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umwelt klima energie
Joachim
Krause:
Texte zu Lebensstil und Umweltverantwortung -
eine Bilanz von 1974 bis 2010
(eine
Zusammenstellung, die viele der folgenden Texte enthält, erschien in den
„Briefen zur Orientierung im Konflikt Mensch-Erde“, Wittenberg, Heft 96, Herbst
2010)
ACHTUNG! Eine überarbeitete und erweiterte Fassung des folgenden
Textes erschien 2014 als Buch:
Joachim
Krause: „Die Verschiebung des Horizonts – eine Spurensuche im Terminkalender“,
Wartburg Verlag Weimar, 2014
Joachim Krause –
einige Lebensdaten
geboren 1946
in Ehrenhain, Thüringen, aufgewachsen in der Familie eines Pfarrers in
Südwestsachsen, 1965 Abitur, Studium an der TU Dresden, 1970 Abschluss als
Diplomchemiker, 1970 bis 1982 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der „Zentralstelle
für Korrosionsschutz“ Dresden, Texter für die Rockgruppen LIFT, Panta Rhei, Horst Krüger, Klaus
Lenz u.a., ab 1978 aktiv in der kirchlichen Umweltarbeit der DDR, 1979 bis 1982
Fernstudium der Theologie, von 1982 bis 2010 „Beauftragter für Glaube,
Naturwissenschaft und Umwelt“ in der Ev. Luth. Landeskirche in Sachsen,
verheiratet, vier Kinder
Kontakt:
Joachim
Krause, Hauptstr. 46, 08393 Schönberg, Tel. 03764-3140, mailto: krause.schoenberg@t-online.de,
Internet: www.krause-schoenberg.de
zum Klicken:
1. Die Nachdenklichkeit eines
Einzelkämpfers
2. Kirchlicher
Umweltbeauftragter
1986 (Tschernobyl und die Folgen)
1988 (Ökumenische Versammlung der
DDR-Kirchen)
3. Wendezeit – vieles wird
anders
1990 (Greenpeace, Wismut,
Energiesparlampen)
1993 (Al Gore und Franz Alt; „Aufschwung
Ost“?)
1995 (Europäisches Naturschutzjahr)
4. „Schönberger Blätter“ und
Internet
5. Das
Bemühen um Klarheit und Eindeutigkeit
2010 (Kohrener
Erklärung zum Erhalt des Bodens)
1. Die Nachdenklichkeit
eines Einzelkämpfers
1974
1974 bekam ich
ein dünnes Büchlein in die Hand, das mein Weltbild und meinen weiteren
Lebensweg nachdrücklich verändert hat. Der „Club of Rome“ beschäftigte sich schon länger mit Krisensignalen in
der Welt wie Bevölkerungswachstum, Rohstoffverbrauch und Umweltbelastung, und
er hatte einen Bericht dazu erstellen lassen, der die „Grenzen des Wachstums“
ansagte. Das war in einer Welt, die in Ost und West auf
„schneller-höher-weiter“ orientiert war, in der Fortschritt gleichgesetzt
wurde mit Expansion und Wachstum, unzeitgemäß und ein Schock. Mein
Fortschrittsoptimismus jedenfalls kriegte einen deutlichen Knacks und wich der
Nachdenklichkeit. Ich habe sofort das ganze Buch mit Hilfe unseres
freundlichen Institutsfotografen als Fotokopie vervielfältigt und in Umlauf
gebracht. Ich habe Dias von Grafiken angefertigt und begonnen, im kleinen Kreis
meiner Freunde Vorträge zu halten. Ich habe mich mit dem Autor des Buches in
den USA in Verbindung gesetzt, und er schickte mir sein einziges
deutschsprachiges Belegexemplar – aber auch den ausführlichen
wissenschaftlichen Bericht. Dass ich den besaß und bereit war, ihn zur
Auswertung zur Verfügung zu stellen, habe ich damals der Strategieabteilung
beim ZK der SED mitgeteilt, die sich zwar mit einem freundlichen Brief
bedankte, aber das Buch (offiziell) nicht lesen wollte – oder nicht lesen
durfte.
(aus: Joachim Krause: „Am Abend mancher
Tage“, Wartburg-Verlag Eisenach, 2008)
Wir machten uns
damals in Dresden in der „Offenen Jugendarbeit“ der Weinbergskirche
Gedanken über bedrängende Fragen der DDR-Gesellschaft, wollten entdecken und
ausprobieren, wie ein gutes, gelungenes Leben aussehen könnte. Und so hielt ich
vor Freunden schon 1974 die ersten
Vorträge über die „Grenzen des Wachstums“. Zur gleichen Zeit fertigte der
Fotograf in meiner Arbeitsstelle Fotokopien des gesamten Buches an, die dann im
Kollegenkreis – in einem staatlichen Institut ! - von
Hand zu Hand weitergegeben wurden.
Erholungsgebiet
mit „Industrieklima II“
In dem Institut, in dem ich arbeitete, befassten wir uns
mit Korrosionsschutz. Im engeren Sinne ging es dabei darum, das Rosten von
Eisenwerkstoffen zu verhindern. Aber auch alle möglichen anderen Metalle galt
es zu schützen. In einem Sondereinsatz entwickelten Kollegen von mir sogar mal
ein Verfahren, mit dem ein berühmter Sandsteinfelsen in der Sächsischen
Schweiz, die „Barbarine“, vor dem Zerbröseln
gerettet wurde; durch Imprägnieren mit irgendwelchen Silikonwerkstoffen wurde
der Fels zusammengeklebt. Korrosion hat viel mit Luftschadstoffen zu tun. Und
davon gab es in der DDR mancherlei. Vor allem die hohen
Schwefeldioxid-Konzentrationen, verursacht durch die allgegenwärtige
Verbrennung der schwefelhaltigen Braunkohle, machten Eisen- und
Stahlkonstruktionen schwer zu schaffen. Wir versuchten, Anstrichstoffe zu
finden, die das Eisen wenigstens ein paar Jahre schützten. Aber an manchen Industriestandorten war die Luft derart aggressiv, dass
unsere besten und dick aufgetragenen Lackschichten schon nach einem halben
Jahr die ersten Rostflecke zeigten. Im Erzgebirge war die Stahlkonstruktion von
Gittermasten für Fernsehumsetzer, die eigentlich 50 oder 80 Jahre halten sollten,
schon nach 8 Jahren „hin“. Ehe ich das Wort Waldsterben gehört hatte, wusste
ich, dass in unseren Belastungskarten manche Erholungsorte
des Erzgebirges unter „Industrieklima II“ eingeordnet waren.
Wir testeten Anstrichstoffe unter den konkreten
Belastungssituationen an verschiedenen Industriestandorten.
Dienstreisen dorthin verschafften mir einen Einblick, was sich hinter „Leuna I“
oder „Leuna II“, verbarg, was „Buna“ in Schkopau bedeutete oder wie Industriegiganten wie
„Bitterfeld“, „Wolfen“, „Piesteritz“, „Coswig“, „Schwarze Pumpe“ usw. aussahen.
Der „Blick von hinten“ in die DDR-Kombinate war sehr lehrreich. Diese
Vorzeigebetriebe waren großzügig, manchmal auch großkotzig errichtet worden,
aber im Laufe der Jahre war der Glanz verblichen. In Leuna forderte mich z.B.
ein Begleiter auf, den sowieso vorgeschriebenen Schutz-Helm doch wirklich
aufzusetzen, man wisse nie, was da von oben aus den Rohrbrücken heruntertropfe; „wenn hinten aus einer Leitung nichts mehr
rauskommt, legen wir lieber gleich eine neue Leitung“. In Bitterfeld stiegen wir
auf ein Dach hoch, auf dem unsere Testplatten gelagert waren. Schon im
Treppenhaus hatte ich mich gewundert, warum da überall Glasvitrinen standen, in
denen Gasmasken für unterschiedliche giftige Gase gelagert waren. Oben auf dem
Dach hatte ich das Pech, in die dicke Abgasfahne aus einer benachbarten
Produktionsanlage zu geraten, hochkonzentrierter Ammoniak setzte mich
schlagartig außer Gefecht; zum Glück gelang es meinen Begleitern, mich
schnell wieder wach zu klopfen.
(aus: Joachim Krause: „Am Abend mancher
Tage“, Wartburg-Verlag Eisenach, 2008)
Ende der 1970er Jahre fand ich den Weg zu anderen
umweltbewegten Menschen, in Wittenberg am Kirchlichen Forschungsheim, aber auch
in Dresden, und bald gründeten wir den „Ökologischen Arbeitskreis der Dresdner
Kirchenbezirke“.
In der Dresdner Ökogruppe
hatten wir diskutiert, ob das Thema Umwelt nicht zu wichtig sei, um es nur so
nach Feierabend nebenbei zu bearbeiten. Wir hatten erwogen, dass ein
Freundeskreis von Spendern in einem gesicherten Arbeitsverhältnis durch
verbindliche monatliche Zahlungen eine Stelle finanzieren könnte. Wir
schrieben auch Appelle an kirchliche Dienststellen, für diesen Themenbereich
hauptamtliche Stellen zu schaffen. Dann stellte sich heraus, dass bei der
Sächsischen Evangelischen Kirche gerade eine Stelle frei geworden war, deren
Inhaber sich damit beschäftigt hatte, wie christlicher Glaube aussehen und
gelebt werden kann in einer Welt, die von Naturwissenschaft und Technik
nachhaltig geprägt ist, welche weltanschaulichen und ethischen Fragen sich
daraus ergeben. Die Stelle war da und sollte auch wieder besetzt werden, unser
Antrag auf Einrichtung einer hauptamtlichen Stelle mit Schwerpunkt Umwelt lag
auf dem Tisch, ich führte einige Gespräche im Landeskirchenamt – und dann
wurde ich gefragt, ob ich das nicht machen wolle. Ich entschied mich für den
Berufswechsel, und fortan war ich auch Umweltbeauftragter
meiner Kirche.
(aus: Joachim Krause:
„Am Abend mancher Tage“, Wartburg-Verlag Eisenach, 2008)
2. Kirchlicher
Umweltbeauftragter in der DDR
1982
Die
Einrichtung der Stelle eines besonderen Beauftragten für Grenzfragen zwischen
Naturwissenschaft und Technik, Weltanschauung und Ethik war etwas Einzigartiges
in den Kirchen der DDR, und dass die Stelle mit einem Naturwissenschaftler
besetzt wurde, auch.
Konzeption der Arbeit des Landesbeauftragten für
„Glaube und Naturwissenschaft“ der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens
(lt. Beschluss des Kollegiums des LKA´s vom 12.1.1982)
Der Landesbeauftragte befasst sich in besonderer Weise
mit Fragen im Problembereich „Christlicher Glaube und Naturwissenschaft“. Die
Arbeit vollzieht sich in Auseinandersetzung mit gegenwärtigen
Herausforderungen. Sie orientiert sich an Sachproblemen und ist auf die
Erfordernisse der kirchlichen Praxis ausgerichtet. Zugleich fördert sie das
interdisziplinäre Gespräch.
1.
Inhaltliche Schwerpunkte
Im Rahmen der
Gesamtaufgabenstellung konzentriert und beschränkt sich die Arbeit des
Landesbeauftragten entsprechend der gegenwärtigen Bedeutung der Sachgebiete und
der begrenzten personellen Kapazität auf folgende Bereiche:
1.1.
Ökologie
(Verhältnis von Mensch und Natur; die ökologische Krise im Horizont der
theologischen Fragen nach der Schöpfung und der menschlichen Verantwortung)
1.2.
Evolution und Menschenbild
(Grundfragen der Evolution, Entstehung und Entwicklung des Lebens;
Sonderstellung des Menschen; genetische und medizinische Manipulation im
Horizont theologischer Schöpfungsaussagen, Anthropologie und Ethik)
1.3.
Zuordnung von Naturwissenschaft und
christlichem Glauben
(Ausarbeiten von theologischen Fragestellungen, die sich aus der
naturwissenschaftlichen Forschung ergeben; Bedeutung des christlichen Glaubens
für das Gespräch mit der Naturwissenschaft; apologetische Funktion;
Auseinandersetzung mit einseitigen Interpretationen)
2.
Aufgabenstellung
2.1.
Information
über diejenigen naturwissenschaftlich-technischen und theologischen
Forschungsergebnisse und Entwicklungen, die die unter Pkt
1. genannten Schwerpunkte betreffen
2.2.
Reflexion
dieser Thematik im interdisziplinären Gespräch
2.3.
Hilfe
zur Entscheidungsfindung für verantwortliches Leben in einer von Wissenschaft
und Technik geprägten Welt
3.
Aktivitäten
Die Aktivitäten des Landesbeauftragten haben ihren
Schwerpunkt in der
- Aus- und Weiterbildung kirchlicher Mitarbeiter
- unmittelbaren Arbeit mit gemeindlichen Interessengruppen
- Erarbeitung und Bereitstellung von Material für kirchl.
Praxis
3.1.
Durchführung
von jährlich einer Ausbildungswoche an den kirchlichen Ausbildungsstätten z.B.
Moritzburg
Radebeul
3.2.
Weiterbildung
kirchlicher Mitarbeiter, z.B.
Pastoralkollegs
Mitarbeiterkonvente
Mitarbeiterrüsten
3.3.
Längerfristige
und schwerpunktorientierte Zusammenarbeit, z.B.
Gemeindeseminare
Wochenendrüsten
3.4.
Förderung
des Gesprächs zwischen Theologen und Naturwissenschaftlern und Technikern, z.B.
Arbeitskreise
Fachkonsultationen
3.5.
Koordinierung
kirchlicher Aktivitäten
Erfassung von Aktivitäten besonders an der Gemeindebasis; Aufarbeiten von
Erfahrungen; Vermittlung von Partnern; Fachberatung)
3.6.
Bereitstellung
von Material
Sammeln und Aufbereiten von Material zur Verwendung in der kirchlichen Praxis
4. Zusammenarbeit
mit kirchlichen Institutionen und Fachleuten
4.1.
Im
Rahmen seiner Aufgabenstellung arbeitet der Landesbeauftragte mit Institutionen
ähnlicher Zielstellung (Kirchliches Forschungsheim Wittenberg, kirchliche
Weiterbildungsstätten, Theologische Studienabteilung Berlin) zusammen. Dazu
gehört beispielsweise
- gegenseitige Information und fachliche Beratung
- Materialaustausch
- Abstimmung von Arbeitsaufgaben
- Planung und Durchführung gemeinsamer Arbeitsvorhaben
4.2.
Um
den didaktischen und methodischen Anforderungen gerecht zu werden, wird der
Landesbeauftragte durch entsprechende Fachleute bzw. Arbeitsgruppen unterstützt
4.3.
Die
Arbeit des Landesbeauftragten wird durch einen Beirat beim Landeskirchenamt
begleitet, der in der Regel zweimal jährlich zusammenkommt.
5.
Die
vorliegende Konzeption soll nach 6 Jahren auf Grund der gemachten Erfahrungen
und hinsichtlich der dann zu erkennenden Schwerpunkte überprüft werden.
Diese
Arbeitsbeschreibung war bewusst offen und weitherzig formuliert worden, und das
ermöglichte es mir in den Folgejahren (inklusive Wende!), immer darauf
reagieren zu können, wo die Menschen an der Basis in den Ortsgemeinden gerade
jetzt Gesprächsbedarf hatten, und mich auch auf ganz neue Arbeitsgebiete
einlassen zu können.
Mein Einstieg
war die Beschäftigung mit Umweltproblemen, einem Themen-Bereich, der in der DDR
weitgehend tabu war.
Schon in
meinem ersten Arbeitsjahr 1982 fand
in Dresden das erste von mir gestaltete Umweltseminar statt. In fünf
Veranstaltungen ging es 1. um grundsätzliche Begriffsklärungen rund um
„Ökologie“, 2. um die Darstellung weltweiter Probleme (Bevölkerungswachstum,
Rohstofflage, Ausbreitung von Schadstoffen), 3. um die Situation in der
Landwirtschaft und deren Auswirkungen auf die Umwelt, 4. um Luftschadstoffe,
deren Erfassung und Auswirkungen auf Mensch und Natur (z.B. Waldsterben) und 5.
um das Lebenselement Wasser, Fragen rund um die Energieerzeugung, und es wurden
einige spezifische Umweltprobleme an sächsischen Brennpunkten dargestellt. Ich
verteilte Informations- und Merkblätter. Sie wurden von ORMIG-Matrizen gezogen.
Der mit abgedruckte Vermerk „Nur f. kirchl.
Dienstgebr. 3358/70/10.82“ stellte das Ganze unter
den Schutzschirm kirchlichen Tuns. Und die „70“ ist eine Angabe zur
Teilnehmerzahl - wir hatten also immerhin fast 70 Umwelt-Interessierte
erreicht!
Auf einem der
Merkblätter wurden knappe Daten zu drei Umweltskandalen in der südlichen DDR
öffentlich gemacht, die Stichworte hießen: Fluorwerk Dohna,
Hüttenindustrie Freiberg und Waldsterben im Erzgebirge.
Zu den
jeweils im Merkblatt aufgeführten Umweltdaten werden – trotz Platzknappheit –
stets exakte Quellenangaben mitgeliefert. Diese Genauigkeit bei der Wiedergabe
von Fakten gehörte zu unseren Grundprinzipien: Wir wollten selbst genau wissen
und verstehen, was da konkret los war, und wir brauchten die Quellen, um gegen
bösartige Rückfragen staatlicher „Kontrollettis“
gerüstet zu sein!
Die Zähne der Kinder von
Dohna
Mein erster Fall hieß „Dohna“. Dohna ist ein Städtchen in der Nähe von Dresden. Ein Freund
von mir war dort Zahnarzt und erzählte mir von bedrückenden Beobachtungen.
Praktisch alle Kinder und Jugendlichen aus dem Ort, die er behandelte, hatten
typische Zahnschäden. Die zweiten, bleibenden Zähne, die nach dem Milchgebiss
durchbrachen, waren oft gelblich bis schwarz verfärbt, waren spröde, schnell
brachen also Teile ab. Ein Blick in viele Münder zeigte ein Ruinenfeld. Grund
für diese Schäden war der Ausstoß von Schadstoffen aus einem im Ort ansässigen
Betrieb, dem „Fluorwerk“. Das Werk arbeitete mit Flusssäure und ihren Salzen.
Schon im Routinebetrieb wurden schädliche Gase
freigesetzt, manchmal gab es aber auch Havarien, und dann wehten giftige Nebel
durch den ganzen Ort. Das Trinkwasser war belastet, die Früchte, die in den
Gärten geerntet wurden, enthielten hohe Fluorkonzentrationen. Nun wird ja manchmal Fluor Zahnpasten zugesetzt oder in
Tablettenform empfohlen, um die Mineralisation der Zahnsubstanz zu verbessern.
Aber in Dohna erhielten alle Einwohner zwangsweise
und tagein tagaus eine extreme Überdosis. Dadurch wurden die Zähne zu hart und
spröde.
Das Problem war bekannt - und ein Fall für die Wissenschaft. Die betroffenen
Bewohner blieben im Unklaren. Ich erfuhr durch eine Indiskretion davon, dass
drei Zahnärztinnen an dem Problem geforscht hatten und nun ihre gemeinsame
Doktorarbeit verteidigen würden. Verteidigungen waren eine öffentliche
Angelegenheit, mein Freund lieh mir einen weißen Arzt-Kittel - woraufhin ich
prompt mit „Herr Kollege“ angesprochen wurde -, und dann saß ich im Hörsaal und
hörte das, was ich nie hätte hören dürfen – die Fakten zum Schicksal der Kinder
von Dohna.
Inzwischen hatte ich auch selbst recherchiert und in medizinischen Fachzeitschriften
der DDR einiges zu dem Fall gefunden. Einen der Autoren, Mediziner in Dohna, suchte ich auf, um von ihm noch einiges über die
Hintergründe zu erfahren. Denkste. Vielleicht hatte
er ja einfach Angst, weil er mich gar nicht kannte und weil er wusste, in welch
gefährlichem Terrain wir uns bewegten. Beunruhigt hat mich aber doch - ganz
grundsätzlich - seine Reaktion. Ich erzählte ihm, was ich aus den Fachartikeln an Informationen entnommen hatte, worauf er
trocken meinte: „Da habe ich etwas falsch gemacht. Das, was ich da
aufgeschrieben habe, war nur für Fachkollegen gedacht. Sie hätten das nicht
verstehen dürfen.“
(aus: Joachim Krause:
„Am Abend mancher Tage“, Wartburg-Verlag Eisenach, 1988)
Im Sommer
1982 hatte ich endlich Gelegenheit, mich systematischer mit dem Phänomen des
„Waldsterbens“ im Erzgebirge zu befassen. Über kirchliche Kanäle wurde mir ein
Kontakt zu einem hochrangigen wissenschaftlichen Mitarbeiter der
Forsthochschule in Tharandt vermittelt. Wenig später
saß ich heimlich bei ihm zu Hause im Wohnzimmer, er gab mir eine profunde
Einführung in die Geschichte der „Rauchschäden“ in der Region, und wir
blätterten gemeinsam in Datenblättern zur aktuellen Situation (und „übersahen“ die
Geheimhaltungsstempel). Meine Einsichten stellte ich anschließend als
Hintergrundinformation für das Landeskirchenamt in einer Übersicht zusammen.
Wenig später gingen wir auch in die („innerkirchliche“) Öffentlichkeit:
Ursula Salzmann / Joachim Krause
Stirbt der Wald im
Erzgebirge?
Das Fichtenrauchschadengebiet im Erzgebirge ist der
krasseste Fall seiner Art in Europa. Auf der böhmischen Seite ist der gesamte
Bestand geschädigt (ca. 150.000 Hektar). In der DDR erfolgte in den letzten
Jahrzehnten die Ausweitung des Schadgebietes vom Forstrevier Königstein nach
Westen. Heute umfasst die Schadzone I (in der die Hauptbaumart Fichte nicht
mehr angebaut werden kann) schon einige tausend Hektar. Die nördliche Grenze
des geschädigten Waldes folgt etwa der Linie Plauen – Zwickau – Karl-Marx-Stadt
– nördl. Freiberg – Dresdner Heide – Kamenz
(Berg-Kuppen) – Löbau/Zittau. Hauptsächlicher Verursacher ist eine Kette von
Emittenten im nordböhmischen Industriegebiet (Großkraftwerke und
Industriebetriebe). Die Thermik des Beckens treibt die Abgase ständig in die
Höhe und Winde aus Südost bis Südwest transportieren sie über den
Erzgebirgskamm – hier sind die Sattellagen besonders gefährdet.
Einige Angaben zum Schwefeldioxidgehalt in der Luft (in
mg SO2/m³ Luft ) und zu seinen Wirkungen:
+ maximal zulässige Immissionskonzentration (MIK) Kurzzeitwert 0,50
Dauerwert 0,15
+ maximale Werte am Erzgebirgskamm 2,5 bis 3,0
+ sichtbare Schäden bei Fichten ab 0,6 bis 0,8
Die hygienischen MIK-Grenzwerte sind auf die SO2-Verträglichkeit
des Menschen bezogen – Pflanzen sind gegen Luftverunreinigungen ungleich
empfindlicher. Selbst leicht geschädigte Bäume zeigen Holzmindererträge. Buchen
in belasteten Gebieten werfen 2 bis 3 Wochen früher ihr Laub ab. Wegen der
Langsamkeit biologischer Prozesse werden sogar akute und tödliche Schädigungen
erst nach Ablauf von Tagen oder Wochen sichtbar. Die Symptome sind selten
spezifisch für eine Ursache. Die immissionsbedingten Waldschäden werden
wesentlich verstärkt durch das raue Erzgebirgsklima und die im Gebirge häufig
extremen Standortbedingungen (nährstoffarme Böden, gering wasserversorgte
Gebiete). Das Baumsterben beeinträchtigt auch den Wasserhaushalt des Gebirges
(stärkerer Wasserablauf, Boden-Abtrag bei Starkregen, Austrocknung durch
Windzutritt).
Von den Immissionen sind auch Tier und Mensch betroffen.
Kühe z.B. zeigen bei SO2 – Gehalten der Luft über 0,15 mg/m³
Rückgang in der Körpermasse bei Mast-Rindern um 26
bis 37%, der Milchleistung um 9% und eine um 10% höhere Fehlgeburtenrate.
Menschen in belasteten Gebieten, besonders Kinder,
erkranken häufiger (obere Atemwege, Kreislauf). Bei Männern im Böhmischen Kreis
liegt die durchschnittliche Lebenserwartung um 4 Jahre (!) unter dem
Normalwert.
Trotz alledem werden positive Prognosen gegeben: Das
Erzgebirge wird nicht sterben!
Überall bestehen Auflagen, leere Flächen dringend neu zu
bepflanzen. Die wichtigsten Therapiemaßnahmen der Forstwirtschaft sind dabei:
·
Düngung
(Stickstoff, auch in Kombination mit Phosphor und Kali – Kali z.B. erhöht
die Frosthärte um 2 bis 4 Grad)
·
Umbau
(Übergang zu einem völlig neuem Waldtyp: Mischwald, geprägt
von Blaufichte und Eberesche)
·
Stehenlassen
der Dürr-Ränder (Schutz vor Wind und Sonne)
·
Anlegen
grüner Schutz-Gürtel an der Südseite (Eberesche)
·
Züchtung
rauchharter Fichten (vegetative und Samenvermehrung von Bäumen, die
Resistenz gezeigt haben).
20 Jahre vor der Erschöpfung der Braunkohlevorräte in der
CSSR ist die Wiederaufforstung mit Fichten geplant (2000 bis 2020).
Anpassungsversuche durch die Forstwirtschaft lösen das Problem jedoch nicht. So
kam es am 10.11.1981 endlich zwischen DDR und CSSR zu einem Regierungsabkommen
über eine Zusammenarbeit bei der Emissionsverminderung. Kurze Zeit später wurde
dazu ein Ministerratsbeschluss gefasst. In Nordböhmen sollen keine weiteren
Kohlekraftwerke gebaut werden. Besonders gefährdete Gebiete erhalten
schwefelarme Kohle (DDR: Lausitzer Kohle für Bezirke Karl-Marx-Stadt und
Dresden). In den Kraftwerken sollen die SO2–Emissionen durch
schrittweise Einführung des in der DDR entwickelten
Kalkstein-Additiv-Verfahrens herabgesetzt werden (durch Zugabe von Kalk bei der
Kohleverbrennung erfolgt die Bindung des SO2 als Gips). Der Wirkungsgrad beträgt 85%,
außerdem werden 6-8% Energie gespart. Erste Investitionen im Bezirk
Karl-Marx-Stadt sollen ab 1985 wirksam werden. An noch effektiveren Verfahren
(Wirbelschichtverbrennung) wird gearbeitet.
Zum Schluss ein Wunsch: Möge dieses Programm mit der nötigen Dringlichkeit und
Konsequenz verfolgt werden. Und eine Frage: Warum gibt es zu wichtigen
Umweltproblemen in der DDR wie diesem kaum öffentliche Informationen zur
Diskussion?
Zur Ergänzung:
Schon 1969 gefährdete oder schädigte Luftverschmutzung
(besonders SO2 10 % (= 300
000 ha ) des Waldbestandes unserer Republik. Schädigungen
des Waldes durch Luftverschmutzung gibt es außer im Erzgebirge z.B. auch in den
Gebieten um Dessau – Bitterfeld – Leipzig (Schwerpunkt Dübener
Heide ); Magdeburg, Thale, Lübbenau – Vetschau –
Cottbus – Lauchhammer – Spremberg.
1977 wurden allein im Erz- und Elbsandsteingebirge
Schäden auf einer Fläche von
97 000 ha registriert, davon gehörten 11042 zur Schadzone
I (d.h. der Bestand ist zu mehr als 50 % geschädigt).
(U. Salzmann, J. Krause
in: BRIEFE zur Orientierung im Konflikt Mensch – Erde, Nr.7, 1983, S.5)
1982 druckten
wir einen knappen Literaturtipp in den Wittenberger BRIEFEN ab:
„Über Umweltbelastung des Menschen durch
Spurenelemente wurde im Oktober 1981 auf einer Arbeitstagung in Görlitz berichtet.
Das Zentralblatt für Pharmazie, Pharmakotherapie und Laboratoriumsdiagnostik
(Heft 6 von 1992) gibt die dort gehaltenen Vorträge wieder. Sie enthalten unter
anderem Angaben über die übermäßige Cadmiumbelastung im Raum Freiberg und über
gesundheitliche Belastungen der Werktätigen einer Nickelhütte in Aue.“
(Joachim Krause,
Information für: BRIEFE zur Orientierung im Konflikt Mensch- Erde, Nr.6, 1982, S.9 oben)
Dieser
Hinweis brachte eine ganze von Umweltverschmutzung besonderer Art betroffene
Region dazu, in einer Apotheker-Zeitschrift zu lesen, die sonst wahrscheinlich
in Bibliotheken verstaubt wäre. Das öffentliche Erschrecken hatte brisante
Folgen. Staatliche Stellen waren entsetzt, da hier in nüchternen Fachartikeln,
die durch das dichte Netz der verordneten Geheimhaltung geschlüpft waren, ein
handfester Umweltskandal ins öffentliche Bewusstsein gerückt wurde: das
gravierende Ausmaß der Vergiftung des Gebietes um die Stadt Freiberg durch Blei
und Cadmium aus der örtlichen Hüttenindustrie. Das "böse" Heft wurde
in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus Bibliotheken und von Abonnenten
zurückgeholt. Aber längst kursierten Abschriften der Artikel, kirchlich
organisierte Informations-Veranstaltungen fanden statt, Arbeitsgruppen nahmen
das Thema auf - die Diskussion war nicht mehr zu stoppen. Letztlich aber gab
das Informations-Leck, das sich hier gezeigt hatte, den endgültigen Anlass zum
umgehend erlassenen Verbot der Veröffentlichung jeglicher Art von Umweltdaten
durch die DDR-Obrigkeit.
Bereits 1981
war im Auftrag des damaligen US-Präsidenten Carter eine 1700 Seiten starke
Studie erstellt worden. Ich hatte auf Schmuggelwegen aus dem „Westen“ ein
Exemplar von
Kaiser, R. (Hrsg.):
„Global 2000. Der Bericht an den Präsidenten“(A) einschl. Zusatzband „Es ist Zeit
zu handeln“(B), Zweitausendeins Verlag Frankfurt/Main, 42. Auflage, 1982
erhalten. Im
Auftrag des Präsidenten meines Landeskirchenamtes erstellte ich daraus eine
Zusammenfassung auf fünf eng beschriebenen Schreibmaschinenseiten. Erst viele Jahre
später habe ich erfahren, dass mein Landesbischof diese Blätter bei
internationalen Konferenzen als nützliche Hintergrundinformationen im Gepäck
hatte.
Immer war es
mir wichtig, nicht nur Umweltprobleme zu entdecken, die Zusammenhänge zu verstehen
und andere darüber aufzuklären, sondern uns auch die eigene Verstrickung
deutlich zu machen – und nach Lösungen und Handlungsmöglichkeiten im eigenen
Lebensalltag zu suchen. Folgerichtig erschien 1985 im KFH Wittenberg die kleine
60 Seiten dicke Broschüre:
FANG AN
Tips für umweltgerechtes Verhalten im Alltag
von Joachim Krause, Gestaltung: M Sandner; DIN-A5 60 Seiten
(KFH 5 – 1985 – Für den innerkirchlichen
Gebrauch)
Manche der
locker formulierten Hinweise kamen missverständlich ´rüber: Meine alte Tante,
der ich stolz mein Werk geschenkt hatte, las unter dem Stichwort „Wasser“ unter
anderem den Tipp: „Wenn schon baden, dann zu zweit“, verstand ihn wörtlich und
meinte, das sei wohl doch etwas übertrieben und unhygienisch … Ich hatte eher
daran gedacht, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.
Tschernobyl und die
Folgen
An einem strahlenden Apriltag des Jahres 1986 explodierte
der Atomreaktor in Tschernobyl. Bis dahin hatte es eine breitere oder gar
öffentliche Debatte über Pro und Kontra der Kernenergie in der DDR nicht gegeben.
Der Informationsbedarf war riesig. Wie arbeitet
eigentlich so ein Atomkraftwerk, was kann bei einem Unfall passieren, welche
Gefahren bestehen für die Bevölkerung, ist die Kernenergie unverzichtbar oder
gibt es Alternativen? Ich schrieb in den Folgemonaten
den Text für eine Broschüre, die interessierten Mitmenschen helfen sollte,
sich in der Debatte zurechtzufinden und selbst eine Meinung zu bilden.
Vervielfältigt – mit 1000 Exemplaren, das war für DDR-Verhältnisse eine hohe
Auflage - wurde das Heft im „Kirchlichen Forschungsheim“ in Wittenberg, einer
Schaltstelle für die systemkritische Umweltarbeit in
der DDR. Wir gaben dem Heft etwas schlitzohrig den Titel „... Nicht das letzte
Wort“ (Kernenergie in der Diskussion). Das war ein Honecker-Zitat, mit dem er
in einem Interview nach den Ereignissen von Tschernobyl einer endgültigen Bewertung
ausgewichen war. Und da unser Heft ohnehin illegal erschien - natürlich stand
wie immer darauf „Nur für den innerkirchlichen Dienstgebrauch!“ - und wir
grundsätzlich mit offenen Karten spielen wollten, und natürlich auch weil wir
gespannt waren, was passieren würde, war es nur folgerichtig, dass ein
Exemplar direkt per Post an Erich Honecker ging.
Interessant war der weitere Vorgang - das haben wir aber
erst nach der Wende aus staatlichen Archiven erfahren. Honecker hat unser
Begleitschreiben tatsächlich in die Hand bekommen und persönlich abgezeichnet.
Und er hat die Angelegenheit nicht etwa an die Stasi weitergeleitet, sondern
um Prüfung durch Fachleute gebeten. Wenige Tage später lag eine Expertise über
Herausgeber und Verfasser vor, wir bekamen das amtliche Etikett „oppositionell
und staatsfeindlich“. Wenige Wochen später waren wir aber nicht etwa im Knast,
sondern erhielten eine Einladung in das zuständige „Staatliche Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz“ zu einem Fachgespräch
über den Inhalt des Heftes.
So etwas machte durchaus Mut, weitere „staatsfeindliche
Aktionen“ dieser Art ins Auge zu fassen.
(aus: Joachim Krause „Am Abend mancher
Tage“, Wartburg-Verlag Eisenach, 2008)
Der Unfall in
Tschernobyl und seine Auswirkungen setzten auch in der DDR (vor allem in
kirchlichen Kreisen) eine Diskussion Pro und Contra Kernenergie in Gang. Meine
vom KFH Wittenberg herausgegebene Broschüre mit Informationen war schnell
vergriffen, konnte jedoch beim Herausgeber ausgeliehen (!) werden.
Joachim
Krause: „… nicht das letzte Wort – Kernenergie in der Diskussion“, Hrsg.
Kirchliches Forschungsheim Wittenberg, 1987, DIN-A4, 64 Seiten
Die
Evangelischen Studentengemeinden der DDR widmeten der Debatte ein ganzes
Sonderheft ihrer Zeitschriftenreihe „Kontakt“.
Im Folgenden
sind einige Aussagen zusammengestellt, die
·
die
Gefahren zusammenfassen, welche sich aus der friedlichen Nutzung der
Kernenergie ergeben (mehr als 30
Jahre später hat sich daran praktisch nichts geändert)
·
Halbwahrheiten
und Lügen der DDR-Informationspolitik
offen legen (auf diese konkreten Darlegungen gab es nie eine Reaktion
staatlicher „Organe“ …)
·
versuchen,
Energieperspektiven für die die DDR zur Diskussion zu stellen (manches davon mag
heute blauäugig klingen, anderes wirkt fast prophetisch):
(KONTAKT; Zeitschrift der Evangelischen Studentengemeinden
in der DDR, Heft Sept./Okt. 1987, „Kontroversen um die Kernenergie“)
Beitrag S.2ff.:
Kontroverse
Stimmen zum Thema – Beginn eines notwendigen Dialogs
Frage 1:
Welche Übereinstimmungen gibt es bei Kernenergiegegnern und -befürwortern
hinsichtlich der Einschätzung der Gefahren bei der Kernenergienutzung?
Joachim Krause
a) Kernanlagen
können im Kriegsfall oder gegen Sabotage (Angriffe durch Terroristen) nicht
zuverlässig geschützt werden. Bei auch nur teilweiser Zerstörung solcher
Anlagen würde jedoch ein gigantisches Schadenspotential freigesetzt – die
langfristigen Strahlenwirkungen würden denen einer Atombombenexplosion
entsprechen.
b) Die
Weiterverbreitung von Kernanlagen (z.B. Kernforschungsanlagen, Kernkraftwerke,
Anreicherungsanlagen, Wiederaufarbeitungsanlagen) ermöglicht bzw. erleichtert
dem Nutzer den Zugang zu spaltbarem Material, das zur Herstellung von
Kernwaffen verwendet werden kann (u.a. Plutonium). Der Kernwaffensperrvertrag
bildet keine unüberwindliche Hürde, er kann jederzeit unterlaufen werden (die
Einhaltung des von einem Staat erklärten Verzichts auf Kernwaffen ist nicht
durchzusetzen).
c) Strahlenbelastung
bedeutet ein Risiko für Leben und Gesundheit für Mensch und andere Lebewesen.
Die natürliche Strahlenbelastung ist unvermeidbar, mit ihr müssen wir leben.
Jeder zusätzliche (zivilisationsbedingte) Beitrag sollte aber so gering wie
möglich gehalten werden.
d) Große
Unfälle in Kernanlagen lassen sich nicht mit hundertprozentiger Sicherheit
ausschließen (technisches und menschliches Versagen, bewusst inszenierte
Störfälle). Wegen des riesigen zu erwartenden Schadensausmaßes (bis 11.000
Soforttote, 50.000 spätere Todesfälle, zehntausende Quadratkilometer radioaktiv
verseuchten Landes) ist diese Forderung aber zu stellen.
e) Höchste
Sicherheitsanforderungen müssen von jedem einzelnen Glied der nuklearen
Brennstoffkette erfüllt werden (Uranerzbergbau bis Endlagerung hochaktiver
Abfälle einschließlich aller notwendigen Transporte). …
Frage 3:
Ist die Information der DDR-Öffentlichkeit über die Gefahren der KKW´s zureichend?
Joachim Krause
…
b) Ein zweites
Beispiel für wenig hilfreiche und verharmlosende Informationspolitik: Im ND („Neues
Deutschland“, Tageszeitung, herausgegeben von der Staatspartei SED - JK) vom
3./4.5.1986 wurde (wenige Tage nach dem Unfall im sowjetischen KKW Tschernobyl
am 26.4.1986 - JK) eine Tabelle für die Konzentration radioaktiver Stoffe in
der Luft für Berlin veröffentlicht. Man konnte entnehmen, dass die Werte im
zeitlichen Verlauf abnahmen. Der erste (und höchste) Messwert stammt vom 30.4.,
22.30 Uhr und betrug 460 mBq/m³ (siehe Fußnote 1).
Die Tabelle endete
mit dem niedrigsten Messwert von 96 mBq/m³ (2.5.,
14.00 Uhr).
Das Fazit im ND:
„Damit ist eine Stabilisierung auf einem niedrigen Niveau eingetreten.“
Das war aber
leider nur die halbe Wahrheit.
In einem
offiziellen Bericht des Staatlichen Amtes für Atomsicherheit und Strahlenschutz
der DDR an die IAEA vom Oktober 1986 (SAAS-Report 349) ist eine komplette
Darstellung über die Konzentration radioaktiver Stoffe in der Berliner Luft im
Zeitraum vom 28.4. bis Ende Juni 1986 enthalten. Dort kommen die vom ND
veröffentlichten Werte wieder vor – mit Ausnahme vom letzten, niedrigsten: er
ist jetzt mit knapp 500mBq/m³ angegeben.
Wichtiger aber
ist, was man noch entdeckt: die maximale Belastung wurde einige Stunden vor dem
Beginn der ND-Tabelle mit 117 Bq/m³ ermittelt, lag
also 250mal höher als der mir in meiner Zeitung mitgeteilte „Höchstwert“. Und
eine „Stabilisierung auf einem niedrigen Niveau“ war auch nicht gegeben – sie
trat erst nach dem 7.5. ein. Zwischen dem 2.5. und 7.5. stieg die Belastung
noch einmal an und schwankte zwischen einigen hundert mBq/m³und
reichlich 20 Bq/m³.
Ich hätte mir hier
eine klare Richtigstellung auch für die Leser des ND, nicht nur für die
Fachleute gewünscht. Mit der veröffentlichten Tabelle (Angaben in Bq) war ohnehin nicht viel anzufangen. Um die durch die
gemessene Radioaktivität bedingte biologische Gefährdung abschätzen zu können,
hätte es (auch für den Fachmann) ergänzender Angaben (Art und Eigenschaften der
verursachenden Radionuklide, ihr Anteil an der Gesamtbelastung, Art der
abgegebenen Strahlung, Aufnahmeweg in den Organismus usw.) und ziemlich
komplizierter Berechnungen bedurft. …
Fußnote 1) 1 Bq = 1 Becquerel
bedeutet, dass in 1 Sekunde 1 radioaktiver Atomkern zerfällt bzw. Strahlung
abgibt; 1mBq/m3 =
Milli-Becquerel = 1 Tausendstel Becquerel pro Kubikmeter Luft …
Frage 4:
Welche Alternativen (Energieeinsparung, natürliche Energiegewinnung aus Wind
o.ä.) sind zur Kernenergie denkbar und technisch möglich?
Joachim Krause
Eine „alternative“
Energiezukunft für die DDR exakt vorzurechnen, steht noch aus. Ich kann nur
grob denkbare Ansatzpunkte für diesen Weg skizzieren:
a) Voraussetzung:
keine weitere Steigerung des Primärenergieverbrauchs in der DDR,
b) Energieeinsparung
/ rationelle Energieanwendung
(ausgehend vom hohen Energieverbrauchsniveau der DDR)
·
mittelfristiger Strukturwandel
in der Volkswirtschaft (weg von energie- und rohstoffintensiver Industrie),
·
Modernisierung technischer Prozesse und
Analysen bei der Energie-Umwandlung und -Anwendung
(vom Großkraftwerk bis zur Glühlampe),
·
effektive Raumwärmenutzung (z.B. Wärmedämmung),
·
Stromerzeugung,
- Erhöhung des Wirkungsgrades der Kraftwerke (alte Braunkohlekraftwerke
schaffen heute 20%, moderne Anlagen
können 38% erreichen),
- Verminderung der Leitungsverluste,
- Kraft-Wärme-Kopplung (gleichzeitige Nutzung von Fernheizwerken und
Kraftwerken zur Strom- und
Wärmeerzeugung; Einsatz von Blockheizkraft-
werken für kleinere Einheiten),
·
+ Stromanwendung,
- nur dort, wo durch andere Energieträger die benötigte Energiequalität nicht
bereitgestellt werden kann,
(Stromerzeugung erfordert besonderes hohen
Primärenergieaufwand),
- verlustarme Anwendung (z.B. elektrische Antriebe, Beleuchtung),
·
Materialökonomie (sparsamer Umgang mit
der in Werkstoffen enthaltenen vergegenständlichten Energie).
c) schnelle
und umfassende Erforschung und Praxisentwicklung aller geeigneten regenerativen
Energiequellen in der DDR (Schätzungen aus den 70er Jahren, dass bis zum Jahr
2000 regenerative Quellen nur 1% am Primärenergieaufkommen der DDR erreichen
können, erscheinen zu pessimistisch – gemäßigte Erwartungen für die BRD rechnen
zum gleichen Zeitpunkt mit 5 bis 10% - langfristig ist noch deutlich mehr zu
erwarten – vieles ist technisch und ökonomisch schon heute möglich – bei
gezielter Forschung und Massenproduktion sind neue Anwendungsmöglichkeiten und
abnehmende Kosten zu erwarten – wir haben auf dem Gebiet Nachholbedarf.
·
Ausnutzung aller örtlichen Reserven;
dezentrale Systeme; Eigenversorgung
·
Erdwärme (nördlich Berlin –
Raumheizung)
·
Wind (Küste, windreiche Gegenden -
Betrieb von Pumpen, Elektroenergie)
·
Biomasse (Abfälle, Kläranlagen,
Güllevergasung – Biogas als Treib- und Brennstoff, auch für Elektroenergie oder
zum Betrieb von Wärmepumpen)
·
Wasserkraft (neben größeren Kraftwerken
Betrieb von Mikrokraftwerken im Kilowatt-Bereich für örtliche Versorgung,
Betrieb von Mühlen, Sägewerken)
·
Sonne
- Sonnenwärmekollektoren (Dächer von Häusern – Brauchwassererwärmung, evtl.
auch Heizung)
- Solarzellen (Stromerzeugung – nach 2020 wahrscheinlich konkurrenzfähig
Atomstrom)
- langfristig: Aufbau von großen Sonnenenergie-Systemen, z.B. in Wüstengegenden
der Erde – Verwendung des Stroms zur Wasserstofferzeugung – Transport wie
Erdgas zum Verbraucher (Pipeline, Tanker) – Aufbau in internationaler
Zusammenarbeit (unser Beitrag: technisches Wissen und Errichtung von Anlagen;
ärmere Länder übernehmen die Energiebereitstellung; daraus resultiert für uns
Abhängigkeit, aber eine vollständige Selbstversorgung aus eigenen
Energieressourcen ist für uns in jedem Falle eine Illusion!) …
Auf die
Halbwahrheiten bei der Mitteilung von Umweltdaten nach dem Unfall in
Tschernobyl wiesen wir auch in einem Beitrag in den Wittenberger BRIEFEN hin –
auch hier gab es keine Reaktion staatlicher Stellen:
(Joachim Krause in: BRIEFE
zur Orientierung im Konflikt Mensch – Erde, Nr.17, 1988, S.15)
Meine
Beschäftigung mit Fragen der Energiepolitik brachte mir bei der „Ökumenischen
Versammlung“ (ÖV) der DDR-Kirchen die Berufung als Fach-Berater in die
Arbeitsgruppe ein, die über „Energie für die Zukunft“ nachdenken sollte. Die ÖV
machte sich unsere Thesen zu eigen (hier Sätze aus
einem ersten Entwurf, der in die öffentliche (!) Diskussion gegeben wurde):
(Mitteilung zu den
Ergebnissen der 2. Ökumenischen Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und
Bewahrung der Schöpfung in Magdeburg, Textentwürfe für die öffentliche
Diskussion:)
„Wir haben die Vision einer Zukunft, die sich im Wesentlichen auf regenerative
Energiequellen stützt. Erste gute
Erfahrungen z.B. bei der Nutzung von Erdwärme, Biogas, Sonnenenergie und
Windkraft sowie darauf aufbauende Prognosen ermutigen uns. Wir sind überzeugt,
dass durch gezielte Anstrengungen in Forschung und Entwicklung rasch
Fortschritte erzielt werden können. …
Kernenergie darf nicht Grundlage unserer zukünftigen
Energieversorgung sein. Wegen ihrer sozialen, technischen, ökologischen und
militärischen Risiken ist der Ausstieg aus dieser Technik unumgänglich. Wir
sind und bewusst, dass eine solche Forderung erhebliche Bedenken und
Widerstände hervorruft. Wir können diesen Verzicht nur glaubhaft fordern, wenn
wir auch bereit sind, Konsequenzen mitzutragen.“
(aus dem Textentwurf der Arbeitsgruppe „Energie für die
Zukunft“)
(Joachim Krause in:
BRIEFE zur Orientierung im Konflikt Mensch – Erde, Nr.18, 1988, S.16)
Stalinallee
In der kirchlichen Umweltarbeit der DDR hatte ich mich
schon länger mit Energiefragen beschäftigt. Ich galt darum wohl als exotischer
Geheimtipp. Jedenfalls erhielt ich Anfang 1989 eine ungewöhnliche Einladung
nach Berlin. Kein innerkirchlicher Zirkel, wurde mir gesagt, Fachleute. Etwas
geheimnisvoll die Vorbereitung, kein Veranstaltungsort („wir holen Sie am
Bahnhof ab“). Ich fuhr hin, den üblichen POLYLUX (Overheadprojektor) in der
Hand, und wurde von einem mir unbekannten Herrn per Auto in die Stalinallee
kutschiert; die hieß natürlich schon lange „Frankfurter“, aber sie sah immer
noch aus wie „Stalinallee“. Wir betraten ein Eckhaus, kamen in eine höchst
geräumige „Bonzen“-Wohnung, ich schätze mal: 50 Quadratmeter Wohnzimmer mit riesigen
Fenstern, wo sich nach und nach 50 Menschen versammelten. Damen und Herren
mittleren Alters, die interessiert meinen Ausführungen lauschten, offenbar
ziemlich sachkundig und kompetent waren; wahrscheinlich arbeiteten die meisten
in irgendwelchen Behörden oder Ministerien. Wir habe
zwei Stunden lang im offenen Gespräch um Fragen gerungen, die unsere
gemeinsame Zukunft betrafen. Und das ging, obwohl wir eigentlich auf
verschiedenen Seiten standen. 1989 eben - Aufbruch.
(Aus: Joachim Krause „Am
Abend mancher Tage“, Wartburg-Verlag Eisenach, 1988)
Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und menschliche
Verantwortung
·
Wissenschaft und Technik sind wichtige Mittel,
um die gesellschaftliche Entwicklung voranzubringen. Wir müssen dem Fortschritt
Ziele setzen (was macht erfülltes Leben aus?) und daran prüfen, welche
technischen Mittel wir zum Erreichen ganz konkreter Ziele einsetzen wollen.
Die technischen Möglichkeiten dürfen die weitere Entwicklung nicht einengen
oder festlegen („Sachzwänge“)
·
Maßstab für technischen Fortschritt: Er
soll dem Leben dienen (nicht nur dem menschlichen Leben), seine weitere
Entfaltung (biologisch und sozial) ermöglichen und offenhalten.
Heute ist der wiss.-techn. Fortschritt auf die Lösung der
Menschheitsprobleme auszurichten:
Verminderung der Kriegsgefahr, Sicherung des Überlebens aller Menschen und
Herstellen von Gerechtigkeit zwischen Nord und Süd, Bewahrung der Schöpfung.
·
Die globale technische Umgestaltung der
Welt erfordert neue Horizonte für unser Denken und Handeln:
- räumlich: grenzübergreifendes Handeln (eine Erde)
- zeitlich: langfristig orientierte, dauerhafte Lösungen suchen (kommende
Generationen)
·
Jeder Fortschritt hat seinen Preis:
Vor dem Einsatz neuer Technik sind Nutzen und Schaden umfassend gegeneinander
abzuwägen (Technologie-Folgen-Abschätzung). Ein Ziel könnte dabei
heißen: Minimierung des Leidens.
Neben technischer Machbarkeit und wirtschaftlicher Effizienz sind wichtige
Kriterien für die Beurteilung die ökologische, soziale und internationale
Verträglichkeit.
·
Verantwortung lässt sich
nicht delegieren.
a) Verantwortung muss persönliche Verantwortung sein (nicht an Kollektive oder Technik
delegieren, meine Hand für mein Produkt ?!)
b) Verantwortung muss von allen gemeinsam wahrgenommen werden (offene
Diskussionen und gemeinsame Entscheidungen aller Beteiligten und Betroffenen)
·
Wie kann Verantwortung konkret werden
angesichts
- von Ehrgeiz und Spieltrieb des Forschers
- den Verlockungen des Geldes
- der Verlockung der Macht
- der zunehmenden Entfremdung auch des Wissenschaftlers und Technikers
vom Gegenstand seiner Arbeit
(Joachim Krause, Merkblatt für Veranstaltungen, mit dem
ORMIG-Verfahren vervielfältigt, kirchlicher Druckgenehmigungsvermerk: „Nur für
innerkirchliche Verwendung! 04/5.2.1988/50“)
(Nachweis von Lügen in
der offiziellen Statistik)
Im statistischen Jahrbuch der DDR von 1988 stehen auf S.155 erstmals Angaben zu
den Schwefeldioxid-Emissionen in unserem Land (1980: 5,000 Mill. t / 1986: 5,000 Mill. t / 1987: 4,990 Mill. t). Abgesehen davon, dass
Mengenangaben mit so vielen Nullen verdächtig sind in Bezug auf die Genauigkeit
– wie haben wir diesen Stillstand (allerdings auf sehr hohem Niveau: Platz 1 in
Europa bezogen auf die Bevölkerungszahl oder die Fläche) eigentlich erreicht?
Die Braunkohleförderung und -verbrennung ist im gleichen Zeitraum um etwa 50
Mill. t Rohbraunkohle/Jahr gestiegen, daraus ergeben sich (bei angenommenen 1 %
Schwefelgehalt in der Rohkohle) zusätzliche SO2-Emissionen
von größenordnungsmäßig plus 1 Mill. t/Jahr. Wo sind die hin …
?
(Joachim Krause, in:
BRIEFE zur Orientierung im Konflikt Mensch – Erde, Nr.19, 1989, S.16)
(Nachgerechnet: Die DDR
ist Weltspitze beim Ausstoß von Treibhausgasen!)
Im „Neuen Deutschland“ vom 21./22.1.1989 wird mitgeteilt, dass die BRD (nach eigenen Angaben), „gemessen an
der Einwohnerzahl, der größte 'Exporteur' von Kohlendioxid ist“ (Zahlenangabe:
13 t CO2 pro Einwohner und Jahr). Am 8.2.1989 wiederholten die
Tageszeitungen der DDR diese Meldung mit dem Zusatz, die BRD setze „zwanzig Mal
mehr an CO2 frei als im Durchschnitt die ganze Welt.“
Das regt zur Berechnung der entsprechenden Zahlen für
unser Land an. Unter Benutzung der Umrechnungsfaktoren für verschiedene
kohlenstoffhaltige Energieträger und in Kenntnis der Struktur unserer Primärenergieträger
ergibt sich für 1985 für die DDR im Vergleich zur BRD folgende Spitzenposition
(für die DDR berechnet: Durchschnittswert für die Jahre 1985 bis 1988):
.Mill. Tonnen Tonnen Tonnen
.pro Jahr pro Einwohner pro Quadratkilometer
und Jahr und Jahr
BRD 800 13 3200
DDR 360 21 3300
(Joachim Krause in:
BRIEFE zur Orientierung im Konflikt Mensch – Erde, Nr.19 1989, S.17)
Bei all den
Problemen, mit denen wir uns bis 1989/90 herumschlagen mussten - manchmal haben
wir auch zu DDR-Zeiten lachen können (vielleicht gelang nur so das Überleben).
Im Jahre 1985 erschien z.B. ein Aufruf in den Wittenberger BRIEFEN:
Unser Leser Matthias hat 1000 Mark gespendet für einen
Wettbewerb. Gesucht werden Zwei- und Vierzeiler, Slogans, Spots, Limmericks, Persiflagen auf bekannte Lieder oder Ähnliches
– immer zur Umweltzerstörung und –bewahrung. …
(BRIEFE zur Orientierung
im Konflikt Mensch – Erde, Nr.11, 1985, S.14)
Und da mir in
den DDR-Jahren, bei all den problematischen Dingen, über die wir zu reden hatten,
immer auch danach zumute war, ab und zu gemeinsam zu singen (ich hatte immer
meine Gitarre dabei), und auch mal gemeinsam zu schmunzeln, habe ich diesen
Anlass genutzt und wochenlang auf den vielen Dienstfahrten witzige und
nachdenkliche Textchen zusammen-gepuzzelt – hier eine
Auswahl:
Ökosprüche
Man soll die Luft nicht vor der Nachtschicht loben.
Wer fastet, entlastet.
Der Geist ist willig –
aber das Fleisch schmeckt gut.
Viel Maikäfer gab's einst in Laage,
und jeder stimmt ein in die Klage:
Man nahm DDT,
das tut Käfern weh –
jetzt sind sie ein Tier aus der Sage.
Aller Anfang ist gut.
Kleine Sünder straft man -
die großen lassen´s laufen.
Ich sehe nichts, sagte der Mann –
da hatte er Scheuklappen auf.
Kleine Ursachen –
große Neben-Wirkungen.
Zwei Schornsteine unweit von Seyde,
die standen im Wettbewerb beide,
sie rauchten und bliesen
über Felder und Wiesen –
da husten noch heute die Leute.
An ihren Autos sollt ihr sie erkennen.
Sauer macht lustig, sagte der Wald –
da lachte er sich tot.
Irren ist auch wissenschaftlich.
Sich auf-regen bringt Segen.
Bei Bitterfeld sind alle Katzen grau.
Da kräht kein Hahn danach, sagte der Agrochemiker –
da hatte er alle Hähne schon vergiftet.
Ich kann ohne dich nicht leben, sagte der Mann –
da meinte er sein Auto.
Die Enkel werden strahlen, sagte der Mann -
da vererbte er ihnen seinen Atommüll.
Reden ist Silber, Schweigen ist falsch.
Das Schwächere gibt nach.
Un-Ruhe ist die erste Bürgerpflicht.
Machen ist gesund.
(Joachim Krause, um
1985)
3.
Wendezeit – Vieles wird anders
1990
1989/1990
waren die DDR-Zeiten vorbei. War nun alles anders, würden sich die überkommenen
sozialismus-typischen Probleme schnell und endgültig lösen lassen?
Die
turbulenten Wendejahre brachten mancherlei neue Herausforderungen. So war ich
plötzlich Vorstandsvorsitzender eines Vereins:
Protokoll der
Gründungsveranstaltung von Greenpeace DDR e.V. am 8.6.1990
Tagungsort: 1040 Berlin, Hannoversche Straße 1
Anwesend: 17 stimmberechtigte Gründungsmitglieder von
Greenpeace DDR …
3. Wahl des Vorstands von Greenpeace DDR …
Von den Anwesenden wurden folgende Vorschläge
unterbreitet: Joachim Krause, Dr. Christof Tannert, Heidrun Rottenbach, Harald Zindler, Stephen Sawyer … waren die fünf Kandidaten mit der
erforderlichen Stimmenmehrheit gewählt …
6. Information der Mitglieder von Greenpeace DDR über
erste Beschlüsse des Vorstands …
Zum Vorstandsvorsitzenden wurde einstimmig gewählt:
Joachim Krause …
Im November
wurde mir lapidar mitgeteilt, dass die Eintragung im Vereinsregister nun
gelöscht werden solle (Beschluss der fernsteuernden Zentralen von Greenpeace in
Hamburg und Amsterdam), und ich hatte einige Mühe, in der sächsischen Provinz
einen Notar für die Beurkundung zu finden.
Als die DDR
von der Bundesrepublik Deutschland übernommen wurde, „erbte“ diese auch einige
schwergewichtige Altlasten. Eine davon war der Uranbergbau, seit den 1940er
Jahren betrieben von der „Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut“. Vor
allem der Bergbau in den ersten „wilden“ Jahren mit massiven Belastungen der
Bergleute durch Staub und strahlende Materialien hatte Tausende von Todesopfern
zur Folge gehabt, und ganze Regionen im Erzgebirge und im Ronneburger
Raum in Thüringen waren verwüstet worden und von strahlenden Altlasten geprägt
(Halden, Absetzbecken der Uranerzaufbereitung). Als
der nun gesamtdeutsche Umweltminister Töpfer Ende 1990 die betroffene Region
bereiste, wurde ihm auch die Befürchtung massiv vorgetragen, dass „die Wismut“
nun sicher alle belastenden Daten, z.B. auch die Gesundheitsakten der
Bergarbeiter, manipulieren oder verschwinden lassen könnte. Töpfer versprach,
sich darum zu kümmern. Ich hörte ihm bei einer Veranstaltung zu, ahnte aber
nicht, dass sein Versprechen mich betreffen könnte. Wenige Tage später bekam
ich einen Anruf aus Bonn, dann saßen Beamte aus seinem Ministerium in meinem Arbeistzimmer, und Anfang Januar 1991 saß iich im schwarzen Anzug im Bonner Umweltministerium und
wurde bis zum Staatssekretär „hochgereicht“. Ich erhielt ein
Berufungsschreiben:
Der Bundesminister für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, 3. Januar 1991
Sehr geehrter Herr Krause,
hiermit berufe ich Sie als sachverständigen Berater des
BMU für Fragen der Datensicherung bei den Gesundheitsdaten von Arbeitnehmern der
SDAG Wismut … Ihre Beratungsaufgabe ist ein persönliches Ehrenamt … bei dessen
Wahrnehmung Sie keinerlei Weisungen unterliegen …
Dieses
Schreiben öffnete mir alle Türen, und nun suchte ich nach den Krankenakten der
Wismut-Kumpel, um Vorschläge für ihre Sicherung zu machen. Ich wurde nach und
nach fündig – obwohl manche der Wismut-Verantwortlichen wenig Neigung zeigten,
ihr Geheimwissen mit mir zu teilen – und ich schrieb Berichte nach Bonn, hier
nur ein Auszug aus dem ersten:
An das Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Bonn, 26.1.1991 …
Betr.: Bericht und Anmerkungen zur Besichtigung von
WISMUT-Archiven am 22. und 25.1.1991
1. Ehem. Betriebsambulatorium des BB Aue in 0-9509
Hartenstein, Schacht 371
A. Zustand und Beobachtungen:
·
desolate
Zustände bei der Auflösung bzw. Umstrukturierung des ehemaligen
„Gesundheitswesens Wismut“ festgestellt
·
ehem.
Wismutarzt (derzeit ohne Anstellungsverhältnis) und
eine Schwester lagern die Patientenkartei in das Zentralarchiv in Schlema um;
·
ein
Teil des Aktenbestandes ist bereits abtransportiert; die Suche danach brachte
u.a. folgendes zutage: Patientenkartei steht offen zugänglich im Wartezimmer,
andere Kartei-Teile befinden sich in offenen Schränken im Treppenaufgang (Schlema), ausgesonderte Karteibestände sind in einer
unverschlossenen „Rumpelkammer“ gelagert, aktuelle Karteikästen stehen im
unverschlossenen Wäscheschrank
·
Verantwortung
für die Gesundheitsakten der Wismut-Beschäftigten wird durch die
Geschäftsführung des BB Aue nicht mit der erforderlichen Konsequenz
wahrgenommen …
Allmählich
gewann ich einen Überblick, und die Zustände verbesserten sich rasch. In keinem
einzigen Fall habe ich feststellen können, dass gezielte Eingriffe in die
Aktenbestände vorgekommen waren. Insgesamt schrieb ich in den nächsten Jahren
45 Berichte (Ehrenamt!), und wurde 1998 per Brief von Grünen-Minister Trittin
freundlich als Berater verabschiedet – wohl weil ich nun als Altlast aus
Töpfers Zeiten zählte …
Meine erste
Energiesparlampe bekam ich von Freunden aus der Schweiz per Post geschickt, die
bei einem „Friedensseminar“ in Meißen dabei waren und die ich mit meinen
„theoretischen“ Lobgesängen auf dieses Wunderwerk der Technik beeindruckt
hatte. Meine zweite Sparlampe habe ich mir dann – über verwickelte „Beziehungen“
– noch in der DDR bei NARVA gekauft.
ENERGIESPARLAMPEN
Die Folgen eines verschwenderischen
Umgangs mit Energie begegnen uns
immer bedrängender als UMWELTGEFAHREN.
Die Einführung
kostendeckender Stromtarife bedeutet einen schmerzlichen Griff in unsere
Kassen (ab 1.1.91 für Privatverbraucher bzw. schon seit 1.7.90 für die Kirchen
sind 24 statt bisher 8 Pfennig zu zahlen!).
Mit dem folgenden
Beitrag möchte ich dazu ermutigen, an einer Stelle des täglichen Umgangs mit
Energie, nämlich bei der Beleuchtung, schnellstens sinnvolle Schritte zu gehen.
Seit einigen
Jahren gibt es ENERGIESPARLAMPEN (exakt: Kompaktleuchtstofflampen). Sie lassen
sich problemlos in jede Glühlampenfassung drehen, haben eine 6- bis 8-fach längere Lebensdauer als Glühlampen, verbrauchen
aber nur etwa ein Fünftel der bisher erforderlichen Strommenge bei gleicher
Leuchtleistung.
Die beachtliche
Lebensdauer wird von der Anzahl der Brennstunden pro Schaltung beeinflusst. Für
Lampen mit konventionellem Vorschaltgerät sind Brennstellen mit längeren
Betriebszeiten (1 Schaltung pro 3 Stunden Brenndauer; z.B. an
Hauptbeleuchtungsstellen in der Wohnung, in Büros) zu empfehlen. Lampen mit
elektronischem Vorschaltgerät können dagegen ohne Einfluss auf die Lebensdauer
so häufig wie Glühlampen geschaltet werden. Kompaktleuchtstofflampen sind nicht
dimmbar (Abdunkeln durch Leistungsminderung über entsprechende Regler).
Probleme könnten sich beim Einsatz dieser Lampen auch hier und da durch die
Abmessung (sie sind teilweise etwas länger als herkömmliche Glühlampen) und das
etwas höhere Gewicht ergeben.
Im Handel gibt es
diese Sparlampen von der DDR-Firma NARVA und von den BRD-Firmen OSRAM und
PHILIPS. Man kann mit dem Einsatz solcher Lampen eine Menge Geld sparen – heute schon bei noch subventionierten
Strompreisen und erst recht, wenn die neuen Tarife gelten. ….
FAZIT: Mit dem
Einsatz einer einzigen solchen Sparlampe lassen sich um die hundert D-Mark sparen !!!
(genauere Berechnungen wurden in einer
Tabelle wiedergegeben, Ersparnis 98 bzw. 128 DM)
Der Einsatz einer
Sparlampe führt über die Einsparung von etwa 500 Kilowattstunden Strom dazu,
dass 14 Zentner Braunkohle (!) weniger verbrannt werden müssen und uns die
damit verbundene Umweltbelastung „erspart“ bleibt.
Tun Sie also Ihrem
Geldbeutel und unserer Umwelt etwas Gutes und wechseln Sie mal ein paar Lampen!
Übrigens:
Sparlampen ohne elektronische Zündung führen zu einer wenn auch geringen
Strahlenbelastung. Sparlampen mit elektronischer Zündung führen nicht zur
Strahlenbelastung. Beide Arten sind aber wegen des Quecksilbergehaltes als
Sondermüll zu entsorgen.
(Joachim Krause in: BRIEFE zur Orientierung im Konflikt
Mensch – Erde, Nr.22, 1990, S.6)
20 Jahre
später kochte die Debatte zum Pro und Contra Energiesparlampe wieder hoch. Hier
meine Reaktion als bekennender Sparlampen-Fan:
Energiesparlampen sind
kein Teufelszeug – aber sie lösen auch nicht alle unsere Energieprobleme
Gleich zu Beginn ein Bekenntnis: Ich bin ein Fan von
Energiesparlampen (ESL). Meine „erste“ habe ich mir 1989 noch in der DDR
gekauft. Seitdem verfolge ich interessiert die manchmal erregten Debatten pro
und contra. Ich bin immer ein nüchterner Naturwissenschaftler geblieben, habe
versucht, Argumente abzuwägen und Fakten nachzurechnen.
Zunächst seien die Konkurrenten vorgestellt: Eine normale
Glühlampe (ein Metalldraht glüht im Vakuum) wandelt nur 3 bis 5 Prozent der
elektrischen Energie in Licht um, der Rest verpufft als Wärme. Bei ESL handelt
es sich im die schon länger bekannten Leuchtstoffröhren, die raffiniert
gewickelt und gefaltet auf Glühlampengröße gestaucht werden und mit einem
Schraubsockel überall eingesetzt werden können. Die hochkomplizierte Start- und
Steuerelektronik ist im Sockel integriert. Eine ESL mit 20 Watt Leistungsaufnahme
leuchtet mit der gleichen Helligkeit wie eine 100-Watt-Glühlampe, verbraucht
also 80 % weniger Strom. Die durchschnittliche Lebensdauer liegt für eine
Glühlampe bei 1.000 Brennstunden, für ESL bei etwa 12.000. Damit reduziert der
Austausch einer einzigen Beleuchtungsquelle während der gesamten Nutzungsdauer
die Stromrechnung um über 100 Euro! Eigentlich ist das eine höchst überzeugende
Rechnung zum Vorteil des eigenen Geldbeutels – trotzdem wurden 2006 in
Deutschland nur 27 Millionen ESL verkauft, gleichzeitig gingen zehnmal so viele
normale Glühlampen über den Ladentisch. Der Verbraucher nimmt aber in seinem
Alltag nur die deutlich höheren Anschaffungskosten für die ESL im Vergleich mit
der gewohnten Glühlampe wahr – die Betriebskosten (Stromverbrauch) werden ihm
nicht so direkt bewusst, sie werden über Jahre hinweg anonym abgebucht. Es
würde sofort funktionieren, wenn Stromverbrauch per Münzeinwurf spürbar wäre.
Darüber hinaus behindern aber eine Reihe von Vorurteilen
die Verbreitung von ESL – hier eine Auswahl: Ihr Licht sei „kalt“ und den
menschlichen Bedürfnissen nicht angepasst, ungesunde Strahlung gefährde die
Gesundheit, die Lampen seien giftig (Quecksilberdampf), die versprochenen
langen Lebensdauern würden im Alltag gar nicht erreicht (z.B. bei häufigem An-
und Ausschalten), es trete gar keine Kosten- und Energieersparnis ein usw.
Dem sollen ein paar Fakten entgegengehalten werde. Zu
Anfang sei klargestellt: Die folgenden Aussagen beziehen sich auf moderne
Leuchten mit elektronischen Vorschaltgeräten von namhaften Herstellern. Hin und
wieder gibt es leider noch immer „Billig-Sparlampen“ mit technisch veralteter
Bauweise von anonymen Produzenten, die den Kriterien nicht genügen, müde
starten, flackern und schnell kaputt gehen.
Es gibt ESL mit verschiedenen Lichtfarben und
Lichtspektren. Die einen sind optimal für Arbeitsplätze geeignet, andere
simulieren das Tageslicht, und wieder andere erzeugen Wohnzimmeratmosphäre.
Dann wird ein gelbliches Licht erzeugt („warmweiß“),
das bezüglich der Farbwiedergabe vom Glühlampenlicht nicht unterschieden werden
kann. ESL flimmern nicht (die Frequenz von 40.000 Hertz können menschliche
Sinne nicht wahrnehmen). Elektronisch gestartete ESL kann man viele tausend Mal
an- und ausschalten, ohne dass dadurch ihre Lebensdauer abnimmt.
Untersuchungen zeigen, dass sich die elektromagnetische
Strahlung von ESL im Rahmen der Abstrahlung von herkömmlichen Glühlampen
bewegt. Auch die elektronischen Vorschaltgeräte unterscheiden sich nicht von
den elektromagnetischen Feldern anderer Haushaltgeräte. Das elektrische Feld
eines Fernsehgerätes liegt selbst in einem Abstand von einem Meter noch
deutlich höher als das einer ESL im Abstand von 30 Zentimetern.
Das Einschalten erhöht den Energieverbrauch nur
unmerklich. Der Mehrverbrauch an Energie während des Vorheizens der Elektroden
dauert 1 bis 2 Sekunden, diese Strommenge entspricht der der Lampe im
anschließenden Normalbetrieb in 10 Sekunden. Unter Einbeziehung des Aufwandes
für Herstellung und Entsorgung tritt eine Netto-Energieersparnis bei Sparlampen
etwa ab 40 Betriebsstunden ein, ab dann wird also echt Strom gespart (über
tausende von Stunden).
ESL enthalten tatsächlich einige Tausendstel
Gramm Quecksilber, ein Umweltgift. Deshalb gelten die Lampen zu Recht als
Sondermüll, der getrennt erfasst und entsorgt werden muss. Das aber
funktioniert überhaupt noch nicht! Vor einigen Jahren schon hätten über 100
Millionen Gasentladungslampen abgeliefert werden müssen (das Problem betrifft
auch die vielen herkömmlichen Leuchtstoffröhren), es waren aber nur 7 Prozent
davon. Die meisten Verbraucher werfen die Lampen gedankenlos in die Mülltonne.
Aber entwarnend sei mitgeteilt: Auch bei der Stromerzeugung (Verbrennung von
Kohle) wird Quecksilber in die Umwelt freigesetzt. Und da spart eine ESL in
ihrer Lebenszeit die mehrfache Menge an Quecksilber ein, wie in ihr enthalten
ist. Trotzdem muss die ordnungsgemäße Entsorgung der ausrangierten Lampen
verantwortlicher wahrgenommen werden.
Wenn jeder der 20 Millionen Hauhalte
in Deutschland statt einer 100-Watt-Glühlampe eine 20-Watt-ESL anschaltet, sind
schlagartig zwei Atomkraftwerke überflüssig. Das einfache Auswechseln eines
Beleuchtungskörpers bringt also durchaus einen Effekt. Aber Beleuchtung stellt
nur einen geringen Teil unseres verschwenderischen Stromverbrauchs dar. Da sind
die vielen Geräte, die im bequemen „Stand-by-Betrieb“ unnütz Strom vernichten.
Gut, dass die EU hier ab 2010 strenge Restriktionen beschlossen hat. Und so
halte ich auch das mittelfristige Verbot von Glühlampen für einen sinnvollen
Schritt. Und der nächste Quantensprung bei der Beleuchtung findet ja längst
statt: die kleinen LEDs (lichtemittierende Dioden) sind quecksilberfrei, geben
weder ultraviolette Strahlung noch Wärme ab, halten 50 mal
länger als Glühlampen und erreichen Lebensdauern bis zu 100.000 Stunden.
(Joachim Krause für eine
Kirchenzeitung, Februar 2009, wegen
der PRO-Haltung nicht abgedruckt)
Reichsbahn á la Schweiz
Die gute alte Reichsbahn (so hieß die Bahn in der DDR wirklich – JK)
war sicher kein gutes Beispiel.
Aber der desolate Zustand des
Schienensystems, der Fahrzeuge, der Pünktlichkeit usw. in der ehemaligen DDR
darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Prinzip "Schiene vor
Straße" - aber eben leider nur im Prinzip - schon ganz richtig war.
Jetzt sind die Wagen sauberer,
die Züge pünktlicher (?), beim größeren Bruder DB fahren IR, IC, ICE mit großem
Komfort und hohen Geschwindigkeiten. Ich kann durch längeres Knobeln
herausbekommen, ob ich mit Familienpass oder Superspartarif oder ... am
günstigsten fahre. Kurz: es ist besser geworden, aber gut ist es noch nicht.
Wesentlich weiter auf dem Weg
zu einem attraktiven öffentlichen Verkehrssystem sind andere in Westeuropa. Zum
Beispiel die Schweizer Bundesbahnen.
Hier brauche ich gar keinen
Fahrplan mehr, denn nach dem Motto "Jede Stunde ein Zug" (auf manchen
Hauptstrecken gilt heute schon der "Halbstundentakt!) muss ich nur wissen,
wann das ist (also z.B. 8.23; 9.23 Uhr usw.) und kann ich mich darauf
verlassen, dass der Start in der gewünschten Richtung gesichert ist
(Pünktlichkeit, Sauberkeit und Komfort inklusive). Wenn ich mit dem Personenzug
gestartet bin, kann ich am nächsten Knotenpunkt in einen D-Zug oder Inter-City
umsteigen: Hier kommen aus allen Richtungen zu dieser Zeit Züge sternförmig
zusammen, ich kann in Ruhe umsteigen (3 bis maximal 8 Minuten Aufenthalt), und
danach fahren die Züge wieder in alle Richtungen auseinander. Auch am nächsten
Umsteigepunkt sind nach dem gleichen Muster wieder alle Anschlüsse mit
minimaler Umsteigezeit gesichert.
Noch erfreulicher: Das Prinzip
gilt und klappt nicht nur (wie auch bei den IC's der
DB) auf den großen Hauptstrecken - in der Schweiz gilt es auch für die
Peripherie, d.h. auch das Dörfchen Hinterposemuckel
ist nachts um 11 noch im Stundentakt angekoppelt (wo Schienen fehlen, erledigen
das Busse).
Die Schweizer Bahnen locken
mit einer Fülle von Vergünstigungen, das System wird angenommen, und es lohnt
sich - die Bahnen werden inzwischen nicht mehr subventioniert. Überall sitzt
man in gut gefüllten Schweizer Zügen zwischen Leuten mit blauen Heftchen: das
ist ihr "Halbpreisabo" (für 100 SF
erhältlich; berechtigt ein Jahr lang zu Fahrten zum halben Preis). Betriebe
verschenken solche Heftchen an ihre Dienstreisenden (die sie natürlich auch
privat nutzen) - dann werden grundsätzlich nur noch Bahnkilometer erstattet;
und alle sparen dabei!
Wie wär's, wenn wir die
Reichbahn a la Schweiz rekonstruieren?
(Joachim Krause in: BRIEFE zur Orientierung im Konflikt Mensch – Erde,
Nr.24, 1991, S.17)
Alles vergessen ?
„Die Zeit
drängt!", so hieß ein Buch von C.F.v.Weizsäcker
aus den 80er Jahren mit dem Appell, dass wir uns endlich den bedrängenden
Problemen unseres Planeten zuwenden sollten, ehe es zu spät sei.
Auch Christen in
der DDR begaben sich auf den Weg des "Konziliaren
Prozesses", begannen gemeinsam über "Frieden, Gerechtigkeit und
Bewahrung der Schöpfung" nachzudenken.
Der Anfang war
eine Bestandsaufnahme: An alle Gemeinden ging im Herbst 1987 die Frage, mit
welchen konkreten Problemen sich die ins Auge gefasste "Ökumenische
Versammlung" in der DDR beschäftigen sollte. Die Resonanz war
überwältigend - allein zum Bereich "Bewahrung der Schöpfung" hatten
wir tausende von Anregungen auszuwerten. Die besonders brennenden Fragen zum
Umweltbereich wurden in vier Arbeitsgruppen der Ökumenischen Versammlung ein
Jahr lang beraten. Am Ende wurden von allen beteiligten Kirchen konzentrierte
Texte verabschiedet, die neben Problembeschreibungen (es ging vor allem um eine
unverstellte Sicht der DDR-Wirklichkeiten) Handlungsbedarf signalisierten -
Politik und Wirtschaft, die Kirchen wie jeder einzelne waren zum Umdenken und
zum Handeln aufgefordert.
Damit war nur ein
erster Schritt getan, weitere sollten nun schnell folgen...
Die Turbulenzen
des Herbstes '89 haben leider auch die Aufbrüche der Ökumenischen Versammlung
weithin verschüttet. Anderes drängte nach vorn, die inneren und äußeren
Umbrüche in unserem Alltag halten uns in Atem.
Und so beobachte
ich einfach, dass wir bei der Umsetzung der klugen Worte, die im Frühjahr 1989
in Dresden gefunden waren, bisher im Alltag - zu Hause oder in unseren
Kirchgemeinden - nicht weit gekommen sind.
Wie ernst ist es
uns eigentlich mit der Sorge um Gottes Schöpfung ?
Uns begegnen nach
der "Wende" ja nicht nur neue Fragen im Umweltbereich (die über uns
hereinbrechende Verkehrslawine, der schnell wachsende Berg unseres
Wohlstandsmülls seien als Beispiele genannt) - die Probleme, die uns bei der
Ökumenischen Versammlung umgetrieben haben, sind aktuell geblieben:
Zur Erinnerung:
·
Da war 1. das Nachdenken
über unsere LEBENSWEISE, unseren LEBENSSTIL.
Wir haben uns bewusst gemacht, dass wir auch schon zu DDR-Zeiten zu den Reichen
auf dieser Welt gehörten. Das haben viele zwar nicht gern gehört, aber wer z.B.
zur Weltspitze beim Verbrauch von Nahrungsmitteln oder von Energie zählt, der
muss sich das schon sagen lassen.
Der noch höhere materielle Lebensstandard in der (alten) Bundesrepublik
erschien uns damals als fragwürdige Orientierung. Jetzt leben wir in diesem
Paradies, der Konsumrausch wird jeden Tag ausgelebt.
Dass unser Lebensstil unsolidarisch ist in einer Welt voller Armut, dass unser
Planet dem ökologischen Ruin nicht entgehen kann, wenn alle Menschen auf dieser
Welt die gleichen Ansprüche geltend machten wie wir - das macht das Nachdenken
über einen verantwortlichen Lebensstil zum wichtigen Dauerbrenner.
·
Zum 2. haben wir nachgedacht
über den Widerspruch und die notwendige Versöhnung zwischen ÖKONOMIE UND
ÖKOLOGIE.
Wir haben von den damals in der DDR Verantwortlichen gefordert, die viel
beschworene Formel der "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik"
zu ergänzen um den Aspekt der Umweltpolitik.
Dieses Defizit wird auch unter "westlichen" Verhältnissen sichtbar,
ablesbar z.B. in der Koalitionsvereinbarung der derzeitigen Bundes-Regierung:
Dort ist der Wirtschaftspolitik das erste Kapitel gewidmet, der Umweltpolitik
das 12. und letzte. Größer kann der Abstand nicht sein, und vielleicht ist die
Reihenfolge ja auch eine (unbewusste?) Wertung...
Da ist offensichtlich noch viel zu verändern, in den Programmen und in der
Praxis, bis die Soziale Marktwirtschaft an die Zügel genommen ist, wirklich als
"ökologisch und global verpflichtete soziale Marktwirtschaft" (so in
der EKD-Denkschrift "Gemeinwohl und Eigennutz", Gütersloh 1991,
S.126) gelten kann.
·
3. haben wir versucht, ENERGIE-Perspektiven
FÜR DIE ZUKUNFT zu beschreiben.
Vor einigen Tagen war ich zu einer Anhörung in Sächsischen. Landtag zu einem
neuen Energiekonzept. Dort bin ich das Gefühl nicht losgeworden, dass sich die
langfristigen und globalen Dimensionen der Probleme (z.B. Klimaveränderungen)
noch längst nicht mit dem nötigen Druck und entsprechender Schwerpunktsetzung
im Alltag von Politik und Wirtschaft niederschlagen. Auch der vernünftige,
sparsame Umgang mit Energie sollte weiterhin nicht nur in der großen Politik
eingefordert werden, sondern auch in unserem eigenen Verhalten absolute
Vorfahrt haben - die Praxis sieht leider ganz anders aus!
·
4. Beschäftigt hat
uns damals auch das Fehlen und die Bedeutung von UMWELT-INFORMATIONEN.
Jetzt ertrinken wir in einer Informationsflut, wir erleben, wie schlimme
Wahrheiten lähmen können, wir erfahren neu, wie manche Medien an Informationen
nur interessiert sind, wenn sie sich zu Sensationen aufblasen lassen...
Und es gibt Klagen über neue Formen der Ausgrenzung von Betroffenen in
Entscheidungsprozessen.
In der Krise, die
der Umbruch auf vielen Gebieten für uns bedeutet, liegen auch Chancen. Nutzen
wir sie auch?
Sollten wir uns
nicht den "Luxus" gönnen, gemeinsam nachzudenken, wie wir und unsere
Kinder in Zukunft auf dieser Welt leben wollen - und dürfen?
Was macht ein
gutes, erfülltes Leben aus ? Dazu, denke ich, sollten
wir als Christen doch etwas zu sagen haben. Braunkohle oder Kernenergie,
Wirtschaftswachstum oder Autobahnen, Themen, über die wir uns ärgern und
streiten - das alles sind doch MITTEL zur Verwirklichung von ZIELEN, über die
wir uns noch gar nicht verständigt haben.
Die Begrenztheit
unseres Planeten und seiner Schätze, die schreiende Ungerechtigkeit zwischen
Reichen (dazu gehören wir!) und Armen, die (oft schleichend oder weit entfernt
stattfindende) Zerstörung der Schöpfung - das sollte uns mahnen,
verführerischen neuen Ansprüchen kritisch zu begegnen, ihnen gar nicht erst zu
erliegen.
Kleine Schritte in
die richtige Richtung bleiben wichtig - auch wenn sie allein uns nicht retten
werden!
Also aufgepasst
beim Einkaufen (Pfandflasche oder Dose, Energie- und Wasserverbrauch der neuen
Waschmaschine), im Kirchen-Büro (Recycling-Papier für Schreibmaschine und Kopierer),
auf dem Friedhof (keine Plastik-Kränze), bei der Umstellung der Hausheizung
(keinen Strom!). Was man da alles falsch (oder in Zukunft eben richtig) machen
kann, können Sie zum Beispiel aus Broschüren für die kirchliche Umweltarbeit
erfahren, die von den Umweltbeauftragten der EKD-Landeskirchen erarbeitet
worden sind und eine Fülle von praktischen Tipps enthalten: Bisher liegen Hefte
aus der Reihe "Bewahrung der Schöpfung - praktisch" zu den Themen
ABFALL, WASSER, NAHRUNG und ENERGIE vor - sie können zum Preis von zusammen 12
DM bei mir bestellt werden).
Aber vielleicht
tut sich in Ihrer Gemeinde ja längst etwas: Sie haben eine aktive Umweltgruppe,
ein geplanter Gemeindeabend soll das Nachdenken über Schöpfungsverantwortung
weiterführen, im kirchlichen Kindergarten wird mit den Kindern neues
probiert...
Ich will Ihnen nur
noch sagen, dass ich gern bereit bin, für konkrete Fragestellungen Material zur
Verfügung zu stellen oder mich selbst an der Vorbereitung oder Durchführung von
Veranstaltungen in Ihrer Gemeinde zu beteiligen.
Joachim Krause
(Der Sonntag, Dresden, Februar 1992, S.4)
Im Jahr 1992 druckte die sächsische
Kirchenzeitung „Der Sonntag“ eine elfteilige Folge von kurzen Artikeln von J.
Krause ab, in denen Tipps für Kirchgemeinden zum umweltfreundlichen Haushalten
vermittelt wurden. Themen der „Ökologischen Tagesordnung für Kirchenvorstände
waren unter anderem „Kirchliche Ländereien“, „Gebäude als Lebensraum“,
„Trinkwasserverbrauch“, „Schöpfung als Thema in der Gemeindearbeit“,
„Gemeindebüro“, „Friedhöfe und Grünanlagen“, „Abfall und Müll“, „Energie“,
„Umweltfreundlich einkaufen“, „Putz- und Reinigungsmittel“ und „Autobenutzung“.
Ein Jahr
später druckte das Amtsblatt der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens „offiziell“
ausführliche Tipps für Kirchvorsteher ab (Amtsblatt 9/1993 S. B33)
Al Gore: Wege zum
Gleichgewicht - ein Marshallplan für die Erde, S. Fischer Verlag, Frankfurt/M.,
1992
Noch ein Umweltbuch. Ich hätte es mir kaum gekauft - wenn
da nicht der Autor wäre! Was schreibt ein Mann, der nicht die Narrenfreiheit
eines Polit-Rentners nutzt, um in Altersweisheit endlich wahrhaftig zu sein und
uns (unverbindlich) die Leviten zu lesen, sondern ein Politiker, der gerade zum
Vizepräsidenten der einzigen verbliebenen Supermacht aufgestiegen ist.
Erster Eindruck: Gore hat das Buch selbst geschrieben,
weil ihm das Schicksal unseres Planeten unter die Haut geht. Das spürbare
Engagement, die überzeugenden persönlichen Erfahrungen, die spannend erzählten
und doch sachlich genauen Beschreibungen über den Zustand des "Patienten
Erde" machen das Lesen leicht.
Al Gore bleibt nicht in den bedrückenden Problemen
stecken (die liegen für ihn nicht nur im Umweltbereich; der Autor zeigt sich
ausgesprochen sensibel auch für die Fragen der Ungerechtigkeit im
Nord-Süd-Konflikt). Er fragt nach den Zusammenhängen, nach den tieferen
Ursachen der ökologischen Krise. Er spürt der inneren Befindlichkeit des
neuzeitlichen Menschen nach, sucht bei Philosophie und Psychologie. Und er
fragt sich auch immer wieder, was ihn das als Christen angeht.
Sein Fazit: Eine Umkehr scheint schwer, weil wir
letztlich Krieg mit uns selbst führen müssten; die Abkehr von liebgewordenen
Lebensmustern und in der neuen Situation nicht mehr tauglichen
Überlebens-Konzepten wird auch schmerzliche Einschnitte bringen - wir selbst in
den reichen Ländern müssen bereit sein zu einem tiefgreifenden Wandel.
Al Gore hält uns dennoch für lernfähig: „Durch neues
Denken können wir die Umwelt retten." (Hat mit solchen Sätzen nicht vor
wenigen Jahren ein anderer Gor... eine Revolution eingeleitet?)
Aber der Autor bleibt nicht im Abstrakten stehen, der
Glaube, dass wir eine Zukunft haben, wird konkret geträumt: Die Rettung der
Umwelt soll zum neuen umfassenden Leitprinzip unserer Zivilisation werden, ein
"Marshall-Plan für die Erde" wird in detaillierten Schritten
vorgestellt. Dabei ist kaum ein Vorschlag neu (wichtig und richtig sind sie
allemal!), sehr erfreulich aber ist der Versuch eines Politikers, dem auch die
notwendigen Machthebel zur Verfügung stehen, daraus politische Zielvisionen zu
machen.
Ich bin auf den Weg der USA in den nächsten Jahren
gespannt.
(Rezension des Buches
von Joachim Krause, in: Der Sonntag, Dresden, 3.1.1993)
Franz Alt: "Schilfgras statt Atom - Neue Energien für
eine friedliche Welt", Piper, München 1992, 224 Seite, 29,80 DM
Ein Mensch hat
Angst, Existenz-Angst: Entweder wir ändern unsere Energiepolitik (um das
Weltklima zu retten), oder wir werden von der Erde verschwinden.
Entsprechend
emotionsgeladen, aber auch bissig und griffig schildert der Journalist Franz
Alt die Probleme, die unserem Planeten durch das nicht mehr verantwortbare
Ausmaß der Nutzung fossiler Brennstoffe (Treibhauseffekt) und der Kernenergie
drohen. Seine schonungslose Bestandsaufnahme unserer Sünden ist dramatisch
(leider wird öfter als feststehende Tatsache vermittelt, was angemessener in
der Möglichkeitsform und als Wenn-Dann-Argumentation hätte dargestellt werden
sollen).
Alt plädiert für
eine radikale Umkehr, er sucht Verbündete - und er hat ein Konzept:
"Schilfgras statt Atom"! Das steht bei ihm nicht nur für eine
energiepolitische Option, sondern auch als Sinnbild für eine Abkehr von unserer
bisherigen zerstörerischen Denk- und Lebensweise.
Seine sanfte Alternative
sind Schilfgrasfelder. Sonnenenergie soll in Zukunft nicht nur technisch
(Wasserkraft, Wind, Solar-Strom und -Wärme), sondern vor allem biologisch
genutzt werden: Landwirtschaftliche Betriebe bauen Pflanzen mit besonders
effektiven Photosyntheseleistungen an (z.B.
Chinaschilf, Pfahlrohr, Hirsearten) - nachwachsende Rohstoffe für die Nutzung
als Energieträger, aber auch in der Industrie (z.B. für Papier, Bau- und
Dämmstoffe). Der Anbau erfolgt auf großen Arealen (mindestens ein Viertel der
derzeit landwirtschaftlich genutzten Flächen) mit High-Tech-Landwirtschaft:
unterirdisch verlegte, computergesteuerte Systeme versorgen die Pflanzen mit
Wasser, Nährstoffen und biologischen Pflanzenschutzmitteln.
Die in der
Biomasse gespeicherte Energie wird dann mit hoher Effizienz genutzt durch
Verbrennung in verbrauchernahen dezentralen Kleinkraftwerken, die gleichzeitig
Strom und Wärme liefern. Alts konkrete Vision: Schon im Jahr 2000 könnten so 60
Prozent des heute in Atomkraftwerken erzeugten Stroms ersetzt werden, bis 2050
ist - bei gleichzeitigen dramatischen Erfolgen in der Energie-Einsparung - auch
der Verzicht auf die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas möglich! Ende aller
Sorgen ...
Der Entwurf ist
großartig, er sollte - mit öffentlicher Förderung - vorurteilsfrei geprüft und
in praktischen Großversuchen getestet werden.
Einige Bedenken
sind mir bei der Lektüre doch gekommen (sie werden z.T. von Alt zu euphorisch
"abgeschmettert"):
Bei derartigen
glatten "100-Prozent-Lösungen" ("jetzt haben wir DIE Alternative!") bin ich immer
misstrauisch. Ich denke z.B. über die Kosten eines solchen Programms nach (rein
energetische Rechnungen reichen hier nicht): Um bis zum Jahr 2000 60 Prozent
des Atomstroms durch Schilfgras zu ersetzen, müssten innerhalb der verbleibenden
sieben Jahre Biogas-Kraftwerke für etwa 130 Milliarden DM (berechnet nach
Angaben in Alts Buch) gebaut werden; dazu kommen weitere Investitionen für
Infrastrukturmaßnahmen, für die erforderlichen Bewässerungssysteme auf mehr als
1 Million Hektar Land ... Auch ökologisch wäre der Schilfgrasanbau im von Alt
anvisierten Umfang ein gigantisches Experiment, das sehr sorgfältig auf seine
Auswirkungen hin zu prüfen ist: langlebige Monokulturen nichtheimischer
Pflanzen auf einigen Millionen Hektar Land, Folgen für die heimische Tier- und
Pflanzenwelt, für die Böden, für das Grundwasser...
Trotzdem: Alts
Buch hat mich neugierig gemacht; ich habe Lust bekommen, bald einmal in einem
Schilfwald spazierenzugehen.
(Joachim Krause, Rezension in Der Sonntag, Dresden, 7.2.93;
BRIEFE KFH Wittenberg Nr.28, 1993, S.29; Freie Presse, Chemnitz, 22.1.1993)
„Aufschwung Ost“ – ein Schritt in die falsche Richtung?
In der Krise der Wirtschaft der ehemaligen DDR liegt die
Chance, neue Wege zu gehen
Wie weit verbreitet
ist die Ansicht, vorrangige Aufgabe in Deutschland sei es, den Osten des Landes
in seinen materiellen Standards und in seiner Wirtschaftsweise schnell an das
im Westen erreichte Niveau heranzuführen. Diese Modell-Übernahme der
Marktwirtschaft und schrittweise Wohlstandsverbesserung in Angleichung an die
westlichen Industrieländer wird auch als hoffnungsvoller Entwicklungsweg für
die Reformstaaten Mittel- und Osteuropas beschworen. Die Wirtschaftsweise der
westlichen Industrieländer hat sich zwar als effektiver erwiesen und zu höherem
Wohlstand geführt als das konkurrierende Modell der sogenannten Planwirtschaft.
Besser sein bedeutet aber nicht automatisch gut.
In der real
existierenden Marktwirtschaft ist selbst der „soziale“ Ausgleich bisher nicht
umfassend gelungen: Er funktionierte nur für die Bevölkerung innerhalb der
Grenzen weniger reicher Länder, solange der „Kuchen“ des Wohlstandes ständig
wuchs und bei der Verteilung des Wohlstandszuwachses die Mehrheit zu den
Gewinnern gehörte. Diese Gewinne waren aber zum großen Teil nur möglich durch
„Export der Ausbeutungskosten“, so Ministerpräsident Kurt Biedenkopf.
Und Umweltminister
Klaus Töpfer sagte: „Wir leben mit einer Wohlstandslüge … wir haben auf Kosten
der Umwelt und auf Kosten der Dritten Welt gelebt.“
Ein Weitergehen
auf den bisher für den Westen so erfolgreichen Wegen ist heute – unter
Berücksichtigung de Dimensionen von weltweiter
Ungerechtigkeit und ökologischer Zerstörung – nicht mehr zu verantworten: „Die
Wirtschaftsweise der Industrieländer hat bereits zu globaler Überbeanspruchung
der Ressourcen geführt. Eine weltweite Orientierung an dieser Wirtschaftsweise
würde zum ökologischen Kollaps führen.“ ZU dieser Einsicht gelangte das
Nationale Komitee zur Vorbereitung der UNCED-Konferenz in Rio. Und die Synode
der Evangelischen Kirche in Deutschland erklärte: „Die derzeitige Lebensweise
vor allem in den westlichen Industriegesellschaften ist nicht mehr
schöpfungsverträglich.“
Der Weg der
einfachen Übertragung westdeutscher Lebensverhältnisse auf Ostdeutschland
widerspricht diesen Erkenntnissen klar. Darum ist umso bedenkenswerter: In der
Krise des Zusammenbruchs der Wirtschaft in der ehemaligen DDR liegt eine große
Chance. Denn in dieser Region könnte man beispielhafte neue Wege gehen. Und
zwar im Sinne eines verallgemeinerungsfähigen Modells, das wirklich für
Osteuropa und andere unterentwickelte Regionen – längerfristig aber auch für
die reformbedürftigen Systeme – die Umkehr auf dem als falsch erkannten Weg
einleitet.
Wir stehen vor der
Aufgabe, die Freiheit der Marktwirtschaft normativ weiter zu begrenzen und uns
dabei an realistischen und ethisch vertretbaren Zielstellungen zu orientieren.
Dieser Prozess der „Umorientierung, der zu einer ökologisch und global
verpflichteten sozialen Marktwirtschaft führen muss“ („Gemeinwohl und
Eigennutz“, Denkschrift der EKD 1991), braucht politische Vorgaben. Und die
sollten nicht nur unseren Wünschen entspringen, sondern auch den
Notwendigkeiten gerecht werden.
Und dazu zählen
die Begrenztheit unserer Lebensräume, die Zerstörung unserer Umwelt, der
ausstehende gerechte Ausgleich zwischen Reichen und Armen. Schließlich sollten
wir ein dauerhaftes Überleben einer ganzen irdischen Schöpfung im Blick haben.
Die
Sanierungsmilliarden für Ostdeutschland sollten darum gezielt für solche
Infrastrukturmaßnahmen und Investitionen
genutzt werden, die den strengen ökologischen Anforderungen einer
überlebensfähigen Welt schon jetzt gerecht werden.
Nicht eine
schlecht funktionierende Kopie westdeutscher Verhältnisse sollte im Osten
entstehen, sondern etwas Neues mit Vorbildwirkung.
Beispiele dafür
wären im ökologischen Bereich:
·
Vorrang des Um- und Ausbaus der
Reichsbahn (z.B. nach Schweizer Vorbild) vor der nach westdeutschem Denkmuster
geplanten „Autobahn-Vorrang-Politik“. Das wäre nicht nur ökologisch
wünschenswert, sondern nach einer Studie der Bundesforschungsanstalt für
Lebenskunde und Raumordnung vom Dezember sogar der Weg mit den größeren
infrastrukturellen Vorteilen.
·
Energieerzeugung – wo immer möglich –
nach dem Prinzip der gekoppelten Nutzung von Strom und Wärme.
Orientierung auf minimalen Energieverbrauch (z.B. Wärmedämmung an Gebäuden nach
schwedischen Standards) durch Erlass von entsprechenden Vorschriften und
Förderprogrammen für die Gebäudesanierung und Energieträgerumstellung.
·
Strenge Auflagen bei neuen
Produktionsanlagen mit dem Ziel minimaler Schadstoffemissionen und weitgehend
geschlossener stofflicher Kreisläufe (bis zur Rücknahme und Wiederverwertung
der Produkte nach Verbrauch).
·
„Belohnung“ und „Anreiz“ für derart
fortschrittliche Entwicklung durch entsprechende Gestaltung
„marktwirtschaftlicher Hebel“ wie Steuern, Subventionen, Preise oder
gesetzliche Vorschriften.
So verstanden
könnte der „Aufschwung Ost“ der hoffnungsvolle Anfang für eine „Umkehr West“
werden, und die hat unsere Welt nötig.
(Joachim Kraue in: Der Sonntag,
Dresden, 10.1.1993; der gleiche Text erschien auch unter dem Titel
„Sanierungsmilliarden im richtigen Topf? in „Die Kirche“, Berlin, 17.1.1993)
Moderne „Goldgräber“ durch
zweierlei Bergrecht
Mancher fühlt sich an Wildwest-Filme erinnert: Da geht
ein Goldgräber übers Land, schlägt an einer ihm geeignet erscheinenden Stelle
einige Pfähle ins Land (damit hat er den "Claim" als sein Eigentum
markiert) - und beginnt zu graben.
Nostalgische Vergangenheit? Leider erleben das jetzt
viele Gemeinden in Ostdeutschland als sehr reale und bedrohliche Gegenwart! Die
neuen Goldgräber sind Bergbaufirmen (oft aus westlichen Gefilden), die nach
intensivem Studium der geologischen Karten von Sachsen auf Messtischblättern
ihre Kreuzchen machen und - ohne die betroffenen Grundeigentümer oder Kommunen fragen zu müssen - ihren Antrag auf Abbau von Rohstoffen
zur Genehmigung ans Bergamt schicken.
Der Einigungsvertrag macht's möglich. Er hat beim Zugang
zu Bodenschätzen gespaltenes Recht festgeschrieben. In den Alt-Bundesländern
kennt das Bergrecht "grundeigene" Bodenschätze (um sie zu gewinnen,
muss der Bergbau-Betrieb sich - meist über Verkauf - mit dem Grundeigentümer
einigen) und solche, die "bergfrei" sind -
deren Gewinnung ist im gesamtgesellschaftlichen Interesse auch ohne Zustimmung
des Grundeigentümers möglich. Bergfrei sind dabei nur
"richtige" Bodenschätze wie Kohle, Metallerze, Erdöl usw., die
normalerweise auch noch untertägig gewonnen werden (das heißt z.B.
landwirtschaftliche Nutzung oder die Natur werden wenig beeinträchtigt).
In Ostdeutschland ist das anders. Hier gelten im
wesentlichen alte Regelungen aus DDR-Zeiten weiter, wonach praktisch alle
irgendwie verwertbaren Rohstoffe (also auch Lehm, Ton, Kies, Gesteine) als
Staatseigentum festgelegt waren und nun als "bergfrei"
gelten - mit der Möglichkeit, dass jedermann den Antrag auf ihre Gewinnung
stellen kann.
Das haben viele "moderne Goldgräber" schnell
mitbekommen, und inzwischen ertrinken die für die Erteilung der Genehmigungen
zuständigen Bergämter in einer Flut von entsprechenden Anträgen (wer zuerst
kommt, mahlt zuerst!). Allein im Erzgebirge / Vogtland sind inzwischen Flächen
von insgesamt etwa 5000 Hektar für den Gesteinsabbau beantragt (1 Hektar
entspricht etwa der Fläche von zwei Fußballfeldern), aber auch im flachen Land
werden überall zukünftige Kies- und Lehmgruben vermessen.
Mancher Bauer, der sich gerade eine neue Existenz
aufbaut, wollte gar nicht glauben, dass da sehr schnell ein fremder Bagger sein
Feld in einen Tagebau umwandeln könnte. Durch den großflächigen Abbau
(Raubbau!) sind regionale Siedlungsstrukturen bedroht (Heimat), kann der
Wasserhaushalt gefährdet werden, schützenswerte Naturreservate sind in Gefahr,
aufkeimende Träume von touristischer Erschließung einer Region werden zur
Illusion (Landschaftszerstörung, Lärm- und Staubbelastung)...
Die Betroffenen reagieren mit Angst, Wut, Resignation -
und mit Widerstand: so ist in Südwestsachsen ein Netzwerk von Bürgerinitiativen
entstanden.
Der drohende Raubbau an Mensch, Natur und Landschaft muss
verhindert werden - das kann doch wohl nicht mit dem Aufschwung im Osten
gemeint gewesen sein ! Die Sächsische Verfassung
schreibt in Artikel 10 den "sparsamen Gebrauch von Rohstoffen" als
Staatsziel vor. Da wäre dann wohl zuerst zu prüfen, welche Mengen an Rohstoffen
für die "Nachbesserung" der DDR-Realität wirklich notwendig sind, wo
sich die ergiebigsten und mit der geringsten Beeinträchtigung für Mensch und
Natur gewinnbaren Vorräte befinden - erst dann können Anträge entschieden
werden und die Bagger kommen. Unerlässliche rechtliche Rahmen-Regelungen wie
ein Rohstoffsicherungskonzept oder ein Landesentwicklungsplan fehlen in Sachsen
aber derzeit noch (auch regionale und kommunale Entwicklungspläne liegen bisher
nicht in bestätigter Form vor).
Das Bergrecht in Deutschland muss schnell vereinheitlicht
(und bei dieser Gelegenheit vielleicht gleich noch auf seine Verträglichkeit
mit den Interessen von Natur und Menschen auch im Hinblick auf demokratische
Mitwirkung der Öffentlichkeit im ausgehenden 20. Jahrhundert geprüft) werden !
In Sachsen ist jetzt wenigstens eine Regelung getroffen worden, nach der die
betroffenen Landkreise und Kommunen von Amts wegen frühzeitig in den
Genehmigungsprozess einbezogen werden (das bedeutet aber noch immer keine
Mit-Entscheidung).
Uns ist im Freistaat Sachsen von der Verfassung
aufgetragen, "der Bewahrung der Schöpfung zu dienen". Hier wird ein
Anliegen aufgenommen, das im Konziliaren
Prozess schon vor einigen Jahren als eine wichtige Wegweisung christlichen
Lebens formuliert worden war. Vielleicht ist der Umgang mit den Schätzen
unserer Heimat ein Konfliktfall, an dem sich erweist, wie ernsthaft es uns mit
solchen Zielen ist.
(Joachim Krause in: Der
Sonntag, Dresden, 11.7.1993)
Der Bagger kommt nicht !
Die Sache mit Anneliese begann im Mai letzten Jahres im
Pfarrgarten von Schönberg, einem kleinen Dorf in Sachsen. "Die Bagger
kommen!?" Ungläubig und erschreckt blickten die jungen Frauen vom
Mütterkreis hinüber zum Hang hinter dem Dorfteich. Auf dem Tisch vor Ihnen lag
(nur dank einer Indiskretion bekanntgeworden) der Antrag, den eine Firma aus
Baden-Württemberg schon im Dezember 1991 gestellt hatte. Danach sollte gleich
hinter den Obstgärten des Dorfes - wo heute noch Traktoren die Felder
bestellten, wo sich Trinkwasserschutzgebiete und wegen der seltenen Tier- und
Pflanzenwelt bedeutsame Landschaftsteile befanden - auf dem mit 340 Hektar
(das sind 680 Fußballfelder!) ausgemessenen "Feld Anneliese" der
Abbau von Rohstoffen beginnen: Ton, Lehm, Sand, Kies und Kalk.
Erregte Diskussion (Aufschwung Ost?), Fragen
("dürfen die das, ohne mit uns zu reden?"), Ablehnung - die Frauen
waren sich einig: Gegen die drohende Zerstörung unserer Heimat müssen wir
etwas unternehmen! Schon für den nächsten Tag wurde ein neues Treffen
verabredet, und dort begann die Arbeit der Bürgerinitiative (zu der nun auch
Männer willkommen waren) mit dem Entwerfen eines Informationsblattes für die
noch ahnungslosen Mitbürger, das bald in allen Haushalten für Diskussionsstoff
sorgte. Die Gemeindevertreter der betroffenen Kommunen wurden alarmiert (die
der benachbarten Stadt Meerane traten demonstrativ und geschlossen der
Bürgerinitiative als Mitglieder bei). Wenige Tage später ging ein ganzer
Stapel von Briefen auf die Reise, gerichtet an zuständige Behörden in der
Region wie auf Landesebene: Wir informierten über das Vorhaben und benannten
die Argumente für unseren Widerstand in der Hoffnung, eine offizielle
Einbeziehung der betroffenen Gemeinden zu erreichen und Verbündete für unser
Anliegen zu gewinnen. In den nächsten Wochen kamen einige sehr formale und
auch erste ermutigende Antworten.
Es begann eine Zeit des Lernens. Gesetzestexte mussten beschafft,
gelesen und verstanden werden (im Osten gibt es ein besonders
"freizügiges" Bergrecht, das der Goldgräberei
zunächst Tür und Tor geöffnet hat; dagegen registrierten wir schmerzlich das
Fehlen von verbindlichen Entwicklungsplänen für das
Land, die Regionen und die Kommunen). Neben emotionalen Begründungen für
unseren Widerstand mussten sachlich und juristisch stichhaltige Argumente
zusammengetragen werden. Bei einem Blick über den Gartenzaun entdeckten wir
jetzt erst (als es auch uns unmittelbar betraf!), dass viele Nachbarn mit dem
gleichen Problem rangen: Im Erzgebirge und Vogtland war damals schon der Abbau
von Rohstoffen auf einer Fläche von insgesamt 5000 Hektar beantragt; wir traten
dem bereits bestehenden Netzwerk von Bürgerinitiativen bei, nun liefen
wichtige Informationen schneller zusammen und: wir waren nicht mehr allein!.
Um zu bekunden, dass das "überwiegende öffentliche Interesse" sich
gegen den geplanten Raubbau wandte, gingen wir, verstärkt durch neue Mitstreiter,
mit Unterschriftenlisten in die Häuser. Abgesehen
von dem unmittelbaren Erfolg (innerhalb von zwei Wochen unterschrieben mehr
als 80 Prozent der Wahlberechtigten) ergaben sich hochinteressante
Gespräche auf der Türschwelle: im Plaudern über Kies-Abbau lernten selbst
langjährige Nachbarn einander besser kennen, Misstrauen gegen das
Funktionieren von Demokratie begegnete uns genauso wie Resignation ("die
da oben machen ja doch, was sie wollen...") - die meisten unterschrieben
trotzdem, und die Menschen in der Region rückten n„her
zusammen. In der Nachbarstadt Meerane schlossen sich wenig später mehr als
4200 Menschen unserem Votum an.
Endlich - und das wäre ohne den Druck aus vielen Bürgerinitiativen
wohl nicht so schnell gegangen - erließ die Staatsregierung Leitlinien für den
Rohstoffabbau: nun wurden auch die betroffenen Kommunen und regionalen
Behörden amtlich um Stellungnahmen zu dem Projekt gebeten. Im Spätherbst meldete
sich das für die endgültige Entscheidung zuständige Oberbergamt: die Akten
wurden geordnet, letzte Rückfragen geklärt; es wurde spannend. Erst jetzt
suchte plötzlich auch die antragstellende Firma das Gespräch mit uns (der
"Mitarbeiter Ost" erwies sich als hochkarätiger Fachmann, der als
langjähriger Leiter der Bezirksstelle für Geologie
in Karl-Marx-Stadt exzellente Kenntnisse zu den Rohstoffvorkommen
in Sachsen zu bieten hatte...), aber zu verhandeln gab es nichts mehr.
Wenige Tage vor Weihnachten fand dann der Bürgermeister
eine gute Nachricht im Briefkasten: Der Antrag ist endgültig abgelehnt, der
Bagger kommt nicht!
Nun wird es im Mütterkreis beim nächsten Treffen eine
kleine Feier geben. Und vielleicht lädt er irgendwann im Sommer mal zu einem
besinnlichen Treffen an der Linde ein, die vor zwei Jahren als Zeichen von
Hoffnung und Gemeinschaft mitten in dem jetzt so heiß umkämpften Gebiet gepflanzt
worden war.
(Joachim Krause in Der
Sonntag, Dresden, 16.1.1994; Die
Kirche, Berlin, 9.1.1994)
Ein Strohfeuer wird zum Dauerbrenner
Braunkohle und Kachelofen sind
jetzt auch im Osten passé‚ Umstellung ist allerorten angesagt. In der Regel
geht es meist nur noch um die Frage: Öl oder Erdgas? So wäre es auch in der
kleinen Stadt Schkölen bei Eisenberg in Thüringen
gelaufen, wenn nicht Christian Garbe, Pfarrer und ehrenamtlicher Bürgermeister
der Kommune, eine wahrlich "zündende" Idee gehabt hätte: Wir lösen
das Problem gleich für alle gemeinsam – und wir nehmen Stroh aus unserer
Region! Kopfschütteln bei Experten und Behörden ("so etwas macht bisher in
Deutschland keiner"), Widerstand von der Konkurrenz (vor allem von Erdgas-
und Stromanbietern) - auch für viele skeptische Einwohner brannte da ein
"Strohfeuer", das wohl bald verlöschen würde... Argumente wurden
ausgetauscht, Exkursionen fanden statt, es wurde hin- und hergerechnet
- allmählich kristallisierte sich der Bau eines Strohheizwerkes als für die
Stadt und ihre Bürger billigste und für die landwirtschaftlich geprägte Region
günstigste Variante der zukünftigen Energieversorgung heraus. Inzwischen nimmt
die "verrückte Idee" sehr reale Gestalt an; zur Einweihung des Schkölener Strohheizwerkes im September wird gar der
Bundeswirtschaftsminister erwartet.
So neu ist die Idee gar nicht.
In Dänemark sind in den letzten 20 Jahren etwa 50 kommunale Heizwerke in
Betrieb gegangen, die rentabel, betriebssicher und umweltfreundlich arbeiten.
Ihr Brennstoff ist Abfallholz oder Stroh - Stroh, wie es auch in
landwirtschaftlichen Betrieben rund um Schkölen
überreichlich anfällt. Mit Bauern aus einem Umkreis von 7
Kilometern(erforderlich ist Stroh von etwa 2000 Hektar Fläche) wurden in Schkölen Jahresverträge abgeschlossen. Ihr Stroh wird auf
dem Feld zu großen Quadern gepresst und am Feldrand abgedeckt oder in Hallen
zwischengelagert (für eine Tonne werden - abhängig von der Qualität - etwa 100
DM gezahlt). Im Strohheizwerk wird mit den Ballen ein spezieller
computergesteuerter Ofen "gefüttert", in dem das gepresste Stroh
quasi wie eine Zigarre von einer Seite her flächig abbrennt. Die entstehende
Asche wird als Dünger wieder auf die Felder zurückgeführt; damit wird der
ökologische Kreislauf geschlossen.
Das Werk in Schkölen wird das erste seiner Art in Deutschland sein. Der
Bau wurde von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt durch ein zinsloses Darlehen in
Höhe von mehreren Millionen Mark gefördert. Betrieben wird das Werk von einer
GmbH, an der die Stadt mit 52 Prozent beteiligt ist. Das Heizwerk stellt mit
einer Leistung von 3,15 Megawatt Warmwasser und Heizenergie für (bisher) etwa
die Hälfte aller 600 Wohnungen in der Stadt sowie für 15 kommunale und
gewerbliche Großabnehmer zur Verfügung; ein zusätzlicher Ölheizkessel mit 4,8
Megawatt Leistung steht für Spitzenbelastungszeiten und im Havariefall
in Reserve.
Für die Bürger in Schkölen sind die Bedingungen auch finanziell attraktiv:
einmalige Anschlussgebühren von 2000 Mark je Haushalt, feste Jahresgebühren und
8 Pfennige pro Kilowattstunde Heizenergie machen die Entscheidung für den
Fernwärme-Anschluss leicht.
Oft drohte in den letzten
Monaten das Genehmigungsverfahren im Dschungel der bisher mit Strohheizwerken
nicht befassten deutschen Bürokratie zu ersticken. Jetzt sind alle Wege frei,
und Bürgermeister Garbe hofft auf viele Besucher und Nachahmer.
(Joachim Krause in: Die Kirche, Berlin, 18.7.1993; Der Sonntag, Dresden
25.7.1993)
Anfrage nach drei Jahren
Sind wir nur eine Kirche der Worte?
Vor drei Jahren gab die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland
wichtige und schmerzliche Einsichten zu Protokoll ("Kundgebung" der EKD-Synode
Bad Wildungen):
"Die derzeitige Lebensweise, vor allem in den westlichen
Industriegesellschaften, ist nicht mehr schöpfungsverträglich. Dazu gehören
insbesondere die Höhe des Energieverbrauchs, die Vergiftung von Boden und
Grundwasser durch Abfälle und die anhaltende Verschwendung von Ressourcen. Wir
können nicht so weiterleben wie bisher."
Im Klartext: Wir Reichen in der westlichen Welt
versündigen uns an der Schöpfung und ihrem Schöpfer, indem wir den uns
anvertrauten Garten zerstören, satt ihn zu bebauen und zu bewahren (1.Mose
2,15).
Die Konsequenz der Synode: Wir müssen umkehren, unser
bisheriger Weg ist lebensfeindlich.
Und die Praxis seit 1991: Wir leben eben doch weiter wie
bisher - als einzelne Christen, als Kirchen, als Gesellschaft - mit
Besitzstandswahrung im Westen und Anpassung im Osten an die zerstörerische
westliche Lebensweise! Die Autolawine staut sich gewaltiger denn je, die
Müllberge wachsen weiter, der Raubbau schlägt der Natur neue tiefe Wunden.
Wie ernst meinen wir es eigentlich mit unseren
eindrucksvoll formulierten Einsichten und Beschlüssen? Goethes Rat lautet
(Faust I): "Der Worte sind [längst] genug gewechselt, lasst mich auch
endlich Taten sehn!". Und Jesus sagte (Matth. 7,16): "An ihren Früchten [und nicht: an ihren
Sprüchen] sollt ihr sie erkennen."
Wie werden unsere Früchte 1994 aussehen?
(Joachim Krause in: Die
Kirche, Berlin, 20.2.1994; Der Sonntag, Dresden, 20.2.1994)
Kirchliche Grundstücke
und Gebäude als Lebensraum -
Europäisches
Naturschutzjahr 1995
Das Ministerkomitee des Europarates hat das Jahr 1995 zum
"Europäischen Naturschutzjahr" erklärt. Der Schwerpunkt soll darauf
liegen, einer breiten Öffentlichkeit die Notwendigkeit des Naturschutzes
außerhalb von Schutzgebieten deutlich zu machen und Möglichkeiten dafür
aufzuzeigen, wie der Lebensraum von Menschen (die hier wohnen, arbeiten, ihre
Freizeit verbringen) gleichzeitig auch Heimat für unsere Mitgeschöpfe sein
kann.
Die sächsische Landessynode nahm auf ihrer Herbsttagung
1994 diesen Gedanken auf und beschloss, den Gemeinden das Anliegen mit dem
Schwerpunkt "Kirchliche Grundstücke und Gebäude als Lebensraum"
nahezubringen. Damit ist die Ermutigung verbunden, 1995 in unseren
Kirchgemeinden Entdeckungen zu machen und selbst aktiv zu werden.
Unsere Kirchgemeinden tragen Verantwortung für
Waldgebiete und Ackerflächen, wir besitzen Friedhöfe, Pfarrgärten und viele
Gebäude. Oft stöhnen wir unter der Last dieses Erbes, und vielen ist gar nicht
bewusst, welche Schätze uns damit anvertraut sind. Nicht selten stellen
kirchliche Grünflächen mit Bäumen, Hecken und alten Mauern die letzten Oasen
dar, in denen Menschen Ruhe finden, sie sind aber auch der einzig verbliebene
intakte Lebensraum für bedrohte Mitgeschöpfe.
Ein erster Schritt wäre, neu die Augen zu öffnen, zu
entdecken, welche Vielzahl von Gottes Geschöpfen unsere "Untermieter"
sind. Unsere Aufgabe ist es, diesen Gästen die "Wohnungen" zu
erhalten bzw. für sie neue Lebensräume zu öffnen. Dazu bieten sich in unseren
Gemeinden viele Möglichkeiten.
Beispiele sind:
-
das
Unterlassen von unnötigen und lebensfeindlichen "Modernisierungs"-Maßnahmen
(Betonieren von Flächen, Verschließen von Einflugs-Öffnungen an Gebäuden,
Verputzen von Natursteinmauern)
-
das
Herstellen naturnaher Lebensräume (Renaturierung von Teichen, Bächen,
brachliegenden Flächen; evtl. kirchlichen Umweltgruppen oder
Naturschutzverbänden zur Pflege übergeben)
-
der
Übergang zu naturnaher Bewirtschaftung (Wiese statt Einheits-Rasen,
einheimische Pflanzen statt Exoten, ökologische Ausrichtung von Friedhofsordnungen
und Pachtverträgen)
-
Neuanpflanzungen
(Streuobstwiesen, Flurgrenzen, Aufforstung, Hecken, Fassadenbegrünung).
-
das
Anbringen von Nisthilfen in Gärten und an Gebäuden (Singvögel, Fledermäuse,
Turmfalken, Schleiereulen).
Unsere Kirchen liegen meist in der Mitte des Ortes; wenn
wir gute Beispiele schaffen, könnte das auf andere ausstrahlen. Wir haben
Verbündete, mit denen wir gemeinsam etwas tun können, deren Sachverstand und
Ideen wir nutzen sollten: sprechen Sie Vertreter von Naturschutzverbänden vor
Ort an (die Verbände haben bereits großes Interesse an der Zusammenarbeit mit
Kirchgemeinden signalisiert), suchen Sie Kontakt zu lokalen und regionalen
Naturschutzbehörden.
Unsere Aktivitäten könnten ein Zeichen sein, dass wir es
ernst meinen mit der "Bewahrung der Schöpfung", indem wir vor der
eigenen Kirchentür anfangen. Aktionen sollten eingebunden sein in das
Gemeindeleben. Die Kinder der Christenlehre-Gruppe könnten auf Entdeckungsreise
gehen (auf dem Kirchturm, am Pfarrteich, auf dem Friedhof), vielleicht laden
wir zum nächsten Gemeindetag eine benachbarte Stadt-Gemeinde in unseren
Pfarrgarten ein, die Junge Gemeinde könnte in einem Arbeitseinsatz im Pfarrwald
Müll beräumen und Nisthilfen anbringen, der Seniorenkreis könnte mit einem
sachkundigen Vogelkundler einen Spaziergang rund um die Kirche machen usw.
Und wir sollten Staunen, Lob und Dank für Gottes reiche
Schöpfung in den Gottesdienst tragen. Die Landessynode hat angeregt, in der
Beschäftigung mit dem Thema das Erntedankfest 1995 zu einem Höhepunkt werden zu
lassen. Hier könnten wir in besonderer Weise den Dank an unseren Gott für die
zahllose Vielfalt seiner Geschöpfe zum Ausdruck bringen. Dabei sollte den
Bereichen der Schöpfung besondere Aufmerksamkeit gelten, die für uns zwar nicht
unmittelbar von "Nutzen" sind, die aber doch zum "täglichen
Brot" gehören, weil sie diese Welt schöner und reicher machen und zum Netz
des Lebens gehören wie wir.
(Joachim Krause,
Mitglied des Deutschen Nationalkomitees, in: Amtsblatt der Ev.-Luth. Landeskirche
Sachsens, Nr.10/1995, S.A77;
gleicher Text auch veröffentlicht in: Deutsches Nationalkomitee für das
Europäische Naturschutzjahr 1995, Abschlussbericht, Bonn 1996, S.319
Lebenszeichen
Ich war unterwegs, hastete auf dem Feldweg über die kahle
Höhe. Meine Mütze musste ich festhalten. Ich stemmte mich gegen den Wind.
Einzelne Regentropfen peitschten ins Gesicht. Blätter trieben vorbei. November
eben, trüb und grau. Das schlägt auf die Stimmung. Auch der Horizont war
wolkenverhangen, als ich dort die vertrauten Pyramiden erblickte: schwarze
spitze Kegel, jeder einzelne Berg größer als die Vorbilder in Ägypten. Es sind
Halden, die der Uran-Bergbau der WISMUT in unserer Region hinterlassen hat. Sie
passten ins Bild meiner November-Stimmung: als Sinnbilder, als Mahnmale für den
Machtwahn und die Maßlosigkeit des Menschen. Den Frieden sichern durch
Atomwaffen, unerschöpfliche Energien haben durch die Kraft der Kernspaltung -
wir haben schmerzlich erfahren, welch hoher Preis dafür gezahlt worden ist: verwüstete
Heimat, geschädigte Menschen, gefährdete Umwelt.
Aber das gewohnte Bild stimmte nicht mehr. Da war etwas
in Bewegung gekommen. Weiß schimmernd drehte sich neben der Halde ein großes Windrad.
Es fing mit seinen Flügeln die Kraft des Novembersturms ein, der seit
Jahrtausenden ungenutzt vorbeigeweht war (ich habe nachgefragt: ganzjährig
fängt die Windmühle eine Energiemenge ein, die ausreicht, um 300 Haushalte mit
Strom zu versorgen).
Mich hat dieser Kontrast nachdenklich gemacht. Die
starren dunklen Zeugen der Vergangenheit und daneben nun Bewegung - Zeichen für
Aufbruch, für Veränderung, für Leben... Ähnlich fröhlich war mir damals als
Kind zumute, als ich ein buntes Rädchen in die Luft hielt und staunte, dass
ohne mein Zutun etwas geschah (das ging ohne Batterie und Fernsteuerung), das
Spielzeug scheinbar lebendig wurde.
Eine Reaktion da draußen im Novembersturm war
Dankbarkeit. Diese Welt hält viele Schätze für uns bereit, die wir entdecken
und mit Augenmaß auch nutzen dürfen. Es ist für uns gesorgt. Unsere Märchen
wissen es: Auch der Wind ist ein himmlisches Kind... Und an Bescheidenheit habe
ich denken müssen: Unter dem Windrad wird nicht das Schlaraffenland sein, nicht
alle unsere Blütenträume werden reifen. Aber es könnte genug sein für ein
erfülltes menschenwürdiges Dasein. Vielleicht wäre es gut, wenn wir für die
Zukunft lernen, mit dem zu leben, was uns die Schöpfung auf Dauer zuverlässig
zur Verfügung stellt: wie den Wind, das Licht und die Wärme der Sonne, das
Wasser, die klare Luft und das tägliche Brot, das wir zum Leben brauchen.
(Joachim Krause in:
Freie Presse Glauchau 10.11.1996;
BRIEFE Nr.41, 1996, S.10)
Pro und Contra
Windenergie – ein Beitrag zur Diskussion
Windige Argumente -
und was es dazu zu sagen gibt
1. „Das
Landschaftsbild wird durch die neumodischen Windmühlen negativ beeinträchtigt.“
Das ist im wahrsten
Sinne des Wortes "Ansichtssache", eine Frage der grundsätzlichen
Einstellung: stören mich die "Spargeltürme" oder freue ich mich, dass
Bewegung in eine verkrustete Energie-Landschaft kommt? Im übrigen: Wie sehr errege ich mich über die mehr als
100000 großen Hochspannungsmasten in Deutschland? Oder über die neuen
Funktürme? Oder über die landschaftsprägenden bunten Monster-Kästen in vielen
Gewerbegebieten? Trotzdem gilt auch beim Ausbau der Windenergie Augenmaß: Nicht
auf jedem idyllischen Höhenzug muss sich zwanghaft eine Mühle drehen, und zu
große Ansammlungen weißer Masten können Landschaft auch kaputtmachen. Für mich
ist jeder der weißen Masten ein großes Ausrufungszeichen: Ich werde daran
erinnert, dass mein Strom nicht einfach aus der Steckdose kommt, sondern dass
seine Erzeugung sichtbare Spuren hinterlässt.
2. „Windkraftanlagen
sind laut.“
Das war mal richtig.
Moderne Windkraftanlagen sind inzwischen so leise, dass die einzuhaltenden
Lärmgrenzwerte normalerweise bereits in einem Abstand von weniger als 300
Metern unterschritten werden.
3. „Windanlagen
erzeugen durch Reflexion des Sonnenlichts auf den Rotoren
"Disko-Blitze" oder in der abendlichen Sonne Schattenwurf.“
Da ist was dran.
Beide Effekte treten auf und können nerven. Die Ereignisse treten jedoch unter
realistischen Bedingungen relativ selten ein (nur dann, wenn die Sonne
scheint, wenn sie an der richtigen Stelle am Horizont und gleichzeitig im
richtigen Winkel über der Anlage steht - das ist durchschnittlich an wenigen
Tagen im Frühjahr oder Spätherbst über eine Dauer von jeweils wenigen Minuten
zu erwarten). Und auch hier ist die Wertigkeit des Problems im wesentlichen eine Frage des
Abstandes zwischen Windmühle und Wohnbebauung (für mich subjektiv in 200 Metern
Entfernung recht belastend, ab 500 Metern durchaus zu ertragen).
4. „Vögel werden in
ihrem Verhalten gestört, desgleichen gibt es schädliche Wirkungen auf
Insekten.“
Manche Naturschützer
laufen sehr massiv Sturm gegen Windmühlen. Inzwischen haben aber
Untersuchungen gezeigt: Brut- und Standvögel zeigen keine auffällige
Beeinträchtigung ihres Verhaltens, Zugvögel auf Rastplätzen im Wattenmeer
reagierten z.T. empfindlicher. Weiterer Befund: Vögel werden von Rotoren von
Windanlagen eben nicht erschlagen. Insekten sterben ohnehin viel häufiger an
Autoscheiben. Eine Umweltverträglichkeitsstudie über
die möglichen Auswirkungen einer Windkraftanlage
konkret vor Ort sollte immer Pflicht sein, um Schäden auszuschließen. Große
Naturschutzverbände in Sachsen (Grüne Liga, NABU, BUND) unterstützen die
(geregelte) Nutzung der Windkraft.
5. „Windenergie
bringt ökologisch keinen Nutzen.“
Jede Kilowattstunde,
die aus Windenergie kommt, muss nicht mehr konventionell erzeugt werden: z.B.
durch Verbrennung von Braunkohle (Folgen: Landschaftszerstörung, Verlust von
Heimat durch Abbaggern von Ortschaften, Luftbelastung durch Staub und Schwefeldioxid,
Klima-Gefahren durch Ausstoß von Kohlendioxid) oder durch Kernspaltung im
Atomkraftwerk (Folgen: vom Uranbergbau bis zum Atommüll, dazu die umstrittene
Sicherheit der Kraftwerke). Da ist Windenergie auf jeden Fall das kleinere
Übel. Übrigens ist die Energiemenge, die zur
Errichtung einer Windkraft-Anlage benötigt wird, nach einer Betriebsdauer von
0,2 bis 1,8 Jahren wieder "eingespielt".
6. „Windenergie
bringt nur einen unbedeutenden Beitrag in der Stromerzeugung.“
Denkanstöße: Eine
typische moderne Anlage mit einer (Spitzen-)Leistung von 600 Kilowatt erzeugt
im Binnenland in einem Jahr so viel Strom, wie etwa 300 Haushalte verbrauchen.
In Sachsen war die versammelte Fachwelt der Meinung, dass mit Windenergie in
Zukunft nicht viel zu machen ist (siehe Energieprogramm Sachsen 1993), dann
wurde flächendeckend ein Windmessprogramm durchgeführt - und es ergab sich ein
Potential von 10x mehr (!) wirtschaftlich nutzbarer Windenergie, sodass 2005
jede 10. Kilowattstunde aus Windmühlen kommen könnte...
7. „Windenergie wird
hoch subventioniert...“
Klar ist: Ohne
finanzielle Anreize wäre die Nutzung von Windenergie im Binnenland nicht
wirtschaftlich. Wünschbare Entwicklungen auch mit Subventionen zu fördern ist
eine Möglichkeit der politischen Einflussnahme auf wirtschaftliche Trends.
Der Bundestag will eine stärkere Nutzung regenerativer Energiequellen (Stromeinspeisegesetz 1991: Pflicht der Energieversorger,
z.B. Windstrom ins öffentliche Netz aufzunehmen und mit 90% des Verkaufserlöses
zu vergüten), das Bundeswirtschafts-Ministerium reicht Fördermittel für
Windmühlen aus, auch die meisten Bundes-Länder unterstützen den Ausbau. Alle
dumm und blind? Steinkohle wird mit 7000 Millionen DM pro Jahr gestützt, Windkraftanlagen mit schlimmstenfalls wenigen Prozent
dieses Betrages!
8. „...und das treibt
meine Stromrechnung in die Höhe.“
Auf Windenergie entfällt etwa ein halbes Prozent unserer Stromrechnung.
Angenommen, die Hälfte der für Windstrom gezahlten Vergütung wäre nur ein
kostentreibendes Geschenk an die Windmüller, dann hätte sich der Preis für eine
Kilowattstunde im Haushalt (kostet derzeit 27 Pfennige) durch diese
"Subvention" um 1 Zehntel Pfennig erhöht; die Stromrechnung meiner
Familie (etwa 1200 DM im Jahr) würde um 3 Mark im Jahr steigen! Ich messe
solche Steigerungsraten gern an der jüngsten Strompreiserhöhung meines
Energieversorgers um etwa zwei ganze Pfennige je Kilowattstunde oder daran,
dass mein Energieversorger Windstrom zu einem Preis von 90% seines
durchschnittlichen Verkaufserlöses einkauft (das sind derzeit etwa 17 Pfennige
je kWh), und dann die gleiche Kilowattstunde für 100% weiterverkauft...
Wenn echte Mehrkosten
für ein Energieversorgungsunternehmen auftreten
(z.B. in dünn besiedelten Regionen Norddeutschlands mit einem hohen Anteil der
Windenergie an der Stromerzeugung durch notwendige Verstärkung der Netze,
Errichtung von Einspeisepunkten), dann sollten diese Aufwendungen solidarisch
im "großen Topf" aller deutschen Energieversorger
getragen und flächendeckend auf alle Stromkunden verteilt werden.
Joachim Krause
(abgedruckt in „Briefe zur Orientierung im Konflikt Mensch –Erde“,
KFH Lutherstadt Wittenberg, 18. Jg. Winter 1997, S.45)
Gemeinsam mit
Freunden sammelte ich damals auch praktische Erfahrungen beim Versuch, in der
Region in gemeinschaftlicher Verantwortung eine Bürgerwindanlage zu errichten.
Die Anlage ist NICHT gebaut worden - wegen des wütenden Protests einiger
Mitbürger in unserem Dorf!
Wer möchte sich an
einer Bürger-Windanlage beteiligen?
Wir bauen im
Frühjahr 1998 in der Nähe von Meerane in Sachsen eine Bürger-Windanlage und
bieten Interessenten eine Beteiligung an (Anteile von 4000 DM an aufwärts).
Anlagentyp AN BONUS 600kW/44-3 mit 58m Nabenhöhe; Gesellschaftsform GmbH.
Neugierig
geworden? Informationen über Joachim Krause, …
! Meldungen bitte
noch im Dezember !
(Joachim Krause in: BRIEFE zur Orientierung im Konflikt
Mensch – Erde, Nr.45, 1997, S.5)
Überkommene Werte -
unzeitgemäß ?
Sommerzeit. Urlaubszeit. Zeit zum zurücklehnen,
entspannen, losgehen. Gottes gute Schöpfung genießen, mit offenen Sinnen Neues entdecken. Vielleicht haben auch Sie in den letzten
Wochen vor einer majestätischen Gebirgskette gestanden, beeindruckt von ihrer
gewaltigen Wucht und Schönheit. Vor mir liegt eine ganzseitige Werbe-Anzeige.
Da ist eben solch ein Gebirgszug abgebildet, als schwarz-weiß-gezacktes
Gipfelpanorama vor rotem Hintergrund. Und als Unterschrift steht da: "Wer
hier eine Umsatzkurve sieht, denkt ein bisschen wie wir." Mich hat das
erschreckt (und ich sollte ja wohl auch provoziert werden). Können mehr und
mehr Mitmenschen die Welt wirklich nur noch so wahrnehmen, als
Wirtschaftsstandort, als Quelle für Rohstoffe und Umsätze? Ist diese Welt nicht
viel mehr? Ein vielgestaltiges Haus, prall gefüllt mit Leben, eine gute Heimat
auch für uns Menschen. Ein tolles Geschenk, uns als Leihgabe anvertraut. Nach
dem Verständnis der Bibel ist die Erde ein Garten, den der Mensch bebauen darf,
den er aber zugleich als Garten bewahren soll, damit auch neue Generationen
nach uns "gut leben" können. Mir scheint es eine gefährlich
eindimensionale und kurzsichtige Perspektive, wenn der Wert dieses Gartens sich
reduziert auf den Nutzen, den maximalen Profit, den wir kurzfristig daraus
ziehen könnten. Bedeutet das nicht in der Konsequenz rücksichtslose Ausbeutung,
die den Garten zur Wüste macht? Nach uns die Sintflut? Wollen wir das wirklich?
Mir jedenfalls geht beim Anblick der Alpen mehr und
anderes durch den Kopf und durchs Gemüt als Umsatzkurven. Mir tun die
Werbe-Macher leid, weil ihre Welt doch recht arm
geworden ist. Aber auch um die Welt wird mir angst.
Für mich zeigt sich eine gefährliche Verschiebung der Werte, auf denen bisher
das Zusammenleben unserer Gesellschaft ruht. Wir geraten auf eine schiefe Bahn.
Die gleiche Firma wirbt in ihrer Anzeigen-Serie mit einem
zweiten Bild. Es zeigt zwei eisenbewehrte Ritter im tödlichen Kampf mit der
Lanze, dazu als Kommentar die Unterschrift: "Du sollst begehren deines Nächsten
Marktanteil." Ganz offenkundig eine Anspielung auf die Zehn Gebote in der
Bibel, von denen einige mit den Worten beginnen: "Du sollst nicht begehren..." Uralte
Spielregeln, die das Zusammenleben von Menschen sozial erträglich machen. Die
Zivilisation Mitteleuropas hat ihre bisherige Stabilität auch daraus gewonnen,
dass eine Mehrheit sich an solche Regeln gebunden fühlt. Treiben wir jetzt in
eine Gesellschaft, in der mit Hauen und Stechen Platz gemacht wird für die
Sieger, die Starken, die Schnellen? Wo Gewinner sind, gibt es immer auch
Verlierer. Das sind die Schwächeren, die heute schon durch's
soziale Netz fallen, das sind die nach uns kommenden Generationen, das ist die
stumme Natur, in der und von der wir leben. Und um ihretwillen bleibt für mich
sehr zeitgemäß, was die Bibel uns an Wegweisung für's
Leben vermitteln will (nachzulesen im 1.Buch Mose, 2. Kapitel, und im 2.Buch
Mose, 20. Kapitel).
(Joachim Krause in:
Freie Presse, Glauchau 17.8.1997)
Leben in Gottes guter
Schöpfung
Ein Blick in den Kalender mahnt: Welt-Umwelt-Tag! Das
ruft bei vielen sicher zuerst Schlagzeilen ins Gedächtnis zu "großen"
Problemen, etwa zur Gefährdung des Welt-Klimas oder zu den aktuellen Sorgen mit
Atom-Müll-Transporten.
Mir ist das Thema Umwelt in letzter Zeit in ganz anderer
Weise begegnet. Es begann vor einigen Wochen. Eine neugierig-lärmende
Kinderschar stieg aus dem Bus. Sie starteten zu einer Exkursion mit dem Thema
"Unterwegs in Gottes Schöpfung". Die Bande stürmte als erstes zum Dorfteich,
und entdeckte - gleich am Ufer hinter Margeriten und Glockenblumen - im trüben
Wasser ein quirliges Leben. Das schwarz-braune Gewusel wurde mit dem Schrei
"Kaulquappen!" identifiziert: Wir standen vor der Kinderstube von
Kröten und Fröschen. Für die meisten war das Staunen groß, hier gab es das
wirklich "live", was sie nur aus Tierbüchern kannten oder im
Unterricht hatten lernen müssen! Aufgeregt lagen bald die ersten jugendlichen
Entdecker auf dem Bauch und teilten den anderen mit, was sich ihnen im flachen
Wasser in immer größerer Vielfalt krabbelnd und schlängelnd und rudernd zeigte.
Meine Tochter hat mit mir noch am gleichen Abend ein altes Aquarium mit Steinen
und Sand gefüllt und es wohnlich mit Wasserpflanzen eingerichtet. Dann wurden
ein paar von den "Froschkindern" vorsichtig eingefangen und zusammen
mit Schnecken, Wasserkäfern und weiteren Krabbeltieren in die neue Heimat
umquartiert. Als Ehrengäste - und ziemlich mühsam zu fangen - nahmen wir noch
ein Pärchen Teich-Molche mit. Das Männchen entpuppte sich als ein kampflustiger
kleiner Drache mit gespreiztem Kamm, schwarz-weiß-gestreiftem Gesicht und einem
himmelblau-orangenen Bauch. In den nächsten Tagen drückten neugierige Kinder
sich die Nasen an der Glasscheibe platt. Eines Tages ein Schrei: das erste
Froschbaby stützte sich auf zwei zarten Hinterbeinchen
ab, die ihm über Nacht gewachsen waren. Wir haben im Familienkreis immer neu
gestaunt, genauer hingesehen, schlaue Bücher gewälzt. Dann quakten - wie zur
Mahnung - jede Nacht die Laubfrösche vom Teich herüber, lange und laut. Da
haben wir alle unsere "Untermieter auf Zeit" wieder zurückgebracht,
dorthin, wo sie leben, unbemerkt, unscheinbar, selten geworden, schützenswert.
Bald werden die kleinen Frösche an Land klettern, um erst im nächsten Jahr wieder
in das Gewässer ihrer Kindheit zurückzukehren.
Als die Kinder damals zum Teich gingen, standen an der
Dorfstraße Schilder mit dem Hinweis "Kröten-Wanderung". Sie haben
gewusst, was das bedeutet: dass wir Menschen Rücksicht nehmen müssen auf andere
Lebewesen, dass uns die Bewahrung der Schöpfung aufgetragen ist.
Einmal im Jahr Welt-Umwelt-Tag? Jeder Tag ist ein Tag in
Gottes guter Schöpfung. Um-Welt - das ist die vielfarbige, lebenspralle Welt um
uns herum, in der und von der wir leben dürfen, Anlass zum Staunen, Anlass zu
Dankbarkeit. Offene Sinne sind nötig: wertvoll und bewahrenswert
ist uns wohl nur das, was wir auch selbst kennen, was wir bewundern und
vielleicht sogar ein Stück lieben gelernt haben. Vielleicht lassen Sie sich
demnächst auch von einem fragenden Kind neu die Augen öffnen, liegen zusammen
mit ihm auf dem Bauch auf einer Wiese und spüren Käfern nach oder necken eine
Eidechse, die sich auf einer Mauer sonnt.
(Joachim Krause in:
Briefe zur Orientierung im Konflikt Mensch – Erde, Nr.51, 1999, S.9; auch in: Freie Presse, Glauchau, 7.6.1998)
Von Schöpfung reden
trotz Darwin
Glaube und Naturwissenschaft - wie Feuer und Wasser
?
1. Das Nachdenken über
"Schöpfung" zielt nicht nur auf den Anfang und Ursprung der Welt. Das
Staunen über die Weite, Vielfalt und Schönheit der Natur, das Wunder des
Lebens, Freude und Dank, das Wahrnehmen von Leid und Bedrohungen, die Frage
nach Sinn und Ziel meines Daseins gehören dazu. Meine alltäglichen Erfahrungen
hier und heute haben mit Schöpfung zu tun; mein Schöpfungsglaube bewährt sich
in meinem Umgang mit Gottes Geschöpfen.
2. In den Geschichten der Bibel erfahre
ich, welche Glaubenserfahrungen Menschen in einer bestimmten Zeit und in einer
konkreten Situation gemacht haben. Diese Glaubenszeugnisse wollen Menschen in
schwieriger Situation trösten und zum Lob Gottes bringen. Die Bibel will
Glauben wecken und bestärken. Sie ist nicht geschrieben zur Wissensvermittlung
für einen "christlichen" Physik- oder Biologie-Unterricht im Jahr
1996.
Nicht zu jeder Frage, die sich mir in dieser Welt stellt, steht eine endgültige
Antwort in der Bibel. Ich darf und muss selbst suchen, ringen, Entscheidungen
treffen, Verantwortung übernehmen.
3. Mir hilft es, in der biblischen
Botschaft (erzählerische) Form und (Glaubens-)Inhalt zu unterscheiden. Die
Bibel enthält Erzählformen und Natur-Vorstellungen, die mir verständlicher
werden, wenn ich sie als an die Entstehungszeit gebunden interpretiere. Manche
Sprach- und Naturbilder führen im wörtlichen Führ-wahr-halten zu Missverständnissen,
im Verstehen ihres Symbolgehaltes erschließen sich aber zeitlos gültige
Wahrheiten und Grundeinsichten des Glaubens. Der zentrale "Kern" der
Botschaft geht dabei nicht verloren. An die Bilder muss ich als Christ nicht
glauben.
4. Trotz der beeindruckenden Erfolge, die
die moderne Naturwissenschaft in den letzten 200 Jahren bei der Entdeckung und
Umgestaltung der Welt aufzuweisen hat - sie ist weder allwissend noch
allmächtig! Gute Naturwissenschaftler "backen kleine Brötchen",
äußern sich bescheiden und vorsichtig. Sie wissen um die Begrenzungen ihrer
Arbeit und dass es menschliche Erfahrungen und Aspekte der Wirklichkeit gibt,
für die sie nicht zuständig sind.
Naturwissenschaft versucht die Welt mit den (begrenzten) Möglichkeiten des
menschlichen Verstandes zu beschreiben und zu erklären. Ihr Arbeitsgegenstand
ist das an der Welt, was greifbar und sichtbar ist, was man wiegen und messen
kann. Ihr "methodisches" Arbeiten verlangt die Einhaltung enger und
strenger "Spielregeln". Die Erkenntnisse der Naturwissenschaft sind
immer vorläufig, verbesserungswürdig und verbesserungsfähig. Die Ergebnisse
sind "begründete Vermutungen", Modelle, Hypothesen, Theorien. Viele
Fragen sind auch heute noch offen.
Aus naturwissenschaftlichen Erkenntnissen können und dürfen keine
weltanschaulichen Deutungen abgeleitet werden (etwa Aussagen über Sinn und Ziel
der Welt und des menschlichen Daseins).
5. Wenn der Glaube oder die
Naturwissenschaft oder eine Philosophie den Anspruch erheben, allein für die
ganze Wirklichkeit der Welt zuständig zu sein und alle Fragen zwischen Himmel
und Erde eindeutig und endgültig beantworten zu können, im Besitz der Wahrheit
zu sein, dann liegt die Gefahr von IDEOLOGIE nahe. Dogmen, Lehrsätze,
Bücherweisheiten lassen die Weltanschauung zu einem starren
"Standpunkt" werden, der nicht mehr offen ist zur Wandlung, nicht
mehr Kenntnis nimmt von neuen Entdeckungen und Erfahrungen "draußen"
in der Wirklichkeit. Statt Gesprächen bei der gemeinsamen Suche nach Wahrheit
gibt es Polemik, Feindbilder, Kampf in der Auseinandersetzung mit den
"anderen".
6. Menschen können die ganze Wirklichkeit
der Welt unter sehr unterschiedlichen Blickwinkeln erleben, erfahren,
betrachten und befragen - Naturwissenschaft und Glaube sind (nur) zwei
Möglichkeiten davon. Jede so gewonnene Erkenntnis oder Erfahrung hat ihre
Berechtigung, ist wertvoll, erschließt immer neue Teil-Aspekte der
Wirklichkeit, die uns umgibt. Die Erfahrungen schließen einander nicht aus, sondern
können sich gegenseitig ergänzen und bereichern. So meine ich, dass ich als
Christ neugierig sein darf, offen auch für Entdeckungen der Naturwissenschaft.
7. Wenn ich meinen Glauben an Gott als den
Schöpfer bekenne, vertraue ich darauf, DASS die Welt und mein Leben auf Gottes
Willen und Wirken beruhen und dass er sie erhält (Gewissheit).
WIE die Welt in ihrem Entstehen und in ihren Strukturen beschrieben werden kann
und wie sie funktioniert, versuchen die Naturwissenschaften zu erklären
(vorläufiges Wissen).
8. Glaube und Naturwissenschaft sind
wichtig für mein Leben. Durch die Naturwissenschaft sehe und erfahre ich mehr
von der Welt. Ich staune über die Größe Gottes und die Vielfalt seiner Werke.
Ich bin dankbar für viel wirklichen Fortschritt, den Naturwissenschaft möglich
gemacht hat (Medizin, Nahrungsmittel-Erzeugung, Umwelttechnik, Kommunikation).
Ich denke, dass Einsichten des Glaubens auch wichtig sein können für die
Naturwissenschaften bei der Suche nach Maßstäben und Grenzen in der
Umgestaltung der Welt.
(Joachim Krause, abgedruckt in: Im Haus der Schöpfung leben, Spener Verlagsbuchhandlung, Frankfurt/Main 1998 S.68)
4.
„Schönberger Blätter“ und Internet
2003
Ab dem Jahre 2003 habe ich in lockerer Folge die „Schönberger Blätter“
herausgegeben. Auf 10 bis 60 Seiten DIN-A4 ist dort zu den unterschiedlichsten
Themen, mit denen ich in meiner Arbeit zu tun hatte, Grundlegendes
allgemeinverständlich aufgeschrieben. Inzwischen sind über 30 Hefte erschienen,
von denen bei Veranstaltungen insgesamt etwa 10.000 weitergegeben wurden. Eine
Übersicht der vorliegenden Einzelhefte mit der
Möglichkeiten zum Download und zur Bestellung ist zu finden unter http://www.krause-schoenberg.de/materialversand_aktuell_sb_reihe_9-04.html
Mit der Internetpräsenz – gestartet etwa zur gleichen Zeit - wurde noch
einmal ein ganz neuer Nutzerkreis für Ergebnisse meiner Arbeit erschlossen. In
den letzten Jahren hatte ich zwischen 60.000 und 70.000 Besuchern im Jahr, die
an den angebotenen Arbeitshilfen und den zusammengetragenen Fakten Interesse
hatten.
Gefahren durch Mobilfunk
(!?)
a) „an der richtigen
Stelle Angst haben“
·
Mobilfunk
nutzt ein schmales „Fenster“ in einem kontinuierlichen Spektrum
elektromagnetischer Felder;
„Strahlensalat“ in der Umgebung der Frequenzen des Mobilfunks: Radar,
Mikrowellen, Fernsehen, Rundfunk;
andere Felder wirken zusätzlich ein,
Mobilfunk stellt in der Regel nur einen geringen Anteil
·
nicht
nur Mobilfunksendeanlagen – auch die Handys senden;
im Nahbereich (am Kopf) Einfluss des Mobiltelefons stärker (aber vom Nutzer
beeinflussbar);
Grenzwerte gelten nur für kommerzielle Sendeanlagen
·
DECT-Telefone
im Haushalt (schnurlos mit Mobilteil); senden dauernd und auf ähnlichen
Frequenzen;
im Nahbereich höhere Belastung als durch MF-Sendemast 100 Meter entfernt
·
MF-Sendeantennen
strahlen im wesentlichen horizontal; unterhalb der
Sendeanlage geringe Belastungen
(„wenn schon eine Antenne sein muss, dann bedeutet die Errichtung auf dem Dach
einer Schule oder eines Kindergartens eine geringere Strahlenbelastung für die
Kinder als ein Sender 100 Meter daneben“)
b) „Widerstand an der richtigen Stelle
kund tun“
·
Forderung
nach totalem Verzicht auf Mobilfunk: notwendig wäre nicht nur der eigene
Verzicht auf Handynutzung, sondern Überzeugungsarbeit (Argumente) für mehr als
60 Millionen Nutzer des Mobilfunks allein in Deutschland (Stand 2003)
·
für
die Festlegung von Grenzwerten zuständig sind Regierung / Ministerien bzw.
deren nachgeordnete Fachbehörden (Strahlenschutzkommission; Bundesamt für
Strahlenschutz);
Festlegung erfolgt auf der Grundlage wissenschaftlich bewiesener Wirkungen und
Zusammenhänge; für Änderung von Grenzwerten sind also wissenschaftlich
eindeutige Befunde vorzulegen;
bei Forderung nach Absenkung der Grenzwerte: woher weiß ich, dass ich dann im
„sicheren“ Bereich bin?
·
für
die Kontrolle der Einhaltung der Grenzwerte sind zuständig:
die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP)
und das Staatliche Umweltfachamt beim Regierungspräsidium (führt bei Hinweisen
auch kostenlose Messungen vor Ort durch)
·
für
die Errichtung von Mobilfunksendeanlagen gelten unterschiedliche rechtliche
Grundlagen (ist ein Bauantrag notwendig?, erfolgt eine Umnutzung des
Gebäudes?);
·
die
Kommune hat in der Regel keine direkten Einwirkungsmöglichkeiten (es gibt
allerdings eine freiwillige Vereinbarung zwischen Kommunen und
Mobilfunkbetreibern, bei der Suche nach konfliktarmen Standorten zu
kooperieren);
·
Kirchgemeinden
in Sachsen entscheiden (nach Absprache mit den Kirchlichen Büros für Baupflege)
– wie jeder Grundstückseigentümer – letztlich in eigener Verantwortung über die
Errichtung von Mobilfunksendeanlagen auf Kirchtürmen
(Joachim Krause,
Merkblatt für Veranstaltungen, 2005)
Darf man mit Weizen
heizen?
In Deutschland wird seit einiger Zeit heftig darüber
diskutiert, ob Getreide in Verbrennungsanlagen als Brennstoff zur
Energieerzeugung eingesetzt werden darf.
Viele reagieren mit Entsetzen, wenn sie das erste Mal von solchen Vorhaben
hören. Die spontane Antwort ist ein klares NEIN – „In einer Welt, in der noch
immer für viele Menschen Hunger eine schlimme Alltags-Erfahrung ist, darf das
tägliche Brot doch nicht verbrannt werden!“
Wenn man sich mit der Frage intensiver beschäftigt,
entdeckt man durchaus auch Aspekte, die nachdenklich machen und das anfängliche
Nein relativieren.
Hier seien einige genannt:
1.
Auf den Äckern in Deutschland sind schon immer nicht nur Nahrungs- und
Futtermittel angebaut worden, die der menschlichen Ernährung dienten. Man denke
an Pflanzen wie Hanf oder Leinen für technische Nutzung, aber vor allem sei
daran erinnert, dass vor hundert Jahren ein Viertel des Ackerlandes gebraucht
wurde, um Hafer und andere Futtermittel für Pferde zu erzeugen, Produkte also,
die energetisch genutzt, als „Treibstoff“ für Zugtiere benötigt wurden.
2.
In den letzten Jahren haben wir hier in Deutschland immer mehr Rapsfelder
blühen sehen. Das dort erzeugte Rapsöl wird aber zu 99 Prozent in technischen
Prozessen eingesetzt – und nicht für Ernährungszwecke. Mancher umweltbewusste
Christ betankt ein Auto mit Rapsöl – und ist stolz, einen nachwachsenden
Rohstoff zu nutzen und etwas für den Klimaschutz zu tun.
Jeder fünfte Liter Wein in der EU wird nicht getrunken, sondern zu
Industriesprit verarbeitet. Ich habe neulich in einer Zuckerfabrik eine neu
errichtete Anlage gesehen, mit der jährlich 800.000 Tonnen Getreide zu Alkohol
für technische Zwecke verarbeitet werden sollen.
3.
In den letzten Jahren verdichten sich die Hinweise darauf, dass wir uns mitten
in einem Klimawandel befinden. Als Hauptverursacher wird der Mensch benannt,
der vor allem durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen (Kohle, Erdöl,
Erdgas) das „Treibhaus Erde“ aufheizt – mit schwer kalkulierbaren Folgen. Als
eines der wichtigsten Instrumente, um den Klimawandel abzubremsen, gilt der
Einsatz von erneuerbaren Energiequellen. Und hier werden auch nachwachsende
Rohstoffe als aussichtreiche Kandidaten diskutiert. Dabei geht es nicht nur um
die Nutzung von Abfällen wie Stroh und Holz, sondern auch um den gezielten
Anbau schnellwachsender und ertragreicher Pflanzen. Die so erzeugten
pflanzlichen Produkte können direkt verbrannt werden, durch chemische
Umwandlungsprozesse zu Treibstoffen „veredelt“ werden oder in Gäranlagen Biogas
liefern.
4.
Wenn man aber grundsätzlich der Meinung ist, dass die Nutzung von Ackerland für
den Anbau nachwachsender Rohstoffe zulässig ist, dann stellt sich nur noch die
Frage, welche Pflanzen die besten Erträge erzielen (ein zweites wichtiges
Kriterium ist die Umweltfreundlichkeit der Produktionsmethoden). Dann geht es
nur noch darum, nüchtern auszuwählen zwischen Pappeln oder Raps – oder eben
auch Getreide als „Energiepflanzen“.
5.
Martin Luther hat in seiner Erklärung zur vierten Bitte des Vaterunsers darüber
nachgedacht, was zum „täglichen Brot“ gehört, was der Mensch zum Leben in
dieser Welt braucht:
„Was heißt denn tägliches Brot? Alles, was not tut
für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh,
Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue
Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit, Zucht, Ehre, gute
Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen.“
Er würde sicher in der heutigen Welt auch ENERGIE mit unter
die unverzichtbaren Güter zählen, auf die wir Menschen angewiesen sind.
Ich meine, dass die Verwendung von nachwachsenden
Rohstoffen zur Energieerzeugung zu verantworten ist. Allerdings sind dabei
einige Kriterien zu beachten:
·
Zunächst
sollten vorrangig Abfälle genutzt werden, die in der Land- und Forstwirtschaft
anfallen und nicht für menschliche Ernährung geeignet sind.
·
Wo
direkte Konkurrenz auftritt zwischen dem Anbau von Nahrungsmitteln für den
Menschen und der Erzeugung z.B. von Bio-Sprit für Autos, hat das tägliche Brot
Vorrang.
Über erste Konflikte ist schon zu berichten: Im Schwellenland Brasilien wird
ein erheblicher Teil der Autotreibstoffe aus Zuckerrohr hergestellt (wobei die
Flächen durch Abholzen des Regenwaldes gewonnen werden und für den Anbau von
dringend benötigten Nahrungsmitteln fehlen). Die USA produzieren Alkohol aus
Mais inzwischen in so großem Umfang, dass im Mais-Importland Mexiko die Preise
für Grundnahrungsmittel stark steigen.
·
Und
immer ist natürlich zu prüfen, ob die Produktion und die Verbrennung von
Energiepflanzen verträglich ist für die Umwelt
(Düngung, Pflanzenschutz, Abgase).
(Joachim Krause; Text
für die Internetseite der sächsischen Landeskirche, 2008)
5. Das Bemühen
um Klarheit und Eindeutigkeit
Mir war es
immer wichtig, die richtigen Begriffe an der richtigen Stelle verwenden,
Zahlenangaben nicht einfach zu glauben und zu übernehmen, sondern sie zu
verstehen und nachzuprüfen, und in Zusammenhänge einordnen zu können.
Werden Sie vielleicht auch stutzig, wenn Sie von „Sechs Billionen Menschen auf
der Erde“, von „radioaktiver Strahlung“, von „Gen-Tomaten“ oder dem
„genetischen Code von Reis“ lesen?
Wenn nicht, dann lassen Sie sich durch die Medien etwas Falsches oder zumindest
Ungenaues einreden.
Ich habe, weil ich ungenaue Darstellungen ärgerlich finde, immer wieder
versucht, über Leserbriefe oder E-Mails Klarstellungen zu erreichen, oft
allerdings ohne Reaktion …
(Begriffsverwirrung)
(zu taz 16./17.8.08 S.4 "Beginn einer neuen
Protestbewegung?")
Sicher gibt es Gründe, gegen neue Kohlekraftwerke zu sein. Aber man sollte
dabei nicht mit Begriffen hantieren, die einfach falsch sind. Oder soll
vielleicht eine Nähe zur Gefährdung durch Atomkraftwerke = Atomreaktoren
suggeriert werden, wenn Nick Reimers jetzt darüber räsoniert, dass in der
Lausitz ein neuer "Braunkohlereaktor" gebaut werde. Das wäre wirklich
etwas technologisch NEUES - wirkt aber uninformiert oder lächerlich. Genauso
liest man in Artikeln über Atomenergie immer wieder von
"Atom-Meilern", obwohl es (meistens) keine (mehr) sind. Es gab zwar
Atomkraftwerke, in denen mit Graphit als Neutronen-Moderator gearbeitet wurde.
Und Graphit ist schwarzer Kohlenstoff und der ganze Aufbau erinnerte grob an
Köhler-Meiler. Aber außer in den Reaktoren vom Tschernobyl-Typ ist Graphit kaum
noch im Einsatz, und alle deutschen Atomkraftwerke sind als "Meiler"
schlicht technisch falsch bezeichnet!
(Joachim Krause,
Leserbrief „die tageszeitung“ Berlin, 23./24.8.2008)
(Internet-„Informationen“)
(E-Mail-Dialog)
13.1.2009,
Betreff: anfrage internetseite zitat
Auf
Ihrer Internetseite www.ohne_Gott.de stehen unter Wort der Woche Zitate.
Am
4.8.03 zitieren Sie Darwin. Dieses Zitat taucht zwar immer wieder im Internet
auf,
aber
immer ohne Angabe einer exakten Quelle -
wissen
Sie, wo das Ziatat herkommt, wann und wo Darwin
diesen Satz geschrieben hat?
Danke,
J.K.
Antwort
15.1.2009
Sehr
geehrter Herr Krause,
an sich
bin ich ein Vertreter der präzisen Quellenangabe,
aber
bei dieser Art von "Weisheiten" hat es sich als unmöglich erwiesen,
jeweils
die Fundstelle zu ermitteln. Wir sammeln die "Weisheiten" tatsächlich
aus
unserer Lektüre oder bei Besuchen von Internetseiten, gelegentlich schicken uns
Besucher
unserer Seiten Zitate usw. Gern hätte ich Ihnen weitergeholfen,
aber
unser Verfahren ist da ganz von Vertrauen auf die Richtigkeit des Gefundenen
geprägt.
Beste
Grüße, B.R., Erzbistum Köln – Generalvikariat; Hauptabteilung Seelsorge;
Abteilung
Bildung und Dialog; Referat Dialog und Verkündigung
(Es kommt durchaus auf
ein paar Nullen mehr oder weniger an!)
(E-Mail- Anfrage 5.1.2009)
Sehr geehrter Herr Professor L., in der ZEIT vom 31.12.08
steht ein Artikel, der sich mit Ihrer Arbeit befasst. Dort steht
die Aussage,
dass es "etwa 1 Trillion verschiedener Proteine auf der Erde
gibt".
Meinen Sie wirklich Trillionen nach "deutschem"
Verständnis und Zählweise
(10 hoch 18) oder angelsächsische trillions
(entsprechend 10 hoch 12)?
Mit freundlichen Grüßen, Joachim Krause
(Antwort
7.1.2009)
Ich
hatte mich auf die Amerikanische Trillion, also 10 hoch 12,
bezogen
und das auch explizit noch in Zahlen ausgedrückt. … A.L.
Um solcherlei
Verwirrungen etwas entgegenzusetzen, habe ich auf meiner Homepage eine Seite
eingestellt, die sich mit „verrückten und ungewöhnlichen Maßeinheiten und
Zahlenangaben“ beschäftigt: http://www.krause-schoenberg.de/Verrueckte_Angaben_Masseinheiten.htm
Das ist inzwischen eine der am häufigsten angeklickten Seiten. Ähnlich beliebt
ist die – inzwischen schon 10 Jahre alte - Seite mit Begriffs-Er-Klärungen zur
„Gentechnik“: http://www.krause-schoenberg.de/gentechnik_begriffsklaerung.html.
KOHRENER ERKLÄRUNG ZUM
ERHALT UNSERES BODENS UND DER KULTURLANDSCHAFT
Der Boden ist eine wichtige Grundlage unseres Lebens. Aus
ihm wächst Nahrung für Tiere und Menschen, und auf seiner Nutzung gründet
unsere Zivilisation und Kultur. Das mahnt uns zum verantwortlichen Umgang.
Deshalb fordern wir die Bürger des Freistaates Sachsen auf, den Ackerboden als
Teil der Schöpfung zu bewahren und das Erbe unserer Vorfahren zu achten.
1.
Die
einheimische Landwirtschaft ist eine wichtige Grundlage unserer Existenz. Sie
darf nicht aus unserer Landschaft verschwinden. Die Stellung der Landwirtschaft als primärer Sektor der Wirtschaft und
als wesentliches Fundament der Gesellschaft muss deshalb wieder bewusst
gemacht werden.
2. Der landwirtschaftlich genutzte Boden ist
genau wie die Natur nicht einfach durch Geldleistungen zu ersetzen. Er darf
deshalb auch nicht gedankenlos oder fahrlässig der Zerstörung preisgegeben
werden. Wald und Wiesen, Bäche und
Felder sind unwiederbringliche Teile unserer Kulturlandschaft.
3. Die Gesellschaft entwickelt sich. Aber
in Zukunft muss bei allen Baumaßnahmen wie auch beim Abbau von Rohstoffen viel
sorgsamer als bisher mit der Ressource Boden umgegangen werden. Es sind dringlich neue Wege zu suchen, wie
Wirtschaft und Verkehr sich entwickeln können, ohne dass leichtfertig weiter
Boden verbraucht wird.
4.
Bei erforderlichem Landentzug müssen gerechte und
transparente Verfahren angewandt werden. Dabei dürfen in Planung und Vollzug nicht kurzsichtige
materielle Interessen und Zeitdruck die treibenden Kräfte sein.
5.
Die
Bedeutung des Grundgutes Boden, der fachgerechte Umgang mit dieser Ressource
wie auch der Schutz unserer Kulturlandschaft sollten in den Schulen stärker
thematisiert werden. Auch das Wissen um die Grundlagen der Landwirtschaft
gehört zur Allgemeinbildung.
6.
Das
Eigentum an Grund und Boden ist für die Landwirtschaft immer der Garant von Stabilität,
Fruchtbarkeit und Erfolg gewesen. Inzwischen wird Boden immer öfter nur als
Handelsgut und als Spekulationsobjekt betrachtet. Landwirtschaftliche
Nutzflächen sollten weiterhin im Eigentum von Landwirten bleiben.
(Arbeitskreis BodenKultur beim Evangelischen Zentrum Ländlicher Raum
Heimvolkshochschule Kohren-Sahlis, Sommer 2010)
Beruf: Nachdenken über
Gott und die Welt
Seit 1982 bin ich im Auftrag meiner sächsischen
Landeskirche tätig als „Beauftragter für Glaube, Naturwissenschaft und Umwelt.“
Im Alltag bedeutet das hauptsächlich, dass ich im Lande
unterwegs bin. Ich werde eingeladen von Menschen, die in dieser Welt hier und
heute leben, und die Antworten suchen auf ihre Fragen. Ich habe die Antworten
oft auch nicht, aber ich stehe zur Verfügung, um Informationen zu geben und die
Nachdenklichkeit zu befördern. In Gesprächsrunden und Seminaren oder bei
Fortbildungen ging es dabei in den letzten Jahren z.B. um folgende Themen:
·
„Gentechnik
– Frevel oder Fortschritt?“
·
„Lebensstil
– gut leben statt viel haben!“
·
„Wir
sind Sternenstaub – der Mensch im Kosmos“
·
„Schöpfung
contra Evolution? – Glaube und Naturwissenschaft zwischen Weltbildern und
Bibelverständnissen, Ideologie und Ethik“
·
„Hirnforschung
und Willensfreiheit“
·
„Wie
viele Menschen (er-)trägt die Erde?“
·
„Organspende
– Pflicht aus Nächstenliebe oder Verstoß gegen die Menschenwürde?“
·
„Unter
die Lupe genommen – Biomedizin, Gentechnik, Ethik“
·
„Ist
die Welt ein Würfelspiel? – Entdeckungen der Chaosforschung“
·
„In
Würde sterben – Sterbebegleitung, Sterbehilfe, Euthanasie“
·
„Klimawandel
– vom Menschen verursacht?“
Mal bin ich bei Jugendlichen, mal in einem
Akademikerkreis, mal bei Senioren. Immer erlebe ich andere Menschen, werden mir
neue Aspekte deutlich, stellen sich unerwartete Fragen. Die begonnenen
Gespräche führe ich auch auf meiner Internetseite www.krause-schoenberg.de
weiter.
Ich muss schon von Berufs wegen neugierig bleiben.
(Joachim Krause: „Am
Abend mancher Tage“, Eine Spurensuche in Mitteldeutschland, Wartburg-Verlag
Eisenach, 1988)