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Broschüre: In Würde sterben

 

11. Ich möchte zu Hause sterben

      Betreuung Sterbender in ihrer vertrauten Umgebung

 

Der Wunsch, wie Menschen sterben möchten, und die Wirklichkeit, wie sie ster­ben (müssen), haben sich in den vergangenen Jahrzehnten weit auseinander entwickelt.

Laut Umfragen wünschen sich auch heute noch neun von zehn Mitmenschen, in vertrauter Um­gebung sterben zu dürfen, in den eigenen vier Wänden, begleitet von Angehörigen.

Jedes Jahr sterben in Deutschland etwa 850000 Menschen. Über die Hälfte aller Todesfälle er­eignen sich in Krankenhäusern, Kliniken, Pflege- und Altenheimen; in manchen Großstädten sind es 90% und mehr.

Es gibt eine Fülle ernst zu nehmender Gründe, warum für viele Menschen eine Pflege von An­gehö­rigen in häuslicher Umgebung kaum möglich ist (z.B. Berufstä­tigkeit, fehlende Unterbrin­gungsmöglichkeiten). Trotzdem ist es wichtig, den Wunsch Sterbender ernst zu nehmen und zu prüfen, ob dieser Liebesdienst nicht doch geleistet werden kann.

 

GEBET

Herr, ich weiß, dass du mich liebst,
mein Leben wie mein Sterben
liegt in deinen Händen.
Ich glaube, dass alles, was kommt,
in deine Liebe eingeschlossen ist.

Hilf mir, deinen Willen anzunehmen
und zu verstehen,
hilf mir, täglich bereit zu sein,
wenn du mich rufst.
Lass mich auch im Sterben
in deiner Liebe geborgen bleiben.
Ich hoffe auf dich:
Du wendest alles zum Guten.
Herr, dein Wille geschehe.

(Evangelisches Gesangbuch,
Ausgabe Sachsen, Nr. 943)

 

Österreich war das erste Land in Europa, in dem Arbeitnehmer das Recht haben, ihre Arbeitszeit zu verkürzen oder sich freistellen zu lassen, wenn sie Sterbe­be­gleitung leisten wollen; sie sind in dieser Zeit sozialversichert und vor Kündi­gung geschützt. Auch in Frankreich wurde eine Regelung getrof­fen, nach der Angehörige einen rechtlichen Anspruch auf eine dreimonatige Freistellung zur Pflege von sterbenden Verwandten haben.

Im Folgenden sind einige Hinweise für die Vorbereitung auf eine solche Aufgabe zusammenge­stellt.

 

11.1. Praktische Hinweise vor der Verlegung des Patienten nach Hause

 

11.1.1. Kontaktaufnahme mit folgenden Stellen oder Personen:

·        Klinikarzt (Weitergabe aller Informationen an den Hausarzt, Vorberei­tung der Ent­lassung)

·        Sozialdienst des Krankenhauses (Auskunft und Beratung über Hilfen)

·        Sozialstation/Pflegedienst (Beratung und Unterstützung in der Pflege)

·        Hausarzt (sollte die Entscheidung, den sterbenden Men­schen zu Hause zu pfle­gen, mittragen und zu regelmäßigen Hausbesuchen bereit sein)

·        Pflegekasse bei der Krankenkasse (Pflegeleistungen beantragen)

·        ambulanter Hospizdienst

 

11.1.2. Vorbereitung des häuslichen Umfeldes

·        Wie weit ist das Badezimmer entfernt?

·        Möchte der Sterbende allein sein, oder ist ein Platz im Wohnzimmer besser?

·        Wie kann sichergestellt werden, dass der Kranke gehört wird?

·        Ist genug Platz vorhanden, wenn der Sterbende allein sein möchte und auch die Pflegenden eine Pause und Abstand benötigen?

·        Kann ein gutes Bett zur Dekubitusprophylaxe zur Verfügung gestellt werden? (Sozialstation oder Kranken­kasse)?

·        Das Bett sollte so stehen, dass Zugang von beiden Seiten möglich ist (umbetten, dre­hen, not­wendi­ger Wäschewechsel).

·        Ist genügend Platz für einen Tisch am Bett vorhanden,  auf den die wichtigen Dinge kommen (Arznei­mittel, Pfle­ge­mittel, Flaschen, Tücher, Blumen, Bücher)?

 

11.1.3. Auch daran muss gedacht werden:

·        Toilettenstuhl, Schieber, Urinflasche

·        Papierhandtücher, Zellstoffunterlagen, Windeln

·        Gummitücher zum Unterlegen beim Waschen oder unter das Laken

·        mehrere unterschiedlich große Kissen als Lagerungshilfsmittel

·        Nachthemden und Schlafanzüge, die sich leicht anziehen lassen

·        Wärmflaschen oder Körnerkissen (für Füße und zur Schmerzlinderung)

·        notwendige Medikamente, besonders Schmerzmedikamente (der Krankenhaus­arzt stellt keine Rezepte aus, deshalb rechtzeitig Kontakt zum Hausarzt auf­nehmen)

·        Watte, Fieberthermometer

·        Klapptisch für Mahlzeiten im Bett, sowie Schnabeltasse

·        Persönliches wie Bilder und Bücher

·        Gegenstände zur Unterhaltung wie Radio, Fernseher

·        bequeme Sitzgelegenheit für Besucher

 

11.1.4. Finanzielle Absicherung

·        Beratung: Sozialdienst im Krankenhaus, Krankenkasse bzw. Pflegekasse, Sozial­amt (Sozial­dienst „Hilfe zur Pflege"), Sozialstationen/Pflegedienste

·        Antrag auf Pflegestufe stellen (Begutachtung dauert etwa 2 bis 3 Monate; An­spruch auf Pflege­sach­leistungen oder Pflegegeld für die Angehörigen oder eine Kombi­nation zwi­schen Sach- und Geldleistung)

·        außerdem besteht Anspruch auf Kurzzeitpflege, Pflegevertretung, Pflegehilfs­mittel

·        Kosten für hauswirtschaftliche Hilfe werden bei Vorliegen bestimmter Voraus­set­zungen von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen

·        in jedem Fall ist Beratung und Information wichtig

 

11.2. Kleine praktische Hilfen in der Pflege Sterbender

 

11.2.1. Körperpflege:

·        wird von den Schwestern der Pflegestation durchgeführt

·        bei starkem Schwitzen, Schmerzen, Einschlafproblemen, Unruhe hilft eine beruhi­gende Körper­wäsche (Wasser 37 bis 40 Grad Celsius, in Haarwuchs­richtung waschen, nicht rub­beln!)

·        ein warmes Fußbad wirkt auch beruhigend

·        Hautpflege mit Lotion bedeutet gleichzeitig Körperkontakt durch behutsames Ein­massie­ren (nicht vor dem Schlafen, da kreislaufanregende Wirkung), dabei beachten, dass dies auch eine (aus)kühlende Wirkung haben kann

·        Fußmassage mit Öl (Calendulaöl)

 

11.2.2. Verstopfung

·        tritt auf durch ballaststoffarme Ernäh­rung, ge­ringe Trink­menge, krankheitsbedingt (z. B. durch wachsenden Tumor)

·        Bei bestimmten Medikamenten (z. B. Morphiumpräparaten) tritt Verstopfung als eine Nebenwirkung auf. Hier ist die gleichzeitige und kontinuierliche Gabe von Ab­führmitteln wichtig und zu beachten.

·        Stuhlgang ist wichtig, auch wenn nur wenig gegessen wird (möglichst aller 2-3 Tage)

·        natürliche Mittel zur Anregung: Leinsamen, Buttermilch, Backpflaumen

 

11.2.3. Mundpflege

·        muss besonders beachtet werden bei geringer Nahrungs- und Flüs­sigkeits­auf­nahme und bei Tumoren im Hals- und Kopfbereich

·        Mund ausspülen vor und nach den Mahlzeiten, Zahnpflege nicht vergessen

·        Kamillentee wirkt entzündungshemmend, Salbeitee als Vorsorge für Pilzbefall (Soor)

·        Säfte oder auch Kaffee, Bier, Sekt, Wein oder Cola in kleinen Portionen einfrie­ren (z.B. in lee­rer Pralinenpalette möglich) und je nach Appetit anbieten; diese kleinen Eiswürfel regen den Speichelfluss an und erfrischen

·        Rosenhonig: bildet einen Schutzmantel im Mund und hat außerdem einen ange­nehmen Ge­schmack

·        Mundsprays gegen Mundtrockenheit

·        Massage der Ohrspeicheldrüse: Einen Finger vor dem Ohr und einen zweiten unter dem Ohr­läppchen auflegen. Die Drüse in Richtung Mundwinkel ausstreichen

·        fettende Salben für die Lippen

 

11.2.4. Nahrungsaufnahme

·        Sterbende Menschen sollten nicht gegen ihren Willen zur Nahrungsaufnahme überredet oder gezwungen werden (Schluckbeschwerden, Appetitlosigkeit, Übelkeit)

·        evtl. Trink­nahrung anbieten mit Vita­minen und Spurenelementen (Apotheke berät)

·        Son­denernährung ist auch zu Hause nach An­leitung durchführbar

 

11.3. Eintritt des Todes

 

Mit dem Tod beendet der Mensch seinen unverwech­selbaren per­sön­lichen Le­bensweg.

Zeichen des nahenden Todes können sein:

·        Puls: unregelmäßig, schwach und schnell

·        Körpertemperatur: sinkt allgemein, Arme und Beine werden kälter - Wärmfla­sche, Socken

·        Auftreten von starkem Schwitzen: statt dicker Zudecke ein Bettlaken verwenden

·        Atmung: häufig unregelmäßig, lange und kurze Atem­züge, längere Pausen dazwi­schen – Lagerung mit erhöhtem Oberkörper erleichtert Atmung

·        Atemgeräusche: Rasseln, das hervorgerufen wird durch Schleimabsonderungen im Rachen und den Bronchien, wirkt auf Angehörige beklemmend und beunru­higend, ist aber kein Zei­chen für Erstickung.

·        unangenehmer Geruch: Duftlampen oder Räucherstäbchen schwächen ihn ab.

·        Körper: wird bewegungslos und kühlt ab.

·        Augen: werden blicklos und die Pupillen verengen sich nicht mehr.

·        Haut: nimmt eine wächserne, grau-weißliche bis gelbliche Färbung an („Totenblässe“).

·        Das Herz steht still und die Atmung hört auf.

 

Der Arzt stellt den Tod fest, wenn sich Leichenstarre und Totenflecken zeigen und stellt dann den Totenschein aus. Dies kann auch erst am nächsten Tag geschehen.

Auch muss der Verstorbene nicht sofort vom Bestattungsinstitut geholt werden. Es ist möglich und zulässig, den Verstorbenen bis zu 36 Stunden zu Hause zu behalten, zu waschen, zu klei­den (vielleicht in ein besonders gemochtes Kleidungsstück) und aufzubahren. So kann die Fa­milie sich gemeinsam verabschieden und auch weiter entfernt lebende Angehörige haben die Möglichkeit, dabei zu sein.

 

STERBESEGEN

Es segne dich Gott, der Vater,

der dich nach seinem Bild geschaffen hat.

Es segne dich Gott, der Sohn,

der dich durch sein Leben und Sterben erlöst hat.

Es segne dich Gott, der Heilige Geist,

der dich zum Leben gerufen und geheiligt hat.

Gott der Vater und der Sohn und der Heilige Geist

geleite dich durch das Dunkel des Todes.

Er sei dir gnädig im Gericht

und gebe dir Frieden und ewiges Licht.
(Evangelisches Gesangbuch,
Ausgabe Sachsen, Nr. 949)