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Pro und Contra Windenergie – ein Beitrag zur Diskussion

Windige Argumente - und was es dazu zu sagen gibt

© Joachim Krause 2003

 

1. „Das Landschaftsbild wird durch die neumodischen Windmühlen negativ beeinträchtigt.“
Das ist im wahrsten Sinne des Wortes "Ansichtssache", eine Frage der grundsätzlichen Einstellung: stören mich die "Spargeltürme" oder freue ich mich, dass Bewegung in eine verkrustete Energie-Landschaft kommt? Im übrigen: Wie sehr errege ich mich über die mehr als 100000 großen Hochspannungsmasten in Deutschland? Oder über die neuen Funktürme? Oder über die landschaftsprägenden bunten Monster-Kästen in vielen Gewerbegebieten? Trotzdem gilt auch beim Ausbau der Windenergie Augenmaß: Nicht auf jedem idyllischen Höhenzug muss sich zwanghaft eine Mühle drehen, und zu große Ansammlungen weißer Masten können Landschaft auch kaputtmachen. Für mich ist jeder der weißen Masten ein großes Ausrufungszeichen: Ich werde daran erinnert, dass mein Strom nicht einfach aus der Steckdose kommt, sondern dass seine Erzeugung sichtbare Spuren hinterlässt.

2. „Windkraftanlagen sind laut.“
Das war mal richtig. Moderne Windkraftanlagen sind inzwischen so leise, dass die einzuhaltenden Lärmgrenzwerte normalerweise bereits in einem Abstand von weniger als 300 Metern unterschritten werden.

3. „Windanlagen erzeugen durch Reflexion des Sonnenlichts auf den Rotoren "Disko-Blitze" oder in der abendlichen Sonne Schattenwurf.“
Da ist was dran. Beide Effekte treten auf und können nerven. Die Ereignisse treten jedoch unter realistischen Bedingungen relativ selten ein (nur dann, wenn die Sonne scheint, wenn sie an der richtigen Stelle am Horizont und gleichzeitig im richtigen Winkel über der Anlage steht - das ist durchschnittlich an wenigen Tagen im Frühjahr oder Spätherbst über eine Dauer von jeweils wenigen Minuten zu erwarten). Und auch hier ist die Wertigkeit des Problems im wesentlichen eine Frage des Abstandes zwischen Windmühle und Wohnbebauung (für mich subjektiv in 200 Metern Entfernung recht belastend, ab 500 Metern durchaus zu ertragen).

4. „Vögel werden in ihrem Verhalten gestört, desgleichen gibt es schädliche Wirkungen auf Insekten.“
Manche Naturschützer laufen sehr massiv Sturm gegen Windmühlen. Inzwischen haben aber Untersuchungen gezeigt: Brut- und Standvögel zeigen keine auffällige Beeinträchtigung ihres Verhaltens, Zugvögel auf Rastplätzen im Wattenmeer reagierten z.T. empfindlicher. Weiterer Befund: Vögel werden von Rotoren von Windanlagen eben nicht erschlagen. Insekten sterben ohnehin viel häufiger an Autoscheiben. Eine Umweltverträglichkeitsstudie über die möglichen Auswirkungen einer Windkraftanlage konkret vor Ort sollte immer Pflicht sein, um Schäden auszuschließen. Große Naturschutzverbände in Sachsen (Grüne Liga, NABU, BUND) unterstützen die (geregelte) Nutzung der Windkraft.

5. „Windenergie bringt ökologisch keinen Nutzen.“
Jede Kilowattstunde, die aus Windenergie kommt, muss nicht mehr konventionell erzeugt werden: z.B. durch Verbrennung von Braunkohle (Folgen: Landschaftszerstörung, Verlust von Heimat durch Abbaggern von Ortschaften, Luftbelastung durch Staub und Schwefeldioxid, Klima-Gefahren durch Ausstoß von Kohlendioxid) oder durch Kernspaltung im Atomkraftwerk (Folgen: vom Uranbergbau bis zum Atommüll, dazu die umstrittene Sicherheit der Kraftwerke). Da ist Windenergie auf jeden Fall das kleinere Übel. Übrigens ist die Energiemenge, die zur Errichtung einer Windkraft-Anlage benötigt wird, nach einer Betriebsdauer von 0,2 bis 1,8 Jahren wieder "eingespielt".

6. „Windenergie bringt nur einen unbedeutenden Beitrag in der Stromerzeugung.“
Denkanstöße: Eine typische moderne Anlage mit einer (Spitzen-)Leistung von 600 Kilowatt erzeugt im Binnenland in einem Jahr so viel Strom, wie etwa 300 Haushalte verbrauchen. In Sachsen war die versammelte Fachwelt der Meinung, dass mit Windenergie in Zukunft nicht viel zu machen ist (siehe Energieprogramm Sachsen 1993), dann wurde flächendeckend ein Windmessprogramm durchgeführt - und es ergab sich ein Potential von 10x mehr (!) wirtschaftlich nutzbarer Windenergie, sodass 2005 jede 10. Kilowattstunde aus Windmühlen kommen könnte...

7. „Windenergie wird hoch subventioniert...“
Klar ist: Ohne finanzielle Anreize wäre die Nutzung von Windenergie im Binnenland nicht wirtschaftlich. Wünschbare Entwicklungen auch mit Subventionen zu fördern ist eine Möglichkeit der politischen Einflussnahme auf wirtschaftliche Trends. Der Bundestag will eine stärkere Nutzung regenerativer Energiequellen (Stromeinspeisegesetz 1991: Pflicht der Energieversorger, z.B. Windstrom ins öffentliche Netz aufzunehmen und mit 90% des Verkaufserlöses zu vergüten), das Bundeswirtschafts-Ministerium reicht Fördermittel für Windmühlen aus, auch die meisten Bundes-Länder unterstützen den Ausbau. Alle dumm und blind? Steinkohle wird mit 7000 Millionen DM pro Jahr gestützt, Windkraftanlagen mit schlimmstenfalls wenigen Prozent dieses Betrages!

8. „...und das treibt meine Stromrechnung in die Höhe.“
Auf Windenergie entfällt etwa ein halbes Prozent unserer Stromrechnung. Angenommen, die Hälfte der für Windstrom gezahlten Vergütung wäre nur ein kostentreibendes Geschenk an die Windmüller, dann hätte sich der Preis für eine Kilowattstunde im Haushalt (kostet derzeit 27 Pfennige) durch diese "Subvention" um 1 Zehntel Pfennig erhöht; die Stromrechnung meiner Familie (etwa 1200 DM im Jahr) würde um 3 Mark im Jahr steigen! Ich messe solche Steigerungsraten gern an der jüngsten Strompreiserhöhung meines Energieversorgers um etwa zwei ganze Pfennige je Kilowattstunde oder daran, dass mein Energieversorger Windstrom zu einem Preis von 90% seines durchschnittlichen Verkaufserlöses einkauft (das sind derzeit etwa 17 Pfennige je kWh), und dann die gleiche Kilowattstunde für 100% weiterverkauft...
Wenn echte Mehrkosten für ein Energieversorgungsunternehmen auftreten (z.B. in dünn besiedelten Regionen Norddeutschlands mit einem hohen Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung durch notwendige Verstärkung der Netze, Errichtung von Einspeisepunkten), dann sollten diese Aufwendungen solidarisch im "großen Topf" aller deutschen Energieversorger getragen und flächendeckend auf alle Stromkunden verteilt werden.

Joachim Krause

(abgedruckt in „Briefe zur Orientierung im Konflikt Mensch –Erde“, KFH Lutherstadt Wittenberg, 18. Jg. Winter 1997, S.45)
 
 
 

zusammengestellt von Joachim Krause, Hauptstr. 46, 08393 Schönberg