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Glaube und Naturwissenschaft
im Spannungsfeld von Weltbildern
und Bibelverständnissen, Ideologie und Ethik
(Beispiele: „Schöpfung contra Evolution“ und „Stammzellforschung“)
© Joachim Krause 2005
Inhalt:
(bitte einzelne Kapitel auswählen und anklicken)
1. Glaube und Naturwissenschaft – im
dritten Jahrtausend?
2.1. Das Erleben der Welt als „Schöpfung“
2.2. Der naturwissenschaftliche Blick auf
die Welt
2.3. Schöpfung contra Evolution?
2.4. Wie bestimme ich mein Verhältnis zu
Glaube und Naturwissenschaft?
2.4.1.2. Hintergrund
2.4.1.2.1. Anspruch und Grenzen der Naturwissenschaft
2.4.1.2.2. Das Ergebnis wissenschaftlichen Suchens -
statt endgültiger
Wahrheiten: Modelle, Hypothesen, Theorien
2.4.2. Wie lese und verstehe ich die
Bibel?
2.4.2.1. Eine konkrete Frage: Woher kommt das Leben ? –
Welche Antwort gibt die Bibel ?
2.4.2.2. Hintergrund: Was habe ich für ein Bibelverständnis?
2.4.2.2.1. Das Bibelverständnis des Kreationismus
2.4.2.2.2. Das historisch-kritische Bibelverständnis
2.4.3. Begegnung von Glaube und
Naturwissenschaft – Gespräch oder Kampf?
2.4.3.1. Gespräch
2.4.3.2. Kampf
3.2. Gewinnung von Stammzellen
aus menschlichen Embryonen
3.4.
Alternativen zur Forschung an embryonalen Stammzellen
4. Anhang mit weiteren Bausteinen und
Literatur
1. Glaube und Naturwissenschaft im dritten Jahrtausend?
Unser Alltag ist ganz entscheidend geprägt von
Naturwissenschaft und Technik.
Die
Wissenschaft präsentiert uns immer neue faszinierende wie verwirrende Erkenntnisse
über den materiellen Aufbau der Welt und über das Funktionieren und das
Zusammenspiel ihrer Teile. Technik – als angewandte Naturwissenschaft – hat
dem Menschen immer mächtigere Instrumente in die Hand gegeben, um die Welt nach
seinen Vorstellungen zu verändern und in Besitz zu nehmen.
Der alte Holzschnitt symbolisiert den Drang nach Erkenntnis.
Der Mensch balanciert auf und mit den vier Elementen (Feuer, Wasser, Luft und
Erde). Er möchte verstehen, was die Welt zusammenhält. Er greift nach den
Sternen, und zugleich lebt er gefährlich: er könnte bei seinem Balance-Akt das
Gleichgewicht, die Kontrolle über sein Tun verlieren.
Welche Bedeutung, welche Aufgabe hat in der heutigen Welt
– mehr als zweitausend Jahre nach der Entstehungszeit der Bibel – der christliche
Glaube, das Bekenntnis zum Schöpfer und das Nachdenken über Schöpfung? Können
wir, sollen wir von Schöpfung reden trotz Darwin? Oder sind Glaube und Naturwissenschaft
eben doch grundsätzlich verschiedene Sichtweisen der Welt, einander feindliche
Elemente wie Feuer und Wasser, zwischen denen wir uns entscheiden müssen,
geht es um Entweder-Oder?
Auf zwei Herausforderungen, die sich aus der Begegnung von
Glaube und Naturwissenschaft ergeben, soll im weiteren genauer eingegangen
werden:
Kap.
2.: Christlicher Schöpfungsglaube in der Begegnung mit den Weltbildern der
Naturwissenschaften –
dargestellt an der Frage „Schöpfung contra Evolution ?“
Kap.
3.: Ethische Anfragen an Naturwissenschaft und Technik - dargestellt am
Beispiel von Stammzell-Therapien und Forschung an menschlichen Embryonen
2. Schöpfung contra Evolution (!?)
Christlicher Schöpfungsglaube in
der Begegnung mit den Weltbildern der Naturwissenschaften
2.1. Das Erleben der
Welt als „Schöpfung“
Ein möglicher Zugang zur Welt kann sich von
daher öffnen, dass die Welt als „Schöpfung“ erfahren wird.
Christen sprechen von der Welt, von der Natur
als SCHÖPFUNG. Was meinen wir damit?
„Schöpfung“ – das ist ein Begriff mit vielen
Farben. Er wird in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet: Christen
bekennen sich zum „Schöpfer“, wenn sie das Glaubensbekenntnis sprechen. Aber
auch in der Verfassung des Freistaates Sachsen kommt der Begriff vor: dort, wo
es um die Bewahrung der natürlichen Umwelt geht. Oder ein drittes Beispiel: Als
1987 das Klon-Schaf DOLLY in die Schlagzeilen der Weltpresse kam, fragten
manche Zeitungen, ob nun der „achte Tag der Schöpfung“ angebrochen sei. Wir
könnten uns ja auch selbst die Frage stellen, ob der Begriff „Schöpfung“ uns
etwas bedeutet, und was an ganz konkreten Inhalten ich damit verbinde. Hier sei
stellvertretend das Ergebnis einer spontanen Umfrage in einer Gesprächsgruppe
dargestellt:
bebauen und bewahren
Klonschaf DOLLY 7 Tage
Anfang und
Ende Jahreszeiten
Musik
Blumen
Liebe
Gott
Arbeit
Ordnung
Freude SCHÖPFUNG ?
Kiefernwälder
Urknall
Leben
Morgenröte
Adam
Entfaltung Vielfalt
Zufall oder Absicht? bedrohte Schöpfung
Wasser schöpfen
Da entsteht
ein vielfarbiges Bild, da wird das ganz Große (Kosmos) wie ganz Geringes
(Blumen) benannt, der Ursprung der Welt und des menschlichen Daseins kommen
genauso in den Blick wie „moderne“ Fragen nach dem verantwortungsbewussten
Umgang mit der Welt (Gentechnik, Umweltprobleme), es geht um Staunen, Fragen
und um Verantwortung. Es wird deutlich: das Thema „Schöpfung“ hat mit MIR und
es hat mit GOTT zu tun, neben gewichtigen Fragen nach dem Urgrund des Seins
gehört das konkrete Erleben der Welt hier und heute, gehören ganz persönliche
Lebens-Erfahrungen verschiedener Menschen dazu.
Sich diese Vielfalt der Zugänge zum Thema „Schöpfung“
deutlich zu machen, ist wichtig, und sie hat auch gute biblische Tradition.
In immer neuen Bildern und Gleichnissen bringt die Bibel das Thema „Schöpfung“
ins Gespräch: Da schildert die gewichtige Lehrerzählung im ersten Kapitel der
Bibel, dass Gott diese Welt will und wie er sie Schritt um Schritt ins Dasein
ruft. Nach der Darstellung im zweiten Kapitel findet sich der Mensch in dieser
Welt als einem Garten vor mit dem Auftrag, diesen anvertrauten Lebensraum zu
„bebauen und zu bewahren“, die Welt zu gestalten, sie aber auch als gute Heimat
für die Mitgeschöpfe zu erhalten. Oder denken wir an die Psalmen, die Liedersammlung
der Bibel: dort sind Erfahrungen des Menschen in der Natur Anlass, dem
Schöpfer für die gute Ordnung der Welt zu danken. Ganz anders am Schluss des
Hiob-Buches: Dort ist der Hinweis auf die unbegreiflich großartige Schöpfung
die Antwort auf das für Menschen nicht erklärbare Handeln Gottes, der auch Leid
und Katastrophen zulässt. Gleichnisse, die Jesus im Neuen Testament erzählt,
nehmen Naturbilder auf und machen an konkret erlebter Alltagserfahrung Wichtiges
vom Reich Gottes deutlich. Noch im letzten Kapitel der Bibel, der Offenbarung,
ist von Schöpfung die Rede, und wieder kommen ganz neue Bilder in den Blick:
der neue Himmel und die neue Erde, die als neue Schöpfung kommen sollen, werden
nicht geschildert im nostalgischen Rückblick auf das Natur-Paradies des
Anfangs, sondern die Kulturerfahrung der Erzähler fließt ein: sie verwenden in
ihrer Vision Bilder einer Stadt (das neue Jerusalem), um von Schöpfung zu
erzählen.
Herr, wie sind
deine Werke so groß und viel.
Du hast sie alle
weise geordnet, und die Erde ist voll deiner Geschöpfe.
Sendest du deinen
Geist aus,
so werden sie alle erschaffen,
und du erneuerst
das Antlitz der Erde.
Gibst du ihnen,
dann werden sie satt an Gutem.
Nimmst du ihnen
den Atem,
so kehren sie zurück zum Staub der Erde.
Du lässt die
Quellen hervorsprudeln in den Tälern,
allen Tieren des
Feldes spenden sie Trank.
Im Schutz der
Bäume bauen die Vögel ihr Nest,
die hohen Berge
gehören dem Steinbock.
Du lässt Gras
wachsen für das Vieh,
auch Pflanzen für den Menschen,
damit er Brot
gewinnt von der Erde.
Sehe ich den Himmel, das Werk deiner Hände,
den Mond und die Sterne, die du gemacht hast ...
Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst?
Du hast den Menschen mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt,
hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Schöpfung.
du hast ihm alles zu Füßen gelegt: all die Schafe, Ziegen und Rinder,
auch die wilden Tiere, die Vögel des Himmels und die Fische im Meer.
Ewig währe die Herrlichkeit des Herrn, der Herr freue sich seiner Werke.
(Die Bibel, aus den Psalmen 8 und 104)
Das Reden von, das Nachdenken über „Schöpfung“ kann also
sehr verschiedene Ausdrucksformen finden und sich in vielfältigen Inhalten
verdeutlichen.
Auch im Jahre 2005 können die Ansätze, sich dem Thema zu
nähern, sehr unterschiedlich aussehen:
·
Staunen, Loben, Danken (Wahr-Nehmen der Natur;
Ausdruck in Liedern, Gedichten, Gebeten)
·
Wie erfüllen Menschen den Auftrag, „die Erde zu
bebauen und zu bewahren“? (Umwelt-Verantwortung)
·
Leben ist in der modernen Medizin und Gentechnik in
ganz neuer Weise in die Hand, in die Verfügung des Menschen gegeben, und das
führt zu neuen ethischen Fragestellungen (Retortenbabys, Organspende, Gentechnik,
Sterbehilfe)
·
Auseinandersetzung mit Weltbildern und
Menschenbildern, Weltanschauungen und Ideologien
Neben den traditionellen Fragestellungen, etwa zur
Vereinbarkeit von Schöpfungsglaube und Evolutionstheorie, kommen zunehmend
ethische Dimensionen in den Blick. Es geht um eine Güterabwägung bei der
Nutzung neuer Technologien, die Entscheidung über Befürwortung oder Ablehnung der
Atomenergie oder von Angeboten der Gentechnik. Im Hintergrund stehen deutlich
Fragen nach dem Sinn und dem Ziel des menschlichen Daseins.
Wenn
Menschen die Welt als „Schöpfung“ erfahren – dann sehen wir uns die Welt nicht
neutral von außen an, da stehen wir Menschen mittendrin, da sind wir
unmittelbar beteiligt und betroffen: wir leben in Beziehungen (zur Natur, zu
anderen Menschen, zu Gott), wir staunen, wir haben Gefühle.
Und wenn wir uns der Welt als „Schöpfung“ nähern, gehen die Fragen, die uns begegnen,
in die Tiefe. Wir fragen nach dem Sinn und dem Ziel unseres Daseins:
Wer bin ich?
Woher komme ich und wo gehe ich
hin?
Warum gibt es das Böse?
Was wird nach diesem Leben sein?
Hat das Leben einen Sinn?
Wohin führt es?
Christen suchen in ihrem Glauben, in der Bibel
Antworten auf diese Fragen, sie erhoffen sich eine Deutung der verwirrenden
Welt und Orientierung für ein gutes gelungenes Leben.
2.2. Der
naturwissenschaftliche Blick auf die Welt
Wenn es um das Zurechtfinden in der Welt geht,
haben Menschen auch ganz andere Fragen und Interessen. Wir können die Welt auch
unter dem Blickwinkel der Naturwissenschaft betrachten (dazu gehört z.B. auch
die Biologie mit ihrem Evolutionsmodell).
Wenn wir Naturwissenschaft betreiben, erleben
wir die Welt nicht von innen, sondern wir betrachten sie mit Abstand, von außen
her, und wir möchten Wissen gewinnen (im Sinne von Tatsachen, Fakten, Formeln):
WIE können wir uns die Welt erklären (Aufbau, Funktionen), wie können
wir sie verstehen, wie sie in Besitz nehmen?
Zwei wichtige Begriffe aus der
Naturwissenschaft unserer Zeit sind dabei in der Physik „Urknall“ (als
Modell für das kosmische Drama, das sich seit 14 Milliarden Jahren abspielt),
und in der Biologie: „Evolution“ (als Modell für die Entwicklung des
Lebens auf unserem blauen Planeten).
Wie aber geht es mir, wenn die Begriffe aus der Welt des
Glaubens und aus der der Naturwissenschaft unmittelbar nebeneinander stehen?
Wie komme ich damit zu Recht?
Viele Menschen erleben auch heute die Begegnung zwischen Glaube und Naturwissenschaft
als konfliktbeladen. Manchmal begegnet das an unerwarteter Stelle. Mitte der
1990er Jahre war das Bundesverfassungsgericht aufgefordert, darüber zu entscheiden,
ob es weiterhin statthaft sei, in bayerischen schulischen Unterrichtsräumen
(auch im Physik- oder Biologiekabinett) Kruzifixe an der Wand aufzuhängen. In
diesem eigentlich ganz anderen Zusammenhang stand folgender Leserbrief in
der Zeitung:
Wie fühlt sich ein Biologielehrer im Anblick des
Gekreuzigten, wenn er über die Entwicklung des Menschen aus dem Tierreich
spricht? Wird im bayerischen Geschichtsunterricht im Anblick des Kreuzes auch
über Hexenverbrennungen, Folterungen und Verbreitung des christlichen Glaubens
mit Feuer und Schwert gesprochen?
Die Religion im Klassenzimmer zwingt doch Schüler und Lehrer zur Heuchelei.
(FREIE PRESSE Chemnitz 6.9.1995)
Eine klare Aussage: christliche Symbole (der christliche
Glaube) und moderner Biologieunterricht (Naturwissenschaft) passen nicht
zusammen, und diese Trennung sollte auch konsequent vollzogen werden! Unterliegt
der Leserbriefschreiber einem Missverständnis, das man in Ruhe bereden und
aufklären könnte? Oder wagt er es einfach, einen schwelenden Konflikt endlich
einmal deutlich auszusprechen, stellt Fragen, die eben nur diese eine
Schlussfolgerung zulassen?
Stelle ich mir manchmal vielleicht selbst die Frage, ob
sich das Reden von Schöpfung nicht doch schrittweise erledigt hat, überflüssig
geworden ist – seit Naturwissenschaftler wie Kopernikus, Darwin oder Einstein
uns die Welt ganz anders erklärt haben, als das in den Geschichten der Bibel
geschieht? Hat die Bibel nicht doch recht märchenhafte Züge, verbreitet veraltete
Vorstellungen, ist unwissenschaftlich? Und war Kirche, jedenfalls als sie noch
Macht hatte, nicht immer wieder auch wissenschaftsfeindlich (klassisches
Beispiel: Der Prozess der päpstlichen Inquisition gegen Galileo Galilei)?
Wie reagiere ich auf solche unbequemen Fragestellungen, die
mich unsicher machen können?
Habe ich dann zwei säuberlich getrennte Schubladen: die
eine mit der Aufschrift „Naturwissenschaft“, in der ich alles ablege, was
ich in der Schule und in den Medien über die Welt erfahre, und eine zweite
Schublade, in der alles aufbewahrt wird, was mit meinem Glauben zu tun hat?
Sind Glaube und Naturwissenschaft letztlich unvereinbar? Und muss ich dann im
Konfliktfall als Christ jede Aussage der Bibel verteidigen – auch gegen die
Weltbilder der Naturwissenschaft?
Oder erlebe ich das Verhältnis ganz anders? Sind für mich
gerade die Erkenntnisse der Naturwissenschaft ein immer neuer Hinweis auf die
Größe Gottes, auf die Schönheit seiner Werke, Anlass zum Staunen oder zur
Dankbarkeit gegenüber dem Schöpfer?
? 7 Tage Adam
und Eva 10.000 Jahre
Sintflut Schöpfung Himmelsgewölbe
?
allmähliche Entwicklung ?
?
Welcher Begriff steht für MICH Schöpfung CONTRA
Evolution Schöpfung ODER
Evolution Schöpfung UND Evolution Schöpfung ALS
Evolution Schöpfung DURCH
Evolution
– vermittelnd oder trennend – zwischen den Worten
„Schöpfung“ und „Evolution“?
Ich denke, jeder von uns bringt da seine ganz
eigenen Erfahrungen und Einsichten mit. Mancher erlebt die Naturwissenschaft
als Gegner, als Feind des christlichen Glaubens, ein anderer als anregenden und
wichtigen Gesprächspartner.
Irritation:
Darwin redet vom Schöpfer (!?)
„Es
ist wahrlich etwas Erhabenes um die Auffassung, dass das Leben mit seinen
verschiedenen Fähigkeiten vom Schöpfer ursprünglich nur wenigen oder gar nur
einer einzigen Form eingehaucht wurde und dass, während dieser Planet nach dem
ehernen Gravitationsgesetz seine Kreise zieht, aus einem so schlichten Anfang
eine unendliche Zahl der schönsten und wunderbarsten Formen entwickelt wurden
und immer weiter entwickelt werden.“
(Charles Darwin, Biologe, letzter Satz in seinem Hauptwerk: „Die Entstehung der
Arten ...“, 1859)
2.4. Wie bestimme ich mein Verhältnis zu Glaube und
Naturwissenschaft?
Als grobes Raster ergeben sich drei Aspekte, die für die eigene
Meinungsbildung wie auch in Gesprächen eine wichtige Rolle spielen:
A)
Zum einen wird danach zu fragen sein, wie weit
naturwissenschaftliche Erkenntnis reicht, welche Möglichkeiten sich ihr
bieten, aber auch, welche Grenzen ihr gesetzt sind (Kapitel 2.4.1).
B)
Zum zweiten geht es um mein persönliches
Bibelverständnis. Wie lese und verstehe ich biblische Texte? Wo helfen sie
mir zum Leben? (Kapitel 2.4.2.)
C)
Zum dritten geht es bei unserem Thema um die
Fragestellung, ob und wie eine Begegnung zwischen Glaube und Naturwissenschaft
stattfinden kann – ist Konfrontation unausweichlich (und welche Rolle spielen
dabei Ideologien), oder sind Ergänzung und gegenseitige Bereicherung möglich,
ein (wenn auch vielleicht kritisch zu führendes) Gespräch auf einer
Blumenwiese und anderswo? (Kapitel 2.4.3.)
Es wird wichtig sein, dass ICH mir klar werde, wie MEINE
Antworten in den drei Bereichen aussehen, und dass ich vielleicht entdecke
(und schmerzlich aushalten muss), dass andere Menschen in ihrem Nachdenken zu
anderen Einsichten und Schlussfolgerungen finden. Bei Konflikten kann es
sehr wichtig sein, ICH-Sätze zu sagen („Ich erlebe, verstehe, deute das
so...“), aber nicht mit dem Anspruch aufzutreten, gleich „für alle Christen“
oder „für alle vernünftigen Menschen“ mit zu sprechen und damit dem
Gesprächspartner – wenn er anderer Meinung ist als ich – automatisch das
Christ-Sein abzusprechen oder ihn als dumm einzustufen ...
Im weiteren wollen wir einer konkreten Frage
nachgehen, die Menschen sich immer wieder gestellt haben:
Woher kommen
wir - wir Menschen - und im weiteren Sinne: Woher kommt das Leben?
Was haben
die Biologie und die Bibel dazu in ihrem jeweiligen Kontext zu sagen?
Es folgen jeweils einige allgemeinere Ausführungen zur Reichweite naturwissenschaftlicher
Erkenntnis und zu Fragen des Bibelverständnisses.
2.4.1. Naturwissenschaftliche Erkenntnis
Zunächst stellen wir unsere Frage an die
Naturwissenschaft, an die Biologie als Wissenschaft vom Leben.
Wir blättern in Fachbüchern und Zeitschriften
und erfahren: Aus naturwissenschaftlicher Sicht ist unsere Erde vor 4,6
Milliarden Jahren entstanden, zunächst als ein glühender Ball, auf den ein
ständiges Bombardement von Meteoriten niedergeht, auf dem Vulkanausbrüche
alltäglich sind, die Ozeane kochen, in dessen Atmosphäre heftige Gewitter toben
mit gewaltigen elektrischen Entladungen, und der ganze Planet ist umgeben von
einer nicht gerade lebensfreundlichen Atmosphäre: sie enthält keinen freien
Sauerstoff !
Und
trotzdem berichten die Geologen von fossilen Funden, die darauf hinweisen, dass
es bereits „kurze Zeit“ später – vor 3,8 Milliarden Jahren - erste Lebensformen
gab, noch sehr einfach, aber das Leben hatte begonnen, die Erde zu erobern. Was
war da passiert? Wie konnte aus unbelebter Materie Leben entstehen?
Die
Lehrbücher bieten (im Kapitel „Evolution“) Erklärungen an, wie die ersten
Schritte ausgesehen haben könnten:
Hier ein konkretes Beispiel – es wurden die Originalüberschriften übernommen:
Lehrbuch:
BIOLOGIE heute, Lehrbuch für die Sekundarstufe II;
Schroedel Verlag Hannover, 2004, S.423ff.)
4. Chemische Evolution und die Anfänge des Lebens
4.1.
Die Ursuppe (Bildung von organischen Stoffen in reduzierender
Atmosphäre)
4.2. Die Schwarzen Raucher (Bildung von organischen Substanzen unter
Mitwirkung von schwefelhaltigen Verbindungen in der Nähe unterseeischer
Vulkanschlote)
4.3. Leben an Kristallen? (Entstehung von Organischen Stoffen z.B. an
Pyrit-Kristallen (FeS2))
4.4. Viele Theorien – viele Fragen (es werden kritische Argumente gegen
die zuvor aufgeführten Theorien dargestellt, es wird auf weitere
Erklärungsansätze hingewiesen; „Wahrscheinlich ist, dass keine der Theorien
allein richtig ist und dass möglicherweise alle Theorien einen Beitrag zu der
endgültigen Vorstellung über die Entstehung des Lebens geben werden“)
1) URSUPPE
(Suche nach Möglichkeiten der Entstehung von
Lebensbausteinen unter den Bedingungen der Ur-Erde an der Erdoberfläche; man
hat z.B. versucht, die oben geschilderten Bedingungen der Ur-Erde im Labor
nachzubauen; nach wenigen Tagen Versuchsdauer bildeten sich Lebensbausteine
wie Aminosäuren, Fettsäuren, Harnstoff, Milchsäure, Zucker ...)
2) SCHWARZE RAUCHER
(an Vulkanschloten auf dem Grund der Weltmeer sind eine Fülle von verschiedenen
Lebensformen entdeckt worden, obwohl es dort absolut dunkel und weit mehr als
hundert Grad heiß ist und Schwefelverbindungen das Wasser vergiften; sind dort
in der Tiefe vielleicht auch die ersten Lebensbausteine und Lebensformen
entstanden?)
3) Oder ist das LEBEN AN KRISTALLEN entstanden, an
deren Oberfläche bestimmte chemische Prozesse haben bevorzugt ablaufen können?
Das alles sind spannende Spekulationen. Viele Theorien
werden in der Fachwissenschaft kontrovers diskutiert. Viele Fragen sind
ungelöst, werden sich vielleicht nie eindeutig beantworten lassen.
Selbst wenn eines der
vorgeschlagenen Modelle richtig sein sollte, wäre das nur die Erklärung für die
Bereitstellung der notwendigen Bausteine für Lebewesen, das ist noch kein
Leben! Wie dann Eiweiße und Lebensmoleküle (DNS,RNS) sinnvoll
zusammenspielen, dafür gibt es weitere spannende und komplizierte Modelle (z.B.
Hyperzyklen – Kreisläufe), die in der Fachwelt diskutiert werden und umstritten
sind.
Woher kommt das Leben? Wir
bekommen auf unsere Frage durch die Biologie keine klaren endgültig überzeugenden
Antworten, eher erzeugt die Vielzahl der Erklärungsmodelle Verwirrung ...
Was sagt die Wissenschaft zu dieser Lage? Wir
lesen dazu in einem modernen (und guten) Schullehrbuch:
Kapitel 6.7: Probleme in der Theorie von der Entstehung des
Lebens
·
„Viele der Gedanken, die hier in den
letzten Abschnitten besprochen wurden, beruhen auf Vermutungen und
Spekulationen ...“
·
„... reproduzierbare Experimente sind
nicht möglich ... so sind wir auf die Auswertung von Indizien
angewiesen ...“
·
„... muss man feststellen, dass die
Evolutionstheorie über die Entstehung des Lebens auf der Erde noch kein
gesichertes Bild bieten kann ...“
(Schroedel
Schulbuchverlag Hannover 1995, Materialien für den Sekundarbereich II, Lehrbuch
BIOLOGIE, Kapitel EVOLUTION, S.103)
Die
ungelösten Fragen werden nicht ausgeklammert, sondern gezielt thematisiert.
Der hypothetische Charakter gängiger Erklärungsmodelle
(„Ursuppe“ à
organische Moleküle à
„Selbstorganisation“ à Leben)
wird hier als „Vermutungen und Spekulationen“ benannt. Wir werden vielleicht
nie eindeutig wissen, welche Ereignisse vor langer Zeit zur Bildung der ersten
Lebensformen geführt haben. Wissenschaftszweige wie Abstammungslehre und
Evolutionsbiologie sind in der gleichen schwierigen Lage wie Historiker. Sie
müssen versuchen, einen einmaligen Vorgang, der in der Vergangenheit
abgelaufen ist (ohne noch lebende Zeugen, die befragt werden könnten), zu
rekonstruieren, wobei die Zahl und die Qualität der Befunde (der Fundstücke)
in der Regel unbefriedigend ist und verschiedene Deutungen der „Indizien“
möglich sind. Die Schwierigkeit soll an folgendem Beispiel skizziert werden:
Wenn man beispielsweise alle wichtigen Fundstücke zu Vorfahren des heutigen
Menschen (versteinerte Knochen, Zähne, Schädel, Fußabdrücke) auf der (in der
Biologie akzeptierten) zugehörigen Zeitachse von einigen Millionen Jahren
anordnet, liegt etwa aller 10000 Jahre ein solches Fundstück. Habe ich
nun typische Zeitzeugnisse zur Verfügung, sind sie zeitlich richtig
eingeordnet – oder besteht das Puzzle, das ich mir lege, zum Teil aus
falschen oder nur schlecht zusammenpassenden Bausteinen? Es ist sicher ein
spannendes Unterfangen, so die Geschichte der Menschheit zu rekonstruieren,
aber es bleiben Unsicherheiten, das Bild ist „kein gesichertes Bild“.
Noch allgemeiner und ganz grundsätzlich gilt
für die Erkenntnismöglichkeiten der Naturwissenschaften:
Naturwissenschaftliche Erkenntnis führt nicht
zu endgültigen Wahrheiten. Das Wissen bleibt immer unvollkommen, vorläufig und
ist verbesserungsbedürftig. Die Ergebnisse sind Modelle, Hypothesen, Theorien.
Eine letzte Einsicht ist besonders wichtig: aus
naturwissenschaftlichen Erkenntnissen kann und darf man keine weltanschaulichen
Deutungen herleiten oder sie damit begründen. Aus den Erkenntnissen der
Biologie oder Physik ergeben sich keine zwingenden, „wissenschaftlich
begründeten“ Schlussfolgerungen über den Sinn und das Ziel des menschlichen
Daseins. Dieser Satz gilt für philosophierende Physiker und Biologen generell,
unabhängig davon, ob ihre Äußerungen mir genehm sind (meine Weltsicht
bestätigen) oder nicht. Auch Nobelpreisträger äußern sich in philosophischen
Fragen nur als nachdenkliche Menschen und nicht mit der Autorität ihrer
naturwissenschaftlichen Verdienste.
Abschließend seien noch zwei Zitate aus naturwissenschaftlichen Lehrbüchern
mitgeteilt, die grundlegende Grenzen für den naturwissenschaftlichen Zugang zur
Welt aufnehmen und deutlich sagen, dass auch im Zeitalter moderner Naturwissenschaft
weltanschauliche Deutungen des Daseins „dem persönlichen Glauben überlassen
sind“.
Offene
Naturwissenschaft
(a) Wissenschaftstheorie
„Das naturwissenschaftliche Weltbild kann nur ein
Teilbild der Welt sein, und es kann nur ein vorläufiges Bild sein ...
Was ist der Sinn der Evolution? ... Warum hat sie zum Menschen
geführt, einem Wesen mit Geist? ...
Was steckt hinter dem, was die Naturwissenschaft als „Zufall“
beschreibt? ...
Willensfreiheit und Sinn des Seins vermag die Biologie nicht zu
deuten. ...
Solche Fragen lassen sich mit den Mitteln der Naturwissenschaft
nicht lösen, Antworten darauf sind dem persönlichen Glauben überlassen.“
(Linder Biologie; Bayerhuber/Kull: Lehrbuch für die Oberstufe, Stuttgart 1994,
S.453,456)
(b) Kosmologie – Urknall
„Was oder wer hat die Ausgangsbedingungen gesetzt?
... physikalische Letztbegründungen sind nicht möglich ...
Man kann das Auftauchen der Energie als „Schöpfungsakt“
aus dem „Nichts“ im Sinne der christlichen Religion deuten ... Das
Urknall-Modell schließt einen „Schöpfer“ nicht aus ...
Hat unser Leben in diesem Universum einen Sinn? Eine Antwort kann
nicht aus den physikalischen Erkenntnissen abgeleitet werden.“
(W. Kuhn: Physik, Klasse 12/13 Band 2, Westermann,
1992)
Gewarnt wird hier vor unerlaubten Grenzüberschreitungen:
mit der Ableitung von weltanschaulichen Deutungen wird der Geltungsbereich der
Naturwissenschaften verlassen.
Sie können die folgenden Hintergrundinformationen auch
überspringen und gleich in Kapitel 2.4.2.1. weiterlesen:
Woher kommt das Leben? – Welche Antwort gibt die Bibel?
2.4.1.2. Hintergrund
2.4.1.2.1.
Anspruch und Grenzen der Naturwissenschaft
Wie sieht es mit dem Anspruch, mit den Möglichkeiten, aber auch
mit den Grenzen naturwissenschaftlicher Erkenntnis aus?
Auf dem Holzschnitt wird symbolhaft das Suchen der Naturwissenschaft
deutlich. Die immer neu gestellte Frage heißt: Was steckt dahinter? Naturwissenschaftler
sind besonders neugierige Menschen. Sie möchten wissen, was hinter den
Kulissen des Welttheaters geschieht, was die Welt im Innersten zusammenhält,
welche Kräfte ihren Lauf bestimmen. Sie bezweifeln, dass unser Augenschein uns
die Welt so zeigt, wie sie wirklich ist. Auch allgemein akzeptierte Weltbilder
werden immer neu hinterfragt. Gibt es vielleicht noch ganz andere Erscheinungen,
die wir bisher nicht kannten? Könnten sich im Lichte neuer, besserer
Erklärungen und Theorien die vertrauten Weltbilder der Vergangenheit doch als
falsch oder wenigstens unvollkommen erweisen?
Neugier ist eine tolle Begabung,
mit der wir Menschen beschenkt sind. Nach dem Verständnis der Bibel haben wir
auch unseren suchenden Verstand von Gott erhalten. Menschen dürfen ihre
Begabungen nutzen, um die Welt zu entdecken, aber auch, um sie umzugestalten
und zu nutzen.
Der Auftrag Gottes an den Menschen:
„Und
Gott segnete die Menschen und sprach zu ihnen:
Seid
fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und
herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über
das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht.“
(1.
Buch Mose 1,28)
Der Mensch im
Garten Gottes:
„Und
Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er
ihn bebauen und bewahren sollte“.
(1.
Buch Mose 2,15)
Im ersten Kapitel der Bibel steht der Auftrag an den
Menschen, sich die Erde „untertan zu machen“. Das ist zu manchen Zeiten
missverstanden worden als Ermächtigung zur gnadenlosen Ausbeutung und
Unterdrückung der Schöpfung. Im biblischen Kontext wird aber deutlich, dass es
hier nur um fürsorgliche Herrschaft im Auftrag Gottes gehen konnte. In ihrem
zweiten Kapitel gibt die Bibel dem Menschen eine zweite „Gebrauchsanweisung“
mit für den Weg in der Welt. Hier wird die Welt im Bild eines Gartens
beschrieben, in den der Mensch gestellt wird mit dem Auftrag, diesen Lebensraum
„zu bebauen und zu bewahren“ – er darf und soll ihn also gestalten (untersuchen,
verändern, nutzen), aber zugleich als lebenswerte Heimat für Pflanzen, Tiere
und Menschen erhalten.
Problemanzeige
Naturwissenschaft hat mit ihrem Suchen und Fragen in den
letzten Jahrhunderten beeindruckende Erfolge gefeiert. Sie hat versucht, in
immer neuen Anläufen den materiellen Aufbau der Welt und das Funktionieren ihrer
Teile zu erklären, und das Publikum hat diesen Prozess mit Staunen,
Faszination oder auch Verwirrung begleitet. Zum anderen ist es der
Naturwissenschaft in ihrer praktischen Umsetzung, in Gestalt der Technik,
gelungen, die Welt für den Menschen in Besitz zu nehmen und diese (manchmal
mit zwiespältigem Ergebnis) zu verändern.
„Ich will die Welt retten.“
Craig J. Venter; Biochemiker,
(maßgeblich beteiligt
an der Entschlüsselung des menschlichen Erbgutes)
Die Erfolge (und Folgen) der Naturwissenschaft sind gewaltig
und führen für viele Zeitgenossen zu einer regelrechten
Wissenschafts-Gläubigkeit. Gerade für Menschen, die mit Gott nichts mehr
anfangen können, sind die moderne Naturwissenschaft und Medizin („Halbgötter
in Weiß“) an seine Stelle getreten. Wo man früher von Gott erhoffte und erwartete,
dass er die Probleme dieser Welt (auf-)lösen und Not und Leid heilen werde, da
werden heute übermächtige Erwartungen an die Naturwissenschaft herangetragen
und von manchen ihrer Vertreter auch geschürt: sie soll nicht nur alle Fragen
beantworten, sie soll auch in eine lichte, sorgenfreie Zukunft, in eine heile
Welt führen.
2.4.1.2.2.
Das Ergebnis wissenschaftlichen Suchens -
statt endgültiger Wahrheiten: Modelle, Hypothesen, Theorien
Auch wenn Naturwissenschaft von vielen Menschen als
allmächtig bestaunt oder beargwöhnt wird, ist ganz deutlich zu sagen:
Naturwissenschaft ist weder allwissend noch ist sie allmächtig!
Gute Naturwissenschaftler haben zu allen Zeiten gewusst,
dass sie „kleine Brötchen backen“, dass sie nicht für die ganze Wirklichkeit
der Welt zuständig sind, dass sie nicht auf alle Fragen eine Antwort geben
können (und müssen).
Naturwissenschaft zu betreiben ist eine bestimmte Art, sich
mit der Wirklichkeit der Welt auseinanderzusetzen. Dafür gibt es nicht nur
klare Spielregeln (die naturwissenschaftliche Methode), sondern diesem Zugang
zur Welt sind auch Grenzen gesetzt, von denen hier nur einige knapp benannt
werden sollen.
·
Zum ersten geht (auch) die Naturwissenschaft in
ihrem Tun von Annahmen aus, deren Gültigkeit und Richtigkeit vorausgesetzt
werden, die sich aber nicht beweisen lassen (Axiome): So wird – ohne diese
Annahme kann Naturwissenschaft einfach nicht sinnvoll arbeiten –
vorausgesetzt, dass die Naturgesetze zu allen Zeiten und an jedem Punkt des
Universums in gleicher Weise gelten (so, wie wir sie heute auf der Erde
erkennen). Oder es wird vorausgesetzt, dass der Kosmos „homogen und isotrop“
ist (d.h. dass Materie etwa gleichmäßig verteilt ist und wir deshalb im uns
zugänglichen Nahbereich „typische Verhältnisse“ vor-finden).
Wir wissen auch nicht, ob im Universum nur die von uns bisher nachgewiesenen
Teilchen existieren. Derzeit gehen die meisten Astrophysiker davon aus, dass
nur etwa 5 Prozent unseres Universums aus Stofflichkeiten bestehen, die wir
kennen, und dass 73% aus „dunkler Energie“ und 22% aus „dunkler Materie“
bestehen („dunkel“ steht hier schlicht für das Nicht-Wissen). Wir wissen auch
nicht, ob unser Kosmos nur von den vier uns bekannten Kräften beherrscht wird
(diese sind: die starke und die schwache Kraft oder Wechselwirkung im Bereich
atomarer Dimensionen, die elektromagnetische Kraft und die Schwerkraft) und ob
diese in einer einheitlichen Theorie erklärt werden können.
Die Naturwissenschaft arbeitet mit Grundbegriffen (z.B. Energie, Masse,
Materie, Raum oder Zeit), die eigentlich Abstraktionen sind, denen keine
eindeutige Wirklichkeit entspricht.
·
Zum zweiten ist Naturwissenschaft von ihrem Anspruch
her der Versuch, die Welt mit den Mitteln des menschlichen Verstandes zu
erklären. Es ist sehr fraglich, ob die zwei Pfund grauer Gehirnzellen, die
unser Schädel einschließt, in der Lage sind, das ganze Universum mit der Fülle
und Vielfalt seiner Erscheinungen wahrzunehmen, zu verstehen und umfassend zu
erklären. In unseren naturwissenschaftlichen, von Menschen erdachten Modellen
und Theorien wird die Natur überschaubar (gemacht). Wir wissen jedoch, dass die
Struktur, die wir der Welt damit auferlegen, in den Grenzen unserer
menschlichen Vorstellungskraft erfolgt und schon deshalb nicht vollkommen ist.
·
Zum dritten erweist sich als Arbeitsgegenstand der
Naturwissenschaft, was man sehen und anfassen kann, was sich zählen, wiegen
und messen lässt. Dabei ist es grundsätzlich geblieben, auch wenn wir das Leistungsvermögen
unserer Sinnesorgane mit technischen Hilfsmitteln - z.B. beim Sehen mit Mikroskopen
oder Teleskopen – deutlich ausweiten konnten. Wir wissen auf der einen Seite,
dass das „Netz“, mit dem die Naturwissenschaft das „Meer der Wirklichkeit“
durchfischt, viele interessante Funde erfasst und festgehalten hat. Aber
manches, was auch zur Wirklichkeit gehört, schlüpft einfach durch die viel zu
groben Maschen dieses Netzes.
Naturwissenschaft hört die Realität gewissermaßen nur auf
wenigen, ausgewählten Frequenzen ab.
Die Physik kann uns nur sagen, was ist. Wenn wir
wissen wollen, was wir tun sollen, lässt sie uns im Regen stehen.
Naturwissenschaften machen keine Aussagen über die vielfältige Welt der persönlichen
Erlebnisse, Erfahrungen und Gefühle, die unser Leben so reichhaltig sein lassen
und bestimmen.
Nicht
alle Aspekte von Wirklichkeit lassen sich mit naturwissenschaftlichen Methoden
fassen
Ein Beispiel: MUSIK gehört zur Wirklichkeit vieler
Menschen. Auch wer damit überhaupt nichts anfangen kann, auf den wirkt sie,
indem er das Radio ausschaltet oder ihr anderweitig entflieht. Musik beeinflusst
unsere Stimmung, macht uns nachdenklich oder beschwingt, manchmal bringt sie
uns auch in Bewegung (im Tanz, beim Schunkeln, als Marschmusik). Musik
hinterlässt unbezweifelbar Wirkungen, gehört also zur Wirklichkeit. Um
das Phänomen Musik besser zu verstehen, könnte nun ein Physiker um Aufklärung
gebeten werden, der in Messungen und Erläuterungen Spannendes zu schwingenden
Saiten und Luftmolekülen, zu Resonanzen und Frequenzen und Amplituden
berichten könnte. Dann wäre vielleicht ein zweiter Naturwissenschaftler, ein
Neurophysiologe, zu bitten, der erklären könnte, was vom schwingenden
Trommelfell an sich im Inneren des Gehirns abspielt an chemischen und elektrischen
Vorgängen. Interessant sicher. Aber es wäre völlig irreführend anzunehmen,
dass sich das Phänomen „Musik“ so angemessen erfassen ließe. Wollte man das
Erlebnis einer Beethoven-Symphonie mittels der im Konzertsaal gemessenen
Luftdruckkurven darstellen, wäre das offenkundig eine Abbildung mit nicht
angemessenen Mitteln. Ihr Geheimnis und ihre Wirklichkeit lassen sich
(allein) mit den weiten Maschen des Netzes der Wissenschaft nicht
„ergreifen“.
Viele Menschen meinen – durch das Lernen von
„Gesetzmäßigkeiten“ in der Schule entsprechend geprägt –, Naturwissenschaft
sei nicht nur der einzig richtige Weg zur Erkenntnis der Welt, sondern ihre
Einsichten seien auch „objektiv“ (verstanden als allgemein gültig) und „wahr“
(nicht hinterfragbar).
Die Wissenschaftstheorie sagt dazu anderes: Die
Erkenntnisse der Naturwissenschaften können nie den Status endgültiger,
bewiesener, nicht mehr hinterfragbarer Wahrheiten beanspruchen. Sie sind – das
gilt jedenfalls grundsätzlich - vorläufige Einsichten, nicht nur
verbesserungsbedürftig, sondern auch verbesserungsfähig. Was Naturwissenschaft
sagen kann, ist immer nur mit dem heutigen Datum gültig, und jeder
Fachartikel, jedes dicke Lehrbuch müssten eigentlich mit der Einschränkung
schließen, dass hier nach bestem Wissen und Gewissen dargestellt wird, was im
Moment die überzeugendste Erklärung eines Sachverhalts zu sein scheint, dass
aber morgen oder in zehn oder in hundert Jahren jemand eine bessere und vielleicht
ganz andere Deutung für den gleichen Befund geben könnte. Und so besteht
folgerichtig der Wissensfundus der Naturwissenschaft nicht aus endgültigen
Wahrheiten, sondern aus Modellen, Hypothesen und Theorien. Natürlich muss
neben diesen grundsätzlichen Feststellungen deutlich sein, dass naturwissenschaftliches
Forschen inzwischen in vielen Einzel-Bereichen zu Entdeckungen geführt hat, die
wenigstens eine gute Annäherung an die Wirklichkeit darstellen und vielleicht
auch nicht mehr verbessert werden können und müssen. So reicht die klassische
Newton´sche Physik aus, um verlässliche Umlaufbahnen für Satelliten zu
berechnen. Auch zuverlässig funktionierende Technik in unserem Alltag ist ein
deutlicher Hinweis darauf, dass viele Erkenntnisse doch einen hohen
Wahrheitsgehalt erreicht haben.
Jedenfalls gibt es im Wissenschaftsbetrieb oft viel mehr
offene Fragen als (wenigstens vorläufig) befriedigende Antworten.
Eigenschaften |
Wert |
Unsicherheit |
Alter
des Universums (Milliarden Jahre) |
13,7 |
+ 0,2 |
Anteil
der „normalen“ Materie (Prozent) |
4,4 |
+ 0,4 |
Anteil
der „kalten, dunklen“ Materie (Prozent) |
23 |
+ 4 |
Anteil
der gesamten Materie (Baryonen und dunkle Materie) an der Gesamtdichte
(Prozent) |
27 |
+ 4 |
Anteil
der „dunklen Energie“ an der Gesamtdichte (Prozent) |
73 |
+ 4 |
Temperatur
der komischen Hintergrundstrahlung (Kelvin) |
2,725 |
+ 0,002 |
b) „Das würde ich eine Krise nennen“ (Lee Smolin)
„Nur
zu ein paar Prozent besteht unser Universum aus sichtbarer Materie. Für
schätzungsweise 95 Prozent des kosmischen Inventars haben Forscher bislang
wenig mehr als Namen, und schon die sind mysteriös genug: Dunkle Materie und
Dunkle Energie. Das All ist erfüllt von etwas, was wir nicht sehen, und wird
getrieben von einer Kraft, die wir nicht verstehen. ... Die Grundlagenphysiker
driften zusehends weg von der Naturwissenschaft, hin zu reinen Mathematik ...
Immer kühner türmen die Theoretiker ihre Gedankengebäude. Immer weiter
entfernen sie sich von den Möglichkeiten der Experimentalphysik. ... Heute ist
das meiste, was Theoretiker über die Grundlagen der Physik publizieren, nicht
überprüfbar.“
„Heute zweifelt kaum noch ein Kosmologe an der Urknall-Theorie.“
(Die Zeit 29.3.07 S.29, 32)
Erkenntnisweg
und Grenzen der Naturwissenschaft
Das Ziel bei der Behandlung der Wirklichkeit ist die
Reduktion von Komplexität und das Aufsuchen von regelmäßig in gleicher Weise
ablaufenden Vorgängen und von Zusammenhängen.
Die aus Beobachtungen abgeleitete Erkenntnis führt den
Naturwissenschaftler zu einer Hypothese, die weiterentwickelt wird zur
Formulierung eines (Natur-)Gesetzes bzw. einer Theorie. Eine Theorie soll nicht
nur beschreiben, sondern auch begründet werden und Ursachen angeben. Die Angabe
eines klar begrenzten Anwendungsbereiches gehört dazu. Theorien sind nicht an
der Erfahrung ablesbar, sie werden letztlich erraten. Theorienbildung wird in
vielen Fällen durch Hintergrundüberzeugungen geleitet („Zeitgeist“).
Allerdings müssen sich Theorien in harten Prüfungen bewähren: So müssen sie
intersubjektiv (unabhängig von der Person des Experimentators) überprüfbar sein
und dürfen nicht im Widerspruch zu Experiment und Wirklichkeit stehen.
Naturgesetze beschreiben die Natur nicht als solche, sondern so, wie sie unter
den Voraussetzungen objektiver Erkenntnis erscheint. Grundsätzlich gilt dabei,
dass die gefundenen Gesetze jederzeit falsifizierbar sind (sich als „falsch“
erweisen können, z.B. durch nur einen widersprechenden Befund), nie
aber für alle Zukunft verifizierbar sind (sich als endgültig „wahr“ erweisen,
in ihrer Richtigkeit bewiesen werden können).
Ein naturwissenschaftliches Gesetz gilt genau so lange, bis
es durch neue Erkenntnisse erweitert oder durch ein neues Gesetz abgelöst wird.
Nachfolgetheorien heben ihre Vorläufer in der Regel nicht auf; die Vorläufer
haben sich nicht als falsch erwiesen, die Nachfolgetheorien grenzen nur ihren
Anwendungsbereich ein.
Die naturwissenschaftliche Erkenntnis kann im Detail sehr
präzise sein, gilt aber nur für genau die Rahmenbedingungen (Fragestellungen),
unter denen die Beobachtungen gemacht wurden.
(Auch die) Naturwissenschaft ist eine Wahrheit im
historischen Gewand.
(nach Schwarke/Biewald S.38, Audretsch S. 18ff)
Die Frage nach dem Anfang und Ursprung ist natürlich
keine wissenschaftliche Frage. ... Denn , genau gesagt, geben die
Wissenschaften darauf keine Antwort ...
Ursprung des Universums ...
Ursprung des Lebens ...
Entstehung des Menschen (welches Kriterium für das
Menschsein?) ...
Ursprung des Bewusstseins ...
... dass der wissenschaftliche Diskurs über die Welt
bestenfalls eine theoretische Erklärung liefert, die für den Augenblick Geltung
beansprucht, aber jederzeit durch neue Beobachtungen und Experimente widerlegt
werden kann.
Auch wenn eine Theorie ... ein allgemeines Weltbild
darstellt, in dessen Rahmen wissenschaftliche Methoden Anwendung finden,
handelt es sich dennoch um eine Hypothese, die man in den Rang einer Theorie
erhoben hat, weil sie so umfassend ist und so viele Fachgebiete sich in ihrem
Rahmen bewegen können.. Zu diesen umfassenden Theorien gehören etwa die
Darwinsche Evolutionstheorie, die Theorie des expandierenden Universums und das
Standardmodell der Quantenphysik.
(ohne Relativitätstheorie kein GPS, ohne Quantenmechanik keine
Kernspintomographie oder CD-Player JK)
„unmöglich“
... dass jede Wissenschaft ihren Gegenstandsbereich
präzise abgrenzen muss. Da Wissenschaften niemals die Gesamtheit des Wissens
über die Gesamtheit aller Objekte in sich vereinigen, bestimmen sie durch die
Abgrenzung ihres Gegenstandbereiches stets auch jenen Bereich, über den sie mit
ihren Methoden unmöglich etwas auszusagen vermögen. Hierzu gehören z.B. alle
Fragen, die den Ursprung der Dinge betreffen.
... Oft bezeichnet man jede Information als
wissenschaftlich, die durch Beobachtung und Experiment bestätigt wird. Implizit
bedeutet diese Sichtweise, dass der wissenschaftliche Diskurs die Wirklichkeit
der uns umgebenden Welt so objektiv und passiv wie möglich beschreibt. ...
Tatsächlich spiegelt aber (nach Karl Popper) die wissenschaftlich Erkenntnis
die Realität der Welt nicht (objektiv und richtig) wider, sondern ist eine von
unserem Verstand aufgestellte Hypothese, die wir vielfältigen Prüfungen
unterziehen, damit die Außenwelt sie widerlegt oder bestätigt. Sagt die Natur
„ja“, so ist es meist lediglich ein „vielleicht ja“. Sagt sie dagegen „nein“ –
widerlegt sie also die Hypothese -, so geschieht dies kategorisch.
(Besteht eine Theorie einen Test nicht, mag ihr Erklärungspotenzial noch so
groß sein – sie muss aufgegeben werden – bdw 12/03 S.48).
(Thesaurus der exakten Wissenschaften,
Zweitausendeins Verlag, Frankfurt/Main, 2001)
2.4.2. Wie lese und verstehe
ich die Bibel?
2.4.2.1. Eine
konkrete Frage: Woher kommt das Leben ? – Welche Antwort gibt die Bibel ?
Woher
kommt das Leben? Viele Christen würden sagen: Das steht doch in der Bibel,
gleich am Anfang, unter der Überschrift „Schöpfung“!
Wir machen also einen zweiten Anlauf: Wir lesen
das erste Kapitel der Bibel. Die Bibel erzählt in gewaltigen Bildern, die in
der folgenden nüchternen Kurzfassung nicht angemessen wiedergegeben werden
können.
(Zusammenfassung von 1.Buch Mose Kap.1 bis Kap.2 Vers
4;
die Zahlen geben den jeweiligen „Schöpfungstag“ an):
·
Der
„Grund“ (der Wille, der Anfang, das Fundament) dafür, dass es eine „Schöpfung“
und darin Leben gibt, liegt in Gott.
·
Gott
schafft Ordnung und bringt Struktur in das Chaos des Anfangs (Tag und Nacht
(1), oben und unten (2), Land und Meer (3), Gestirne als Zeitgeber (4)).
·
Die
Erde wird ein geschützter (Wohn-) Raum für Leben.
·
Gott
beauftragt das Land (den fruchtbaren Boden), Pflanzen hervorzubringen (3).
·
Er
schafft die Wassertiere und Vögel (5).
·
Das
Land wird beauftragt, die landlebenden Tiere hervorzubringen (6).
·
Am
Ende will Gott, dass es Menschen gibt (6) (als sein Gegenüber; und er schafft
sie als Mann und Frau - das heißt, der Mensch ist Mensch nur in Beziehung zu
anderen).
·
Er
setzt die Menschen als verantwortliche Haushalter in seine Schöpfung ein.
·
Das
ganze Schöpfungshandeln wird im Rhythmus von sechs „Tagen“ geschildert.
·
Das
(Wert-)Urteil Gottes über seine Schöpfung lautet „es war alles sehr gut“.
·
Der
siebente Tag ist heilig und ein Tag der Ruhe.
Es
lassen sich folgende Kernaussagen heraus-„destillieren“, die der Text
vermitteln will:
·
Es
gibt nur EINEN GOTT und keine anderen (Natur-) Götter (neben
ihm).
(Sonne, Mond und Sterne, Tiere, Bäume, Blitz und Donner wurden in anderen
Religionen als Götter verehrt)
·
GOTT
hat Alles, die Welt (Kosmos, Erde, Mensch) ins Dasein gebracht.
·
Er
hat ihr eine ORDNUNG gegeben.
Gott ist ihr „SCHÖPFER“. (für das unbegreifliche Schaffen
Gottes gibt es ein besonderes Wort in der Bibel)
Er ist ALLMÄCHTIG.
·
Gott
meint es GUT mit seinen Geschöpfen, er ist wie ein fürsorglicher VATER.
·
Den
Geschöpfen werden von Gott „schöpferische“ Aufgaben übertragen (die Erde bringt
Lebewesen hervor; der Mensch erhält gestalterische Freiheit: er soll den Garten
bebauen und bewahren)
Das
christliche Glaubensbekenntnis nimmt den „Extrakt“ dieser Glaubensaussagen auf
und fasst – noch knapper und in nüchternen Worten - zusammen:
„Ich glaube an GOTT
den VATER,
den ALLMÄCHTIGEN,
den SCHÖPFER
des Himmels und der Erde.“
Es geht hier nicht darum, einen trockenen
Merksatz „nachzubeten“: Meine Antwort ist gefragt. Das Bekenntnis ist
als Ich-Satz formuliert. Wenn ich es mir zu eigen mache, sage ich eine ganz
persönliche Erfahrung aus, die ich nur sagen kann, wenn ich auch meine Welt als
gute Heimat erfahre und bereit bin, mich unter den Auftrag des Schöpfers zu
stellen. Dann gilt die „alte Geschichte“ nicht nur für „damals“, sie gewinnt
BEDEUTUNG FÜR MICH HIER UND HEUTE!
Es geht hier nicht darum, einen trockenen
Merksatz „nachzubeten“: Meine Antwort ist gefragt. Das Bekenntnis ist
als Ich-Satz formuliert. Wenn ich es mir zu eigen mache, sage ich eine ganz
persönliche Erfahrung aus, die ich nur sagen kann, wenn ich auch meine Welt als
gute Heimat erfahre und bereit bin, mich unter den Auftrag des Schöpfers zu
stellen. Dann gilt die „alte Geschichte“ nicht nur für „damals“, sie gewinnt
BEDEUTUNG FÜR MICH HIER UND HEUTE! Genau in diesem Verständnis geht es in der
Erklärung Martin Luthers zum 1. Artikel im christlichen Glaubensbekenntnis
nicht um abstrakte Fragen zur WELT-Schöpfung, sondern um die Frage, was
Schöpfung für mein ICH, für meine Existenz als Mensch bedeutet (ausführlicher
dazu siehe unter 2.5.):
„Ich glaube an Gott, den Vater, den
Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“
Was ist das?
Ich glaube, dass mich Gott geschaffen hat …“
Ich bekomme Antworten auf ganz wichtige Fragen,
das Bekenntnis im ersten Kapitel der Bibel enthält ein Angebot für die Deutung
meines Daseins in dieser Welt.
Es geht in dem Text der Bibel um den Urgrund, den Ursprung, es geht um den Sinn
und um das Ziel meines Daseins. Woher? Warum? Wozu? Wohin? Diese Fragen
finden hier eine Antwort. Der Text will mir Mut machen, daran zu glauben und
darauf zu vertrauen, DASS ich Gott mein Dasein verdanke und dass ich bei ihm
gut aufgehoben bin.
Ich bekomme keine Antwort auf unsere
Wissensfragen: WIE ist das alles ganz konkret passiert? Das Geschehen wird
nicht so genau erklärt, dass ich es als Mensch verstehen und
naturwissenschaftlich einordnen kann.
ICH verstehe die Bibel so, dass sie mir
vorrangig Orientierung und Maßstäbe vermitteln will für ein gutes gottgefälliges
Leben in dieser Welt. Die Bibel ist nicht geschrieben zur Belehrung über
naturwissenschaftliche Zusammenhänge, sie ist damit auch kein brauchbares
Lehrbuch für den Physik- oder Biologieunterricht im Jahr 2005!
Auch hier gilt also: keine unzulässige Grenzüberschreitung !
2.4.2.2.
Hintergrund: Was habe ich für ein Bibelverständnis?
Für manche klingt diese Frage vielleicht unverständlich.
Ist nicht für jeden Christen die Bibel das „Buch des Glaubens“, bringen die
dort niedergelegten Texte nicht jedem Leser die gleichen Wahrheiten des
Glaubens nahe?
Im Gespräch mit anderen Christen ergibt sich dann aber die
(manchmal schmerzliche) Einsicht, dass es das eine, für alle Christen
gleichermaßen verbindliche Bibelverständnis nicht gibt. Deswegen wird es
wichtig sein, dass ich mir selbst klarmache, wie ICH die Bibel verstehe, was
die Glaubenszeugnisse aus meiner Sicht bewirken (wollen). Und welche Rolle
kommt dann den eindrücklichen Bildern zu, die die Bibel verwendet, den
Sprachbildern, den Weltbildern? Wie verstehe ich die Schilderung der „FESTE“
(Firmament), die nach biblischer Darstellung (im 1. Buch Mose Kapitel 1) als
feste Trennwand den Lebensraum Erde vor der zurückgedrängten Urflut schützt?
Wie ordne ich die „SIEBEN TAGE“ ein, den zeitlichen Rhythmus, in dem das
Schöpfungswerk Gottes geschildert wird? Wie ist das mit ADAM und EVA als den
ersten Menschen zu verstehen? Je nachdem, wie ich einzelne Bibeltexte lese
und verstehe, ergeben sich mehr oder weniger „heiße“ Reibungsflächen beim Vergleich
mit der naturwissenschaftlichen Beschreibung der Welt.
Es könnte sein, dass Menschen im Streit über Darwinismus
oder Urknall entdecken, dass sie ein unterschiedliches Bibelverständnis haben,
und dass es vielleicht viel wichtiger wäre, darüber ein Gespräch zu führen, als
sich gegenseitig davon zu überzeugen, welche Modelle der Naturwissenschaft
schlüssiger sind (was nebenbei gesagt auch erfordert, sich mit der nötigen
Gründlichkeit sachkundig zu machen!).
Ich möchte im Folgenden zwei Sichtweisen für das Verstehen
der Bibel nebeneinander stellen. Beide Bibelverständnisse sind verbreitet und
werden hier verkürzt und vergröbert dargestellt, um die Unterschiede
deutlicher hervortreten zu lassen.
2.4.2.2.1. Das Bibelverständnis des Kreationismus
(Schöpfungs-Wissenschaft)
Da ist zunächst das Bibelverständnis des „Kreationismus“.
Hier werden die biblischen Aussagen zum Handeln Gottes in der Schöpfung
(creatio) als Dokumentarbericht verstanden und sind damit Ausgangspunkt für
wissenschaftliche Erklärungsmodelle der Welt auf streng biblischem Fundament.
Bibelverständnis
I:
Kreationismus, Schöpfungs-Wissenschaft
·
Die Bibel ist
von Gott Menschen „in die Feder diktiert“ worden; sie ist im uns vorliegenden
WORTLAUT verbindlich.
·
Wo die Bibel
sich konkret äußert (Geschehensabläufe, Zeiträume, naturkundliche
Mitteilungen), ist auch das heilsgeschichtlich verbindliche Wahrheit und eine
Aussage, die geglaubt werden muss.
·
Beispiele:
Kosmos, Erde und Mensch sind in 6 Tagen (nach unserem Zeit- und
Kalenderverständnis) geschaffen worden.
Das Alter der Welt beträgt nach den Zeitangaben der Bibel höchstens 10000
Jahre.
Die Sintflut hat als weltumgreifende Total-Katastrophe auch die höchsten Berge
überflutet, Noahs Arche ist auf dem Berg Ararat (heute Türkei) gestrandet.
Für alle in der Bibel genannten Fakten können naturwissenschaftliche Beweise gesucht
werden.
·
Biblische
Darstellungen (z.B. zum Werden der Welt im 1. Buch Mose) sind Aussagen, die
auch naturwissenschaftliche Sachverhalte richtig wiedergeben, und sie
sollten als christliche wissenschaftliche Alternative in den Physik- und Biologie-Unterricht
der Schule eingebracht werden.
In einem solchen Bibelverständnis finden viele Menschen
eine tiefe Gewissheit und Geborgenheit. Der Wortlaut der Bibel bildet ihr
festes Glaubens-Fundament. Weil der Glaube ihr Leben trägt, ist die ganze
Bibel wichtig; kein Punkt, kein Komma dürfen verrückt, keine Aussage
hinterfragt oder relativiert werden. Die Angst ist: wenn auch nur ein kleines
Stück aus dem biblischen Fundament herausgebrochen, in Frage gestellt,
relativiert oder interpretiert wird, könnte dadurch der ganze Bau zum Einsturz
gebracht werden.
Dass es in diesem Bibelverständnis notwendigerweise zu Widersprüchen
zu den Erklärungsmodellen der Naturwissenschaft kommt (Urknall-Hypothese,
Evolutions-Theorie, Entwicklung in Milliarden von Jahren), ist klar: „Die
Aufgabe (einer biblisch orientierten Schöpfungsforschung) ist ... nicht
geringer, als eine alternative Kosmologie, Biologie, Geologie auf
heilsgeschichtlicher Grundlage zu erstellen ... Evolutionskritik ist nur ein
erster Schritt im Rahmen einer unermesslichen Aufgabe ... Konkret: Wer das
Gerichtshandeln Gottes in Bezug auf die biblisch und außerbiblisch bezeugte
Sintflutkatastrophe in seiner ganzen Schwere ernstnimmt, muss die Geologie
umschreiben.“ (H.W. Beck: Biologie und Weltanschauung, Reihe „Wort und
Wissen“, Hänssler Neuhausen-Stuttgart, 1979).
Anfragen
an das „kreationistische“ Bibelverständnis:
Wenn man sich auf den „eindeutigen Wortlaut der Bibel“ bezieht, ist zunächst zu
fragen, welche Übersetzung der Gesprächspartner vor sich hat. In allen
Übersetzungen sind immer auch Interpretationen, Verstehenshilfen, Deutungen,
Auslegungen des Übersetzers mit eingeflossen. Außerdem machen bereits die in
verschiedener Fassung vorliegenden Ur-Texte zum Teil sehr unterschiedliche
Angaben. So summieren sich in der hebräischen, samaritanischen und
griechischen Fassung des Alten Testaments die für die Zeit von Adam bis Noah
gemachten Zeitangaben zu 1656, 1307 bzw. 2242 Jahren. Nicht einmal der Umfang
der Bibel ist in der Christenheit einheitlich festgelegt. Die von Katholiken
gebrauchte Bibel enthält im Alten Testament mehr Bücher als die Luther-Bibel.
Und es gab in den ersten Jahrzehnten nach Jesus mehr als die uns überlieferten
vier Evangelien, von denen aber einige „redaktionell ausgesondert“ wurden. Der
uns verbliebene „Kanon“ aufbewahrter biblischer Texte beruht also auf
menschlicher Übereinkunft.
Kritisch anzufragen ist, ob in der kreationistischen
Sichtweise letztlich nicht doch versucht wird, Gottes Handeln wissenschaftlich
zu beweisen („Gottesbeweise“ - wo doch Gottes Handeln „unsere Vernunft
übersteigt“). Ist der Zeithorizont der Bibel mit unserem Kalenderverständnis
angemessen zu fassen? Was heißt das, wenn zum Beispiel in Psalm 90,4 steht:
„Vor dir, Herr, sind tausend Jahre wie ein Tag“? Gilt bei Gott vielleicht doch
ein anderes Zeitmaß? Wie gehe ich – als Wissenschaftler - intellektuell z.B.
mit dem Tatbestand um, dass Bohrungen im Eis der Arktis eindeutige
Jahresschichten zeigen, die lückenlos aufeinander folgen, und dass dabei
900.000 Jahre Erd-Geschichte „archiviert“ sind? Hieß der erste Mensch wirklich
Adam, wenn doch in der Bibel in 1.Mose 5,2 steht: „Als Mann und als Frau erschuf
er sie und nannte sie (beide!) „ADAM“ (das heißt: „Mensch“)?
Fazit: Eine kreationistische Sicht der Bibel hat
spezifische Konsequenzen und führt ziemlich zwangsläufig zum Konflikt mit dem
Weltbild der Naturwissenschaft.
2.4.2.2.2.
Das historisch-kritische Bibelverständnis
Im historisch-kritischen Verständnis wird davon
ausgegangen, dass man sich mit der Bibel
auch wissenschaftlich („kritisch“) als einem Zeitzeugnis („historisch“
überlieferte Textsammlung aus der Antike) auseinandersetzen kann.
Bibelverständnis
II:
historisch-kritisches Verständnis
·
In biblischen
Texten können die zeitgeschichtlichen Umstände der Entstehung, ihr „Sitz im
Leben“ für die damaligen Menschen, erschlossen werden. Oft ist es hilfreich,
die verschiedenen literarischen Ausdrucks-Formen von den übermittelten
Glaubens-Inhalten zu unterscheiden.
·
In der Bibel
legen verschiedene Menschen Zeugnis ab von ihren persönlichen Glaubenserfahrungen.
Sie reden in einer konkreten Zeit und in einer konkreten Situation zu anderen
Menschen, und sie verwenden die damals (selbst-)verständlichen
Weltvorstellungen.
·
Reden von Gott
ist uns Menschen anders nicht möglich als in der unvollkommenen Sprache von Bildern,
Metaphern, Gleichnissen. Der erzählerische Rahmen, die Art der literarischen
Darstellung (Lieder, Chroniken, Parabeln, Paradoxa, Lehrtexte) haben sich im
Laufe der Geschichte immer wieder gewandelt. Der Kern der Glaubensaussagen,
die tiefen Grundwahrheiten, die in immer neuer Weise erlebt und überliefert
wurden, bleiben dennoch zeitlos wichtig.
·
Die Bibel ist
ein Buch des Glaubens, das zum Leben helfen will, das Werte und Orientierung
vermittelt. Die Bibel ist nicht geschrieben und geeignet als Lehrbuch für den
naturwissenschaftlichen Unterricht.
Von diesem Herangehen erhofft man sich ein besseres
Verständnis der Texte. Es stellt den Versuch dar, die Bibel in dem gleichen
Geist zu lesen, in dem sie geschrieben wurde. Der „Schatz“ des Glaubens wird
von Menschen, „in irdenen Gefäßen“ (Paulus), aufbewahrt und weitergegeben.
Hier wird das Reden von Gott als offenes Geschehen
verstanden, das nie zu fertigen, endgültigen Antworten kommt. Man könnte sagen
– vergleiche dazu die Aussagen zu den Ergebnissen naturwissenschaftlichen Forschens
im Kapitel 2.4.1.2.2. – dass auch der Glaube, die Theologie immer neue
„Hypothesen über Gott“ bilden, die stammelnd und stotternd und suchend in
Gleichnissen, in Bildern wiedergegeben und weitergegeben werden, die aber unvollkommene
Annäherungen bleiben und nie endgültige Wahrheiten (verstanden als
Gewissheiten über Gott und sein Handeln im Sinne von Definitionen) darstellen.
Allerdings gibt es auch hier eine Prüfinstanz: Religiöser Glaube muss sich
genauso wie eine physikalische Theorie im Leben bewähren, zum Leben helfen.
Im historisch-kritischen Verständnis ist der Glaube kein
abgeschlossenes, sondern immer ein offenes System. Nicht zu jeder Frage, die
sich uns Menschen in dieser Welt stellt, steht eine endgültige und erschöpfende
Antwort in der Bibel (zum Beispiel zu der Frage, ob wir Gentechnik oder
Atomenergie nutzen dürfen). Die Bibel bietet grundsätzliche Wertmaßstäbe zur
Orientierung an – aber ich darf und muss in meiner konkreten Lebens-Situation
selbst nach Antworten suchen, Entscheidungen treffen und auch die Verantwortung
für mein Handeln übernehmen.
Anfragen
an das „historisch-kritische“ Bibelverständnis:
Darf man die Bibel, in der die zentralen Glaubenszeugnisse
der Christenheit aufbewahrt sind, so lesen, analysieren, kritisch
hinterfragen wie ein beliebiges anderes Schriftzeugnis der Antike?
Historisch-kritische
Exegese (Bibelauslegung):
„Historisch muss eine Exegese sein, weil nicht nur Gott
sich historisch feststellbar offenbarte, sondern diese Offenbarung ausgerechnet
in Gestalt historischer Texte hinterließ: in der Bibel, deren Bücher von
bestimmten Personen zu bestimmten Zeiten unter bestimmten Umständen zu Papyrus
gebracht wurden.
Kritisch muss Bibelauslegung sein, weil nicht alles, was früher zur Bibel
gesagt wurde, deshalb auch richtig sein muss. Vielmehr ist die Bibel mit stets
neuen Augen zu lesen, und das bedeutet vor allem, selbstkritisch und
auslegungsgeschichtskritisch zu sein.“
(Georg Steffens, Leserbrief, IdeaSpektrum 6/2001)
Es kann sein, dass am Ende nur noch ein erbitterter Streit
darum geführt wird, ob dieser halbe Satz nicht von einem späteren Redakteur
hinzugefügt wurde, oder ob jene Erzählung nicht an falscher Stelle in der
Bibel eingeordnet wurde. Im wissenschaftlichen Suchen nach Genauigkeit im
Detail besteht die Gefahr, dass die eigentlich wichtigen Inhalte, die dem
Leser vermittelt werden sollen, zunehmend aus dem Blick geraten. Im Extremfall
kann es sein, dass ein Theologe als Wissenschaftler biblische Texte immer
weiter seziert, Satzfetzen immer neu ordnet – aber für seinen Glauben nichts
gewinnt.
Der Schöpferglaube – als Teil des christlichen Glaubens insgesamt
– stellt eine bestimmte und unverwechselbare Weise dar, die Wirklichkeit
wahrzunehmen. Er staunt über das Wunder des Daseins, klärt die
Rätsel des Daseins auf, nutzt das nichtmenschliche Dasein zu
menschlichen Zwecken und nimmt zugleich Rücksicht auf das
nichtmenschliche Dasein.
(H.P. Gensichen)
2.4.3. Begegnung von Glaube und Naturwissenschaft –
Gespräch oder Kampf?
2.4.3.1.
Gespräch
Wenn wir
anderen Menschen begegnen, dann wird bald deutlich: Wir haben nicht alle die
gleiche Welt-Sicht. Jeder von uns hat seinen eigenen Zugang zum Erfahrungsbereich
der Naturwissenschaften, er hat aber auch seine eigenen Glaubenserfahrungen,
sein persönlich geprägtes Bibelverständnis.
Menschen machen Erfahrungen in der Welt (abhängig davon, wie neugierig sie
sind, wofür sie sich interessieren, was ihnen an Bildung und Erziehung angeboten
oder vorenthalten wird), setzen sich mit ihr auseinander, denken über ihr
eigenes Dasein nach, kommen zu ihrer persönlichen Deutung der Welt und leben
in und mit ganz persönlichen Weltbildern. Diese sind so verschieden wie die
Menschen – und daraus ergibt sich Gesprächsbedarf, manchmal auch
Auseinandersetzung.
Auf dem nebenstehenden Bild wartet draußen vor dem Fenster
die große Wirklichkeit der ganzen Welt, die uns umgibt, wartet darauf,
entdeckt zu werden. Und daneben stehe ICH vor dem Bild, das ich mir im Laufe
meines bisherigen Lebens von dieser Welt gemacht habe, meinem „Weltbild“.
Wenn nun andere Menschen neben mir stehen – muss dann (kann dann) jeder das
gleiche Weltbild haben wie ich, oder ist da nicht eine Galerie sehr unterschiedlicher
Bilder zu erwarten: wissenschaftlich exakte Fotografien neben naiven,
lebensfrohen Farbklecksereien, Notenblätter neben Collagen, poetische Texte
neben einer nüchternen Zusammenstellung von Fakten?
Menschen glauben vor allem (sie halten für wahr), was sie sehen. Deshalb haben
und brauchen wir Weltbilder. Unsere Weltbilder enthalten immer ein
Stück von uns selbst – in einer Ecke sind wir quasi selbst mit abgebildet.
Bilder sind (von einem Rahmen) begrenzt: sie enthalten damit eine begrenzte
Weltsicht. Und (Welt-)Bilder, die in Lehrbüchern in Form von bildlichen
Darstellungen Gestalt gewonnen haben oder in Lehrsätzen niedergelegt sind, beinhalten
eine Gefahr. Sie legen den Betrachter fest: so ist die Welt, ein für allemal!
Ich stelle mir vor: Eine Gruppe von Menschen trifft sich zur gleichen Zeit am
gleichen Ort, auf einer Blumenwiese. Alle sind in der gleichen natürlichen
Umwelt aufgewachsen, in der gleichen Gesellschaft erzogen und geprägt worden.
Und doch nehmen sie das kleine Stück Welt – diese Blumenwiese – ganz unterschiedlich
wahr.
Verliebter
Geologe Biologe
Dichter Maler
BLUMEN-
WIESE
Gärtner/ Musiker
Landwirt
sinnender Grundstücks-
Gast Makler
Der Biologe holt vielleicht sein Bestimmungsbuch aus der
Tasche, um als Wissenschaftler genau zu erfassen, was da kreucht und fleucht.
Im ebenfalls naturwissenschaftlich geprägten Geologen findet er einen
willkommenen Gesprächspartner, der anhand der vorkommenden Pflanzen genau
sagen kann, welche Boden- und Gesteinsqualitäten hier vorherrschen.
Vielleicht gesellt sich ein Landwirt dazu, dem wieder andere Gesichtspunkte
wichtig sind: die Blumen auf der Wiese sind zwar ganz nett anzusehen, aber
damit hier in Zukunft ordentliche Futtererträge wachsen, sollte mal kräftig mit
Kalk und Dünger nachgeholfen werden! Musisch begabte Menschen (ein Maler,
denken Sie an Dürers „Kleines Rasenstück“; ein Musiker – Smetana hat einmal
„einen Fluss komponiert“, die „Moldau“) sehen die Welt durch ihre „Brille“. Ein
Grundstücksmakler hat handfeste wirtschaftliche Interessen, die seinen Blick
auf die Wiese bestimmen: er schätzt Fläche und Hangneigung ab und entwirft im
Kopf den Plan für ein Gewerbegebiet. Eine Person aus der Gruppe ist gerade
verliebt, und ihre Weltsicht reduziert sich auf eine Blüte, deren Blätter sie
nachdenklich zerpflückt: sie liebt mich, sie liebt mich nicht ... Und dann ist
da noch ein „sinnender Gast“, ein Mensch, der besonders empfänglich ist für
philosophische oder religiöse Gedankengänge, der sich auf die Wiese legt,
alle Sinne „auf Empfang“ gestellt hat, und dem ein Danklied durch den Kopf
geht.
Wer von ihnen allen hat nun mit seiner Weltsicht recht, hat
das richtige Weltbild? Ich meine, hier wird sehr schnell klar, dass Kategorien
wie „richtig oder falsch“, „wichtig oder unwichtig“ nicht passen. Jeder Mensch
hat seinen Zugang zur Welt, er hat in „seinem“ Weltbild (in seinen
Vorstellungen, seinem Verständnis und seiner Deutung der Welt) die für ihn
prägenden, bedeutsamen Erfahrungen und Eindrücke zusammengestellt in der
Erfahrung und mit der Erwartung, dass sein Weltbild ihm hilft, sich in der Welt
zurechtzufinden.
Diese ganz persönlichen Erfahrungen und Einsichten müssen
einander jedoch – trotz ihrer Verschiedenartigkeit – nicht zwangsläufig
ausschließen, sondern sie können sich auch fruchtbar wechselseitig ergänzen
und bereichern, und vielleicht auch zu (kritischen) Fragen anregen.
Ich meine, Christen dürfen neugierig sein auch auf die
Aspekte der Wirklichkeit, die in den Naturwissenschaften entdeckt und
untersucht werden. Und vielleicht können sie in das Gespräch mit
Naturwissenschaftlern Maßstäbe des Glaubens einbringen, aus der biblischen
Tradition, wenn es beispielsweise um den Sinn des menschlichen Daseins geht
oder um die Verantwortung des Menschen beim „Untertan-Machen“ dieser Welt.
Warnung vor der Macht von
(Welt-)Bildern ?
„Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung
von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der
Erde.“
(Die Bibel, Fassung der Zehn Gebote nach 2. Mose 20,4)
Übrigens: Berührungsängste oder gar Feindschaft zwischen der
jüdisch-christlichen Glaubenstradition und der aufstrebenden Naturwissenschaft
hat es nicht schon immer gegeben. Es sei daran erinnert, dass in vergangenen
Jahrhunderten in den Klöstern und an den theologischen Fakultäten der
Universitäten immer auch die Beschäftigung mit naturwissenschaftlichen Fragen
ihren Ort hatte und befördert wurde (so entdeckte der Mönch Gregor Mendel bei
Experimenten in seinem Klostergarten Grundregeln der Vererbung und wurde zu
einem der „Väter“ der modernen Genetik). In Deutschland standen bis ins 20.
Jahrhundert die Schulen unter der Obhut der Kirchen, was die Beschäftigung mit
Naturwissenschaften nicht behindert hat. Religionsgeschichtlich steht fest,
dass gerade der Monotheismus der jüdisch-christlichen Religion (es gibt nur
einen Gott, und er steht seiner Schöpfung gegenüber) die Welt frei gemacht hat
für die angstfreie Erforschung durch den Menschen. In der Schöpfungserzählung
1. Mose 1 werden z.B. Sonne und Mond – in den antiken Kulturen durchweg als
mächtige Gottheiten verehrt – zu Beleuchtungskörpern „degradiert“. Hinter
Blitz und Donner verstecken sich keine Gottheiten, der Mensch darf die Natur
neugierig befragen.
Der Bibel wohnt ein Impuls zur klarsichtigen Wahrnehmung
der Wirklichkeit, zur Enträtselung der Welt und damit zum rationalen Umgang mit
ihr und zu ihrer Nutzung inne.
Geht es – wenn sich Glaube und Naturwissenschaft begegnen –
darum, zu klären, sich zu entscheiden, wer recht hat und wer nicht? Im
vorstehenden Kapitel war bereits deutlich gemacht worden, dass sich
unterschiedliche Sichtweisen der Welt und ihrer Deutung nicht ausschließen
müssen, sondern einander auch sinnvoll und fruchtbar ergänzen können. Ein
glaubender Mensch kann – gerade angesichts neuer Erkenntnisse der
Naturwissenschaft - zum Staunen und noch tieferer Dankbarkeit gegenüber seinem
Schöpfer finden. Und ein Naturwissenschaftler hätte die Möglichkeit, in der
Begegnung mit Werten und Maßstäben des Glaubens ethische Orientierung für sein
Handeln bei der Veränderung der Welt zu finden. In dieser Sichtweise
konkurriert der Glaube nicht mit dem naturwissenschaftlichen Wissen, er nimmt
ihre Einsichten zur Kenntnis, aber er fügt die Aussage hinzu: „Gott hat das
erschaffen.“ Dieser Satz hebt die bloße Feststellung, dass etwas ist, hoch
hinaus aus dem Bereich der Selbstverständlichkeit. Und er ist mit einer anderen
Tinte geschrieben als die Schrift der Wissenschaft. Man kann sagen, dass der
Glaube die Melodie ist zum Text des Wissens.
2.4.3.2.
Kampf
Es gibt die Begegnung zwischen Glaube und Naturwissenschaft
auch als knallharte Konfrontation, als Kampf. Die beiden Kontrahenten werden
dann erlebt wie Feuer und Wasser, wie einander feindliche Elemente, die nicht
miteinander verträglich sind. Wo eine solche Kampfsituation begegnet, hat
man es in der Regel mit IDEOLOGEN zu tun, auf einer Seite oder auch auf
beiden.
Ein Ideologe erhebt immer den Anspruch, allein zuständig zu sein für die
Erklärung und Deutung der Wirklichkeit. Er hat erschöpfende, endgültige
Antworten auf alle Fragen, er verwaltet „ewige Wahrheiten“. Wenn doch
verunsichernde Neuigkeiten auftauchen, gibt es nichts zu diskutieren, alle
Antworten sind bereits vorgegeben (in der Dogmenweisheit unantastbarer
„heiliger“ Bücher – in dieser Weise wurde in DDR-Zeiten z.B. das „Kapital“ von
Marx und Engels benutzt – oder mit dem Hinweis auf die Autorität von „Führern“
oder „Lehrern“, oft mit deutlichen Zeichen von Personenkult). Die „richtigen“
Antworten zu haben: das ist eine Frage des „Standpunktes“, oder es ist
„Glaubenssache“. Die Welt von Ideologen ist klar geteilt in schwarz oder weiß,
gut oder böse, richtig oder falsch. Es gibt kein (eigenes) Nachdenken und
Prüfen und Abwägen. Es gibt nur den Weg der Entscheidung: ENTWEDER stehst Du hier
(bei uns, auf der richtigen Seite) ODER dort (auf der letztlich falschen,
feindlichen Position). Ideologie erweist sich als erstarrte Weltanschauung,
die nicht (mehr) offen ist für neue Einsichten und Erfahrungen. Bücherweisheit
steht vor und über der konkreten Wirklichkeitserfahrung. Und die Begegnung mit
Andersdenkenden wird schnell zu Auseinandersetzung und Kampf, in dem es oft
nicht mehr um die Wahrheit, sondern um Herrschaft und Macht geht.
Jeder von uns ist in der Gefahr, zum Ideologen zu werden, oder er könnte für
ideologische Zwecke missbraucht werden. Dieser Gefahr sind auch christlicher
Glaube und Naturwissenschaft immer wieder erlegen. Zwei Beispiele seien in
Erinnerung gerufen:
Beispiel
1: Der Fall Galilei
Der klassische „Krisenfall“ in der Auseinandersetzung der Kirche des
Mittelalters mit der aufstrebenden Naturwissenschaft ist mit dem Namen des
Physikers Galileo Galilei verbunden. Galilei hatte als erster beim Blick
durch das neu entwickelte Fernrohr entdeckt, dass der Mond eine zerklüftete
Oberfläche besitzt, darüber hinaus auch, dass der Planet Jupiter von vier
Monden umkreist wird (wir wissen heute, dass der Jupiter sogar mehr als 50
Monde besitzt), dass die Sonne dunkle „Flecken“ aufwies, dass der Saturn Ringe
hat und die Venus veränderliche mondähnliche „Phasen“ zeigt, welche auf einen
Umlauf um die Sonne hindeuteten. Solche Entdeckungen passten aber nicht in das
Weltbild seiner Zeit. Astronomen und (Natur-)Philosophen beriefen sich dabei
auf den antiken Philosophen Aristoteles, nach dessen Vorstellungen der Stoff
der himmlischen Sphären („Quintessenz“) von grundsätzlich anderer
Beschaffenheit sei als irdisches Material, und dass alle Himmelskörper ideale
runde Körper seien. Die Krater und Furchen, die Galilei zu sehen meinte,
mussten also Trugbilder sein. Nach dem Weltbild des Aristoteles stand die
Erde im Mittelpunkt der Welt. Sie war umgeben von „Kristallsphären“, Glasschalen,
die sich eine um die andere wölbten, und mit je einer dieser Schalen kreisten
Sonne und Mond sowie die Planeten, die „Wandelsterne“, um die Erde. Auch dem
Jupiter war eine solche Sphäre zugeordnet. Und nun war es einfach schwer
vorstellbar, dass ihn eigene Monde umkreisen sollten – diese hätten sich ja bei
jedem ihrer Umläufe um einen anderen Mittelpunkt als die Erde bewegt, und sie
hätten die fest gedachte Kristallschale durchstoßen müssen. Und weil nicht
sein konnte, was (nach Lehrmeinung) nicht sein durfte, weigerten sich die
Kritiker, durch das Fernrohr zu schauen. Ihr Motto lautete: „Ich habe mir meine
Meinung bereits gebildet, bitte beunruhigt mich nicht mit neuen Fakten!“ Gegen
die Appelle Galileis zur Beobachtung stellten sie ihre dogmatischen Prinzipien.
„Eine bezeichnende Episode aus jenem Kampf schildert Galilei selbst mit folgenden
Worten: „Als ich den Professoren am Gymnasium zu Florenz die Jupitermonde zu
zeigen wünschte, wollten sie weder diese noch mein Fernrohr sehen. Diese
Menschen suchen die Wahrheit nicht in der Natur, sondern nur in der
Vergleichung der Texte.“ Den meisten war maßgebend, was Aristoteles über
astronomische und physikalische Dinge geschrieben hatte. So erklärte ein
geistlicher Würdenträger, als man ihm von den Sonnenflecken erzählte, er könne
daran nicht glauben, weil er dreimal den Aristoteles durchgelesen und darin
nichts über Sonnenflecken gefunden habe.“ (Fr. Dannemann: Wie unser Weltbild
entstand, Kosmos, Franckh´sche Verlagshandlung, Stuttgart 1912, S.57)
Die Philosophen zogen zu ihrer Unterstützung die Theologen
mit in den Konflikt hinein.
Im Fall Galilei verteidigte die Kirche nicht theologische
Erkenntnisse, sondern das damals herrschende aristotelische Weltbild. Wie noch
oft in der Geschichte machte sich die Kirche damit zum Anwalt des gerade
waltenden „gesunden Menschenverstandes“.
(Schwarke/Biewald S.14)
Der offizielle Grund für die Verurteilung Galileis durch
die Inquisition war nicht sein Eintreten für das kopernikanische Weltbild an
sich (das die Sonne ins Zentrum gesetzt hatte), sondern weil Galilei angab,
damit die Wahrheit zu vertreten, statt das neue Weltbild - angemessen – als
Hypothese zu lehren (die Richtigkeit seiner Überzeugung konnte er damals tatsächlich
noch nicht durch Messungen beweisen). Daraus ergaben sich aber schwierige
Deutungen für manche Aussagen in der Bibel (z.B. das Wunder des Josua
Jos.10,12). Und für die Verkündigung von „Wahrheit“ fühlte sich allein die
Kirche zuständig. (Stillman Drake, Galilei, Herder Freiburg o.J. S. 68ff)
Durch den Streit aber, wer die Wahrheit verkünden durfte,
kamen noch ganz andere Dinge ins Wanken. Das neue Weltsystem stellte, wenn es
als Wahrheit verstanden wurde, das bisherige Weltverständnis auf den Kopf. Was
sollten Begriffe wie „oben“ und „unten“ (Himmel und Erde) nun noch meinen?
Wenn der Himmel nicht mehr vollkommen war, wo war dann der Ort für das Heil?
Ordnungen – auch in Bezug auf das „oben“ und „unten“ in der menschlichen Gesellschaft
- drohten ins Wanken zu kommen. Vielleicht haben die Kardinäle ja auch geahnt
oder gewusst, dass Galileis Beobachtungen die Tatsachen besser wiedergaben als
die bisherigen Weltvorstellungen, und sie haben nur - zu seinem eigenen
Schutz - das gemeine Volk mit solchen Neuigkeiten nicht beunruhigen, die Ordnung
nicht stören wollen. Derartige Bevormundung und Machtspiele gegenüber der
aufkommenden Naturwissenschaft sind aber auch Kennzeichen für ein
selbstgerechtes und ideologisiertes Christentum.
Beispiel
2: Marxistische Ideologie
Jeder Jugendliche, der in der DDR die „Jugendweihe“ absolvierte, bekam
obligatorisch das Buch „Weltall – Erde – Mensch“ geschenkt.
„Die Materie ist an keinen Ursprung
gebunden;
sie ist ewig währender Bestand des
Weltalls.“
(Weltall-Erde-Mensch, Berlin 1955,
S.62)
Darin abgedruckt stand ein Dogma der marxistischen Staatsphilosophie,
das zwar wie ein naturwissenschaftlicher Lehrsatz formuliert ist, aber an
dieser Stelle eine klare weltanschauliche Aufgabe erfüllen soll: Abgrenzung
der eigenen „wissenschaftlichen Weltanschauung“ von Irrmeinungen wie der
christlichen Vorstellung, dass die Welt einen Anfang gehabt habe (in der
biblischen Aussage von der Schöpfung). Anderswo stand der Lehrsatz noch
knapper so: „Grenzenlos in Raum und Zeit ist das Weltall.“ (H.Fuchß: Hat die
Bibel recht?, Leipzig 1957 S.13).
Und dann gab es Schwierigkeiten. Ausgerechnet der Kronzeuge
der marxistischen Ideologen, nämlich die Naturwissenschaft, genauer die Physik,
machte neue Entdeckungen. Immer stärker verdichteten sich die Hinweise, dass
dieses Universum sich nicht nur ständig ausdehnt, sich entwickelt und
verändert, sondern dass das Universum offenbar in physikalischer Betrachtung
einen Anfang, einen Ursprung gehabt haben musste und auch einem (noch
weitgehend unbestimmten) Ende zustrebt. Diese Theorie vom „Urknall“ aber
passte den Ideologen gar nicht ins Weltbild. Und so wurden die neuen Erkenntnisse
der Wissenschaft einfach geleugnet und auch in wissenschaftlichen Büchern
lange als „reaktionäre kapitalistische Verwirrungsstrategie“ unter Denkverbot
gestellt. Philosophische Lehrsätze legten die Physiker auf nicht zu
hinterfragende „Glaubenssätze“ fest!
staatlich
verordnete Ideologie in einem naturwissenschaftlichen Sachbuch
'Zur philosophischen Deutung der Rotverschiebung: Die
reaktionäre Theorie von der „Expansion des Weltalls“, von der „Expansion des
Raumes“ hält keiner Kritik stand.' (Grundlagen der marxistischen Philosophie,
S.149/150). Die Theorie von der Expansion des Weltalls ist in keiner Weise
geeignet, die These von der Unendlichkeit des Weltalls in Raum und Zeit zu
erschüttern.
(Kleine Enzyklopädie: Natur, Leipzig 1964, S.418)
Die überwiegende Mehrheit der Kosmologen arbeitet heute
(2005) mit der Urknallhypothese als „Standardmodell“. Es sei aber darauf hingewiesen,
dass einzelne Physiker auch Theorien entwickeln, die ein ewig existierendes
Universum plausibel machen sollen (solche höchst spekulativen Ansätze vertritt
z.B. Stephen Hawking).
Die Biologie in der Sowjetunion geriet für Jahrzehnte wegen
ideologischer Scheuklappen ins Abseits.
Das „lag vor allem am Anspruch des dialektischen Materialismus, im strengen
Sinn Wissenschaft, unfehlbare Wissenschaft zu sein und somit entscheidend und
autoritativ in Sachfragen der Naturforschung eingreifen zu können; Vor 1935
hielten sich auch die sowjetischen Biologen an die bereits klassischen
Vorstellungen: Genbegriff, Mendel-Genetik, Chromosomentheorie der Vererbung,
Theorie der Mutation, Rekombination und Selektion als Grundlage der
Populationsgenetik, Neodarwinismus als Erklärung der Evolution. … Lyssenko
leugnete die Existenz von Genen und erklärte kurzerhand die bereits klassischen
Theorien der Genetik und der Evolution für „idealistisch“, „bürgerlich“ und
„metaphysisch“. … Im Prinzip stellten sich Lyssenko und seine Anhänger auf den
Standpunkt, dass sich unter dem Einfluss der Umwelt die genetische Substanz
ständig ändere, und zwar derart, dass die Umweltfaktoren die Richtung der
Änderung direkt bestimmten. Derlei Vorstellungen („unvermittelte Vererbung“,
„Vererbung erworbener Eigenschaften“) waren zwar wissenschaftlich längst
geprüft und widerlegt; sie kamen aber den Theoretikern des dialektischen
Materialismus entgegen … im August 1948 wurde der „Lyssenkoismus“ schließlich
zur einzigen auf der Grundlage des Diamat beruhenden Biologie erklärt. Im Protokoll
der betreffenden Sitzung heißt es: „Wir Vertreter der sowjetischen Biologie
behaupten, dass die Vererbung von Eigenschaften, die Pflanzen und Tiere in
ihrem Entwicklungsprozess erwerben, möglich und notwendig ist. Damit steht
jedem Biologen der Weg offen, die Natur der pflanzlichen und tierischen
Organismen zu lenken, sie durch die Lenkung der Lebensbedingungen … in der für
die Praxis erforderlichen Richtung zu verändern.“ (Hans Mohr, in: Aus Politik
und Zeitgeschichte, Beilage zur Zeitung „Das Parlament“, B15/1992 S.10ff)
Das Dogma des Marxismus, dass die Umwelt den Menschen
forme, dass man also nur eine geeignete soziale Umgebung schaffen müsse, und
alle Menschen würden glücklich sein, hoch gebildet und arbeitsam – dieses
Dogma wurde hiermit auch der Natur verordnet. Nun sollte sogar am Polarkreis
Wein reifen. Und überall im Einzugsbereich des Sowjetsozialismus wurden die
Kühe nun winters in „Offenställe“ (Ställe ohne Außenwände) getrieben, damit
sie sich an härteres Klima besser anpassen sollten. Die Kühe hielten sich
nicht an die Vorgabe der Theoretiker, sie wurden krank und starben.
Ich möchte mich selbst und andere immer wieder dazu
ermutigen, lebenslang mit offenen Sinnen durch die Welt zu gehen, auch lieb
gewordene Einsichten immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, und sich nicht
von Ideologen eine bestimmte Weltsicht vorschreiben zu lassen.
Einmaliger
Schöpfungsakt ODER allmähliche Entwicklung des Lebens?
·
Bist du ein
veredelter Affe oder ein Geschöpf Gottes?
·
Der
Evolutionsglaube ist ein primitiver heidnischer Aberglaube in einem modernen
Mäntelchen.
·
Stell dir
einmal vor, es hat keine Evolution stattgefunden. Dann müssten alle Wissenschaftler
anfangen zu glauben, dass Himmel und Erde, Pflanzen und Tiere und der Mensch
von Gott erschaffen sind!
·
Glaubst du,
dass die Bibel das inspirierte, unfehlbare Wort Gottes ist? Sonst bleibt dir
nichts anderes übrig als der primitive, heidnische Evolutionsglaube.
(Zitate aus: Dr. W. J. Ouweneel: Was lehrt die Bibel?
Schöpfung oder Evolution, vervielfältigte Broschüre, DDR 1980er Jahre)
Für mich betrachten Glaube und Naturwissenschaft die Welt
unter zwei verschiedenen Blickwinkeln, die sich nicht ausschließen, sondern
einander sinnvoll ergänzen. Dabei nimmt der Glaube wie die Naturwissenschaft
jeweils nur einen Teil der Wirklichkeit wahr, es gibt über sie hinaus noch
weitere Annäherungen (Poesie, Meditation, Ökonomie, Musik, Psychologie usw.).
Im
Glauben finde ich die Gewissheit, DASS Gott die Welt und auch mich
gewollt und geschaffen hat, dass mein Dasein einen Sinn und ein Ziel hat.
Die
Naturwissenschaft fragt danach, WIE die Welt geworden ist und wie sie
funktioniert, und sie versucht das alles mit den Mitteln des menschlichen
Verstandes zu erklären.
Die Frage, WIE die Welt entstanden ist, wird durch die
(derzeit favorisierte) Urknalltheorie zwar im Sinne eines Anfangs entschieden;
die Frage nach dem WARUM aber bleibt ungeklärt.
Viele Aspekte unseres Themas habe ich wiedergefunden in
einem alten Text, der von Martin Luther stammt:
„Ich glaube an Gott, den Vater,
den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.“
Was ist das?
Ich glaube, dass mich
Gott geschaffen hat
samt allen Kreaturen,
mir Leib und Seele, Augen, Ohren und alle Glieder,
Vernunft und alle Sinne gegeben hat und noch erhält;
dazu Kleider und Schuh, Essen und Trinken,
Haus und Hof, Weib und Kind, Acker, Vieh und alle Güter;
mit allem, was not tut für Leib und Leben,
mich reichlich und täglich versorgt,
in allen Gefahren beschirmt
und vor allem Übel behütet und bewahrt;
und das alles aus lauter väterlicher, göttlicher
Güte und Barmherzigkeit,
ohn all mein Verdienst und Würdigkeit:
für all das ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam
zu sein schuldig bin.
(Martin Luther:
Der Kleine Katechismus (1529), Erklärung zum ersten Artikel des christlichen
Glaubensbekenntnisses)
Das Nachdenken über Schöpfer und Schöpfung beginnt bei
Luther mit ICH: „Schöpfung“ ist überhaupt nur spannend, weil ich sie
er-leben, dabei sein kann, es geht zunächst um mich (und nicht um große, aber
letztlich abstrakte Dinge wie etwa die ganze Welt oder den Anfang von allem).
„Für Luther ist Schöpfung vor allem eine Beziehungskategorie. Die Dinge
erweisen sich insofern als Gottes Schöpfung, als sie von Gott für mich geordnet
sind. Die Welt wird als Teil einer Dreierbeziehung (Gott – Mensch – Welt) zur
„Schöpfung“, insofern ihr ein Sinn zukommt.“ (Christian Schwarke / Roland
Biewald: Weltbilder – Menschenbilder; Themenhefte Religion, Ev. Verlagsanstalt
Leipzig, S.27)
Der Glaube bringt mir Vergewisserung, DASS Gott MICH
gewollt hat.
Dann folgt aber gleich die Einordnung in den Zusammenhang.
Es geht nicht allein um mich. Gott hat mich neben viele andere Geschöpfe
gestellt, ich bin Geschöpf unter Millionen Arten von anderem Leben. Der Mensch
ist Geschöpf - und kein Halbgott.
Und dann folgt noch eine Ergänzung – dass Gott seine Schöpfung
auch jetzt noch erhält. Das macht klar: das Nachdenken über Schöpfung ist
nicht vorrangig an der Vergangenheit orientiert, an der Frage nach den Ursprüngen,
sondern Schöpfung erlebe ich hier und heute. Schöpfung geschieht ständig neu.
Wenn eine Knospe sich öffnet, wenn ein Kind geboren wird, kommt eine neue Farbe
in die Welt.
Weiter ist Luther dankbar dafür, dass Gott ihm „Vernunft
und alle Sinne gegeben hat“, rationalen Verstand und Gefühle. Die forschende
Neugier und der erklärende Verstand sind Begabungen, die auch Christen dankbar
nutzen dürfen. Naturwissenschaft zu betreiben, wenigstens deren
Erkenntnissen offen zu begegnen, ist Christen nicht verboten.
Luther sagt, dass Gott ihm auch Kleider und Schuhe gegeben
hat. Das ist natürlich Reden in Bildern. Sicher wusste Luther, wo sein
Schuster wohnt und wer seinen Mantel genäht hatte, ihm war klar, dass da
menschliche Fertigkeiten unverzichtbar waren. Aber er wollte mit diesem Bild
(„gegeben von Gott“) deutlich machen, dass für ihn die Zuwendung Gottes bei
allem Lebenswichtigen dazukommen muss, damit sein Leben gelingen kann.
Und das Bekenntnis zum Schöpfer mündet bei Luther in Dankbarkeit und Verantwortung.
Hier noch ein zweiter Versuch, sich bei der Wanderung
zwischen Glaube und Naturwissenschaft zurechtzufinden.
Die
Schöpfungsgeschichte sagt uns nicht,
wie der Himmel
funktioniert,
sondern wie
man dort hinkommt.
(George Coyne,
Jesuitenpater und leitender Astrophysiker an der päpstlichen Sternwarte, 1995)
Der Chef-Astronom des Papstes hätte in seiner
Muttersprache, dem Englischen, die Möglichkeit, sich eindeutig auszudrücken,
nämlich ob er vom Himmel im religiösen Sinne spricht (heaven) oder von dem
Himmel, den er Nacht um Nacht mit seinem Teleskop betrachtet (sky). Im
Deutschen müsste schon ein Gespräch über Himmel mit einer Definition beginnen
(mit „Himmel“ meine ich ... ), sonst kann Verwirrung entstehen darüber, welche
Ebene jetzt gemeint ist.
In dem hier zitierten Satz aber wird deutlich: Beide
Zugänge zur Wirklichkeit sind dem glaubenden Physiker wichtig. Als Naturwissenschaftler
möchte er wissen, wie der Himmel funktioniert (sonst würde er nicht nächtelang
vor seinen Instrumenten sitzen). Aber für sein Leben bestimmend und
vielleicht wichtiger ist die Hoffnung, eines Tages in den ganz anderen Himmel
zu kommen, den er mit seinem Teleskop nie zu sehen bekommt.
Ein Elternpaar ist überglücklich. Nach beschwerlicher Schwangerschaft
dürfen sie ein gesundes Kind im Arm halten. „Was wir da erlebt haben, ist für
mich ein Wunder, und wir sind Gott dankbar“, sagt der Mann.
Zu Hause liegt ein dicker Stapel Bücher, in dem die Entwicklung einer Schwangerschaft
beim Menschen in allen Einzelheiten erklärt wird, und er kennt auch den Arzt,
der in den letzten Monaten immer wieder hilfreich eingegriffen hat.
3.2. Gewinnung von Stammzellen
aus menschlichen Embryonen
3.4.
Alternativen zur Forschung an embryonalen Stammzellen
4.1. Thesen
zum Kreationismus
(Dieses Papier wurde 1989 vom Beirat für Glaube und
Naturwissenschaft beim Ev.-Luth. Landeskirchenamt Sachsens erstellt und am 4.
Mai 1990 durch die Kirchenleitung zustimmend zur Kenntnis genommen;
veröffentlicht im Amtsblatt der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens,
Dresden, 31. Juli 1990)
In den letzten Jahren ist das Gedankengut des sog.
"Kreationismus" in unseren
Gemeinden verbreitet worden und hat -
vor allem unter Jugendlichen – zu Verwirrung und Verunsicherung geführt. Wir
halten - in dem Wissen, dass es im Kreationismus sehr verschiedene Spielarten
gibt - eine Auseinandersetzung mit bestimmten Formen und Inhalten für
notwendig, vor allem, wenn sie ihren Ausdruck in agitatorischer
Missionstätigkeit und der Verbreitung gewisser literarischer Erzeugnisse
finden.
1. Kreationismus
Der Kreationismus (auch "wissenschaftlicher
Kreationismus" oder "Schöpfungswissenschaft") ist vor allem bewegt
von der Sorge, den christlichen Glauben gegenüber der Evolutions-Lehre zu
verteidigen. Er erhebt die "Entscheidung für Schöpfung oder Evolution“
zu einer zentralen Frage christlichen Glaubens und Bekennens. Der
Kreationismus sieht den Schöpfungsglauben durch den Entwicklungsgedanken in
der modernen Naturwissenschaft bedroht und leitet daraus ab, dass ein
Christ der Evolutionslehre nur ablehnend begegnen kann. Den Nachweis für die
Richtigkeit seiner Thesen führt der Kreationismus vor allem mit naturwissenschaftlichen
Argumenten und glaubt, dass zwischen modernen Erkenntnissen der Wissenschaft
und dem Wortlaut der biblischen Überlieferung Harmonie hergestellt und dadurch
der Glaube des einzelnen gestärkt werden kann.
Wir stellen fest:
Der Kreationismus ist eine Bewegung, die in den 60er Jahren
außerhalb der verfassten Kirchen in den USA entstanden ist. Er nimmt
Strömungen auf, wie sie die Geschichte der Kirche seit langem begleiten (Standpunkte
des Fundamentalismus/Biblizismus). Der Kreationismus stellt die wichtige
Frage nach der Bedeutung, die naturwissenschaftlichen Kenntnissen über die
Welt zukommt, neu. Er wendet sich zu Recht gegen den Missbrauch von
Naturwissenschaft im Dienste einer Weltanschauung. Er deckt auf, dass
Wissenschaft heute zum Teil quasi-religiöse Züge aufweist und den Anspruch
erhebt, allein mit ihren Mitteln die Wirklichkeit der Welt erklären und
Antwort auf Sinnfragen geben zu können.
Der Kreationismus hat recht, sofern er die Auseinandersetzung mit
dieser Ideologisierung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse fordert. Er
übersieht aber, dass Naturwissenschaft nicht
notwendigerweise Ideologie oder antireligiös sein muss. In der Bekämpfung
seines Feindbildes ("Evolutionismus", "kommunistischer
Atheismus") ideologisiert er selbst biblische und naturwissenschaftliche
Aussagen und erliegt der Gefahr, die je eigene, begrenzte biblische und
wissenschaftliche Sicht der Welt zu überfordern.
Die Position des Kreationismus kann uns weder theologisch noch
naturwissenschaftlich überzeugen.
2. Bibelverständnis
Nach allgemeiner christlicher Überzeugung ist die Bibel von Gott
inspiriert. Wie diese Überzeugung interpretiert wird, ist unterschiedlich.
Die Kreationisten schließen daraus, dass die Aussagen der Bibel in allen Bereichen
irrtumslos sind und keine Widersprüche enthalten. Sie erklären diese ihre
Sicht der Heiligen Schrift für allein richtig und christlich. Bei Widersprüchen
zwischen dem modernen Weltbild und der biblischen Überlieferung ist der
Wortlaut des Bibeltextes für Kreationisten wahr und verbindlich
(fundamentalistisches Bibelverständnis).
Das theologische Interesse des Kreationismus konzentriert sich
fast ausschließlich auf das Thema „Schöpfung“, verstanden als das Fragen nach
dem Anfang der Welt und des Lebens. Durch Auswahl und Neuinterpretation
naturwissenschaftlicher Befunde möchte er die Richtigkeit (Wahrheit) der biblischen
Überlieferung beweisen und damit Glaubens-Gewissheit wecken und stärken.
Wir stellen fest:
Die Kirchen haben in der Geschichte der Schriftauslegung gelernt,
in der Heiligen Schrift Zeugnisse des Glaubens und naturwissenschaftliche Erklärung
der Welt zu unterscheiden. Demgegenüber schafft der Kreationismus erneut
Verwirrung, indem er Glaube und Wissen vermengt. Er wiederholt damit in
seiner Position vergangene Etappen des Schriftverständnisses und wird dem
differenzierten Stand heutiger Schriftauslegung nicht gerecht:
·
Danach ist die Bibel ein geschichtlich
entstandenes Dokument. Wir vernehmen darin die Stimmen verschiedener Zeugen,
die in unterschiedlichen Situationen reden und die Sprache ihrer Zeit und deren
Weltbilder verwenden. Indem glaubende Menschen den Anspruch und die
Verheißung Gottes für ihr Leben verbindlich vernehmen, erweist sich die
Bibel als Heilige Schrift.
·
Weiterhin ist die Einsicht allgemein, dass
die Texte der Bibel vorrangig nicht naturwissenschaftliche oder historische
Information vermitteln, sondern Glaubens-Zeugnisse sind. Diese
Glaubensaussagen sind nicht gebunden an naturwissenschaftliche Erkenntnis und
werden daher auch nicht mit ihr hinfällig (Kreationisten fesseln dagegen
Glaubensaussagen an eine bestimmte Weltsicht).
·
Glaube kann nur Vertrauen wagen, er stützt
seine Gewissheit nicht auf Beweise, etwa solche naturwissenschaftlicher Art.
·
Nach den heutigen Erkenntnissen der
Bibelwissenschaft ist die Grundthese des Kreationismus (wörtliche Verbindlichkeit)
schon allein aufgrund der unsicheren Quellenlage der biblischen Handschriften
nicht haltbar (welcher Wortlaut welcher Quelle und in welcher Übersetzung ist
verbindlich?).
Der Kreationismus redet auch verengt von Schöpfung. Christlicher
Schöpfungsglaube ist nicht allein an der Vergangenheit und an der Frage nach
der Herkunft des Menschen interessiert. Im Gegensatz zu dieser kreationistischen
Engführung ist das biblische Zeugnis von Gott als dem Schöpfer schon im Alten
Testament sehr vielfarbig: es begegnet z.B. in den Schöpfungspsalmen (Psalm 8
oder Psalm 104), in Lehrerzählungen (1.Mose 1 und 2), bei den Propheten
(Jesaja 40ff) oder in den Weisheitsbüchern (Hiob). Von Glaubenden ist zu allen
Zeiten auch das fortdauernde Schöpferhandeln Gottes ("creatio
continua") bekannt worden.
3. Naturwissenschaftliche Beweise für die
Wahrheit biblischer Aussagen
Der Kreationismus führt den Nachweis für seine Thesen weitgehend
mit naturwissenschaftlichen Argumenten. Dabei legt der Wortlaut der Bibel für
ihn den Rahmen und die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Arbeit von
vornherein und nicht mehr hinterfragbar fest. Ziel ist die Suche nach Belegen,
welche jede einzelne Aussage der Bibel bestätigen. Die Heilige Schrift wird
dadurch zum Nachschlagwerk für naturwissenschaftlich und historisch
zutreffende (richtige, wahre) Informationen. So begegnet dann z. B. 1.Mose 1
als Tatsachenbericht über den Ablauf der Weltschöpfung in einer Kalenderwoche,
aus Angaben in 1.Mose 1-11 wird ein Weltalter von etwa 6000 Jahren errechnet
(schon die drei uns vorliegenden schriftlichen Fassungen des
1.Mose-Buches - hebräisch, griechisch und samaritanisch - enthalten in ihren
Geschlechtsregistern erheblich voneinander abweichende Altersangaben!), und
die Sintfluterzählung (1.Mose 6-9) wird als Tatsachenbericht über eine
historisch und naturwissenschaftlich erwiesene globale Katastrophe verstanden.
Auswahl und neue Deutung naturwissenschaftlicher Befunde sollen es nach
Ansicht des Kreationismus möglich machen, die gesamte Kosmologie, Biologie,
Geologie, die Geschichte der Welt und des Lebens alternativ zu den Ansichten
der etablierten Naturwissenschaft und in völliger Übereinstimmung mit den
Aussagen der Bibel darzustellen. Mit dem eigenen Standpunkt nicht harmonierende
naturwissenschaftliche Erkenntnisse werden negiert, hyperkritisch angezweifelt
oder bekämpft - auf der anderen Seite begegnet bei willkommenen Fakten und
Theorien eine unkritische Wissenschafts-Gläubigkeit.
Wir stellen fest:
Naturwissenschaft kommt zu ihren Ergebnissen mit Hilfe bestimmter
Arbeitsmethoden. Für wissenschaftliche Arbeit gibt es verbindliche Regeln.
Die Erkenntnisse der Naturwissenschaften sind von relativer Bedeutung (im Rahmen
der gewählten Methode), prüfbar (weitgehend frei von subjektiven Einflüssen),
vorläufig und wandelbar (d. h. grundsätzlich immer verbesserungswürdig und
verbesserungsfähig). Ergebnisse, die von vornherein feststehen und nicht hinterfragt
werden dürfen, widersprechen dem Grundansatz wissenschaftlicher Arbeit.
Ergebnisse der Naturwissenschaften dürfen nicht über ihren eigentlichen
Geltungsbereich hinaus weitergehend
gedeutet und/oder zur Grundlage weltanschaulicher Aussagen
gemacht werden ("objektive", "endgültige" oder
"wahre" Erkenntnisse; Aussagen zu Sinnfragen).
Naturwissenschaft macht "richtige" Aussagen nur über
einen begrenzten Bereich der Wirklichkeit (durch Wahl der Methoden und durch
prinzipielle Erkenntnis-Grenzen eingeschränkt).
Christen müssen (und dürfen) sich in ihrem Bekenntnis nicht
auf eine bestimmte naturwissenschaftliche
Theorie oder ein bestimmtes Weltbild festlegen. Soweit der Kreationismus die
etablierte Naturwissenschaft kritisieren will, muss er das im Rahmen der
allgemein anerkannten Regeln wissenschaftlicher Arbeit tun.
Heute sind Kreationisten - entgegen ihrer eigenen Darstellung -
eine Minderheit unter den Naturwissenschaftlern.
4. Christ und Schöpfung heute
Der Kreationismus erhebt den Anspruch, wichtige Fragen des
christlichen Schöpfungsglaubens zu verhandeln. In seiner Argumentation
erhebt er die Stellung zu bestimmten naturwissenschaftlichen Theorien in den
Rang von zentralen Glaubensfragen und fordert ein Bekenntnis: für seine Sicht
der Bibel und der Welt. Christsein entscheidet sich für ihn letztlich am JA
oder NEIN zur Evolutionstheorie. Die Auseinandersetzung wird als Glaubenskrieg
gegen verzerrte Feindbilder geführt.
Wir stellen fest:
Naturwissenschaftliche Erkenntnisse können christlichen Glauben
weder begründen noch erschüttern. Im Streben nach Wahrhaftigkeit sollten
Christen auch gegenüber dem Suchen der Naturwissenschaften offen bleiben.
Der Schöpfungsglaube ist heute vorrangig und in neuer Weise durch
die Bedrohung der Schöpfung herausgefordert, die bedingt ist durch menschliches
Fehlverhalten - auch im Bereich von Naturwissenschaft und Technik. Kirchen
und Theologie stehen vor der Aufgabe, das Nachdenken über "SCHÖPFUNG"
zu beleben und die Gemeinden in diesen Prozess stärker als bisher einzubeziehen.
Aber nicht nur den zerstörerischen Auswirkungen, auch dem ideologischen
Missbrauch, der Vereinnahmung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse
("wissenschaftlich" begründete Weltanschauung, wissenschaftliches
Wahrheitsmonopol) ist zu widerstehen. Hierzu sind manche Fragen des Kreationismus
wichtige Anregungen.
Aber der Kampf, so, wie ihn einige Kreationisten führen, ist für
diesen Prozess nicht hilfreich. Er schafft im Gegenteil Verwirrung in den
Gemeinden und wird den heute anstehenden Herausforderungen weder aus der Sicht
des Glaubens noch aus der der Naturwissenschaften gerecht.
4.2.
Meditation zum Ersten
Artikel im christlichen Glaubensbekenntnis
(Jörg
Zink)
Ich glaube an Gott, den Vater, den
Allmächtigen,
Schöpfer des Himmels und der Erde.
Das bedeutet:
Ich staune über diese Welt.
Ich danke Gott für mein Leben.
Ich möchte glücklich sein
und glücklich machen mit allen
Kräften.
Ich möchte alle Geschöpfe lieben,
die mir anvertraut sind, und sie
schützen.
Ich kann und weiß mehr als sie,
aber sie sind nicht weniger als ich.
Ich staune über die Gedanken Gottes,
die so viel tiefer sind als die
meinen,
über seinen Geist,
der so viel höher ist als meine
Vernunft.
Ich bin überzeugt, dass ich von
seiner Welt
nur das Geringe wahrnehme,
das meinem Geist entspricht,
und mir mehr verborgen ist,
als ich je sehen und begreifen
werde.
Ich sehe keinen Widerspruch
zwischen meinem Wissen und meinem
Glauben.
Dass es elektronische Rechner gibt,
was beweist das
gegen die Auferstehung vom Tode?
Ist ein Maulwurfshaufen ein Argument
gegen den Himalaja?
Je größer die Kunst ist,
die wir Menschen beherrschen,
desto größer wird mir Gott,
dessen Gedanken wir denken,
und ich bitte Gott,
mir Weisheit und Sorgfalt zu geben,
dass ich immer mehr von seiner Welt
verstehe.
Ich glaube an den Schöpfer der Welt,
der Erde und des Himmels.
Der Welt, die ich sehe,
und der viel größeren,
von der ich nicht den Schatten
einer Ahnung habe.
Das ist wahr.
(aus:
Jörg Zink: Die Welt hat noch eine Zukunft. Kreuz Verlag Stuttgart 1984, S.9)
4.3. Aussagen zu
Glaube und Naturwissenschaft
A) Vater
der Welt, was bewog Dich, ein kleines, schwaches Erdengeschöpf zu erheben, ...
fast ein Gott, denn er denkt Deine Gedanken Dir nach.“
(Johannes Kepler, Astronom, 17.Jahrhundert)
B) Das
naturwissenschaftliche Weltbild kann nur ein Teilbild der Welt sein, und es
kann nur ein vorläufiges Bild sein... Was ist der Sinn und das Ziel des
menschlichen Daseins. Was steckt hinter dem, was die Naturwissenschaft als
„Zufall“ beschreibt?... Solche Fragen lassen sich mit den Mitteln der Naturwissenschaft
nicht lösen, Antworten darauf sind dem persönlichen Glauben überlassen.
(Linder BIOLOGIE; Bayerhuber/Kull: Lehrbuch für die Oberstufe, Stuttgart 1994)
C) „Es
ist wahrlich etwas Erhabenes um die Auffassung, dass das Leben mit seinen
verschiedenen Fähigkeiten vom Schöpfer ursprünglich nur wenigen oder gar nur
einer einzigen Form eingehaucht wurde und dass, während dieser Planet nach dem
ehernen Gravitationsgesetz seine Kreise zieht, aus einem so schlichten Anfang
eine unendliche Zahl der schönsten und wunderbarsten Formen entwickelt wurden
und immer weiter entwickelt werden.“
(Charles Darwin, Biologe, letzter Satz in seinem Hauptwerk: „Die Entstehung der
Arten ...“, 1859)
D) Biblische Texte sind ihrem Wesen nach
auf konkrete Menschen in konkreten Situationen bezogen... sie sind nicht
Botschaft, die alle Menschen aller Zeiten in gleicher Weise in ihrer Situation
(be-)trifft.
(Johannes Hempel, Theologe
1998)
E) Je
unbegreiflicher uns das Universum wird, um so sinnloser erscheint es auch. Das
Bestreben, das Universum zu verstehen, hebt das menschliche Leben ein wenig
über eine Farce hinaus und verleiht ihm einen Hauch von tragischer Würde.
(Steven Weinberg, Kernphysiker, Nobelpreisträger Physik 1979)
F) Ich
erweise Gott meinen unendlichen Dank, weil er mich allein als ersten Beobachter
bewunderungswürdiger Dinge ausersehen hat, die den bisherigen Jahrhunderten
verborgen geblieben waren.
(Galileo Galilei in einem Brief 1610)
G) (Leserbrief
zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über Kruzifixe in bayerischen
Schulen)
Wie fühlt sich ein Biologielehrer im Anblick des Gekreuzigten, wenn er über
die Entwicklung des Menschen aus dem Tierreich spricht?... Die Religion im
Klassenzimmer zwingt doch Schüler und Lehrer zur Heuchelei.
(Roland Müller, Leserbrief „Freie Presse“ 1995)
H) Die
Schöpfungsgeschichte sagt uns nicht, wie der Himmel funktioniert, sondern wie
man dort hin kommt.
(George Coyne, Astronom der päpstlichen Sternwarte 1995)
I) (Kosmologie/Urknall)
Was oder wer hat die Ausgangsbedingungen gesetzt?... Physikalische Letztbegründungen
sind nicht möglich... Man kann das Auftauchen der Energie als „Schöpfungsakt“
aus dem „Nichts“ im Sinne der christlichen Religion deuten... Das
Urknall-Modell schließt einen „Schöpfer“ nicht aus... Hat unser Leben in diesem
Universum einen Sinn? Eine Antwort kann nicht aus den physikalischen
Erkenntnissen abgeleitet werden.
(W.Kuhn: PHYSIK, Lehrbuch Klasse 12/13 Band 2, Westermann)
J) Glaubst
Du, dass die Bibel das inspirierte, unfehlbare Wort Gottes ist? Sonst bleibt
Dir nichts anderes übrig als der primitive, heidnische Evolutionsglaube.
(W.J.Ouweneel,
Kreationist, ca.1985)
K) Die
Aufgabe (einer biblisch orientierten Schöpfungsforschung) ist ... nicht
geringer, als eine alternative Kosmologie, Biologie, Geologie auf
heilsgeschichtlicher Grundlage zu erstellen. ... Evolutionskritik ist nur
ein erster Schritt im Rahmen einer unermesslichen Aufgabe... Konkret: Wer das
Gerichtshandeln Gottes in Bezug auf die biblisch und außerbiblisch bezeugte
Sintflutkatastrophe in seiner ganzen Schwere ernst nimmt, muss die Geologie
umschreiben.
(Horst W. Beck, Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“, 1979)
L) Herr,
wie sind Deine Werke so groß und viel! Du hast sie alle weise geordnet, und die
Erde ist voll Deiner Geschöpfe.
(Psalmbeter vor 2500 Jahren)
M) So
wenig die Naturwissenschaften einen Gottesbeweis hergeben, so wenig
postulieren sie etwa, dass der Mensch eines Gottesglaubens nicht bedarf.
(Manfred Eigen, Evolutionstheoretiker, Nobelpreis Chemie 1975)
N) Bist
Du ein veredelter Affe oder ein Geschöpf Gottes?
(W.J.Ouweneel,
Kreationist, ca.1985)
Welche
Aussage spricht Sie besonders an, welche ärgert Sie, welche macht Sie
neugierig?
Beide
Wissenschaften leben von nicht beweisbaren, vorausgesetzten Grundsätzen
(Axiomen). Beide arbeiten mit zeitbedingten und überholbaren Theorien. Beide
sind an die Grenzen menschlicher Erkenntnis gebunden (auch die Offenbarung ist
uns nur in den Grenzen unseres Erkenntnisvermögens verfügbar).
Unterschiede bestehen im Erkenntnisinteresse und in den Methoden. Die folgende
Übersicht listet einige Unterschiede auf:
Naturwissenschaft
|
Theologie
|
orientiert am Allgemeinen |
orientiert am Individuellen |
eher auf Fakten gerichtet |
eher auf Bedeutungen gerichtet |
methodische Ausklammerung ethischer
Interessen |
Integration ethischer Interessen |
methodische Ausklammerung des Subjekts (Ich) |
methodischer Ausgang beim Subjekt (Ich) |
interessiert an der Beziehung der Objekte
zueinander (Naturgesetze) |
interessiert an der Beziehung des Subjekts
(Ich) zum Ganzen der Weltwirklichkeit (Gott) |
Methode: Beobachtung (von Naturvorgängen),
Experiment (im Labor) |
Methode: Erfahrung, Deutung |
präparierte oder idealisierte Situationen (Reduzierung
der komplexen Wirklichkeit, „Kunstwirklichkeit“) |
Lebenswirklichkeit, einmalige, nicht
wiederholbare Vorgänge |
Sprache: Klassifizierung (Ordnungssysteme),
Formel |
Sprache: Mythos (Religion), Symbol, Begriff
(Theologie) |
Theoriebildung: Systematisierung |
Theoriebildung: Bekenntnis, Systematisierung
(Theologie) |
(nach: Schwarke/Biewald S.23,41; Audretsch
S.33)
4.5. Glaube und natürliche Umwelt – aneinander gebunden
oder ohne Berührung / Beziehung?
A) Kein religiöses Weltbild
existiert ohne Rückgriff auf die Erkenntnis seiner jeweiligen Umwelt.
Religion muss Bezug nehmen
auf die wirkliche, natürliche Lebensumwelt des Menschen.
(Schwarke/Biewald S.21))
oder
B) „... dass es hinsichtlich
dessen, was die Heilige Schrift und die christliche Kirche unter Gottes
Schöpfungswerk versteht, schlechterdings keine naturwissenschaftlichen Fragen,
Einwände oder Hilfestellungen geben kann.“
(Karl Barth, Kirchliche Dogmatik, III/1)
4.6. Auch Christen müssen sich vor Grenzüberschreitungen
hüten
A) christliche Theologie
nähert sich der Wirklichkeit unter einem begrenzten Blickwinkel
Von anderen Wissenschaften unterscheidet sich die Theologie durch drei
Merkmale:
Sie will zu behauptenden
Aussagen über Gott und einen Sinn der Wirklichkeit kommen, der sich prinzipiell
innerweltlicher Erfahrbarkeit und Verfügung entzieht.
Sie erstrebt dieses Ziel
vom Standpunkt des christlichen Glaubens, d.h. von einem inhaltlich schon
umschriebenen Vorverständnis aus.
Sie bezieht sich auf eine
soziologisch angebbare (vom Glaubensbewusstsein aus zugleich normativ
umschriebene Gruppe: die Kirche.
(H. Häring / K.J. Kuschel, Art. Theologie in: Wörterbuch des Christentums,
München 1995, S.1243)
B) Christlicher Glaube
bringt ein bestimmtes Vorverständnis immer schon mit, das ihm bestimmte
Wahrnehmungen und Deutungen der Wirklichkeit nahe legt bzw. überhaupt möglich
macht.
C) „Christliche“ Argumente
(z.B. in der Gentechnik-Debatte) werden auch nur im christlichen Kontext (und
von Christen) verstanden und geglaubt.
„Ist das
Universum, in dem wir leben, nur eines unter vielen – oder ein
Designer-Produkt, womöglich von kosmischen Ingenieuren in einem Labor kreiert ?
...
Physiker spekulieren über Zufall, Gott, Weltformeln und andere Universen. ...
Forscher grübeln, ob die lebensfreundlichen Werte der Naturkonstanten auf eine
„tiefere Realität“ hinter der Physik deuten.
Die Suche danach
führt zu abgründigen Rätseln – und kontroversen weltanschaulichen
Betrachtungen.“
(Bild der Wissenschaft 8/06 S.34)
4.8. Die
Union der Deutschen Akademien der Wissenschaften hat zusammen mit 66
Partnerorganisationen weltweit dem so genannten Kreationismus eine Absage
erteilt ... Die Akademien betonen aber auch, dass Evolution nicht allein Sache
der Naturwissenschaften sei. Das Verständnis von Werten und der Sinnhaftigkeit
des Lebens liege außerhalb ihrer Reichweite und erfordere das Einbringen von sozialen,
philosophischen, religiösen und politischen Aspekten.
(taz 30.6.06)
4.9. Alle
Wissenschaft ist fehlbar, vorläufig, hypothetisch. ... Notwendige Kriterien zur
Beurteilung von Theorien sind: Zirkelfreiheit, Widerspruchsfreiheit,
Erklärungswert, Prüfbarkeit, Testerfolg. Darüber hinaus wünschbar sind:
Einfachheit, Anschaulichkeit, Breite, Tiefe, Lückenlosigkeit, Präzision,
Axiomatisierbarkeit, Anwendbarkeit ... alle diese Kriterien reichen nicht aus,
die einst erträumte Sicherheit wissenschaftlicher Erkenntnis
wiederherzustellen, sie können aber doch dazu dienen, wissenschaftliche
Hypothesen als zulässig und bewährt, sogar als zuverlässig oder
vertrauenswürdig auszuzeichnen. ... Selbst ein so gut bewährter, bisher nie
widerlegter und in die gesamte Naturwissenschaft eingebundener Satz wie der
Energiesatz könnte sich eines Tages doch als falsch erweisen. Auch Behauptungen
über Unmögliches stehen deshalb grundsätzlich unter dem Vorbehalt möglichen
Irrtums.
(Gerhard Vollmer: Biophilosophie, Reclam Stuttgart)
4.10. Das altorientalische Weltbild, von dem einzelne
Bausteine auch in Texten der Bibel vorkommen
Die Menschen der Zeit der
Entstehung der Bibel haben sich die Welt so vorgestellt und beschrieben, wie
sie aussieht und wie wir sie auch heute noch mit unseren Augen wahrnehmen.
Der Himmel scheint sich wie eine riesige halbkugelförmige Glocke über uns zu
wölben. Er ist blau, wie das Wasser in einem See. Darum muss dort oben auch
Wasser sein, ein gewaltiges Meer, die Urflut („das Wasser oberhalb des Gewölbes“
1. Mose 1,7). Das Himmels-„Gewölbe“ (1. Mose, 1,6) muss schon sehr fest sein,
um die Wassermassen zurückzuhalten. Es heißt darum auch FESTE (in der
lateinischen Bibel wurde das Wort mit FIRMAMENTUM übersetzt – firmus = fest;
wir sprechen heute noch von den Sternen am Firmament). Im Gewölbe eingebaut
sind die „Schleusen des Himmels“ (1. Mose 7,11), die sich bei Regen öffnen
(bei der Sintflut bricht das Wasser katastrophal in den geschützten Lebensraum
ein). Die Feste ruht auf den „Säulen des Himmels“ (Hiob 26,11). Die Erde ist
eine vom Meer umspülte Scheibe. Sie wird gestützt von den „Säulen der Erde“
(Hiob 9,6). Unter der von Menschen. Tieren und Pflanzen bewohnten Erde
befindet sich die „Unterwelt“ (2. Petrus, 2,4), das „Reich des Todes“ (vgl. hier
auch unser christliches Glaubensbekenntnis).
4.11.
verwendete und weiterführende Literatur und
Quellen:
· Christian
Schwarke / Roland Biewald: Weltbilder – Menschenbilder; Themenhefte Religion,
Ev. Verlagsanstalt Leipzig 2003
· Kirchenamt der
EKD, Texte94: Weltentstehung, Evolutionstheorie und Schöpfungsglaube in der
Schule; Eine Orientierungshilfe des Rates der Evangelischen Kirche in
Deutschland, 2008; Internet: www.ekd.de/download/ekd_texte_94.pdf
· Hans Küng: Der
Anfang aller Dinge – Naturwissenschaft und Religion, Piper München 2005
· Jürgen
Audretsch (Hrsg.): Die andere Hälfte der Wahrheit –
Naturwissenschaft, Philosophie, Religion, Beck München 1992
· Arnold Benz:
Die Zukunft des Universums – Zufall, Chaos, Gott?,
Patmos Düsseldorf 1997
· Hansjörg
Hemminger, Wolfgang Hemminger: Jenseits der Weltbilder, Quell Verlag Stuttgart
1991
· Joachim
Krause: Ständig aktualisierte Sammlung von Fakten und Zitaten zum Themenbereich
„Schöpfungsglaube, Naturwissenschaft, Evolutionstheorie, Schöpfungstheologie,
Kreationismus …“ - http://www.krause-schoenberg.de/gn_faktensammlung_alles_aktuell.htm
· Joachim
Krause: „Wenn es in der Schule um Schöpfung, Evolution und Urknall geht …
Naturwissenschaft in der Begegnung mit philosophischen und religiösen Fragen –
In welcher Weise nehmen in Sachsen zugelassene Lehrbücher für die Fächer
Biologie, Physik, Astronomie und Religion solche Grenzfragen auf?“ –
Schulbuch-Analyse - eine ausführliche, kommentierte Materialsammlung – http://www.krause-schoenberg.de/SB30_schulbuchanalyse_komplett.htm
· Joachim
Krause: „GOTT würfelt nicht!“ - Wenn Naturwissenschaftler von GOTT reden – was
meinen sie damit? Sammlung von Äußerungen von Aristoteles, Galilei, Newton,
Darwin, Planck, Einstein, Hawking und anderen Naturwissenschaftlern – http://www.krause-schoenberg.de/SB17_nwler_und_gott.htm
· Joachim
Krause: „Kreationismus“, „Intelligent Design“, „Schöpfungs-Wissenschaft“ -
Kritische Stimmen zur Evolutionstheorie und zur historisch-kritischen Auslegung
der Bibel; Sammlung von Zitaten und Argumenten und deren (selbst-) kritische
Bewertung – http://www.krause-schoenberg.de/SB18_kreationismus.htm
· Joachim
Krause: „Charles Darwin – Leben, Werk, Wirkung“ http://www.krause-schoenberg.de/SB28_darwin_leben_werk_wirkung.htm
· Joachim
Krause: „Was Charles Darwin geglaubt hat“, Buch, Wartburg-Verlag Weimar 2012;
Auszüge: http://www.krause-schoenberg.de/darwin_buch_info.htm
· Joachim
Krause: „Schöpfungstheologie“; Zitatensammlung aus drei Büchern von Eugen
Drewermann zu Religion uns Naturwissenschaft (Herkunft des Menschen – Biologie
– Kosmologie) - http://www.krause-schoenberg.de/SB21_schoepfungstheologie_drewermann_zitate.htm
· Warum manche
Mitmenschen keine Christen sein wollen, was sie am christlichen Glauben und an
der Bibel irritiert – Atheisten (wie Richard Dawkins), Agnostiker, Unitarier –
Originalzitate - http://www.krause-schoenberg.de/sachinfos_religionskritik.htm
·
4.12.
Wie die Welt geworden ist ...
(schriftliche Antworten aus dem Religionsunterricht 3. und 4. Klasse)
Zuerst schuf Gott
Licht. Er sagte: Es werde Licht. Er nannte das Licht Tag und die Dunkelheit
Nacht. Später machte er den Himmel - damit wir geborgen sind. Viel später kam
das Land. Und dann kamen die schönen Pflanzen. Nun kamen zuerst die Fische und
Vögel, später dann alle anderen Tiere. Die Sonne kam auch noch und Sterne auch.
Gott schuf uns zuletzt und schenkte uns die Erde. (Marie)
Es war zur Zeit, als Herr Gott sich Sorgen machte. „Nun
habe ich so viele Planeten geschaffen, und noch niemand ist auf den Planeten,
ich muss einen Planeten erschaffen, wo Menschen und andere Lebewesen leben.“
Und so machte Gott diesen Planeten und nannte ihn Erde. Er regelte alles, was
zu regeln war. Und so ging alles wie von selbst, und er schuf alles, was zu
erschaffen war, und so entstand alles, was heute hier ist, und wir fühlen uns
gut. (Lina)
Es war zur Zeit, da war die
Erde noch nicht, wie wir sie heute haben. Erst war die Erde ein Felsbrocken. Gott
hatte schon lange seinen Blick auf diesen Brocken geworfen. Und dann kam ihm
die Idee, etwas aus diesem Brocken zu machen, weil alle Planeten so schön
waren, nur dieser Brocken nicht. Er schuf erst Wolken, aus denen er es regnen
lassen konnte – damit Pflanzen wachsen konnten, schuf er eine Lufthülle. Dann
wuchsen auch schon Bäume, Sträucher ... (Anja)
Es war zur Zeit, da war
nur ein Atom da, das war Wasserstoff. Dieses Atom war erhitzt und traf sich
ganz zufällig mit noch einem Wasserstoff, da wurde sooooooooo viel Energie
freigesetzt, wie die ganze Erde an Energie in einer Minute verbraucht. Aber da
gab es noch nicht die Erde. Helium entstand, und es fügten sich so viel
Wasserstoff und Helium und das Ganze fusionierte sich zu der Sonne unter extremer
Hitze. Viele Elemente kamen aus der Sonne und bildeten kleine Sonnen, aber um
diese Sonnen bildete sich eine Kruste, die wuchs und wuchs. Da kamen ganz viele
Planeten. Sie waren sehr heiß, und überall waren Vulkane. (Cynthia)
Es war zur Zeit, als Gott die Erde schuf. Dann hat er den
Himmel gemacht. Die Pflanzen haben die Erde auch mit gemacht, sie halfen Gott.
Sie wollten was Großes machen: Sie haben einem Riesen den Kopf abgehackt und
benutzten ihn als Planet. Den Planet haben sie noch aufgemotzt, und dann haben
sich die Pflanzen auf den Planet gesetzt. Dann hat Gott die Menschen und Tiere
gemacht und sie auf den Planet gesetzt. (Markus + Georgia)
Es war zu der Zeit, wo Gott die Welt erschaffen hat. Erst
hat Gott die Hälfte des Chaos aufgeräumt und dann die andere Hälfte. Dann hat
er das Meer erschaffen, dann die Wiesen, Blumen, Tiere und Wälder. Dann zum
Schluss die Menschenaffen. (Robert)
„Gott verlieh mir untrügliche Kenntnis der Dinge,
sodass ich den Aufbau der Welt und das Wirken der Elemente verstehe,
Anfang und Ende und Mitte der Zeiten,
die Abfolge der Sonnenwenden und den Wandel der Jahreszeiten,
den Kreislauf der Jahre und die Stellung der Sterne,
die Natur der Tiere und die Wildheit der Raubtiere,
die Gewalt der Geister und die Gedanken der Menschen,
die Verschiedenheit der Pflanzen und die Kräfte der Wurzeln ...
Denn von der Größe und Schönheit der Geschöpfe lässt sich auf ihren Schöpfer
schließen“
(Die Bibel, Buch der Weisheit 7,17-20; 13,5)