheidungen am Lebensende fördern.[31]
Eine wichtige Rolle für die Beurteilung
psychischen Leidens im Kontext der Sterbehilfe spielte der Fall Chabot, der
1994 verhandelt wurde. Dabei erkannte das höchste Gericht unerträgliches Leiden
ohne körperliche Ursachen als mögliche Motivation einer Sterbehilfe-bitte an.
Es befand, dass der Sterbewunsch psychisch Kranker nicht automatisch selbst als
krankhaft bewertet werden könne und daher auch nicht generell zurückzuweisen
sei. Gleichzeitig forderte das Gericht aber besondere Sorgfalt bei der
Entscheidung in solchen Fällen.
1995 gab die Regierung eine neue Studie
in Auftrag, mit deren Hilfe die gesetzliche Neuregelung von 1994 evaluiert
werden sollte. Sie erbrachte unter anderem die folgenden Ergebnisse:[32]
Die Anzahl der Fälle, in denen eine Tötung auf Verlangen ausgeführt worden war,
hatte sich von ca. 1,8% aller Sterbefälle 1990 auf ca. 2,4% 1995 erhöht. Die
Häufigkeit des medizinisch assistierten Suizids war mit ca. 0,3% gleich
geblieben. Insgesamt war der Anteil, in dem die Bitte um Sterbehilfe erfüllt
wurde von ca. 30% auf ca. 37% gestiegen. Bei den Fällen einer Tötung ohne Bitte
war ein leichter Rückgang um ca. 0,1% zu verzeichnen.[33]
Die ärztliche Bereitschaft zur aktiven Sterbehilfe hatte sich offenbar kaum
verändert. Dagegen war die Zahl der Meldungen um 23% auf 41% gestiegen. Als
Grund dafür, einen Sterbehilfefall nicht zu melden, nannten die meisten Ärzte
die drohenden Unannehmlich-keiten für sich und für die Angehörigen des bzw. der
Verstorbenen.[34]
Diese Untersuchungsergebnisse wurden
und werden von den Gegnern und Befürwortern des ärztlich unterstützten Sterbens
unterschiedlich interpretiert. Im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung von
1994 war das Ergebnis der Studie ambivalent. Die Meldebereitschaft hatte sich
zwar deutlich erhöht, und damit auch die Transparenz der gemeldeten Fälle, der
größte zahlenmäßige Anstieg war dabei jedoch 1991/92 zu verzeichnen gewesen. Er
konnte also nicht auf die gesetzliche Verankerung des Meldeverfahrens zurückgeführt
werden. Zudem war die Mehrzahl der Fälle, vor allem diejenigen einer Tötung
ohne Bitte, nach wie vor nicht gemeldet worden. Positiv konnte festgestellt
werden, dass die Sorgfaltskriterien im Hinblick auf die Sterbehilfe unter den
Ärzten nicht nur weitgehend bekannt waren, sondern auch genauer als vor der
Einführung der Meldeprozedur eingehalten wurden.
Als Reaktion auf diese Ergebnisse
wurden in den folgenden Jahren verschiedene Schritte unternommen, um die
Transparenz und die Qualität der medizinischen Entscheidungen am Lebensende
weiter zu verbessern. Seit 1997 unterstützt die niederländische Regierung
besondere Ausbildungsprogramme, in denen Ärzte als kompetente Berater für ihre
Kollegen in Fragen der Sterbehilfe geschult werden. 1998 wurde ein neues
Meldeverfahren eingeführt. Fünf regionale Kontrollkommissionen, in denen
jeweils ein Jurist, ein Mediziner und ein Sachverständiger auf dem Gebiet der
Ethik zusammenarbeiten, prüfen seitdem die Fälle ärztlich unterstützten
Sterbens.[35] Die
Kommissionen dienen einerseits als eine Art Puffer zwischen Arzt und Justiz und
sollen die Meldebereitschaft der Ärzte fördern. Andererseits soll durch
kompetente Rücksprache mit dem Arzt die Qualität der medizinischen
Entscheidungen am Lebensende erhöht werden. Für Fälle aktiver Sterbehilfe ohne
ausdrückliche Bitte des Patienten wurde ein gesondertes Meldeverfahren
eingeführt.
Noch vor einer empirischen Auswertung
der Konsequenzen dieser Neuregelungen wurde 1999 der Entwurf präsentiert, der
dem Gesetz über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der
Hilfe bei der Selbsttötung im Wesentlichen zugrunde liegt. Das neue Gesetz
fixiert eine rechtliche Praxis, die sich ausgehend von einigen wichtigen
Präzedenz-fällen immer weiter etabliert hat und die von weiten Teilen der
niederländischen Bevölkerung moralisch gutgeheißen wird.[36]
I.3.
Zentrale ethische Denkfiguren in der Diskussion um die Tötung auf Verlangen
Die skizzierte Entwicklung des Umgangs
mit der Sterbehilfe in den Niederlanden lässt sich in drei Phasen einteilen. [37]
Auf eine Phase der Konfrontation zu Beginn der 70er Jahre, in der um die
moralische Zulässigkeit des ärztlich unterstützten Sterbens gestritten wurde,
folgte eine Phase der zunehmenden Akzeptanz. Die bedingte Legalisierung der
Tötung auf Verlangen wurde zum Thema. Seit Beginn der 90er Jahre stehen
praktische Probleme im Mittelpunkt. Die Hauptfrage scheint nicht mehr zu sein, ob
aktive Sterbehilfe – unter bestimmten Bedingungen – überhaupt zulässig ist,
sondern wie diese Bedingungen genau auszusehen haben und möglichst klar
umrissen werden können. Man sucht nach geeigneten Wegen, einen Missbrauch zu
verhindern und die Qualität des ärztlichen Handelns, sowohl hinsichtlich der
Entscheidungsfindung als auch beim konkreten Vollzug der Sterbehilfe zu
verbessern. Das ärztlich unterstütze Sterben befindet sich in einer Phase der
Integration.[38]
Die verschiedenen Etappen der
Diskussion haben ihren Niederschlag in den Sorgfaltskriterien gefunden, die im
Artikel 2 des neuen Gesetzes festgelegt sind. In den ersten beiden der
insgesamt sechs Kriterien, die sich mit der Bitte und dem Zustand des Patienten
befassen, scheinen wichtige Argumente der Grundsatzdebatte um die Zulässigkeit
der Sterbehilfe durch, während die letzten beiden Kriterien – zur Konsultation
eines Fachkollegen und zur Durchführung der Sterbehilfe – eher
verfahrenstechnischen Charakter tragen.[39]
Im Folgenden sollen nun diejenigen
ethischen Denkfiguren, auf die im Zusammenhang der Tötung auf Verlangen am häufigsten
Bezug genommen wird, vorgestellt und hinsichtlich ihrer Stärken und Schwächen
näher beleuchtet werden.[40]
Nach Markus Zimmerman-Acklin lassen sich drei Argumentationsebenen
unterscheiden:[41]
·
Auf der prinzipiellen
Ebene spielen die Autonomie des Patienten, das ärztliche Berufsethos und
das Recht auf ein Sterben in Würde eine prominente Rolle. Die Praxis gerät
dabei kaum in den Blick.
·
Die Argumente auf der Ebene
der sozialen Prozesse orientieren sich dagegen stark an der empirischen
Wirklichkeit. Gibt es ausweglose Situationen, in denen eine Tötung auf
Verlangen als ein Akt des Mitleids zu rechtfertigen ist?
Sogenannte Dammbruchargumente, die auf
die möglichen oder notwendigen verheerenden Folgen einer partiellen Akzeptanz
der aktiven Sterbehilfe verweisen, haben sowohl auf der prinzipiellen als auch
auf der praktischen Ebene der sozialen Prozesse ihren Platz.
Die prinzipielle und die praktische
Ebene spiegeln das Verhältnis von normativer und angewandter Ethik wider.
Während auf der prinzipiellen Ebene die Relevanz bestimmter ethischer
Prinzipien im Hinblick auf die aktive freiwillige Sterbehilfe geprüft wird,
geht es auf der praktischen Ebene um die verantwortliche Entscheidung in ganz
konkreten Fällen.
·
Auf der Handlungsebene,
die hinsichtlich ihres Praxisbezuges zwischen den beiden anderen Ebenen liegt,
wird die moralische Relevanz der Aktiv-passiv- bzw. der Direkt-indirekt-
Unterscheidung diskutiert. Die Befürworter der Tötung auf Verlangen bestreiten
diese häufig mit dem Ziel, den Kreis der erlaubten Handlungen im
Analogieverfahren auszuweiten.[42]
Freilich könnte auf die gleiche Weise auch der Geltungsbereich der
entsprechenden Verbote ausgedehnt werden. Auf der Handlungsebene geht es also
weniger um die moralische Urteilsfindung in einem konkreten Fall als um die
Reichweite moralischer Urteile.[43]
I.3.1.
Prinzipielle Argumente
I.3.1.1.
Das Autonomieprinzip
Befürworter der Tötung auf Verlangen
berufen sich häufig auf das unbedingte Selbst-bestimmungsrecht eines jeden
Menschen. Die Entscheidungen des Einzelnen seien nicht nur hinsichtlich seines
Lebens, sondern auch in Bezug auf sein Sterben zu respektieren. Aus der
Autonomie des Patienten ergeben sich damit zunächst bestimmte Freiheitsrechte.
Kritiker machen nun aber darauf aufmerksam, dass ein so verstandenes
Autonomieprinzip zwar die Akzeptanz des Todes- bzw. Tötungswunsches oder auch
das Nicht-Eingreifen bei einem Selbstmord rechtfertigen kann. Da jedoch die
Autonomie an der Freiheit anderer ihre Grenze habe, könne der Arzt auf der
Grundlage dieses Prinzips nicht zur Erfüllung der Sterbehilfebitte verpflichtet
werden. Das ist nach dem niederländischen Gesetz auch keineswegs der Fall. Die
Frage ist, ob die Berufung auf die Bitte des Patienten für das ärztliche
Handeln einen ausreichenden Rechtfertigungsgrund darstellt. Kann der Arzt als
autonomes, moralisches Wesen sein Handeln ausschließlich von der Bitte des
Patienten bestimmt sein lassen? Radikale Befürworter der Tötung auf Verlangen
wie die Niederländische Gesellschaft für freiwillige Euthanasie bejahten
zu Beginn der 90er Jahre diese Frage und sprachen sich für eine möglichst
geringe Regulierung der Sterbehilfe aus.[44]
Dem ausschließlichen Geltungsanspruch
des Autonomieprinzips als Grundlage der ethischen Entscheidung liegt ein stark
rational und individualistisch geprägtes Menschenbild zugrunde. Die Frage ist,
inwieweit ein solches Menschenbild der Wirklichkeit gerecht zu werden vermag,
scheint es doch die Körperlichkeit und Sozialität des menschlichen Lebens
völlig außer Acht zu lassen.[45]
Wir treffen unsere Entscheidungen nicht im luftleeren Raum sondern immer in
einem ganz bestimmten Kontext. Selbst wer dem Menschen Autonomie als
anthropologische Grundkategorie generell zuschreiben will, muss zugeben, dass
die Fähigkeit zu autonomen Entscheidungen faktisch in unterschiedlichen Graden
vorkommen kann.[46] Unsere
Entscheidungsfreiheit hängt zum Beispiel davon ab, über welche Informationen
wir verfügen, welchen äußeren oder inneren Zwängen wir ausgesetzt sind und in
welchem Maße wir zum fraglichen Zeitpunkt rational ansprechbar sind. So kann
eine Bitte um Sterbehilfe dadurch begründet sein, dass der Betreffende
mangelhaft über die bestehenden Möglichkeiten zur Schmerzlinderung aufgeklärt
ist, dass er den Vorwurf seiner Umgebung spürt, wegen der Arbeit, die er
anderen macht, oder dass er durch vorübergehende starke Schmerzen nicht in der
Lage ist, seine Heilungsaussichten realistisch einzuschätzen. Eine
Entscheidung, die nach außen autonom erscheint, kann außerdem von
gesellschaftlichen Urteilen beeinflusst sein. Kritiker der Tötung auf Verlangen
befürchten, dass eine einseitige Betonung der Autonomie gerade den Schwächeren
in der Gesellschaft zum Verhängnis werden kann. Sie stellen dem
Autonomieprinzip deshalb das Fürsorgeprinzip an die Seite.[47]
Grundsätzliche Fragen stellen sich auch
hinsichtlich der Reichweite des menschlichen Selbstbestimmungsrechtes. Kann die
Autonomie soweit gehen, dass sie sich gegen ihr eigenes Subjekt richtet? Wie
kann eine Tötung auf Verlangen mit dem Respekt vor der Autonomie des Getöteten
begründet werden, wenn sie gleichzeitig ihn selbst als den Träger der freien
Selbstbestimmung vernichtet?[48]
I.3.1.2.
Das ärztliche Berufsethos
Die Gegner der Tötung auf Verlangen,
aber auch ihre meisten Befürworter sehen im Respekt vor der Autonomie des
Patienten nicht den einzigen und ausreichenden Rechtfertigungsgrund für einen
so gravierenden ärztlichen Eingriff. Der Arzt ist in seinem Handeln nicht nur
dem Patientenwillen, sondern auch bestimmten professionellen Normen
verpflichtet. Zwar darf – in Achtung
seiner Freiheitsrechte – kein Patient gegen seinen Willen behandelt werden. Zur
Begründung eines Eingriffs reicht es jedoch nicht aus, auf den Wunsch des
Patienten zu verweisen. Das ärztliche Handeln muss auf der Grundlage
anerkannter medizinischer Standards verantwortet werden können.
Zu den Pflichten des Arztes gehört es
nun einerseits, das krankheitsbedingte Leiden seiner Patienten zu bekämpfen.
Zum anderen muss der Arzt Leben retten und erhalten.[49]
In den meisten Fällen liegen diese beiden Aufgaben eng beieinander. Das Problem
der Tötung auf Verlangen stellt sich immer dann, wenn die genannten ärztlichen
Pflichten miteinander in Konflikt geraten. Sind alle Behandlungsmöglichkeiten
ausgeschöpft und befindet sich der Patient dennoch und ohne Aussicht auf
Verbesserung in einem unerträglichen Zustand, dann – so meinen Befürworter der
Tötung auf Verlangen – könne der Arzt nur noch einer seiner beiden Aufgaben
nachkommen.[50]
Lebenserhaltung bedeute in diesem Falle eine Verlängerung des Leidens, während
die einzige Möglichkeit, dem Leiden beizukommen, darin bestehe, das Leben des
Patienten zu beenden. Dazu sei der Arzt freilich nur dann berechtigt, wenn der
Betroffene dies ausdrücklich wünsche. Die Zulässigkeit der – nicht die
Verpflichtung zur Tötung auf Verlangen wird also vom ärztlichen Berufsethos her
mit einem Pflichtenkonflikt begründet.[51]
Kritiker der aktiven freiwilligen
Sterbehilfe weisen dagegen darauf hin, dass die beiden genannten ärztlichen Pflichten
keineswegs als absolut zu verstehen sind. Sowohl die medizinischen
Möglichkeiten zum Erhalt des Lebens als auch die zur Leidensminderung sind
begrenzt. Der Tod lässt sich nicht vermeiden. Der Arzt soll die Schmerzen
seiner Patienten zwar nach Kräften lindern, eine völlige Befreiung von Leiden
ist mit menschlichen Mitteln jedoch schlechterdings nicht zu erreichen. Auch
die Tötung auf Verlangen bietet hier keine überzeugende Lösung. Der Leidende
wird durch sie ja nicht von seinem Leiden, sondern von sich selbst befreit. Wie
aber ist eine Befreiung zu verstehen, für die es am Ende kein Subjekt mehr
gibt?
Der Medizin sind also Grenzen gesetzt.
Es würde eine Überforderung bedeuten, wollte man den Ärzten die Verantwortung
für nicht zu linderndes Leid oder den unvermeidbaren Tod übertragen.[52]
Angesichts des heutigen
Entwicklungsstandes stellt sich nun jedoch die Frage, ob die
medizinisch-technischen Möglichkeiten einen ethisch verantwortbaren Maßstab für
die ärztliche Pflicht zur Lebenserhaltung bieten können. Diese scheint oft zur
reinen Leidens-verlängerung zu werden, so dass gerade Kritiker der aktiven
Sterbehilfe eine sinnvolle Begrenzung der lebenserhaltenden Maßnahmen – unter
Berücksichtigung des (mutmaßlichen) Patientenwillens – fordern. Die Befürworter
der Tötung auf Verlangen werfen ihren Gegnern an diesem Punkt Inkonsequenz vor.
Wie ist es zu rechtfertigen, dass im Falle einer Sterbehilfebitte der
Lebensschutz Vorrang vor der Leidensminderung zu haben scheint, während ein
Behandlungsabbruch, der das Leben definitiv verkürzt, damit begründet wird,
dass dadurch weiteres Leiden vermieden werden soll? Die Kohärenz einer solchen
Position hängt davon ab, ob man die Unterscheidung zwischen aktiver und
passiver Sterbehilfe für moralisch relevant hält oder nicht.
Die Befürworter dieser Unterscheidung
weisen darauf hin, dass der Arzt nicht für das gesundheitliche Schicksal seiner
Patienten verantwortlich gemacht werden könne. Er sei zwar dazu verpflichtet,
Kranken zu helfen. Ein medizinischer Eingriff sei aber nur dann
gerecht-fertigt, wenn er dem Patienten voraussichtlich mehr nutze als schade.
Im Zweifelsfalle sei von einer Behandlung abzusehen.[53]
Auf diese Weise würden die Grenzen der Medizin in angemessener Weise
respektiert.
Im Falle der aktiven Sterbehilfe ist es
die Tötung, die medizinisch verantwortet werden muss. Kritiker sehen in einem
solchen Eingriff den verzweifelten Versuch, die Macht der Medizin angesichts
unstillbaren Leidens zu behaupten. Die Grenzen ärztlichen Handelns werden damit
gerade verkannt.[54]
Zusammenfassend lassen sich zwei
Positionen unterscheiden:
Für die Gegner der aktiven freiwilligen
Sterbehilfe stellt die Tötung auf Verlangen eine Grenzüberschreitung seitens
der Medizin dar, die sich nicht durch die Berufung auf ärztliche Pflichten
rechtfertigen lässt.[55]
Eine partielle Zulässigkeit der Lebensbeendigung durch den Arzt werde sich in
fataler Weise auf die Moral der Ärzteschaft auswirken, da eine Ethik der
Lebenserhaltung und eine Ethik der Lebensbeendigung psychologisch nicht miteinander
zu vereinbaren seien.[56]
Zudem werde das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient erheblich
belastet, wenn Schwerkranke wüssten, dass die behandelnden Ärzte einer Tötung
auf Verlangen unter Umständen positiv gegenüber stehen.[57]
Befürworter begründen die Zulässigkeit
der aktiven freiwilligen Sterbehilfe mit einem Notstand, der die Tötung auf
Verlangen zwar nicht zur ärztlichen Pflicht, wohl aber zur Möglichkeit werden
lasse.[58]
Diese Position kommt auch in den
Sorgfaltskriterien des neuen niederländischen Gesetzes zum Ausdruck. Die ersten
vier Kriterien spiegeln das Bemühen wider, sowohl der Autonomie des Patienten
als auch der Verantwortung des Arztes gerecht zu werden. Der Arzt muss davon
überzeugt sein, dass es sich bei der Bitte des Patienten um eine freiwillige,
gut überlegte und informierte, also autonome Willensäußerung handelt. Der
Zustand des Patienten muss aussichtslos und unerträglich sein, das heißt den
oben beschriebenen Pflichtenkonflikt provozieren.
Die Kombination aus Selbstbestimmung
und ärztlicher Fürsorge ist nach wie vor umstritten. Die Gegner des
niederländischen Modells sind der Ansicht, dass der Vollzug der Sterbehilfe
letztlich mehr von der Entscheidung des Arztes als vom Willen des Patienten
abhängig sei. Sie befürchten eine Erosion des Autonomieprinzips zugunsten der
Fremdbestimmung durch den Arzt. In der äußeren Beurteilung der Bitte und des
Zustands des Patienten sehen sie einen gefährlichen Dammbruch vorgezeichnet.[59]
Dieser Dammbruch ist jedoch logisch nicht zwingend. In den Sorgfaltskriterien
stellen der ausdrückliche Wille des Betroffenen und das Urteil des Arztes keine
Alternativen zur Begründung der aktiven Sterbehilfe dar, sondern sie bilden
gleichermaßen notwendige Bedingungen für deren Straffreiheit. Die Tötung auf Verlangen
muss also sowohl durch die autonome Entscheidung des Patienten als auch durch
den Pflichtenkonflikt im ärztlichen Ethos gedeckt sein.[60]
I.3.1.3.
Das Recht auf einen würdigen Tod und der Wert des menschlichen Lebens[61]
Der Rekurs auf die Menschenwürde spielt
in der aktuellen Sterbehilfedebatte eine besondere Rolle. Bewegungen, die ein
Recht auf aktive freiwillige Sterbehilfe fordern, begründen dies damit, dass
die Würde eines jeden Menschen unbedingt zu achten sei. Das gleiche Argument
wird von anderen ins Feld geführt, um die Tötung auf Verlangen strikt
abzulehnen. Dieser scheinbare Widerspruch kann gelöst werden, wenn man die
jeweiligen Begründungs-zusammenhänge etwas näher beleuchtet.
Nach Meinung der Befürworter des
medizinisch unterstützten Sterbens sollte jeder Mensch das Recht haben, sein
Leben zu beenden bzw. beenden zu lassen, wenn er es nicht mehr für lebenswert
hält. Schwere Krankheit und Leiden können den Menschen seiner Würde berauben.
Wenn jemand einen solchen Zustand nicht, oder nicht länger ertragen wolle, dann
sei die Erfüllung seiner Sterbehilfebitte ein Gebot der Achtung seiner Würde.[62]
Eine solche Argumentation setzt voraus, dass Würde und Lebenswert an ganz
bestimmte verlierbare Eigenschaften des Menschen gebunden sind.[63] Eine positivistisch-empiristische Strömung
in der angelsächsischen Philosophie gibt diesem Würdebegriff sein Fundament.[64]
Ein anderes Konzept von Würde vertreten
die Gegner der Tötung auf Verlangen. Der Wert eines Menschenlebens ist nach
ihnen nicht an bestimmte Eigenschaften gebunden. Vielmehr eignet jedem Menschen
als solchem eine unverlierbare Würde.[65]
Die Forderung nach einem menschenwürdigen Sterben kann daher nicht bedeuten,
dass ein vermeintlicher Würdeverlust durch
Krankheit und Leiden abgewendet oder zur Not durch Tötung verhindert
wird. Ein solcher Würdeverlust ist nach diesem Konzept unmöglich. Die Achtung
der Würde eines Menschen zeigt sich vielmehr im menschenwürdigen Umgang mit
Kranken und Sterbenden.[66]
Auf dem Hintergrund dieses Würdebegriffs sind negative Lebenswerturteile –
sowohl aus der Binnenperspektive als auch von außen – grundsätzlich unzulässig.
Insofern die Tötung auf Verlangen auf einem solchen negativen Lebenswerturteil
basiert, stellt sie eine Leugnung der unverlierbaren Würde des Menschen dar.[67]
Kritiker der aktiven freiwilligen Sterbehilfe sehen hier die Gefahr eines
schwerwiegenden Dammbruchs. Auf welcher Grundlage lassen sich Lebenswerturteile
durch Dritte verbieten, wenn die prinzipielle Möglichkeit, solche Urteile zu
fällen, anerkannt wird? Durch die Infragestellung des universalen Würdebegriffs
sei die menschliche Solidargemeinschaft ernsthaft gefährdet.[68]
Der beschriebene Widerspruch wurzelt
also in zwei unterschiedlichen Würdekonzeptionen, die in der Diskussion relativ
unvermittelt nebeneinander stehen bleiben. Gegner des universalen
Menschenwürdebegriffs werfen seinen Vertretern vor, dass eine solche Position
nicht rational begründbar sei. Sie beruhe auf einer überholten religiösen
Weltanschauung, die ihre gesellschaftliche Bindungskraft längst verloren habe.
Ohne die transzendente Begründung entpuppe sich die Behauptung einer
unverlierbaren Menschenwürde, die dem Menschen allein aufgrund seines
Menschseins zukomme, als purer Speziezismus.[69]
In der Tat erscheint das Postulat der unverlierbaren
Würde des Menschen jenseits der Religion als bloße menschliche Setzung, die als
solche grundsätzlich zur Disposition steht und durch überzeugendere Konzepte
abgelöst werden kann. Darin unterscheidet sie sich jedoch nicht von
alternativen Entwürfen. Es ist nämlich nicht ohne weiteres ersichtlich,
inwiefern eine Zuschreibung von Würde aufgrund eines bestimmten
Bewusstseinsgrades rational einsichtiger sein soll als ein an die menschliche
Gattung gebundener Würdebegriff.[70]
Die Werte, die wir unserem Handeln
zugrunde legen, lassen sich scheinbar nicht rein rational begründen. Es ist
eine Frage des Blickwinkels, ob die Setzung einer universalen Menschen-würde
als überholte Konvention oder als Errungenschaft bewertet wird.[71]
Ihre Aufhebung würde allerdings einer kulturellen Revolution gleichkommen. Die
Unantastbarkeit der Menschenwürde bildet den vielleicht wesentlichsten
Grundsatz unserer gesamten Rechts-ordnung.[72]
Trotz seines undemokratischen Charakters wurde dieser Grundsatz seit dem
Bestehen unserer Verfassung nie ernsthaft in Frage gestellt. Ein vergleichbarer
gesellschaftlicher Konsens dürfte so schnell nicht wieder zu erreichen sein.[73]
Man kann die rationale Begründbarkeit
der universalen Menschenwürde in Frage stellen. Mit der Aufgabe dieses fundamentalen
Prinzips ist jedoch noch nichts gewonnen. Es müssten andere, bessere
Wertmaßstäbe gefunden werden und nichts scheint zu garantieren, dass der Kreis
der ethischen Verantwortung in einem solchen Wertediskurs nicht enger statt
weiter gezogen wird.[74]
Ob diese Vermutung berechtigt ist, lässt sich im Vorhinein nicht beweisen. Hier
kann nur darauf hingewiesen werden, dass zwischen der Haltung zur aktiven
Sterbehilfe und dem Verständnis der menschlichen Würde ein Zusammenhang
besteht. Die Anerkennung negativer
Lebenswerturteile, die der Tötung auf Verlangen nicht selten zugrunde liegt,
lässt sich mit dem im Grundgesetz verankerten Prinzip einer universalen,
unverlierbaren Menschenwürde nicht vereinbaren.[75]
I.3.2.
Praxisorientierte Argumente
Der Streit um die moralische
Zulässigkeit der aktiven freiwilligen Sterbehilfe lässt sich auf der
prinzipiellen Ebene nicht entscheiden. Ob die Sterbehilfe als eine ethisch zu
verantwor-tende bzw. zu befürwortende Möglichkeit bewertet wird, hängt unter anderem
vom jeweiligen Verständnis der Begriffe Autonomie und Menschenwürde ab und
berührt damit weltanschauliche Fragen. Nun berufen sich die Betroffenen selbst
seltener, als man vermuten könnte, auf diese Prinzipien.[76]
Im Falle einer aktuellen Sterbehilfebitte scheint der unerträgliche Zustand des
Kranken eine weit größere Rolle zu spielen als die Verteidigung seiner
Entscheidungsfreiheit oder der Rekurs auf die Menschenwürde. Auch die
niederlän-dische Rechtspraxis ist nicht das Resultat einer rein theoretisch
geführten normativen Debatte. Ihren Ausgangspunkt bildeten vielmehr konkrete
Fälle, Grenzsituationen, in denen Ärzte Sterbehilfe geleistet hatten und die
eine gerichtliche Beurteilung verlangten. Probleme in der Praxis gingen also
der theoretischen Reflexion voraus.[77]
I.3.2.1.
Das Problem der Grenzfälle: Regelung der Ausnahmen?
In der Debatte um die aktive
Sterbehilfe wird immer wieder auf mögliche Alternativen hingewiesen. Ein Ausbau
der palliativen Versorgung und eine optimale Hilfe im Sterben, wie sie
z.B. in Hospizen geleistet wird, sollen die Hilfe zum Sterben obsolet
machen. In der Tat bietet sich hier eine Möglichkeit des gemeinsamen
Engagements der Gegner und Befürworter der Tötung auf Verlangen. Aber auch wenn
die Zahl der Sterbehilfebitten auf diese Weise weit reduziert werden kann,
bleiben immer noch Fälle denkbar, die eine solche Lösung nicht erreicht.[78]
Dass es solche Grenzfälle gibt, wird
auch von denjenigen, die eine Legalisierung der aktiven freiwilligen
Sterbehilfe ablehnen, mehrheitlich anerkannt. Angesichts des aussichtslosen,
unerträglichen Leidens eines Patienten oder einer Patientin steht der Arzt vor
einem unentrinnbaren Dilemma.[79]
Nach Ansicht der Kritiker des ärztlich unterstützten Sterbens bedeutet dies nun
aber keineswegs, dass die Tötung auf Verlangen in einer solchen Situation
moralisch gerechtfertigt ist. Während einige die aktive Sterbehilfe in jedem
Falle für verurteilungswürdig halten, sind andere der Meinung, dass sich die
Lebensbeendigung in Grenzsituationen der moralischen Bewertung entzieht. Das
heißt, die Tötung auf Verlangen kann dem Arzt unter bestimmten Umständen nicht
zum Vorwurf gemacht werden.[80]
Erkennt man die Existenz von
Grenzfällen an, so stellt sich die Frage nach einem angemessenen
gesellschaftlichen und rechtlichen Umgang mit ihnen.
Die Geschichte der niederländischen
Sterbehilfepolitik spiegelt den Versuch, genaue Bedingungen für die
Nicht-Vorwerfbarkeit der ärztlichen Sterbehilfe festzulegen und die
Straffreiheit der Ärzte in diesen Fällen auf eine verbindliche Grundlage zu
stellen. Gewissenhaft handelnde Ärzte,
für die jede Bitte um aktive Sterbehilfe ohnehin eine große emotionale
Belastung darstellt, erhalten durch die Legalisierung mehr Rechtssicherheit und
werden vom zusätzlichen Druck einer drohenden strafrechtlichen Verfolgung
befreit. Durch das Gesetz soll der ärztliche Umgang mit einem gesellschaftlich
anerkannten Problem ans Licht der Öffentlichkeit gebracht werden. Neben einer
größeren medizinischen Sorgfalt in Sachen aktive Sterbehilfe könnte der Vorteil
einer Legalisierung also in einem Mehr an Transparenz und Kontrollierbarkeit
der Fälle bestehen.
Kritiker einer Legalisierung ziehen die
Eindeutigkeit und damit auch die Überprüfbarkeit der niederländischen
Sorgfaltskriterien in Zweifel. Wie soll ein Arzt ausschließen, dass die Bitte
des Patienten unter gesellschaftlichem oder familiärem Druck zustande gekommen
ist? Wann kann man sagen, dass alle Alternativen zur Leidensminderung
ausgeschöpft sind und wirklich keine Aussicht auf Besserung mehr besteht?[81]
Dafür scheint es keine eindeutigen Kriterien zu geben. Zudem könne eine
gesetzliche Regelung leicht als moralische Rechtfertigung verstanden werden und
so zur Erosion wichtiger ethischer Prinzipien in der Gesellschaft führen. Die
in den Niederlanden angestrebte gesellschaftliche Kontrolle werde nur
hinsichtlich der unproblematischen Fälle erreicht, da sie auf eine
Selbstanzeige der Ärzte angewiesen sei.[82]
Als Alternative zum niederländischen
Modell schlagen seine Gegner eine Regelung über die Rechtsprechung vor. Von
Fall zu Fall soll gerichtlich entschieden werden, ob die Tötung auf Verlangen
dem betreffenden Arzt als Schuld vorzuwerfen ist. Eine verantwortliche
ärztliche Entscheidung in Grenzsituationen setze die Bereitschaft voraus, das
eigene Handeln öffentlich zu begründen.[83]
Auf diese Weise könne das gesellschaftliche Problembewusstsein hinsichtlich der
aktiven Sterbehilfe gewahrt werden.[84]
Aber auch dieser Vorschlag birgt
Probleme. Ohne eine verbindliche gesetzliche Grundlage lässt sich die Einheitlichkeit
gerichtlicher Urteile kaum gewährleisten. Die ärztliche Praxis dürfte nicht
unerheblich davon abhängen, ob mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit mit
Straffreiheit gerechnet werden kann. Ein uneingeschränktes Verbot der Tötung
auf Verlangen könnte die Dunkelziffer und damit die Gefahr mangelnder Sorgfalt
erhöhen.[85] Darüber
hinaus werden Ärzte eine Sterbehilfebitte in Grenzsituationen öfter ablehnen,
wenn anderenfalls ihre gesamte berufliche Zukunft auf dem Spiel steht.
Die Risiken einer Legalisierung der
aktiven freiwilligen Sterbehilfe sind also gegen die einer fortbestehenden
Kriminalisierung abzuwägen.[86]
Im ersten Falle könnte mangelnde Abgrenz-barkeit zu einer unerwünschten
Ausweitung der Tötung auf Verlangen führen. Der zweite Vorschlag droht, die
aktive Sterbehilfe in einen verborgenen und damit unkontrollierbaren Bereich zu
drängen und die Verantwortung der Ärzte in Grenzsituationen zu untergraben.
I.3.2.2.
Empirische Dammbruchargumente
Empirische Dammbruchargumente beziehen
sich auf unerwünschte Folgen einer Praxis, deren Eintreten zwar logisch nicht
notwendig ist, faktisch aber als wahrscheinlich angesehen werden kann.[87]
Eine solche Argumentation setzt voraus, dass die prognostizierten Konsequenzen
von allen Gesprächsteilnehmern einhellig abgelehnt werden. Darüber hinaus muss
der Zusammenhang zwischen dem aktuell diskutierten Problem und den künftig
erwarteten Schwierigkeiten plausibel sein. Hier liegt die Schwäche empirischer
Dammbruch-argumente. Bei den gegen die Einführung einer neuen Praxis ins Feld
geführten negativen Konsequenzen, handelt es sich um potentielle Möglichkeiten,
deren Eintreten lediglich mehr oder weniger wahrscheinlich gemacht werden kann.
Dazu beruft man sich auf aktuelle und geschichtliche Beispiele, die die drohende
Gefahr im Analogieverfahren verdeutlichen sollen. Wegen ihres mittelbaren
Charakters[88] und ihrer
allen Neuerungen gegenüber kritischen Stoß-richtung gelten empirische
Dammbruchargumente als konservativ und werden z.T. ganz abgelehnt. Historisch
oder geographisch voneinander getrennte gesellschaftliche Entwick-lungen sind
nur begrenzt miteinander vergleichbar. Allerdings scheint es fragwürdig,
Erfahrungswerte grundsätzlich aus der Diskussion zu verbannen. Markus
Zimmermann-Acklin schlägt deshalb vor, empirische Dammbruchargumente als
„Elemente politisch-gesellschaftlicher Klugheit [anzuerkennen.] Je
überzeugender sie begründet werden, desto eher sollten sie ernst genommen
werden und können die Beweislast der Unbedenklichkeit einer einzuführenden
Praxis auf die Seite der Befürworter abwälzen.” [89]
Im Kontext der aktuellen
Sterbehilfedebatte werden vor allem zwei Bedenken geäußert. Zum einen
befürchtet man einen schleichenden Übergang von der Praxis der freiwilligen zur
nicht- oder gar unfreiwilligen aktiven Sterbehilfe. Zum anderen könne die
prinzipielle Möglichkeit der Tötung auf Verlangen dazu führen, dass die
gesellschaftliche Solidarität mit Kranken und Sterbenden bzw. mit denen, die
sie pflegen, abnimmt.
Nach der derzeitigen gesetzlichen
Regelung in den Niederlanden gelten der aussichtslose, unerträgliche Zustand
des Patienten und die ausdrückliche Bitte um Sterbehilfe gleicher-maßen als
notwendige Bedingungen für die Tötung auf Verlangen. Allerdings stellt sich die
Frage, wie in Fällen verfahren werden soll, in denen sich der Patient nicht
oder nicht mehr äußern kann und keine relevante schriftliche Verfügung
vorliegt. Kritiker befürchten, dass in solchen Situationen das Urteil des
Arztes bzw. der Angehörigen zum einzig ausschlag-gebenden Kriterium für eine
aktive Sterbehilfe werden könnte.[90]
In diesem Zusammenhang wird häufig an
die Euthanasiepraxis der Nationalsozialisten erinnert. Genau wie damals könnten
auch heute wieder Menschen getötet werden, weil andere ihren Lebenswert als zu
gering erachten. Eine solche Argumentation ist in mehrfacher Hinsicht
problematisch. Der Vergleich mit den nationalsozialistischen Massenmorden
brandmarkt die Befürworter der Tötung auf Verlangen als Verbrecher und macht
jedes weitere Gespräch unmöglich. Ein wesentlicher Unterschied zwischen der
aktuellen Sterbehilfedebatte und den Auseinandersetzungen mit diesem Thema im
Vorfeld und während der Zeit des Dritten Reiches besteht ja gerade darin, dass
damals das „Wohl des Volkes” im Mittelpunkt stand, während heute der Wille des
Einzelnen als ausschlaggebend gilt. Die nationalsozialistische Praxis ist also
aus genau dem Grund abzulehnen, der heute als Hauptargument für die
Tötung auf Verlangen angeführt wird: der Respekt vor der Autonomie eines jeden
Menschen. Eine wichtige Lehre aus der nationalsozialistischen Vergangenheit
könnte allerdings darin bestehen, dass sie vor einem übersteigerten Vertrauen
in die moralische Kraft der Gesellschaft sowie der Ärzteschaft warnt und eine
besondere Wachsamkeit im Umgang mit fremdem Leben fordert.[91]
Als weiteren empirischen Beweis für
ihre Befürchtungen führen Kritiker der niederländischen Sterbehilfepolitik die
Entwicklungen in eben diesem Land an, wobei sie sich auf die 1990 und 1995 von der
Regierung in Auftrag gegebenen Studien berufen. Die in diesem Zeitraum kaum
veränderte Zahl von ca. 1000 Fällen einer Tötung ohne Bitte sei nicht nur
besorgniserregend, sondern viel zu niedrig veranschlagt. Andere Fälle der
absichtlichen Lebensbeendigung, in denen ebenfalls kein Wunsch des Patienten
vorgelegen habe, seien unter den Kategorien der passiven und der indirekten
Sterbehilfe erfasst und würden auf diese Weise in ihrer Fragwürdigkeit
verschleiert. Des Weiteren wurde das mangelnde Problembewusstsein der
Remmelink-Kommission beklagt, nachdem diese die Tötung Äußerungsunfähiger durch
den Arzt nach „beginnendem Versagen der Vitalfunktionen [als] unbestreitbar
eine normale ärztliche Handlung”[92]
bezeichnet hatte. Diese Einschätzung sei durch milde Gerichtsurteile bestätigt
worden. Die Mehrheit der niederländischen Bevölkerung halte die Tötung ohne
Bitte unter bestimmten Umständen für zulässig und auch die Haltung des
Parlaments offenbare eine erschreckende Gleichgültigkeit.[93]
Befürworter der aktiven freiwilligen
Sterbehilfe erkennen diese Einwände teilweise an, sehen aber keinen Hinweis auf
einen Dammbruch. Auch bei einer Berücksichtigung aller von den Kritikern als
solche aufgeführten Fälle einer Sterbehilfe ohne ausdrückliche Bitte des
Patienten lasse sich zwischen 1990 und 1995 kein Anstieg erkennen. Die einzige
Ausnahme bilde die Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch, die ja gerade von den
Gegnern der Tötung auf Verlangen befürwortet wird. Die Zunahme der Fälle in
diesem Bereich sei allerdings eher auf den auch in anderen Ländern
anzutreffenden medizinisch-technischen Fortschritt zurück-zuführen, als auf
eine typisch niederländische Sterbehilfepolitik. Da es international keine
vergleichbaren Studien gebe, könnten die niederländischen Zahlen nicht als besonders
besorgniserregend eingestuft werden.[94]
Auch über die Auswirkungen der fortschreitenden Entkriminalisierung der Tötung
auf Verlangen auf andere Formen der Sterbehilfe ließen sich ohne
internationales Vergleichsmaterial keine Aussagen treffen.[95]
Ein weiteres Problem besteht darin,
dass die von den Kritikern als Dammbruch deklarierten Sterbehilfefälle
keineswegs allgemein als verwerflich gelten. Meist wird eine differenzierte
Sicht vertreten. Aktive Sterbehilfe an einem entscheidungsfähigen Menschen ohne
dessen ausdrücklichen Wunsch steht im Widerspruch zu den Sorgfaltskriterien und
ist somit als verwerfliche Handlung zu bewerten. Diejenigen Fälle, in denen
eine Bitte nicht bzw. nicht mehr möglich ist, haben die Kriterien jedoch nicht
im Blick. Dennoch sind auch hier moralische Grenzfälle denkbar. Die Frage, ob
und – wenn ja – in welchen Fällen die aktive Sterbehilfe an äußerungsunfähigen
Patienten nicht vorwerfbar ist, verlangt nach einer ge-sonderten Reflexion. Nur
so kann Klarheit geschaffen werden, was – neben der unfreiwilligen Sterbehilfe
– als eine abzulehnende Praxis und damit als Dammbruch zu gelten hat.[96]
Mit den bisher verfügbaren Daten lässt
sich der befürchtete Dammbruch nicht beweisen. Inwiefern sie jedoch Anlass zur
Entwarnung geben, bleibt fraglich. Falls die entscheidenden Weichenstellungen
in der gesellschaftlichen und politischen Einstellung zur Sterbehilfe in den
Niederlanden schon vor 1990 stattgefunden haben, so lässt sich dies empirisch
nicht mehr nachprüfen. Zudem erscheint ein Zeitraum von fünf Jahren kaum
ausreichend, um als Indikator für einen gesellschaftlichen Wandel zu dienen. Es
werden daher weitere Studien nötig sein, um die Folgen der Legalisierung der
Tötung auf Verlangen realistischer einschätzen zu können.[97]
Manche Beobachtungen mahnen jedoch
vorläufig zur Skepsis. Von den 1995 befragten Ärzten gaben zum Beispiel nur 30%
den mutmaßlichen Willen des Patienten als einen der Gründe für eine Tötung ohne
Bitte an. Die Notlage des Arztes und der Angehörigen des Kranken spielten
dagegen eine wesentlich größere Rolle. Geringe Lebensqualität wurde in 36% der
Fälle als Grund genannt.[98]
Die Befürchtung, dass sich im Falle der
Entscheidungsunfähigkeit die Lebenswerturteile Dritter verselbständigen und zum
ausschlaggebenden Kriterium für die Sterbehilfe werden, lässt sich nicht völlig
von der Hand weisen. Solange der mutmaßliche Patientenwille und fremde
Interessen nicht eindeutig voneinander abgegrenzt werden können, ist
hinsichtlich der Tötung ohne Bitte größte Vorsicht geboten.[99]
Das zweite, oben bereits kurz erwähnte
Dammbruchargument beschreibt die Gefahr der Entsolidarisierung. Die Möglichkeit
der Tötung auf Verlangen nimmt Krankheit und Sterben ihren schicksalhaften
Charakter und macht sie zu etwas Gewähltem. Dadurch wird es nicht nur für die
Betroffenen selbst schwerer, ihr Leiden anzunehmen. Gleichzeitig steht zu
befürchten, dass das Verständnis und die – letztlich auch finanzielle –
Hilfsbereitschaft gegenüber Kranken und Sterbenden abnehmen, wenn sie selbst
für ihre Situation als mit verantwortlich erachtet werden können. Hierbei
handelt es sich freilich um reine Vermutungen, die durch empirische Daten zu
erhärten bzw. zu widerlegen wären. Wenn Sozialität als Charakteristikum des
Menschseins ernst genommen werden soll, darf sich die Gesellschaft der
Verantwortung für ihre schwächsten Glieder nicht entledigen.[100]
II. Die Diskussion um die aktive freiwillige Sterbehilfe in
theologischer Perspektive
II.1.
Kirchliche Stellungnahmen
Die Diskussion um die aktive
Sterbehilfe ist in Kirche und Theologie nicht unbeantwortet geblieben. Von
Anfang an haben sich die großen Kirchen in den Niederlanden in die Debatte
eingebracht. Aber auch die Evangelische Kirche in Deutschland und die Deutsche
Bischofskonferenz haben mehrfach zum Problem der Sterbehilfe Stellung genommen.
Im Folgenden sollen zentrale kirchliche Stellungnahmen aus beiden Ländern
vorgestellt werden. Dabei wird besonders nach ihrem spezifisch theologischen
Gehalt zu fragen sein.
II.1.1.
Niederlande
Am 13. März 2001 sprachen sich mehr als
50 gesellschaftliche Gruppierungen, darunter die großen Kirchen, in einer
Petition an die Mitglieder der Ersten Kammer des niederländischen Parlaments
gegen die bevorstehende Annahme des Gesetzes über die Kontrolle der
Leben-sbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung aus.[101]
Als Grund für ihren Protest beriefen sich die Unterzeichner auf die
Schützenswürdigkeit des menschlichen Lebens und wiesen auf mögliche
unerwünschte Folgen für die gesellschaftliche Wahrnehmung des
Sterbehilfeproblems hin. Ihr Einspruch blieb jedoch ohne Erfolg. Das Gesetz
wurde am 10. April verabschiedet. Hinter der gemeinsamen Opposition verbergen
sich verschiedene Stand-punkte zur aktiven Sterbehilfe. So lehnt die
römisch-katholische Kirche die Tötung auf Verlangen kategorisch ab, während die
evangelischen Kirchen sie in Grenzsituationen für verantwortbar halten.
II.1.1.1.
Stellungnahmen der Samen-op-Weg-Kirchen[102]
In einem Begleitschreiben zu der
genannten Petition erläutern die SoW-Kirchen ihren Protest und mahnen zur
Besonnenheit.[103] Die
evangelischen Kirchen lehnen die Tötung auf Verlangen nicht in jedem Falle ab
und bekennen sich ausdrücklich zu ihrer seelsorgerlichen Verantwortung für
diejenigen, die aus Gewissensgründen aktive Sterbehilfe leisten. Vor dem
Hintergrund des Bekenntnisses, dass Gott uns als Schöpfer das Leben gegeben hat
und das Leben von ihm her seinen Wert erhält, sei die aktive freiwillige
Sterbehilfe jedoch nicht als Recht, sondern allenfalls als Notlösung zu
betrachten und stelle eine Grenzüberschreitung dar. Gegen den zur Abstimmung
vorliegenden Gesetzesentwurf werden vor
allem zwei Bedenken vorgebracht: Zum einen könne das Gesetz den Schutz des
menschlichen Lebens nicht ausreichend gewährleisten. – In diesem Zusammenhang
werden die von der Staatsanwaltschaft unabhängige Überprüfung lebensbeendenden
ärztlichen Handelns durch Kontrollkommissionen und der weitgehend subjektive
Charakter der Sorgfaltskriterien kritisiert. – Zum anderen befürchten die
evangelischen Kirchen einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel im Hinblick
auf den Wert des Lebens und die Anerkennung hilfsbedürftiger Menschen. Das
Gesetz könne die Bitte um Sterbehilfe stimulieren und drohe die Grenze zwischen
medizinischem Handeln und Lebensbeendigung zu verwischen.[104]
Am Ende des Begleitschreibens sprechen sich die Kirchen für ein verstärktes
politisches und gesellschaftliches Engagement zur Verbesserung der palliativen
Versorgung aus.
Der Tenor des Schreibens ist auffallend
allgemein gehalten. Im Mittelpunkt stehen die Schützenswürdigkeit des
menschlichen Lebens als fundamentaler Wert und die Gefahr eines
gesellschaftlichen Bewusstseinswandels. Die wenigen theologischen Bezüge
bleiben relativ isoliert am Anfang stehen. Das Bekenntnis zu Gott als Schöpfer
des Lebens wird argumentativ nicht entfaltet.
Eine ausführlichere Darstellung des
theologischen Hintergrundes ihrer Position zur Tötung auf Verlangen haben die
reformierten Kirchen Mitte der 80er Jahre in ihrer seelsorgerlichen
Handreichung Euthanasie en Pastoraat formuliert.[105]
Das Selbstbestimmungsrecht des Menschen wird dort im Sinne von Haushalterschaft
und Verantwortlichkeit verstanden: „Der Mensch erhält den Raum, seinem eigenen
Leben Gestalt zu geben im Gegenüber Gottes und seiner Mitmenschen. Die
Selbständigkeit des Menschen ist relativ, weil er Gott und seinen Mitmenschen
Verantwortung schuldet […] vor dem Hintergrund von Gottes Verheißungen und
Geboten.“[106]
Lebensbeendendes Handeln wird nun
zunächst als eine Überschreitung der Grenzen menschlicher Verantwortung
interpretiert: Das Leben ist eine Gabe und Aufgabe Gottes und empfängt von ihm
her seinen Wert und Sinn. Gott ist der Herr des Lebens. Als seine Haushalter
dürfen wir uns nicht für Herren halten. Aber trotz des Glaubens, dass jeder
Mensch auch noch im Leiden in Gottes Hand ist, können dem Einzelnen angesichts
großer persönlicher Not der Geschenkcharakter und der Sinn seines Lebens absurd
erscheinen, so dass er sich den Tod wünscht.
Im Folgenden werden daher Argumente für
die Verantwortbarkeit der Tötung auf Verlangen aus christlicher Perspektive
angeführt: Unter Berufung auf Jesu Umgang mit dem Sabbatgebot wird das
Tötungsverbot in seiner Geltung relativiert.[107]
Die christliche Freiheit wird vom Liebesgebot her neu gefüllt.[108]
Die Bibel verheiße nicht nur Gottes tröstende Anwesenheit in unserer Not,
sondern die Überwindung von Leid und Tod durch Gott. Durch das Evangelium der
Auferstehung werde der Tod relativiert. „Dass es Menschen gibt, die wirklich
sterben wollen, […] kann auch ein Zeichen sein, dass jemand bewusst und
freiwillig Abschied vom Leben genommen hat und es voll Vertrauen in Gottes Hand
gibt.“[109]
Die theologischen Überlegungen führen
zu dem Ergebnis, „dass einer Bitte um Euthanasie oder Hilfe zur Selbsttötung auch
innerhalb der Gemeinde Christi nicht von Vornherein ablehnend oder
missbilligend entgegen getreten werden muss.“[110]
Die in Euthanasie en Pastoraat
vorgetragene Argumentation wirft Fragen auf. Zum einen wird die Tötung auf
Verlangen als Grenzüberschreitung bewertet. Zum anderen soll sie als Akt der
Liebe und in der Hoffnung auf Gott, der das Leid nicht will und den Tod
überwindet, unter bestimmten Umständen verantwortbar sein. Wie soll aber der
Mensch etwas verantworten können, das per definitionem außerhalb der Grenzen
seines Verantwortungs-bereiches liegt? Darüber hinaus scheint es zweifelhaft,
in der Bitte um aktive Sterbehilfe vor allem einen Ausdruck von Gottvertrauen
zu sehen. Sind die Situationen, in denen Menschen um Sterbehilfe bitten, nicht
meistens gerade von Verzweiflung und dem Gefühl der Gottverlassenheit geprägt?
Kann der selbstgewählte Tod dann nicht auch ein Versuch sein, das Leiden selbst
zu überwinden, weil man von Gott – jedenfalls in diesem Leben – keine Rettung mehr erwartet?
In seiner seelsorgerlichen Ausrichtung
zeigt Euthanasie en Pastoraat Verständnis für die Erfahrung von
Absurdität und Sinnlosigkeit am Ende des Lebens. Der Versuch, die Tötung auf
Verlangen vor dem Hintergrund des christlichen Glaubens zu rechtfertigen bleibt
jedoch ein spannungsreiches Unterfangen.
II.1.1.2.
Stellungnahmen der römisch-katholischen Bischofskonferenz
Auch die römisch-katholische Kirche hat
sich immer wieder ablehnend gegenüber dem neuen Sterbehilfegesetz geäußert. Die
ausführlichste Stellungnahme bildet in diesem Zusammen-hang die Reaktion auf
den Gesetzesentwurf von 1999.[111]
Die Bischöfe verzichten darin ausdrücklich auf spezifisch christliche oder
theologische Argumente. Genau wie in dem entsprechenden protestantischen Papier
steht auch hier die Schützenswürdigkeit des menschlichen Lebens als
gesellschaftlich bewährtes Prinzip und Grundlage des Zusammen-lebens im
Vordergrund. Die geplante Ausnahmeregelung stelle einen unannehmbaren Bruch mit
der bisherigen Praxis dar. Bislang sei das prinzipielle Verbot der Tötung auf
Verlangen und der Beihilfe zum Selbstmord stets aufrechterhalten worden. Durch
das vorgeschlagene Gesetz werde das ärztlich unterstützte Sterben aber in
gewissem Sinne legalisiert. Dadurch gerate der Gesetzgeber hinsichtlich des prinzipiellen
Lebensschutzes in Widerspruch zu sich selbst. Ebenso wie die evangelischen
Kirchen warnt die katholische Kirche vor unerwünschten gesellschaftlichen
Folgen und weist dabei auf die moralische Ausstrahlungs-kraft von Gesetzen hin.
Als Alternative zur gesetzlichen Regelung der Tötung auf Verlangen wird ein
verstärktes staatliches Engagement im Bereich der palliativen Versorgung und
der Hospizarbeit gefordert.
In ihrer gesamtgesellschaftlichen
Ausrichtung verrät die Stellungnahme nichts über den theologischen Hintergrund
der katholischen Position. Um diesen näher zu beleuchten muss wiederum auf ein
älteres Dokument zurückgegriffen werden.
Eine nach eigenen Aussagen zentrale
Stellungnahme zur aktiven freiwilligen Sterbehilfe ist der Hirtenbrief über
das Leiden und Sterben Kranker von 1985.[112]
Das Problem der Tötung auf Verlangen wird dort folgendermaßen formuliert:
„Einerseits erfordert die Achtung vor dem Menschen, dass eine gut überlegte
Gewissensentscheidung respektiert wird. Andererseits erfordert die Ehrfurcht
vor dem Leben, dass dieses nicht nach eigenem Dafürhalten beendet werden darf.“[113]
Die Bischöfe sind der Meinung, „dass es nicht zulässig ist, den Tod auf eine
solche Weise zu suchen oder einen Sterbenden auf seine Bitte hin aus Mitleid zu
töten. Ehrfurcht vor dem Leben […] ist ja ein grundlegendes Element der
menschlichen und christlichen Zivilisation.“ Theologische Überlegungen finden
sich vor allem im letzten Teil des Briefes. Dort heißt es: „Das Leben ist durch Gott geschaffen und wir
sind darüber nicht Herr und Meister.“ Darum dürfen „Menschen nicht so
eingreifend und so endgültig […] über Leben und Sterben eines Menschen
verfügen.“
Zur Erläuterung ihres Standpunktes
führen die Bischöfe anthropologische Betrachtungen ins Feld. Menschliches Leben
wird dabei in zweifacher Hinsicht als Leben in Beziehung charak-terisiert: Der
Mensch lebt im Gegenüber Gottes, der ihn in seiner Liebe ins Dasein gerufen
hat. Gottes andauernde Zuwendung und Anrede macht uns zu Personen. Der Mensch
darf den Bund mit Gott nicht einseitig brechen, indem er sich das Leben nimmt
oder nehmen lässt. Dabei weisen die Bischöfe ausdrücklich darauf hin, dass die
tiefe persönliche Verbundenheit mit Gott nicht nur im Dank, sondern auch in
Klage und Protest zum Ausdruck kommen kann.
Gleichzeitig leben Menschen aber auch
im Gegenüber ihrer Mitmenschen. „[Menschen] sind wesentlich aufeinander
bezogen. Der Mensch ist Person in Gemeinschaft. […] Menschen haben einander
nötig, um Mensch zu werden.“ Da Tötung auf Verlangen und Selbsttötungen den
Abbruch zwischenmenschlicher Beziehungen zur Folge haben, stehen sie im
Widerspruch zu dem beschriebenen relationalen Menschenbild.
Trotz ihrer grundsätzlich ablehnenden
Haltung gegenüber der Tötung auf Verlangen räumen die Bischöfe ein, dass der
Tötungswunsch unter bestimmten Umständen nach bestem Wissen und Gewissen
gefasst werden kann. Sie halten aber daran fest, dass das Gewissen in so einem
Falle irrt. Als Gewissensentscheidung sei die Bitte um Sterbehilfe zwar zu
respektieren, der Arzt dürfe ihr jedoch nicht zustimmen. In diesem Zusammenhang
zitiert der Hirtenbrief ein Schreiben der römischen Glaubenskongregation aus
dem Jahre 1980: „Es kann vorkommen, dass aufgrund langanhaltender und beinahe
unerträglicher Schmerzen aus psychologischen oder sonstigen Gründen manche
Menschen zu der Überzeugung kommen, dass sie rechtmäßig den Tod für sich selbst
erbitten oder anderen beibringen können. Obschon in diesen Fällen die Schuld
eines Menschen verkleinert oder sogar ganz weggenommen werden kann, bleibt es
nichtsdestoweniger ein unrechtes Urteil, zu dem das Gewissen, vielleicht guten
Glaubens, gelangt, das die Art dieser tödlichen Handlung, welche an sich immer
zu verwerfen ist, nicht verändert.“
Am Schluss des Hirtenbriefes wird die
schwierige Frage nach dem Ursprung des Leidens aufgegriffen. Anstelle einer
Antwort werden Möglichkeiten des Umgangs mit eigenem und fremdem Leid
aufgezeigt. Dabei spielt der Gedanke der Nachfolge eine zentrale Rolle. Den
Horizont für einen angemessenen christlichen Umgang mit Krankheit und Tod
bildet „das Mysterium von Gottes Barmherzigkeit […] In Jesus Christus hat Er
gezeigt, wie sehr Er mitleidet mit dem Leidenden und hat das Leiden überwunden,
indem Er es zu einem Weg zu neuem Leben gemacht hat.“
Die katholische Position erscheint auf
den ersten Blick stringenter als die der evangelischen Kirchen. Das
Selbstbestimmungsrecht des Menschen über Leben und Tod wird unter Verweis auf
Gott als Schöpfer des Lebens und die relationale Verfasstheit menschlichen
Seins klar verneint. Statt die Entscheidung zur Tötung auf Verlangen aus einer
Notsituation heraus zu rechtfertigen, wird sie konsequent als Irrtum
bezeichnet, der allerdings unter bestimmten Umständen teilweise oder ganz
entschuldbar ist.
Bei näherem Hinsehen gibt jedoch auch
dieser Standpunkt Fragen auf. So scheint die Gegen-überstellung
unveränderlicher theologischer Wahrheiten einerseits und einer nach bestem
Wissen und Gewissen gefällten, möglicherweise aber dennoch falschen
Entscheidung des Einzelnen andererseits dem Charakter von Grenzsituationen
wenig angemessen. Sind diese nicht gerade dadurch gekennzeichnet, dass bewährte
moralische Prinzipien versagen oder in Konflikt zueinander geraten? Können die
zitierten theologischen Wahrheiten den von einer Sterbehilfesituation
Betroffenen nicht durchaus bewusst sein, und besteht das Dilemma in solchen
Situationen nicht eben darin, dass man – wie immer man handelt – nur gegen
bestimmte eigene Überzeugungen und Glaubensinhalte verstoßen kann? Gerade eine
gewissenhafte Entscheidung zur Tötung auf Verlangen dürfte mit einer
erheblichen emotionalen Belastung verbunden sein. Brauchen Ärzte und Angehörige
in einer solchen Situation daher nicht vielmehr seelsorgerlichen Beistand als
eine distanzierte, kritische Respektsbekundung?
Insgesamt scheint die seelsorgerliche
Handreichung der reformierten Kirchen eher die konkrete Situation im Blick zu
haben, während es den katholischen Bischöfen um eine grundsätzliche
theologische Wahrheit geht. In ihrer praktischen Ausrichtung geraten die SoW-Kirchen
auf der prinzipiellen Ebene in Widersprüche, wohingegen die klare Position der
Bischofskonferenz die mehrdimensionale Realität von Grenzsituationen aus dem
Auge zu verlieren droht.
II.1.2.
Deutschland
Am 11. April 2001, einen Tag nach der Verabschiedung
des neuen Sterbehilfegesetzes durch die Erste Kammer des niederländischen
Parlaments, sprachen sich die Vorsitzenden der EKD und der Deutschen
Bischofskonferenz Kock und Lehmann jeweils in einer Pressemitteilung deutlich
gegen die gesetzliche Neuregelung aus.[114]
Das Gesetz stehe im Widerspruch zu der christlichen Überzeugung, dass das Leben
ein Geschenk Gottes und daher für Menschen unverfügbar ist. Beide sprechen von
einem Dammbruch und plädieren nachdrücklich für die Hilfe im Sterben.
In den vergangenen Jahren haben die
katholische und die evangelische Kirche Deutschlands immer wieder gemeinsam zum
Problem der Sterbehilfe Stellung genommen.[115]
Maßnahmen aktiver Lebensbeendigung wurden von den deutschen Kirchen stets
abgelehnt. Dabei waren vor allem die folgenden Überlegungen von Belang:
Das zentrale Argument gegen die aktive
Sterbehilfe bildet die Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens. Der christliche
Glaube „achtet das Leben und die einzigartige Würde des Menschen als Gottes
unantastbare Gabe, die auch im Sterben zu respektieren ist.“[116]
An anderer Stelle heißt es: „Im Blick auf jeden Menschen gilt: ‚Ich glaube,
dass Gott mich und mein Leben will’“[117]
Niemand hat daher das „Recht, über den Wert oder Unwert eines menschlichen
Lebens zu befinden. Jeder Mensch hat seine Würde, seinen Wert und sein
Lebensrecht von Gott her.“[118]
Das gilt ausdrücklich auch für das eigene Leben.[119]
Die grundsätzliche Annahme durch den Schöpfer verleiht dem Menschen ein
unbedingtes Lebensrecht, über das andere nicht verfügen dürfen.[120]
„Weil Gott allein Herr über Leben und Tod ist, sind Leben und Menschenwürde
geschützt.“[121] Der Schutz
des Lebens findet seinen Ausdruck unter anderem in dem Gebot ‚Du sollst nicht
töten’.
In diesem Zusammenhang wird
nachdrücklich vor einem Dammbruch gewarnt. Das Zugeständnis, in bestimmten
Situationen doch über Leben und Tod entscheiden zu dürfen, setze nicht nur das
Vertrauen zwischen Arzt und Patient aufs Spiel. „Ohne […] prinzipielle Grenze
für alle Eingriffe wäre die Würde des Menschen preisgegeben.“[122]
Christliche Sterbehilfe kann daher
immer nur Hilfe im Sterben sein. Sie steht im Horizont des
Bekenntnisses, dass Gott sich im Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu
von Nazareth offenbart hat: „In Jesus Christus […] ist Gottes neue Welt unter den
Menschen angebrochen […]. Die Zuversicht auf die Gegenwart Christi gibt
Menschen den Mut, auch in schwierigsten Situationen des Lebens Zeichen des
kommenden Reiches Gottes aufzurichten.“[123]
Auch im Sterben bleibt das Leben ein
Geschenk, das wir „ – trotz Leid und Tod – annehmen und gestalten können. Gott
[…] befähigt uns dazu“.[124]
Eine Sterbehilfe, die die unverlierbare Würde und das Lebensrecht des Einzelnen
bis zuletzt achtet, versucht das Leiden durch medizinische, pflegerische,
menschliche und seelsorgerliche Zuwendung so weit wie möglich zu lindern und
dem Sterbenden zu helfen, seinen Tod anzunehmen. „Christliches Sterben ist
gewiss kein angstloses, aber ein angst-bestehendes, angst-überwindendes
Sterben, ein Sterben im Frieden, in dem der Sterbende mit seiner
Lebensgeschichte und mit seinen Angehörigen ins Reine kommt. [Als solches ist
es] Gnade und eigenes Werk zugleich.“[125]
Die kirchlichen Stellungnahmen sehen
nun aber nicht daran vorbei, dass der Mensch im Sterben und bei der Begleitung
Sterbender immer wieder mit den Grenzen seiner Belastbarkeit konfrontiert wird.
In solchen Grenzsituationen muss er Wege finden, sich zu verhalten. Dabei kann
die Erfahrung, dass früher überwundene Schwierigkeiten ein inneres Wachstum
bedeutet haben, ermutigend sein. Das Handeln in schweren Lebenssituationen
steht unter der Verheißung des göttlichen Beistandes.[126]
Dafür, was der einzelne aushalten und
ertragen kann, gibt es keine allgemeinen Maßstäbe. Die Grenzen des Zumutbaren
müssen in jeder einzelnen Situation ausgelotet und so weit wie möglich
hinausgeschoben werden. „Der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit […] kann [jedoch]
niemals Argument oder Legitimation dafür sein, Würde und Lebensrecht eines
anderen nicht länger zu respektieren.“[127]
Das schier unerträgliche Leiden mancher
Sterbender wirft die dringliche Frage nach Gottes Güte und Barmherzigkeit auf.
In solchen Situationen bleibt Christen „nur noch das stille oder betende Dasein
als letzter Beistand“[128],
getragen von dem Glauben, dass Gottes Liebe stärker ist als der Tod. Die
Möglichkeit, einen Menschen aus Liebe oder Mitleid zu töten, wird von den
Kirchen ausdrücklich verneint, denn eine solche Tat „vernichtet die Basis der
Liebe und des Vertrauens.“[129]
Die Bitte um aktive Sterbehilfe müsse „– schonend, aber klar –“[130]
zurückgewiesen werden. Gleichzeitig brauche ein am Leben Verzweifelter jedoch
„intensive Zuwendung, um die Wahrheit zu erfahren, dass auch sein Leben nicht
sinnlos ist.“[131]
Trotz dieser eindeutigen Ablehnung
lebensbeendender Maßnahmen, die auch in Grenz-situationen als eine nicht zu
billigende Verletzung der Würde und des Lebenswertes eines anderen Menschen
betrachtet werden, plädieren die Kirchen für einen verständnisvollen und
barmherzigen Umgang mit Menschen, die in einer ausweglosen Lage zu solchen Handlungen
getrieben wurden.[132]
In ähnlicher Weise äußern sie sich zum Thema Suizid: Da die Selbsttötung eine
Verneinung des eigenen Lebenswertes voraussetze, sei sie vor dem Hintergrund
des christlichen Glaubens letztlich nicht zu verstehen. Eine solche Tat entziehe
sich jedoch jedem äußeren Urteil und sei – obwohl man sie nicht gutheißen könne
– zu respektieren.[133]
Die Position, die die deutschen Kirchen
zum Problem der aktiven freiwilligen Sterbehilfe vertreten, lässt sich mit dem
Standpunkt der katholischen Kirche in den Niederlanden vergleichen.
Lebensbeendendes Handeln wird
prinzipiell, also auch in Grenzsituationen abgelehnt. Gleichzeitig zeigt
man jedoch Verständnis, wenn extreme Umstände zu einer solchen (Fehl-)Entscheidung
geführt haben. Im Vordergrund steht dabei das Bemühen, die Unantastbarkeit der
Würde, die dem Menschen von Gott her zukommt, und das damit verbundene
unverlierbare Lebensrecht zu verteidigen.
Es stellt sich nun aber die Frage, ob
die Verteidigung dieser zweifelsohne wichtigen Prinzipien der Wirklichkeit von
Grenzfällen gerecht zu werden vermag: Muss die Rede vom unverlierbaren Wert des
Lebens angesichts unerträglichen Leidens nicht zynisch wirken? Wird hier aus
dem verteidigten Lebensrecht nicht eine despotisch auferlegte Lebenspflicht,
die Gott um seiner unhinterfragbaren Herrschaft willen vom Menschen fordert? Wo
in den kirchlichen Stellungnahmen von den Grenzen des individuell Erträglichen
gesprochen wird, werden diese kaum als solche ernst genommen. Stattdessen geht
man nahtlos zu den Möglichkeiten ihrer Überwindung über. Auf diese Weise wird
ein problematisches Ideal vom christlichen Sterben errichtet, dass an der
bedrückenden Realität menschlichen Leidens und Sterbens vorbeizugehen droht.
II.1.3. Auswertung und Vergleich
In ihrer Ablehnung des neuen
niederländischen Sterbehilfegesetzes sind sich die evangelischen und
katholischen Kirchen in Deutschland und den Niederlanden einig. Alle
Stellungnahmen verteidigen die unverlierbare Würde des Menschen und die
grundsätzliche Unverfügbarkeit menschlichen Lebens. Die Tötung auf Verlangen
stellt für sie eine Grenz-überschreitung dar. Unterschiede bestehen in der
Bewertung lebensbeendenden Handelns in Extremsituationen. Während die deutschen
Kirchen und die katholische Kirche in den Niederlanden aktive Sterbehilfe auch
dann noch grundsätzlich ablehnen, wenn menschliches Leiden unerträglich
scheint, halten die SoW-Kirchen sie in manchen Fällen für verant-wortbar. Dabei
berufen sie sich auf die christliche Freiheit und das Liebesgebot. Die
Möglichkeit, einen Menschen aus Liebe zu töten, wird dagegen von den deutschen
Kirchen als Selbstwiderspruch verneint.
Auch wenn die evangelischen Kirchen in
den Niederlanden die Tötung auf Verlangen unter bestimmten Umständen für
zulässig halten, bleibt ihnen die Problematik lebensbeendenden Handelns
durchaus im Bewusstsein. Neben den klar ablehnenden oder doch sehr vorsichtig
argumentierenden kirchlichen Stimmen gibt es jedoch auch Theologen, die die
Selbst-bestimmung des Menschen hinsichtlich seines Todes mit Nachdruck
befürworten.
II.2.
Theologische Argumente für die Tötung auf Verlangen
Ein Recht auf einen selbstbestimmten
Tod, das die Möglichkeit der Tötung ausdrücklich mit einschließt, wird bislang sowohl
unter niederländischen als auch unter deutschen Theologen eher selten
vertreten. Auf niederländischer Seite repräsentiert besonders der evangelische
Theologe Harry Kuitert diese Position, während sie in Deutschland in Hans Küng
ihren prominentesten Vertreter findet.[134]
II.2.1.
Harry Kuitert: Der gewünschte Tod
In seinem Buch Der gewünschte Tod
bezeichnet Harry Kuitert das Recht auf Leben und das Recht auf Sterben als Kern
der Selbstbestimmung eines jeden Menschen. In der Verfügungs-gewalt über das
eigene Leben sieht Kuitert keinen Akt der Auflehnung gegen Gott, sondern die
einzige Alternative, wenn nicht andere Menschen über das Leben und Sterben
eines Kranken bestimmen sollen.[135]
Das christliche Bekenntnis, dass das
Leben eine Gabe Gottes des Schöpfers ist, beruht auf der Erfahrung, dass es gut
ist, auf der Welt zu sein. Diese Erfahrung ist aber keineswegs immer gegeben.
„Gott verliert immer wieder sein Gesicht.“[136]
Kuitert weist darauf hin, dass der
natürliche Verlauf des Sterbens nicht einfach als Indikator des Gotteswillens
betrachtet werden kann.[137]
Indem der Mensch einen gegebenen Zustand als gottgewollt deklariere, entziehe
er sich einer Verantwortung, die er selbst zu tragen habe. Es gibt Fälle, in
denen noch größeres Unheil nur durch Töten verhindert werden kann. Kuitert
nennt hier das Beispiel einer terroristischen Flugzeugentführung, bei der die
einzige Möglichkeit, die Passagiere zu retten, darin besteht, den
Flugzeugentführer zu erschießen. Wenn es also gute Gründe geben kann, über das
Leben anderer zu verfügen, so kann dies im Hinblick auf das eigene Leben nicht
von vornherein ausgeschlossen werden. Dass uns das Leben von Gott gegeben ist,
bedeutet demnach nicht, „dass wir nicht über Leben und Tod verfügen dürfen und
müssen.“[138] Wir dürfen
allerdings nicht willkürlich und leichtfertig damit umgehen.[139]
Es muss also kein Affront gegen den
Schöpfer sein, wenn man „Gott ehrfürchtig am Ende seines Lebens selbst die
Eintrittskarte zurückgibt, [weil das] Leben keine Freude mehr [ist], der Körper
kein Geschenk [und] Gott nicht mehr zur Ehre gereichen [kann].“[140]
II.2.2.
Hans Küng: Menschenwürdig Sterben
Ähnlich wie Harry Kuitert, auf den er
sich verschiedentlich beruft, äußert sich Hans Küng zum Problem der Tötung auf
Verlangen. Auch er postuliert ein Selbstbestimmungsrecht über Leben und Tod,
das er als Teil der dem Menschen von Gott gegebenen Freiheit versteht. „Das
Leben ist nach Gottes Willen zugleich auch des Menschen Aufgabe und so in
unsere eigene (nicht fremde!) verantwortliche Verfügung gestellt: eine
Autonomie die in Theonomie gründet.“[141]
Eine solche Autonomie bedeutet nicht, dass der Mensch willkürlich über sein
Leben verfügen darf und soll. Das Recht zur Selbstbestimmung muss vielmehr in
Verantwortung vor Gott und Menschen nach bestem Wissen und Gewissen
wahrgenommen werden.[142]
In der Nachfolge Jesu können sich Christen dabei nicht allein an Verboten und
Sanktionen orientieren, sondern müssen ihr Leben vom Anfang bis zum Ende
verantwortungsvoll gestalten.[143]
Gott dürfe nicht verantwortlich gemacht werden, wo Menschen selbst
Verantwortung übernehmen können und sollen.[144]
Ebenso wie Kuitert wehrt sich Küng
dagegen, den sogenannten natürlichen Tod als gott-gewollt anzusehen. Menschen
greifen immer wieder in den natürlichen Prozess des Lebens und Sterbens ein,
ohne darin eine Verletzung der exklusiven Rechte des Schöpfers zu sehen.[145]
Qualvolles, langes Sterben ist nicht selten die Folge nahezu prometheischer
Anstrengungen des Menschen auf dem Gebiet der Medizin.
Angesichts unerträglichen Leidens
erscheint der Hinweis auf die „Oberherrschaft Gottes und seine […] liebende
Vorsehung“[146]
fragwürdig. Eine solche Argumentation beruht auf einem einseitig herrscherlich
orientierten Gottesbild, das die Züge des fürsorgenden Vaters vernachlässigt.
In der Nachfolge Jesu habe die Theologie die Aufgabe, Leiden so weit wie
möglich zu reduzieren und zu bekämpfen, nicht aber es zu spiritualisieren und
mystifizieren. In der Bibel finde sich nirgendwo ein ausdrückliches Argument
gegen den Suizid. Es wäre eine Anmaßung, wollte man aus dem Lebensrecht einen
Zwang zum Leben machen, der dem Leidenden von außen auferlegt werden kann.[147]
Für Küng bildet die Selbstbestimmung
einen integralen Bestandteil menschenwürdigen Sterbens. Darin komme „nicht […]
Misstrauen oder Überheblichkeit gegenüber Gott“[148]
zum Ausdruck, sondern vielmehr ein
„unerschütterliche[s] Vertrauen in Gott, […] dessen Gnade ewig währt.“[149]
Vor dem Hintergrund des (christlichen) Glaubens lasse sich eine veränderte,
menschenwürdigere Einstellung zum Sterben gewinnen.[150]
Für den glaubenden Menschen sei der Tod nicht das Ende, sondern die Vollendung,
bei der der Mensch in eine unfassbare letzte und erste Wirklichkeit aufgenommen
wird und ewige Geborgenheit in Gott findet. Dadurch verliere der Tod seinen
feindlichen Charakter. Für den Glaubenden ist das Sterben „ein Abschied vielleicht nicht ohne Schmerz
und Angst, aber doch in Gefasstheit und Ergebenheit, jedenfalls ohne Gejammer
und Wehklage, auch ohne Bitterkeit und Verzweiflung, vielmehr in hoffender
Erwartung, stiller Gewissheit und […] beschämter Dankbarkeit […] Ein solches
Sterben [nennt Küng] ein wahrhaft menschen-würdiges Sterben.“[151]
Küng plädiert nachdrücklich für eine
gesetzliche Festschreibung des Selbstbestimmungs-rechtes über den eigenen Tod.
Dabei müsse nach Regelungen gesucht werden, die eventuellen Missbräuchen einen
Riegel vorschieben. Die Schutzinteressen der Allgemeinheit sollten wirksam mit
der Sterbensnot des Einzelnen ausgeglichen werden. Letztlich könne es nur darum
gehen, einen verantwortlichen Weg der Mitte zwischen einem moralischen
Rigorismus ohne Mitleid und einem amoralischen Liberalismus ohne Verantwortung
zu finden.[152]
II.2.3.
Kritische Würdigung
Harry Kuitert und Hans Küng beschäftigen
sich vor allem mit der Frage nach der Reichweite der menschlichen Autonomie.
Hat der Mensch das Recht, so umfassend über sein Leben zu bestimmen, dass er es
beenden bzw. beenden lassen darf? Die Perspektive und der Rechtfertigungsgrund
Dritter, auf deren Hilfe der Sterbende unter Umständen bei der Lebensbeendigung
angewiesen ist, geraten dagegen kaum in den Blick.[153]
Bei ihrer Argumentation für die
moralische Zulässigkeit der Tötung auf Verlangen berufen sich die beiden
Autoren auf das von Gott gegebene Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Sie
betonen, dass dieses keine Willkürfreiheit, sondern ein verantwortliches
Handeln gegenüber Gott und den Menschen impliziere. Im weiteren Verlauf ihrer
Argumentation bleibt das Moment der Theonomie jedoch weitgehend
unberücksichtigt. Küng weist in diesem Zusammenhang lediglich darauf hin, dass
Ethik in der Nachfolge Jesu keine reine Verbots- und Sanktionsethik sei. Beide
Autoren betonen zu Recht, dass ein gegebener Zustand nicht ohne weiteres mit
dem Willen Gottes identifiziert werden dürfe. Wo aber ist der Wille Gottes als
Maßstab menschlicher Verantwortung dann zu finden? Christlicher Glaube bekennt,
dass Gott im Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu von Nazareth sich
selbst und damit auch seinen Willen in entscheidender Weise offenbart hat. Im
Licht dieser Selbstoffenbarung Gottes wäre also nach der Verantwortung des
Menschen angesichts eines unter Umständen qualvollen Sterbens zu fragen.
In Jesus Christus offenbart sich Gott
als ein Gott des Lebens. Wenn Jesus Kranke heilt, sich einsamen und Not
leidenden Menschen zuwendet, überwindet er ihre Isolation und holt sie so in
den Kreis der Lebenden zurück. Das Neue Testament deutet dieses Handeln als
Zeichen des nahen Gottesreiches.[154]
Damit wird jedoch das Leid dieser Welt nicht einfach geleugnet. Derselbe Jesus
stirbt am Kreuz einen einsamen Tod. Was könnte die qualvolle Realität
menschlichen Leidens besser zum Ausdruck bringen als der Psalmvers, den das
Markus- und das Matthäusevangelium dem sterbenden Jesus in den Mund legen:
„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“[155]
Die unglaubliche Botschaft des Neuen Testamentes besteht nun aber darin, dass
Leid und Tod nicht das letzte Wort behalten. In der Auferweckung Jesu nimmt
Gott dem Tod die letzte schreckliche Macht über den Menschen. In Jesus Christus
hat Gott Teil am Leiden dieser Welt und überwindet so die Gott-verlassenheit
des Todes. Diese Erfahrung, dieser Osterglaube vermag die Frage nach Leid und
Tod nicht zu lösen. Er kann aber eine Hilfe sein, die Frage auszuhalten, in der
Hoffnung, dass Gott auch in Leid und Tod nicht fern ist und beides letztlich
überwinden will. Die Situation der Agonie, in der der Mensch laut Kuitert und
Küng in theonomer Autonomie entscheiden soll, ist die Situation des Kreuzes,
die gerade dadurch gekennzeichnet ist, dass der Mensch Gott nicht mehr
verstehen kann und damit den Maßstab für seine Verantwortung verloren zu haben
scheint, ratlos ist. Ihm bleibt nur noch die Frage ‚Warum?’, die – wider allen
Augenschein – von Ostern her unter der Verheißung des göttlichen Erbarmens
steht.
Wenn Hans Küng den Tod als Vollendung
bezeichnet, dann nimmt er die Realität des Kreuzes nicht ernst. Die christliche
Hoffnung richtet sich nicht auf den Tod, sondern auf Gottes Mitsein im Tode und
die Überwindung des Todes. Auch für den Glaubenden verliert der Tod nicht
seinen Feindcharakter. Er bedeutet immer noch den schmerzlichen Abbruch von
Beziehungen, die dem Lebenden lieb geworden sind. Wenn sich ein Mensch
angesichts unerträglichen Leidens Erlösung durch den Tod wünscht, dann deshalb,
weil der Todesschrecken bereits tief in das Leben hineinragt, weil nichts
schlimmer zu sein scheint als die Zukunft, die ihn als Lebenden erwartet. Ohne
zu wissen, was Gott, ob Gott noch etwas mit diesem seinen qualvoll gewordenen
Leben vorhat, wagt er den Sprung, vielleicht in der Hoffnung, dass Gott, nicht
der Tod, ihn auffängt – trotz allem.
Küng weist – meines Erachtens zu Recht
– darauf hin, dass es zynisch ist, aus dem Lebensrecht eines schwer leidenden
Menschen einen von Gott auferlegten, unhinterfragbaren Lebenszwang zu machen.
Gleichzeitig scheinen jedoch sowohl Küng als auch sein nieder-ländischer
Kollege zu übersehen, dass das von ihnen postulierte Selbstbestimmungsrecht zu
einer nicht minder makaberen Pflicht zu werden droht. Dem Menschen die
Verantwortung für sein Sterben zu übertragen, bedeutet gleichzeitig, ihn für
sein unter Umständen äußerst leidvolles Weiterleben verantwortlich zu machen,
falls er den Tod nicht wählt. Beide Autoren sind ja der Meinung, Gott solle
nicht für etwas verantwortlich gemacht werden, wofür der Mensch selbst die
Verantwortung übernehmen könne. Aber kann der Mensch sein Dasein vor
Gott und Mitmenschen verantworten? Im Zentrum des reformatorischen Glaubens
steht die Erkenntnis, dass der Mensch allein aus der bedingungslosen Annahme
Gottes, des Schöpfers und Vaters Jesu Christi leben kann. Unsere Verantwortung
kann demnach immer nur Antwort auf die Zuwendung Gottes und die
Anerkennung durch unsere Mitmenschen sein, nicht aber deren Bedingung. Genau
wie im Leben ist der Mensch auch im Tod auf die bedingungslose Annahme Gottes
angewiesen. Ein menschenwürdiges Sterben ist daher nicht – wie Küng behauptet –
durch ein bestimmtes Maß an Autonomie gekennzeichnet, und auch nicht – wie
Kuitert zu meinen scheint – durch ein bestimmtes Maß an körperlicher
Integrität.[156] Ob jemand
menschenwürdig sterben kann, hängt vielmehr davon ab, ob er auch noch im
Sterben eine menschliche Zuwendung und Anerkennung erfährt, die seiner von Gott
verbürgten, unverlierbaren Würde gerecht wird. Der Mensch kann und muss nicht
selbst über seinen Wert entscheiden, sondern er erhält ihn von Gott her, dem
Gott, der dem ausgeliefert und nach menschlichen Maßstäben unwürdig am Kreuz
Gestorbenen die Treue gehalten hat.
Das von Kuitert und Küng vertretene
Postulat der Verantwortung für das eigene Sterben hat noch eine weitere
Konsequenz: Der Mensch, der sein Dasein selbst verantworten muss, kann Gott
sein Leid nicht klagen. Die Klage hat denn auch in Küngs Bild eines „wahrhaft
menschen-würdigen Sterbens“[157]
keinen Platz.
Tatsächlich gibt es auch in der Bibel
Beispiele dafür, wie Menschen das über sie hereingebrochene Leid mit ruhiger
Gefasstheit tragen. „Haben wir Gutes empfangen von Gott und sollten das Böse nicht
auch annehmen?“ – so antwortet Hiob seiner Frau, die ihn angesichts seines
erbärmlichen Zustandes dazu auffordert, Gott abzusagen und zu sterben.[158]
Nach dem Lukasevangelium stirbt Jesus mit den Worten „Vater, ich befehle meinen
Geist in deine Hände.“[159]
Aber die hier geschilderte Gefasstheit ist nicht das Ergebnis einer
Selbst-bestimmung zum Leiden. In ihr spiegelt sich vielmehr das Vertrauen, auch
in der größten Not nicht tiefer als in Gottes Hand zu fallen.
Über einen menschenwürdigen Umgang mit
dem Leiden ist damit jedoch noch nicht alles gesagt. Immer wieder begegnet in
der Bibel auch die Klage, gerade im Munde des Frommen.[160]
Der Mensch, der mit seinem Dasein Gott antwortet, der alles von Gott erwartet,
kann ihm manchmal nur noch sein ‚Warum?’ entgegenschreien, ein Warum der
Verzweiflung, weil Gott – um es mit Kuitert zu sagen – immer wieder sein
Gesicht verliert und das von ihm empfangene Leben zur Last werden kann. Aber in
der Klage des Verzweifelten lebt der Funke einer Hoffnung, dass das zerstörte Leben
nicht Gottes letztes Wort ist.[161]
Wenn Küng die Klage aus seinem Bild eines menschenwürdigen Sterbens verbannt,
dann verkennt er ihre konstruktive Bedeutung in der Beziehung zwischen Gott und
Mensch.
III. Die aktive freiwillige Sterbehilfe als ethisches Problem – eine
abschließende theologische Betrachtung
III.1. Der
Beitrag der Theologie zur aktuellen Sterbehilfedebatte
Die vorangegangenen Betrachtungen und
insbesondere die Auseinandersetzung mit den Positionen von Harry Kuitert und
Hans Küng haben gezeigt, dass die zwei wesentlichsten Argumente, die zur
Rechtfertigung der Tötung auf Verlangen ins Feld geführt werden, die Berufung
auf die Würde und auf das Selbstbestimmungsrecht des Menschen, vom christlichen
Menschenbild her kritisiert werden müssen. Beide Argumente werden vor dem
Hintergrund des christlichen Glaubens nicht einfach gegenstandslos, erhalten
aber ein spezifisches Fundament, das ihre Stoßrichtung in der
Sterbehilfedebatte grundlegend verändert.
Wenn der Wert eines Menschenlebens sich
nicht an bestimmten körperlichen oder geistigen Fähigkeiten bemisst, sondern
allein in der Zuwendung Gottes zu jedem einzelnen begründet und damit
unverlierbar ist, dann darf die Angst vor Würdeverlust bei fortschreitender
Krankheit nicht dadurch bestätigt werden, dass man sie als Grund für eine
Sterbehilfebitte akzeptiert. Stattdessen muss ihr mit einem Handeln begegnet
werden, dass der Würde des Menschen auch in Krankheit und Sterben Geltung
verschafft.
Auch die Freiheit des Menschen, sein
Leben zu gestalten, wird vom christlichen Glauben nicht geleugnet, aber sie
wird in ganz spezifischer Weise verstanden.[162]
Die Bibel kennzeichnet den Menschen als einen, der ganz in der Sorge um das
eigene Leben gefangen und dadurch gerade nicht frei ist. Durch die
bedingungslose Zuwendung Gottes wird der Mensch von der Unmöglichkeit befreit,
sich selbst Sinn zu schaffen. Als Antwort auf den Zuspruch Gottes ist die
Freiheit des Menschen nicht mit Willkür zu verwechseln. Von Freiheit kann im
christlichen Sinne nur so gesprochen werden, dass gleichzeitig von der
Gottesbeziehung des Menschen die Rede ist. Der Mensch entspricht nur dann
wirklich sich selbst, wenn er seinem Schöpfer entspricht. Autonomie und
Theonomie sind also keine Gegensätze, sondern müssen zusammengedacht werden. Im
Hinblick auf die Problematik der aktiven Sterbehilfe reicht es demnach nicht,
auf das Selbstbestimmungsrecht des Menschen zu verweisen. Die menschliche
Autonomie erhält im Glauben Orientierung. In der neutestamentlichen
Überlieferung vom Leben, Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Christi zeigt
sich Gott mit den Leidenden solidarisch und überwindet Leid und Tod. Gott ist
ein Gott des Lebens, nicht des Todes. Im Wirken Jesu von Nazareth sind die Überwindung
von Krankheit und Leid und der Dienst am Leben untrennbar miteinander
verbunden. Eine Ethik in der Nachfolge Jesu steht daher ganz im Zeichen der
Lebensförderung und kann sich auf kein Gebot berufen, das die Tötung eines
Menschen rechtfertigt.[163]
Wenn nun Tötung auf Verlangen und
Beihilfe zum Suizid vor dem Hintergrund des christlichen Glaubens nicht
legitimiert werden können, so darf daraus nicht geschlussfolgert werden, dass
sie in jedem Falle zu verurteilen sind. Zwar muss die Theologie jeder theoretischen
Rechtfertigung der aktiven Sterbehilfe entschieden entgegentreten. In der
Praxis spielen jedoch die von ihr kritisierten prinzipiellen Argumente oft –
wenn überhaupt – eine untergeordnete Rolle.[164]
Ausschlaggebend für die Tötungsbitte ist meist, dass der Betroffene glaubt,
seinen Zustand nicht länger ertragen zu können. Er fühlt sich am Ende seiner
Kraft. Der barmherzige Gott, der das Leben will, und der eigene erbärmliche
Zustand können nicht miteinander in Einklang gebracht werden. Es ist die Situation
des Kreuzes, in der sich die Theodizeefrage in existentieller Weise stellt. Die
Theologie hat hier keine Antwort zu bieten. Akzeptiert sie diese Grenze nicht,
so verstrickt sie sich unweigerlich in Zynismen.[165]
Der Glaube, dass Gott auch und gerade im Leiden nicht fern ist, ist keine
abstrakte Wahrheit, die es allen gegensätzlichen Erfahrungen zum Trotz zu
verteidigen gilt, sondern eine Hoffnung, die sich im konkret helfenden,
betenden, klagenden oder auch stummen Beistand für den Leidenden bewähren muss.[166]
Genauso wenig wie die Theologie eine Antwort auf die Theodizeefrage geben kann,
steht es ihr zu, darüber zu urteilen, wenn ein Mensch an seinem Leiden
zerbricht und sich das Leben nimmt. Dass es immer wieder zerstörerisches Leiden
gibt, dem gegenüber Menschen machtlos sind, ist ja gerade der Kern des
Theodizeeproblems. Der selbst gewählte Tod eines Menschen bildet hier keine
Lösung, sondern führt mitten in das Problem hinein und stellt uns vor die
Frage, ob wir wirklich alles getan haben, um dem Leidenden den unverlierbaren
Wert seines Lebens erfahrbar zu machen.
Im Falle der Tötung auf Verlangen
liegen die Dinge nun aber noch komplizierter. Denn hier ist es ja nicht der
Leidende selbst, der seinem unerträglich gewordenen Leben ein Ende setzt,
sondern er nimmt dazu die Hilfe anderer in Anspruch. Auch diejenigen, die einer
Bitte um aktive Sterbehilfe nachkommen, beziehen sich seltener auf eine
vermeintliche moralische Pflicht als auf die Unerträglichkeit der Situation als
Grund für ihr Handeln.[167]
Eine solche Begründung birgt die Gefahr, dass die Gefühle und Interessen der
Pflegenden die des Kranken überlagern. So ist die „’Tötung aus Mitleid’ […]
immer verdächtig, Tötung aus verweigertem Mit-Leiden zu sein“[168]
Oder anders ausgedrückt: „Es ist eines, ob die Leidensfähigkeit des Leidenden
zum Ausgangspunkt genommen wird oder aber die Geduld und Bereitschaft derer,
die Leidende begleiten.“[169]
In der Praxis lassen sich das Mit-Leiden mit einem anderen Menschen und das
eigene Leiden an dessen Situation kaum auseinander-halten. Es kann nun aber
nicht einfach unterstellt werden, dass bei der Erfüllung einer Sterbehilfebitte
immer die Interessen Dritter das letztlich ausschlaggebende Moment bilden. Wer
„einem schwer leidenden Menschen in Liebe verbunden ist, ihn in seiner
Biographie, seinen Lebensanschauungen genau kennt und seinen Lebens- und
Leidensweg über längere Zeit intensiv persönlich begleitet hat“[170],
kann sich unter Umständen so in ihn hineinversetzen, dass er nicht einfach
seine eigenen Gefühle in ihn hineinprojiziert.[171]
Wer auf diese Weise das Leiden, die Verzweiflung und das Ende der Kräfte eines
Kranken miterlebt und -erleidet, kann sich dazu genötigt sehen, dessen Bitte um
Sterbehilfe zu erfüllen. Eine solche Entscheidung ist mit einer enormen
emotionalen Belastung verbunden. Die Tötung eines vertrauten Menschen dürfte
gerade von demjenigen, der sie vollzieht, nicht als die beste Lösung, sondern
als bleibendes, schmerzliches Problem empfunden werden. „Wenn aus [der]
Ohnmacht heraus, […] helfen zu wollen und zu sollen, aber doch mit keinem
Mittel wirklich helfen zu können, zum Mittel der Tötung gegriffen wird, so
entzieht sich ein solcher Schritt jeglicher allgemeiner normativer ethischer
Be- und Verurteilbarkeit […] Es gibt tragische Lebenssituationen, die sich der
normativ ethischen Erfassung und Beurteilung entziehen, in denen der Täter
allein mit seinem Gewissen vor Gott steht und in denen er schuldig wird, wie
immer er handelt …“[172]
Ausgehend von all diesen Überlegungen
sollte ein theologischer Beitrag zur ethischen Debatte um die aktive
freiwillige Sterbehilfe die folgenden Punkte berücksichtigen:
·
Aus der Sicht des
christlichen Glaubens ist jeder Art von negativen Lebenswerturteilen klar
entgegenzutreten. Weil Gott ein Gott des Lebens ist, hat der Mensch die
Aufgabe, Leben zu fördern und zu schützen. Dabei sind ihm jedoch immer wieder
Grenzen gesetzt.
·
Die Begegnung mit diesen
Grenzen provoziert die Frage nach dem Warum des Leidens. Auf diese Frage weiß
die Theologie keine Antwort. Von Ostern her lebt christlicher Glaube aber in
der Hoffnung, dass Gott auch in Leid und Tod nicht fern ist und beide
schließlich überwinden will. Diese Hoffnung kann eine Hilfe sein, das
unerklärliche Leiden auszuhalten und Leidenden beizustehen.
·
Dennoch kann und darf
christliche Theologie ihre Augen nicht davor verschließen, dass immer wieder
Menschen am eigenen Leiden oder dem Leiden anderer verzweifeln. Der Tod kann
dann als letzter Ausweg erscheinen, dem zur Qual gewordenen Leben zu entkommen.
Wer wollte ausschließen, dass der verzweifelte Abbruch eines Lebens von
der Hoffnung getragen sein kann, dass
der Sterbende im Tod bei Gott geborgen ist? Es mag vielleicht paradox
erscheinen, die Verzweiflung am Leiden und die Hoffnung, dass Gott den Tod
überwindet, zusammenzudenken. Aber kennzeichnet eine solche Spannung nicht auch
die Klage, die aus dem Gefühl der Gottverlassenheit heraus an Gott gerichtet
wird?
·
Dass es Situationen
gibt, in denen Menschen dem Leiden in einer Weise ausgeliefert sind, die sie in
den Tod treibt, kann aus der Sicht des christlichen Glaubens nicht einfach
hingenommen werden. Es ist vielmehr alles zu tun, um schwer leidenden Menschen
ihr Leben erträglich zu machen. Wo aber sämtliche Möglichkeiten der
menschlichen und medizinischen Begleitung Sterbender erschöpft sind, da
entzieht sich die Tötung auf Verlangen genauso wie die Selbsttötung jeglicher
moralischen Beurteilung. Der Versuch, lebensbeendigendes Handeln – unter
welchen Umständen auch immer – zu rechtfertigen, also für richtig zu erklären
oder gar als Recht zu fordern, führt dazu, dass Gottes unbedingtes Ja zum Leben
in Frage gestellt wird.[173]
Wer andererseits die Lebens-beendigung in extremen Grenzsituationen mit dem
Hinweis auf Gott als alleinigen Herrn über Leben und Tod verurteilt, läuft
Gefahr, die Herrschaft Gottes gegen seine Barmherzigkeit auszuspielen.[174]
Damit bewegt sich die theologische
Ethik auf einem schmalen Grat. Sie muss unterscheiden, wann aktive Sterbehilfe
vor dem Horizont des christlichen Glaubens mit aller Deutlichkeit abzulehnen
ist und welches die Grenzfälle sind, in denen sich die Theologie entschieden
eines moralischen Urteils enthalten muss. Nur auf diese Weise kann das
Problembewusstsein in Sachen Sterbehilfe jenseits einer rigoristischen Moral
gewahrt werden.[175]
Wo Menschen am Leiden zerbrechen, sind jegliche Schuldzuweisungen unangebracht.
Stattdessen könnte die Aufgabe der Theologie darin bestehen, die Hoffnung auf
die unverbrüchliche Barmherzigkeit Gottes wach zu halten.[176]
Diese Barmherzigkeit gilt auch denjenigen, die an der Grenze ihrer
Leidensfähigkeit im Tod Zuflucht zu Gott suchen und denen, die ihnen –
ebenfalls am Leiden verzweifelt – dabei helfen.
III.2.
Praktische Konsequenzen
III.2.1.
Vermeidung von Grenzsituationen
Die Beendigung eines Menschenlebens
kann aus der Sicht des christlichen Glaubens niemals als Lösung eines Problems
betrachtet werden. Es muss vielmehr alles getan werden, um zu verhindern, dass
Menschen in eine Lage geraten, in der ihnen der Tod als einziger Ausweg
erscheint. Dem Plädoyer der Kirchen für eine verbesserte palliative Pflege ist
daher uneingeschränkt zuzustimmen. Dabei ist keineswegs nur die Medizin
gefordert. Eine optimale Schmerzbekämpfung ist nur dann möglich, wenn die
Behandlung mit Medikamenten von einer intensiven menschlichen Zuwendung
begleitet wird. Der Zusammenhang von seeli-schem und körperlichem Leiden ist
heute weitgehend anerkannt. Laut Ulrich Eibach, der unter anderem als
Krankenhausseelsorger tätig ist, sind es in erster Linie seelische Leiden, die
zu einer Bitte um aktive Sterbehilfe führen.[177]
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Wie
Kranke ihren Zustand empfinden, hängt auch davon ab, welche Ideale des
Menschseins in ihrer Umgebung dominieren. Ein individualistisches Menschenbild,
in dem Autonomie, Leistungsfähigkeit und gesellschaftlicher Nutzen eine
zentrale Rolle spielen, erschwert Kranken den Umgang mit ihrer eigenen
Abhängigkeit. In der Sicht des christlichen Glaubens gehört das Angewiesensein
auf andere und insbesondere die Angewiesenheit auf Gott wesentlich zum
Menschsein dazu. Ein solches Menschenbild, in dem Hilfsbedürftigkeit keinen
Makel darstellt, gilt es im Interesse der Kranken zur Geltung zu bringen. Dabei
sind nun aber weniger theoretische Stellungnahmen als konkretes praktisches
Handeln gefragt. Das Menschenbild einer Gesellschaft wird nicht am ‚grünen
Tisch’ entworfen, sondern durch das Verhalten eines jeden Einzelnen mitgeprägt.
Die Überzeugung, dass jeder Mensch einen unverlierbaren Wert hat, muss in der
Zuwendung zu denjenigen, die auf Hilfe angewiesen sind, gelebt werden.
III.2.2.
Zum rechtlichen Umgang mit Tötungshandlungen in Grenzsituationen
Vor dem Hintergrund der
theologisch-ethischen Überlegungen soll nun noch einmal nach einer geeigneten rechtlichen
Regelung gefragt werden. Dem Verzicht auf ein moralisches Urteil in
Grenzsituationen ist es angemessen, in solchen Fällen von Bestrafung abzusehen.
Gleichzeitig muss jedoch einem möglichen Missbrauch des Grenzfallargumentes ein
Riegel vorgeschoben werden. Der rechtliche Umgang mit der Tötung auf Verlangen
darf zudem nicht deren moralische Rechtfertigung suggerieren. Lebensbeendendes
Handeln sollte vielmehr auch in ethisch unlösbaren Situationen als
gesellschaftliches Problem wahr-genommen werden.
Eine beträchtliche Schwierigkeit für
eine wie auch immer geartete rechtliche Regelung besteht darin, dass sich weder
die Freiwilligkeit der Sterbehilfebitte, noch die Ausweg-losigkeit und
Unerträglichkeit des Zustandes eines Leidenden genau messen lassen. Es mag zwar
medizinische Richtlinien dafür geben, wann therapeutische und palliative
Behandlungs-möglichkeiten erschöpft sind. Krankheit und Schmerzen werden aber
individuell ganz unterschiedlich erlebt. Das Maß des Leidens ist keineswegs nur
von physischen, sondern auch von sozialen und psychischen Faktoren abhängig. Ob
es sich bei einem konkreten Fall um einen Grenzfall handelt, der das Absehen
von Strafe rechtfertigt, lässt sich daher nicht eindeutig beweisen, sondern
kann jeweils nur mehr oder weniger plausibel gemacht werden.
Das neue niederländische
Sterbehilfegesetz spiegelt den Versuch, der beschriebenen Situation gerecht zu
werden. Der vielfach kritisierte subjektive Charakter der Sorgfaltskriterien
entspricht dem individuellen Erleben des Leidens. Die nachträgliche Überprüfung
der einzelnen Fälle soll Missbräuchen entgegenwirken. Nun wurde bereits gesagt,
dass die wirklich problematischen Fälle auch in den Niederlanden nicht gemeldet
werden. Darüber hinaus scheint es fraglich, ob das Ausfüllen eines
Meldeformulars und ein daran anschlie-ßendes standardisiertes und vor allem auf
medizinische Aspekte konzentriertes Kontroll-verfahren dem Maß an Verantwortung
gerecht wird, das jemand übernimmt, wenn er einen anderen Menschen auf dessen
Bitte hin tötet.
Zudem sollte die normative
Ausstrahlungskraft von Gesetzen nicht unterschätzt werden. Was ausdrücklich als
straffrei erklärt wird, gilt als erlaubt und damit als moralisch unbedenklich.
Die Tatsache, dass in den Kontrollkommissionen Ethikfachleute mitwirken, kann
ein solches Missverständnis fördern.[178]
Es ist meines Erachtens daher weniger wahrscheinlich, dass die niederländische
Regelung einem willentlichen Missbrauch Vorschub leistet. Das neue Gesetz kann
aber leicht als Lösung für ein eigentlich weder moralisch noch rechtlich sauber
zu lösendes Problem erscheinen und
birgt damit die Gefahr einer unbewussten Ausweitung der
Sterbehilfefälle.[179]
Als letzte Bastion gegen unerlaubte
Übergriffe auf das Leben anderer ist das „Strafrecht […] ein ‚misstrauisches’
Recht.“[180] Der
gesetzliche Lebensschutz kann daher nur suspendiert werden, wenn sich die
Ausnahmen in überzeugender Weise einschränken lassen. Eine klare Abgrenzung
scheint jedoch im Falle der aktiven Sterbehilfe nicht möglich zu sein.[181]
Die Geschichte der niederländischen
Sterbehilfepolitik zeigt, dass auch ohne eine gesetzliche Regelung in
bestimmten Fällen von Bestrafung abgesehen werden kann, nämlich dann, wenn das
Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass eine absichtlich begangene, strafbare
Tat, dem oder der Betroffenen aufgrund bestimmter Begleitumstände nicht
vorzuwerfen ist. Vielleicht kann gerade auf diese Weise das Problembewusstsein
in Sachen Sterbehilfe gewahrt werden, ohne dabei zu verkennen, dass sich
bestimmte Fälle dem moralischen Urteil entziehen.[182]
Eine solche Regelung über die Rechtsprechung beinhaltet aber auch, dass die
aktive freiwillige Sterbehilfe vor Gericht verantwortet werden muss. Besonders
für diejenigen, die aufgrund ihres Berufes häufiger mit schwerstem Leiden und
der Bitte um Sterbehilfe konfrontiert sind, stellt dies eine zusätzliche
Belastung dar. Einer unangemessenen Kriminalisierung lebensbeendenden Handelns
in Grenzsituationen muss daher durch eine öffentliche und standesethische
Debatte entgegengewirkt werden, die den unlösbaren ethischen Konflikt, vor dem
die Betroffenen in einer solchen Situation stehen, bewusst macht.
Schlusswort
Die Begegnung mit ausweglosem
unerträglichen Leiden stellt uns vor letztlich unlösbare ethische und
rechtliche Probleme. In der konkreten Wirklichkeit spielen diese theoretischen
Aporien jedoch eine untergeordnete Rolle. Krankheit, schweres Leiden und
Sterben betreffen Menschen auf einer existentiellen Ebene. Christen bilden hier
keine Ausnahme. Der Glaube, dass Gott auch in Leid und Tod nicht fern ist und
beide letztlich überwinden will, kann eine Hilfe sein, das Leiden
auszuhalten und bis zuletzt zu ertragen. Gleichzeitig wird die christliche
Hoffnung in Grenzsituationen aber selbst massiv in Frage gestellt und kann
nur wider den Augenschein festgehalten
werden. Gebet und Klage sind dafür oft der einzige Weg. Eine solche Hoffnung
allen Widerwärtigkeiten zum Trotz spiegelt sich in den Worten Dietrich
Bonhoeffers, wenn er schreibt: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem
Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die
sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder
Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie
nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn
verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden
sein…“[183]
Der Glaube an die Barmherzigkeit Gottes
darf nun aber nicht da enden, wo Menschen ihn am nötigsten brauchen: wenn sie
an ihrem eigenen Leiden oder dem Leiden, das sie anderen tragen helfen,
zerbrechen und dem Leben ein Ende machen.
An den Grenzen dessen, was Menschen tun
können, aber auch an den Grenzen dessen, was sie ertragen können, bleibt uns
nichts, als auf Gottes Barmherzigkeit zu hoffen und zu vertrauen.
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3. Zorg in lijden en sterven (7.4.2000). http://www.katholieknederland.nl/nieuws/euthanasie/
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Bisschoppenconferentie aan het proces van de ontwikkeling van wetgeving
1983-2001. http://www.katholieknederland.nl/nieuws/
euthanasie/index_11589.html (14.9.2002)
Kirchliche
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1. Gott ist ein Freund des Lebens: Herausforderungen und Aufgaben beim Schutz des
Lebens: Gemeinsame Erklärung der Evangelischen Kirche in Deutschland und der
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Kirche in Deutschland und vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz u.a.
Gütersloh 51991
2. Im Sterben: Umfangen vom Leben: Gemeinsames Wort zur Woche für das Leben 1996. /
hrsg. vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland und vom
Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. (Gemeinsame Texte 6)
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Kirche in Deutschland und vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz u.a.
4. Nachdruck. 2000 (Gemeinsame Texte 15)
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Anhang
Gesetz über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf
Verlangen
und der Hilfe bei der Selbsttötung [i]
Wir, Beatrix, von Gottes Gnaden Königin der Niederlande, Prinzessin
von Oranien-Nassau usw. –
allen, die dies lesen oder hören, Unseren Gruß! – lassen wissen:
dass Wir, in der Erwägung, dass es wünschenswert ist, in das
Strafgesetzbuch einen Strafausschließungsgrund für den Arzt
aufzunehmen, der unter Berücksichtigung der gesetzlich zu
verankernden Sorgfaltskriterien Lebensbeendigung auf Verlangen
vornimmt oder Hilfe bei der Selbsttötung leistet, und dazu gesetzliche
Vorschriften für ein Melde- und Kontrollverfahren zu erlassen,
nach Anhörung des Staatsrats und im Einvernehmen mit den
Generalstaaten folgendes Gesetz gutheißen und billigen:
KAPITEL I. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN
Artikel 1
Im Sinne dieses Gesetzes sind:
a) Unsere Minister: der Minister der Justiz und der Minister für
Gesundheit, Gemeinwohl und Sport;
b) Hilfe bei der Selbsttötung: die vorsätzliche Unterstützung eines
anderen bei der Selbsttötung oder die Verschaffung der dazu
erforderlichen Mittel im Sinne des Artikels 294 Absatz 2 Satz 2
Strafgesetzbuch;
c) der Arzt: der Arzt, der gemäß der Meldung Lebensbeendigung auf
Verlangen vorgenommen oder Hilfe bei der Selbsttötung geleistet hat;
d) der beratende Arzt: der Arzt, der in Bezug auf das Vorhaben eines
Arztes, Lebensbeendigung auf Verlangen vorzunehmen oder Hilfe bei
der Selbsttötung zu leisten, zu Rate gezogen wurde;
e) die Behandelnden: Behandelnde im Sinne des Artikels 446 Absatz
1 von Buch 7 des Bürgerlichen Gesetzbuchs;
f) die Kommission: eine regionale Kontrollkommission im Sinne des
Artikels 3;
g) Regionalinspekteur: ein Regionalinspekteur der Staatlichen
Aufsichtsbehörde für das Gesundheitswesen.
KAPITEL II. SORGFALTSKRITERIEN
Artikel 2
1. Die in Artikel 293 Absatz 2 Strafgesetzbuch genannten
Sorgfaltskriterien beinhalten, dass der Arzt
a) zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Patient seine Bitte
freiwillig und nach reiflicher Überlegung gestellt hat,
b) zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Zustand des Patienten
aussichtslos und sein Leiden unerträglich ist,
c) den Patienten über dessen Situation und über dessen Aussichten
aufgeklärt hat,
d) gemeinsam mit dem Patienten zu der Überzeugung gelangt ist,
dass es für dessen Situation keine andere annehmbare Lösung gibt,
e) mindestens einen anderen, unabhängigen Arzt zu Rate gezogen
hat, der den Patienten
untersucht und schriftlich zu den unter den
Buchstaben a bis d genannten
Sorgfaltskriterien Stellung genommen
hat, und
f) bei der Lebensbeendigung oder bei der Hilfe bei der Selbsttötung mit
medizinischer Sorgfalt vorgegangen ist.
2. Wenn ein Patient, der das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat,
nicht in der Lage ist, seinen Willen zu äußern, jedoch vor Eintritt
dieses
Zustands als zur vernünftigen Beurteilung seiner Interessen fähig
angesehen werden konnte und eine schriftliche Erklärung abgegeben
hat, die eine Bitte um Lebensbeendigung beinhaltet, kann der Arzt
dieser Bitte entsprechen. Die in Absatz 1 genannten Sorgfaltskriterien
finden sinngemäß Anwendung.
3. Wenn ein minderjähriger Patient sechzehn oder siebzehn Jahre alt
ist und als zur vernünftigen Beurteilung seiner Interessen fähig
angesehen werden kann, kann der Arzt einer Bitte des Patienten um
Lebensbeendigung oder Hilfe bei der Selbsttötung entsprechen,
nachdem der Elternteil oder die Eltern, der oder die die Gewalt über ihn
ausübt oder ausüben, beziehungsweise sein Vormund in die
Beschlussfassung einbezogen worden sind.
4. Wenn ein minderjähriger Patient zwischen zwölf und fünfzehn Jahre
alt ist und als zur vernünftigen Beurteilung seiner Interessen fähig
angesehen werden kann, kann der Arzt, wenn der Elternteil oder die
Eltern, der oder die die Gewalt über ihn ausübt oder ausüben,
beziehungsweise sein Vormund mit der Lebensbeendigung oder der
Hilfe bei der Selbsttötung einverstanden sind, der Bitte des Patienten
entsprechen. Absatz 2 findet sinngemäß Anwendung.
LEBENSBEENDIGUNG AUF VERLANGEN UND DIE HILFE BEI DER
SELBSTTÖTUNG
Abschnitt 1: Einsetzung, Zusammensetzung und Ernennung
Artikel 3
1. Es gibt regionale Kommissionen für die Kontrolle der Meldungen
von Fällen von Lebensbeendigung auf Verlangen und Hilfe bei der
Selbsttötung im Sinne des Artikels 293 Absatz 2 beziehungsweise des
Artikels 294 Absatz 2 Satz 2 Strafgesetzbuch.
2. Eine Kommission besteht aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern,
darunter in jedem Fall ein Jurist, der zugleich Vorsitzender ist, ein
Arzt
und ein Sachkundiger in Ethik- oder Sinnfragen. Zu einer Kommission
gehören auch stellvertretende Mitglieder jeder der in Satz 1 genannten
Kategorien.
Artikel 4
1. Der Vorsitzende und die Mitglieder sowie die stellvertretenden
Mitglieder werden von Unseren Ministern für die Dauer von sechs Jahren
ernannt. Eine Wiederernennung kann einmalig für die Dauer von sechs
Jahren erfolgen.
2. Eine Kommission verfügt über einen Sekretär und einen oder
mehrere stellvertretende Sekretäre, die alle Juristen sein müssen und
von Unseren Ministern ernannt werden. Der Sekretär hat bei den
Sitzungen der Kommission eine beratende Stimme.
3. Der Sekretär ist ausschließlich der Kommission Rechenschaft über
seine Tätigkeiten schuldig.
Abschnitt 2: Entlassung
Artikel 5
Der Vorsitzende und die Mitglieder sowie die stellvertretenden
Mitglieder können jederzeit auf eigenes Ersuchen von Unseren Ministern
entlassen werden.
Artikel 6
Der Vorsitzende und die Mitglieder sowie die stellvertretenden
Mitglieder können von Unseren Ministern wegen mangelnder Eignung
oder mangelnder Sachkenntnis oder aus anderen schwerwiegenden
Gründen entlassen werden.
Abschnitt 3: Besoldung
Artikel 7
Der Vorsitzende und die Mitglieder sowie die stellvertretenden
Mitglieder erhalten Sitzungsgeld sowie eine Reisekostenvergütung
gemäß den bestehenden staatlichen Regelungen, soweit nicht aus
anderen Gründen eine Vergütung für diese Kosten aus öffentlichen
Kassen geleistet wird.
Abschnitt 4: Aufgaben und Befugnisse
Artikel 8
1. Die Kommission beurteilt aufgrund der Meldung im Sinne des
Artikels 7 Absatz 2 des Gesetzes über das Leichen- und
Bestattungswesen, ob der Arzt, der die Lebensbeendigung auf
Verlangen vorgenommen oder Hilfe bei der Selbsttötung geleistet hat,
die in Artikel 2 genannten Sorgfaltskriterien eingehalten hat.
2. Die Kommission kann den Arzt ersuchen, seine Meldung schriftlich
oder mündlich zu ergänzen, wenn dies für eine angemessene
Beurteilung seines Handelns erforderlich ist.
3. Die Kommission kann beim Leichenbeschauer der Gemeinde, beim
beratenden Arzt oder bei den beteiligten Behandelnden Auskünfte
einholen, wenn dies für eine angemessene Beurteilung des Handelns
des Arztes erforderlich ist.
Artikel 9
1. Die Kommission setzt den Arzt innerhalb von sechs Wochen nach
Erhalt der in Artikel 8 Absatz 1 genannten Meldung schriftlich unter
Angabe der Gründe von ihrer Beurteilung in Kenntnis.
2. Die Kommission setzt das Kollegium der Generalstaatsanwälte und
die regionale Gesundheitsinspektion von ihrer Beurteilung in Kenntnis,
a) wenn der Arzt nach Auffassung der Kommission nicht die in Artikel
2 genannten Sorgfaltskriterien eingehalten hat oder
b) wenn eine Situation im Sinne des Artikels 12 letzter Satz des
Gesetzes über das Leichen- und Bestattungswesen gegeben ist.
Die Kommission setzt den Arzt hiervon in Kenntnis.
3. Die in Absatz 1 genannte Frist kann einmalig um höchstens sechs
Wochen verlängert werden. Die Kommission setzt den Arzt hiervon in
Kenntnis.
4. Die Kommission ist befugt, die von ihr abgegebene Beurteilung dem
Arzt gegenüber mündlich zu erläutern. Diese mündliche Erläuterung
kann auf Ersuchen der Kommission oder auf Ersuchen des Arztes
stattfinden.
Die Kommission ist verpflichtet, dem Staatsanwalt auf dessen
Ersuchen hin alle Informationen zu erteilen, die dieser benötigt
1° für die Beurteilung des Handelns des Arztes in Fällen des Artikels 9
Absatz 2 oder
2° für ein Ermittlungsverfahren.
Die Kommission setzt den Arzt von der Erteilung von Informationen an
den Staatsanwalt in Kenntnis.
Abschnitt 6: Arbeitsweise
Artikel 11
Die Kommission sorgt für die Registrierung der zur Beurteilung
gemeldeten Fälle von Lebensbeendigung auf Verlangen oder Hilfe bei
der Selbsttötung. Durch Verordnung Unserer Minister können hierzu
nähere Vorschriften erlassen werden.
Artikel 12
1. Eine Beurteilung wird durch einfache Mehrheit der Stimmen
festgestellt.
2. Eine Beurteilung kann von der Kommission nur dann festgestellt
werden, wenn alle Mitglieder der Kommission an der Abstimmung
teilgenommen haben.
Artikel 13
Die Vorsitzenden der regionalen Kontrollkommissionen beraten
mindestens zweimal im Jahr miteinander über die Arbeitsweise und das
Funktionieren der Kommissionen. Zu den Beratungen werden ein
Vertreter des Kollegiums der Generalstaatsanwälte und ein Vertreter der
Staatlichen Aufsichtsbehörde für das Gesundheitswesen eingeladen.
Abschnitt 7: Geheimhaltung und Ablehnung von
Mitgliedern
Artikel 14
Die Mitglieder und die stellvertretenden Mitglieder der Kommission
sind zur Geheimhaltung der Informationen, von denen sie bei ihren
Tätigkeiten Kenntnis erlangen, verpflichtet, es sei denn, dass eine
gesetzliche Vorschrift sie zur Mitteilung verpflichtet oder dass sich
die
Notwendigkeit zur Mitteilung aus ihrer Aufgabe ergibt.
Artikel 15
Ein Mitglied der Kommission, das bei der Behandlung eines Falls Sitz
in der Kommission hat, lehnt sich selbst ab und kann abgelehnt
werden, wenn es Tatsachen oder Umstände gibt, die die
Unparteilichkeit seines Urteils beeinträchtigen könnten.
Artikel 16
Ein Mitglied, ein stellvertretendes Mitglied und der Sekretär der
Kommission enthalten sich der Abgabe eines Urteils über das Vorhaben
eines Arztes, Lebensbeendigung auf Verlangen vorzunehmen oder Hilfe
bei der Selbsttötung zu leisten.
Artikel 17
1. Die Kommissionen legen Unseren Ministern jährlich vor dem 1. April
einen gemeinsamen Tätigkeitsbericht über das vergangene Kalenderjahr
vor. Unsere Minister setzen hierfür durch Verordnung ein Muster fest.
2. Der Tätigkeitsbericht nach Absatz 1 enthält in jedem Fall:
a) die Zahl der gemeldeten Fälle von Lebensbeendigung auf Verlangen
oder Hilfe bei der Selbsttötung, zu denen die Kommission eine
Beurteilung abgegeben hat;
b) die Art dieser Fälle;
c) die Beurteilungen und die zugrunde liegenden Erwägungen.
Artikel 18
Unsere Minister erstatten jährlich anlässlich der Einreichung des
Haushalts den Generalstaaten Bericht über das Funktionieren der
Kommissionen auf der Grundlage des Tätigkeitsberichts nach Artikel 17
Absatz 1.
Artikel 19
1. Auf Vorschlag Unserer Minister werden durch Rechtsverordnung in
Bezug auf die Kommissionen Vorschriften erlassen über
a) ihre Zahl und ihre örtliche Zuständigkeit;
b) ihren Sitz.
2. Durch oder kraft Rechtsverordnung können Unsere Minister in
Bezug auf die Kommissionen nähere Vorschriften erlassen über
a) ihren Umfang und ihre Zusammensetzung;
b) ihre Arbeitsweise und ihre Berichterstattung.
KAPITEL IV. ÄNDERUNG ANDERER GESETZE
Artikel 20
Das Strafgesetzbuch wird wie folgt geändert.
A
Artikel 293 erhält folgende Fassung:
Artikel 293
1. Wer vorsätzlich das Leben eines anderen auf dessen
ausdrückliches und ernstliches Verlangen hin beendet, wird mit
Gefängnisstrafe bis zu zwölf Jahren oder mit einer Geldstrafe der
fünften
Kategorie bestraft.
2. Die in Absatz 1 genannte Handlung ist nicht strafbar, wenn sie von
einem Arzt begangen wurde, der dabei die in Artikel 2 des Gesetzes
über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei
der Selbsttötung genannten
Sorgfaltskriterien eingehalten und dem
Leichenbeschauer der Gemeinde gemäß Artikel 7 Absatz 2 des
Gesetzes über das Leichen- und Bestattungswesen Meldung erstattet
hat.
B
Artikel 294 erhält folgende Fassung:
Artikel 294
1. Wer einen anderen vorsätzlich zur Selbsttötung anstiftet, wird, wenn
die Selbsttötung vollzogen wird, mit Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren
oder mit einer Geldstrafe der vierten Kategorie bestraft.
2. Wer einem anderen vorsätzlich bei der Selbsttötung behilflich ist
oder ihm die dazu erforderlichen Mittel verschafft, wird, wenn die
Selbsttötung vollzogen wird, mit Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren
oder
mit einer Geldstrafe der vierten Kategorie bestraft. Artikel 293 Absatz
2
gilt entsprechend.
C
In Artikel 295 wird nach „293“ hinzugefügt: „Absatz 1“.
D
In Artikel 422 wird nach „293“ hinzugefügt: „Absatz 1“.
Artikel 21
Das Gesetz über das Leichen- und Bestattungswesen wird wie folgt
geändert.
A
Artikel 7 erhält folgende Fassung:
Artikel 7
1. Wer die Leichenschau verrichtet hat, stellt einen Totenschein aus,
wenn er davon überzeugt ist, dass der Tod infolge einer natürlichen
Ursache eingetreten ist.
2. Wenn der Tod die Folge von Lebensbeendigung auf Verlangen
oder Hilfe bei der Selbsttötung im Sinne des Artikels 293 Absatz 2
beziehungsweise des Artikels 294 Absatz 2 Satz 2 Strafgesetzbuch
war, stellt der behandelnde Arzt keinen Totenschein aus und teilt die
Ursache des Todes mittels eines Formulars unverzüglich dem
Leichenbeschauer der Gemeinde oder einem der Leichenbeschauer
der Gemeinde mit. Dieser Mitteilung fügt der Arzt einen begründeten
Bericht über die Einhaltung der in Artikel 2 des Gesetzes über die
Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der
Selbsttötung genannten Sorgfaltskriterien hinzu.
3. Wenn der behandelnde Arzt in anderen als den in Absatz 2
genannten Fällen der Auffassung ist, keinen Totenschein ausstellen
zu können, teilt er dies mittels eines Formulars unverzüglich dem
Leichenbeschauer der Gemeinde oder einem der Leichenbeschauer
der Gemeinde mit.
B
Artikel 9 erhält folgende Fassung:
Artikel 9
1. Die Form und der Aufbau der Muster für den vom behandelnden
Arzt und vom Leichenbeschauer der Gemeinde auszustellenden
Totenschein werden durch Rechtsverordnung geregelt.
2. Die Form und der Aufbau der Muster für die Mitteilung und den
Bericht nach Artikel 7 Absatz 2, für die Mitteilung nach Artikel 7
Absatz 3 und für die Formulare nach Artikel 10 Absätze 1 und 2
werden auf Vorschlag Unseres Ministers der Justiz und Unseres
Ministers für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport durch
Rechtsverordnung geregelt.
C
Artikel 10 erhält folgende Fassung:
Artikel 10
1. Wenn der Leichenbeschauer der Gemeinde der Auffassung ist,
keinen Totenschein ausstellen zu können, meldet er dies mittels eines
Formulars unverzüglich dem Staatsanwalt und setzt hiervon
unverzüglich den Standesbeamten in Kenntnis.
2. Unbeschadet des Absatzes 1 informiert der Leichenbeschauer der
Gemeinde, wenn eine Mitteilung nach Artikel 7 Absatz 2 vorliegt,
mittels eines Formulars unverzüglich die in Artikel 3 des Gesetzes
über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe
bei der Selbsttötung genannte regionale Kontrollkommission. Dabei
übersendet er auch den begründeten Bericht nach Artikel 7 Absatz 2.
D
Dem Artikel 12 wird folgender Satz angefügt:
Wenn der Staatsanwalt in den in Artikel 7 Absatz 2 genannten
Fällen der Auffassung ist, keine Unbedenklichkeitsbescheinigung für
ein Begräbnis oder eine Feuerbestattung ausstellen zu können, setzt
er unverzüglich den Leichenbeschauer der Gemeinde und die in Artikel
3 des Gesetzes über die Kontrolle der Lebensbeendigung auf
Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung genannte regionale
Kontrollkommission hiervon in Kenntnis.
E
In Artikel 81 Ziffer 1 wird „7 Absatz 1“ ersetzt durch „7 Absätze 1 und
2“.
Artikel 22
Das Allgemeine Gesetz über das Verwaltungsrecht wird wie folgt
geändert.
In Artikel 1:6 wird am Ende von Buchstabe d der Punkt durch ein
Semikolon ersetzt und wird folgender Buchstabe angefügt:
e) Beschlüsse und Handlungen zur Durchführung des Gesetzes über
die Kontrolle der Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei
der Selbsttötung.
Artikel 23
Dieses Gesetz tritt zu einem durch Königlichen Erlass
festzulegenden Zeitpunkt in Kraft.
Artikel 24
Dieses Gesetz wird zitiert als: Gesetz zur Kontrolle der
Lebensbeendigung auf Verlangen und der Hilfe bei der Selbsttötung.
Wir ordnen an, dass dieses Gesetz im Staatsblatt veröffentlicht wird
und dass alle zuständigen Ministerien, Behörden, Gremien und
Beamten für eine ordnungsgemäße Durchführung sorgen.
Der Minister der Justiz
Die Ministerin für
Gesundheit, Gemeinwohl und Sport
[1] Das Gesetz findet sich in deutscher Fassung im Anhang dieser Arbeit.
[2] Im Staat Northern Territory in Australien wurde 1995 auf ähnliche Weise die aktive Sterbehilfe legalisiert, das Gesetz wurde jedoch 1997 wieder zurückgenommen, vgl. dazu Zimmermann-Acklin, Euthanasie, 1997, S.130-134; Eser, Art. Sterbehilfe, 2. Rechtlich, 1998, S.450.
[3] An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass sich viele der neueren und neusten Publikationen noch auf die Zeit vor der gesetzlichen Neuregelung beziehen.
[4] Vgl. Fasselt, Art. Sterbebeistand/ Sterbebegleitung, 1998, S.440-444.
[5] Zimmermann-Acklin, Euthanasie, 1997, S.157; Im internationalen Sprachgebrauch ist der aus dem Griechischen stammende Euthanasiebegriff weit verbreitet, während im deutschsprachigen Raum aufgrund der missbräuchlichen Euthanasiepraxis in der NS-Diktatur der Begriff der Sterbehilfe bevorzugt wird.
[6] Schara/ Beck, Art. Sterbehilfe, 1. Zum Problemstand, 1998, S.445; Es ist zu beachten, dass nach dieser im deutschen Sprachraum gebräuchliche Definition nur dann von aktiver Sterbehilfe gesprochen wird, wenn sie die Tötung des Patienten zum Ziel hat. Die Aktiv-passiv-Unterscheidung wird also teilweise mit der Direkt-indirekt-Unterscheidung vermischt.
[7] Ebd.
[8] Fischer, Sterbehilfe, 1996, S.110f, nennt als beispielhafte Vertreter dieser Position H.M.Kuitert, H.Kuhse und P.Singer; zur Aktiv-passiv-Unterscheidung vgl. ebd., S.110-115; Schuster, Art. Sterbehilfe, 3. Ethisch, 1998, S.451f.; Zimmermann-Acklin, Euthanasie, 1997, S.277-281.
[9] Vgl. Fischer, Sterbehilfe, 1996, S.111-114; Diese Wahrnehmung kann nicht ohne weiteres als bloße Konvention bezeichnet werden, da Menschen zwar im Zweifelsfalle den Zeitpunkt ihres Todes wählen können, aber nicht darüber verfügen können, zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu sterben.
[10] Vgl. Eser: Art. Sterbehilfe, 2. Rechtlich, 1998, S.449.
[11] Vgl. Ach/ Gaidt, Wehret den Anfängen?, 2000, 426f.
[12] Vgl. Mettner, Einführung, 2001, S.13f.
[13] Vgl. Gordijn, Euthanasie, 1997, S.4f. Übersetzungen ins Deutsche geben den niederländischen Euthanasiebegriff z.T. mit „Sterbehilfe” wieder, was zu zusätzlicher Verwirrung führen kann. Zusammenfassend werden die verschiedenen Formen der Sterbehilfe in den Niederlanden meist als „medizinische Entscheidungen am Lebensende” bezeichnet.
[14] Ich nehme damit den Begriff des „physician-assisted death” auf, den Gordijn/ Janssenes/ Schade/ Wanrooij, Netherlands, 2001, S.136 verwenden.
[15] Zum moralischen Unterschied, aber auch zu den fließenden Grenzen zwischen aktiver freiwilliger Sterbehilfe und Beihilfe zum Selbstmord vgl. Spaemann/ Fuchs, Töten oder Sterben lassen, 1997, S.85-87.
[16] Vgl. Art.20f. des neuen niederländischen Sterbehilfegesetzes.
[17] Vgl. ebd. Art. 3-19.
[18] Vgl. ebd. Art.2, Abs. 2-4.
[19] Vgl. dazu die in Zusammenarbeit des niederländischen Außenministeriums mit den Ministerien für Justiz und für Gesundheit, Gemeinwohl und Sport herausgegebene Informationsbrochure FAQ Sterbehilfe, S.4f.
[20] Zum folgenden Abschnitt vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasie in den Niederlanden, 2000; Gordijn, Euthanasie, 1997; Gordijn/ Janssenes/ Schade/ Wanrooij, Netherlands, 2001; Legemaate, Dutch Experience, 1998.
[21] In Großbritannien und den USA wurden z.B. schon viel früher Euthanasiegesellschaften gegründet, vgl. Gordijn, Euthanasie, 1997, S.4.
[22] Vgl. dazu ausführlich Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasie in den Niederlanden, 2000, S.277f.
[23] Vgl. van den Berg, Jan Hendrik: Medische macht en medische ethiek, Nierkerk 1969.
[24] Hier liegen die Anfänge der später sog. Sorgfaltskriterien.
[25] 1975 befürworteten 52,6% der Niederländer diese Praxis, vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasie in den Niederlanden, 2000, S.286.
[26] Koninklijke Nederlandsche Maatschappij tot bevordering der Geneeskunst (KNMG)
[27] Die Sorgfaltskriterien wurden in diesem Zusammenhang v.a. hinsichtlich der Freiwilligkeit der Sterbehilfe präzisiert. Sie legten fest, dass eine beständige Bitte des Patienten vorliegen müsse, die ohne äußeren Zwang und aufgrund ausreichender Information zustande gekommen sei. Darüber hinaus wurde die Konsultation eines Fachkollegen vor dem Vollzug der Sterbehilfe unter die vom Arzt zu erfüllenden Bedingungen aufgenommen, vgl. Gordijn/ Janssenes/ Schade/ Wanrooij, Netherlands, 2001, S.139.
[28] Vgl. Art.40 des niederländischen StGB: „Wer unter einem nicht zu widerstehenden Druck zu einem Verbrechen gezwungen wird, ist nicht zu bestrafen.”, zitiert nach Gordijn, Euthanasie, 1997, S.11, Anm. 22.
[29] Da ärztlich assistiertes Sterben keine natürliche Todesursache darstellt, kann weder der behandelnde Arzt noch der örtliche Leichenbeschauer den für die standesamtliche Bestattungserlaubnis erforderlichen Totenschein ausstellen. In solchen Fällen muss die zuständige Staatsanwaltschaft informiert werden. Bis 1990 geschah dies auf sehr unterschiedliche Art und Weise. 1990 wurde folgendes Verfahren eingeführt: der Arzt informiert mit Hilfe eines umfassenden Formulars den örtlichen Leichenbeschauer ausführlich über jeden Fall von aktiver Sterbehilfe und Beihilfe zum Suizid, woraufhin dieser die Staatsanwaltschaft einschaltet. Der Staatsanwalt prüft den Bericht des Arztes anhand der Sorgfaltskriterien und entscheidet dann, ob gegen den betreffenden Arzt ein Verfahren eingeleitet werden muss, vgl. Gordijn, Euthanasie, 1997, S.10.
[30] Vgl. J.P. van der Maas u.a., Medische beslissingen rond het levenseinde: Commissie onderzoek medische praktijk inzake euthanasie, Den Haag 1991. Die im Folgenden zitierten Zahlen entstammen einer weiteren empirischen Untersuchung von 1995/96, vgl. van der Wal/ van der Maas, Euthanasie en andere medische beslissingen, 1996, S.51; 110. Die Ergebnisse von 1990/91 werden dort vergleichend mitgeführt.
[31] Auf den kulturgeschichtlichen Hintergrund dieser spezifisch niederländischen Duldungspolitik, die ein grundsätzliches Verbot mit einem Höchstmaß an Kontrolle für die dennoch stattfindenden Fälle zu verbinden sucht, kann hier nicht näher eingegangen werden, vgl. dazu Gordijn, Euthanasie, 1997, S.14-17.
[32] Vgl. van der Wal/ van der Maas, Euthanasie en andere medische beslissingen, 1996, S.90; 5; 110.
[33] Da es sich bei den ermittelten Zahlen um extrapolierte Schätzwerte handelt, ist dieser minimale Rückgang jedoch mit Vorsicht zu bewerten, vgl. Gordijn, Euthanasie, 1997, S.20, Anm.46.
[34] Die Furcht vor einer Strafverfolgung, die 36% der Ärzte als Grund angaben, war dabei eine, keineswegs aber die alleinige Ursache. Auch der Gedanke an bloße gerichtliche Nachforschungen bildete eine Hemmschwelle, vgl. van der Wal/ van der Maas, Euthanasie en andere medische beslissingen, 1996, S.119.
[35] Bis zum 1.4.2002 mussten diese Komissionen ihr Ergebnis grundsätzlich dem zuständigen Staatsanwalt vorlegen, der dann über die Strafvervolgung des betreffenden Arztes entschied. Nach der neuen Regelung muss die Staatsanwaltschaft nur noch im Verdachtsfalle eingeschaltet werden.
[36] Vgl. Gordijn/ Janssenes/ Schade/ Wanrooij, Netherlands, 2001, S.145f.
[37] Vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasie in den Niederlanden, 2000, S.276; Gordijn, Euthanasie 1997, S.3.
[38] Die Einteilung der niederländischen Sterbehilfedebatte in drei Perioden ist allerdings nicht im Sinne einer scharfen Trennung zu verstehen, sondern als eine allmähliche Schwerpunktverlagerung in der Diskussion.
[39] Vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasia, 1998, S.47.
[40] Die Beschränkung auf die Niederlande wird dabei aufgegeben.
[41] Vgl. Zimmermann-Acklin, Töten oder Sterbenlassen, 2001, S.55-65. Ich übernehme von Zimmermann-Acklin v.a. die Einteilung in die drei Ebenen.
[42] So lassen z.B. die meisten niederländischen Autoren weder die Aktiv-passiv- noch die Direkt-indirekt-Unterscheidung in moralischer Hinsicht gelten, vgl. z.B. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasia, 1998, S.44; dazu kritisch ten Have, Power of Medicine, 1998, S.215f.
[43] S.o.S.4f; Im Sinne der Beschränkung dieser Arbeit auf die ethischen Probleme des ärztlich unterstützten Sterbens kann auf Fragen der Handlungstheorie nicht näher eingegangen werden.
[44] Vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasie in den Niederlanden, 2000, S.299; vgl. dagegen Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.210f; Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.79.
[45] Fuchs bezeichnet die Tötung auf Verlangen als „äußerste[n] Ausdruck eines im Grunde cartesianischen Dualismus: im Dienst eines rationalen Subjekts dessen Körper zu töten, oder die Seele von ihrem Leib zu befreien.”, Spaemann/ Fuchs, Töten oder Sterben lassen?, 1997, S.79f.
[46] Vgl. Pieper, Art. Autonomie, 1998, S.291; van Willigenburg u.a., Ethiek, 1998, S.41-44.
[47] Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.204, zitiert verschiedene Umfragen, denen zufolge sich v.a. junge Menschen unter 30 Jahren und mehr Menschen aus gebildeten Kreisen – d.h. „sehr auf ihre ‚geistige Autonomie’ und ihre ‚Selbstbestimmung’ bedachte Menschen” - für die aktive Sterbehilfe aussprechen, während „alte und todkranke Menschen, also die Betroffenen, überwiegend alle Formen der ‚Euthanasie’ ablehnen”; vgl. auch ebd. S.222; Zimmermann-Acklin, Töten oder Sterbenlassen?, 2001, S.56f;
Pieper, Art. Autonomie, 1998, S.291f. weist auf die komplizierte Gratwanderung zwischen Fürsorge und bevormundendem Paternalismus im Arzt-Patienten-Verhältnis hin.
[48] Immanuel Kant, der das ethische Verständnis des Autonomiebegriffs maßgeblich geprägt hat, sah im Selbstmord gerade eine „Absage an Autonomie und Freiheit des Menschen”, vgl. Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.19; In ähnlicher Weise äußert sich Gordijn, Euthanasie, 1997, S.31;
Nach Thomas Fuchs sichern „Freiheitsrechte [...] die Rahmenbedingungen für die autonome Entfaltung der Person. Eben deshalb fand das Prinzip der Selbstbestimmung gerade in den liberalen Gesellschaften dort seine Grenze, wo die Person selbst ihre Freiheit oder leibliche Unversehrtheit anderen übereignen will..”, Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1998, S.65.
[49] Die ärztlichen Pflichten werden z.T. unter dem Prinzip der Wohltätigkeit (beneficence) subsumiert, vgl. z.B. Griffiths, Slippery Slope, 1998, S.94; de Haan, Ethics of Euthanasia, 2002, S.154f.
[50] Die Unerträglichkeit eines Zustandes ist eine in hohem Maße subjektive Angelegenheit. Hier wird der Arzt das Urteil des Patienten in den Grenzen dessen, was weiter oben über die Autonomie gesagt wurde, akzeptieren müssen.
[51] Vgl. dazu die Entscheidung im Schoonheim-Fall, Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasie in den Niederlanden, 2000, S.286f; de Haan, Ethics of Euthanasia, 2002, S.155.
[52] Vgl. ten Have, Power of Medicine, 1998, S.215f.
[53] Vgl. Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.72f. Fuchs zitiert hier die „alte ärztliche Grundregel” des Primum nil nocere – zuallererst nicht schaden.
[54] Dieser Vorwurf betrifft sowohl die Ärzte als auch die um aktive Sterbehilfe bittenden Patienten, vgl. dazu ten Have, Power of Medicine, 1998, S.205f; Zum Zusammenhang von Lebensverlängerung um jeden Preis und aktiver Sterbehilfe als Formen der medizinischen Naturbeherrschung vgl. auch Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.31f.
[55] Vgl. Welie, Why Physicians?, 2002, S.42f.
[56] Vgl. ten Have, Power of Medicine, 1998, S.216f.
[57] Vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasie in den Niederlanden, 2000, S.281.
[58] Dieser Standpunkt wird z.B. von der Ärztevereinigung KNMG vertreten, der die überwiegende Mehrzahl der niederländischen Ärzte angehört, vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasia, 1998, S.64.
[59] Vgl. z.B. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.211f; Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.59f; ten Have, Power of Medicine, 1998, S.214.
[60] Vgl. dazu Griffiths, Slippery Slope, 1998, S.94f.
[61] Die Würde des Menschen und der Wert seines Lebens werden im folgenden Abschnitt gemeinsam betrachtet. Eine solche Zusammenschau legt sich durch die enge Verwandtschaft beider Begriffe nahe. Der Begriff der Würde ist etymologisch nicht von dem des Wertes zu trennen, vgl. Kluge, Etymologisches Wörterbuch, 1995, S.898. Das Leben eines Menschen charakterisiert sein Sein als Ganzes, so dass es kaum möglich sein dürfte zwischen dem Menschen und seinem Leben einen Unterschied zu machen.
[62] Nach der niederländischen Studie von 1995/96 gaben die befragten Ärzte für 56% der Sterbehilfebitten u.a. die Angst vor einem drohenden Würdeverlust als Grund an. Diese Angst war damit – nach aussichtslosem, unerträglichem Leiden (74%) – die am zweithäufigsten genannte Ursache der Tötungswünsche, vgl. van der Wal/ van der Maas, Euthanasie, 1996, S.57.
[63] Meist werden in diesem Zusammenhang Kapazitäten des Bewusstseins genannt, die zur Ausbildung einer Persönlichkeit notwendig sind, vgl. Eibach, Sterbehilfe 1998, S.60; Strohm, Sanctity or Quality, 1993, S.172.
[64] Vgl. Eibach, Gesundheit, 2001, A900; vgl. Ders. Sterbehilfe, 1998, S.60-64; 266, Anm. 9.
[65] Im Hintergrund stehen hier die jüdisch-christliche Tradition und die Philosophie I. Kants, der die Würde des Menschen von seiner Freiheit und Moralfähigkeit her begründet, sie dann aber allen Menschen unabhängig von ihren konkreten Fähigkeiten zuschreibt, vgl. Schwartländer, Art. Menschenwürde, 1998, S.685f; Pieper, Art. Autonomie, 1998, S.289f; Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.61f.
[66] Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.103, weist auf die grundsätzliche Problematik der Rede vom menschenwürdigen Sterben hin. Dadurch könne ein fragwürdiges Ideal vom würdigen Tod befördert werden, dass bei Sterbenden und Pflegenden einen gewissen Leistungsdruck und schließlich Resignation erzeugt. Menschenwürdig bzw. -unwürdig sind nicht Krankheit, Leid und Tod sondern der äußere Umgang mit Kranken und Sterbenden.
[67] Vgl. dazu Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.196f; Eine Unterscheidung zwischen zulässigen Lebensqualitäts-urteilen und unzulässigen Lebenswerturteilen, wie sie de Haan, Ethics of Euthanasia, 2002, S.161, vorschlägt, hilft hier nicht weiter, da eine Tötung in jedem Fall letzteres vorauszusetzen scheint.
[68] Vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.206f; 213; 219-223; Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997 S.21; ten Have, Power of Medicine, 1998, S.210f.
[69] So z.B. Peter Singer, vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.60.
[70] Verbirgt sich hier nicht ein ähnlicher Speziezismus? Die Kategorie des (selbst-)bewussten Lebens scheint doch deutlich am Menschen gewonnen zu sein.
[71] Die Bewertung hängt zum Beispiel davon ab, ob die unverlierbare Menschenwürde als unberechtigte Benachteiligung der Tiere oder als Solidaritätserklärung mit versehrtem menschlichem Leben betrachtet wird.
[72] Vgl. Art. 1 des Grundgesetzes.
[73] Vgl. Schwartländer, Art. Menschenwürde, 1998, S.686f; Man kann daher fragen, ob es sinnvoll ist, einen bewährten Grundsatz zugunsten eines nicht besser begründbaren aber wesentlich instabileren Prinzips aufzugeben.
[74] An Stelle eines größeren Verantwortungsbewusstseins für tierisches Leben kann ein pathozentrischer Ansatz der Ethik auch eine einseitige Entsolidarisierung mit bestimmten Menschen nach sich ziehen. Es ist daher zu fragen, ob sich ein verantwortungsvoller Umgang mit Tieren nicht auch ohne die Aufgabe der universalen Menschenwürde begründen ließe.
[75] Vgl. Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.80.
[76] Vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.199.
[77] Vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasia, 1998, S.51; 64.
[78] Vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.199-202. Laut Eibach ist in den Sterbehilfebitten „fast immer [...] ein Schrei nach Zuwendung und Liebe, ein Ruf nach Hilfe im Sterben” zu sehen, ebd. S. 201; vgl. außerdem Gordijn, Euthanasie, 1997, S.32-34; 42; Sohn/ Csef, Germany, 2001, S.78; zu den Grenzen palliativer Behandlungs-möglichkeiten vgl. ebd. S.67f.
[79] Auch wenn der Arzt nicht für das Leiden als solches verantwortlich gemacht werden kann, scheint es problematisch, den Sterbenden mit einem Hinweis auf den „Lauf der Natur” seiner Agonie zu überlassen, vgl. dazu Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.216.
[80] Vgl. ebd., S.208-210; 214f.
[81] Das Urteil des Arztes dürfte in den meisten Fällen vor allem von den medizinischen Möglichkeiten zur Schmerzbekämpfung bestimmt sein. Es besteht daher die Gefahr, dass die psycho-soziale Seite des Leidens vernachlässigt wird.
[82] Vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.204; 210-213; 216; Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.38; 56-59; Gordijn, Euthanasie, 1997, S.32; 40;
Ten Have, Power of Medicine, 1998, S.211-214, macht deutlich, dass das niederländische Modell auf einem großen Vertrauen in die moralische Integrität der Ärzteschaft basiert. Er fragt, ob hier nicht etwas mehr Skepsis angebracht wäre; vgl. auch Jochemsen, Objections, 1998, S.232.
[83] Die Ärzteschaft ist hinsichtlich einer Legalisierung der aktiven Sterbehilfe im Übrigen recht unterschiedlich eingestellt, vgl. Thomasma u.a., Asking to Die, 1998, S.498; Ist die Legalisierung vielleicht eher ein Anliegen der Juristen, die in einer Regelung über die Rechtsprechung den weniger eleganten Weg sehen und einer Vermischung von gesetzgebender und rechtsprechender Gewalt vorbeugen wollen?
[84] Vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.215f; ten Have, Power of Medicine, 1998, S.217-220, weist auf die Bedeutung kultureller Unterschiede für den jeweiligen rechtlichen Umgang mit der aktiven Sterbehilfe hin. Den Versuch, ethische Theorie und Praxis zur Deckung zu bringen, betrachtet er als typisch niederländisch. Der daraus resultierenden Duldungspolitik steht eine normative Politik gegenüber, die ihre Ideale nicht als erreichbare Ziele, sondern als eine Art Richtungsvorgabe versteht.
[85] Es ist z.B. unwahrscheinlich, dass ein Arzt vor der Durchführung einer kriminellen Handlung einen Kollegen zu Rate zieht; vgl. auch Sohn/ Csef, Germany, 2001, S.69f.
[86] Vgl. dazu auch Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.217f.
[87] Griffiths, Slippery Slope, 1998, S.94f. unterscheidet begrifflich-logische (conceptual) und empirische (empirical) Dammbruchargumente. Auf erstere wurde im Zusammenhang der prinzipiellen Argumente bereits verschiedentlich hingewiesen, s.o.S.18; 20.
[88] Die Auseinandersetzung wird vom eigentlichen Problem weg auf seine zukünftigen Folgen gelenkt.
[89] Zimmermann-Acklin, Töten oder Sterbenlassen?, 2001, S.64; vgl. außerdem Ach/ Gaidt, Wehret den Anfängen?, 2000, S.427-429; 433f; Griffiths, Slippery Slope, 1998, S.93-95.
[90] Vgl. dazu Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.207; 211f; 221f; Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.23f.
[91]Zur NS-Euthanasie sowie den Parallelen und Unterschieden zur heutigen Sterbehilfedebatte vgl. ausführlich Ach/ Gaidt, Wehret den Anfängen, 2000, S.434-437; vgl. außerdem Sohn/ Csef, Germany, 2001, S.71-74, bes. S.74; Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.21f; 63.
[92] Zitiert nach ten Have/ Welie, Euthanasie, 1993, S.66.
[93] Vgl. ten Have/ Welie, Euthanasie, 1993, S.65-71; Jochemsen, Objections, 1998, S.228-230; Griffiths, Slippery Slope, 1998, S.96; 101; Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasia, 1998, S.35-38.
[94] Genauso wenig lässt sich allerdings eine Entwarnung daraus ableiten.
[95] Vgl. Griffiths, Slippery Slope, 1998, S.96-100, Bei einem Vergleich mit einigen australischen und us-amerikanischen Daten kommt Griffiths zu dem Ergebnis, dass die niederländischen Zahlen keinen Anlass zur Besorgnis geben, ja z.T. sogar niedriger als die der beiden anderen Länder sind; Ganz anders liest sich dagegen der vorsichtige internationale Vergleich, den van der Wal und van der Maas, Empirical Research, 1998, S.165f, präsentieren.
[96] Vgl. Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasia, 1998, S.50; Griffiths, Slippery Slope, 1998, S.93;
101f.
[97] Nach Angabe der Informationsbroschüre FAQ Sterbehilfe des niederländischen Außenministeriums ist eine neue Studie bereits in Arbeit, vgl. ebd. S.22.
[98] Vgl. van der Wal/ van der Maas, Euthanasie en andere medische beslissingen, 1996, S.72
[99] Vgl. Ach/ Gaidt, Wehret den Anfängen, 2000, S.442; Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.222.
[100] Vgl. Spaemann/ Fuchs, Töten oder sterben lassen?, 1997, S.19; 25-27; 89f; Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.219-222; Kimsma/ van Leeuwen, Euthanasia, 1998, S.61;
Ach/ Gaidt, Wehret den Anfängen?, 2000, S.437f. weisen auf die Gefahr einer „Verinnerlichung eugenischer Normen” hin; vgl. dazu auch Körtner, Evangelische Sozialethik, 1999, S.221, der ähnliche Probleme im Zusammenhang der pränatalen Diagnostik anspricht.
[101] Vgl. Petitie (13. März 2001).
[102] Zu den Samen-op-Weg-Kirchen (SoW) zählen die Nederlandse Hervormde Kerk, die Gereformeerde Kerken in Nederland und die Evangelisch-Lutherse Kerk in het Koninkrijk der Nederlanden.
[103] Vgl. Toelichting Samen op Weg-kerken (13. März 2001). Der Text nimmt zu großen Teilen die Reaktion der SoW-Kirchen auf den 1999 eingebrachten Gesetzesentwurf auf, vgl. hierzu Verklaring Samen op Weg-kerken (November 1999).
[104] Im Hintergrund steht hier also die Überzeugung, dass die Tötung auf Verlangen nicht zu den beruflichen Aufgaben des Arztes zählt.
[105] Euthanasie en Pastoraat thematisiert die Möglichkeiten zur seelsorgerlichen Begleitung im Zusammenhang der Tötung auf Verlangen. Die Handreichung wurde 1985 an alle gereformeerden und hervormden Gemeinden geschickt und nach deren Reaktionen 1987 um einen Folgebericht ergänzt. Zu den im Kontext dieser Arbeit besonders wichtigen theologischen Überlegungen, vgl. Euthanasie en Pastoraat, 1988, S.17-27; 74-83.
[106] Ebd. S.18, Übersetzung der Verfasserin. Als biblischer Beleg dient in diesem Zusammenhang Mt 25,14-30.
[107] Vgl. ebd. S.21f. mit Verweis auf Mk 2,23-28, bes. V.27f: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen. So ist der Menschensohn ein Herr auch über den Sabbat.“
[108] Vgl. ebd. S.24f; 83 unter Verweis auf Gal 5.
[109] Ebd. S.23, Übersetzung der Verfasserin.
[110] Ebd. S.26, Übersetzung der Verfasserin.
[111] Vgl. Reactie van de Nederlandse R.-K. Bisschoppenconferentie (Oktober 1999).
[112] Vgl. Herderlijk schrijven over lijden en sterven van zieken (5.März 1985); In der Reaktion auf den Gesetzesentwurf von 1999 wird ausdrücklich auf dieses Schreiben zurückverwiesen. In einem Geleitwort zu der 2002 erschienenen Sammelpublikation sämtlicher Stellungnahmen der niederländischen Bischofskonferenz zur aktiven Sterbehilfe wird der Hirtenbrief neben der Broschüre Zorg in lijden en sterven vom April 2002, die sich v.a. mit der palliativen Pflege beschäftigt, als für den katholischen Standpunkt zentrales Dokument genannt, vgl. Euthanasie en menselijke waardigheid.
[113] Dieses und die folgenden Zitate entstammen dem Herderlijk schrijven over lijden en sterven van zieken (5.März 1985), Übersetzung der Verfasserin; Die verwendete Internetquelle enthielt keine Seitenzahlen. Genauere Angaben sind daher nicht möglich.
[114] Vgl. Stellungnahme des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (11.4.2001); Stellungnahme zur gesetzlichen Freigabe aktiver Sterbehilfe in den Niederlanden (11.4.2001).
[115] Vgl. Gott ist ein Freund des Lebens (1989); Im Sterben: Umfangen vom Leben (1996); Christliche Patienten-verfügung (1999).
[116] Christliche Patientenverfügung, 2000, S.9.
[117] Gott ist ein Freund des Lebens, 1991, S.40.
[118] Christliche Patientenverfügung, 2000, S.11; vgl. dazu auch Gott ist ein Freund des Lebens, 1991, S.41.
[119] Vgl. Gott ist ein Freund des Lebens, 1991, S.107.
[120] Vgl. Ebd. S.23; 106.
[121] Christliche Patientenverfügung, 2000, S.11.
[122] Gott ist ein Freund des Lebens, 1991, S.106.
[123] Im Sterben: Umfangen vom Leben, 1996, S.10.
[124] Christliche Patientenverfügung, 2000, S.10.
[125] Gott ist ein Freund des Lebens, 1991, S.105.
[126]
Vgl. Gott ist ein Freund des Lebens, 1991, S.50. In diesem Zusammenhang
wird der 68. Psalm zitiert: „Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns
auch.“ (Ps 68,20)
[127] Ebd. S.51.
[128] Im Sterben: Umfangen vom Leben, 1996, S.13; vgl. auch ebd. S.11.
[129] Christliche Patientenverfügung, 2000, S.11.
[130] Gott ist ein Freund des Lebens, 1991, S.109.
[131] Ebd.
[132] Ebd. S.51.
[133] Vgl. ebd. S.107.
[134] Wenn der Auseinandersetzung mit den Positionen Kuiterts und Küngs hier relativ viel Platz eingeräumt wird, so geschieht dies mit dem Ziel, das theologische Meinungsspektrum nach allen Seiten auszuleuchten. Argumente, die aus theologischer Sicht gegen die aktive freiwillige Sterbehilfe sprechen, wurden ja bereits mit den kirchlichen Stellungnahmen thematisiert.
[135] Vgl. Kuitert, Der gewünschte Tod, 1991, S.67-69.
[136] Ebd. S.85; vgl. auch S.84.
[137] Vgl. ebd. S.94f; Kuitert führt hier die Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus gegen eine natürliche Theologie ins Feld, um seinen Opponenten Eberhard Jüngel mit dessen eigenen Waffen zu schlagen.
[138] Ebd. S.87.
[139] Vgl. ebd. S.86-88.
[140] Ebd. S.88f.
[141] Küng, Menschenwürdig sterben, 1995, S.53; vgl. auch S.71f.
[142] Vgl. ebd. S.60.
[143] Vgl. ebd. S.57.
[144] Vgl. ebd. S.60; Küng verweist in diesem Zusammenhang mehrfach auf Parallelen der aktuellen Sterbehilfedebatte zur früheren Diskussion um die Empfängnisverhütung, vgl. ebd. S. 59; 67.
[145] Vgl. ebd. S.46.
[146] Ebd. S.54.
[147] Vgl. ebd. S.62-64.
[148] Ebd. S.74.
[149] Ebd.
[150] Vgl. ebd S.16-18, Küng spricht hier von einer Spiritualität des memento mori, die es schon während des Lebens einzuüben gelte; vgl. außerdem S.34-38.
[151] Ebd. S.75.
[152] Vgl. ebd. S.48; 65-67; 71.
[153] Zur Beteiligung Dritter bei der Lebensbeendigung vgl. Kuitert, Der gewünschte Tod, 1991, S.73; Küng, Menschenwürdig Sterben, 1995, S.60; 62.
[154] Vgl. z.B. Lk 11,20.
[155] Vgl. Mk 15,34; Mt 27,46.
[156] Oder wie soll man Kuitert sonst verstehen, wenn er meint, der Körper des Kranken könne „Gott nicht mehr zur Ehre gereichen“?, s.o.S.37.
[157] S.o.S.38.
[158] Vgl. Hiob 2,9f. Die Worte der Frau Hiobs könnten immerhin als Aufforderung zur Selbsttötung verstanden werden. Mit seiner fragenden Antwort schließt Hiob diese Möglichkeit für sich aus.
[159] Vgl. Lk 23,46.
[160] Neben dem bereits erwähnten Verzweiflungsschrei des Gekreuzigten, der aus dem 22. Psalm stammt, sei hier an die Klage und den Protest Hiobs und an die zahlreichen Klagepsalmen erinnert, die im Buch des Psalters die am häufigsten vorkommende Gattung darstellen, vgl. z.B. Ps 88.
[161] In den Klagepsalmen sind häufig das Bekenntnis der Zuversicht auf Gottes Beistand und die Bitte um Antwort mit enthalten, vgl. z.B. Ps 38.
[162] Die Frage nach der Freiheit des Menschen führt in das Feld von Sünde und Rechtfertigung und damit ins Zentrum christlicher Anthropologie. Eine nähere Entfaltung dieser Themen würde den Rahmen dieser Arbeit weit überschreiten. Im Folgenden seien nur einige zentrale Punkte genannt.
[163] Vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.209.
[164] Vgl. ebd. S.199.
[165] Erinnert sei hier an die Antwortversuche der Freunde Hiobs, die am Ende des Hiobbuches ausdrücklich zurückgewiesen werden, vgl. Hiob 42,7f.
[166] Vgl. Körtner, Bedenken, dass wir sterben müssen, 1996, S.58-60.
[167] Vgl. Fischer, Sterbehilfe, 1996, S.119.
[168] Leitsätze des Arbeitskreises „Arzt und Seelsorger“ der Evangelischen Akademie Iserlohn, zitiert nach Körtner, Bedenken, dass wir sterben müssen, 1996, S.64.
[169] Schneider-Flume, Menschenwürdig sterben, 1998, S.367.
[170] Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.208.
[171] Dieses Argument dürfte allerdings in besonderer Weise für die Angehörigen des Kranken und erst in zweiter Linie für den Arzt gelten.
[172] Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.208f.
[173] Kuiterts und Küngs Plädoyer für ein selbstverantwortliches Sterben sind hierfür ein Beispiel.
[174] Die Stellungnahmen der deutschen Kirchen sowie der katholischen Kirche in den Niederlanden tendieren wenigstens teilweise in diese Richtung.
[175] Mit ihrer spannungsreichen Argumentation kommen die SoW-Kirchen diesem Anliegen vielleicht am nächsten, wobei sie letztlich doch der Versuchung erliegen, die aktive Sterbehilfe rechtfertigen zu wollen.
[176] Vgl. Fischer, Sterbehilfe, 1996, S.125.
[177] Vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.200-203.
[178] Vgl. Gordijn, Euthanasie, 1997, S.40.
[179] An dieser Stelle sei auf die o.g. Dammbruchargumente zurückverwiesen, vgl. S.17; 19; 23-26.
[180] Eser, Möglichkeiten und Grenzen, 1995, S.151.
[181] Vgl. Eibach, Sterbehilfe, 1998, S.216.
[182] Vgl. dazu auch Eser, Möglichkeiten und Grenzen, 1995, S.176
[183] Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung, 1957, S.19f.
[i] Die hier abgedruckte Übersetzung wurde vom niederländischen Außenministerium herausgegeben, vgl. http://www.minbuza.nl/OriginalDocuments/c_55113.pdf (15.08.2002).