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Joachim Krause 2012
Dem nachstehend abgedruckten Text liegen einzelne Kapitel aus der Broschüre „Unter die Lupe genommen --- Biomedizin-Gentechnik-Ethik“ zugrunde (Hrsg. Diakonie Sachsen, Radebeul, Reihe „DiakoniePublik“ Heft 3/2001, Autoren und Redaktionsteam: J. Krause, Chr. Schwarke, A. Kobelt, D. Mendt, Chr. Schönfeld, H. Franck, N. Krause)
laufend
aktualisiert und ergänzt von J. Krause – Stand 14.8.2012
Die Abbildungen im Text können Sie auch als Dateien (JPG oder WORD)
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Inhalt (hier
können auch einzelne Kapitel direkt angeklickt werden)
3. In-vitro-Fertilisation IVF (künstliche
Befruchtung im Reagenzglas)
4. Klonen
reproduktives
Klonen
therapeutisches
Klonen
5. Stammzell-Therapien und
Embryonenforschung
6.1. Pränatale genetische Diagnostik PND
(vorgeburtliche Untersuchung
6.3. Prädiktive genetische
Diagnostik
11. Ablaufskizzen für Veranstaltungen
Über Schlagworte wie
„Gentechnik“ oder „Biomedizin“ wird derzeit in der
deutschen Öffentlichkeit heftig diskutiert. Umstritten sind vor allem neue
Möglichkeiten im Umgang mit dem menschlichen Leben.
Was
die Medien über neue Durchbrüche und Verheißungen aus den Labors von Biologie
und Medizin zu berichten wissen, ist faszinierend und verwirrend zugleich. Für
die einen sind diese Meldungen hoffnungsvolle Signale und bedeuten Chancen
für wirklichen Fortschritt, für andere stellen sie Schreckensmeldungen dar,
wecken Ängste vor fahrlässigem oder missbräuchlichem Umgang mit den neuen
Techniken.
Für manche Bereiche liegen
längst praktische Erfahrungen vor. Als Beispiel sei die pränatale (genetische)
Diagnostik genannt, mit der es schon seit einigen Jahren möglich ist, Defekte
im Erbgut von Kindern bzw. Fehlbildungen bereits im Mutterleib festzustellen.
Diese Möglichkeit wird inzwischen von jeder zehnten Schwangeren in Deutschland
genutzt. Die Einstellungen und die Erfahrungen von betroffenen Frauen sind widersprüchlich
und weisen auf eine Vielzahl von Fragen und Problemen hin. An diesen
Erfahrungen zeigt sich beispielhaft: Es geht bei den neuen Techniken nicht nur
um nüchterne Naturwissenschaft und Medizin. Auch Gefühle werden angesprochen.
Es geht um Wertvorstellungen des Einzelnen wie der Gesellschaft, um unser
Verständnis von Menschenwürde und Glück, um unser Verhältnis zu Leid,
Krankheit und Behinderung, unseren Umgang mit Kinderlosigkeit...
Wann beginnt menschliches Leben?
Darf man abtreiben?
Gehören Leid, Krankheit und Behinderung zum menschlichen Leben dazu ?
Welche Möglichkeiten darf ein Paar nutzen, das ungewollt kinderlos ist,
um ein Kind zu bekommen?
Laien fühlen sich schnell
überfordert, wenn ihnen in der Diskussion Begriffe begegnen wie
„Präimplantationsdiagnostik“ oder „therapeutisches
Klonen“. Die derzeit diskutierten Fragen sind aber zu wichtig, als dass
die Meinungsbildung und Bewertung allein den Fachleuten oder der Politik
überlassen bleiben sollte. Es geht um unser aller Zukunft, wir sollten uns am
Gespräch beteiligen, die Argumente anderer hören, und wir sollten unsere
Gesichtspunkte und Maßstäbe aus dem Glauben heraus einbringen.
„Im übrigen aber gehört es zum verantwortlichen Umgang mit der
‚Freiheit eines Christenmenschen‘, sich in jedem einzelnen Fall
aufgrund der entwickelten Entscheidungshilfen selbst ein Urteil zu
bilden.“
(„Einverständnis mit der Schöpfung – Ein Beitrag zur ethischen
Urteilsbildung im Blick auf die Gentechnik“, erarbeitet im Auftrag des
Rates der Ev. Kirche in Deutschland, Gütersloh 1997, S.168)
Den Nutzern dieser Broschüre
wird Material an die Hand gegeben, das ein Verstehen der fachlichen Probleme ermöglicht
und auch die Spannbreite der ethischen Fragestellungen benennt, um eine eigene
Meinungsbildung möglich zu machen.
Wenn in den letzten Jahren nachgedacht wird über den
Menschen – wie er ist, wie er sein sollte – dann wird immer
häufiger von seinen Erbanlagen gesprochen (den Genen), dann ist von Klonen die
Rede, von Stammzellen. Was die Medien berichten, ist aufregend und verwirrend
zugleich. Die Diskussion hat längst auch die Kirchen erreicht. Aber ist
„Gentechnik“ überhaupt ein Thema, mit dem Christen sich
auseinander setzen müssen. Sind sie da überhaupt gefragt und kompetent, wo es
doch um Biologie und Medizin geht, sollten sie die Entscheidungen hier nicht
den dafür zuständigen Fachleuten in Wissenschaft und Politik überlassen?
In der Gentechnik-Debatte unserer Tage gibt es neue
überraschende Berührungspunkte zwischen Glaube und Wissenschaft. Zwei
Beispiele: Im Februar 2001 ging eine wichtige Nachricht rund um die Welt. Das
Erbgut des Menschen sei nach einem Jahrzehnt intensiver Forschung nun endgültig
entschlüsselt. Jetzt könnten wir den Bauplan des Lebens lesen, aufbewahrt in
drei Milliarden chemischen Buchstaben. Wir würden nun die Botschaft, die
Informationen verstehen, die sich in jedem unserer Zellkerne befinden, durch
die festgelegt ist, wie unser Körper aufgebaut ist, wie unser Stoffwechsel
funktioniert. Die WELT, eine ganz weltliche und in Deutschland weit verbreitete
Tageszeitung, widmete diesem Durchbruch in der modernen Biologie gleich 9
Seiten ihres Umfangs. Interessant war, wie dieser Text begann. Die erste
Überschrift hieß: „Am Anfang war das Gen“. Bibelfeste Leser
wussten schnell, wo diese Formulierung entlehnt war. Die Bibel beginnt mit den
Worten „Am Anfang ... schuf Gott Himmel und Erde“, und der erste
Satz im Johannes-Evangelium im Neuen Testament lautet „Am Anfang war das
... Wort“. Es handelte sich sicher um eine bewusste Anleihe in uraltem
Traditionsgut der Menschheits- und Religionsgeschichte, um diesem gewichtigen
Durchbruch in der Naturwissenschaft auch sprachlich die nötige Tiefe und Weihe
zu geben. Aber es ging noch weiter: Über den ersten beiden Seiten rankte sich
– als Ornament – die Struktur der menschlichen Erbsubstanz, und
hinter der Raute war das gesamte erste Kapitel der Bibel im Wortlaut
abgedruckt. Ein 2500 Jahre alter Text aus der jüdisch-christlichen Tradition
als Einleitungskapitel für modernste Erkenntnisse der Biologie, die
anschließend ausführlich gewürdigt wurden. Ich meine, dieser Kontrast ist auch
eine Aufforderung zum Gespräch: Vielleicht haben Christen aus ihrem Nachdenken
über das Leben, über Schöpfung und Verantwortung mehr in die aktuelle
Diskussion einzubringen, als manchem zunächst bewusst ist.
Vor einiger Zeit erlebte ich noch eine Überraschung:
Mir geriet das Protokoll einer Weiterbildungsveranstaltung von Pfarrern in die
Hand. Theologische, seelsorgerliche Fragen – mitnichten! Hier waren 16
Pfarrer eine Woche lang ins Labor gegangen. Sie wollten nicht aus der Ferne
Mutmaßungen anstellen, was „Gentechnik“ eigentlich ist und was die
Biologen und Mediziner in ihren Forschungslabors so treiben – sie
machten ein Praktikum. Und wenn man dann seine eigene Erbsubstanz im
Reagenzglas vor sich hat, macht das offenbar nachdenklich und regt zu
tiefgehenden Gesprächen an ...
Aber geht es in der aktuellen Debatte vielleicht
längst nicht mehr nur um abstrakte Grundlagenforschung, geht es doch zunehmend
um den „Menschen nach Maß“? Kommen wir einem uralten Traum der
Menschheit näher, eines Tages doch perfekt und unsterblich zu sein? Für viele
steht hinter dem „Menschen nach Maß“ ein dickes Fragezeichen.
Vielleicht fragen sie sich, ob die Medien hier nicht maßlos übertreiben, ob
denn das wirklich alles funktioniert, was da verkündet wird. Und selbst wenn
doch das eine oder andere in unserem Alltag einziehen sollte, dann wäre das
Fragen ja nicht zu Ende, dann kämen vielleicht die wichtigeren Fragen dran:
Wollen wir Menschen alles das tun, was wir tun können, dürfen wir alles tun,
was uns möglich ist?
Es geht um den Menschen. Wenn wir in die Gesichter
von Menschen blicken, begegnet uns eine große Vielfalt. Obwohl wir (nach den
Schubladen der Biologie) alle das gleiche Etikett tragen, alle von einer Art
sind, wissen wir doch aus guten und schlechten Erfahrungen, die wir miteinander
machen: Wir sind alle verschieden, jeder Mensch ist einzigartig,
unverwechselbar in seinen körperlichen Merkmalen wie in seinem Verhalten, mit
seinen Begabungen und Stärken, aber auch mit seinen Fehlern, Schwächen und
Krankheiten.
„Was ist der Mensch?“ So lautet eine
uralte Frage, die schon in der Bibel gestellt wird und Menschen zu allen Zeiten
bewegt hat. Was macht den Menschen zum Menschen? Was macht seine einzigartige
Würde aus, was ist seine Bestimmung, seine Aufgabe in dieser Welt? Lange ging
es in diesem Nachdenken darum, den Menschen wenigstens von außen her zu
erfassen und zu verstehen. In unseren Tagen ist es möglich geworden, auch in
sein Inneres vorzudringen, ihn biologisch zu enträtseln bis in die feinsten
Details seines Erbgutes hinein – und vielleicht morgen schon den Menschen
nach Maß, nach unseren Vorstellungen zu verändern.
Allmählich nimmt der Traum vom neuen Menschen
konkretere Gestalt an. Wenn sich neue Türen öffnen, neue Horizonte sichtbar
werden, dann stehen am Anfang auch bei Wissenschaftlern Träume, Hoffnungen,
Visionen.
Familienplanung in der Zukunft ?
1.
Künstliche Befruchtung im Reagenzglas (Retortenbabys)
2.
Präimplantationsdiagnostik (Untersuchung von Zellen eines künstlich gezeugten
menschlichen Embryos noch außerhalb des Mutterleibes auf genetische Schäden; Auswahl
gesunder Embryonen)
3.
Keimbahn-Gentherapie (gentechnische „Reparatur“ von
„fehlerhaften“ Erbanlagen)
4.
Klonierung und Tiefkühlung
5.
Pränatale Diagnostik (nach dem Einpflanzen des Embryos in den Mutterleib:
weitere Überwachung der vorgeburtlichen Entwicklung; „Ausschluss“
von „Störungen“)
(Bild
der Wissenschaft 4/94)
1994 wagte eine populärwissenschaftliche Zeitschrift
einen Blick auf die unmittelbar bevorstehende Zukunft. Obwohl es dabei nur um
die ersten Tage und Wochen im Dasein eines Menschen ging, war die Palette breit
und verwirrend.
Inzwischen ist das meiste davon längst Wirklichkeit
und kann von besorgten Eltern in Anspruch genommen werden – wenn nicht
in Deutschland, dann in einem unserer Nachbarländer.
Jedes hundertste Kind, das in Deutschland geboren
wird, ist heute ein „Retortenbaby“. In der vorgeburtlichen
Diagnostik nimmt heute etwa jede 10. Schwangere gentechnische
Untersuchungsmethoden in Anspruch, um Sicherheit zu gewinnen, dass bei ihrem
Kind keine Erbkrankheiten oder Chromosomenstörungen vorliegen. Tiefkühlung von
Ei- und Samenzelle sowie Embryonen ist längst Labor-Alltag. Dass Methoden des
„Klonens“ schon 1996 mit der Geburt des Schafes DOLLY nicht nur
neue Möglichkeiten auch für die menschliche Fortpflanzung eröffnen würden,
sondern auch einen Zugang zu den in der Forschung begehrten Stammzellen
(Züchtung von Ersatzgewebe für geschädigte Organe), war 1994 überhaupt noch
nicht abzusehen. Als einziger Bereich, in dem die vor 10 Jahren erhofften
Erfolge weithin ausgeblieben sind, muss die Gen-Therapie genannt werden
(Misserfolge bis hin zu Todesfällen in der Erprobung mahnen hier sehr zur
Zurückhaltung.
Wie geht es uns mit den neuen Möglichkeiten in
Biologie und Medizin? Für die einen sind das Nachrichten, die Chancen eröffnen
und Hoffnung wecken, für andere eine bedrückende Vision, die Gefahren birgt und
Ängste weckt.
(künstliche
Befruchtung im Reagenzglas)
1978: Geburt des ersten „Retortenbabys“
Am 25.7.1978 wurde in
Großbritannien Louisa Brown geboren. Sie war das erste Kind, das künstlich im
Labor gezeugt und danach auch erfolgreich geboren worden war. Die genutzte
Technik heißt In-vitro-Fertilisation (IVF = künstliche
Befruchtung im (Reagenz-)Glas).
Der Begriff
„Retortenbaby“ ist irreführend, weil er die Vorstellung nahe legt,
dass das Aufwachsen eines Kindes außerhalb des Mutterleibes, in einer Maschine
oder in einer Retorte möglich sei. Zwar wird auch an einer künstlichen
Gebärmutter geforscht, die so etwas möglich machen soll, aber praktische
Erfolge liegen hier noch nicht vor.
Bei den so genannten „Retortenbabys“ finden nur der
Befruchtungsvorgang und die ersten Zellteilungsschritte im Labor statt. Nach
wenigen Tagen muss der Embryo in den Leib einer Frau eingepflanzt werden, die über
neun Monate die Schwangerschaft ganz normal austrägt.
Louisa
Brown blieb kein Einzelfall. Seitdem sind weltweit etwa vier Millionen Kinder
geboren worden (Stand Ende 2010), die im Labor gezeugt wurden. In Deutschland
kam das erste Retortenbaby 1982 in Erlangen zur Welt, inzwischen (Stand 2010)
wurden etwa 350.000 geboren.
Auch Louise Brown ist mit
Hilfe der neuen Fortpflanzungstechniken Mutter geworden: sie brachte 2003 nach
einer natürlich erfolgten Befruchtung Zwillinge zur Welt.
Die Verwirklichung der
künstlichen Befruchtung im Labor war ein Durchbruch in der modernen
Fortpflanzungsmedizin. Für die einen war es ein Schlüsselereignis, das neue
Chancen eröffnete, eine wirksame Hilfe bot für kinderlose Paare. Für andere
stellte die künstliche Zeugung des Menschen im Labor einen
„Dammbruch“ dar mit schwer absehbaren ethischen Folgen. Die
katholische Kirche sprach damals von einer Manipulation, die „schlimmer
als die Atombombe“ sei. Der biologische „Erzeuger“ des ersten
Retortenbabys, Robert Edwards, erhielt für seinen Erfolg im Jahre 2010 den
Medizin-Nobelpreis.
Der menschliche Embryo war
jetzt außerhalb des Mutterleibes verfügbar. Er konnte vor dem Einpflanzen in
den Leib der Mutter untersucht werden (z.B. auf seine Entwicklungsfähigkeit
oder auf das Vorliegen von Erbkrankheiten). Man konnte daran denken, sein
Erbgut zu verändern (z.B. gentechnische „Reparatur“ von
Erbkrankheiten). Embryonen konnten nun tiefgefroren aufbewahrt werden. Durften
die auf neue Art gezeugten Embryonen nun auch für Forschungszwecke
„genutzt“ werden, waren Eingriffe ins Erbgut zu verantworten?
Die erfolgreiche Entwicklung
der künstlichen Befruchtung im Labor bedeutete vor allem Hoffnung für Paare,
die bis dahin kinderlos bleiben mussten.
Ungewollt kinderlos zu sein
– das ist ein weit verbreitetes Schicksal. In Deutschland haben zwischen
10 und 15 Prozent aller Paare Probleme mit dem Elternwerden (das heißt, sie
warten mindestens ein Jahr lang vergeblich auf eine Schwangerschaft). Auf
„normal-biologischem“ Wege tritt bei ihnen keine Schwangerschaft
ein. Die Gründe für eine solche Sterilität können biologischer Natur sein (z.B.
vernarbte Eileiter der Frau nach einer Entzündung oder nicht genügend
bewegliche Spermien des Mannes), aber auch psychische Probleme können eine
Rolle spielen.
Diese Erfahrung kann für
betroffene Paare eine schlimmen Leidensdruck bedeuten.
Wie würde ich damit umgehen?
Wäre ich bereit, Kinderlosigkeit als mir auferlegtes Schicksal zu akzeptieren?
Würde ich Alternativen
suchen, z.B. die Adoption eines Kindes erwägen (allerdings muss hier vor
Illusionen gewarnt werden: Ende 2001 kam in Deutschland ein adoptionsfähiges
Kind auf 14 Paare, die einen entsprechenden Antrag gestellt hatten)?
Etwa 1,4 Millionen Paare –
jedes 7. bis 10. Paar mit Kinderwunsch - sind in Deutschland steril,
unfruchtbar.
Dafür gilt als Definition: Es tritt innerhalb eines Jahres keine
Schwangerschaft ein bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr (3x pro Woche).
Oder würde ich dankbar die
Möglichkeiten, die Angebote der modernen Reproduktionsmedizin in Anspruch
nehmen?
In-vitro-Fertilisation (IVF)
Bei der IVF wird die Zeugung, der Beginn
menschlichen Lebens, im Labor durchgeführt.
Anhand der folgenden
Abbildung soll erläutert werden, wie eine Schwangerschaft durch IVF zustande
kommt.
Zunächst muss sich die Frau einer
Behandlung mit Sexualhormonen unterziehen, die mit dem Ziel durchgeführt
wird, dass in ihren beiden Eierstöcken mehrere Eizellen gleichzeitig reif
werden (siehe 1und 2). Die Reifung kann durch Kontrolle von Hormonwerten im
Blut und durch Ultraschall-Messungen überwacht werden.
Nach 10 bis 14 Tagen hormoneller
Stimulation erfolgt dann zunächst die Gabe eines Hormons (HCG), und etwa 35
Stunden später wird ein operativer Eingriff vorgenommen. Unter Ultraschall-Sicht
wird (durch die Bauchdecke oder durch die Vagina) eine Nadel in die Follikel
(das sind die etwa zwei Zentimeter großen reifen „Eibläschen“)
eingestochen und die darin enthaltene Flüssigkeit, in der auch die nur 1/10
Millimeter große Eizelle schwimmt, nach außen abgesaugt. Dieser Vorgang
wird zur Gewinnung von mehreren Eizellen wiederholt (3). In Deutschland
werden einer Frau so durchschnittlich acht Eizellen entnommen.
Die Samenzellen des
zukünftigen Vaters müssen jetzt zusätzlich im Labor bereitstehen. Ei- und
Samenzellen (etwa 100000 je Eizelle) werden im Reagenzglas zusammengebracht,
in der Hoffnung, dass eine erfolgreiche Befruchtung stattfindet (4).
Die weitere Entwicklung
(Teilung) der befruchteten Eizellen vollzieht sich bei 37 Grad im
Brutschrank und wird bis etwa zum Acht-Zell-Stadium des Embryos im Labor
beobachtet (5).
Spätestens zwei bis drei
Tage nach der künstlichen Befruchtung werden Embryonen (im Normalfall mehrere),
die sich normal entwickeln, in die Gebärmutter der Frau eingebracht (6).
Nach einer weiter intensiv
betreuten Schwangerschaft hätte die Frau Chancen, neun Monate später ein
eigenes Kind zur Welt zu bringen (7).
Praktische Durchführung, Erfahrungen, rechtliche Regelungen
und ethische Positionen zur IVF
Etwa
110 Spezialkliniken bieten IVF und ICSI an.
Nach
Hormonbehandlung werden einer Frau üblicherweise 8 bis 10 Eizellen entnommen.
Durchschnittlich
werden bei IVF 2,3 Embryonen gleichzeitig auf eine Frau übertragen.
Bezogen
auf die Zahl der ursprünglich eingeleiteten Hormonbehandlungen beträgt die
„Erfolgsrate“, d.h. der Anteil erfolgreicher Geburten etwa 10%. 60%
aller Paare bleiben auch nach drei Behandlungszyklen ohne Kind.
Während
bei einer natürlichen Befruchtung etwa 1,2 Prozent Mehrlingsschwangerschaften
entstehen, gab es 1999 nach IVF etwa 25 Prozent Mehrlingsschwangerschaften
(eine 20-fach erhöhte Mehrlingsrate); davon waren 21 Prozent Zwillinge und 4
Prozent Drillinge.
Die
Zahl der IVF-Geburten in Deutschland entwickelte sich in den letzten Jahren wie
folgt:
2002: 12269; 2003: 18741; 2004: 8697; 2005: 6627; 2010: etwa 7500
Seit Januar 2004 übernehmen die Krankenkassen nur noch die Hälfte der
Behandlungskosten. Um eine Schwangerschaft herbeizuführen, sind im
Durchschnitt drei Versuche nötig. Frauen haben in Deutschland nach Vollendung
des 40., Männer mit Vollendung des 50. Lebensjahres keinen Anspruch mehr
darauf, dass die Krankenkasse die Kosten für eine künstliche Befruchtung
erstattet.
ICSI-Methode
Immer häufiger wird in der Fortpflanzungsmedizin die ICSI-Methode genutzt: (Intracytoplasmatische
Spermieninjektion).
Dadurch wird eine
Befruchtung auch bei vorliegender männlicher Sterilität möglich
(eingeschränkte Produktion oder Funktion der Spermien). Samenzellen (die auch
aus Hodengewebe gewonnen werden können), die unter natürlichen Bedingungen
nicht beweglich oder aktiv genug sind, um eine Eizelle zu erreichen und in sie
einzudringen, werden in ein feines Glasröhrchen gesaugt und gezielt direkt in
die Eizelle eingespritzt. Es handelt sich also gewissermaßen um eine
Zwangsbefruchtung, zu der es unter natürlichen Bedingungen nicht kommen würde.
ICSI wird in Deutschland seit 1993 angeboten und derzeit bei der Hälfte der
IVF-Behandlungen eingesetzt (mit verbesserten Erfolg für das Erzielen einer
Schwangerschaft).
Kryokonservierung
(Gefrierkonservierung)
Eizellen, Samenzellen, Vorkernstadien, Embryonen können durch Einfrieren bei
sehr niedrigen Temperaturen über lange Zeit konserviert (und später bei Bedarf
wieder aufgetaut) werden.
Dabei erfolgt eine Abkühlung unter
definierten Bedingungen innerhalb von 1 bis 2 Stunden auf ca. –180 Grad
unter Zusatz von speziellen Gefrier- und Nährlösungen, danach wird die Lagerung
in flüssigem Stickstoff (bei –196 Grad) durchgeführt. Eine solche
Lagerung ist (wahrscheinlich) über Jahrzehnte möglich. Menschliche
Eizellen lassen sich wegen ihres hohen Wassergehalts kaum einfrieren. Nach den
bisher (2001) vorliegenden Erfahrungen
wurden Spermien bereits länger als 10 Jahre, Eizellen weniger als 5 Jahre,
Vorkerne 9 Jahre undEmbryonen für 7 Jahre eingefroren und erfolgreich wieder
aufgetaut.
In Deutschland dürfen
Embryonen (außer in Notfällen, wenn eine Übertragung auf die Frau im gleichen
Behandlungszyklus nicht möglich ist) nicht eingefroren werden, aber das
Embryonenschutzgesetz lässt eine Lücke: für „Vorkernstadien“
(Zustand nach dem Eindringen der Samenzelle in die Eizelle, aber vor dem
Verschmelzen der beiden Zellkerne) ist das Einfrieren erlaubt.
Probleme bei der Entnahme
der Eizellen
Die Hormonbehandlung vor der Gewinnung der Eizellen stellt einen gravierenden
Eingriff in den Stoffwechsel der Frau dar und kann zu erheblichen
Nebenwirkungen führen (in Deutschland sind etwa 0,8 Prozent aller behandelten
Frauen von der schweren Form des Über-Stimulations-Syndroms betroffen). Die
Hormonbehandlung kann zu Blutverdickung, Thrombosen und schlimmstenfalls zum
Schlaganfall, das wiederholte Punktieren der Eierstöcke zur Vernarbung führen,
manchmal auch zu Unfruchtbarkeit. Die mehrwöchige Hormonstimulation steht auch
im Verdacht, Eierstockkrebs auszulösen. Dazu kommt das Operations-
(Verletzungen, Blutungen) und Narkoserisiko bei der Entnahme der Eizellen.
Die Chancen, durch
künstliche Befruchtung schwanger zu werden, sind immer noch gering. Man
versucht die Erfolgsaussichten zu verbessern, indem gleichzeitig mehrere
Embryonen produziert und eingepflanzt werden. Das erhöht zwar die Erfolgsaussichten
für eine Schwangerschaft, führt aber auch zwangsläufig zu mehr
Mehrlings-Schwangerschaften mit einem deutlich erhöhten Risiko für Mutter und
Kinder.
In Deutschland ist daher
gesetzlich die Zahl der Embryonen, die im Labor gezeugt und einer Frau
gleichzeitig eingesetzt werden dürfen, auf maximal drei begrenzt.
Um die Risiken zu mindern,
wird auch der „Fetozid“, die gezielte Tötung
„überzähliger“ Feten, erwogen. Diese „selektive Reduktion“ wird auch in deutschen Kliniken
gelegentlich vorgenommen (Schätzungen gehen von etwa 150 Fällen pro Jahr aus).
In
der Regel erfolgt die Reduktion von einer Drillings- auf eine
Zwillingsschwangerschaft. Bei diesem Verfahren wird etwa in der 11. bis 13.
Schwangerschaftswoche durch die Bauchwand der Mutter hindurch das Herz des Kindes
punktiert und eine Kalium-Chlorid-Lösung injiziert, die zum Herzstillstand und
zum Ableben führt. In den USA wird dieser Eingriff nahezu routinemäßig
durchgeführt.
Als
Kosten für die Behandlungen werden angegeben (2002):
für eine IVF-Behandlung 2300 bis 2600 €,
ICSI-Behandlung: 3600 bis 3800 €, Gefrierkonservierung 500 €/Jahr.
Die
Behandlung zahlten bis 2003 die Krankenkassen (für bis zu drei Versuche).
Als
Folge der Gesundheitsreform müssen seit Anfang 2004 ungewollt kinderlose Paare
die Hälfte der Behandlungs- und Medikamentenkosten selbst tragen (daraufhin ist
die Zahl der künstlichen Befruchtungen deutlich zurückgegangen).
Wenn
Männer unfruchtbar sind, ist Samenspende durch einen dritten Beteiligten
möglich.
Techniken
der IVF wurden auch dazu benutzt, Schwangerschaften noch nach dem Tod der
biologischen Väter herbeizuführen (Verwendung von tiefgefrorenem Sperma, z.B.
bei Soldaten vor dem Fronteinsatz hinterlegt).
Auch
Eizellspende ist möglich. Dabei unterzieht sich eine Spenderin der notwendigen
Hormonbehandlung und stellt ihre Eizellen einer Frau zur Verfügung, die selbst
keine geeigneten Eizellen besitzt (wegen Krankheit oder weil sie schon in die
Wechseljahre eingetreten ist). In Indien brachte 2004 eine 64-jährige Frau
unter Nutzung einer gespendeten Eizelle ein gesundes Kind zur Welt.
Frauen,
die eine eigene Schwangerschaft (z.B. wegen der Karriereplanung) zeitlich
hinauszögern möchten, könnten in jungen Jahren eigene („junge“)
Eizellen einfrieren lassen, um sie dann bei Bedarf aufzutauen, mit den
Samenzellen des Partners befruchten und sich dann mit dem Ziel einer
Schwangerschaft einpflanzen zu lassen.
Ein
im Labor gezeugter Embryo kann auch von einer anderen Frau ausgetragen werden
als der „genetischen Mutter“ (die Frau, von der die Eizelle
stammt), es kommt dann zu so genannten „Leihmutterschaften“, in
denen eine Frau bereit ist, für eine andere Frau (die dazu nicht bereit oder
körperlich nicht in der Lage ist) eine Schwangerschaft auszutragen. In den USA
kostete eine Leihmutterschaft 1998 16000$ plus Spesen für die Leihmutter;
inklusive Vermittlung 60000$.
In wenigen Extremfällen wurden Kinder gezeugt, die fünf Eltern (!) haben: zwei
„soziale“ Eltern, die sich ein Kind wünschen, aber biologisch
(z.B. mit eigenen Erbanlagen) nicht beteiligt sind, zwei
„genetische“ Eltern, von denen die Ei- und die Samenzelle stammen,
und eine „biologische“ Mutter, die als Leihmutter die
Schwangerschaft austrägt.
Rechtliche und standesrechtliche Regelungen zur IVF in Deutschland
a) Gesetz zum Schutz von
Embryonen – EschG – vom 13.12.1990;
b)
Bundesärztekammer: Richtlinien zur Durchführung der assistierten
Reproduktion 1998
bei
nicht verheirateten Paaren in stabiler Partnerschaft nur ausnahmsweise nach
Beratung einer Kommission der Ärztekammer
der
Arzt kann einem Samenspender keine Anonymität zusichern – Recht des
Kindes auf Kenntnis der eigenen (genetischen, biologischen) Abstammung
die
Bundesärztekammer empfiehlt wegen Problemen durch Mehrlingsschwangerschaften,
bei Frauen unter 35 Jahren nur zwei Eizellen zu befruchten und zwei Embryonen
einzupflanzen
Spät- und Folgeschäden
bei IVF-Kindern?
In Schweden wurde im Jahr 2003 eine Untersuchung von 1500 fünfjährigen Kindern
durchgeführt, die durch IVF gezeugt worden waren. Dabei wurden keine
Auffälligkeiten oder Unterschiede bei Intelligenz, Sprachentwicklung oder im
Verhalten beobachtet. Bei ICSI-Kindern traten Fehlbildungen an Nieren und
Geschlechtsorganen doppelt so häufig wie bei normal gezeugten Kindern.
Fast immer werden einer Frau
mehr Eizellen entnommen, als im gleichen Behandlungszyklus künstlich befruchtet
und ihr eingepflanzt werden sollen und dürfen (in Deutschland durchschnittlich
Entnahme von 8 Eizellen und Einpflanzung von 2,3 Embryonen). Es ist zulässig,
so genannte „Vorkerne“, die noch nicht als Embryonen gelten
(Stadium nach dem Eindringen der Samenzelle in die Eizelle und vor der
Verschmelzung der beiden Zellkerne) einzufrieren, um sie bei Bedarf für einen
weiteren Behandlungszyklus verwenden zu können (Auftauen und Einpflanzen
ermöglicht, dass eine erneute Hormonbehandlung und Eizellentnahme bei der Frau
nicht notwendig wird). Viele der eingefrorenen Vorkerne werden aber später
doch nicht mehr in Anspruch genommen.
Zusätzlich kommt es in mehr als
hundert Fällen pro Jahr doch vor, dass auch in Deutschland Embryonen
eingefroren werden, was das Embryonenschutzgesetz eigentlich verbietet - dann
nämlich, wenn die Übertragung auf die Mutter im Behandlungszyklus nicht möglich
ist (z.B. wegen Krankheit oder Trennung der Partnerschaft).
Dann sind (Vorkerne und)
Embryonen faktisch vorhanden, die aber von den Eltern nicht in Anspruch
genommen werden und „überzählig“ sind. Das Embryonenschutzgesetz
lässt keine andere Nutzung zu als die Herbeiführung einer Schwangerschaft.
„Überzählige“ Embryonen hätten also nur die Perspektive, aufgetaut
zu werden und dann abzusterben. Darf man in diesen Fällen auch daran denken,
solche Embryonen für Forschungszwecke zu nutzen?
Das Päpstliche Lehramt lehnt
jede extrakorporale Befruchtung (künstliche B. außerhalb des Mutterleibes) als
in sich widersittlich ab. Die Instruktion DONUM VITAE stellte 1987 fest, dass
es sich hierbei auch für verheiratete Paare um eine moralisch unerlaubte
Technik handele.
Papst Benedikt
XIV.:
Embryonen sind von Anfang an, also auch vor der Einnistung in die Gebärmutter,
als unbedingt schützenswertes Leben zu betrachten; menschliches Leben beginnt
im Moment der Empfängnis und muss von Anfang an respektiert und geschützt
werden; die Befruchtung im Reagenzglas wird grundsätzlich abgelehnt, weil nicht
alle dabei entstehenden Embryonen in die Gebärmutter eingepflanzt werden
(Gen-ethischer Informationsdienst, Heft 175 April/Mai 2006 S.55)
Die
Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland riet in einer Stellungnahme vom
Verfahren der extrakorporalen Befruchtung ab (Zur Achtung vor dem Leben.
Maßstäbe für Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin, EKD-Texte 20, 1987, S.5).
In
einem Votum, das von den Vertretern der Evangelischen und der Katholischen
Kirchen im Nationalen Ethikrat abgegeben wurde, wurde weniger restriktiv von
der künstlichen Befruchtung im Labor als einer „für sich im Falle der Infertilität
(Unfruchtbarkeit) ... noch hinnehmbaren Technik“ gesprochen (Nationaler
Ethikrat: Genetische Diagnostik vor und während der Schwangerschaft,
Stellungnahme, 2003, S.99).
Den
Begriff des „Klons“ kannten schon die alten Griechen.
Klon (griechisch):
Schössling, Zweig
Definition: Ein Klon ist eine Kolonie genetisch einheitlicher Zellen
oder Organismen, die sich von einer einzigen Zelle herleiten (Fortpflanzung ohne
Befruchtung).
Unter dem Vorgang des Klonens versteht man im wissenschaftlichen Sprachgebrauch
die ungeschlechtliche Vermehrung von Zellen oder Organismen, wobei genetisch
identische Individuen (also mehrere Zellen bzw. Lebewesen mit der gleichen
Ausstattung an Erbgut) entstehen.
Das, was die Biologen
„Klone“ nennen, gibt es an vielen Stellen in der Natur:
Jeder, der einen eigenen
Garten hat, hat demnach – ohne es zu ahnen - schon Lebewesen geklont!
Wenn Klonen
aber ein Vorgang ist, den es auch in der Natur gibt, dann gilt das nur mit der
Einschränkung, dass das Klonen in der Natur nur auftritt bei einfachen
Lebensformen, in frühen Entwicklungsstufen oder dass es sich um seltene,
zufällig auftretende Ausnahmen handelt. Keinesfalls ist der Bezug auf das
„natürliche“ Vorkommen von Klonen eine Rechtfertigung dafür, den
Vorgang einer ungeschlechtlichen Vermehrung gezielt auch dort zu verwirklichen,
wo er in der Natur nicht bisher nicht vorkommt.
Die Vision, auch von hochentwickelten Lebewesen, letztlich auch vom Menschen,
Klone herzustellen, „Kopien“ vom Fließband mit programmierten
Eigenschaften, geistert schon lange durch die Science-Fiction-Literatur,
begegnete aber auch in wissenschaftlichen Fachbüchern. So beschäftigte den
Schriftsteller Aldous Huxley schon im Jahr 1932 („Schöne neue
Welt“) der Albtraum, dass eines Tages Menschen als ALPHAs (Herrenrasse)
oder als GAMMAs (genügsame Arbeiter) geklont werden könnten – jeweils
96 identische Exemplare aus einer Eizelle.
In der DDR erschien 1983 ein
lesenswertes Buch von Piechocki mit dem Titel „Genmanipulation“
(das war damals noch ein wertfreier Begriff für das, was heute Gentechnik
genannt wird). Und in diesem Buch wird eine Idee vorgestellt, wie eines Tages
Hochleistungsrinder „vervielfältigt“ werden könnten. 13 Jahre
später war aus der Vision Wirklichkeit geworden – das Schema hatte exakt
gestimmt, nur war das erste geklonte Säugetier kein Rind, sondern ein Schaf,
Dolly.
Schon seit einigen
Jahrzehnten werden Säugetiere (Rinder) geklont, allerdings nach einem recht
einfachen Verfahren, das die natürliche Zwillingsbildung nachahmt: beim so
genannten „Embryo-Splitting“ gelingt es, einen durch natürliche
Zeugung entstandenen Embryo unter dem Mikroskop in einzelne Zellen zu zerlegen,
die sich anschließend jede selbstständig zu einem neuen Embryo entwickeln, in
die Gebärmutter von „Leihmüttern“ eingepflanzt werden und sich dort
zu einem Kalb entwickeln – und weil sie alle von der gleichen Eizelle
abstammen, handelt es sich dabei um geklonte Tiere. 1993 war in den USA
erstmals im Labor gezeigt worden, dass diese Technik grundsätzlich geeignet
war, auch menschliche Embryonen zu zerschneiden und damit zu vervielfältigen.
Aber Tierzüchter und
Fachbiologen waren sich weiter einig: es würde nicht möglich sein, Kopien von
erwachsenen Säugetieren herzustellen, indem man ausgereifte Körperzellen
verwendet und sie zum Stadium von befruchteten Eizellen
„zurückprogrammiert“.
Anfang des Jahres 1997
geriet das Porträt eines Schafes auf die Titelseiten vieler Zeitungen.
„Dolly“ – mit diesem Namen war eine wissenschaftliche
Sensation verbunden. Was für die meisten Biologen bis dahin unvorstellbar
schien, war gelungen. Körperzellen eines erwachsenen Säugetieres waren so verjüngt,
„rückprogrammiert“ worden, dass sie sich zu neuem Leben entwickeln
konnten. „Dolly“ war ein um sechs Jahre „verspäteter
Zwilling“ seines Spendertieres, ein Duplikat, eine Kopie mit den gleichen
Erbeigenschaften.
Seit der
Geburt von Dolly sind (so der Stand Mitte des Jahres 2004) etwa 10
Säugetierarten erfolgreich geklont worden (Hunde und Affen konnten bislang
durch Übertragung von Körperzellkernen nicht geklont werden).
Daten aus dem
Leben des Klonschafs DOLLY
+ konkreter Anlass für die
Klonversuche: es war Anfang der 1990er Jahre gelungen, Schafembryonen
gentechnisch so zu verändern, dass die sich daraus entwickelnden Schafe in den Zellen
ihrer Milchdrüsen menschliche Eiweiße produzierten; diese konnten mit der
Milch gewonnen werden und sollten als Medikamente bei bestimmten Lungenerkrankungen
genutzt werden; da diese Manipulation nur sehr selten erfolgreich war, wurde
ein Verfahren gesucht, um die wenigen „Glücksfälle“ zu
„kopieren“
+ Dolly wurde am 5.7.96 geboren
+ Dolly wurde aus den Körperzellen eines 6 Jahre alten Spendertieres geklont
+ Dolly brachte sechs gesunde Lämmer zur Welt (auf „normalem“ Wege
gezeugt)
+ Im Mai 1999 wurde festgestellt, dass Dollys Zellen
verkürzte Telomere aufwiesen (Telomere sind die Endstücke der Chromosomen. Sie
halten wie Schutzkappen die Enden der Chromosomen zusammen. Telomere verkürzen
sich bei jeder Zellteilung im Laufe des Lebens – Gab es bei Dolly hiermit
einen Hinweis auf „vererbtes“ Alter durch den Klonvorgang? Nach
vergleichenden Untersuchungen mit anderen geklonten Tieren hat sich diese
Vermutung nicht bestätigt.)
+ Anfang des Jahres 2002 bekam Dolly Arthritis (diese Gelenkentzündung tritt
normalerweise bei Schafen – wie bei Menschen – erst im
fortgeschrittenen Alter auf; vielleicht war das ein Hinweis auf
„vererbte“ Alterungsschäden, vielleicht handelte es sich aber bei
Dolly auch um einen der seltenen Fälle des Auftretens der Krankheit im
jugendlichen Alter)
+ 2003 entwickelte sich bei Dolly eine fortschreitende Lungenerkrankung (durch
einen Virus ausgelöst!)
Dolly wurde eingeschläfert und steht jetzt ausgestopft in einem Museum in
Schottland
Angesichts der erfolgreichen
Geburt des Klonschafes „Dolly“ wurde sehr schnell über die mögliche
Anwendung dieser neuen Technik auch beim Menschen spekuliert. Was könnten
einleuchtende und verantwortbare Gründe dafür sein, auch menschliches Leben
zu vervielfältigen?
Nach
erregten Debatten war man sich in der Politik, in der Wissenschaft und Medizin
rund um den Erdball bald einig in der Bewertung: Klonen von Menschen darf es
nicht geben, weil ein Mensch nie benutzt werden, nie nur Mittel zum Erreichen
von Zielen anderer sein darf (weitere Argumente gegen das reproduktive Klonen
von Menschen siehe in der Stellungnahme des Nationalen Ethikrates im Anhang).
Standesrichtlinien der Wissenschaftler und politische Verbote untermauerten
das Klon-Verbot. In Deutschland war das Klonen bereits seit 1991 nach dem Embryonenschutzgesetz
verboten. Auch das erste Zusatzprotokoll zur „Bioethik-Konvention“
des Europarates (4.4.1997) enthält ein Klon-Verbot. Die „Charta der
Grundrechte der Europäischen Union“ vom Dezember 2000 enthält ebenfalls
ein Verbot des reproduktiven Klonens. Weiterhin ist nach der „Universal
Declaration on the Human Genome and Human Rights“ der UNESCO (11.11.1997)
das reproduktive Klonen von Menschen nicht erlaubt. Auf der Ebene der UNO wurde
über Klonverbote diskutiert, aber bisher (Stand Herbst 2004) keine Resolution
verabschiedet.
“Handle so, dass du die
Menschheit sowohl in deiner Person als auch in der Person eines anderen
niemals bloß als Mittel brauchest.“
(Immanuel Kant)
Die
Entwicklung in den Labors ist dennoch weitergegangen. Bereits im Jahre 1998
erschienen Presseberichte über das erfolgreiche Klonen auch mit Material aus
menschlichen Zellen. Die Versuche waren erfolgreich bis zur Entwicklung von
Embryonen vorgeführt worden und wurden dann abgebrochen. Auf einem Kongress
in den USA im Jahre 2001 kündigten drei (besonders neugierige, ehrgeizige,
verrückte?) Forscher an, Menschen klonen zu wollen: die Französin Boisselier,
der Italiener Antinori und der US-Amerikaner Zavos. Es gibt bisher (wahrscheinlich?)
noch keinen geklonten Menschen, der geboren wurde. Trotz der oben erwähnten
Ablehnungs-Front sollte man aber damit rechnen, dass in absehbarer Zeit ein
ehrgeiziger Forscher das Tabu bricht und der Welt stolz das erste Klon-Kind präsentiert.
(Definition: Als
Klonen zu Fortpflanzungszwecken – auch „reproduktives“
Klonen genannt – bezeichnet man ein Verfahren, das letztlich auf die
Herbeiführung einer Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes gerichtet ist,
dessen Erbgut mit dem eines Spenders identisch ist.)
Das Klonen eines Menschen
würde (nach dem „Modell Dolly“) etwa wie folgt ablaufen (siehe das
nebenstehende Bild).
Für das Verfahren der Zellkernübertragung benötigt man den Zellkern einer
Spender-Zelle und eine Empfänger-Eizelle. Letztere bildet das für die
Entwicklung notwendige Milieu, denn zur Entwicklung eines Embryos kann es nur
kommen, wenn in der Zellflüssigkeit der Eizelle Substanzen vorhanden sind,
welche die ersten Entwicklungsphasen unterstützen und kontrollieren. Einem
Spender wird also eine Körperzelle entnommen (siehe 1). Diese trägt in ihrem
Zellkern – dicht zusammengepackt – das gewünschte Erbgut, das vervielfältigt
werden soll.
Bei einer Frau
(Eizellspenderin) wird eine Hormonbehandlung durchgeführt mit dem Ziel,
Eizellen reifen zu lassen. Der Frau wird durch einen operativen Eingriff eine
befruchtungsfähige Eizelle entnommen. Aus dieser Zelle wird das eigene
Erbgut abgesaugt (siehe 2).
In die entkernte Eizelle wird nun der Zellkern der Körperzelle des Spenders
eingebracht. Wenn die Bestandteile der beiden Zellen erfolgreich miteinander
verschmolzen sind, würde die Zelle sich zu teilen beginnen: aus einer würden
zwei, dann vier, später acht Zellen usw. (siehe 3). Der sich entwickelnde
menschliche Embryo würde dann in den Leib einer Frau eingepflanzt werden, die
sich als Leihmutter zur Verfügung stellt. Ihre Gebärmutter würde nach
hormoneller Vorbereitung den Embryo aufnehmen, und sie könnte nach neun
Monaten das geklonte Kind zu Welt bringen (siehe 4).
Das Kind wäre in seiner
biologischen Ausstattung eine Kopie des Spenders der Körperzelle und nur mit
ihm genetisch verwandt.
Klone
sind keine perfekten Kopien, die in all ihren Eigenschaften 1 zu 1 mit dem
Spender übereinstimmen. Zwar sind alle Gene in den Zellkernen gleich, aber aus
seinen Genen macht offenbar jedes Individuum etwas anderes. So zeigen
gen-identische Tiere verschiedene Fellfarben und Fellzeichnung wie auch
unterschiedliches Verhalten. Viele Eigenschaften werden erst während der
Entwicklung im Mutterleib festgelegt oder durch die Wirkung der natürlichen und
sozialen Umwelt nach der Geburt geprägt. Wenn also z.B. jemand den Ehrgeiz
hätte, Boris Becker zu klonen, würde bei einem erfolgreichen Ausgang ein Baby
in der Wiege liegen, das von seiner Erbgutausstattung her ein um 35 Jahre
„verspäteter“ eineiiger Zwilling von Boris Becker I wäre. Das
geklonte Kind hätte sicher eine Vielzahl vor allem körperlicher Eigenschaften
vom Spender geerbt: vielleicht rötliche Haare und Sommersprossen, einen gedrungenen
Körperbau, eine bestimmte Art, sich zu bewegen und zu sprechen. Aber wenn man
ihm die freie Wahl ließe, käme Boris II vielleicht nie auf die Idee, einen
Tennisschläger in die Hand zu nehmen. Der Klon hätte seine Entwicklung bis zur
Geburt im Leib einer anderen Mutter verbracht (mit vielfältigen biologischen
und psychischen Wechselwirkungen), würde in einer anderen Familie und in einer
anderen gesellschaftlichen Umgebung aufwachsen. Und so würde er vielleicht
– ganz anders als seine „Designer“ sich gedacht hatten
– seine ganz eigene Individualität entwickeln (auch geklonte Menschen
wären keine Monster, sondern „richtige“ Menschen mit Anspruch auf
Menschenwürde!) und sich vielleicht im stillen Kämmerlein zu einem
Geigenvirtuosen entwickeln.
Ein
Klonforscher wird gefragt: Wie weit prägen Gene ein Wesen? „Darüber haben
wir ziemlich genaue Vorstellungen. Zu 30 bis 35 % sind die Gene verantwortlich,
was wir sind und was wir tun. Der Rest ist die Umwelt.“ (Die Zeit
15.2.07 S.56)
(Definition: Als
Klonen zu biomedizinischen Forschungszwecken – auch
„therapeutisches“ oder „experimentelles“ Klonen genannt
– wird ein Verfahren bezeichnet, bei dem nicht die Herbeiführung einer
Schwangerschaft angestrebt wird, sondern die Herstellung einer Blastozyste (ein
Stadium in der Entwicklung eines Embryos), aus der etwa am vierten Tag
„embryonale Stammzellen“ für Forschungszwecke oder für
Therapieversuche entnommen werden.)
Im Sommer 2000 gab es neue
irritierende Schlagzeilen: „Nach Dolly nun auch Menschen?“ oder
„Briten wollen Klonen erlauben“.
Nur in manchen Zeitungen
erfuhr der aufmerksame Leser, dass neue wissenschaftliche Einsichten es nötig
machten, über das Klonen neu nachzudenken.
Die
„Dolly-Methode“ war zunächst einmal nur ein neues Verfahren
gewesen, um Säugetiere ungeschlechtlich zu vermehren und erbgleiche Kopien zu
erzeugen. Klonen mit einer solchen Zielstellung hieß nun genauer
„reproduktives Klonen“. Und das sollte auch in Großbritannien
weiter tabu bleiben.
Die
„Dolly-Technik“ ließe sich – so erfuhr man - auch für eine
andere Zielstellung nutzen, für das so genannte „therapeutische
Klonen“, das wäre eine Anwendung mit dem Ziel, Krankheiten oder
Organausfälle zu behandeln.
Die Modellvorstellungen der
Anwendung des therapeutischen Klonens beim Menschen sollen anhand des nebenstehenden
Bildes erläutert werden.
Man stellt sich einen
Patienten vor, bei dem ein lebenswichtiges Organ nicht (mehr) ordnungsgemäß
funktioniert, weil seine Zellen defekte Erbanlagen enthalten und / oder der
Ersatz von gealterten Zellen gestört ist. Diesem Patienten wird eine Körperzelle
entnommen, die im Zellkern sein komplettes Erbgut enthält (siehe 1).
Aus dieser Zelle soll nun
körpereigenes Zellmaterial nachgezüchtet werden, wodurch bei der späteren Einpflanzung
das Risiko von Abstoßungsreaktionen (etwa im Vergleich zu herkömmlichen
Organverpflanzungen) sehr gering gehalten werden könnte.
Zunächst läuft die Klonierung wieder genau so ab, wie das bereits oben beschrieben
wurde (siehe 1 bis 3).
Der entstandene Embryo ist
eine biologische Kopie, ausgestattet mit dem Erbgut des Patienten. Er könnte
in den ersten Stadien der Zellteilung (z.B. als Acht-Zell-Häufchen) in die Gebärmutter
einer Frau eingepflanzt werden, sich dort zu einem Kind weiterentwickeln
und neun Monate später zur Welt gebracht werden (siehe 4). Dieser Weg ist
grundsätzlich möglich, das wäre aber „reproduktives Klonen“,
und das ist hier nicht beabsichtigt.
Beim „therapeutischen
Klonen“ ließe man den Embryo sich weiter entwickeln, bis er zwischen dem
vierten und sechsten Tag den Zustand der so genannten Blastozyste erreicht hat
(siehe 5). Im Inneren dieses „Blasenkeims“ befindet sich ein
Häufchen von 100 bis 200 gleichartigen Zellen, auf die sich das Interesse
richtet. Es handelt sich nämlich um so genannte „embryonale
Stammzellen“ – „embryonal“ wegen ihres Ursprungs und
„Stammzellen“, weil von diesen Zellen alle später sich
entwickelnden spezialisierten Zellen des menschlichen Körpers abstammen. Im
vorliegenden Entwicklungsstadium haben sich diese Zellen noch nicht entschieden,
zu welcher Zellart sie sich einmal weiter entwickeln werden, sie tragen in sich
noch die Fähigkeit, „vieles“ werden zu können, sie sind
„pluripotent“. Diese „Viel-Könner“ gelten als Wunderelixier
für die Medizin der Zukunft. Man will die Stammzellen aus dem Embryo entnehmen
(dieser ist danach nicht mehr lebensfähig) und sie zunächst im Labor in
Zellkulturen weiterwachsen lassen (siehe 6). Dabei lassen sich die
(embryonalen) Stammzellen beliebig vermehren und verbleiben in ihrem
nicht-spezialisierten (pluripotenten) „Schwebezustand“. Durch
gezieltes „Füttern“ der Zellkultur (Vorenthalten oder Zugabe bestimmter
Nährsubstanzen oder Hormone) lässt sich dann zielgenau die weitere
Entwicklung der Zellen steuern: sie könnten beispielsweise zu Blutzellen,
Nervenzellen oder Muskelzellen ausreifen (siehe 7). Die so gewonnene
Gewebekultur des gewünschten Zelltyps soll dann in das kranke Organ des
Patienten eingebracht werden, von dem die ursprüngliche Körperzelle stammt,
sich dort weiter vermehren und die gewünschte Funktion (wieder) aufnehmen
oder stabilisieren (siehe 8).
Die in
manchen Medien beschworene Möglichkeit zur Erzeugung kompletter Organe auf diesem
Wege ist noch eine sehr kühne und weit in die Zukunft verlängerte Vision. Viele
Schritte auf dem aufgezeigten Weg sind allerdings im Tierversuch schon
erfolgreich absolviert worden. Und seit 1998 gibt es auch stabil gezüchtete
menschliche Stammzell-Kulturen, die kommerziell angeboten werden und beispielsweise
in Deutschland (wo ihre Herstellung verboten ist) für Forschungszwecke
eingesetzt werden könnten.
Ob der Weg über embryonale
Stammzellen eines Tages zur erfolgreichen Züchtung von Ersatzgewebe für Menschen
mit Organversagen führen wird, ist völlig ungewiss: Sind die Ergebnisse von
Tierversuchen auf den Menschen übertragbar? Lässt sich die Abstoßung des
übertragenen Gewebes verhindern? Kann es zu einem unkontrollierten Wachstum von
übertragenen Zellen im Körper des Empfängers kommen?
Deshalb sprechen manche Beobachter statt von „therapeutischem“
Klonen derzeit lieber vom „Forschungsklonen“, um den Status der
Grundlagenforschung zu betonen. Selbst Optimisten rechnen damit, dass
frühestens in fünf Jahren erste klinische Tests erfolgen könnten, und dass erst
in 20 bis 30 Jahren eine breite Anwendung in der „Ersatzteilmedizin“
erfolgen könnte.
Das
„Dolly-Verfahren“ ist noch längst nicht ausgereift. In Experimenten
mit Tieren sind bisher immer wieder schwere Entwicklungsstörungen beobachtet worden,
die in den meisten Fällen zu frühen Fehlgeburten oder zu Missbildungen bei
erfolgreich geborenen Tieren geführt haben. 95 Prozent aller geklonten Tiere
sind abnorm. Sie zeigen durchweg Übergewicht, leiden an Problemen der Atemwege,
des Herzens oder des Kreislaufs, sie haben Organ-Missbildungen, erkranken an
Arthritis und sterben noch im Mutterleib oder kurz nach der Geburt. Nur 1 bis 2
Prozent der geklonten Tierembryos schaffen es, das Licht der Welt zu erblicken
(bei Rindern sind es 10 bis 25 Prozent). Die Ursachen für die geringe
Erfolgsrate sieht man vor allem darin, dass in den geklonten Zellen nicht alle
Gene korrekt arbeiten, und dass die verwendeten Körperzellen schon
Alterungsschäden aufweisen (z.B. Mutationen, verkürzte Telomere).
Wegen dieser
Erfahrungen mit Tieren rechnete der Spiegel (Heft 10/2001) damit, dass es zur
erfolgreichen Geburt eines geklonten Menschen nötig wäre, dass sich zunächst
etwa 40 Frauen als Eizellspenderinnen zur Verfügung stellen müssten (jede zur
Entnahme von zehn Eizellen). Aus den 400 zur Verfügung stehenden Eizellen
würden sich 50 Embryonen entwickeln, die in den Leib von 50
„Leihmüttern“ eingepflanzt werden würden. Etwa zehn
Schwangerschaften würden über längere Zeit bestehen, wovon am Ende nur eine
mit der erfolgreichen Geburt eines geklonten Menschen zu Ende geht. Ob dieser
gesund wäre, bliebe fraglich.
Im Mai 2005 wurde aus
England gemeldet, dass erstmals in Europa menschliche Embryonen erfolgreich
geklont worden seien. Ebenfalls 2005 wurde aus Südkorea von sensationellen
Erfolgen bei der Herstellung von menschlichen embryonalen Stammzellen
berichtet. Wenig später jedoch wurde bekannt, dass der gefeierte Klon-Pionier Hwang Woo-Suk seine
„Forschungs“-Ergebnisse gefälscht hatte.
Für das Problem der Beschaffung
einer großen Zahl von Eizellen gibt es inzwischen Vorschläge und Versuchergebnisse,
die die Eizell-Spende durch Frauen längerfristig überflüssig machen sollen: Zum
einen wird damit experimentiert, menschliche Körperzellkerne in tierischen
Eizellen zu kultivieren, zum anderen lassen sich Eizellen möglicherweise auch
direkt aus embryonalen Stammzellen züchten.
Aus dem Jahr 2007 stammen
folgende Meldungen über durchgeführte Experimente und dabei erreichte
Fortschritte und Misserfolge:
Embryonale Stammzellen durch Klonen von Affenzellen
gewonnen
+ Verwendung von Körperzellen eines Rhesus-Affen, 10 Jahre
alt
+ Übertragung der Zellkerne in entkernte Eizellen
(„Dolly-Methode“; SCNT = somatischer Zellkerntransfer)
+ in 10 Jahren Forschung 15.000 Eizellen verbraucht;
jetzt 304 Eizellen für 2 erfolgreich
geklonte Stammzell-Linien;
+ parallel auch reproduktives Klonen versucht: 77 geklonte Embryonen auf
Muttertiere übertragen,
alle starben nach wenigen Tagen
(taz 16.11.07; Freie Presse Chemnitz 15.11.07)
Klonversuche mit menschlichen Zellen
Für Diskussionen hat ein Artikel gesorgt, der von
dem deutschen, in den USA tätigen Biologen Karl Immensee in der Schweizerischen
Fachzeitschrift „Journal für Reproduktionsmedizin und
Endokrinologie“ veröffentlicht worden ist. Darin beschreibt der
langjährige Mitarbeiter des umstrittenen Klonforschers Zavos ein an
menschlichen Embryonen durchgeführtes Klonexperiment, eine Technik des
Embryosplittings, also der frühen (künstlichen
JK) Teilung eines Embryos, sowie eine Methode zur Herstellung von Embryonen
mit Rindereizellen und menschlichen Zellkernen.
In einem populärwissenschaftlichen Magazins schildert Immensee außerdem
ausführlich, wie er Menschenklone zu Fortpflanzungszwecken hergestellt haben
will; neun sollen es gewesen sein; einer davon habe sich bis zum
12-Zellen-Stadium entwickelt; zu einer Schwangerschaft sei es nicht gekommen.
Er habe diese Experimente vor vier Jahren durchgeführt.
(Gen-ethischer Informationsdienst GID Heft 183/2007 S.35; taz 26.10.07)
China: fünf menschliche Embryonen
erfolgreich bis zum Blastozysten-Stadium geklont; 135 Eizellen von 12 Frauen;
in die entkernten Eizellen Haut- oder Blutzellen eingesetzt, die unter anderem
von Parkinsonpatienten bzw. von abgetriebenen Föten
stammten; bei 9 der 58 Klonversuche entstanden Embryonen bis zum
16-Zell-Stadium, 5 entwickelten sich zu einer Blastozyste mit über 100 Zellen,
aus der embryonale Stammzellen gewonnen werden können
(GID Nr.192 2-2009 S.26)
Züchtung von menschlichen embryonalen Stammzellen in
Kuh-Eizellen
Die britische
Behörde Human Fertilisation an Embryology Authority (HFEA) hat am 5.9.07 die
prinzipielle Genehmigung erteilt, für Klonexperimente tierische Eizellen mit
den Kernen von menschlichen Zellen zu verschmelzen. Es geht um die Durchführung
von zwei Forschungsprojekten (Erforschung neurogenerativer Erkrankungen wie
Parkinson und Alzheimer), für die nicht genügend menschliche Eizellen vorhanden
sind.
Es sollen ersatzweise Eizellen von Kühen verwendet werden (aus Schlachthöfen).
Diese sollen entkernt und der Zellkern menschlicher Zellen eingefügt werden.
Die Gene der auf diese Weise geklonten Embryonen seien zu 99,9 %
„menschlichen Ursprungs“. Die entstandenen “zytoplasmatischen
Hybrid-Embryonen“ sollen nach wenigen Tagen zerstört werden. In
Großbritannien gibt es Zustimmung in der Öffentlichkeit zu solchen
Experimenten.
(GID 184/07 S.47)
Im Mai 2008 ließ das britische Parlament die Grundlagenforschung mit
menschlichen embryonalen Stammzellen zu, die aus solchen „Chimären“
gewonnen werden. Die Embryos dürfen nicht länger als 14 Tage kultiviert werden,
und sie dürfen nicht zur Behandlung von Patienten eingesetzt werden.
(taz 21.5.08)
USA: Forschergruppe; hat zum einen
49 Klon-Embryonen durch den Transfer menschlicher Zellkerne in entkernte
menschliche Eizellen hergestellt; zum anderen entstanden 165 hybride
menschliche Embryonen durch den Transfer menschlicher Zellen in entkernte Eizellen von Kühen, Kaninchen und Mäusen;
während die Genexpression der Mensch-Mensch-Klonembryonen mit der bei
IvF-Embryonen weitgehend übereinstimmte, unterschied sich die Genexpression der
Hybriden bei 2.379 bis 2950 Genen; damit steht „der potenzielle Nutzen
dieser tierischen Eizellen zur Produktion patientenspezifischer Stammzellen in
Frage“
(GID Nr.192 2-2009 S.26)
Die Suche nach ethischen Kriterien und rechtlichen
Regelungen zum therapeutischen Klonen
Ganz klar ist: man hat es
beim therapeutischen Klonen in einem Zwischenstadium mit einem menschlichen Embryo
zu tun, der im Leib einer Frau zu einem ganzen Menschen heranwachsen könnte.
Aus diesem Grunde ist nach dem Embryonenschutzgesetz in Deutschland auch diese
neue Variante des Klonens nicht zulässig (Verbot der fremdnützigen Verwendung
von Embryonen).
Der Deutsche Bundestag hat am 30.1.2002 entschieden, dass die Gewinnung von
Stammzellen aus Embryonen in Deutschland weiterhin verboten bleibt, aber
gleichzeitig zugelassen, dass embryonale Stammzellen, die im Ausland vor dem
1.1.2002 gewonnen wurden, unter strengen Auflagen auch von deutschen Forschern
genutzt werden dürfen.
Bereits
heute stehen weltweit in verschiedenen Labors stabil gezüchtete Kulturen
menschlicher embryonaler Stammzellen zur Verfügung, die auch deutschen
Forschern angeboten werden. Mit diesen bereits vorhandenen Zellen - die sich im
Labor beliebig vermehren lassen - könnten wahrscheinlich wichtige Erkenntnisse
für die Grundlagenforschung (z.B. für die angestrebte
„Rückprogrammierung“ adulter Stammzellen) gewonnen werden, und evtl.
könnte aus ihnen später auch Ersatz-Gewebe für Organtherapien bereitgestellt
werden. Problematisch bleibt der Weg, der zur Herstellung dieser
Stammzellkulturen gewählt wurde: sie wurden aus „überzähligen“
Embryonen gewonnen, und dieses Vorgehen ist in Deutschland nicht zulässig.
Der Deutsche Bundestag hat sich im Februar 2003 mit großer Mehrheit dafür
ausgesprochen, sowohl das reproduktive als auch das therapeutische Klonen zu
verbieten; die Bundesregierung soll in diesem Sinne bei der UNO aktiv werden.
In Großbritannien dagegen
ist – übrigens auch mit Unterstützung der Staatskirchen von England und
Schottland – das „therapeutische Klonen“ im Jahre 2002 für
Zwecke der Grundlagenforschung unter strengen Auflagen zugelassen worden. Auch
in Belgien, Israel, Singapur und einigen Bundesstaaten der USA ist das Klonen
für biomedizinische Forschung erlaubt, in Schweden und Japan befinden sich
entsprechende Gesetzentwürfe in der parlamentarischen Beratung.
Faule Kompromisse, Doppel-Moral ?
ààààà weitere Informationen siehe Anhang
Supermarktkasse. Jemand tippt mir
von hinten auf die Schulter. Ich sehe in das lachende Gesicht von Michael P. Er
sieht gut aus. Ich frage, wie es ihm geht. Er sagt: „Gut – na ja,
heute nicht ganz so.“ Ich weiß, dass es ihm nicht gut geht. Michael hat
die Parkinsonsche Krankheit. Obwohl er erst 40 ist. Ich frage, wie seine
Aussichten sind für die Zukunft. Da sagt er: „Das hängt ganz sehr davon
ab, wie Ihr Euch als Kirche positioniert, ob in Deutschland Stammzell-Therapien
entwickelt werden können. Die sind meine große, aber auch meine letzte
Hoffnung.“
Worauf gründet sich konkret
die Hoffnung, dass eines Tages mit Hilfe von Stammzellen Krankheiten wie
Diabetes, Alzheimer oder Multiple Sklerose geheilt, durchtrenntes Rückenmark
geflickt oder durch einen Infarkt zerstörte Herzmuskeln gekittet werden
könnten?
Stammzellen als Wunderelixier der modernen Medizin ?
1998 haben
Mediziner im Labor Zellen züchten können, mit deren Hilfe Heilungsmöglichkeiten
eröffnet werden sollen für Krankheiten und Organstörungen, die sich bisher
nicht ursächlich heilen lassen. Bei diesem „Wunderelixier“ handelt
es sich um menschliche „embryonale Stammzellen“. Embryonale
Stammzellen zeigen einige bestechende Eigenschaften. Zum einen kann man sie im
Labor offenbar über lange Zeiträume aufbewahren. Sie erweisen sich zudem als
gut vermehrungsfähig. Und vor allem – deswegen sind sie so interessant
– befinden sich diese Zellen noch in einem so frühen Entwicklungsstadium,
dass sie sich noch nicht entschieden haben, welchen „Beruf“ sie
später im menschlichen Körper ausüben wollen – die Zellen sind noch
„pluripotente“ „Alleskönner“, die sich noch zu jedem
der 200 unterschiedlichen Zelltypen spezialisieren können, die im
menschlichen Körper vorkommen. Diese Eigenschaft hofft man sich zunutze zu machen,
um mit Hilfe solcher Zellen passgenau Ersatzgewebe zu züchten als Hilfe für
Menschen, bei denen lebenswichtige Organe zerstört sind oder versagt haben.
Auf dem nebenstehenden Bild
(obere Hälfte) ist dieser Weg angedeutet. Embryonale Stammzellen werden in
Laborgefäßen mit Nährstoffen versorgt und vermehrt. Indem man bestimmte
Substanzen (z.B. Hormone) zugibt, wird bewirkt, dass sich alle Zellen der
Zellkultur in eine bestimmte Richtung entwickeln – sie spezialisieren
sich zu Blutzellen, Herzzellen oder Nervenzellen. Im Falle eines
Parkinsonkranken ist der Stoffwechsel der Zellen in bestimmten Gehirnbereichen
gestört – sie stellen das notwendige Hormon Dopamin nicht mehr her. Aus
Stammzellen gezüchtete, junge, funktionsfähige Nervenzellen würden durch einen
operativen Eingriff in die geschädigten Gehirnbereiche eingebracht in der
Hoffnung, dass sie dort anwachsen, sich vor Ort weiter teilen und die verloren
gegangene Funktion wieder aufnehmen.
Das alles ist bisher ein
schöner Traum. Zwar gibt es erste hoffnungsvolle Ergebnisse im Tierversuch.
Aber ob sich diese Ergebnisse auch auf menschliche Zellkulturen übertragen
lassen, und ob im Ergebnis Zelltherapien entwickelt werden können, die
Heilerfolge versprechen und die keine unerwünschten Neben- und Folgewirkungen
mit sich bringen – darüber kann heute nur spekuliert werden. 2009 wurde
berichtet, dass es gelungen sei, aus menschlichen embryonalen Stammzellen rote
Blutkörperchen sowie funktionsfähige Gehirnstammzellen herzustellen.
Eine kritische Frage erhitzt
allerdings schon seit einigen Jahren heftig die Gemüter: Woher kommen die
begehrten Stammzellen für die Forschung? In der ethischen Diskussion umstritten
ist vor allem die Verwendung einer bestimmten Art von Stammzellen, der schon
angesprochenen „embryonalen Stammzellen“ („embryonal“,
weil sie sich in einem menschlichen Embryo gebildet haben, und Stammzellen,
weil von ihnen alle späteren sehr unterschiedlichen Körperzellen
ab-„stammen“).
Embryonale Stammzellen
entstehen, wenn eine befruchtete Eizelle sich zu teilen beginnt und zu einem
Embryo entwickelt. Etwa am 5.Tag besteht der Embryo aus einer äußeren
schützenden Hülle, und in seinem Inneren befinden sich etwa einhundert dieser
begehrten Zellen. Sie werden für Forschungszwecke (und vielleicht auch später
zum Einleiten einer Zelltherapie) dem Embryo entnommen und im Laborgefäß weiter
kultiviert. Der Embryo ist nach dem Eingriff nicht mehr lebensfähig.
Im oben dargestellten Bild
sind im unteren linken Teil verschiedene Möglichkeiten zur Herkunft embryonaler
Stammzellen aufgezeigt.
Ein Weg ist die Nutzung von
so genannten „überzähligen“ (auch „verwaisten“)
Embryonen aus der künstlichen Befruchtung (siehe auch Kap. 3). Kinderlos
gebliebene Paare nehmen immer häufiger die Angebote der modernen Medizin in
Anspruch und versuchen, im Reagenzglas eine erfolgreiche Befruchtung zu
erreichen. Es kommt aber in seltenen Fällen vor, dass zwar ein Embryo
entstanden ist (der vielleicht tiefgefroren wurde), aber der notwendige zweite
Schritt für seine Entwicklung zu einem Kind, nämlich die Einpflanzung in die
Gebärmutter der Frau, nicht mehr möglich ist (z.B. wegen Krankheit oder Tod der
Frau, Trennung des Paares). In der EU lagerten 2003 mehrere hunderttausend
eingefrorene Embryonen; in Deutschland wurden 2001 214 Embryonen als
Notfallmaßnahme eingefroren, zusätzlich 55463 befruchtete Eizellen im so
genannten „Vorkernstadium“ (zum Zeitpunkt, bei dem die Samenzelle bereits
in die Eizelle eingedrungen ist, die beiden Zellkerne aber noch nicht
miteinander verschmolzen sind). In Fällen, wo das (nach dem deutschen
Embryonenschutzgesetz) einzig zulässige Ziel einer künstlichen Befruchtung
nicht mehr verwirklicht werden kann, gibt es für solche
„übriggebliebenen“ Embryonen nur noch eine Perspektive, nämlich sie
aufzutauen und sterben zu lassen. Es ist rechtlich nicht zulässig, wird aber
heiß diskutiert, ob man in einzelnen Ausnahmefällen dann nicht doch Forschung
für medizinisch wichtige Zielstellungen zulassen sollte. In anderen Ländern
darf unter strengen Auflagen auf solche Embryonen zugegriffen werden.
Eine zweite mögliche, in
Deutschland zulässige, aber ethisch auch umstrittene Quelle für embryonale
Stammzellen ist die Gewinnung aus dem Gewebe abgetriebener Feten.
Eine dritte Möglichkeit hat
sich mit der Methode des so genannten „therapeutischen Klonens“
eröffnet (ausführliche Beschreibung siehe Kap. 4).
Die in
manchen Medienberichten suggerierte Möglichkeit zur Züchtung kompletter Organe
aus Stammzellen ist noch eine sehr kühne und weit in die Zukunft verlängerte
Vision. Viele Teil-Schritte auf dem aufgezeigten Weg sind allerdings im
Tierversuch schon erfolgreich absolviert worden. Und seit 1998 gibt es auch
stabil gezüchtete menschliche Stammzell-Kulturen, die kommerziell angeboten
werden und beispielsweise in Deutschland (wo ihre Herstellung verboten ist)
für Forschungszwecke eingesetzt werden könnten.
Ob der Weg über embryonale
Stammzellen eines Tages zur erfolgreichen Züchtung von Ersatzgewebe für Menschen
mit Organversagen führen wird, ist völlig ungewiss: Sind die Ergebnisse von
Tierversuchen auf den Menschen übertragbar? Lässt sich die Abstoßung des
übertragenen Gewebes verhindern? Kann es zu einem unkontrollierten Wachstum von
übertragenen Zellen im Körper des Empfängers kommen?
Deshalb sprechen manche Beobachter statt von „therapeutischem“
Klonen derzeit lieber vom „Forschungsklonen“, um den Status der
Grundlagenforschung zu betonen. Selbst Optimisten rechnen damit, dass
frühestens in fünf Jahren erste klinische Tests erfolgen könnten, und dass erst
in 20 bis 30 Jahren eine breite Anwendung in der „Ersatzteilmedizin“
erfolgen könnte.
Inzwischen liegen erste
praktische Erfahrungen zum Klonen mit menschlichen Zellen vor. 2004 wurde in
Korea erstmals eine Stammzell-Linie durch das Verfahren des therapeutischen
Klonens gewonnen. 16 freiwillige Spenderinnen stellten 242 Eizellen zur
Verfügung. Diese wurden entkernt. Dann wurden Körperzellkerne der Eizellspenderinnen
eingesetzt. In 30 Fällen entwickelten sich erfolgreich Blastozysten, und aus
einer davon konnte eine stabile Kultur von embryonalen Stammzellen gezüchtet
werden. Bei der Verwendung von Eizellen und Körperzellen verschiedener Frauen
gelang zwar noch die Erzeugung von Blastozysten, nicht aber die Gewinnung von
Stammzellkulturen.
Für das Problem der
Beschaffung einer großen Zahl von Eizellen gibt es inzwischen Vorschläge und
Versuchergebnisse, die die Eizell-Spende durch Frauen längerfristig überflüssig
machen sollen: Zum einen wird damit experimentiert, menschliche
Körperzellkerne in tierischen Eizellen zu kultivieren, zum anderen lassen sich
Eizellen möglicherweise auch direkt aus embryonalen Stammzellen züchten.
Absoluter Schutz für menschliche
Embryonen?
Ganz klar ist:
„Überzählige“ Embryonen aus der künstlichen Befruchtung tragen in
sich das Potenzial, sich im Leib einer Frau zu einem ganzen Menschen zu
entwickeln, und sind nach dem Embryonenschutzgesetz absolut geschützt. Auch
beim therapeutischen Klonen hat man es - in einem Zwischenstadium - mit einem
menschlichen Embryo zu tun. Aus diesem Grunde ist nach dem
Embryonenschutzgesetz in Deutschland auch diese neue Variante des Klonens nicht
zulässig (Verbot der fremdnützigen Verwendung von Embryonen).
Der Deutsche Bundestag hat am 30.1.2002 entschieden, dass die Gewinnung von
Stammzellen aus Embryonen in Deutschland weiterhin verboten bleibt, aber
gleichzeitig zugelassen, dass embryonale Stammzellen, die im Ausland vor dem
1.1.2002 gewonnen wurden, unter strengen Auflagen auch von deutschen Forschern
genutzt werden dürfen.
Bereits heute stehen
weltweit in verschiedenen Labors stabil gezüchtete Kulturen menschlicher
embryonaler Stammzellen zur Verfügung, die auch deutschen Forschern angeboten
werden. Mit diesen bereits vorhandenen Zellen - die sich im Labor beliebig
vermehren lassen - könnten wahrscheinlich wichtige Erkenntnisse für die
Grundlagenforschung (z.B. für die angestrebte
„Rückprogrammierung“ adulter Stammzellen) gewonnen werden, und
evtl. könnte aus ihnen später auch Ersatz-Gewebe für Organtherapien
bereitgestellt werden. Problematisch bleibt der Weg, der zur Herstellung
dieser Stammzellkulturen gewählt wurde: sie wurden aus
„überzähligen“ Embryonen gewonnen.
Der Deutsche Bundestag hat sich im Februar 2003 mit großer Mehrheit dafür
ausgesprochen, sowohl das reproduktive als auch das therapeutische Klonen zu
verbieten; die Bundesregierung soll in diesem Sinne bei der UNO aktiv werden.
In Großbritannien dagegen ist – übrigens auch mit Unterstützung der
Staatskirchen von England und Schottland – das „therapeutische
Klonen“ im Jahre 2002 für Zwecke der Grundlagenforschung unter strengen
Auflagen zugelassen worden.
Die Frage nach der
Zulässigkeit der Forschung an embryonalen Stammzellen und des therapeutischen
Klonens wird überwiegend in Bezug auf den Status des Embryos diskutiert. Ist
ein Embryo ein Mensch oder nicht? Wenn man tatsächlich im frühen Embryo
bereits einen Menschen sieht, verbietet sich jede Forschung.
In Deutschland regelt das
Embryonenschutzgesetz, dass ein Embryo ab dem Zeitpunkt der erfolgreichen
Befruchtung als Mensch gilt und damit der Menschenwürde teilhaftig ist. Diese
Definition schließt sowohl die wissenschaftliche oder therapeutische Nutzung
von „überzähligen“ Embryonen aus der künstlichen Befruchtung wie
auch das therapeutische Klonen aus.
Diskussionsbedarf - Wann beginnt
menschliches Leben ?
1. Deutschland:
„Als
Embryo ... gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche Eizelle
vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede
einem Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür
erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu
entwickeln vermag.“ (Embryonenschutzgesetz vom 13.12.1990)
2. Israel:
Es gibt eine Strömung in der jüdischen Philosophie,
die sagt, dass dem Embryo erst nach 49 Tagen Leben eingehaucht wird;
entscheidend aber ist die Festlegung, dass der Embryo außerhalb des
Mutterleibs nach jüdischem Glauben prinzipiell nicht als eigenständige
Seele gilt; bevor der Mutter die befruchtete Eizelle eingepflanzt wird,
kommt ihr nach jüdischem Verständnis keine Menschenwürde zu
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.25)
3. Großbritannien:
in der britischen Gesetzgebung maßgebende Ansicht:
das Menschsein beginnt mit der Einnistung des Embryos in die Gebärmutter
14 Tage nach der Befruchtung (Beginn der Schwangerschaft; ab jetzt
wechselseitige Beziehung zwischen Mutter und Kind); Standpunkt auch der christlichen Staatskirchen
in England und Schottland
(Zeit-Dokument 1/2002: Stammzellen, S.72)
In Großbritannien und Israel
z.B. wird dies anders gesehen. Embryonen dürfen hier bis zum 14. Tag nach der Befruchtung
zur Forschung verwendet werden. Das bedeutet, dass der Embryo hier noch nicht
als Mensch im Vollsinne betrachtet wird, und dass – in einer
Güterabwägung - der erhoffte Nutzen der Forschung über die möglichen Gefahren
gestellt wird.
An dieser Stelle sei auch daran erinnert, dass die
immer wieder erhobene Forderung nach einem absoluten Schutz menschlichen Lebens
auch in seinen frühen Entwicklungsstadien in unserer Gesellschaft nicht immer
konsequent durchgehalten wird.
Die christlichen Kirchen
bestehen heute auf einem absoluten Lebensschutz für das ungeborene Leben vom
Beginn an. Das war aber nicht immer so. In der Bibel (vgl. Ex 21, 22) und bis
in die Neuzeit hinein galt der Embryo nicht als vollwertiger Mensch. Dennoch
entspricht es der Logik einer zeitgemäßen Auslegung der Bibel, den Schutz und
die Achtung vor dem menschlichen Leben so weit auszudehnen wie nur möglich.
Wir werden in Europa noch
eine Weile mit solch unterschiedlichen ethischen Optionen leben müssen.
Problematisch wäre allerdings eine Haltung, die Forschung an Embryonen im
eigenen Land strikt ablehnt, aber die Ergebnisse ausländischer Forschung
nutzt, wie es bei der Entwicklung der Methoden der künstlichen Befruchtung
geschehen ist.
Ist der Schutz des Embryos
– unabhängig von der konkreten Zielstellung – eine absolute Grenze,
die unverrückbar bleiben sollte, oder darf – mit Blick auf konkrete
Heilungschancen für Patienten (z.B. Querschnittsgelähmte, Leberkranke,
Diabetiker, Parkinson-Patienten) unter Verwendung körpereigener Zellen –
beim „therapeutischen Klonen“ und der Gewinnung von embryonalen
Stammzellen das notwendige „Durchgangsstadium Embryo“ in Kauf genommen
werden?
absoluter Lebensschutz?
„...Grundsatz, das Lebensrecht und den Lebensschutz menschlicher Embryonen
von Anfang an zu gewährleisten...“
(Rat der Evangelischen Kirche in
Deutschland Erklärung 22.2.02)
ABER:
Wir akzeptieren Ausnahmen in Rechtssprechung und Lebenspraxis:
Beispiel 1: Schwangerschaftsverhütung
(Verwendung von Mitteln, die die Einnistung eines wenige Tage alten Embryos in
der Gebärmutter verhindern; z.B. „Spirale“, „Pille
danach“; keine Begründung und Güterabwägung erforderlich)
Beispiel 2: Schwangerschafts-Abbruch
(= Tötung des Embryos / Fetus in späteren Entwicklungsstadien; bleibt in
Ausnahmefällen straffrei; existenzieller Konflikt; Abwägung zwischen dem
Lebensrecht des Embryos und den Lebensinteressen der Mutter)
Worauf stützen wir unsere
Argumente? Auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse? Auf moralische
Intuitionen? Auf mögliche Folgen? Auf welchen Glauben?
Wie ist das Argument des
Dammbruches zu bewerten? Kann man z.B. zulassen, dass bis zum 14. Tag geforscht
werden darf, oder führt das zwangsläufig dazu, dass man auch an allen anderen
Menschen gegen deren Willen forscht?
In verschiedenen Entwicklungsstadien im menschlichen
Leben gibt es Stammzellen, die unterschiedliche Eigenschaften haben. Sie
werden als - ethisch weniger problematische - Alternative zum Einsatz von
embryonalen Stammzellen ins Gespräch gebracht und in der Forschung auch
intensiv untersucht.
Im Bild (Seite 16) sind auf der rechten Seite
verschiedene Zugänge zu solchen „adulten“ Stammzellen aufgezeigt;
die folgende Übersicht soll wichtige Unterschiede verdeutlichen).
Stammzellen
Es gibt verschiedene „Stammzellen“. Mindestens drei Arten sind zu
unterscheiden:
1. „totipotente“ Stammzellen (dazu rechnen die befruchtete Eizelle und die sich aus
ihr entwickelnden embryonalen Zellen bis etwa zum Stadium eines
Acht-Zell-Häufchens; sie tragen in sich das Potenzial zum Heranwachsen
eines ganzen Organismus, sind noch „allseitig entwicklungsfähig“;
„totus“=ganz);
2. „pluripotente“ Stammzellen (kommen in Embryonen am vierten bis siebten Tag der
Entwicklung vor, daher auch „embryonale“ Stammzellen genannt;
können sich noch zu „vielen“ (allen) verschiedenen Organzellen
spezialisieren, nicht aber allein zu einem kompletten Organismus entwickeln;
lassen sich im Labor in Nährlösung gut aufbewahren und vermehren);
3. gewebespezifische, auch
„adulte“ Stammzellen (sind auch im Körper „erwachsener“
Menschen vorhanden; bilden durch Teilung normalerweise nur noch eine
bestimmte Zellart in den Organen, können aber wahrscheinlich auch zu anderen
Zelltypen ausreifen [= „multipotent“]; werden bereits seit 40
Jahren bei der Behandlung Leukämiekranker mit Blutstammzellen aus dem
Knochenmark genutzt; bisher gestalten sich die Gewinnung der selten vorkommenden
adulten Stammzellen und ihre Vermehrung unter Laborbedingungen schwierig)
Stammzellen lassen sich auch ohne die Klonierungs-Technik gewinnen:
A) aus dem Gewebe von „überzähligen“
Embryonen nach künstlicher Befruchtung (die sich zwar erfolgreich
entwickelt haben, aber nicht mehr in den Körper der Frau eingesetzt werden
können) oder aus abgetriebenen Föten,
B) aus Nabelschnurblut
unmittelbar nach der Geburt,
C) aus Körperzellen Erwachsener
(„adulte“, „somatische“ Stammzellen.; z.B. aus Blut
oder Nervengewebe)
Zumindest die Wege B) und C) wären ethisch weniger bedenkliche Quellen des
Zugangs zu den begehrten Zellen.
Aus biologischer Sicht spricht für die Nutzung
embryonaler Stammzellen, dass sie
·
im Labor gut
kultiviert und relativ einfach vermehrt werden können
·
sich noch in
einem sehr frühen Entwicklungsstadium befinden, gewissermaßen noch
„Alleskönner“ sind, die sich zu jeder gewünschten Zellart
spezialisieren lassen.
„Adulte“ Stammzellen und andere
Stammzellen aus späteren Entwicklungsstadien des Menschen haben derzeit (noch?)
folgende Nachteile:
·
Sie lassen sich
im Labor bisher praktisch nicht vermehren (mit blutbildenden Stammzellen aus
dem Knochenmark versucht man das schon seit Jahrzehnten – bisher ohne
durchschlagende Erfolge).
·
Adulte
Stammzellen erfüllen normalerweise im Körper nur noch eine Aufgabe, nämlich in
dem Organ, in dem sie sich befinden, Ersatz für genau (und nur) die Zellen
dieses Organs zu liefern. Man weiß zwar inzwischen, dass sie eine gewisse
Flexibilität besitzen und sich in anderer Umgebung auch zu anderen Zelltypen
entwickeln zu können (aber begrenzt auf vielleicht 10 verschiedene Zelltypen).
Ob es gelingen kann, auch adulte Stammzellen durch
einen „Jungbrunnen“ zu schicken, sie so weit „rückzuprogrammieren“,
dass sie die Fähigkeiten embryonaler Stammzellen erlangen können, ist nach
neuesten Meldungen zwar möglich. Die Versuche waren wohl aber nur deshalb
erfolgreich, weil parallel Grundlagenforschung an embryonalen Stammzellen
durchgeführt wurde, um die dort wirksamen biologischen Vorgänge zu verstehen
und die Erkenntnisse dann an adulten Stammzellen anzuwenden.
Adulte menschliche Stammzellen fit gemacht, Zell-Uhr
zurückgedreht
+ menschliche Stammzellen gewonnen durch Rückprogrammierung - ohne Nutzung von
Embryonen
(iPS = induzierte pluripotente
Stammzellen)
+ japanische und US-Forscher parallel gleiche Entdeckung gemacht
+ Umwandlung schon zuvor mit Mäusezellen gelungen
+ Hautzellen mit Retro-Viren geimpft, 4 Gene werden zusätzlich in den Zellkern
eingeschleust;
die 4 neuen Gene sind aktiv,
produzieren 4 Proteine, die den Zellstoffwechsel verändern;
das führt zu einer
„Verjüngung“ der Zellen; sie zeigen nach 25 Tagen Verhalten wie
embryonale Stammzellen
+ in Gehirn-, Muskel-, Knorpel- und Herzzellen umgezüchtet
+ noch unklar:
Haben diese Zellen wirklich das
gleiche Potenzial wie embryonale Stammzellen?
Sie sind Viren-verseucht, sind sie
evtl. auch krebsauslösend?
+ ist die Forschung mit embryonalen Stammzellen nun überflüssig?
solche Forschung war hier und ist wohl
auch weiter zusätzlich wichtig für Verständnis und Vergleich der Abläufe
in Zellen
(Spiegel 48/07 S. 158ff; taz 22.11.07)
+ US-Forscher haben Hautzellen von Mäusen zu Stammzellen
zurückprogrammiert und damit erfolgreich
eine Blutkrankheit behandelt;
angeborene Sichelzellenanämie;
durch diese experimentelle Therapie
deutliche Verbesserung erreicht
(taz 7.12.07)
+ seit 2009 genügt ein kurzes Bad in einem
„Eiweißcocktail“, der aus den vier wesentlichen Proteinen besteht; Technik:
protein induced pluripotent stem cells = piPS;
Wie eines Tages der Weg in die Kliniken aussehen könnte, demonstrierten
kalifornische Forscher am vergangenen Sonntag: Sie verwandelten Zellen von
Patienten mit einer erblichen Knochenmarkserkrankung in iPS-Kulturen (allerdings
noch nicht per Proteincocktail). In diesen wurde der krankmachende Gendefekt
behoben, und aus ihnen wurden Vorläuferzellen gezüchtet, wie sie im Knochenmark
für die Neubildung von Blut- und Immunzellen zuständig sind. Heilung aus dem
körpereigenen Jungbrunnen.
Erlangte dieses Verfahren Anwendungsreife, böte es Therapien für erbliche
Leiden und könnte auch den chronischen Mangel bei Knochenmarkspenden beenden.
Natürlich betonen Grundlagenforscher, dass bis zur Therapie noch viele
Detailfragen zu klären seien.
Aber schon heute zeichnet sich ab, dass es eben nicht aus Embryonen gewonnene
Zellen, sondern durch Rückverwandlung gewonnene Stammzellen sein werden, die bald
als neuartige Behandlungen in die Kliniken Einzug halten werden.
Auch vor zehn Jahren befanden schon alle Fachleute, dass eine Technik zur
Reprogrammierung von Körperzellen die beste Lösung darstellen würde. Nur
erschien das utopisch. …
Waren die ES-Experimente vergeblich oder gar unnötig? Nein. Der Durchbruch zur
iPS- und piPS-Technik wurde durch die Erkenntnisse aus der ES-Zellforschung
erst ermöglicht. Und paradoxerweise machen sie diese dadurch nun überflüssig.
(Die Zeit 4.6.09 Nr. 24-2009 S.33;
gesamter Text unter: http://www.zeit.de/2009/24/M-Stammzellentherapie?page=all)
Konsequent-inkosequent ist daher auch der aktuelle
Beschluss der Synode der EKD zur Stammzellforschung:
Beschluss
der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland am 7.11.07
zur Stammzellforschung
„Die Synode der EKD bekräftigt, dass
die EKD die Zerstörung von Embryonen zur Gewinnung von Stammzelllinien für die
Forschung ablehnt.
Die gesetzliche Regelung in Deutschland verbindet das Bemühen, Anreize für
diese Zerstörung auszuschließen, mit der Bereitschaft, Grundlagenforschung mit
bereits existierenden Stammzelllinien zuzulassen, auch um die dabei gewonnenen
Forschungsergebnisse für die ethisch unbedenkliche Forschung mit adulten
Stammzellen zu nutzen.
Die Verunreinigung der vor dem gesetzlichen Stichtag (1. Januar 2002)
gewonnenen Stammzelllinien hat zu Forderungen nach einer Aufhebung jeder Stichtagsregelung
zugunsten einer Einzelfallprüfung bzw. nach einer Verschiebung des Stichtages
geführt.
Die EKD-Synode hält eine Verschiebung des Stichtages nur dann für zulässig,
+ wenn die derzeitige Grundlagenforschung aufgrund der Verunreinigung der Stammzelllinien
nicht fortgesetzt werden
kann und
+ wenn es sich um eine einmalige Stichtagsverschiebung auf einen bereits
zurückliegenden Stichtag handelt.
Zudem sollten die Mittel für die Forschung an adulten Stammzellen deutlich
erhöht werden.“
Ob überhaupt jemals wirksame und verantwortbare
Organ-Therapien mit Hilfe von Stammzellen bereitstehen werden, ist derzeit noch
reine Spekulation. Diese Unsicherheit gilt sowohl für den Weg mit embryonalen
Stammzellen wie für Versuche, adulte Stammzellen zu nutzen.
„Die Anhänger der adulten Stammzellen wie auch
die Verfechter der Nabelschnur-Methode müssen ihre Zellen vor allem jünger und
potenter machen, damit diese ihr Erneuerungspotential steigern. Die embryonalen
und die reprogrammierten Stammzellen sind dagegen allzu jugendlich: Sie können
zu viel – und deshalb auch Krebs verursachen. Sie müssen erst entwickelt,
also ein Stück weit ins Leben geholt werden, bevor sie sich nutzen
lassen.“
(bild der wissenschaft 6-2010 S.18ff. http://www.bild-der-wissenschaft.de/bdw/bdwlive/heftarchiv/index2.php?object_id=32276207
)
Durch
die vielfältigen Möglichkeiten einer Einflussnahme auf die Zellen unter den
künstlichen Bedingungen im Labor lassen sich oft keine eindeutigen Grenzen mehr
festlegen. Das Entwicklungsvermögen einer Zelle ist nicht mehr allein aus sich
selbst heraus zu begreifen, sondern „kontextuell“ (durch die
Umgebung beeinflusst) und „relational“ (nur in Beziehungen zu
verstehen). Ohne die Umstände, unter denen eine Zelle gedeiht, ohne die
„Zutaten“ und Eingriffsmöglichkeiten etwa des Biochemikers ist das
wahre Potenzial einer Zelle nicht mehr zu verstehen. So gelang es, aus
embryonalen Stammzellen (der Maus), die eigentlich nur
„pluripotent“ sein sollten, sowohl Eizellen als auch Samenzellen
zu züchten, die sich auch als zeugungsfähig erwiesen – damit waren sie
aber „totipotent“ ge-(macht)worden. Es erscheint durchaus möglich,
dass bald auch „adulte“ Stammzellen oder gar normale Körperzellen zum Stadium der
Totipotenz „rückprogrammiert“ werden könnten.
Sind
auch sie dann als „potenzielle Embryonen“ zu schützen?
Oder
sollten künftig alle Produkte der Labor-Kunst grundsätzlich anders bewertet
werden als natürlich entstandene menschliche Embryonen und ihre Zellen?
Faule Kompromisse, Doppel-Moral ?
ààààà weitere Informationen siehe Anhang
In
der Medizin unterscheidet man begrifflich zwischen Prognose und Prädiktion. Unter
einer Prognose versteht man eine Aussage über den weiteren Verlauf einer
vergangenen oder gegenwärtig bestehenden Erkrankung. Demgegenüber ist
Prädiktion eine Aussage über das Risiko für eine Krankheit, die bisher noch
nicht ausgebrochen ist.
Als genetische Untersuchungen werden (in dieser Stellungnahme) alle
Untersuchungen verstanden, die durch die Analyse dem Körper entnommener
Substanzen unmittelbar Aufschluss über die genetische Ausstattung eines
Menschen geben. Dies sind Untersuchungen von Chromosomen (zytogenetische
Analysen), DNA oder RNA (molekulargenetische Analysen) oder Genprodukten
(biochemische oder immunochemische Analysen).
(Nationaler Ethikrat: Prädiktive Gesundheitsinformationen bei
Einstellungsuntersuchungen, Stellungnahme 16.8.05, Druckfassung A4, S.8)
Einführung
Um eine Erkrankung behandeln
zu können, muss zunächst einmal eine genaue Diagnose vorliegen. Im Rahmen dieses
allgemeinen Grundsatzes kann heute auch eine genetische Diagnostik wertvolle
Einsichten erbringen.
Auch heute noch ist die
Feststellung und Zuordnung vieler genetisch bedingter Erkrankungen nur durch
eine körperliche Untersuchung des Patienten im Zusammenhang mit einer
Stammbaum-Erhebung und Vergleichen mit anderen in gleicher Weise betroffenen
Patienten möglich. Dies gilt insbesondere für die so genannten Syndrome –
das sind mehr oder weniger konstante, gemeinsam auftretende Kombinationen
verschiedener Fehlbildungen.
Manche Erkrankungen sind
zusätzlich durch moderne Laboruntersuchungen zu diagnostizieren, die sich
nicht-genetischer Methoden bedienen (z.B. Bestimmung von Eiweißstoffen im
Blut, die aus Muskelzellen stammen, oder Messungen der Leitfähigkeit von
Nerven).
Eine genetische Diagnostik
– also eine unmittelbare Untersuchung der Erbanlagen im Zellkern –
steht bei vergleichsweise wenigen genetisch bedingten Erkrankungen zur
Verfügung. Trotzdem soll auf diese Methoden im folgenden näher eingegangen
werden, da sich an dieser Diagnostik die Gemüter am stärksten erhitzen.
Genetische Untersuchungen
können an menschlichen Zellen in jedem Lebensalter und mit sehr unterschiedlichen
Zielstellungen durchgeführt werden. Wesentliche Anwendungen sind:
·
Pränatale
genetische Diagnostik
(Untersuchung an Zellen eines
Kindes, das im Mutterleib heranwächst;
Ziel: Feststellung oder Ausschluss einer bestimmten genetisch bedingten
Erkrankung des Kindes)
·
Präimplantationsdiagnostik
(Diagnostik wenige Stunden nach
einer künstlichen Befruchtung im Reagenzglas an Zellen des sich entwickelnden
Embryos;
Ziel: Feststellung oder Ausschluss einer bestimmten genetisch bedingten
Erkrankung des Kindes)
·
Genetische
Untersuchungen am Erbgut von schon geborenen Menschen, die selbst bereits an Erbkrankheiten erkrankt oder
mögliche Überträger sind
(Untersuchung des Erbgutes von geborenen Menschen anhand von entnommenen
Blutzellen;
Ziel: Feststellung, ob die Veranlagung für eine bestimmte Erkrankung im Erbgut
vorliegt, um z.B. eine geeignete Therapie für einen Patienten auszuwählen oder
das Risiko für die Weitergabe einer Erbkrankheit auf Nachkommen zu bestimmen)
·
Prädiktive
Diagnostik
(„vorhersagende“
Feststellung der Veranlagung für genetisch bedingte Krankheiten an bereits
geborenen Menschen; frühzeitige Diagnosesicherung bei Krankheiten, die noch
nicht ausgebrochen sind;
Ziel: Gewissheit für die weitere Lebensplanung, Einleiten von
Vorsorgemaßnahmen)
·
Gendiagnostik
in Straf- und Zivilverfahren
(„genetischer
Fingerabdruck“; Untersuchung von Haut-, Haar- oder Spermazellen einer
Person auf unverwechselbare Muster in der Erbsubstanz; Ziel: Bestimmung der
Identität von Personen z.B. bei Vaterschaftsklagen oder bei Gewaltverbrechen)
Die genetischen
Untersuchungen am Erbgut in den Zellen finden im Wesentlichen auf drei Ebenen
statt:
A) Chromosomenuntersuchungen:
Chromosomenuntersuchungen erfassen das Erbgut auf einer relativ groben Ebene.
Die Chromosomen befinden sich im Zellkern. Da sie nur in einem bestimmten
Abschnitt der Zell-Teilung (in der so genannten „Metaphase“)
sichtbar sind, werden teilungsfähige, das heißt lebensfähige Zellen für diese
Untersuchungen benötigt. Solche Zellen können z.B. aus dem Blut, aus der Haut
oder dem Fruchtwasser stammen.
Eine Chromosomenuntersuchung kann z.B. folgendermaßen ablaufen:
Im Labor werden die entnommenen Zellen zunächst in eine Nährstofflösung
überführt und dadurch zur Teilung angeregt. Sind genügend Zellen vorhanden,
wird ein Zellgift zugefügt, wodurch die Zellteilung in der so genannten Metaphase
gestoppt wird. Lässt man nun die Kulturflüssigkeit mit den Zellen aus etwa 50
Zentimetern Höhe auf einen eisgekühlten Objektträger tropfen, führt das zum
Zerplatzen der Wände der Zellkerne, wodurch nun die Metaphase-Chromosomen
nebeneinander ausgebreitet liegen. Durch geeignete Anfärbmethoden lassen sich
noch zusätzlich innere Strukturen sichtbar machen. Anschließend erfolgt unter
dem Mikroskop eine Auswertung, in der die Chromosomen gezählt, geordnet und
in ihrer Struktur auf Abweichungen geprüft werden (siehe Bild). Sie werden
fotografiert, ausgeschnitten und in einem so genannten Karyogramm zusammengestellt.
Zur Sicherheit wird der Chromosomen-Bestand mehrerer Zellen nach dem gleichen
Schema ausgewertet.
Veränderungen in der Zahl und Struktur der Chromosomen ziehen unweigerlich ein
„zu viel“ oder „zu wenig“ an Genen nach sich –
je nach Art der Abweichungen sind meist kombinierte geistig-körperliche
Erkrankungen (Syndrome) die Folge. Die häufigste Form der chromosomal bedingten
Erkrankungen ist die „Trisomie 21“, auch Down-Syndrom genannt, bei
der das Chromosom mit der Nummer 21 nicht zwei Mal – wie im Normalfall
– sondern drei Mal in jeder Zelle vorhanden ist (die Bezeichnung
„Mongolismus“ für diese Erkrankung ist diskriminierend und sollte
nicht mehr verwendet werden).
B) FISH-Test:
Wesentlich feinere Strukturen vermag der FISH-Test zu erfassen
(Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung). Mit diesem Verfahren können auch
Teilstücke von Chromosomen identifiziert werden. Als Schnelltest ausgeführt
kann diese Methode zudem bereits innerhalb von 24 Stunden Aussagen über
Chromosomendefekte machen.
Der FISH-Test stellt eine molekular-zytogenetische Methode der genetischen
Diagnostik dar. Es werden Elemente der klassischen Zytogenetik mit denen der
Molekulargenetik verbunden.
Prinzip: Zunächst wird eine zytogenetische Untersuchung begonnen. Eine
Anfärbung (Bänderung) erfolgt jedoch nicht. Die weiteren Arbeitsschritte finden
auf dem Objektträger statt (in situ). Nun wird die DNS gespalten, d.h. ein
Enzym trennt den Doppelstrang. Ein künstlich hergestellter DNS-Strang wird
hinzugegeben und lagert sich an die einsträngige DNS entsprechend der
Basenfolge an (Hybridisierung). Dieser künstliche DNS-Strang ist mit Biotin
markiert, der nun im Mikroskop nach weiterer Zugabe eines Fluoreszenz-Farbstoffes
sichtbar wird. So kann die Anwesenheit von ganzen Chromosomen oder von
Teilstücken von Chromosomen sichtbar gemacht werden.
C)
Molekulargenetische Untersuchungen:
Molekulargenetische Untersuchungen
liefern Aussagen über die feinsten Strukturelemente im Erbgut.
(Krankhafte) Veränderungen eines einzelnen Gens sind mit Chromosomenuntersuchungen
nicht erkennbar. Molekulargenetische Untersuchungen haben das Ziel,
Veränderungen in der Aufeinanderfolge der einzelnen chemischen „Buchstaben“
(Nukleotide) innerhalb eines Gens zu erkennen. Ein Gen enthält den
„verschlüsselten Bauplan“ zur Herstellung eines bestimmten Eiweißstoffes
(Protein), der wiederum für den Aufbau des Körpers oder für bestimmte
Stoffwechselvorgänge benötigt wird. Bei einer Veränderung der Reihen-Folge der
Nukleotide (Mutation) ist das Gen nicht mehr in der Lage, das richtige Protein
herzustellen. Das Ergebnis ist eine Fehlfunktion der Zelle, die zu einer Erkrankung
führt. Eine Veränderung der Nukleotidfolge kann durch Verlust, Austausch oder
Hinzufügung einzelner oder mehrerer Nukleotide erfolgen, auch eine teilweise
Umkehr der Reihenfolge oder Wiederholungen sind möglich.
Ein Gen besteht aus Tausenden von Nukleotiden. So ist es leicht verständlich,
dass viele verschiedene Mutationen einen Gendefekt hervorrufen können. So sind
zum Beispiel auf dem Gen, das bei der Mukoviszidose (einer in Europa bei einem
von 2000 Neugeborenen auftretenden Erbkrankheit) verändert ist, über 800
verschiedene Mutationen bekannt.
Aus den genannten Gründen ist es in der Labor-Praxis unmöglich, durch Gentests
alle genetisch bedingten Erkrankungen zu erfassen und auszuschließen.
Der Nachweis defekter Gene
kann im Labor in folgender Weise stattfinden (siehe Bild 4):
Die dem Patienten entnommenen Zellen werden zunächst in Nährlösung kultiviert
(siehe 1).
Die Erbsubstanz (DNS) wird aus den Zellkernen isoliert und gereinigt (siehe 2).
Anschließend werden so genannte Restriktions-Enzyme zugegeben. Das sind
Eiweißsubstanzen, die ganz bestimmte chemische Muster im Erbmolekül
„erkennen“ können, die Erbsubstanz dort „aufschneiden“
und so in viele Tausend kleinerer Abschnitte zerlegen (siehe 3).
Das vorliegende Gemenge von DNS-„Schnipseln“ wird nun auf eine
Platte aufgebracht, die mit einem feuchtigkeitshaltenden Gel beschichtet ist
und einen elektrisch geladenen Plus- und Minus-Pol hat. Die DNS-Fragmente
tragen selbst negative Ladung und beginnen deshalb in Richtung Plus-Pol zu
wandern – je nach ihrer Größe kommen sie dabei mehr oder weniger schnell
voran und werden auf diese Weise sortiert (das ganze Verfahren heißt Gel-Elektrophorese)
(siehe 4).
Das Muster der Erbgut-Fragmente wird nun auf eine Nylon-Membran übertragen, die
wie ein saugendes Löschblatt wirkt und die Fragmente in einer Form festhält,
in der die Erbsubstanz quasi „offen“ liegt. Die Membran wird
anschließend in eine Lösung eingetaucht, die so genannte
„Gen-Sonden“ enthält. Dabei handelt es sich um künstlich hergestellte
kurze Stückchen Erbsubstanz, die ein ganz typisches
„Buchstaben-Muster“ aufweisen, das exakt zum Erbmuster des
gesuchten (krankmachenden) Gens „passt“. Wenn die Gen-Sonde das zu
ihr passende Gegenstück aufspürt, wird sie dort chemisch fest gebunden (siehe
5). Die Gen-Sonde trägt eine radioaktive Markierung – wenn nun ein
unbelichteter Film aufgelegt wird, schwärzt er sich und macht die genaue
Position der erfolgten Anlagerung kenntlich. Damit wäre zum Beispiel das Gen
für eine befürchtete Erbkrankheit identifiziert (siehe 6).
Im Ergebnis einer solchen Diagnostik ist keine umfassende Aussage über die
Gesundheit des Patienten möglich, sondern nur in dem eingeschränkten Sinne,
dass geklärt werden kann, ob er die Veranlagung für die eine untersuchte
Erbkrankheit in seinem Erbgut trägt.
Bundestag verabschiedete
Gendiagnostik-Gesetz
Genetische Untersuchungen dürfen nur mit Einwilligung der zu untersuchenden
Person und ausschließlich von Ärzten vorgenommen werden.
Erlauben Untersuchungen eine Voraussage über die Gesundheit der untersuchten
Person oder eines ungeborenen Kindes, ist eine Beratung vor und nach der
Untersuchung vorgeschrieben.
Die vorgeburtliche genetische Diagnostik wird auf rein medizinische Zwecke
beschränkt. Bei der Untersuchung dürfen nur Eigenschaften festgestellt werden,
die die Gesundheit des ungeborenen Kindes vor oder (direkt, unmittelbar JK)
nach der Geburt beeinträchtigen können. Zulässig sind vorgeburtliche
Untersuchungen etwa auf das Down-Syndrom, aber nicht pränatale Tests zu
Krankheiten, die erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres ausbrechen können.
Auch Vaterschaftstests sind nur zulässig, wenn die zu untersuchende Person
eingewilligt hat.
Ferner dürfen Versicherungsunternehmen von Kunden keine genetischen
Untersuchungen oder Auskünfte über bereits vorgenommene Tests verlangen. Geht
es allerdings um Versicherungssummen ab 300.000 Euro, müssen die Ergebnisse schon
erfolgter Untersuchungen der Versicherung vorgelegt werden.
Arbeitgeber sollen ebenfalls keine genetischen Untersuchungen von Mitarbeitern
fordern dürfen. Auch wird ihnen die Verwendung der Ergebnisse von Tests
untersagt, die in anderem Zusammenhang vorgenommen wurden. Verwenden dürfen sie
Informationen aus Gentests indes, wenn dies aus Arbeitsschutzgründen
erforderlich ist.
(Das Parlament 27.4./4.5.09 S.1ff.)
6.1. Pränatale genetische Diagnostik (PND)
(vorgeburtliche Untersuchung der Erbanlagen eines
Kindes)
Die Methoden der pränatalen
Diagnostik (=vorgeburtliche Untersuchungen) gehören in Deutschland zum Standardangebot
für Schwangere.
Schon länger genutzt werden Möglichkeiten
von Ultraschall-Untersuchungen (durchgeführt zur Feststellung von
Normabweichungen in der frühkindlichen Entwicklung, von körperlichen
Fehlbildungen oder Missbildungen von Organen, Ausmessen der so genannten
„Nackenfalte“ als Hinweis auf Chromosomenstörungen).
Bereits seit den 70er Jahren
werden auch Untersuchungen direkt an den Erbanlagen des (ungeborenen) Kindes
durchgeführt, um frühzeitig genetische Abweichungen (zum Beispiel Chromosomendefekte)
oder die erbliche Veranlagung für bestimmte Erbkrankheiten aufzudecken.
Dabei spielen auch gentechnische Untersuchungs-Methoden eine Rolle. Diese
„pränatale (genetische) Diagnostik“ wird oft mit PND abgekürzt.
Etwa jede zehnte Schwangere lässt derzeit in Deutschland eine genetische
Untersuchung an Zellen des heranwachsenden Kindes durchführen (2003 rund 80000
Fälle im Jahr). Ein Beispiel wäre eine Frau, die im vierten Monat schwanger
ist. Sie freut sich auf ihr Kind, wünscht sich verständlicherweise, dass ihr
Kind körperlich und geistig gesund sein möge. Und nun hat ihr Frauenarzt ein
Angebot gemacht: „Wir wollen doch sicher sein, dass es dem Baby gut geht
– ich möchte zur Sicherheit noch eine Blutprobe von Ihnen ins Labor
geben.“ Nach einigen Tagen liegt das Ergebnis des „Triple-Tests“
vor. Der Arzt teilt der Frau mit, dass sich leider ein „auffälliger
Befund“ ergeben hat – der ermittelte Risikofaktor gäbe Anlass zur
Besorgnis, das Kind könne möglicherweise behindert sein. In der werdenden
Mutter machen sich Unruhe und Angst breit. Vielleicht hat es doch irgendwann
in der Familiengeschichte schon einmal Erfahrungen mit einer schlimmen
Erbkrankheit gegeben, vielleicht schrecken die Vorstellungen, ein
„mongoloides“ Kind betreuen zu müssen. Die werdende Mutter
entschließt sich, nun eine weitere Untersuchung durchführen zu lassen,
diesmal direkt an Zellen des Kindes, um endgültige Gewissheit über seinen Gesundheitszustand
zu erlangen.
Im vorstehenden Bild werden
ein Verfahren zur Gewinnung von kindlichen Zellen und verschiedene Möglichkeiten
der genetischen Untersuchung aufgezeigt.
Zunächst wird eine
Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) durchgeführt. Dabei wird die Bauchdecke
der Mutter durchstochen und eine dünne Hohl-Nadel bis in die Fruchtblase eingeführt.
Von dort werden jetzt 15 bis 20 ml Fruchtwasser abgesaugt (siehe 1). Der
Eingriff ist erst ab etwa der 16. Schwangerschaftswoche möglich, weil erst
dann genügend Fruchtwasser zur Verfügung steht.
Im Fruchtwasser schwimmen einzelne noch lebensfähige Zellen, die der Organismus
des Kindes abgestoßen hat (z.B. Hautzellen). Damit genügend und für die
Untersuchungen geeignetes Zell-Material zur Verfügung steht, kann es
notwendig sein, noch über ein bis zwei Wochen im Labor eine Zellkultur anzulegen,
in der sich die Zellen weiter teilen (siehe 2).
Nun kann nach der
genetischen Veranlagung für eine konkrete Erbkrankheit gesucht werden.
Aus dem Vorhandensein
verschiedener Eiweiß-Substanzen im Stoffwechsel der kindlichen Zellen ergeben
sich Hinweise auf das Vorliegen von schweren Störungen (siehe 3).
Zum weiteren ist es möglich,
an den Zellen Abweichungen in der Anzahl oder Struktur von Chromosomen
festzustellen. Bei Verdacht auf das Vorliegen ganz konkreter Erbkrankheiten
ist auch eine direkte molekulargenetische Untersuchung der Erbanlagen
(Gene) im Zellkern möglich (siehe 4).
In den meisten Fällen
ergeben vorgeburtliche genetische Untersuchungen keine auffälligen Befunde,
die Angst vor befürchteten konkreten Erkrankungen kann somit oft ausgeräumt
werden (nur bei 0,5% der in Deutschland geborenen Kinder liegt überhaupt eine
Schädigung vor, die durch vorgeburtliche Diagnostik hätte festgestellt werden
können).
Wenn aber eine Chromosomenstörung oder das Vorliegen einer Erbkrankheit festgestellt
werden, sieht sich die betroffene Schwangere vor eine schwerwiegende
Entscheidung gestellt, ob sie nämlich ein behindertes Kind austragen will
oder sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet.
Schätzungen besagen, dass es
in etwa 0,5 bis ein Prozent der Anwendung der Amniozentese zum Tod des Kindes
kommt (Abort z.B. durch Verletzungen, Infektionen). Dieses Risiko bedeutet
(zusammen mit anderen Methoden der so genannten „invasiven pränatalen
Diagnostik“ = Methoden, die einen operativen Eingriff in den Mutterleib
notwendig machen, um kindliche Zellen zu gewinnen), dass in Deutschland
jährlich etwa 700 (völlig gesunde!) Kinder durch die Unvollkommenheit der Untersuchungsmethode
sterben; das sind etwa genauso viele Kinder, wie durch die Testmethoden mit
schwersten Behinderungen ausfindig gemacht und abgetrieben werden.
Es gibt neben der
Amniozentese weitere Methoden der Entnahme kindlicher Zellen.
Eine ist die
Chorionzottenbiopsie. Dabei erfolgt bereits etwa in der zehnten Schwangerschaftswoche
die Entnahme einer Gewebsprobe aus den so genannten Chorionzotten in der
Plazenta (= Mutterkuchen) der Schwangeren, deren Zellen vom kindlichen
Organismus abstammen. Diese Entnahmemethode ermöglicht zwar eine Untersuchung
der kindlichen Zellen zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt als nach Amniozentese,
bedeutet aber ein wesentlich höheres Risiko einer Fehlgeburt (zwei bis drei
Prozent).
Weiterhin gibt es auch die grundsätzliche Möglichkeit, aus dem mütterlichen
Blut einzelne embryonale Zellen auszufiltern, die vom heranwachsenden Kind
stammen.
Ebenso können durch Einstechen in die Nabelschnur und Blutentnahme kindliche
Zellen gewonnen werden (etwa ab 19. Schwangerschaftswoche möglich; Risiko für
eine Fehlgeburt liegt bei etwa einem Prozent).
Um 2010 nahmen 85% aller
Schwangeren private Zusatzleistungen in Anspruch. Viele Menschen erwarten von
der humangenetischen Diagnostik Aussagen mit absoluter Gewissheit, die jedoch
nicht erfüllt werden kann. Ein genetischer Test kann keine hundertprozentige
Garantie für ein gesundes Kind liefern.
In Deutschland kommen etwa drei Prozent aller Kinder mit einer schwereren
körperlichen oder geistigen Behinderung zu Welt. Davon ist aber nur etwa ein
Sechstel durch genetische Defekte verursacht und könnte mit den vorgestellten
Verfahren überhaupt festgestellt werden - der größere Teil der bei der Geburt
vorliegenden Behinderungen entsteht z.B. durch Vergiftungen oder Infektionen
im Mutterleib oder durch Komplikationen bei der Geburt.
Da es bei
Laboruntersuchungen nur möglich ist, auf eine begrenzte Zahl begründeter
Verdachtsmomente zu prüfen, muss es eine konkrete Vermutung für das Vorliegen
einer Erbkrankheit geben. Das heißt aber, dass für alle nicht untersuchten -
theoretisch aber doch möglichen - Erbkrankheiten dann auch keine Aussage
möglich ist.
Selbst bei einer bestimmten
Krankheit können Rest-Unsicherheiten bestehen bleiben: Mukoviszidose ist die
häufigste in Mitteleuropa vorkommende schwere Erbkrankheit (der Wasser- und
Salz-Austausch in den Schleimhäuten ist gestört, das kann zu schweren
Störungen in den Atemwegen oder im Verdauungskanal führen). Etwa einer von
zwanzig Menschen trägt die erbliche Veranlagung für diese Krankheit in seinem
Erbgut, aber nur wenn beide Eltern Träger sind, kann statistisch jedes vierte
ihrer Kinder erkranken (eines von 2000 Neugeborenen in Deutschland hat Mukoviszidose).
Inzwischen weiß man, dass es bei dem für Mukoviszidose verantwortlichen Gen
etwa 800 verschiedene Varianten gibt – davon können in der Praxis nur
die 30 am häufigsten vorkommenden Varianten geprüft werden, so dass auch hier
eine Unsicherheit bleibt.
Die Tests selbst sind heute sehr sicher in ihrer Aussage, was den
molekulargenetischen Befund betrifft. Aber nur bei manchen Erbkrankheiten
liegt mit der Feststellung der Krankheits-Gene auch das weitere Schicksal des
betroffenen Menschen eindeutig fest (Ablauf, Symptome). Bei anderen Erbkrankheiten
kann vom Arzt eine Prognose über den konkreten Krankheitsverlauf nicht mit
geliefert werden – z.B. kann bei Vorliegen der gleichen genetischen
Veranlagung für die Krankheit Mukoviszidose der Tod bei dem einen Patienten
in früher Kindheit eintreten, ein anderer könnte älter als 30 Jahre werden.
Einige Anmerkungen seien
auch dem „Triple-Test“ gewidmet, der in vielen gynäkologischen
Praxen schwangeren Frauen empfohlen wird, um das Risiko für mögliche
Fehlbildungen des Kindes abzuschätzen. Etwa in der 16. Schwangerschaftswoche
erfolgt die Entnahme einer Blutprobe bei der Frau, in der anschließend im Labor
die Bestimmung von drei Eiweißstoffen erfolgt (AFP = Alpha-1-Feto-Protein;
ß-HCG = Human-Chorion-Gonadotropin; konjugierte Östriole = schwangerschaftsspezifisches
Hormon). Aus der Konzentration dieser drei Stoffe im mütterlichen Blut und
unter Berücksichtigung des Alters der Schwangeren und der genauen Dauer des
Bestehens der Schwangerschaft wird jetzt rein rechnerisch ein Risikofaktor
ermittelt für die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind an einer Chromosomenstörung
oder einer Verschlussstörung des so genannten Neuralrohres (z.B. „offener
Rücken“) leidet. Der Triple-Test ermöglicht keine Aussage darüber, ob die
Störung auch wirklich vorhanden ist (in der Mehrheit der Fälle handelt es sich
um „falschen Alarm“), und auch Werte im „Normalbereich“
liefern keine absolute Sicherheit dafür, ein gesundes Kind zu haben.
Verständlicherweise sind alle Frauen beunruhigt, wenn im Triple-Test ein
erhöhter Risikowert ermittelt wurde. Für sie kann konsequenterweise nur eine
anschließende weitere Untersuchung klare Aussagen bringen. Diese Untersuchung
ist „invasiv“, d.h. sie „greift“ in den Leib der Frau
„ein“ (Amniozentese) und wird direkt an Zellen durchgeführt wird,
die vom kindlichen Organismus stammen.
In letzter Zeit setzt sich das so genannte
„Ersttrimester-Screening“ durch.
Erst-Trimester-Test
Zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche (SSW) kann ein sogenanntes
„Erst-Trimester-Screening“ durchgeführt werden. Es beinhaltet zum einen eine Ultraschalluntersuchung, bei
der der gesamte Fetus detailliert untersucht wird. Besonderes Augenmerk liegt
dabei auf der Messung der „Nackentransparenz“ (NT; nuchal
translucency), einer Flüssigkeitsansammlung im Nackenbereich des Feten; der Grenzwert für die Nackendicke liegt zwischen
2,5 und 3 mm (das Risiko für Trisomie 13, 18 und 21 steigt bei >2,5 mm um
das 12-17-fache). Zum zweiten wird eine Hormonuntersuchung im Blut der
Mutter durchgeführt (Eiweißstoff PAPP-A und ein Schwangerschaftshormon: freies
ß-hCG). Aus den ermittelten Werten kann unter zusätzlicher Berücksichtigung der
Dauer der Schwangerschaft und des Alters der Schwangeren eine Risikoabschätzung
für eine kindliche Chromosomenstörung erfolgen („Combined Test“).
Es handelt sich dabei um eine individuelle Berechnung eines
Risikofaktors. Als Ergebnis erfährt die Frau eine Risikozahl, etwa 1:500; diese
besagt, dass von 500 Frauen gleichen Alters, die die gleichen Blutwerte und die
gleiche Nackenfaltendicke aufweisen, eine Frau ein Kind mit einem Down-Syndrom
zur Welt bringen würde. Ab einer Wahrscheinlichkeit von 1:300 wird einer Frau
empfohlen, prüfen zu lassen, ob ihr Kind das eine „betroffene“ von
den 300 ist oder nicht (z.B. durch Fruchtwasseruntersuchung). Das Problem bei
allen statistischen Verfahren ist die Unsicherheit der Ergebnisse: Das
Frühscreening hat eine „Falsch-Positiv-Rate“ von über 5 Prozent,
d.h. mindestens fünf von hundert Frauen erhalten beunruhigende Werte, lassen
eine Fruchtwasseruntersuchung machen und stellen dann fest, dass ihr Kind nicht
betroffen ist; einige Frauen erhalten ein „falsch-negatives“
Ergebnis, lassen keine weiteren Untersuchungen machen und bringen dann doch
ein Kind mit Down-Syndrom zur Welt. Der Test eröffnet bei positivem Befund
keine Möglichkeiten medizinischer Behandlung.
Der Test wird in Deutschland seit 2002 von einem privaten Verein angeboten,
unabhängig von den ärztlichen Standesorganisationen und Krankenkassen; er ist
nicht Bestandteil der Mutterschaftsrichtlinien. Seine Durchführung kostet 100
bis 150 Euro. Der Ersttrimestertest ist wie der Triple-Test keine
Kassenleistung. Bei einem flächendeckend durchgeführte Screening stünden in
Deutschland rund 700.000 „Kundinnen“ pro Jahr zur Verfügung!
(Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Zeitschrift FORUM
Sexualaufklärung und Familienplanung, Heft 1-2007
„Pränataldiagnostik“, S.3,43; SPECULUM Zeitschrift für Gynäkologie und Geburtshilfe 2002, 20, 6-9;
Österreich)
Ist eine Abtreibung nach dem
dritten Monat überhaupt zulässig? Für den Bereich der pränatalen Diagnostik
gilt die Regelung des §218 a Absatz 2 (die so genannte „medizinische Indikation“).
Danach ist ein Schwangerschaftsabbruch (ohne Beratungspflicht) zulässig, wenn
dieser „nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das
Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen
oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden...“. Da
es hierbei keine Fristenbindung gibt, ist ein Abbruch auch im fünften oder gar
im siebten Schwangerschaftsmonat möglich. Es handelt sich dann immer um die
Einleitung einer Geburt mit dem „Risiko“,
“, dass ein lebendes Kind zur Welt kommt. Der Arzt ist dann eigentlich in
der Pflicht, das Leben dieses Kindes, das er eben noch töten sollte, nun mit
allen Mitteln zu erhalten … Um zu verhindern, dass das Kind nach
Durchführung des Abbruchs lebt, wird bei derartigen Spätabbrüchen zuvor meist
ein „Fetozid“ durchgeführt (d.h. das Kind wird bereits im
Mutterleib getötet – das Verfahren ist in Deutschland zulässig, etwa 200
Fälle im Jahr). Somit stellen diese Spät-Abbrüche aus verschiedenen Gründen ein
erhebliches ethisches Problem dar. Der Bundestag hat dazu 2009 ein Gesetz
beschlossen.
Gesetz zu Spätabtreibungen - am 13.5.09 im Bundestag
verabschiedet
Sofern vorgeburtliche Untersuchungen ergeben, dass das Kind geistig oder
körperlich behindert ist, hat der Arzt die schwangere Frau über medizinische
und psychosoziale Aspekte der Behinderung zu beraten. Er soll dabei Kollegen
einbeziehen, die sich mit der Behinderung des Kindes auskennen. Außerdem hat
der Arzt die werdende Mutter auf die
Möglichkeit einer weiteren psychosozialen Beratung hinzuweisen. Sofern die
Schwangere es möchte, soll er Kontakt zu Beratungsstellen oder
Selbsthilfegruppen vermitteln. Zwischen Diagnose und der schriftlichen
Feststellung, dass die Voraussetzung für einen Schwangerschaftsabbruch gegeben
ist, müssen mindestens drei Tage liegen. Bei einem Verstoß gegen eine der
Vorschriften muss der Arzt mit einem Bußgeld von 5.000 Euro rechnen.
Spätabtreibungen: Schwangerschaftsabbrüche nach der 22. oder 23. Woche, ab
denen ein Kind meist als lebensfähig gilt
das am 13.5.09 verabschiedete Gesetz bezieht sich aber auf alle Fälle der
medizinischen Indikation
im Jahr 2008 wurden 231 Schwangerschaften nach der 23. Woche abgebrochen, dazu
kamen 2100 Abbrüche zwischen der 13 und der 23. Woche
(Das Parlament 18./25.5.09 S.6)
Bei Schwangeren, die älter
als 35 Jahre sind, müssen Ärzte auf das erhöhte Risiko für diese Frauen hinweisen,
dass sie ein Kind mit Down-Syndrom bekommen könnten. In der Praxis überweisen
aber inzwischen manche Gynäkologen alle Schwangeren zu Tests, um keine
Unterlassung zu begehen und sich vor Schadenersatz-Ansprüchen zu schützen. So
wird heute nahezu jede Schwangere mit der Entscheidung für oder gegen PND
konfrontiert.
In den „Richtlinien
der Bundesärztekammer zur pränatalen Diagnostik“ steht als Grundsatz für
eine ärztliche Beteiligung an vorgeburtlichen Untersuchungen:
„Eine pränatale Diagnostik ist sinnvoll
und ärztlicherseits geboten, wenn dadurch eine Erkrankung oder Behinderung des
Kindes intrauterin (= im Mutterleib) behandelt oder für eine rechtzeitige
postnatale (= nachgeburtliche) Therapie gesorgt werden kann.“
(Richtlinien der Bundesärztekammer zur pränatalen Diagnostik, Deutsches
Ärzteblatt 11.12.1998)
Es sollte demnach nur nach
Krankheiten gesucht werden, für die es dann auch Heilungsangebote der
Medizin gibt. Das ist aber bei vielen der etwa tausend Erbkrankheiten, nach
denen heute grundsätzlich gesucht werden kann, nicht der Fall. Die Suche nach
Erbkrankheiten mit genetischer Pränataldiagnostik ist auf jeden Fall dann
wünschenswert, wenn durch die Diagnose eine rechtzeitige und zielgerichtete
Therapie möglich wird und damit der Krankheitsverlauf günstig beeinflusst
werden kann.
Es ist leider festzuhalten, dass
die Mehrzahl der Pränataluntersuchungen bisher ohne ausreichende Beratung
durchgeführt wird. Eine intensive fachliche, psychosoziale und seelsorgerliche
Beratung und Begleitung der Schwangeren (möglichst unter Einbeziehung des
Vaters) für den gesamten Prozess vor, während und nach der Inanspruchnahme der
pränatalen Diagnostik ist dringend zu fordern.
Beratung zur pränatalen
Diagnostik bieten auch Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen des Diakonischen
Werkes in Sachsen an, an einem bundesweiten Modellprojekt zu diesen Fragen
beteiligt sich z.B. das Diakonische Werk in Löbau.
Das Vorliegen der Diagnose
für eine erbliche Behinderung kann Grund für die Schwangere sein, noch einmal
sehr grundsätzlich über Ja oder Nein zu dem werdenden Kind zu entscheiden. Die
Maßstäbe könnten sich hier langsam verschieben – schon heute wäre für
manche Frauen die (hypothetische) Möglichkeit, die erbliche Veranlagung für
Fettleibigkeit festzustellen oder im Ultraschall ein Kind mit
Kiefer-Lippen-Gaumen-Spalte zu erkennen, Grund für eine Abtreibung.
Die Geschichte der
pränatalen genetischen Diagnostik zeigt aber bislang, dass die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche
aus “genetischen Gründen” stark zurückgegangen ist, da unsichere
Eltern nun nicht mehr “auf Verdacht” abtreiben ließen. Die
Vermutung, dass das Angebot der Diagnostik die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche
vermehren würde, hat sich also bisher nicht bestätigt.
Die pränatale genetische
Diagnostik hat Anteil an der allgemeinen Medikalisierung der Geburt. Das
heißt, sie trägt mit dazu bei, Schwangerschaft und Geburt zunehmend als
“Risiko” und “Krankheit” zu verstehen. Dies ist eine
ungewollte, aber gewichtige Verschiebung unseres Krankheitsbegriffes, den
die genetische Diagnostik mit herbeiführt.
„Bald wird es eine Sünde sein, wenn
Eltern ein behindertes Kind zur Welt bringen. Die zunehmenden Möglichkeiten
der Pränatalen Diagnostik zur Vermeidung von genetisch bedingten Krankheiten
erlegen Eltern eine moralische Verantwortung auf.“
(Robert Edwards, „Erzeuger“ des ersten Retortenbabys, in einem
Vortrag 1999)
In der derzeitigen Debatte
zeichnet sich die Tendenz ab, die Regelungen zur Anwendung der pränatalen
Diagnostik neu zu bedenken: Ist die Einführung einer Pflicht-Beratung zu
fordern?
Sollten Spät-Abbrüche
(wieder) verboten werden (Fristsetzung 22. Schwangerschaftswoche)?
Lässt sich die
„medizinische Indikation“ im §218a Abs.2 auf wenige
„schwerste Ausnahmefälle“ eingrenzen?
Sollte man die pränatale
Diagnose einschränken? Wer sollte über ihre Anwendung entscheiden? Sollte es,
darf es Kataloge geben, die festlegen, was eine schwerwiegende Krankheit ist,
die zum Abbruch der Schwangerschaft berechtigt?
Vielleicht könnte die Frage
auch polemisch verschärft werden: Ist eine schwerwiegende Erbkrankheit ein
Kriterium für die Unterscheidung von „lebenswertem“ und
„lebensunwertem“ Leben?
Geht es überhaupt um die
Frage nach dem „Lebenswert“ des Kindes oder um die Frage, was sich
eine Familie zutraut?
Mukoviszidose ist eine schwere erblich bedingte Erkrankung. Für viele
betroffene Eltern ist die Feststellung der Veranlagung für diese Krankheit
Anlass, sich für einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden.
Ein Mann lebt seit 35 Jahren mit dieser Krankheit. Auf die Frage eines Reporters
nach seinen Erfahrungen sagt er: „Ich leide nicht – ich lebe. Ich
lebe gern. Wo du in deinem Leben behindert bist, weiß ich nicht. Ich habe von
meiner Geburt an – in Gestalt dieser Krankheit - einen Rucksack tragen
müssen. Manchmal war er fast unerträglich schwer, aber er gehörte eben zu
meinem Leben. Ich habe immer wieder gesagt bekommen, dass ich noch vier Jahre
zu leben habe. Ich habe Glück gehabt – alle Prognosen waren falsch. Ich
habe Physik studiert, ein Haus gebaut, eine Familie gegründet. Ich versuche,
ganz „normal“ zu leben ...“. Anschließend wird seine Mutter
gefragt: „Wäre ihr Kind überhaupt zur Welt gekommen, wenn es vor 30
Jahren schon die Möglichkeit gegeben hätte, diese Krankheit vor der Geburt
festzustellen?“ Die Frau gibt zwei Antworten. Zunächst sagt sie, an ihren
Sohn gewandt: „Ich bin dankbar, dass es dich gibt. Die Geburt eines
Kindes mit einer solch schweren Krankheit hat damals alle meine Lebenspläne
auf den Kopf gestellt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber ich habe versucht,
mich dieser Aufgabe zu stellen. Wir haben gemeinsam immer wieder kleine und
größere Erfolge erleben können, aber manchmal sind wir auch durch tiefe
schwarze Täler gegangen, und die Belastungen waren kaum zu ertragen. Aber es
war unser gemeinsames Leben, es hat so sein sollen, ich habe es akzeptiert, und
es war gut so ... Wenn ich damals noch einmal schwanger geworden wäre: Ich
hätte die Belastungen durch ein zweites Kind mit dieser Krankheit nicht
verkraftet, daran wäre ich zerbrochen. Ich hätte die Untersuchung durchführen
lassen, und bei Bestätigung der Krankheit hätte ich mich für einen Abbruch der
Schwangerschaft entschieden ...“
Gibt es hier gut und böse, entweder die eine, die richtige oder die andere, die
falsche Entscheidung? Die Mutter kennt beide Möglichkeiten für sich, aus ihrer
Erfahrung mit der Krankheit heraus. Sie hat sich dem Zusammenleben mit einem
schwer kranken Kind gestellt, aufopferungsvoll, bewusst. Aber sie weiß, dass es
aus ihren Erfahrungen heraus auch die andere Entscheidungsmöglichkeit für sie
hätte geben können, um des eigenen Überlebens willen die Entscheidung gegen die
Geburt eines weiteren kranken Kindes.
Von den hier zu treffenden
Entscheidungen sind Eltern, (spätere) Kinder und Ärzte betroffen. Welche Interessen
sollten den Vorrang haben?
Viele Behindertenverbände
wehren sich vehement gegen eine Praxis, die behinderten Kindern die Geburt
verweigert. Auf der anderen Seite klagen Menschen gegen Eltern und Ärzte, die
ihnen ein Leben mit Behinderung auferlegt hätten. Wie kann man hier
entscheiden?
Wir Menschen versuchen,
unsere Handlungsmöglichkeiten zu erweitern. Aber das zwingt uns auch zu
Entscheidungen. Nicht zu handeln, ist dann auch eine Entscheidung. Wie gehen
wir mit dieser Verantwortung um?
Wie können wir
Entscheidungen gemeinsam tragen, wenn jeder Ausgang ungewiss ist und jede Wahl
die Möglichkeit der Schuld beinhaltet?
Inanspruchnahme von
pränataler Diagnostik
Bei
einer Befragung Schwangerer ergaben sich folgende Zahlen für die Inanspruchnahme
von pränataldiagnostischen Maßnahmen:
Über 70% der Schwangeren hatten zusätzlich zu den drei in den
Mutterschaftsrichtlinien empfohlenen Ultraschalluntersuchungen mindestens eine
weitere zum Ausschluss von Fehlbildungen durchführen lassen („Organ-Ultraschall“
in der 20. SSW),
über 40% ließen die Transparenz der Nackenfalte messen,
29% ließen Ersttrimester-Test durchführen,
für eine Fruchtwasseruntersuchung entschieden sich 11,5%,
Chorionzottenbiopsie nahmen 3,3% in Anspruch.
Nur 15% der Frauen haben ganz auf PND verzichtet.
(Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, Zeitschrift FORUM
Sexualaufklärung und Familienplanung, Heft 1-2007
„Pränataldiagnostik“, S.7)
Dass wir Menschen nicht vor jeder Empfängnis und Geburt zittern
müssen, ob das Kind, das kommen wird, missgestaltet sein wird oder nicht,
verdanken wir der biologischen Selektion mit ihrer ambivalenten Wirkweise.
Sie sorgt mit einer unglaublich hohen Wahrscheinlichkeit dafür, dass
Deformiertes oder Nicht-Lebensfähiges zugunsten des (wahrscheinlich)
Lebensfähigen aus dem Entwicklungsgeschehen ausgeschieden wird.
Insofern ist diese Form von Selektion selbst ein staunenswerter Teil des
Lebens.
(Klaus-Peter Jörns: Notwendige Abschiede – Auf dem Weg zu einem glaubwürdigen
Christentum, Gütersloh 2004, S. 214)
Ende des Jahres 2011 wurde die Zulassung
einer Untersuchungsmethode in Deutschland beantragt, bei der es möglich ist,
durch Untersuchung einer Blutprobe der Mutter (10 Milliliter) – ohne jedes
Risiko für Mutter und Kind – genetisches Material des Kindes, das aus dem
mütterlichen Blut gewonnen wird, auf Chromosomendefekte zu untersuchen. Zunächst
sollte die Methode nur für die Diagnose des Down-Syndroms (Trisomie 21)
angeboten werden (PraenaTest; etwa 1400 Euro – Quelle: (ZEIT 16.5.2012
S.35ff. http://www.zeit.de/2012/21/Trisomie-21-Test
)
Im Sommer 2012 wurde mitgeteilt,
dass es gelungen sei, das gesamte Genom, also alle Erbanlagen, eines Kindes
allein durch die genetische Analyse des mütterlichen Blutes und des väterlichen
Speichels zu entziffern. Dies wurde als Schritt hin zu einem Test auf Tausende
von Krankheiten gewertet. Das Verfahren ist grundsätzlich geeignet, sämtliche
Föten auf genetische Auffälligkeiten hin zu testen. Noch ist es dafür
zukompliziert und zu teuer - Schätzungen liegen bei bis zu 50.000 Dollar für
eine solche Untersuchung.
Die weitere Entwicklung könnte dazu
führen, dass der umfassende DNA-Test zur Regeluntersuchung wird, wie heute Ultraschall.
(DER Spiegel 24-2012 S.126ff.; taz 9./10.6.2012 S.6)
6.2. Präimplantationsdiagnostik (PID)
Der kompliziert klingende
Fach-Begriff „Präimplantationsdiagnostik“ wäre verständlich etwa so
zu „übersetzen“:Es wird eine biologisch-medizinische Untersuchung
(= „Diagnostik“) vor (= „prä“) dem Einpflanzen (=
„Implantation“) eines menschlichen Embryos in den Mutterleib
durchgeführt, um eventuell vorhandene Abweichungen in den Erbanlagen zu
erkennen.
Im Folgenden wird für Präimplantationsdiagnostik die Abkürzung PID verwendet.
In der Fachliteratur begegnet auch die Abkürzung PGD (von englisch:
preimplantation genetic diagnosis).
Das erste Kind einer Familie ist gesund. Ein zweites wird nach
unauffälliger Schwangerschaft geboren. In den ersten Wochen fällt den Eltern
auf, dass sich das Kind nur wenig bewegt. Mehrere Untersuchungen stellen bei
dem Kind eine unheilbare, fortschreitende Muskelerkrankung fest (Infantile
spinale Muskelatrophie). Das Kind verstirbt im Alter von 18 Monaten, nachdem
alle Muskeln - so auch der Atemmuskel (das Zwerchfell) – versagen, durch
Erstickung. Die geistige Entwicklung war normal. Es steht ein genetischer Test
zur Verfügung, der diese Krankheit zweifelsfrei erkennen oder ausschließen
kann. Die Eltern haben sich nach dem Todesfall selbst genetisch untersuchen
lassen. Sie wissen, dass sie beide das Gen in ihrem Erbgut tragen, das verantwortlich
ist für diese Erbkrankheit. Sie wissen, dass sie dennoch gesunde Kinder haben
können: Statistisch wird diese Erbkrankheit nur bei jedem vierten ihrer
Nachkommen auftreten. Die Eltern wünschen sich weiterhin ein zweites Kind.
Sie möchten jedoch sicher sein, dass sie ein gesundes Kind bekommen, und
lassen deshalb vor einer erneuten Schwangerschaft (künstlich gezeugte) Embryonen
im Reagenzglas darauf untersuchen, ob sie die Anlage für diese Erbkrankheit in
ihrem Erbgut tragen.
Bei der PID werden zunächst
mehrere Eizellen zu diagnostischen Zwecken künstlich befruchtet. Dazu nutzt man
das Verfahren der so genannten „In-vitro-Fertilisation“
(=„Befruchtung im (Reagenz-) Glas“, IVF).
Bereits 1978 kam in Großbritannien das erste „Retorten-Baby” zur
Welt. Inzwischen wird das IVF-Verfahren der Zeugung im Reagenzglas
routinemäßig genutzt, um in Fällen ungewollter Kinderlosigkeit (betrifft in
Deutschland etwa jedes sechste Paar mit Kinderwunsch), doch Schwangerschaften
möglich zu machen. Derzeit werden in Deutschland jährlich etwa 8000 Kinder nach
IVF geboren.
In-vitro-Fertilisation
Anhand der obenstehenden Abbildung soll
zunächst erläutert werden (oberer Bildteil), wie eine Schwangerschaft durch IVF
zustande kommt (ausführliche Darstellung vergleiche auch Kap. 3).
Zunächst muss sich die Frau einer Behandlung mit Sexualhormonen unterziehen,
die mit dem Ziel durchgeführt wird, dass in ihren beiden Eierstöcken mehrere
Eizellen gleichzeitig reif werden. Die Reifung kann durch Kontrolle von
Hormonwerten im Blut und durch Ultraschall-Messungen überwacht werden. Genau
zum optimalen Zeitpunkt erfolgt dann ein operativer Eingriff. Unter Ultraschall-Sicht
wird (durch die Bauchdecke oder durch die Vagina) eine Nadel in die Follikel
(das sind die etwa zwei Zentimeter großen reifen „Eibläschen“)
eingestochen und die darin enthaltene Flüssigkeit, in der auch die nur 1/10
Millimeter große Eizelle schwimmt, nach außen abgesaugt. Dieser Vorgang wird
bis zur erfolgreichen Entnahme von drei Eizellen wiederholt (siehe 1). Die
Samenzellen des zukünftigen Vaters müssen jetzt zusätzlich im Labor
bereitstehen. Ei- und Samenzellen werden nun im Reagenzglas zusammengebracht,
in der Hoffnung, dass eine erfolgreiche Befruchtung stattfindet (siehe 2). Die
weitere Entwicklung (Teilung) der befruchteten Eizellen wird bis etwa zum
Acht-Zell-Stadium des Embryos im Labor beobachtet (siehe 3).
Bei einer „normalen“ IVF-Schwangerschaft würden nun sich „unauffällig“
entwickelnde Embryonen spätestens 48 Stunden nach der künstlichen Befruchtung
in die Gebärmutter der Frau eingebracht.
Nach einer weiter intensiv
betreuten Schwangerschaft hätte die Frau Chancen, neun Monate später ein
eigenes Kind in den Arm zu nehmen.
Die Hormonbehandlung vor der
Gewinnung der Eizellen stellt einen gravierenden Eingriff in den Stoffwechsel
der Frau dar und kann zu erheblichen Nebenwirkungen führen (Über-Stimulations-Syndrom).
Dazu kommt das Operations- und Narkoserisiko bei der Entnahme der
Eizellen.
Die Einpflanzung von
gleichzeitig bis zu drei Embryonen (in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz
so begrenzt) erhöht zwar die Erfolgsaussichten für eine Schwangerschaft,
führt aber auch zwangsläufig zu mehr Mehrlings-Schwangerschaften mit einem
erhöhten Risiko für Mutter und Kind. Um die Risiken zu mindern, wird auch der
„Fetozid“, die gezielte Tötung „überzähliger“ Feten,
erwogen. Diese „selektive Reduktion“
wird auch in deutschen Kliniken gelegentlich vorgenommen (Schätzungen gehen
von etwa 150 Fällen pro Jahr aus). In der Regel erfolgt die Reduktion von
einer Drillings- auf eine Zwillingsschwangerschaft. Bei diesem Verfahren wird
etwa in der 11. bis 13. Schwangerschaftswoche durch die Bauchwand der Mutter
hindurch das Herz des Kindes punktiert und eine Kalium-Chlorid-Lösung
injiziert, die zum Herzstillstand und zum Ableben führt. In den USA wird dieser
Eingriff nahezu routinemäßig durchgeführt.
Methoden der PID werden seit
Anfang der 90er Jahre angeboten. Derzeit ist PID in Europa in zehn Staaten
zulässig. In Deutschland verbietet das Embryonenschutzgesetz Untersuchungen an
totipotenten Zellen (Zellen, aus denen allein sich noch ein ganzer Mensch
entwickeln könnte). Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft gelten Zellen
nach dem Acht-Zell-Stadium eines Embryos jedoch nicht mehr als totipotent. Für
eine Zulassung der PID wäre auch die Aufnahme einer zusätzlichen Zielstellung
für IVF in das Embryonenschutzgesetz erforderlich (bisher lässt dieses Gesetz
künstliche Befruchtung nur zu mit dem Ziel der Behandlung von
Unfruchtbarkeit).
Die Tötung eines Embryos im
Reagenzglas oder seine Verwendung für einen nicht seiner Erhaltung dienenden
Zweck ist in jedem Fall rechtswidrig und auch strafbar (hier handelt es sich
nicht um einen schwerwiegenden Konflikt, in dem zwischen den Lebensinteressen
der Frau und denen des Embryos eine Abwägung stattfinden müsste).
Es geht bei der PID um eine
„Zeugung unter Vorbehalt“ („bedingte Zeugung“) mit der
erklärten Absicht, den Embryo nicht weiter wachsen zu lassen, wenn er in
seinem Erbgut die befürchtete Erbkrankheit trägt.
Während die Konsequenz aus dem Ergebnis einer Pränataldiagnostik in der Regel
eine Ja-Nein-Entscheidung zu einem einzelnen Kind darstellt, das bereits im
Mutterleib heranwächst, ermöglicht die PID (deren Ergebnis vor der Einpflanzung
eines Embryos in den Mutterleib vorliegt) in der Regel eine Auswahl aus einer
größeren Zahl an Embryonen, von denen einer als „Wunschkind“ mit
den gewollten Erbeigenschaften weiter leben darf.
Ist ein menschlicher Embryo im Reagenzglas
rechtlich (durch das Embryonenschutzgesetz) besser geschützt als ein
heranwachsendes Kind im Mutterleib ?
Die Tötung eines Embryos/Fötus im Mutterleib ist nach §218a (1) rechtswidrig,
bleibt aber in Ausnahmefällen (Beratungspflicht; Frist von zwölf Wochen)
straffrei, weil hier der Gesetzgeber eine Güterabwägung zwischen den Interessen
der Frau und denen des Kindes zulässt.
Wenn „nach ärztlicher Erkenntnis“ ein Schwangerschaftsabbruch
„angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer
schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes
der Schwangeren abzuwenden“ (ein Grund könnte z.B. eine schwerwiegende
Behinderung des Kindes sein), ist ein solcher Abbruch nach §218a (2) nicht
rechtswidrig.
In den USA entstand im Jahre
2000 erstmals nach künstlicher Befruchtung und PID ein „Baby nach
Maß“, das als Organspender für seine kranke Schwester gezeugt wurde. Die
Eltern hatten bereits ein Kind, das an einer schweren Blutkrankheit litt.
Etwa ein Dutzend Embryonen wurden mit Ei- und Samenzellen der Eltern im
Reagenzglas künstlich gezeugt. An ihnen wurde genetisch getestet, welche
Embryonen von ihren Gewebemerkmalen her am besten geeignet wären, um mit ihrem
Erbgut der kranken Schwester helfen zu können. Ein Embryo wurde ausgewählt und
der Mutter eingepflanzt. Sie brachte einen Sohn zu Welt, dem unmittelbar nach
der Geburt Nabelschnurblut entnommen wurde. Die darin enthaltenen Stammzellen
wurden der Schwester übertragen in der Hoffnung, dass sie sich in ihrem Organismus
zu gesunden funktionsfähigen Blutzellen vermehren.Im Jahr 2004 wurden z.B. in Großbritannien, Dänemark,
Norwegen und Frankreich rechtliche Regelungen erlassen, die im Fall
„schwerer genetischer Erkrankungen“ PID zulassen, um die Geburt von
Geschwisterkindern möglich zu machen, die geeignete Spender von Stammzellen aus
dem Knochenmark oder dem Nabelschnurblut sind.
Pro und Contra Präimplantations-Diagnostik
ein Beispiel aus der Praxis der humangenetischen Beratung
Beispiel: erbliche Chromosomenerkrankung
Ein Ehepaar wünscht sich ein Kind. Die Schwangerschaft verläuft zunächst normal,
in der 12.Woche (3. Monat) endet sie als Fehlgeburt, eine zweite Schwangerschaft
ebenso. In der dritten Schwangerschaft endlich wird ein Kind geboren. Bereits
unmittelbar nach der Entbindung fallen einige Fehlbildungen auf, das Kind muss
intensivmedizinisch behandelt werden. Es stirbt trotz aller Bemühungen im
Alter von wenigen Tagen. Nach dem Tod werden verschiedene Untersuchungen
vorgenommen, in deren Ergebnis eine Chromosomenveränderung als Ursache für die
Fehlbildungen gefunden wird. Ein Vergleich mit Patienten in der wissenschaftlichen
Literatur zeigt, dass bei Vorliegen einer derartigen Chromosomen-Erkrankung
ein Überleben nicht möglich ist. Eine Chromosomenuntersuchung der Eltern weist
aus, dass ein Elternteil die Veranlagung für die Chromosomenerkrankung auf
einen Teil seiner Nachkommen überträgt, ohne jedoch selbst zu erkranken. Es
bestehen demnach folgende Möglichkeiten:
1. Das Ehepaar ist in der Lage, gesunde Kinder zu bekommen.
2. Das Ehepaar kann ein Kind bekommen, welches selbst gesund, gleichzeitig aber
auch
Überträger der Erkrankung ist.
3. Die Erkrankung kann auch bei weiteren Kindern des Ehepaares auftreten
–dann ist
wieder mit einer Fehlgeburt zu rechnen, oder es kommt zur Geburt eines Kindes,
das
nach kurzer Zeit verstirbt.
Es ist nicht möglich, etwa schon bei der Befruchtung darauf Einfluss zu
nehmen, welcher der geschilderten drei Fälle eintrifft.
Die Frau wird noch einmal schwanger, es kommt erneut zu einer
Fehlgeburt. In einer weiteren Schwangerschaft wird in der 11.
Schwangerschaftswoche eine vorgeburtliche Untersuchung veranlasst, die wiederum
die Chromosomenerkrankung feststellt. Die Frau entschließt sich zum
Schwangerschaftsabbruch.
Es besteht weiterhin Kinderwunsch – nach nunmehr drei
Fehlgeburten, einem verstorbenen Kind und einem
Schwangerschaftsabbruch.
Soll das Ehepaar auf eigene Kinder verzichten oder es weiter
„probieren“?
Sollte im Falle einer erneuten Schwangerschaft eine vorgeburtliche
Untersuchung vorgenommen werden? Die Präimplantationsdiagnostik kann den
Zeitpunkt der Diagnose vorverlegen. Es wäre möglich, nach einer künstlichen
Befruchtung „im Reagenzglas“ (IVF) Zellen des jungen Embryos zu
untersuchen und bei unauffälligem Befund dem Embryo in die Gebärmutter zu
übertragen. Wenn aber das Vorliegen der Erkrankung festgestellt würde –
was soll dann geschehen?
Für die PID wird
vorgebracht, dass sie helfen könnte, Schwangerschaftsabbrüche zu verhindern,
da nun früher erkannt wird, ob eine schwerwiegende Krankheit vorliegt.
Bei der PID wird eine
Selektion (= Auswahl) menschlicher Embryonen durchgeführt. Da es sich jedoch
nicht um geplante (etwa staatliche) Maßnahmen handelt, sollte man hier auch
nicht von einer „Eugenik von unten” sprechen. Allein die Sorgen
und Wünsche einzelner Elternpaare sind entscheidend.
(„Eugenik“ - von
eugenes =„wohlgezeugt“ - war ein biologisches Konzept, mit dem die
„Veredlung“ und „Höherentwicklung“ der Menschheit
betrieben werden sollte. Es ging dabei um Maßnahmen zur
„Verbesserung“ der Erbanlagen in der Gesamtbevölkerung. Im nationalsozialistischen
Deutschland kam es zur Durchführung von Zwangsmaßnahmen gegen Bevölkerungsgruppen,
denen erbliche Minderwertigkeit zugeschrieben wurde, bis hin zur Vernichtung
von „lebensunwertem“ Leben.)
Auch wenn es nicht um eine
Entscheidung über den „Lebenswert” des Kindes geht, sondern darum,
was Eltern sich zutrauen, so haben Behindertenverbände doch Befürchtungen, dass
ihre Belange zunehmend missachtet werden, wenn „Behinderung” als
„vermeidbar” betrachtet werden könnte.
Allerdings wird die PID (wie
jede Art pränataler Diagnostik) niemals alle Behinderungen „aus der Welt
schaffen“ können, da der überwiegende Teil der Behinderungen nicht auf
genetischen Ursachen beruht, sondern durch Erkrankungen oder Unfälle in
späteren Lebensphasen verursacht wird.
Gibt es ein Recht darauf,
Kinder zu haben? Gibt es ein Recht auf ein gesundes Kind?
Ist nicht grundsätzlich bei Kinderlosigkeit oder bei der Gefahr für die Geburt
schwerst geschädigter Kinder immer auch zu erwägen, ob die Kinderlosigkeit
akzeptiert werden kann oder ob die Adoption anderer Kinder in Frage kommt?
Befürchtet wird bei der PID,
dass es nicht möglich sei, ihre Anwendung zu begrenzen. Auch wenn heute nur
einige wenige Krankheiten zu einer PID berechtigen sollten, so das Argument,
würden später immer mehr - auch gesunde - Konditionen (etwa das Geschlecht)
„ausgewählt”.
Zur Beurteilung ist ferner
von Belang, dass der ganz überwiegende Teil der Eltern, die bisher (in anderen
Ländern) eine PID wünschen, ohne diese Technik keine Kinder bekommen würden,
da sie aufgrund schwerer genetischer Vorerkrankungen das „Risiko”
nicht eingehen würden. Insofern zeigt die Realität bislang, dass die PID
Kindern zur Geburt verhilft, die es sonst nicht geben würde.
Ein Schwerpunkt in der
derzeitigen ethischen Diskussion besteht darin, sich über den Zeitpunkt zu
verständigen, an dem menschliches Leben beginnt.
Nach juristischer Festlegung in Deutschland beginnt schutzwürdiges menschliches
Leben mit der erfolgreichen Verschmelzung von Ei- und Samenzelle:
„Als Embryo... gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige
menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem
Embryo entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür
erforderlichen weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu
entwickeln vermag.“
(Deutsches Embryonenschutzgesetz, 1990 §8,1).
Demgegenüber vertreten
andere Länder der EU und die USA die Position, dass ein Embryo aus wenigen
Zellen noch nicht in dem Sinne als Mensch zu betrachten sei wie spätere Entwicklungsstufen.
In Großbritannien, Belgien, Finnland hat man sich zum Beispiel darauf verständigt,
den Beginn der Existenz individuellen menschlichen Lebens mit dem Zeitpunkt
festzusetzen, zu dem ein Embryo sich unter natürlichen Bedingungen erst
„entscheidet“, ob er sich in der Gebärmutterschleimhaut der Frau
einnistet: das geschieht etwa 14 Tage nach der Befruchtung. Erst mit der Einnistung
beginnt die Schwangerschaft - als (körperliche) Beziehung zwischen Mutter und
Embryo.
Wann beginnt menschliches Leben ?
a) Deutschland:
als schutzwürdig gilt der Embryo als „... befruchtete,
entwicklungsfähige menschliche Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung
an...“
(Embryonenschutzgesetz vom 13.12.1990; „amtlicher“ Standpunkt der
Evangelischen und Katholischen Kirche)
b) Großbritannien, Israel:
Menschsein im Vollsinne beginnt 14 Tage nach der Befruchtung (Einnistung
des Embryos in die Gebärmutter zwischen dem 6. und 14. Tag = Beginn der
Schwangerschaft, wechselseitige Beziehung zwischen Mutter und Kind; bis
zum 14. Tag ist noch die Bildung von Zwillingen möglich; ab 14. Tag Gestaltbildung
erkennbar = „Primitivstreifen“)
(Rechtsgrundlage für Forschung; Standpunkt auch der jüdischen Theologie und der
christlichen Staatskirchen in England und Schottland)
Legt man das Kriterium des
ärztlichen Ethos und der Krankheit als Interventionsgrund für medizinisches
Handeln zugrunde, so muss gefragt werden, wen oder was die Medizin mit der PID
therapiert. Denn es geht hier nicht allein um die Gesundheit etwaiger Kinder,
sondern zunächst um den Kinderwunsch der Eltern.
Die PID stellt einen Fall
der Güterabwägung zwischen individuellen und gesellschaftlichen Interessen
dar. Steht auf der einen Seite der Wunsch der Eltern nach einem gesunden Kind,
so steht auf der anderen Seite die Angst der Gesellschaft vor einer
genetischen Selektion und der Aushöhlung der Menschenwürde.
Stellungnahme eines Behindertenverbandes zur
PID:
“Der Mukoviszidose e.V. als Selbsthilfevereinigung der Eltern und Patienten
teilt die schweren Bedenken gegen eine Zulassung der PID.
Aber: Betroffene Eltern. die einen Schwangerschaftsabbruch ablehnen, haben nur
mit der PID eine Chance auf ein weiteres Kind ohne diese Erkrankung. Der Verein
will diese Eltern mit ihren Sorgen nicht durch ein Verbot der PID alleine
gelassen sehen.
... unabdingbare Voraussetzungen bei einer Zulassung: humangenetische Beratung,
Einzelfallbegutachtung, strenge Kontrolle...“
Kann man die PID ablehnen,
wenn man Schwangerschaftsabbrüche toleriert?
Was ist höher zu bewerten:
Die Interessen, Wünsche und Ängste der Betroffenen oder die möglichen
Auswirkungen der PID auf die Gesellschaft?
Von welchem Zeitpunkt müssen
menschliche Zellen als Menschen betrachtet werden? Welche Kriterien machen
menschliches Leben aus?
Reduziert man den Menschen
nicht auf seine Gene, wenn man ihn allein über dieses Kriterium definiert?
„Die Methode der PID birgt erhebliche
Möglichkeiten des Missbrauchs: Stichworte wie „Eugenik“,
„Selektion“, und „Designerkind“ deuten diesen
Missbrauch an. Die Bischofkonferenz der VELKD lehnt zum gegenwärtigen
Zeitpunkt angesichts dieser Missbrauchsmöglichkeiten eine gesetzliche Zulassung
der PID ab.“
(Stellungnahme der Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen
Kirche Deutschlands zu Fragen der Bioethik 13.3.01)
Sind Missbrauch und Dammbruch unausweichliche Folgen einer Zulassung der
PID?
“Unsere gesamte Rechtsordnung
beruht letztlich auf der Voraussetzung, dass klare gesetzliche Verbote, obwohl
sie im Einzelfall durchbrochen oder umgangen werden können, wirksame
Instrumente der Verhaltenssteuerung sind. Zudem verliert eine sachlich
richtige Argumentation nicht dadurch ihre Legitimation, dass ein Missbrauch
nicht völlig ausgeschlossen werden kann.“
(Stellungnahme des Nationalen Ethikrates vom 23.1.2003)
In
den meisten europäischen Ländern (außer in Österreich, der Schweiz und den
Niederlanden) sowie in den USA, Israel und einigen asiatischen Ländern ist die
PID, z.T. mit Einschränkungen, zulässig;
weltweit wird PID heute in rund 60
Ländern angewandt.
Eine gesetzliche Regelung zur PID in Deutschland zu erlassen, wurde lange
nicht für nötig erachtet, da man meinte, PID sei durch das
Embryonenschutzgesetz indirekt verboten. Dennoch gab es eine anhaltende
Diskussion zu einer möglichen Zulassung.
Die deutsche
Bundesärztekammer stellte bereits im Jahre 2000 den Entwurf für eine
„Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik“ zur Diskussion
(Deutsches Ärzteblatt 9-2000 S. A-525).
Die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Recht und Ethik der
modernen Medizin“ stimmte mit 16 von 19 Stimmen gegen die Zulassung der
PID (Februar 2002).
Der Nationale Ethikrat votierte dagegen am 23.1.2003 mit 15 von 24
Stimmen für eine Zulassung unter strengen Auflagen.
„Die Methode der PID birgt
erhebliche Möglichkeiten des Missbrauchs: Stichworte wie „Eugenik“,
„Selektion“, und „Designerkind“ deuten diesen
Missbrauch an. Die Bischofkonferenz der VELKD lehnt zum
gegenwärtigen Zeitpunkt angesichts dieser Missbrauchsmöglichkeiten eine
gesetzliche Zulassung der PID ab.“
(Stellungnahme der Bischofskonferenz der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen
Kirche Deutschlands zu Fragen der Bioethik 13.3.01)
Sind
Missbrauch und Dammbruch unausweichliche Folgen einer Zulassung der PID?
“Unsere gesamte Rechtsordnung beruht letztlich
auf der Voraussetzung, dass klare gesetzliche Verbote, obwohl sie im Einzelfall
durchbrochen oder umgangen werden können, wirksame Instrumente der Verhaltenssteuerung
sind. Zudem verliert eine sachlich richtige Argumentation nicht dadurch ihre
Legitimation, dass ein Missbrauch nicht völlig ausgeschlossen werden
kann.“
(Stellungnahme des Nationalen Ethikrates vom 23.1.2003)
In einer Entscheidung am 6.7.2010 stellte der Bundesgerichtshof
überraschend in einem Urteil fest, dass die PID entgegen landläufiger
Rechtsauffassung gar nicht verboten sei. Aus dem Embryonenschutzgesetz lasse
sich ableiten, dass Embryonen auf schwere genetische Defekte getestet werden
dürften, bevor sie der Mutter eingepflanzt würden. Nicht erlaubt sei die
Anwendung der Methode zur „Herbeiführung der Geburt eines
Wunschkindes“ (etwa Auswahl von Augenfarbe oder Geschlecht). Ein Berliner
Arzt, der solche Untersuchungen einige Jahre zuvor durchgeführt und sich selbst angezeigt hatte,
wurde freigesprochen. (taz 7.7.2010, S. 05, Freie Presse Chemnitz 15.7.2010
S.5)
Nun kam es doch zu Initiativen im Deutschen Bundestag, das Verbot bzw. die
Zulassung der PID in Deutschland rechtlich klar zu regeln.
2011 häuften sich die Stellungnahmen zu einer möglichen Zulassung der PID: Der
Deutsche Ethikrat, die Nationale Akademie der Wissenschaften und weitere
Akademien votierten für eine begrenzte Zulassung, die Bundesärztekammer stellte
ein Memorandum vor, in dem ebenfalls eine Öffnung intendiert war, es gab neue
(kritische) Voten kirchlicher Stellen (eine Zusammenstellung dieser Papiere
siehe unter http://www.krause-schoenberg.de/sachinfos_gentechnik_II_rot.html ).
Am 7.7.2011 beschloss der Deutsche Bundestag ein
Gesetz zur begrenzten Zulassung der PID in Deutschland
Damit wird das seit 1990 geltende
Embryonenschutzgesetz geändert und ergänzt.
Die Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik (PID) ist danach grundsätzlich
verboten und strafbar. Nur in begrenzten Ausnahmefällen ist die Durchführung
einer PID nicht rechtswidrig (und damit faktisch zulässig):
“Zur Vermeidung von Missbräuchen soll die PID nach verpflichtender
Aufklärung und Beratung sowie einem positiven Votum einer interdisziplinär
zusammengesetzten Ethikkommission in den Fällen zulässig sein, in denen ein
oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in
sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist. Im Vorfeld der
PID soll eine sorgfältige Diagnostik bei beiden Partnern nach strengen
Kriterien erfolgen. Zur Gewährleistung eines hohen medizinischen Standards soll
die PID an lizensierten Zentren vorgenommen werden.“
(Text des Gesetzentwurfes unter: http://www.krause-schoenberg.de/gent_pid_bundestag_7-7-2011.htm )
Lilly Sophie aus Lübeck ist Deutschlands
erstes PID-Baby
Beide Eltern sind Anlageträger für die
schwere Form des Desbuquois-Syndroms, einer genetisch bedingten
Skelettanomalie, bei der die Kinder meist während der Schwangerschaft oder kurz
nach der Geburt sterben. Das Paar hatte bereits drei Schwangerschaften hinter
sich, bei denen der Fötus im Mutterleib gestorben war. Prof. Diedrich:
“Wir können den Eltern mit diesem Untersuchungsverfahren kein gesundes
Kind garantieren, aber wir können ihnen die hundertprozentige Sicherheit geben,
dass die befürchtete Erbkrankheit nicht besteht“. Er schätzt den Bedarf
für PID wegen der strengen Reglementierung in Deutschland auf 200 Fälle im Jahr.
(Freie Presse Chemnitz 17.2.2012 S.B5)
6.3.
Prädiktive Diagnostik
Unter „prädiktiver
Diagnostik“ versteht man die Voraussage über künftige Erkrankungen oder gesundheitliche
Risiken.
Meldung in den Fernsehnachrichten im März 2001: Eine deutsche
Krankenversicherung bietet allen Mitgliedern kostenlos an, ihr Erbgut auf die
Veranlagung für eine weit verbreitete Erbkrankheit untersuchen zu lassen. Die
Krankheit Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) führt zu einer ausgeprägten
Aufnahme von Eisen durch den Organismus, welches dann in bestimmten Organen
abgelagert wird und im Erwachsenenalter schwere Schäden hervorruft (Herz- und
Leberschäden, Bronzefärbung der Haut, Diabetes). Bei frühzeitiger Diagnose
lässt sich diese Krankheit ausgezeichnet behandeln: durch vier bis zwölf
Aderlässe pro Jahr wird das überschüssige Eisen aus dem Körper entfernt, und
die Lebenserwartung ist unter diesen Umständen völlig normal. Das größte
Problem war bisher, die Hämochromatose rechtzeitig zu erkennen. Zwar ist
Hämochromatose eine der häufigsten Erbkrankheiten in Deutschland: fünf bis zehn
Prozent aller Menschen tragen die Veranlagung in ihrem Erbgut, je einer von
etwa 250 Menschen erkrankt daran. Aber erst seit 1996 ist der Gen-Defekt
bekannt, der die Krankheit auslöst. Damit ist es nun möglich, die Träger des
krankmachenden Gens frühzeitig ausfindig zu machen und mit einfachen und kostengünstigen
Methoden erfolgreich zu behandeln.
Vorteil des angebotenen Tests für die Krankenkasse: viel geringere Kosten, als
wenn die Krankheit unerkannt und unbehandelt in höherem Lebensalter mit
voller Wucht ausbricht.
Vorteil des Tests für die Versicherten: frühzeitige Kenntnis eines gefährlichen
persönlichen Risikos und die Möglichkeit, Behandlungsmaßnahmen rechtzeitig und
erfolgreich einzuleiten.
Ist der Fall wirklich so einfach, gibt es nur Gewinner?
Könnte nicht vielleicht doch
ein Druck entstehen, sich testen zu lassen (aus Solidarität mit den
Mitversicherten, aus Angst vor höheren Versicherungstarifen für „nicht
prüfungswillige“ Risikofälle)?
Lassen sich bei solchen
Untersuchungen nicht ganz nebenbei Erkenntnisse auch über andere genetische
Veranlagungen eines Menschen gewinnen?
Wie steht es um Menschen,
die gerade nicht wissen möchten, welche gesundheitliche Probleme in der Zukunft
auf sie zukommen könnten?
Man kann also auch das
Erbgut bereits geborener Menschen auf das Vorliegen der genetischen Veranlagung
für Erbkrankheiten testen.
Es sind zwei Problemebenen
zu unterscheiden: Zum einen geht es um die Frage, wie Individuen mit negativen
Prognosen umgehen, die zudem zum Teil nur Wahrscheinlichkeitscharakter tragen.
Zum anderen stellt sich die Frage, wer Zugang zu den Informationen erhält.
Der erste Problemkreis
verweist auf eine intensive Beratung solcher PatientInnen, die eine genetische
Diagnostik wünschen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse
genetischer Tests nicht nur die ratsuchenden PatientInnen betreffen , sondern
die gesamte Familie, da auch andere Mitglieder betroffen sind oder sein
können.
Angesichts der möglichen
Schwere der Befunde spricht sehr viel gegen zwangsweise Durchführung
genetischer Tests. Hierzu gehören etwa Reihenuntersuchungen, die man an
bestimmten Bevölkerungsgruppen vornehmen könnte. Solche Reihenuntersuchungen
verlassen das oben als Kriterium formulierte Gebiet der Heilung von Individuen.
Ihr gesundheitspolitischer Erfolg ist zudem höchst umstritten.
Die Frage, wem das
genetische Wissen über Individuen gehört, wird allgemein mit dem Hinweis beantwortet:
Nur den Betroffenen. Allerdings gibt es andere Interessen.
Arbeitgeber, Kranken- und Lebensversicherungen könnten Interesse daran haben,
von erblichen Belastungen ihrer Beschäftigten bzw. Kunden Kenntnis zu erhalten.
Arbeitgeber könnten daran interessiert sein, ob bei einem Beschäftigten
spezifische erblich bedingte Arbeitsplatz-Risiken vorliegen (zum Beispiel
besondere Empfindlichkeit gegenüber Schadstoffen am Arbeitsplatz).
Auch Versicherungen haben Interesse an genetischen Daten. Bislang fordert die
deutsche Versicherungswirtschaft keine Tests, verlangt aber, dass bereits
bekannte Daten durch die Versicherten mitgeteilt werden, um einen Betrug zu
verhindern. All diese Fragen spielen nur im Bereich der privaten
Krankenversicherung oder von Lebensversicherungen eine Rolle. Die Beurteilung
dieser Fragen hängt letztlich an unserer aller Bereitschaft zur Solidarität.
Denn genetische Tests würden für die Gesunden die Prämien senken, für die
Kranken dagegen eine Erhöhung der Zahlungen bedeuten.
Hier könnte ein Druck entstehen zur Durchführung von Pflichtuntersuchungen und
„genetischer Diskriminierung“, dem zu wehren ist.
In der „Bioethik-Konvention“ des Europarates ist in Artikel 12
festgelegt, dass Tests auf die Veranlagung für genetisch bedingte Krankheiten
nur zu gesundheitlichen Zwecken und vorbehaltlich einer angemessenen
genetischen Beratung durchgeführt werden dürfen.
Zusammenstellung einiger Kriterien für die
Durchführung prädiktiver Gen-Tests:
·
prädiktive (=
vorhersagende) Tests sind ausschließlich im Gesundheitsbereich anzuwenden,
·
eine
Untersuchung darf nur erfolgen, wenn der Betroffene ausführlich aufgeklärt
wurde und
zugestimmt hat,
·
es muss auch
weiterhin ein „Recht auf Nichtwissen“ geben,
·
Untersuchungen
sollten nicht durchgeführt werden bei Kindern und Jugendlichen, wenn es
sich um eine erst im Erwachsenenalter auftretende Krankheit handelt,
·
am Arbeitsplatz
dürfen prädiktive Tests nur zugelassen werden bei unmittelbarem
Zusammenhang mit der Tätigkeit oder bei Gefahr erheblicher Gefährdung anderer
Personen
(bei Neigung zu Mehlstaubasthma sollte man keine Bäcker-Lehre beginnen,
Farbenblinde
dürfen nie Pilot werden)
·
Freiwilligkeit
der Inanspruchnahme von Gendiagnostik
·
Recht auf
Selbstbestimmung, welche genetischen Daten über einen selbst erhoben werden
Die Gesichtspunkte zeigen,
dass es sich in diesem Problemkreis weniger um Fragen handelt, die für die
Gentechnik spezifisch sind. Vielmehr stehen sich hier in der Regel die
Interessen verschiedener Menschen gegenüber bzw. die Interessen Einzelner
stehen den Interessen der Allgemeinheit gegenüber. Insofern laufen viele
Entscheidungen auf die Frage zu: Wessen Interesse ist vorrangig zu
berücksichtigen?
Hier geht es auch um Geld
und Macht. Welche Veränderungen könnte die Gentechnik hier auf die Gesellschaft
haben? Sind solche Veränderungen positiv oder negativ zu bewerten?
Welche gesetzlichen
Rahmenbedingungen sind notwendig, um eine neue Technik zum Nutzen aller
einsetzen zu können und vor Missbrauch zu schützen?
Im
November 2001 haben die Mitgliedsunternehmen des Gesamtverbands der Deutschen
Versicherungswirtschaft e.V. im Rahmen einer „freiwilligen
Selbstverpflichtung“ festgelegt, „die Durchführung von Gentests
nicht zur Voraussetzung eines Vertragsabschlusses zu machen und auch von ihren
Kunden nicht zu verlangen, freiwillig durchgeführte prädiktive Gentests dem
Versicherungsunternehmen vor einem Vertragsabschluss vorzulegen“. Die
deutsche Versicherungswirtschaft hat damit auf die vorvertragliche
Anzeigepflicht gefahrerheblicher Umstände verzichtet. Ausnahmen bilden Lebensversicherungen
mit sehr hohen Versicherungssummen (oberhalb von 250.000 Euro bzw. bei
Jahresrenten von über 30.000 Euro in der Berufsunfähigkeits-,
Erwerbsunfähigkeits- und Pflegerentenversicherung).
Diese zunächst bis 2006 befristete Selbstverpflichtung wurde im Oktober 2004
bis zum Jahr 2011 verlängert.
(www.gdv.de/Downloads/Pressemeldungen_2001/PM41.rtf
)
Martina ist krank. Seit frühester Kindheit leidet sie unter Atemnot.
Auch ihre Verdauung ist nicht in Ordnung. Sie schluckt jeden Tag Medikamente,
führt mit eiserner Disziplin intensive Atemübungen durch. Martina weiß, dass
ihr Leben früher zu Ende gehen wird als das ihrer Schulkameraden – aber
vielleicht schafft sie ja 35 oder auch 45 Jahre.
Sie hat Mukoviszidose. Ursache für diese Erkrankung ist ein chemischer
„Schreibfehler“, eine Mutation auf dem Chromosom Nummer sieben.
Jeweils einer von 20 Menschen in Deutschland trägt eine solche Gen-Veränderung
in seinem Erbgut. Aber die meisten von ihnen erkranken nicht. Jede ihrer Zellen
besitzt ein zweites Chromosom sieben, das gesund ist und den Defekt ausgleichen
kann. Nur wenn beide Eltern – wie im Fall von Martina – ein krankes
Gen in ihrem Erbgut tragen und vererben können, wird (statistisch) jedes vierte
ihrer Kinder erkranken.
Martina hat Hoffnung, dass ihre Krankheit ursächlich geheilt werden
könnte: durch Gen-Therapie. 1993 wurden dazu in den USA erstmals Versuche
durchgeführt. „Gesunde“ Gene sollten in geschädigte Zellen der
Nasenschleimhaut eingebracht werden und dort die normalen
Stoffwechsel-Funktionen herstellen. Die funktionsfähige Erbanlage wurde in
Viren „verpackt“, welche die kranken Zellen gewissermaßen mit dem
gewünschten Gen „infizieren“ und dadurch heilen sollten. Die Viren
wurden mit einem Aerosol-Spray in die Atemwege eingeblasen. Bei einigen
Patienten gelang die Gen-Übertragung. Aber nur in Einzelfällen verbesserte sich
vorübergehend (über wenige Tage) die Zellfunktion. Massive Nebenwirkungen
(Entzündungen, Bildung von Antikörpern) haben übertriebene Erwartungen
gebremst. Martinas Hoffnung bleibt.
Schon wenn ein einziger
chemischer „Baustein“ in der Erbsubstanz „vertauscht“
ist oder fehlt, kann ein Gen seine Funktion nur noch unzureichend oder gar
nicht mehr erfüllen. Daraus können lebensbedrohliche Folgen für den betroffenen
Organismus erwachsen. Wenn die fehlerhafte Erbanlage von Eltern auf ihre Kinder
weiter vererbt wird, spricht man von Erbkrankheiten.
Derzeit sind etwa 6000
„Fehler“ im menschlichen Erbgut bekannt, welche die Ursache für
jeweils eine bestimmte Erkrankung darstellen (so genannte „monogen
bedingte Erbkrankheiten“: ein defektes Gen allein ist für die Störung verantwortlich).
Mit Methoden der
Gen-Therapie wird versucht, das Wirken krank machender Gene zu korrigieren. In
der Regel reicht es aus, ein Exemplar des gesunden, funktionsfähigen Gens
zusätzlich in das Erbgut kranker Zellen einzubringen. Je nachdem, an welcher
Art Zellen die Therapie durchgeführt wird, unterscheidet man „somatische
Gen-Therapie“ (die „Reparatur“ erfolgt an Körperzellen eines
bereits geborenen Menschen) und „Keimbahn-Gen-Therapie“ (hier wird
das Erbgut von Ei- oder Samenzellen bzw. von Embryonen verändert).
Es ist nüchtern
festzustellen, dass trotz erheblicher Bemühungen in der Forschung bisher keine
positiven Behandlungsergebnisse vorliegen, die eindeutig der Gentherapie
zuzuordnen wären.
Gen-Therapie greift direkt
in die Erbanlagen eines Menschen ein mit dem Ziel, das Wirken krank machender
Gene zu korrigieren.
Das kann zunächst bei einem
bereits geborenen Menschen geschehen. Da hier die gentechnische „Reparatur“
an Zellen aus seinem Körper durchgeführt wird und in ihren Auswirkungen auf
diesen Einzelfall beschränkt bleibt (sie betrifft nur den Körper [=
„soma“] eines Menschen), spricht man von „somatischer
Gentherapie“.
Ein medizinischer Eingriff (Diagnostik, Therapie, Forschung) darf an
einem Menschen nur dann vorgenommen werden, wenn dieser über Sinn, Ziel und
mögliche Risiken umfassend aufgeklärt wurde und seine ausdrückliche Zustimmung
erteilt hat (Prinzip des „informed consent“ = Zustimmung nach
ausreichender Information).
Anhand des nachfolgenden Bildes
soll eine bereits angewandte Methode der somatischen Gentherapie erläutert werden.
Aus dem kranken Organ werden
teilungsfähige Stammzellen entnommen. Im Zellkern dieser Zellen befindet sich
die „fehlerhafte“ Erbsubstanz (siehe 1).
Die gesunde Erbsubstanz, z.B. ein Gen, das den Organzellen zur ordnungsgemäßen
Erfüllung ihrer Aufgaben fehlt, wird separat bereitgestellt (Entnahme aus
gesunden Zellen eines anderen Menschen oder künstliches Zusammensetzen im
Labor). Das gesunde Gen wird nun in einen Virus „eingepackt“ (siehe
2), bei dem die eigenen krankmachenden Eigenschaften entfernt wurden, der
aber noch in menschliche Zellen eindringen und in ihrem Inneren sein mitgeführtes
Erbgut abladen kann. Mit einem solcherart veränderten Virus infiziert man
nun die kranken Körperzellen des Patienten. Das „eingebaute“
gesunde menschliche Gen wird ins Innere der Zelle eingeschleust und kann dort
die gewünschte Funktion aufnehmen (siehe 3).
Die
„reparierten“ Zellen mit dem „verbesserten“ Erbgut
werden in das kranke Organ zurückgebracht. Dort können sie sich durch
Zellteilung vermehren und die gewünschte Funktion ausüben (siehe 4).
Es besteht eine weitere
Möglichkeit der Gen-Übertragung – der Einbau erfolgt direkt im Körper:
Nach diesem zweiten Wirkprinzip werden dem Körper des Patienten keine Zellen
entnommen, sondern die gentechnische Veränderung findet gewissermaßen direkt
„vor Ort“ in seinem Organismus statt. Man kann z.B. Viren, denen
die gewünschte Erbanlage eingepflanzt wurde und die auch hier den Transport
übernehmen, direkt in den Körper einbringen (z.B. über eine Injektion in die
Blutbahn bzw. direkt in ein erkranktes Organ, oder Transport über ein Aerosol-Spray
in die Atemwege). Durch Infektion einer ausreichenden Zahl kranker Zellen und
eine Veränderung ihres Erbgutes könnte hier eine Verbesserung des Gesundheitszustandes
eintreten.
Die somatische Gentherapie
befindet sich im Experimentalstadium. Sie ist z.Z. keine tatsächlich
anwendungsreife Therapie. Grundsätzlich ist sie jedoch im Rahmen anderer neuer
Verfahren zu beurteilen. Das bedeutet, dass bei entsprechender Sorgfalt
keine grundsätzlichen Bedenken bestehen.
Allerdings sind vor allem in
der Frühphase der Entwicklung Versuche an Patienten unverzichtbar, wobei der
Ausgang durchaus ungewiss ist. Durch Nicht-Einhaltung der notwendigen Sorgfaltspflichten
kam beispielsweise im Gefolge einer Gentherapie im Jahr 2000 der Amerikaner
Jesse Gelsinger zu Tode. Auch bei anderen Patienten sind gravierende
Nebenwirkungen beobachtet worden.
Die somatische Gentherapie
mit medizinischer Motivation gilt grundsätzlich als zulässig (Voraussetzung:
informierte Zustimmung des Patienten, minimales Eingriffs-Risiko).
Möglich wäre aber auch die Veränderung des Erbgutes mit anderer Motivation als
dem der Heilung von Krankheiten (z.B. Steigerung von körperlichen oder
intellektuellen Fähigkeiten). Solche Anwendungen wären kritisch zu bewerten.
Soll man solche Therapien
erproben und einführen, die z.Z. noch teuer und unsicher sind?
Gentherapie gegen Parkinson: USA; ein Gen zur Ankurbelung des
Stoffwechsels in bestimmte Hirnregionen eingebracht; mithilfe eines
„entschärften“ Virus; bei 9 von 12 Patienten Verbesserung der
Symptome
(GID 185 Dezember 2007 S.29)
Amerikanische Forscher verhalfen farbenblinden Totenkopfäffchen zum vollen
Farbensehen, indem sie Gene in die Photorezeptorzellen
der Netzhaut pflanzten. Dies zeige, dass es dem Gehirn von Primaten möglich
ist, eine sensorische Fähigkeit neu zu erlernen und zu verarbeiten, und zwar
über die plastische Phase des Gehirns in den ersten Lebensjahren hinaus. Sie
hoffen, die Gentherapie lasse sich auch dazu nutzen, ähnliche Sehfehler beim
Menschen zu behandeln; die Forscher injizierten ein menschliches L-Opsin-Gen
unter die Netzhaut der farbenblinden Affen
(Die Zeit 17.9.09 S.44; taz 18.9.09 S.18)
erste Erfolge bei erblichen Erblindungen und anderen
Augenkrankheiten erzielt; mit Virenbestandteilen als Gen-Fähren injizierten
Mediziner den Patienten die korrekte Version dess Gens unter die Netzhaut, die
Pigmentzellen konnten daraufhin das korrekte Sehpigment herstellen; vor allem
jüngere Patienten profitierten davon (8-11 Jahre); Ergebnisse nach 1 Jahr
weiter stabil
(taz 4.7.2010 S.18)
erstmals konnte einem an der erblichen Blutkrankheit Beta-Thalassämie leidenden
Patienten mittels einer Gentherapie geholfen werden; ein 18-jähriger Patient
erhielt Blutstammzellen, bei denen das fehlerhafte Gen (nicht genügend
Produktion von Hämoglobin) ersetzt worden war. Die Blutstammzellen kamen von
dem Patienten selbst, um das neue Gen in die Zellen einzuschleusen, nutzen die
Forscher eine von dem AIDS-Virus abgeleitete Gen-Fähre;
Patient muss seit über 2 Jahren keine Bluttransfusion mehr erhalten;
es sei noch nicht ganz sicher, ob nicht ein „bösartiger“
Nebeneffekt eintrete
(taz 17.9.2010 S.18)
Die Gentherapie an
Keim(bahn)zellen geht noch einen wesentlichen Schritt weiter als die somatische
Gentherapie. Hier wird das Erbgut eines Menschen in jeder Zelle seines Körpers
verändert und würde dann (über die gleichfalls veränderten Keimzellen) auch an
alle potenziellen Nachkommen weitergegeben werden. Man könnte so Erbkrankheiten
wirklich ursächlich heilen und ihre weitere Vererbung verhindern.
Wahrscheinlich ließen sich solche Eingriffe in Zukunft leichter und wirksamer
durchführen als Maßnahmen der somatischen Gentherapie.
Aber: Da hier die gentechnischen Veränderungen bereits an den Keim(bahn)zellen
durchgeführt werden, könnte der betroffene Mensch nicht zustimmen; die
heutige Generation würde festlegen, welche Eigenschaften zukünftig lebende
Menschen haben sollen und welche nicht.
Die
„Keimbahn-Therapie“ wird an Zellen der so genannten
„Keimbahn“ durchgeführt. Dazu zählen alle Zellen, deren Erbgut
sich später in jeder einzelnen Zelle eines sich daraus entwickelnden menschlichen
Organismus wiederfindet. Das sind die Ei- und Samenzellen des Menschen (und
ihre Vorläuferstadien), die befruchtete Eizelle und jede Einzel-Zelle in den
ersten Teilungsstadien eines Embryos (diese gelten bis zum Acht-Zell-Stadium
als „totipotent“, das heißt, sie sind fähig, sich auch allein noch
zu einem ganzen Organismus entwickeln zu können).
An nebenstehendem Bild soll
erläutert werden, wie man sich Keimbahn-Gen-Therapie vorstellt.
Vielleicht ist schon bekannt, dass im elterlichen Erbgut ein genetischer Defekt
vorliegt; dann könnte schon an den Ei- oder Samen-Zellen vor der Befruchtung
eine „Gen-Reparatur“ vorgenommen werden. Es wäre auch möglich, dass
erst in einem späteren Stadium, nach der erfolgreichen Befruchtung, Zellen
des Embryos auf genetische Abweichungen untersucht und „repariert“
werden sollen.
Im vorgestellten Fall wird zunächst eine künstliche Befruchtung im
Reagenzglas durchgeführt (siehe 1). Der Embryo entwickelt sich jetzt außerhalb
des Mutterleibes und ist für einen Eingriff leicht zugänglich. Wenn die Untersuchung
seiner Erbanlagen ergeben hat, dass eine konkrete Erbkrankheit vorliegt,
würde nun dem embryonalen Zellhäufchen eine Zelle entnommen (siehe 2).
In das Erbgut dieser Zelle
würde die gewünschte Erbeigenschaft eingebracht (in der Regel reicht das zusätzliche
Vorhandensein eines gesunden, funktionsfähigen Gens in der Zelle, das krankmachende
Gen muss nicht entfernt werden) (siehe 3).
Nun würde sich die
„reparierte“ Zelle zu teilen beginnen und sich zu einem Embryo
entwickeln (siehe 4) Der Embryo würde in den Leib einer Frau eingesetzt
werden. Der Mensch, der nun heranwächst, trüge in seinem Körper ausschließlich
Zellen mit der gewünschten Gen-Veränderung, er wäre ursächlich geheilt und
würde die ursprünglich vorhandene Erbkrankheit auch nicht mehr an Nachkommen
weiter vererben (siehe 5).
Keimbahn-Therapie ist in
Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz verboten.
Auch die so genannte „Bioethik-Konvention“ des Europarates vom 4.
April 1997 enthält ein Verbot von Eingriffen in die Keimbahn.
Es handelt sich hier um
einen grundlegenden Eingriff, um eine ursächliche „Reparatur“ aller
Zellen im Körper eines Menschen, der nicht um seine Zustimmung gefragt werden
kann.
Die an den Keimzellen durchgeführten Veränderungen wirken sich auch auf alle
potenziellen Nachkommen aus.
Daher gilt diese Form der Therapie und auch die Forschung dazu in Deutschland
nach ärztlichem Standesrecht als nicht vertretbar.
Dass die Betroffenen nicht
zustimmen können, wird oft als Argument gegen die Therapie vorgebracht.
Allerdings führen wir auch an Kindern Behandlungen durch, ohne sie nach ihrer
Meinung fragen zu können.
Auch die langfristigen
Auswirkungen auf die Nachkommen sprechen nicht letztendlich gegen die Therapie,
wenn diese Folgen eindeutig positiv zu bewerten wären (etwa die Ausschaltung
der für den Veitstanz verantwortlichen Gensequenzen).
Gewichtiger ist, dass die
Erforschung der Möglichkeiten der Therapie die Verwendung tausender Embryonen
erfordern würde. Dies ist nach einhelliger Auffassung in Deutschland nicht
vertretbar. Hier handelt es sich um einen Fall, in dem das Ziel unter
bestimmten Bedingungen wünschenswert erscheinen könnte, der Weg dahin sich
aber als ungangbar erweist, wenn man bestimmte ethische Standards aufrecht
erhalten will.
Beachtet
werden muss außerdem, dass jede Form von Keimbahntherapie, wenn sie allein der
Behandlung von Krankheiten dient, durch die Anwendung der
Präimplantationsdiagnostik überflüssig wird. Diese ohnehin bei einer
Keimbahntherapie notwendige Kontrolle könnte auch gleich angewendet werden.
Dadurch würde sich jede Therapie erübrigen, weil man gesunde Embryonen
aussuchen könnte.
Als mögliche Anwendung
erscheint dann aber allein eine irgendwie geartete Verbesserung der genetischen
Eigenschaften einzelner oder vieler Menschen. Dazu fehlt uns Menschen aber
definitiv die Kompetenz.
Einen Grenzfall würde etwa
eine genetische Immunisierung gegen Krankheiten wie die Grippe darstellen.
Abgesehen von der derzeitigen Unmöglichkeit eines solchen Unterfangens stellen
sich aber auch hier grundlegende Fragen. Denn jede genetische Vereinheitlichung
einer Population erhöht nicht nur ihre Gesundheit, sondern zugleich ihre
Anfälligkeit.
8. Menschliches Erbgut wird bei
der gentechnischen Herstellung von Medikamenten eingesetzt –
Beispiel HUMANINSULIN
Michael ist elf Jahre alt. Vor drei Jahren geriet er, ganz plötzlich, in
eine lebensbedrohliche Situation. Seine Bauchspeicheldrüse funktionierte nicht
mehr, ihre „Inselzellen“ stellten kein Insulin mehr zur Verfügung.
Dieses Hormon sorgt im gesunden menschlichen Organismus dafür, dass der
Zuckergehalt des Blutes in erträglichen Grenzen ausbalanciert wird. Michael
erfuhr schmerzlich, dass er Diabetiker ist, „zuckerkrank“. Seitdem
muss dieser Junge sich mehrmals täglich selbst eine Spritze geben und seinem
Körper Insulin zuführen. Beim Blick auf die Packungsbeilage seines Medikaments
wird klar: Es handelt sich zum einen um „Human-Insulin“, das
heißt, es ist chemisch der gleiche Stoff, den sonst nur gesunde Zellen im
menschlichen Organismus bereitstellen können, und dieser Stoff wird „gentechnisch
hergestellt“.
Das Verfahren wird großtechnisch seit Anfang der 80er Jahre
eingesetzt.
Das Prinzip der
gentechnischen Herstellung von Insulin soll anhand eines Bildes verdeutlicht
werden. Man benötigt zunächst den „Bauplan“ zur Insulinherstellung.
Im Zellkern jeder Zelle des menschlichen Körpers ist die Erbsubstanz dicht zusammengepackt.
Sie enthält – auf einem Faden-Molekül aneinander gereiht - alle
notwendigen Informationen und Baupläne, die festlegen, wie der Organismus
aufgebaut ist und wie sein Stoffwechsel funktioniert. Der Zellkern wird ins
Reagenzglas verbracht und das Erbmolekül dort freigesetzt. Mit Hilfe von
Enzymen (das sind chemische Substanzen, die wie Scheren wirken), wird die
Erbsubstanz in kleine Stücke zerschnitten. Ein solcher Schnipsel enthält den
gesuchten Bauplan (das Gen) zur Herstellung von menschlichem Insulin (siehe
1).
Nun wird ein Organismus benötigt, der mit Hilfe dieses Bauplans Insulin
herstellen kann. Hier haben sich Bakterien als geeignet erwiesen. Bakterienzellen
enthalten einen Teil ihrer Erbsubstanz in Form kleiner, übersichtlicher
Molekül-Ringe (Plasmide). Ein solcher Plasmid-Ring wird im Labor mit den
gleichen „chemischen Scheren“ aufgeschnitten, die schon beim
Zerlegen der menschlichen Erbsubstanz verwendet wurden (siehe 2).
Dass in beiden Fällen die gleichen „Scheren“ zum Einsatz kommen,
bewirkt, dass die erzeugten Schnittstellen wie in einem perfekten
Puzzle exakt zusammenpassen.
Der Insulin-Bauplan aus dem
menschlichen Erbgut wird nun in die offene Stelle des Bakterien-Plasmids
eingefügt. Die Enden werden biochemisch miteinander verklebt (siehe 3). Der
solcherart veränderte, vergrößerte Molekül-Ring wird in Bakterienzellen der
gleichen Art eingebracht (siehe 4).
Bei jeder Zellteilung geben
die gentechnisch veränderten Bakterienzellen auch die neue Erbeigenschaft an
alle ihre Nachkommen weiter. Der Bioreaktor, in dem sie leben, füllt sich
schnell mit Lebewesen, die die neue Eigenschaft in ihrem Erbgut tragen. Und
die Bakterien stellen jetzt in ihrem Stoffwechsel sehr effektiv einen Eiweiß-Stoff
her, den sie selbst nicht benötigen: Insulin. Die Bakterien lagern den Stoff
in ihren Zellen ab, werden abgetötet, und danach ist noch einiges an chemischer
Nachbereitung nötig, ehe das gewünschte Medikament zur Verfügung steht:
reines Human-Insulin, ein lebenswichtiges Eiweiß in der gleichen chemischen Zusammensetzung,
wie es sonst nur im gesunden menschlichen Organismus vorkommt (siehe 5).
Die Verabreichung von
gentechnisch hergestelltem Insulin ist inzwischen zum „Normalfall“
geworden: Mehr als 80 Prozent aller insulinpflichtigen Diabetiker in Deutschland
sind auf gentechnisch hergestellte Präparate eingestellt.
Für die anderen Patienten
stehen als alternatives Ersatz-Medikament Insuline zur Verfügung, die aus den
Bauchspeicheldrüsen von Rindern und Schweinen aus Schlachthofabfällen gewonnen
werden. Das war vor 1980 die einzige Insulin-Quelle, bei der sich zunehmend
Versorgungs-Engpässe abzeichneten. Das Insulin von Rindern und Schweinen
stimmt in seiner chemischen Zusammensetzung nicht ganz mit dem des Menschen
überein, so dass es bei manchen Patienten zu Unverträglichkeiten und allergischen
Reaktionen kam.
In den inzwischen dreißig
Jahren der gentechnischen Herstellung von menschlichem Insulin sind bei der
überwiegenden Mehrheit der Patienten bis heute keine problematischen Neben-
und Folgewirkungen eingetreten (in Einzelfällen wird bei der Verwendung von
gentechnisch hergestelltem Humaninsulin von gesundheitlichen Problemen bei
Patienten berichtet, die tierische Insuline gut vertragen hatten www.pro-tierisches-insulin.info).
Der Patient entscheidet sich freiwillig (und nach Aufklärung) für die Nutzung
von Human-Insulin. Er kommt nicht mit gentechnisch veränderten Organismen
(hier: den Bakterien) in Kontakt – in der Medikamenten-Spritze befindet
sich nur der chemisch reine Stoff Insulin. Die Bakterien leben in einem
geschlossenen System (Bioreaktor). Wenn doch Einzel-Exemplare in die freie
Natur entkommen sollten, haben sie dort keine Überlebenschancen. Ihnen wurde
– auch per Gen¬technik – eine weitere zusätzliche Eigenschaft
„einge¬baut“, die sie von einem Nahrungs¬bestand¬teil ab¬hängig
macht. Diesen können sie selbst nicht mehr in ihrem eigenen Stoffwechsel
herstellen (Thiamin - Vitamin B1). Dieses steht aber nur im Biore¬aktor zur
Ver¬fügung und kommt „draußen in der Natur nicht vor.
Am Beispiel der
gentechnischen Insulin-Herstellung werden die atemberaubenden Möglichkeiten
der neuen Techniken deutlich. In der Natur ist der Austausch von Erbgut über
Artgrenzen hinweg kaum möglich. Diese Barrieren existieren jetzt praktisch
nicht mehr. Biologisch können Lebewesen nicht weiter voneinander entfernt sein
als Bakterien und Menschen. Und doch – das Insulin-Beispiel zeigt es
– ist es möglich, eine einzelne Erbinformation, die nur in gesunden
menschlichen Zellen vorkommt, erfolgreich auf Bakterienzellen zu übertragen,
und sie vollführt dort die gleiche Funktion. Man kann demnach versuchen, jede
Erbeigenschaft, die in irgendeinem Lebewesen auf dieser Welt vorkommt und
uns nützlich erscheint, in das Erbgut von völlig anderen Organismen
einzubauen, also von Bakterien auf Maispflanzen oder von Fischen auf Tomaten
zu übertragen.
Die hier geschilderte
Anwendung der Gentechnik zur Herstellung von Medikamenten ist inzwischen
allgemein akzeptiert. Es werden keine Gene in den menschlichen Körper
eingebracht. Daher steht man hier im Prinzip vor keinen anderen Fragen als
bei der Gabe jedes anderen Medikaments. Freilich müssen die üblichen Sorgfaltspflichten
in der Erprobung und Anwendung von Medikamenten beachtet werden.
Kann man in Kenntnis dieser
– nicht nur von Betroffenen als segensreich erlebten - Anwendung der
Gentechnik pauschal jede Art gentechnischer Veränderung ablehnen? Ist es
wichtiger, ein Prinzip durchzuhalten (etwa: „keine Gentechnik!“)
oder nach den konkreten Folgen einer Handlung zu fragen (etwa: wem nützt die
Technik, wem schadet sie)?
Im
Jahre 2008 wurde in Argentinien eine Klonkuh nach dem Dolly-Verfahren
hergestellt. In ihr Erbgut wurde ein Abschnitt der menschlichen Erbsubstanz eingeschleust.
Mit der Milch soll Insulin produziert und abgegeben werden; vermutlich ist das
Produkt mindestens 30% billiger als Insulin aus bakterieller Produktion. 25
geklonte Kühe könnten den Insulinbedarf für alle 1,5 Millionen argentinischen
Diabetiker abdecken. (Spiegel 9-2008 S.65)
9. Ethisch-theologische Erwägungen
„Im übrigen aber gehört es zum verantwortlichen Umgang mit der
‚Freiheit eines Christenmenschen‘, sich in jedem einzelnen Fall aufgrund
der entwickelten Entscheidungshilfen selbst ein Urteil zu bilden.“
(„Einverständnis mit der Schöpfung – Ein Beitrag zur ethischen
Urteilsbildung im Blick auf die Gentechnik“, erarbeitet im Auftrag des
Rates der Ev. Kirche in Deutschland, Gütersloh 1997, S.168)
Die Anwendung
biomedizinischer und gentechnischer Verfahren am Menschen weckt eine Fülle von
Hoffnungen und Befürchtungen in der Öffentlichkeit. Einerseits könnten bislang
unheilbare Krankheiten in Zukunft therapierbar sein. Andererseits bergen solche
Therapien Risiken. Im Bereich der Diagnostik können Erkenntnisse über unsere
genetischen Veranlagungen hilfreich sein. Aber wie gehen wir mit Befunden um,
die das Auftreten einer schwerwiegenden Erbkrankheit vorhersagen? Die Vielfalt
der Probleme und ihr grundsätzlicher Charakter haben in den letzten Jahren zu
einer intensiven Diskussion über Chancen und Risiken der Gentechnik
geführt.
Dabei stehen wir nicht vor
der schlichten Alternative zwischen einem generellen „Ja” zur
Gentechnik und einem kategorischen „Nein”. Vielmehr kann man sich
Abwägungen von Nutzen und Schaden der Anwendung neuer Techniken nicht
ersparen.
9.1. Gentechnik und
Schöpfung
Von Anfang an wurde die
Gentechnik von Wissenschaftlern und Laien mit dem Begriff der „Schöpfung”
in Verbindung gebracht. Zu neu, zu atemberaubend schienen die Möglichkeiten zu
sein, um sie einfach in das Bekannte einzuordnen. Es schien, als würde die
Wissenschaft durch eine Hintertür in den verschlossenen Garten Eden
einbrechen. Inzwischen ist hier eine Ernüchterung eingetreten. Zweifellos
eröffnet die Gentechnik neue Möglichkeiten des Eingriffs in die Natur. Aber sie
lässt sich ebenso als eine Fortsetzung von Techniken verstehen, die Menschen
seit Jahrtausenden anwenden (z.B. Pflanzenzüchtung).
Gottes Schöpfung besteht
nicht nur aus den Genen. Martin Luther zählte im Kleinen Katechismus u.a. auch
„Kleider und Schuhe” dazu. Denn es geht nicht um einzelne Bausteine
der Welt, sondern um die ganze Welt, insofern wir sie als Gottes Gabe verstehen.
Schöpfung und Natur sind also nicht identisch. Die Natur ist vielmehr ein Teil
der Schöpfung. Weder die Natur noch die Schöpfung sind aber unveränderlich,
sondern sie sind fortwährend in Bewegung (z.B. Mutationen). Etwas zu
„bewahren” heißt also nicht notwendig, es unverändert zu lassen.
„Herr, wie sind deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle
weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Güter.“ (Psalm 104,24)
“Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?“ (Psalm 8,5)
Die christliche Überlieferung
kennt im Umgang mit der Natur (und also auch mit Genen) zwei Haltungen: Zum
einen staunen die Gläubigen über die Fülle, Schönheit und Ordnung der Natur
(Ps. 104). Die Natur wird als Hinweis auf Gottes überlegene Größe und Weisheit
erfahren. Dies darf aber nicht mit Naturromantik verwechselt werden. Denn die
Menschen zur Zeit der Entstehung biblischer Bücher waren sich der Gefahren und
der Lebensfeindlichkeit der Natur sehr wohl bewusst. Ihnen ging es vielmehr
darum, gegen die Erfahrung menschlicher Ungerechtigkeit auf die Güte von Gottes
ursprünglicher Schöpfung hinzuweisen.
Die andere Haltung gegenüber
der Natur betont das Handeln des Menschen. Er soll und muss (nach dem
„Sündenfall“) die Erde bebauen. Dabei geht die Bibel einerseits
von der Kontinuität allen Lebens als Gottes Schöpfung aus. Andererseits aber
wird dem Menschen eindeutig derVorrang vor den Tieren eingeräumt.
Theologisch ist
festzuhalten, dass nach biblischem Zeugnis die Welt, so wie wir sie erfahren,
nicht einfach Gottes gute Schöpfung darstellt, sondern eine Welt, die durch
den „Sündenfall” (die leidbringende Abkehr der Menschen von Gottes
ursprünglichen Zielen) tiefgreifend verändert worden ist. Wo immer wir also von
einem Eingriff in Gottes Schöpfung sprechen, müssten wir uns darüber klar
sein, dass es sich für uns um die „gefallene” Welt handelt, die
allein ihrer Intention nach Gottes Willen ungebrochen widerspiegelt. Der
Schöpfungsglaube verbietet daher nicht, gentechnisch zu arbeiten.
Der Schöpfungsglaube leitet
dazu an, unser Leben und unsere Entscheidungen in einem größeren Kontext zu
sehen, und ihre Folgen für die Welt zu bedenken. Er gibt aber in der Bibel
keinen direkten Hinweis darauf, wie wir uns in den anstehenden Fragen
entscheiden sollen. Diese Hinweise sind vielmehr den konkreten Geboten der
Mitmenschlichkeit, des Schutzes der Schwachen und der Achtung vor dem
menschlichen Leben zu entnehmen, wie sie sich in Ausweitung der ursprünglich
eng auf den eigenen Bereich zielenden Weisungen der Bibel entwickelt haben.
9.2. Ethische Kriterien
Die Anwendung gentechnischer
Verfahren am Menschen vollzieht sich in der medizinischen Praxis. Dafür ist
zunächst das ärztliche Berufsethos entscheidend, so wie es sich seit der Antike
bis heute herausgebildet hat. Dieses Ethos kann sich im Einzelnen wandeln, aber
es beinhaltet bestimmte Intentionen des Handelns, z.B. die Linderung von
Schmerzen, die Heilung von Krankheiten, nicht aber die Tötung von Menschen.
Legt man dieses Kriterium an, so folgt daraus, dass nicht alle möglichen Anwendungen
der Biomedizin und Gentechnik legitim sind, sondern allein solche, die sich mit
dem Ethos des Arztes/der Ärztin vereinbaren lassen. Damit erhalten Biomedizin
und Gentechnik am Menschen einen Ort und Personen, die für ihre Anwendung verantwortlich
sind.
„...füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über
die Fische und die Vögel und das Vieh und alles Getier...“ (1.Mose 1,28)
„Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten
Eden, damit er ihn bebauen und bewahren sollte.“ (1.Mose 2,15)
Das ärztliche Ethos, wie es
sich im Abendland herausgebildet hat, wird wesentlich von dem Prinzip der
Menschenwürde bestimmt. Damit ist gesagt, dass medizinisches Handeln sich in
erster Linie dem Einzelnen verpflichtet weiß. Es hat darüber zu wachen, dass
Einzelne in seinem Bereich nicht von den Interessen anderer oder der
Gesellschaft überrollt werden. Menschen dürfen nicht für die Zwecke anderer
missbraucht werden. Daher gilt im Bereich der Medizin die Verpflichtung, dass
jede/jeder einer Behandlung nach ausreichender Information freiwillig
zustimmen muss. Dieses Kriterium bestimmt also die Achtung vor dem Menschen als
oberste Orientierung der Medizin.
Konkret vollzieht sich
medizinisches Handeln in der Regel als Versuch, Krankheiten zu heilen. Es kann
mithin nicht um irgendeine Verbesserung der menschlichen Art gehen.
Veränderungen des menschlichen Erbgutes, die auf eine Züchtung hinauslaufen,
sind also durch das ärztliche Ethos nicht gedeckt. Es gibt keine Gruppe von Menschen,
die für solche Entscheidungen zuständig sein könnte.
9.3. Ausblick
Bei der Beurteilung der
Biomedizin und Gentechnik muss unterschieden werden zwischen den Folgen einer
Anwendung für den Einzelnen und gesellschaftlichen Folgen: Zwar kann eine
genetische Diagnostik für den Einzelnen von Vorteil sein, aber wenn sie für
alle Menschen zwingend vorgeschrieben wird, kann sich das für einige andere
oder die Gesellschaft negativ auswirken (z.B. bei genetischen Tests vor
Abschluss einer Versicherung). Hier müssen Abwägungen vorgenommen werden. Dies
darf aber nicht so geschehen, dass die Gesellschaft das letzte Wort behält.
Der Hinweis, dass die Menschen sich doch in ihr Leiden und die von Gott
gesetzten Grenzen fügen sollen, kann zynisch werden, wenn damit nur die
Ablehnung einer neuen Technik zum Ausdruck kommt.
In diesem Zusammenhang ist
auf das Argument des „Dammbruches” einzugehen. Es besagt, dass wir
zwangsläufig von einer unkalkulierbaren Flut weggespült werden, wenn wir ein
Risiko auf uns nehmen. Zum Beispiel wird oft gesagt, dass man die Indikationen
für eine genetische Diagnostik nicht begrenzen könne und früher oder später
Kinder sogar wegen der Haarfarbe selektiert würden. Wie immer man eine
bestimmte Gefahr im Einzelnen bewertet, so gibt es hier doch keine
Gesetzmäßigkeiten. Die Technikgeschichte kennt Bespiele sowohl für eine
Entwicklung zum Schlechten als auch zum Guten. Auch in der Gegenwart beobachten
wir beides: Eine Erosion alter Höflichkeitsregeln etwa neben einer steigenden
Sensibilität für ethische Fragen. Setzt man zudem das Dammbruch-Argument
absolut, würde man jede Möglichkeit zur ethischen Urteilsbildung und zum Ziehen
verbindlicher Grenzen verneinen. Man würde einem reinen Fatalismus
anhangen.
„Gott der Herr gebot dem Menschen: Du darfst essen von allen
Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst
du nicht essen...“ (1.Mose 2,16f.)
“Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.“
(1.Kor. 6,12)
Es geht in den ethischen
Fragen um Biomedizin und Gentechnik in der Regel nicht um die Entscheidung
zwischen einer moralisch guten Handlung und einer schlechten. Vielmehr geht es
um die Suche nach dem besseren oder schlechteren Weg zu einem gemeinsam
erkannten Guten: Dass Menschen gesund werden möchten und sollen, ist nicht
strittig. Nur der Weg dahin ist unklar. Ethik ist zudem nicht nur in den Mauern
der Kirche beheimatet. Die Vorstellung, dass Naturwissenschaftler das Wissen und
die Kirche die Moral hätte, ist falsch. Ethik besteht im Nachdenken über das
gute Handeln, nicht im vermeintlichen Besitz der Moral.
Der christliche Glaube
spricht an sich weder für noch gegen die Biomedizin und Gentechnik. Die Gene sind
- wie Knochen oder Zellen - normale Bestandteile unseres Körpers. Bislang
hatten Menschen keine Möglichkeit, die Gene gezielt zu verändern. Dass dies in
der Zukunft wahrscheinlich möglich wird, stellt uns vor ungewohnte
Möglichkeiten und Fragen. Als menschliches Unterfangen wird aber auch die Gentechnik
der Welt nicht das Heil bringen. Diese wichtige theologische Unterscheidung
kann dazu anleiten, die Gentechnik nicht in der einen oder anderen Richtung
theologisch zu überhöhen. Es geht um die nüchterne Frage, ob mit bestimmten
Anwendungen Menschen in diesem Leben geholfen werden kann oder nicht - und ob
Hilfe auf der einen Seite möglicherweise an anderer Stelle schadet.
(Christian Schwarke)
Argumente und Denk-Anstöße aus der biblisch-christlichen Tradition
1. der Mensch in der Schöpfung
a) Staunen und Danken
“Herr, wie sind deine Werke so groß und viel. Du hast sie weise geordnet,
und die Erde ist voll deiner Güter.“ (Psalm 104,24); „Was ist der
Mensch, dass du seiner gedenkst?“ (Psalm 8,5);
der Mensch als Geschöpf unter anderen Geschöpfen; Staunen über die Fülle und
Vielfalt der Werke Gottes; Dankbarkeit für das Geschenk des Daseins;
Annäherung an die Schöpfung in Demut und Zurückhaltung: „die Welt
Gut-sein-lassen“
b) Entdecken und Gestalten
„Macht euch die Erde untertan“ (1.Mose 1,28); „bebaut und
bewahrt sie“ (1.Mose2,15);
der Mensch darf die Natur erkennen, er darf sie umgestalten und nutzen, aber
diese Welt soll ein Garten bleiben und nicht zur Wüste verkommen; die
Herrschaft über andere Menschen ist ihm nicht aufgetragen
c) halb Engel und halb wildes Tier
“Gott der Herr gebot dem Menschen: Du darfst essen von allen Bäumen im
Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht
essen“ (1.Mose2,16f); „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles
dient zum Guten“ (1.Kor.6,12); die Bibel hat ein realistisches
Menschenbild: Menschen sind fehlbar, halten gesetzte Grenzen nicht ein
2. Gott-Ebenbildlichkeit des Menschen
„Gott schuf den Menschen zu
seinem Bilde“ (1.Mose1,27; siehe auch 1.Mose9,6 und Psalm 8,5ff)
das biblische Menschenbild; der Mensch als Geschöpf mit besonderer Stellung und
Verantwortung; Leben und Dasein als Geschenk; der Mensch als endliches Wesen;
mit Grenzen und Beschränkungen leben; Leid, Krankheit, Behinderungen gehören
zu unserem Leben; in der Gottebenbildlichkeit gründet auch die Menschen-Würde;
Mensch von Anfang an: „Du hast mich gebildet im Mutterleibe, deine Augen
sahen, wie ich entstand“ (Psalm 139,13+16; auch Hiob10,10f)
3. Rechtfertigung
Gottes vorbehaltlose und
bedingungslose Zuwendung zu jedem Menschen; Anerkennung als Mensch ist von
keinen Eigenschaften abhängig, gilt auch für Kranke und Behinderte, Sterbende
und Ungeborene
4. Tötungsverbot
“Du sollst nicht töten“
(2.Mose20,13; 1.Mose 9,6); schützt den Menschen als Person
5. Auferstehungshoffnung
Hoffnung, die über Leid, Krankheit und Tod hinaus tragen kann; gegen
Heils-Versprechen und Heils-Erwartungen angesichts des medizinischen
Fortschritts
Behandlungen und Ergebnisse der assistierten
Reproduktion in Deutschland im Jahr 2000
plausible Zyklen: 61918 (wohl Zahl der Frauen, die
Behandlung wünschen)
hormonelle Stimulationen: 51284 (ca. 31000 bis 32000
Frauen)
Eizellen gewonnen: 425000 (8 je Zyklus)
Embryonen übertragen: 39755 (ca. 17300 Frauen – durchschnittlich
2,3 Embryonen je Behandlung)
klinische Schwangerschaften: 10388
Geburten: 5327
(10,4 Prozent bezogen auf die Anzahl der anfänglichen
......................................................................Hormonbehandlungen)
(Deutscher Bundestag, Schlussbericht der
Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“,
14.5.2002, S.55, 39)
Willkommen in Holland
Ich werde oft gefragt, wie es ist, ein behindertes
Kind großzuziehen. Es ist wie folgt:
Wenn man ein Baby erwartet, ist das, wie wenn man eine
wundervolle Reise nach Italien plant Man deckt sich mit Reiseprospekten und
Büchern über Italien ein und plant die wunderbare Reise. Man freut sich aufs
Kolosseum, Michelangelos David, eine Gondelfahrt in Venedig, und man lernt
vielleicht noch ein paar nützliche Brocken Italienisch. Es ist alles so
aufregend. Nach Monaten ungeduldiger Erwartung kommt endlich der lang
ersehnte Tag. Man packt die Koffer, und los geht's. Einige Stunden später
landet das Flugzeug. Der Steward kommt und sagt: „Willkommen in
Holland." „Holland?!? Was meinen Sie mit Holland?!? Ich habe eine
Reise nach Italien gebucht! Mein ganzes Leben lang habe ich davon geträumt,
nach Italien zu fahren!"
Aber der Flugplan wurde geändert. Du bist in Holland
gelandet, und da musst du jetzt bleiben. Wichtig ist, die haben uns nicht in ein
schreckliches, dreckiges, von Hunger, Seuchen und Krankheiten geplagtes Land
gebracht. Es ist nur anders als Italien.
So, was du jetzt brauchst, sind neue Bücher und
Reiseprospekte, und du musst eine neue Sprache lernen, und du triffst andere
Menschen, welche du in Italien nie getroffen hättest. Es ist nur ein anderer
Ort, langsamer als Italien, nicht so auffallend wie Italien. Aber nach einer
gewissen Zeit an diesem Ort und wenn du dich vom Schrecken erholt hast, schaust
du dich um und siehst, dass Holland Windmühlen hat... Holland hat auch Tulpen.
Holland hat sogar Rembrandts.
Aber alle, die du kennst, sind sehr damit beschäftigt, von Italien zu
kommen oder nach Italien zu gehen. Und für den Rest deines Lebens sagst du dir:
„Ja, Italien, dorthin hätte ich auch reisen sollen, dorthin habe ich
meine Reise geplant."
Und der Schmerz darüber wird nie und nimmer vergehen, denn der Verlust dieses
Traumes ist schwerwiegend.
Aber... wenn du dein Leben damit verbringst, dem verlorenen Traum der Reise
nach Italien nachzutrauern, wirst du nie frei sein, die speziellen und
wundervollen Dinge Hollands genießen zu können.
(Emily Perl Kingsley, aus: andere zeiten e.v.: der andere advent 2004/2005,
Seite zum 13.12.04)
Embryonenschutzgesetz
(Gesetz zum Schutz von Embryonen – EschG – vom 13.12.1990)
Der Bundestag hat das
folgende Gesetz beschlossen:
§ 1 Mißbräuchliche
Anwendung von Fortpflanzungstechniken
(1) Mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. auf eine Frau eine fremde
unbefruchtete Eizelle überträgt,
2. es unternimmt, eine
Eizelle zu einem anderen Zweck künstlich zu befruchten, als eine
Schwangerschaft der Frau herbeizuführen, von der die Eizelle stammt,
3. es unternimmt, innerhalb
eines Zyklus mehr als drei Embryonen auf eine Frau zu übertragen,
4. es unternimmt, durch
intratubaren Gametentransfer innerhalb eines Zyklus mehr als drei Eizellen zu
befruchten,
5. es unternimmt, mehr
Eizellen einer Frau zu befruchten, als ihr innerhalb eines Zyklus übertragen
werden sollen,
6. einer Frau einen Embryo
vor Abschluß seiner Einnistung in der Gebärmutter entnimmt, um diesen aufeine
andere Frau zu übertragen oder ihn für einen nicht seiner Erhaltung dienenden
Zweck zu verwenden, oder
7. es unternimmt, bei einer
Frau, welche bereit ist, ihr Kind nach der Geburt Dritten auf Dauer zu
überlassen (Ersatzmutter),
eine künstliche Befruchtung
durchzuführen oder auf sie einen menschlichen Embryo zu übertragen.
(2) Ebenso wird bestraft,
wer
1. künstlich bewirkt, daß
eine menschliche Samenzelle in eine menschliche Eizelle eindringt, oder
2. eine menschliche
Samenzelle in eine menschliche Eizelle künstlich verbringt, ohne eine
Schwangerschaft der Frau herbeiführen zu wollen, von der die Eizelle
stammt.
(3) Nicht bestraft
werden
1. in den Fällen des
Absatzes 1 Nr. 1, 2 und 6 die Frau, von der die Eizelle oder der Embryo stammt,
sowie die Frau, auf die die Eizelle übertragen wird oder der Embryo übertragen
werden soll, und
2. in den Fällen des
Absatzes 1 Nr. 7 die Ersatzmutter sowie die Person, die das Kind auf Dauer bei
sich aufnehmen will
(4) in den Fällen des
Absatzes 1 Nr. 6 und des Absatzes 2 ist der Versuch strafbar.
§ 2 Mißbräuchliche
Verwendung menschlicher Embryonen
(1) Wer einen extrakorporal erzeugten
oder einer Frau vor Abschluß seiner Einnistung in der Gebärmutter entnommenen
menschlichen Embryo
veräußert oder zu einem nicht seiner Erhaltung dienenden Zweck abgibt, erwirbt
oder verwendet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft,
wer zu einem anderen Zweck als der Herbeiführung einer Schwangerschaft bewirkt,
daß sich ein menschlicher Embryo extrakorporal weiterentwickelt.
(3) Der Versuch ist
strafbar.
§ 3 Verbotene
Geschlechtswahl
Wer es unternimmt, eine
menschliche Eizelle mit einer Samenzelle künstlich zu befruchten, die nach dem
in ihr enthaltenen Geschlechtschromosom ausgewählt worden ist, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Dies gilt nicht,
wenn die Auswahl der Samenzelle durch einen Arzt dazu dient, das Kind vor der
Erkrankung an einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne oder einer ähnlich
schwerwiegenden geschlechtsgebundenen Erbkrankheit zu bewahren, und die dem
Kind drohende Erkrankung von der nach Landesrecht zuständigen Stelle als
entsprechend schwerwiegend anerkannt worden ist.
§ 4 Eigenmächtige
Befruchtung, eigenmächtige Embryoübertragung und künstliche Befruchtung nach
dem Tode
(1) Mit Freiheitsstrafe bis
zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. es unternimmt, eine
Eizelle künstlich zu befruchten, ohne daß die Frau, deren Eizelle befruchtet
wird, und der Mann, dessen Samenzelle für die Befruchtung verwendet wird,
eingewilligt haben,
2. es unternimmt, auf eine
Frau ohne deren Einwilligung einen Embryo zu übertragen, oder
3. wissentlich eine Eizelle
mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tode künstlich befruchtet.
(2) Nicht bestraft wird im
Fall des Absatzes 1 Nr. 3 die Frau, bei der die künstliche Befruchtung
vorgenommen wird.
§ 5 Künstliche
Veränderung menschlicher Keimbahnzellen
(1) Wer die Erbinformation
einer menschlichen Keimbahnzelle künstlich verändert, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft,
wer eine menschliche Keimzelle mit künstlich veränderter Erbinformation zur
Befruchtung verwendet.
(3) Der Versuch ist
strafbar.
(4) Absatz 1 findet keine
Anwendung auf
1. eine künstliche
Veränderung der Erbinformation einer außerhalb des Körpers befindlichen
Keimzelle, wenn ausgeschlossen ist, daß diese zur Befruchtung verwendet
wird,
2. eine künstliche
Veränderung der Erbinformation einer sonstigen körpereigenen Keimbahnzelle, die
einer toten Leibesfrucht, einem Menschen oder einem Verstorbenen entnommen
worden ist, wenn ausgeschlossen ist, daß
a) diese auf einen Embryo,
Foetus oder Menschen übertragen wird oder
b) aus ihr eine Keimzelle
entsteht,
sowie
3. Impfungen, strahlen-,
chemotherapeutische oder andere Behandlungen, mit denen eine Veränderung der
Erbinformation von Keimbahnzellen nicht beabsichtigt ist.
§ 6 Klonen
(1) Wer künstlich bewirkt,
daß ein menschlicher Embryo mit der gleichen Erbinformation wie ein anderer
Embryo, ein Foetus, ein Mensch oder ein Verstorbener entsteht, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft,
wer einen in Absatz 1 bezeichneten Embryo auf eine Frau überträgt.
(3) Der Versuch ist
strafbar.
§ 7 Chimären- und
Hybridbildung
(1) Wer es unternimmt,
1. Embryonen mit
unterschiedlichen Erbinformationen unter Verwendung mindestens eines
menschlichen Embryos zu einem Zellverband zu vereinigen,
2. mit einem menschlichen
Embryo eine Zelle zu verbinden, die eine andere Erbinformation als die Zellen
des Embryos enthält und sich mit diesem weiter zu differenzieren vermag,
oder
3. durch Befruchtung einer
menschlichen Eizelle mit dem Samen eines Tieres oder durch Befruchtung einer
tierischen Eizelle mit dem Samen eines Menschen einen differenzierungsfähigen
Embryo zu erzeugen,
wird mit Freiheitsstrafe bis
zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft,
wer es unternimmt,
1. einen durch eine Handlung
nach Absatz 1 entstandenen Embryo auf
a) eine Frau oder
b) ein Tier
zu übertragen oder
2. einen menschlichen Embryo
auf ein Tier zu übertragen.
§ 8
Begriffsbestimmung
(1) Als Embryo im Sinne
dieses Gesetzes gilt bereits die befruchtete, entwicklungsfähige menschliche
Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an, ferner jede einem Embryo
entnommene totipotente Zelle, die sich bei Vorliegen der dafür erforderlichen
weiteren Voraussetzungen zu teilen und zu einem Individuum zu entwickeln
vermag.
(2) In den ersten
vierundzwanzig Stunden nach der Kernverschmelzung gilt die befruchtete
menschliche Eizelle als entwicklungsfähig, es sei denn, daß schon vor Ablauf
dieses Zeitraums festgestellt wird, daß sich diese nicht über das
Einzellstadium hinaus zu entwickeln vermag.
(3) Keimbahnzellen im Sinne
dieses Gesetzes sind alle Zellen, die in einer Zell-Linie von der befruchteten
Eizelle bis zu den Ei- und Samenzellen des aus ihr hervorgegangenen Menschen
führen, ferner die Eizelle vom Einbringen oder Eindringen der Samenzelle an bis
zu der mit der Kernverschmelzung abgeschlossenen Befruchtung.
§ 9 Arztvorbehalt
Nur ein Arzt darf vornehmen:
1. die künstliche
Befruchtung,
2. die Übertragung eines
menschlichen Embryos auf eine Frau,
3. die Konservierung eines
menschlichen Embryos sowie einer menschlichen Eizelle, in die bereits eine
menschliche Samenzelle eingedrungen oder künstlich eingebracht worden
ist.
§ 10 Freiwillige
Mitwirkung
Niemand ist verpflichtet,
Maßnahmen der in § 9 bezeichneten Art vorzunehmen oder an ihnen
mitzuwirken.
§ 11 Verstoß gegen den
Arztvorbehalt
(1) Wer, ohne Arzt zu
sein,
1. entgegen § 9 Nr. 1 eine
künstliche Befruchtung vornimmt oder
2. entgegen § 9 Nr. 2 einen
menschlichen Embryo auf eine Frau überträgt,
wird mit Freiheitsstrafe bis
zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Nicht bestraft werden im
Fall des § 9 Nr. 1 die Frau, die eine künstliche Insemination bei sich
vornimmt, und der Mann, dessen Samen zu einer künstlichen Insemination
verwendet wird.
§ 12
Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt,
wer, ohne Arzt zu sein, entgegen § 9 Nr. 3 einen menschlichen Embryo oder eine
dort bezeichnete menschliche Eizelle konserviert.
(2) Die Ordnungswidrigkeit
kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Deutsche Mark geahndet werden.
§ 13 Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1.
Januar 1991 in Kraft.
Wann beginnt menschliches Leben?
diskutierte Einschnitte in der Menschwerdung:
·
Entschluss von
Eltern, ein Kind haben zu wollen
·
Eindringen der
Samenzelle in die Eizelle
·
Verschmelzung
von Ei- und Samenzelle
·
Ausschluss
natürlicher Mehrlingsbildung und die damit verbundene endgültige Individuation
(10.-14.Tag)
·
Einnistung des
Embryos in die Gebärmutter (10.Tag)
·
Ausbildung des
Primitiv-Streifens (14.Tag)
·
Organ- und
Gestaltbildung abgeschlossen
(Ende des dritten Schwangerschaftsmonats)
·
Ausbildung von
Hirnstrukturen
(„Hirnleben-Kriterium“ in Anlehnung an das Hirntod-Kriterium bei
der Organtransplantation; Synapsen als Verbindungen zwischen Nervenzellen
frühestens ab 70. Tag nach der Befruchtung; dieser Zeitpunkt kann mit
Ultraschall hinreichend genau festgestellt werden)
·
Auftreten von
(Schmerz-)Empfindungsfähigkeit
(etwa vierter Lebensmonat)
·
erste von der
Schwangeren wahrgenommene kindliche Bewegungen
·
Überlebensfähigkeit
außerhalb der Gebärmutter
·
Geburt
·
erster Atemzug
(jüdischer Kulturkreis)
·
Zustimmung des
Vaters
·
Ausbildung der
Fähigkeit zur Zeiterfahrung
·
Ausbildung eines
Selbstbewusstseins
mögliche Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch nach pränataler
genetischer Diagnostik
Störung vermutlich
Abbruch
-----------------------------------------------------------------------------------
Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
(geringe bis mittlere Ausprägung) 10,5%
schwerer „offener Rücken“ 84,8%
Anenzephalie 96,4%
Zystische Fibrose 49,5%
Chorea Huntington 63,1%
Prädisposition für Alzheimer
(Betroffenheitsrisiko 100%) 35,7%
Down-Syndrom 60,8%
Muskeldystrophe (Typ Duchenne) 76,4%
genetisch bedingtes Übergewicht 18,9%
(Umfrage Universität Münster: 1157 Frauen, die vorgeburtliche Diagnostik
hatten vornehmen lassen; „Würden Sie bei einer entsprechenden Diagnose
vor der Geburt einem Schwangerschaftsabbruch zustimmen?“;
Quelle: Bundeszentrale für Politische Bildung: Gentechnik, 1999, S.132)
Faule Kompromisse, Doppel-Moral ?
a) Entscheidung des Deutschen Bundestages zum Import von Stammzellen (Januar
2002):
Gewinnung von embryonalen Stammzellen aus „überzähligen“
Embryonen (nach Retortenbefruchtung) ist und bleibt in Deutschland verboten;
ABER:
der Import von Stammzellen, die im Ausland bereits zur Verfügung stehen
und aus „überzähligen“ Embryonen gewonnen wurden, ist für
begrenzte Forschungszwecke zugelassen
b) Forderung nach klarem Verbot der Forschung an Stammzellen, die in
Deutschland oder im Ausland aus menschlichen Embryonen gewonnen wurden
ABER:
Wenn mit Hilfe solcher Forschungen dann doch eines Tages anwendungsreife Heilungsmöglichkeiten
für schwere Erkrankungen zur Verfügung stehen – werden diese dann nicht selbstverständlich
auch für Patienten in Deutschland genutzt werden?
Klarstellung zur Zulässigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen
In der
Öffentlichkeit wird häufig behauptet, eine durch PND festgestellte Behinderung
des Embryos (oder Fötus) stelle nach geltendem Recht eine legale und damit
auch gesellschaftlich anerkannte Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch
dar. Wenn dies aber für den Embryo im Mutterleib gelte, müsse es auch für den
Embryo in der Petrischale gelten; denn es könne nicht angehen, dass der Embryo
in utero (= in der Gebärmutter) besser geschützt sei als der in vitro (= im
Reagenzglas). Demgegenüber ist zunächst daran zu erinnern, dass die
ursprünglich vom Gesetzgeber vorgesehene embryopathische Indikation
insbesondere aufgrund der Stellungnahmen von Behindertenverbänden gestrichen
wurde. Eine legale Abtreibung von genetisch erkrankten Embryonen oder Föten ist
nicht möglich wegen deren zu erwartender Behinderung, sondern nur auf Grund
einer Gefahr für das Leben oder den Gesundheitszustand der Schwangeren.
Die Erinnerung an diesen wichtigen Unterschied ist auch nötig im Blick
auf die immer wieder anzutreffende Behauptung, der Schwangerschaftsabbruch
werde auf Grund der derzeitigen Rechtslage in den ersten 12 Wochen ohne jede
Indikation rechtlich akzeptiert. Tatsache ist vielmehr, dass ein solcher
Schwangerschaftsabbruch rechtswidrig – also gerade nicht akzeptiert
– ist, aber um des insgesamt erhofften besseren Lebensschutzes für
Embryonen willen unter bestimmten Voraussetzungen straffrei bleibt.
(EKD-Texte
Nr.71: Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen, Hannover 2002, S.24)
Vorgeburtliche
Untersuchungen an Kindern im Mutterleib –
Erfahrungen von Frauen
(Zitate aus: Kurmann/Wegener: Sichtwechsel – Schwangerschaft und
pränatale Diagnostik, Düsseldorf 1999, S.26)
„Mir
macht das alles Angst, weil Schwangerschaft ja irgendwie nicht
kontrollierbar ist. So ein paar Tests können mich da schon beruhigen.“ |
„Ich
will auf keinen Fall ein behindertes Kind, weil ich damit nicht klarkommen
würde.“ |
„Egal,
wo ich bin, überall wird gleich gefragt, ob ich auch diese Untersuchung
machen lasse, in meinem Alter sei das heutzutage doch selbstverständlich.
Das setzt mich ganz schön unter Druck.“ |
„Wenn
mein Arzt sagt, ich soll das mal mit Vernunft betrachten, dann würde ich
diese gute Diagnostik niemals ausschlagen, da kann ich ihm doch nicht mit
meinen Gefühlen kommen. Dafür hat der kein Verständnis.“ |
„Wenn
ich heute sage, ich will die Untersuchung nicht machen, und ich kriege dann
ein Kind mit einer Behinderung, die man hätte feststellen können, da
würden mich immer die Schuldgefühle plagen. Ich hätte das Gefühl, selbst
schuld daran zu sein.“ |
„Der
Arzt hat nur gesagt, dass es diese Untersuchungen gibt und ich sie wegen
meinem Altersrisiko unbedingt machen soll. Anschließend hat er im Mutterpass
genetische Beratung angekreuzt, aber ohne ein Wort zu Fehlgeburt und
Schwangerschaftsabbruch.“ |
„Am
liebsten würde ich von all dem nichts wissen. Früher gab es doch auch keine
Untersuchungen, da war man einfach schwanger und frei von Belastungen.
Angst hatten die Frauen wohl immer, aber das ändert sich doch durch die
Untersuchung nicht.“ |
„Da
freue ich mich schon wochenlang auf das Kind, hab´ die erste harte Zeit
hinter mir, ich fühle, wie das Baby sich bewegt, und das soll ich dann
einfach von heute auf morgen vergessen, ignorieren, damit´s hinterher nicht
so weh tut, falls es mich trifft.“ |
Nachdenken und Beratung über die Konsequenzen
vor
der Inanspruchnahme pränataler Diagnostik
(z.B. Amniozentese)
·
Entscheidung über Inanspruchnahme bleibt in der Verantwortung der
Schwangeren
·
es sollten gewichtige Gründe vorliegen
·
Fruchtwasseruntersuchungen sind keine Routine-Kontrollen:
- sie dienen nicht der Gesunderhaltung von Mutter und Kind
- es gibt ein erhebliches zusätzliches Risiko für das Kind durch den Eingriff
- die festgestellten Störungen können in der Regel nicht geheilt werden
- Konsequenz: das Ziel des „gesunden Kindes“ ist nur durch Abbruch
zu erreichen
·
nur Verdacht auf eine konkrete bekannte Erbkrankheit kann geprüft werden;
weitere Risiken bleiben unerkannt, ein „unauffälliger“ Befund ist
keine Garantie für ein „gesundes Kind“
·
was ist eine „schwerwiegende, unheilbare Erbkrankheit“?
·
in vielen Fällen ist (auch wenn die genetische Veranlagung für eine
Erbkrankheit festgestellt wurde) keine Aussage möglich, in welchem Schweregrad
die Erkrankung auftreten wird
·
Schwangere durchlebt bis zum Vorliegen des Testergebnisses fünf Monate
(!) „Schwangerschaft auf Probe“
·
am Ende stellt sich beim Vorliegen eines genetischen
„Defektes“ evtl. die Frage nach einem Abbruch der Schwangerschaft
(ist in solchen Fällen in Deutschland ohne Fristbegrenzung zulässig; bedeutet
in der Durchführung eine Geburt zum Tode!)
Jahr |
1993 |
1996 |
1998 |
2000 |
Lebendgeborene |
798000 |
796000 |
785000 |
767000 |
Schwangerschaftsabbrüche |
111000 |
131000 |
132000 |
135000 |
davon:
medizinische
|
6100
(5,5%) |
4800
(3,7%) |
4300
(3,5%) |
3600
(2,7%) |
davon:
embryopathische
|
900
(0,8%) |
--- |
--- |
--- |
Spätabbrüche
|
90 |
159 |
175 |
154 |
invasive
PND
|
? |
62000 |
67000 |
? |
Fehlgeburten
als Komplikationen nach invasiver PND |
? |
ca.
700 |
ca.
700 |
? |
Nationaler
Ethikrat: „Genetische Diagnostik vor und während der
Schwangerschaft“, Druckfassung 24.1.2003 (Zahlen z.T. gerundet);
zu beachten ist eine Gesetzesänderung 1995: Abschaffung der
„embryopatischen Indikation“ (geht in der „medizinischen
Indikation“ auf), seitdem ist keine Frist mehr einzuhalten für
Spätabbrüche
Evangelische Kirche in Deutschland:
Kein einheitlicher Standpunkt über den Beginn menschlichen Lebens
Ein Teil der Kammer-Mitglieder sieht den Embryo bereits von der
Befruchtung der Eizelle an als einen sich entwickelnden Menschen, der durch
das Grundgesetz (Artikel 1 und 2) geschützt ist.
Andere sprechen vom vorgeburtlichen Menschsein nur dann, wenn die äußeren Umstände für eine Entwicklung gegeben seien. Darunter sei insbesondere die Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter zu verstehen.
(Studie der Kammer für öffentliche
Verantwortung der Evangelischen Kirche in Deutschland
„Im Geist der Liebe mit dem Leben umgehen“ 13.8.2002)
Maria (26) erzählt:
„Ich bin jetzt im vierten Monat
schwanger. Erst war ich doch etwas geschockt über diese Veränderung in meinen
Lebensplänen. Aber dann habe ich mich von Tag zu Tag mehr auf mein Baby
gefreut.
Gestern war ich wieder einmal bei meinem
Gynäkologen. Beim letzten Besuch hatte er mir noch an der Tür gesagt:
„Wir wollen doch alle ganz sicher sein, dass bei Ihrem Baby alles o.k.
ist - ich habe mal noch eine Blutprobe von Ihnen ins Labor gegeben zur
Untersuchung, ob da irgendwelche Risiken sind.“ Gestern nun saß er mit
nachdenklichem Gesicht da und hat mir eröffnet: „Das
Untersuchungsergebnis ist da - Sie haben einen auffälligen Befund.“ Ich
hab´s mir erklären lassen: Aus den Hormonwerten in meinem Blut ist errechnet
worden, dass ein erhöhtes Risiko besteht, dass mein Baby eine körperliche oder
geistige Behinderung haben könnte. Noch kein konkreter Beweis, nur die Möglichkeit.
Schock, Wut, Fragezeichen. Was mache ich mit dieser Mitteilung. Der Arzt hat
gesagt: „Die meisten Schwangeren mit einem solch auffälligen Befund
kriegen am Schluss doch ein gesundes Kind. Aber wenn wir das für Sie und Ihr
Kind genauer wissen wollen, müßten wir jetzt eine zweite Untersuchung machen,
diesmal direkt Zellen des Kindes untersuchen. Wir saugen etwas Fruchtwasser aus
der Fruchtblase ab, und dann können die Zellen des Kindes im Labor auf
mögliche Schäden im Erbgut untersucht werden. In zwei Wochen haben Sie das
Ergebnis, ich hoffe mit Ihnen, dass nichts gefunden wird. Wenn aber doch: Die
Entscheidung, ob Sie ein Kind mit einem schweren gesundheitlichen Schaden zur
Welt bringen möchten, liegt dann allein bei Ihnen. Ein Abbruch wäre in einem
solchen Fall zulässig.“
Ich bin aus meiner Vorfreude in ein tiefes Loch gestürzt.
Was rätst du mir - soll ich ins Labor
gehen...?“
Hätten Sie einen Rat für
Maria, wie würde er lauten?
Versuchen Sie auch, sich in
diesem Konflikt in die Situation/Rolle
·
des Arztes,
·
des Partners, der Familie von Maria
·
des heranwachsenden Kindes
zu versetzen - welche
„Interessen“ kommen dadurch ins Spiel ?
Wunsch – Kinder – Katalog
Die moderne Medizin bietet verschiedene Untersuchungsmethoden an, mit
denen schon im Mutterleib vor der Geburt bestimmte Eigenschaften des werdenden
Kindes, „auffällige Befunde“ im Erbgut oder Fehlbildungen
festgestellt werden können. Wie würde Sie konkret entscheiden, wenn Sie
auswählen könnten?
JA NEIN
---------------------------------------------------------------
O.....Sehschwäche
(Brille).......................... O
O.....Veranlagung zur
Fettleibigkeit..................O
O.....Chorea Huntington
(Veitstanz)........... O
O.....Haarfarbe (schwarz)..................................
O
O.....genetische Veranlagung
f. Brustkrebs ..O
O.....Kleinwüchsigkeit........................................
O
O.....Bluterkrankheit.............................................O
O.....Down-Syndrom
(„Mongolismus“).............O
O.....Kiefer-Lippen-Gaumenspalte...................O
O.....Geschlecht
(Mädchen)...............................O
O.....Mukoviszidose..............................................O
O.....Veranlagung für
Heuschnupfen...............O
Adoption als Alternative zur PID?
·
in Deutschland kommt auf 10 bis 15 adoptionswillige Paare nur ein Kind,
das zur Adoption zur Verfügung steht
·
es ist unwahrscheinlich, dass das Jugendamt Eltern eines behinderten
Kindes ein weiteres zur Adoption geben würde
Anwendung bei „schweren genetisch bedingten Erkrankungen“
(?)
genetische Indikationen für PID sind in der Praxis unter anderem:
·
Muskeldystrophie
Typ Duchenne
·
Hämophilie A
(Bluterkrankheit)
·
Charcot-Marie-Tooth-Krankheit
·
Beta-Thalassämie
(Mittelmeeranämie)
·
Osteogenesis
imperfecta (Glasknochenkrankheit)
·
Retinopathia
Pigmentosa
·
Sichelzellanämie
·
Mukoviszidose
(das Vererbungsrisiko für die genannten Erkrankungen beträgt 25 bzw. 50%)
·
numerische
Chromosomenanomalien (= Abweichungen
in der Anzahl bei einzelnen Chromosomen)
(verlaufen meist tödlich: entweder findet keine Einnistung in die Gebärmutter
statt oder es kommt zum
Spontanabort in der 6. bis 12. Schwangerschaftswoche; nicht lebensfähig sind
alle Monosomien
(= Chromosom nur 1x statt wie normal 2x vorhanden), alle Trisomien (= Chromosom
3x statt 2x vorhanden)
außer bei den Chromosomen Nr. 13, 18 und 21, aber selbst bei diesen beträgt die
vorgeburtliche Verlustrate
60 bis 80%)
(Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode,
Enquetekommission „Recht und Ethik der modernen Medizin, Schlussbericht,
Bundestagsdrucksache 14/9020 S.87)
(Wort der (Katholischen)
Deutschen Bischofskonferenz zu Fragen von Gentechnik und Biomedizin, 2001)
Die Kirche geht davon aus,
dass der biblische Schöpfungs- und Kulturauftrag: "Macht euch die Erde
untertan" (Gen 1,28), "bebaut und bewahrt sie" (Gen 2,15) auch
für die Bewertung der heutigen Eingriffsmöglichkeiten des Menschen gilt. Die
Natur ist nicht unantastbar, sie kann und soll vom Menschen gestaltet werden.
Sonst stünde ja der Mensch der Natur völlig handlungsunfähig gegenüber. Es ist
ein Kennzeichen des Menschen als Kulturwesen, dass er die Schöpfung
mitgestaltet, sie durch Vernunftgebrauch formt und verantwortlich nutzt.
Nach jüdisch-christlichem
Glauben hat Gott den Menschen nach seinem Bild geschaffen. Das Leben des
Menschen ist somit mehr als eine beliebige biologische Tatsache. Und das Leben
des Menschen ist auch mehr als eine Sache, mit der man willkürlich verfahren
kann.
Weil Gott den Menschen nach
seinem Bild geschaffen hat, ist sein Leben heilig. Das Leben ist der
Verfügbarkeit des Menschen entzogen; da alle Menschen unter Gottes Schutz
stehen, darf sich keiner am Leben des Anderen vergreifen.
Weil
der Mensch kein Zufallsprodukt ist, und weil er sich auch nicht selbst gemacht
hat, existiert er nicht in absoluter Autonomie. Als endliches Geschöpf kann er
weder sich selbst, noch Sinn und Wert seines Lebens garantieren. Er lebt
innerhalb vorgegebener Grenzen, die er nicht überschreiten darf. In der
Gottebenbildlichkeit des Menschen gründet auch seine Würde. Sie besagt, dass er
im Voraus zu all seinen Leistungen, zu all seinen Fähigkeiten und Unfähigkeiten
von Gott bedingungslos geliebt und bejaht ist. Die Menschenwürde ist daher
unantastbar und kommt allen Menschen, unabhängig von der Einschätzung anderer
oder ihrer Selbsteinschätzung zu, den Geborenen und Ungeborenen, den Gesunden
und Kranken, den Behinderten und Sterbenden. Wir Christen glauben, dass Gott
den Wert und die Sinnhaftigkeit eines jeden menschlichen Lebewesens garantiert.
Welchen Wert und Sinn das Leben hat, kann sich der Mensch nur von Gott sagen
lassen und glaubend annehmen. In Jesus teilt Gott selbst das Schicksal des
Menschen in Freude und Hoffnung, in Misserfolg und Leid, bis in die Unausweichlichkeit
von Kreuz und Tod hinein. Er ist auch noch bei dem Menschen, der nichts mehr
leisten kann, der verkannt wird, der in den Augen der Menschen scheitert, der
an das Schicksal seiner Krankheit oder Behinderung gebunden ist, der stirbt.
Indem Gott Jesus aus dem Tod auferweckt hat, ist uns Christen die Gewissheit
gegeben, dass Gott auch uns die Treue hält und uns in Leid und Tod nicht fallen
lässt. Der Glaube an die Auferstehung und die Hoffnung auf Erlösung werfen
somit ein neues Licht auf die Probleme der Biomedizin. Krankheit und
Behinderung, Leiden und Sterben sind bei allem Schmerz kein sinnloses
Schicksal, sondern können als Teil unseres Lebens erfahren und angenommen
werden. (5)
Das biblische Menschenbild
und insbesondere die Menschenwürde bilden den Rahmen für menschliches Handeln.
Auch nichttheologische Begründungen führen zu der Erkenntnis, dass die
Menschenwürde dem Menschen allein schon aufgrund seines Menschseins zukommt und
jeder rechtlichen Regelung vorgängig ist. In diesem Sinne bildet das Prinzip
der Menschenwürde, in dem die Unantastbarkeit auch der körperlichen Existenz
des Menschen verankert ist, zugleich die Grundlage unserer demokratischen
Verfassung.
Es bedarf jedoch weiterer
Überlegungen, um zu bestimmen, wie im konkreten Fall zu handeln ist. Hier kommt
es zunächst auf die Rechtfertigung der Ziele an: Ist das, was man erreichen
möchte, moralisch zu billigen oder nicht? Dann sind die Mittel zu prüfen: Ist
auch der Weg moralisch vertretbar, mit dem man das Ziel erreichen will? Von
hoher Bedeutung ist schließlich auch die Abschätzung der Folgen gentechnischen
Handelns: Welcher Nutzen ist zu erwarten, welcher Schaden ist zu befürchten?
...“
Zur
Achtung vor dem Leben
Maßstäbe
für Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin. Kundgebung der Synode der EKD (Berlin
1987)
(in:
EKD-Texte Nr. 20/1987)
„
... II.
Bevor
die Heilige Schrift vom Leben und Sterben des Menschen, von Gesundheit und Krankheit
oder vom Gelingen und Mißlingen seines Lebens spricht, sagt sie, wer der
Mensch ist. Er ist Teil aller Kreatur, aber zugleich als Mann und als
Frau Gottes Ebenbild. Indem er sich als Gottes Gegenüber weiß, kann er
Wertorientierungen begründen und Maßstäbe finden. Die Bezogenheit auf Gott
findet gerade auch im Gebet ihren Ausdruck: im Lob der Schöpfung und in der
Bitte um Wegweisung.
Die
Synode hat das Schwerpunktthema unter die Überschrift gestellt: "Ich
glaube, daß mich Gott geschaffen hat samt allen Kreaturen". Sie erinnert
mit diesem Satz aus Martin Luthers Auslegung des christlichen Glaubens an den
Ursprung alles Lebens in Gott, an den darin gründenden Wert alles Geschaffenen
und an die ausdrückliche Zuwendung Gottes in Jesus Christus zu jedem einzelnen
Menschen:
1. Alles Geschaffene kommt von Gott, lebt aus ihm und
ist bestimmt zu seinem Lob. Es hat darum einen eigenen Wert und Sinn und ist
nicht bloße Verfügungsmasse in der Hand des Menschen. Der Mensch schadet sich
am Ende selbst, wenn er die Ehrfurcht vor der Fülle, Ordnung und Schönheit des
Lebens verliert. Es gibt nicht nur Sünde in unseren mitmenschlichen
Beziehungen, sondern auch Sünde gegenüber dem Lebensrecht und Eigenwert der
Kreatur insgesamt.
2. Dem Menschen des wissenschaftlich-technischen
Zeitalters ist seine besondere Stellung unter den Geschöpfen Gottes
nachdrücklich erfahrbar geworden: "Du hast ihn wenig niedriger gemacht als
Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt. Du hast ihn zum Herrn
gemacht Über deiner Hände Werk, alles hast du unter seine Füße getan"
(Psalm 8). Weltgestaltung gehört zum Wesen und Auftrag des Menschen, auch die
Entwicklung neuer medizinischer Verfahren und die Gentechnik. Der Zuwachs an
Wissen und Können und die natürlichen Lebensbedingungen stehen nicht im
Widerspruch zueinander, solange der Mensch den rechten Gebrauch von seinen
Möglichkeiten macht. Heute handelt er mehr und mehr, bevor der rechte Gebrauch
geklärt ist. Der Mensch steht in der Versuchung, die Erfolge und den Nutzen
von Wissenschaft und Technik zu Lasten der übrigen Schöpfung durchzusetzen und
der mitgeschöpflichen Welt ihr Daseinsrecht zu rauben.
3. Diese Entwicklung richtet sich gegen den Menschen
selbst. Je höher er steigt, desto tiefer kann er fallen. Das vom Menschen in
der Atomtechnik geschaffene ungeheure Vernichtungspotential findet seine
Parallele in der von der Gentechnik ermöglichten enormen Fähigkeit zur
Manipulation sowohl des Menschen selbst wie der übrigen Schöpfung. Der Mensch
errichtet damit eine Herrschaft seiner eigenen wissenschaftlichen Möglichkeiten
- schwer durchschaubar, aber von größter Tragweite auch für kommende
Generationen. Damit wird Kontrolle immer schwieriger.
4. Die Würde des Menschen ergibt sich nicht nur aus
seiner Sonderstellung unter den Kreaturen, sondern vor allem aus der besonderen
Zuwendung der Liebe Gottes zu jedem einzelnen. Diese Einzigkeit jedes Menschen
unter Gott ist seine Menschenwürde. Alles kommt letztlich und entscheidend
darauf an, daß einer wahrhaft von sich sagen und bekennen kann: "Ich
glaube, daß Gott mich und mein Leben will" und daß er dann auch in der
Begrenzung mit anderen jedes Menschenleben als würdig und wertvoll, als
unersetzbar und also als notwendig erkennt und achtet. Gott will, daß im
Lebensraum, den er jedem Menschen einräumt, mit unserer Liebe seine Liebe geschieht.
Eine so bestimmte Würde des Menschen ist nicht teilbar und nicht aberkennbar.
Jeder Mensch, wie immer er ist, jung oder alt, gesund oder krank, schwarz oder
weiß hat die gleiche Würde. Niemand hat über Wert oder Unwert eines anderen
Menschenlebens zu befinden.
5. Dies gilt auch für das ungeborene menschliche Leben
von seinem frühesten Entwicklungsstadium an. Gottes Liebe zu jedem einzelnen
Menschenkind beginnt nicht erst mit der Geburt. Im werdenden menschlichen Leben
ist mit der Vereinigung von Eizelle und Samenzelle eine künftige Person
angelegt.
III.
Diese
Einsichten führen im Blick auf die Fragen der Gentechnik und
Fortpflanzungsmedizin zu einer Reihe von Schlußfolgerungen:
1. Die Synode erkennt und anerkennt auch in Forschung,
Technik und ärztlicher Kunst gute Schöpfungsgaben Gottes. Sie erinnert aber an
die Versuchung zur Hybris und die zerstörerischen Kräfte, die allem
menschlichen Streben und Trachten innewohnen. Die Freiheit eines Forschers
erweist sich nicht nur im Ausschöpfen seiner Möglichkeiten, sondern
verwirklicht sich ebenso in der Selbstbeschränkung angesichts des Eigenwertes
alles Geschaffenen und der unbedingten Würde jedes einzelnen Menschenlebens.
Forschung, Technik und Medizin dürfen nicht alles tun, was ihnen an
Möglichkeiten in die Hand gegeben ist. Sie bedürfen der Ethik. Ein Beitrag
dazu ist die Tätigkeit von Ethikkommissionen, in denen unmittelbar Beteiligte
und Nichtbeteiligte miteinander im Gespräch bleiben.
2. Die Gentechnik wird häufig als eine
Schlüsseltechnologie der Zukunft bewertet. Die Synode wendet sich nicht grundsätzlich
gegen das politische und wirtschaftliche Interesse, eine mögliche
Wachstumsbranche zu fördern und zu entwickeln. Sie gibt jedoch zu bedenken, daß
eben dieses Interesse objektiv eine Versuchung darstellt, um ökonomischer
Vorteile willen ethische Gesichtspunkte zu vernachlässigen. Die Absicht, wirtschaftliches
Wachstum zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen, ist für sich genommen
noch nicht ethisch gut. ...
5.Die
Synode erinnert daran, daß der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland im
November 1985 unter
dem Titel "Von der Würde werdenden Lebens" eine Handreichung zu den
Fragen der extrakorporalen Befruch-
tung, Fremdschwangerschaft und genetischen Beratung herausgegeben hat. Auf
dieser Grundlage erklärt sie:
a) Kinder sind Gabe und Aufgabe. Sie brauchen eine
behütete Kindheit. Aber es gibt keinen Anspruch auf Kinder. Wenn mit Mitteln
der extrakorporalen Befruchtung ein Kindeswunsch verwirklicht werden soll, der
sonst unerfüllt bliebe, ist auch zu bedenken, ob das Wohl des Kindes
gesichert sein wird. Die Synode appelliert an den Gesetzgeber, auf dem Gebiet
der Fortpflanzungsmedizin rechtliche Regelungen zu treffen, die das Wohl des
Kindes berücksichtigen.
b) Gewichtige Gründe sprechen gegen die extrakorporale
Befruchtung. Aber die Not der ungewollten Kinderlosigkeit darf nicht gering
geschätzt werden. Der Wunsch nach einem Kind rechtfertigt jedoch noch nicht
jede medizinische Maßnahme. Darum rät die Synode vom Verfahren der
extrakorporalen Befruchtung ab.
c) Heterologe Insemination, Samenspende und Eispende
können zu Spannungen in den Beziehungen der Eltern zueinander und zum Kind
führen; dadurch würde die familiäre Geborgenheit des Kindes gefährdet. Eine
Verwendung von Samenzellen oder Eizellen Dritter zur Überwindung der
Unfruchtbarkeit muß darum nachdrücklich abgelehnt werden.
d) Das Wohl des Kindes erfordert es im Normalfall, daß die
Frau, die es aufzieht, auch seine genetische und leibliche Mutter ist. Es kann
zum Schicksal werden, daß die leiblichen Eltern das Kind nicht erziehen können.
Die absichtlich herbeigeführte Aufteilung der Mutterschaft zwischen der Frau,
von der das Kind genetisch abstammt und die es aufziehen will, und jener, die
es austrägt und zur Welt bringt, verstößt gegen das Anrecht des Kindes auf
einheitliche Elternschaft. Ersatzmutterschaft - ob gegen Entgelt
(Mietmutterschaft) oder als Freundes- oder Verwandtenhilfe (Leihmutterschaft)
- muß gesetzlich verboten werden. Abreden dieser Art sind sittenwidrig.
e) Nach christlicher Überzeugung ist eine liebevolle
Familie der beste Rahmen für das Heranwachsen von Kindern. Die Manipulation
von Zeugung, Empfängnis und Schwangerschaft gefährdet Bindung und Bestand von
Ehe und Familie.
f) Das Recht, sich genetisch nicht erforschen zu lassen,
gehört zur Menschenwürde. Ebensowenig darf zu humangenetischer Beratung und
Diagnostik verpflichtet oder genötigt werden; sie kann immer nur freiwillig
sein. Die Möglichkeiten der Genomanalyse geben den gegenwärtigen Ängsten vor
der Schaffung des "gläsernen Menschen" zusätzliche Nahrung.
Insbesondere wo öffentliche und private Arbeitgeber oder Versicherungen das
Instrument der Genomanalyse benutzen sollten, ohne daß Arbeitnehmer oder
Versicherte die rechtlich garantierte Freiheit haben, sich genetisch nicht
erforschen zu lassen, ergäbe sich die schwerwiegende Gefahr der Benachteiligung
oder Ausgrenzung von Individuen oder Gruppen.
g) Humangenetische Beratung soll gewährleisten, daß das
Lebensrecht auch eines behinderten Kindes geachtet und mit der pränatalen
Diagnostik nicht automatisch die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch
im Falle einer festgestellten Fehlbildung verbunden wird. Wenn feststeht, daß
ein Kind mit einer Krankheit oder Fehlbildung erwartet wird, muß die Beratung
verdeutlichen, daß es sich bei den beiden Alternativen, ein krankes Kind
anzunehmen und auszutragen oder die Schwangerschaft abzubrechen, um einen kaum
lösbaren Konflikt handelt. Es kann kein Ziel sein, Leid unbedingt zu vermeiden;
Leid kann auch stärken oder ungeahnte Kräfte wecken. Zu beachten ist, daß die
individuelle Entscheidung einer betroffenen Familie auch abhängig ist von der
Einstellung zu Behinderten in der Gesellschaft insgesamt. Eine Gesellschaft,
die Behinderte nicht integriert, verschärft den Konflikt in der
humangenetischen Beratung. Die Mitarbeiter in der humangenetischen Beratung
brauchen in ihrer verantwortungsvollen Aufgabe, Menschen in Krisensituationen
zu begleiten, zusätzliche Angebote in der Aus-, Fort- und Weiterbildung.
h) Gen-Transfer und andere Eingriffe in menschliche
Keimbahnzellen, die in Zukunft technisch möglich werden könnten, sind aus
ethischen Gründen nicht vertretbar. Angesichts der gegenwärtigen Einsicht in
Risiken, Voraussetzungen und Folgen solcher Eingriffe muß es als äußerst
fraglich gelten, ob zu irgendeinem Zeitpunkt eine auch nur begrenzte Revision
dieses Urteils möglich sein wird.
i) Gezielte Eingriffe an menschlichen Embryonen, die
ihre Vernichtung in Kauf nehmen, sind ethisch nicht vertretbar. Die Synode
erklärt ausdrücklich, daß die "verbrauchende" oder experimentelle
Forschung an Embryonen eine wesentliche Grenze überschritten hat. Sie kann vor
"verbrauchender" Forschung an sogenannten überzähligen Embryonen,
der Erzeugung von Embryonen zu Forschungszwecken - und seien die
Forschungsziele noch so hochrangig - sowie dem "Verbrauch" von
Embryonen zur pränatalen Diagnostik nur dringend warnen und fordert entsprechende
gesetzliche Regelungen.
j)
Achtung vor der
Würde und Individualität des Menschen müssen bei jeder Entscheidung den
obersten Grundsatz bilden. Menschliches Leben darf darum nicht nach einem
fremden, planenden, menschenzüchterischen Willen hergestellt werden. Klonen
sowie Chimären- und Hybridbildung verletzen in tiefgehender Weise sowohl die
vorgegebene Gestalt des Lebens als auch seine Unverfügbarkeit und
Individualität.
6. Gerade wenn ein umfassender und uneingeschränkter
Schutz für menschliche Embryonen gefordert wird, erhebt sich um so dringlicher
die Frage, was daraus für das Problem des Schwangerschaftsabbruchs folgt. Die
Synode sieht es als eine positive Entwicklung an, daß die aktuelle Diskussion
über Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin zu einer neuen Aufmerksamkeit und
Wachsamkeit gegenüber der belastenden Praxis der Schwangerschaftsabbrüche und
ihrer bedrückend hohen Zahl beigetragen hat. Der Schutz des ungebrochenen
Lebens ist unteilbar. Ein Embryo ist ein menschliches Wesen mit eigener Identität
und eigenem Wert. Eine Abtreibung - in welchem Stadium auch immer - ist Tötung
menschlichen Lebens. Der Schutz des Embryo in vitro (außerhalb des Körpers) und
der Schutz des Embryo in vivo (im Mutterleib) stehen ethisch in einem
unauflöslichen Zusammenhang. Angesichts der gegenwärtigen Bemühungen um
einen gesetzlichen Embryonenschutz muß das Bewußtsein in Kirche und
Öffentlichkeit weiter verstärkt werden, daß es sich in den straffrei
gestellten Fällen des Schwangerschaftsabbruchs nicht um eine prinzipielle
Einschränkung des Schutzes für das ungeborene Leben und somit nicht um ein
Recht zur Abtreibung handelt, sondern um das notwendig unvollkommene Bemühen,
nicht auflösbare Konfliktsituationen zu regeln. Das weiterreichende Ziel muß
es freilich sein, schon dem Vorfeld der ungewollten Schwangerschaften, vor
allem der Erziehung zu verantwortlicher Partnerschaft und Sexualität, die
Aufmerksamkeit zuzuwenden. Auch sollten stärker als bisher auf Gemeinde- und
Nachbarschaftsebene wirksame Hilfen für Menschen angeboten werden, für die das
Ja zum Kind durch viele Umstände erschwert ist. Auf diesem Feld steht die Glaubwürdigkeit
der Kirche auf dem Spiel.
...
Anhang
Von
der Würde werdenden Lebens. Extrakorporale
Befruchtung, Fremdschwangerschaft
und
genetische Beratung. Eine Handreichung der Evangelischen Kirche in Deutschland
zur ethischen Urteilsbildung (1985)
...
1. Grund-Sätze
1.1 Menschliches
Leben ist eine Gabe Gottes und hat eine besondere Würde. Diese Gabe, die in Gottes
Liebe ihren Ursprung hat, will in Liebe angenommen und weitergegeben werden;
menschliches Leben ist durch die Liebe und zur Liebe bestimmt. Mann und Frau
sind so geschaffen, daß aus ihrer Liebe in - leib-seelischer Ganzheit neues
Leben hervorgehen kann. Bei einer Befruchtung außerhalb des Mutterleibes wird
die Entstehung menschlichen Lebens von Mann und Frau an einen
medizinisch-technischen Vorgang gebunden. Dabei besteht die Gefahr, daß das
Werden menschlichen Lebens in Spannung gerät zu seiner Bestimmung durch die
Liebe und zur Liebe.
1.2 Zeugung
und Geburt gehören nach christlichem Verständnis in den Zusammenhang von Liebe
und Ehe. Dies gilt, obwohl es auch in der Ehe Zeugung ohne Liebe und Schwangerschaft
außerhalb der Ehe gibt. Der Zusammenhang von Liebe, Zeugung und Geburt wird
aufgelöst, wenn der Akt der Zeugung durch medizinische Eingriffe ersetzt wird.
Dies kann zu heute noch nicht absehbaren Folgen führen.
1.3 Kinderlosigkeit
ist für viele ein hartes Schicksal, aber auch eine Chance für ein anders
erfülltes und sinnvolles Leben. Es gibt keinen Anspruch auf Kinder. Kinder sind
Gabe und Aufgabe. Sie brauchen eine behütete Kindheit. Ihr Anrecht darauf wird
verletzt, wenn eine Frau ohne Mann leben, aber ein Kind bekommen will, so daß dieses
ohne Vater aufwachsen müßte, statt in einer Geborgenheit, wie sie normalerweise
Ehe und Familie bieten. Kinder haben auch ein Anrecht darauf, daß die leibliche
Mutter zugleich die genetische ist. Kinder müssen erfahren können, wer ihre
leiblichen Eltern sind; eine Befruchtung mit Samen anonymer Spender versucht
dies zu unterbinden.
1.4 Die
Erfüllung eines individuellen Kinderwunsches durch eine extrakorporale
Befruchtung bindet in den medizinischen Einrichtungen erhebliche finanzielle
Mittel. Diese Mittel stehen zur Behebung von anderer Not nicht mehr zur
Verfügung.
1.5 Im
werdenden menschlichen Leben ist von dem Augenblick an, in dem sich Samen und
Ei vereinen, eine künftige Person angelegt. Schon der Embryo ist zum
unverwechselbaren Individuum bestimmt. Auch im Stadium der ersten Zellteilung
besitzt er schon die gleiche ethische Qualität wie ein Fetus in der
vorgerückten Schwangerschaft.
1.6 Genetische
Beratung darf sich immer nur auf den Einzelfall beziehen. Sie muß jeweils die
besonderen persönlichen und sozialen Umstände berücksichtigen und hat davon
auszugehen, daß auch schon ungeborenem menschlichem Leben Individualität
eignet.
1.7 Eine
genetische Untersuchung, bei der das Erbgut analysiert wird, kann zur Erkennung
von Krankheitsrisiken hilfreich sein. Solche Untersuchungen dürfen jedoch nur
freiwillig und unter Wahrung strengster Verschwiegenheit erfolgen. Denn zur
Menschenwürde gehört das Recht, sich nicht genetisch erforschen zu lassen
1.8 Das Genom
(Erbgut) prägt biologisch die Individualität eines Menschen. Die Menschenwürde
gebietet, daß diese nicht manipuliert wird. Die Freiheit des Menschen beruht
auch darauf, daß ihm die individuellen Anlagen nicht durch Eingriffe anderer
Menschen zugeteilt worden sind. Ein Gen-Transfer und andere Eingriffe in die
Keimbahnzellen, die in Zukunft technisch möglich werden könnten, sind deshalb
aus ethischen Gründen nicht vertretbar. Heute kann noch nicht abgesehen werden,
ob eine Modifikation dieser Ablehnung mit der therapeutischen Begründung,
durch Gen-Transfer oder ähnliche Eingriffe könnten Erbkrankheiten vermieden
werden, in Zukunft möglich werden wird. Die Forschung nach dieser Möglichkeit
muß durch ständige kritische Fragen nach der ethischen Verantwortbarkeit
begleitet werden.
1.9 Die
Freiheit eines Forschers verwirklicht sich auch in der Selbstbeschränkung,
zumal wo ethische Grenzen berührt werden. Freiheit der Forschung hat ihre
Grenze an der Würde des menschlichen Lebens. Deshalb muß z. B. davor gewarnt
werden, wissenschaftliche und finanzielle Kapazitäten auf eine ethisch nicht
vertretbare Forschung an menschlichen Embryonen festzulegen.
Meinungsbildung
im Nationalen Ethikrat in Deutschland:
Klonen
zu Fortpflanzungszwecken und Klonen zu biomedizinischen Forschungszwecken
(Stellungnahme
13.9.2004)
a) Klonen zu Fortpflanzungszwecken:
Votum: „Der NER spricht sich einstimmig für
ein weltweites Verbot des Klonens von Menschen zu Fortpflanzungszwecken ...
aus. Ebenso einmütig ist der NER der Auffassung, dass das Klonen von Menschen
zu Fortpflanzungszwecken nicht nur mit Rücksicht auf den gegenwärtigen Stand
von Wissenschaft und Forschung, sondern unbedingt abgelehnt werden muss.“
Argumente (Auswahl):
b) Klonen zu Zwecken der biomedizinischen Forschung:
Votum A): Beibehaltung des Verbots des
Forschungsklonens (5 Unterzeichner)
Votum B): Begrenzte Zulassung des Forschungsklonens (12
Unterzeichner)
Votum C): Verbot des Forschungsklonens zum
gegenwärtigen Zeitpunkt (5 Unterzeichner)
Gemeinsame Empfehlung zum Forschungsklonen:
„Der Nationale Ethikrat verständigt sich
– unbeschadet der dargestellten divergierenden Voten – auf die Empfehlung,
das Forschungsklonen in Deutschland gegenwärtig nicht zuzulassen.“
„Ein Wesen zu töten, das einen in seinen eigenen
Attributen begründeten Rechts- und Würdeanspruch hat, ist ein schweres Unrecht.
Einem Wesen, das nicht nur diese Eigenschaften nicht hat, sondern sie - wie der
frühe Embryo - noch niemals hatte und darüber hinaus überhaupt noch nichts
erleben kann, die Gattungssolidarität und damit den Lebensschutz zu verweigern
mag im Normalfall unerfreulich oder tadelnswert sein; ein nur annähernd
vergleichbares Unrecht wie das erstere ist es nicht.
Der Leser zweifelt? Er erwäge das folgende Szenario: In einem
biotechnischen Labor bricht ein Feuer aus. In dem Labor befinden sich zehn am
Vortag in vitro gezeugte, lebende Embryonen und außerdem ein durch den Rauch
bereits tief bewusstloser Säugling. Ein in letzter Sekunde in das Labor
eindringender Retter erkennt sofort, dass er nur noch entweder den Säugling
oder die zehn Embryonen retten kann. Gattungssolidarität hin oder her: Hätte
irgendjemand ernsthafte Zweifel, wie sich der Retter entscheiden sollte? Und
hätte irgendjemand solche Zweifel, wenn es nicht um zehn, sondern um hundert,
ja meinetwegen um tausend Embryonen ginge?
Was das Beispiel zeigt, ist dies: Die Gattungssolidarität mag
im Normalfall einen Grund für den Einbezug des Embryos in die moralische Sphäre
des Lebens- und Würdeschutzes abgeben. In jedem halbwegs gewichtigen Sonderfall
ist dieser Schutzreflex gegen kollidierende andere Interessen abwägbar - ganz
anders als ein echtes Recht auf Leben! Und er ist, wie die Ausdehnung meines
Biolaborfalles sogar auf tausend Embryonen zeigen soll, von relativ geringem
Gewicht.“
(Reinhard Merkel in: Die Zeit, Heft 5-2001
http://www.zeit.de/2001/05/200105_embryonenschutz.xml)
11. Ablaufskizzen für Veranstaltungen
Grundstruktur:
Gruppendiskussion über Bio-Ethik
Die Gruppe sucht ein Teilthema aus, der Gesprächsleiter
liest sich ein und stellt Kopien der benötigten Graphiken aus der Arbeitshilfe
als Overhead-Folien her.
Die Veranstaltung beginnt mit der Vorstellung eines
Fallbeispiels oder eines (provozierenden) Zitates (siehe dazu die einleitenden
Darstellungen zu den einzelnen Themenbereichen). Vielleicht können auch
aktuelle Zeitungsmeldungen eine interessante Einstiegsmöglichkeit bieten.
Die Teilnehmer bringen zum Ausdruck, wie es ihnen mit dem
geschilderten Beispiel geht. Der Leiter sollte fachliche Rückfragen nach Bedarf
beantworten, kontroverse, diskussionsträchtige Fragen in Problem-Bereichen
zusammenfassen für weiterführende Gesprächsrunden und gewonnene Einsichten
festhalten.
Bei Bedarf können in der Vorbereitung und Durchführung der
Veranstaltung auch Fachleute hinzugezogen werden, z.B. ein Arzt, ein
Naturwissenschaftler oder ein/e MitarbeiterIn einer psychosozialen
Beratungsstelle (klare Absprachen treffen, wer welchen Part übernimmt).
Methodische Beispiele für die Beschäftigung mit den biomedizinischen
Themen in Gruppen sind im folgenden als Ablauf-Skizzen 2 bis 8 aufgeführt. Die
vorgestellten Methoden könnten auch für die Auseinandersetzung mit anderen
Themenstellungen genutzt werden
Ablauf-Skizze 2
Pro – Contra: Pränatale
Diagnostik
Ziele:
- persönliche Einbeziehung der TeilnehmerInnen in den
Klärungsprozess
- vielseitige Problemdarstellung
- persönliche Entscheidungsfindung anregen
Einführung:
Anhand des vorliegenden Materials kurze Einführung in die
medizinischen Grundlagen dieser diagnostischen Methode und Beantwortung
eventuell auftretender Fragen
These:
„Verantwortlich handelnde Eltern sollten alles dafür tun, dass ihr
Baby gesund ist. Um da ganz sicher zu gehen, sollten auch die Möglichkeiten der
vorgeburtlichen genetischen Diagnostik genutzt werden, um Erbkrankheiten
auszuschließen. Wenn dabei eine Schädigung des genetischen Materials
festgestellt wird, sollte sich die Frau für den Abbruch der Schwangerschaft
entscheiden.“
Vorgehensweise:
1.
Mehrheitsabstimmung ohne vorherige Diskussion zu Pro
/ Contra
2.
Die anwesenden Personen werden in zwei Gruppen
unterteilt (Pro und Contra - je nach Abstimmungsverhalten); in diesen Gruppen
werden Argumente zusammengetragen, die für den eigenen Standpunkt sprechen; die
Gruppe wählt Sprecher aus
3.
Zwei oder drei Sprecher jeder Gruppe sitzen sich als
Parteien gegenüber und legen ihre Argumente dar; Streitgespräch;
(Gesprächsleitung sinnvoll)
4.
Nach der Diskussion Wiederholung der Abstimmung wie unter
1. in der Gesamt-Gruppe (Gab es Meinungsänderungen?)
5.
Gespräch im Plenum:
Wie sehen ich die Probleme jetzt?
Was hat sich für mich verändert?
Was müsste bei dem Thema noch
bedacht werden?
Welche Unterstützungsmaßnahmen
wären für die Betroffenen sinnvoll?
Ablauf-Skizze 3
Rollengespräch in Kleingruppen: Pränatale genetische Diagnostik
Ziele:
- Identifikation mit einer Person in einer Problemsituation
- Erkennen der Bedeutung eines Gespräches zur Problemklärung
- Einfühlen in die Tragweite einer solchen Entscheidung
Einführung:
Anhand des vorliegenden Materials kurze Einführung in die medizinischen
Grundlagen dieser diagnostischen Methode und Beantwortung eventuell
auftretender Fragen
Problemstellung:
Einer Mutter wird folgende Diagnose mitgeteilt: „Die Labor-Untersuchungen haben ergeben,
dass bei Ihrem Kind eine schwere Störung im genetischen Material vorliegt. Sie
müssen damit rechnen, dass Ihr Kind behindert sein wird.“
Vorgehensweise:
1.
Die Gesamtgruppe teilt sich in Zweier-Gruppen auf.
Von diesen versetzt sich eine Person in die Lage der Mutter und berät sich mit
der zweiten Person, um zu einer Entscheidung zu finden (Paargespräch etwa 15
Minuten).
2.
Auswertung der Gespräche im Plenum (z.B. unter
folgenden Gesichtspunkten):
Ergebnisse erfragen: wofür hat sich die „Mutter“ entschieden?
Welche Schritte wären noch nötig, welche Fragen noch zu klären, ehe eine
3.
endgültige Entscheidung erfolgen kann?
Welche Argumente haben mich überzeugt und zu einer Veränderung meiner Meinung
beigetragen?
Welche Argumente haben meine vorgefasste Meinung bestärkt?
4.
Weiterführendes Gespräch zu folgenden Themen im
Plenum oder in Gruppen?
Wie kann der Austausch über solche Probleme in unserem familiären,
gemeindlichen, gesellschaftlichen Umfeld angeregt werden?
Wie kann ich einer Frau in einer solchen Situation helfen?
Was erschwert und blockiert das Gespräch über solche Fragen?
Verschiedene miteinander konkurrierenden Güter abwägen:
- Belastungen von Müttern / Eltern, mit einem behinderten Kind zu leben
- die möglichen Leiden eines behinderten Kindes
- das Lebensrecht behinderter Kinder
- Bedeutung behinderter Menschen für das Leben (in) einer Gesellschaft
- behindertes Leben – lebenswertes Leben?
Ablauf-Skizze 4
Rollenspiel:
Pränatale genetische Diagnostik
Ziele:
- Hineinversetzen in die Situation der beteiligten Personen;
- Mögliche Gefühlslagen der einzelnen Personen erfassen
Einführung:
Anhand der vorliegenden Materials kurze Einführung in die
medizinischen Grundlagen dieser diagnostischen Methode und Beantwortung eventuell
auftretender Fragen
Vorgabe
einer Situation möglich, z.B.:
1.
Gespräch zwischen der Mutter und dem Vater, nachdem
ihnen mitgeteilt wurde, dass das Kind die Veranlagung für eine schwerwiegende
Erkrankung in seinem Erbgut trägt.
Was spricht für und was spricht gegen einen Schwangerschaftsabbruch?
Welche Entscheidungshilfen sind noch möglich?
2.
Gespräch der Mutter / Eltern mit dem Arzt über die
Entscheidung, ob eine Fruchtwasseruntersuchung vorgenommen werden soll, und
welche möglichen Entscheidungen (für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch)
damit verbunden sind.
3.
Gespräch zwischen der Mutter, dem Vater und einer
Frau, die sich nach einer festgestellten Behinderung beim Kind für einen
Schwangerschaftsabbruch entschieden hat.
4.
Gespräch zwischen der Mutter / dem Vater und den
eigenen Eltern (Wie hättet Ihr entschieden?)
Auswertung
des Gespräches in Kleingruppen (3 Personen) oder im Plenum (max. 15
Personen)
Welche Problembereiche sind mir jetzt besonders deutlich
geworden?
Welche Einstellungen / Meinungen kann ich nicht mit tragen?
Wie habe ich die Gesprächsatmosphäre erlebt?
Wie hätte ich mich in dieser Situation verhalten?
Was hätte ich mir gewünscht?
Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für Menschen in
einer solchen Situation?
Die am Rollenspiel beteiligten Personen können sich dazu
äußern, wie sie sich in der Situation gefühlt haben. Was war hilfreich, und wo
haben sie sich möglicherweise betroffen / blockiert gefühlt?
Ablauf-Skizze 5
Pro und
Contra mit der „Zwei-Stühle-Methode“: Präimplantationsdiagnostik,
PID
Ziele:
- Chancen und Probleme der PID erkennen
- sich mit
dem Schicksal einer betroffenen Familie auseinandersetzen
- mögliche Missbrauchsmöglichkeiten bedenken
- Verdeutlichung kontroverser Gedanken zum Thema
Vorgehensweise:
1.
Informationen zum diagnostischen Verfahren
2.
der geschilderte konkrete Fall wird vorgestellt und
diskutiert; es können auch folgende Fragen diskutiert werden
„Handelt es sich bei der PID
um die Selektion von lebensunwertem Leben?“
„Warum sollen Eltern, deren geschädigtes
genetisches Material Ursache sein könnte für eine schwere Erbkrankheit bei
ihren Kindern, nicht diese segensreiche Methode nutzen, um ein gesundes Kind zu
bekommen?“
„Werden auf diese Weise in
Zukunft Wunschkinder nach Geschlecht ausgewählt und ist dies
ethisch vertretbar?“
„Ist diese Methode ethisch
zu verantworten, obwohl dabei Embryonen mit „fehlerhaftem“
Erbmaterial vernichtet werden müssen?“
3.
Es wird je ein Stuhl mit der Bezeichnung
„PRO“ und ein Stuhl mit der Bezeichnung „CONTRA“ in die
Mitte des Raumes gestellt.
Wer ein Argument für die Anwendung
der PID vorbringen möchte, setzt sich für die Zeit seiner Rede auf den dafür
vorgesehenen Stuhl. „Gegner“ nutzen entsprechend den
„CONTRA“-Stuhl. Die Stühle sollen nur für eine kurze Zeit von einem
Redner / einer Rednerin besetzt bleiben, wobei auch kurze Zwiesprachen zwischen
„Pro“ und „Contra“ möglich sind und von einer Person
auch nacheinander beide Stühle genutzt werden können.
4.
Alle GruppenteilnehmerInnen haben die Möglichkeit,
sich mit ihrer Meinung ins Gespräch einzubringen.
5.
Auswertung der Ergebnisse und weiterführendes
Gespräch
Welche Argumente waren besonders
eindrücklich und haben mir zu denken gegeben?
Wodurch wurde meine ursprüngliche Meinung verändert?
Welche Einstellung habe ich jetzt
zur PID?
Mit welchen Fragestellungen möchte
ich mich gern noch weiter beschäftigen?
(z.B. Wie kann möglicher
Missbrauch verhindert werden?)
Gruppen-Interview:
Präimplantationsdiagnostik
Die Methode eignet sich zur Einstimmung für ein Thema. Schon
nach kurzer Zeit wird eine gewisse Tiefe erreicht.
Teilnehmer: überschaubare Gruppe, maximal 15 Personen
Ziele:
- Gewinnung weiterer allgemeiner Informationen und
persönlicher Einstellungen zum Thema
- Erweiterung meines persönlichen „Gesichtsfeldes“ zum Thema
- Wahrnehmen und Akzeptieren anderer Einstellungen zum gleichen Thema
- Auswirkungen lebensgeschichtlicher und religiöser Prägungen verdeutlichen
Einführung:
Anhand des vorliegenden Materials kurze Einführung in die
medizinischen Grundlagen dieser
diagnostischen Methode und Beantwortung eventuell
auftretender Fragen
Weitere
Schritte:
1.
Mit der Gruppe wird geklärt, wer sich interviewen
lassen möchte. Es können zwei oder auch drei Personen, die sich freiwillig dazu
bereit erklärt haben, nacheinander interviewt werden. Wenn die Teilnehmer der
Gruppe sich noch völlig fremd sind, ist es u.U. angebracht, dass sich Personen
aus der Vorbereitungsgruppe zur Verfügung stellen.
2.
Der Gesprächsleiter sollte darauf achten, dass die
vorgegebene Zeit von ca. 5 bis 15 Minuten pro Interview nicht überschritten
wird und möglichst viele verschiedene Gruppenteilnehmer ihre Fragen stellen
können. Manchmal ist es günstig, wenn der Gesprächsleiter mit dem Interview
beginnt, um die inhaltliche Richtung etwas vorzuzeichnen.
3.
Ein Protokollant hält die wichtigsten Stichpunkte zu
jedem Interview auf einem Plakat fest.
4.
Nach Abschluss der Interviews werden die Ergebnisse
an Hand der Stichpunkte im Plenum ausgewertet.
Was ist mir deutlich geworden?
Was hat mich überrascht?
Was konnte ich nicht verstehen? (evtl. noch klären)
Wie sehe ich die Problematik jetzt?
Ablauf-Skizze 7
Umgang mit
einem Brief: Präimplantationsdiagnostik
1.
Einführung:
Anhand des vorliegenden Materials kurze Einführung in die medizinischen
Grundlagen dieser diagnostischen Methode und Beantwortung eventuell
auftretender Fragen
2. Ein
Brief als persönlicher Zugang
„Liebe Anna,
in meiner Not möchte ich mich heute an dich wenden,
vielleicht weniger um eine Antwort auf meine Fragen von dir zu erwarten, als
vielmehr für mich selbst zu einer innerlichen Klärung zu kommen. Ich schreibe
dir diesen Brief, damit du selbst entscheiden kannst, ob du dich auf ein
Gespräch zu diesem Thema mit mir einlassen willst.
Du weißt ja, dass Oliver Mukoviszidose hat. Am Anfang haben
wir ja noch nicht gewusst, was das heißt und haben uns eben ganz unbeschwert
über dieses Kind gefreut. Die Freude ist geblieben, aber die vielfältigen
Einschränkungen, die durch diese Krankheit auf uns und unserem Kind lasten,
wiegen schon sehr schwer. In den letzten Wochen habe ich mich viel mit Richard
darüber unterhalten und wir haben beide festgestellt, dass wir gern noch ein
gesundes Kind hätten. Da es sich bei Mukoviszidose um eine erblich bedingte
Krankheit handelt, besteht das Risiko, dass diese Schädigung wieder auftreten
könnte. Noch ein Kind mit dieser Erkrankung könnten wir beide aber nicht mehr
verkraften, zumal ja auch die Gefahr besteht, dass dieses Kind noch schwerer
behindert sein könnte. Ich habe mich deshalb mit dem Arzt unterhalten, und er
hat mir empfohlen, eine Befruchtung außerhalb des Mutterleibes vornehmen zu lassen.
Die befruchteten Eizellen werden dann genetisch untersucht und nur die gesunden
im die Gebärmutter eingesetzt. Die kranken, mit der Veranlagung für
Mukoviszidose belasteten, werden vernichtet. Genau diese Methode wäre für
unser Problem die Lösung, und wir wünschen uns doch so sehr noch ein gesundes
Kind. Trotzdem quäle ich mich mit dieser ‚Auswahl‘. Mit welchem
Recht darf ich über Leben und Tod von so kleinen Lebewesen entscheiden? Versuchen
wir da nicht ‚Gott zu spielen‘?“
3.
Gespräch zum Thema, Schwerpunkte z.B.
- Was möchte ich zuvor noch wissen, ehe ich mir eine Meinung bilden kann?
- religiöse Sicht
- persönliche Sicht
- mögliche grundsätzliche ethische / gesellschaftliche Konsequenzen
(„Designer-Babys“?)
- Was möchte ich Anna sagen? (in der Gruppe oder Einzelne:
Antwort-Brief entwerfen)
Ablauf-Skizze 8
Methode
"Reizsätze": Gentechnik
Ziele:
- Anregung
zur persönlichen Meinungsbildung und Positionierung zum Thema
- durch gegensätzliche Aussagen zur persönlichen
Blickfelderweiterung beitragen
- durch kontroverse Einstellungen einseitige, unpersönliche
Meinungsäußerungen vermeiden
Diese Methode eignet sich zur Einstimmung und Vertiefung des
Themas
Ohne große Vorkenntnisse kann die Vielfalt der Einstellungen
der TeilnehmerInnen deutlich gemacht werden.
Vorgehen:
1. „Reizsätze“ werden auf je eine Karte
geschrieben und verdeckt in die Mitte gelegt.
Beispiele:
„Was der
Mensch tun kann, das wird er auch tun.“
„Wenn in
Deutschland gentechnische Forschung aus ethischen Gründen begrenzt wird,
werden eben andere
Länder die Forschung zu ihrem eigenen Vorteil vorantreiben.“
„Die
Freiheit der Forschung darf nicht eingeschränkt werden, da sie der weiteren
Entwicklung der
Menschheit dient.“
„....und
füllet die Erde und macht sie euch untertan...“(1. Mose 1/28) - das gilt
auch für die
gentechnische
Entwicklung.
„Die
Forschung am menschlichen Erbgut muss untersagt werden, denn Gott ist der
Herr
des Lebens.“
„Jeder
Mensch muss sich mit seinem persönlichen Schicksal abfinden und es als
Herausforderung
zur Lebensgestaltung annehmen.“
„Was hülfe
es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme an seiner
Seele
Schaden?“ (Markus 8/36)
Die „Reizsätze“ können beliebig ergänzt werden.
Es sollten möglichst unterschiedliche Einstellungen vertreten sein. Die
TeilnehmerInnen nehmen sich je eine Karte, lesen den Satz laut vor und äußern
ihre persönliche Meinung dazu. Danach können auch die anderen TeilnehmerInnen
der Gruppe ihre Meinung zu dem aktuellen "Reizsatz" kundtun.
Anhörkreis: JedeR TeilnehmerIn hat Gelegenheit kurz zu
sagen, worin die persönliche Erkenntnis dieser Runde bestand. Mögliche
methodische Variante: Weiterarbeit an einem bestimmten Reizsatz oder an einer
aus dem Gespräch entstandenen Thematik
12.
Quellen:
·
Genaue Angaben zu den bei der Erstellung dieser
Arbeitshilfe verwendeten Quellen sowie eine ausführliche Zusammenstellung
weiterer Zitate, Daten und Fakten zum Themenbereich „Genetik –
Gentechnik – Ethik“ finden Sie HIER: http://www.krause-schoenberg.de/gentechnikfaktenalles.html
Richtlinien und
Stellungnahmen der Bundesärztekammer zu Fortpflanzungsmedizin und
vorgeburtlicher Diagnostik mit weiteren LINKS zu den einzelnen Texten: http://www.baek.de/page.asp?his=0.6.3287
Stellungnahmen des
Deutschen Ethikrates (früher: Nationaler Ethikrat) und der Enquete-Kommissionen
des Deutschen Bundestages zur Medizinethik unter: http://www.ethikrat.org/publikationen
und http://www.ethikrat.org/archiv
zu Kapitel 1 IVF:
·
Deutscher Bundestag, Schlussbericht der
Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“,
14.5.2002
http://www.bundestag.de/parlament/kommissionen/ethik_med/archiv/schlussbericht_enquete_14_WP_dt.pdf
·
Aktuelle Richtlinien und Stellungnahmen der
Bundesärztekammer zu Fortpflanzungsmedizin und vorgeburtlicher Diagnostik mit
weiteren LINKS zu den einzelnen Texten: http://www.baek.de/page.asp?his=0.6.3287
zu Kapitel 4 Klonen:
·
Nationaler
Ethikrat: Stellungnahme „Klonen zu Fortpflanzungszwecken und Klonen zu
biomedizinischen Forschungszwecken“, 13.9.2004, Bezug (kostenlos): Nationaler
Ethikrat, Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin, http://www.nationalerethikrat.de/stellungnahmen/stellungnahmen.html
jetzt suchen unter: http://www.ethikrat.org/archiv/nationaler-ethikrat/stellungnahmen
zu Kapitel 6 Genetische Diagnostik:
·
Evangelische
Kirche von Westfalen „Ethische Überlegungen zur genetischen
Diagnostik“, September 2004, Bezug (kostenlos): Evangelischen Medienhaus,
Cansteinstraße 1, 33647 Bielefeld, Telefon 0521/9440-0; Internet: http://www.ekvw.de/service/dokumente/bin/materialien_5_2004.pdf
·
Bundesärztekammer zum Gendiagnostikgesetz:
http://www.baek.de/page.asp?his=0.7.47.6907
·
Stellungnahmen Nationaler Ethikrat:
„Prädiktive Gesundheitsinformationen beim Abschluss von Versicherungen“
2/2007 http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/pdf/Stellungnahme_PGI_Versicherungen.pdf
“Prädiktive Gesundheitsinformationen bei
Einstellungsuntersuchungen“ 8/2005
http://www.ethikrat.org/stellungnahmen/pdf/Stellungnahme_PGI_Einstellungsuntersuchungen.pdf
·
Selbstverpflichtung der deutschen Versicherer zum
Verzicht auf die Durchführung von Gentests 11/2001:
www.gdv.de/Downloads/Pressemeldungen_2002/PM41.rtf
zu Kapitel
7.1. PND:
·
Nationaler Ethikrat: Genetische Diagnostik vor und
während der Schwangerschaft, Stellungnahme, 2003, Bezug (kostenlos):
Nationaler Ethikrat, Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin, http://www.nationalerethikrat.de/stellungnahmen/stellungnahmen.html
jetzt suchen unter: http://www.ethikrat.org/archiv/nationaler-ethikrat/stellungnahmen
·
Deutscher Bundestag, Schlussbericht der
Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“,
14.5.2002
http://www.bundestag.de/parlament/kommissionen/ethik_med/archiv/schlussbericht_enquete_14_WP_dt.pdf
·
(Bundeszentrale
für gesundheitliche Aufklärung, Zeitschrift FORUM Sexualaufklärung und
Familienplanung, Heft 1-2007 „Pränataldiagnostik“; 70 Seiten;
kostenlos unter: order@bzga.de)
zu Kapitel 7.2. PID:
·
Evangelische
Kirche von Westfalen: Ethische Überlegungen zum Umgang mit der
Präimplantationsdiagnostik, Materialien für den Dienst, A5 51 Seiten, Bezug:
Evangelischer Presseverband für Westfalen und Lippe e.V., Cansteinstr. 1, 33647
Bielefeld, Internet: http://www.ekvw.de/service/dokumente/bin/pid_2_ethik.pdf
·
Evangelische
Kirche von Westfalen: Die Präimplantationsdiagnostik, Anregungen für die
Durchführung von Gemeindeveranstaltungen,
Internet: http://www.ekvw.de/service/dokumente/bin/pid_fuer_die_gemeinde.pdf
·
Nationaler Ethikrat: Genetische Diagnostik vor und
während der Schwangerschaft, Stellungnahme, 2003, Bezug (kostenlos):
Nationaler Ethikrat, Jägerstr. 22/23, 10117 Berlin, http://www.nationalerethikrat.de/stellungnahmen/stellungnahmen.html
jetzt suchen unter: http://www.ethikrat.org/archiv/nationaler-ethikrat/stellungnahmen
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Bundesärztekammer: Diskussionsentwurf zu einer
Richtlinie zur Präimplantationsdiagnostik, Deutsches Ärzteblatt 3.3.2000, S.
A-525, http://www.baek.de/30/Richtlinien/Richtidx/PraeimpEntwurf/index.html
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Deutscher Bundestag, Schlussbericht der
Enquete-Kommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“,
14.5.2002 http://www.bundestag.de/parlament/kommissionen/ethik_med/archiv/schlussbericht_enquete_14_WP_dt.pdf
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Am 7.7.2011 beschloss der Deutsche Bundestag ein Gesetz zur begrenzten
Zulassung der PID in Deutschland: Text des Gesetzentwurfes unter: http://www.krause-schoenberg.de/gent_pid_bundestag_7-7-2011.htm
zu Kapitel 9 Ethisch-theologische Erwägungen / Stellungnahmen der Kirchen:
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Einverständnis mit der Schöpfung, Ein Beitrag zur
ethischen Urteilsbildung im Blick auf die Gentechnik und ihre Anwendung bei
Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren, vorgelegt von einer Arbeitsgruppe der
Evangelischen Kirche in Deutschland, 2., um einen Anhang erweiterte Auflage,
Gütersloh 1987; http://www.ekd.de/EKD-Texte/2086_einverstaendnis_1997_schoepfung.html
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Zur Achtung vor dem Leben - Maßstäbe für Gentechnik
und Fortpflanzungsmedizin Maßstäbe für Gentechnik und Fortpflanzungsmedizin.
Kundgebung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, EKD-Texte 20,
1987; http://www.ekd.de/EKD-Texte/2078_achtungvordemleben_1987.html
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Studie der Kammer für öffentliche Verantwortung der
Evangelischen Kirche in Deutschland „Im Geist der Liebe mit dem Leben
umgehen“ 13.8.2002
http://www.ekd.de/EKD-Texte/2059_30634.html
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Wieviel Wissen tut uns gut? Chancen und Risiken der
voraussagenden Medizin. Gemeinsames Wort der DBK und des Rates der EKD zur
"Woche für das Leben 1997", Gemeinsame Texte 11, 1997 http://www.ekd.de/EKD-Texte/2086_wissen_leben97_gemeinsam.html
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Ethische Fragen im Bereich von Medizin, Bioethik und
Gentechnik Zur Einführung in diese thematische Zusammenstellung http://www.ekd.de/EKD-Texte/2086_2047.html
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Vorträge zum Thema Bioethik (auch Bioethik-Kongress
der EKD 28./29.1.2002)
http://www.ekd.de/EKD-Texte/2086_bioethik_vortraege.html
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Deutsche (Katholische) Bischofskonferenz: Die
deutschen Bischöfe Heft 69: „Der Mensch: sein eigener Schöpfer?“,
2001; http://dbk.de/schriften/fs_schriften.html
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Stellungnahme der Bischofskonferenz der Vereinigten
Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) zu Fragen der Bioethik,
2001; http://www.velkd.de/pub/texte/index.php3?nummer=106&jahr=2001
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Evangelische
Kirche von Westfalen (6/2007): Ethische Überlegungen zur Forschung mit
embryonalen Stammzellen http://www.ekvw.de/fileadmin/sites/ekvw/Dokumente/te_u_do_alt/Materialien_1-2007.pdf